Kapitel 10 Bespiele moderner Großexperimente - Hera-B

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Kapitel 10
Bespiele moderner
Großexperimente
Zum Abschluss wollen wir uns noch einige, moderne Experimente der Hochenergiephysik ansehen. Typisch für alle moderen Grossxperiment der Elementarteilchenphysk ist der schalenartige Aufbau aus verschiedenen Subdetektoren, wie etwa aus
einemS purkammersystem, Silizium–Vertex Detektoren, den Kalorimetern und anderen spezialisierten Detektoren. Die Triggerelektronik, die über die Aufzeichnung
der Ereignisse entscheidet, verwendet schnelle Signale von verschiedenen Subdetektoren und kombiniert diese.
Die einzelnen Abschnitte dieses Kapitels entanden aus Vorträgen der Studierenden in der Vorlesung im Sommersemester 2006 und wurden auch von den Studierenden geschieben.
10.1
Lepton–Lepton–Streuung
10.1.1
Das Experiment BaBar bei PEP II
von Eike Midell
10.1.2
Das Experiment Opal bei LEP
von Johannes Stingl
10.2
Hadron–Hadron–Streuung
10.2.1
Das Experiment CDF am TEVATRON
von Matthias Meryer
CDF leitet sich ab von Collider Detector at Fermilab. CDF ist einer der Detektoren am Tevatron Beschleuniger in Chicago. Der Hauptspeicherring wird über
mehrere Vorbeschleuniger mit Protonen und Antiprotonen versorgt. Am Ende der
Beschleunigungskette erreichen die beiden Strahlen eine Energie von je 1 TeV.
10.2 Hadron–Hadron–Streuung
167
Die einzelnen Stufen im Überblick:
• Vorbeschleuniger: Im Cockroft-Walton-Beschleuniger werden Elektronen an
Wasserstoffatome gebunden und die negativ geladenen Wasserstoffionen mittels Hochspannung auf 750 keV (0,04 c) beschleunigt.
• Linearbeschleuniger: Der LINAC beschleunigt die Wasserstoffionen weite auf
400 MeV (ca. 0,7 c). Bevor sie in den Booster injiziert werden, fliegen sie
durch eine Carbonfolie, wobei sie Ihre beiden Elektronen abstreifen ( ProtonenErzeugung).
• Booster: Der Booster ist ein Synchrotron mit einem Durchmesser von 150 m.
Hier werden die Protonen auf 8 GeV beschleunigt.
• Main Injektor: Der Main Injektor hat vier Aufgaben:
1. p von 8 GeV auf 150 GeV beschleunigen.
2. Extraktion eines Anteils der 120 GeV Protonen, welche auf ein Nickeltarget zur Erzeugung von Antiprotonen gelenkt werden.
3. Beschleunigen der 8 GeV Antiprotonen (vom Accumulator) auf 150GeV.
4. Injizieren von p und Anti-p in den Tevatronhauptring.
• Accumulator und Debuncher: Der Debuncher homogenisiert die Antiprotonen,
welche vom Target kommen auf 8GeV und speichert sie bei 8GeV.
• Tevatron Hauptbeschleuniger: Hier werden die Protonen und Antiprotonen je
auf knapp 1000GeV beschleunigt und an den zwei Wechselwirkungspunkten
(Bei den Detektoren CDF und D0) zur Kollision gebracht (2 TeV Schwerpunktsenergie).
Die wichtigsen Resultate von CDF im Überblick:
Run I ( 1992-1995):
• Entdeckung des top-Quark.
• Präzisionsmessung der Masse W -Bosonen.
• Suchen nach Substrukturen in Quarks.
• Untersuchung des zeitabhängigen Mischens im B System.
• Prezisionsmessung der B Lebensdauer.
• Messungen der Strukturfunktion der Quarks und Gluonen im Proton.
Run II (seit 2001):
• Messung der Bs − −Bs Oszillationsfrequenz.
• Messung der B 0 − −B 0 Oszillationsfrequenz.
• Suche nach CP -Verletzung in V 0 -Zerfllen.
168
Bespiele moderner Großexperimente
Lagen
Länge
Kanäle
Innenradius
Auenradius
Lage 0
Lagen 1-5
Lagen 6-7
total
1
0.9 m
13824
1.35 cm
1.65 cm
5
0.9 m
405504
2.5 cm
10.6 cm
2
1.9 m
303104
20 cm
28 cm
8
722432
1.35 cm
28 cm
Tabelle 10.1: Parameter des CDF Silicon-Spur-Detektors.
Der CDF im Überblick
Das besondere am CDF ist sein hochauflösendes Spursystem, der Silizium- Vertexdetector. mit ihm ist es möglich auch Sekundärvertices aufzulösen. Damit ist man
in der Lage, Lebensdauern von B-Mesonen und Bs-Oszillationen direkt zu messen.
Der Vertexdetektor besteht aus 8 Lagen Siliziumstreifen, welche, wie zu sehen, immer versetzt geschichtet sind; um eine lückenlose Aufzeichnung zu gewährleisten.Die
beiden äußersten Lagen sind deutlich länger, um auch Teilchen, welche im kleinen
Winkel zur Strahlrichtung gestreut wurden, zu detektieren (siehe Tab. 10.1).
Die Driftkammer im Überblick (Spurrekonstruktion)
• Anzahl Signaldrähte: 30240
• Lagen: 8
• davon Stereolagen (2◦ gedreht): 4
• Signaldrahtebenen: 8 · 12 = 96
• Ortsauflösung: 175 µm
• Füllgas: Ar-Et-CF4
Das Triggersystem
Da Tevatron ein Protonencollider ist, entsteht bei den Kollisionen ein hoher Untergrund. Daher Aufteilung des Triggers in 3 Stufen und Reduktion der Daten von 7.6
Millionen Ereignissen pro Sekunde auf ca. 50.
L1 Trigger:
• Erhält Daten aus den Kalorimetern.
• Bestimmt verschiedene Teilchenarten und zählt sie.
• Wenn interessantes Ereignis, dann Stopp und Weitergabe an L2 Trigger.
• 7.6 MHz −→ ca.50 kHz
L2 Trigger:
• Im L2 Trigger findet eine erste Spurrekonstruktion statt.
10.2 Hadron–Hadron–Streuung
169
• Wenn interessant, vollstndiges Auslesen der Detektordaten und Weiterleitung
an den L3 Trigger.
• 50 kHz −→ 300 Hz
L3 Trigger:
• Linux - Cluster mit 256 Prozessoren.
• Vollständige Rekonstruktion des Ereignisses.
• Verschiedene Filteralgorithmen ( Datenreduktion auf unter 50 Ereig./sec.)
10.2.2
Das Experiment LHCb am LHC
von Regina Kwee
10.2.3
Das Experiment Atlas am LHC
von Michael Volkmann
Der Large Hadron Collider
Der Large Hadron Collider (LHC, Abb.10.1) befindet sich im europäischen Institut
für Elementarteilchen am CERN in Genf (Schweiz). Er besitzt folgende Eckdaten:
• 27 km langer Ringbeschleuniger
• Schwerpunktsenergie für Proton-Proton Kollisionen ca. 14 TeV
• Bunchcrossing Rate: 40 MHz
• Kosten: ca. 2.9 Mrd Euro
• vier große Experimente: ATLAS, CMS, LHCB, ALICE
Gebaut wurde der LHC um in neue Bereiche der Hochenergiephysik vorzudringen und das noch fehlende Teilchen im Standardmodell der Elementarteilchen, das
Higgs Boson, zu finden. Außerdem besitzt der LHC gute Chancen die ersten supersymmetrischen Teilchen zu entdecken, die bereits theoretisch vorhergesagt wurden.
Das Atlas Experiment
Der Atlas Detektor (A Toroidal LHC AparatuS, Abb. 10.2) startet mit ersten Datenaufnahmen genauso wie der LHC Ende 2007 mit einer Laufzeit von ca. 20 Jahren.
Der Detektor besitzt einen Durchmesser von 22 m, eine Länge von 46m, eine Masse
von 7000t und befindet sich ca. 80 m unter der Erde. Hauptziel des Detektors wird es
sein, dass Higgs-Boson sowie erste supersymmetrische Teilche zu suchen. Die Kosten
für Atlas betragen ca. 350.000.000 Euro.
Der Aufbau von Atlas wird unterteilt in den “inneren Detektor”, das “Kalorimetersystem”, die “Magnetsysteme” und das “Myonspektrometer”.
170
Bespiele moderner Großexperimente
Abbildung 10.1: Der LHC Beschleuniger
Abbildung 10.2: Der Atlas Detektor
Der innere Detektor
Der innere Detektor besteht aus 3 Komponenten (siehe Abb.10.3):
1. Pixeldetektor
2. Semi-Conductor Tracker (SCT)
3. Transition Radiation Tracker (TRT)
Ein supraleiender Central Solenoid umgibt den inneren Detektor und erzeugt ein
Magnetfeld von B = 2 T. Die drei Teilkomponenten des inneren Detektors dienen der
Vertexauflösung und dem Messen von Spurpunkten nahe des WW-Punktes. Dabei
werden Auflösungen in der Größenordnung von einigen µm erreicht.
10.2 Hadron–Hadron–Streuung
171
Abbildung 10.3: Der innere Detektor von Atlas
Das Kalorimetersystem
Das Kalorimetersystem von Atlas (Abb.10.4) besitzt wie üblich hadronische und
elektromagnetische Kalorimeter.
Das elektromagentische “Akkordeon” Kalorimeter besteht aus abwechselnden
Schichten von Blei und flüssigem Argon. Das hadronische Plattenkalorimeter besteht aus abwechselnden 14 mm dicken Eisenplatten als Absorber und 3mm dicken
Szintillatorplatten aus Polystyrol mit Zusatzstoffen. Die zylinderförmigen Kalorimeter sind in 64 Azimuthal-Module unterteilt, um eine zusätzliche Ortsmessung zu
gewährleisten.
Das Magnetsystem
Der innere Detektor befindet sich in einem Central Solenoid (CS) mit einem Magnetfeld von B = 2 T. Die Myonkammern befinden sich in einem eisenkernlosen
Barrel Toroid mit B = 3.9 T und die Forward Myonkammern in einem End Cap
Toroid mit B = 4.1 T (siehe Abb.10.5).
Die Myon Spektrometer
Die Myonspektrometer von Atlas findet man im äußersten Bereich des Detektors.
Zwei der vier Spurkammern sind als Präzisionsspurkammern konstruiert (die Cathode Strip Chamber und die Monitored Drift Tubes) mit Auflösungen von 50 µm aber
großen Auslesezeiten. Zwei weitere weniger genaue Spurkammern (Resistive Plate
Chamber und Thin Gap Chamber) besitzen zwar nur ungenaue Ortsauflösungen von
ca. 1 cm, dafür aber eine Zeitauflösung von ca. 1 ns. Daher sind diese beiden schnell
auslesbaren Myonkammern ein wichtiger Bestandteil der Triggerstufe 1.
172
Bespiele moderner Großexperimente
Abbildung 10.4: Das Kalorimetersystem von Atlas
Abbildung 10.5: Das Magnetsystem
10.2 Hadron–Hadron–Streuung
173
Der Trigger
Die größte Herausforderung besteht beim Atlas Experiment darin, die Ereignisrate
von ca. 1 GHz (bei einer Bunchcrossingrate von 40 MHz) auf ein “speicherbares”
Maßvon 10 − 100 Hz zu reduzieren. Dies geschieht in 3 Stufen (siehe Abb.10.6).
Der rein hardwarebasierte Level 1 Trigger reduziert die Eventzahl duch relativ
ungenaue aber schnelle Algorithmen auf ein Maßvon ca. 75 kHz. Dabei sind nur
das Kalorimetersystem und die Myonkammern einbezogen und der Level 1 Trigger
findet die sogenannten Regions of Interest (RoI’s), in denen ein besonders starkes
Detektorsignal messbar war.
In Level 2 werden mit Hilfe der RoI’s (nur ca. 2 − 3% des gesamten Detektorsignals) genauere Algorithmen verwendet, um die Ereignisrate weiter um einen Faktor
100 bis auf ca. 100 − 1000 Hz zu reduzieren. Hier werden auch erstmal Daten der
Spurkammern im inneren Detektor mit einbezogen.
Der Event Filter verwendet daran anschließend das gesamte Detektorsignal um
mit Präzisionsalgorithmen den Datenfluss auf 10 − 100 Hz zu reduzieren. Diese
Datenmenge kann dann auf Band gespeichert werden, was ca. 1 PByte/year an
Daten bedeutet. Level 2 und Event Filter werden zusammenfassend als High Level
Trigger bezeichnet.
10.2.4
Das Experiment CMS am LHC
von Gordon Fischer
Der CMS Detektor
Neben dem ATLAS Detektor gibt es noch einen weiteren Detektor, welcher
hauptsächlich der Suche nach dem Higgs, SUSY und Exotics gewidmet ist. CMS
(Compact Muon Solenoid, Abb. 10.7) ist am LHC Beschleuniger genau gegenüber
ATLAS positioniert. Wie der Name schon sagt, ist dieser Detektor zwar kleiner als
ATLAS, dafür aber schwerer. Einige wichtige Daten sind in der unteren Tabelle zusammengefasst:
Gewicht
Durchmesser
Länge
ca 14500 t
ca. 14,6 m
ca. 21,6 m
Ein Grund für zwei Detektoren (ATLAS und CMS) ist die Tatsache, dass mit unterschiedlichen Methoden gleiche Prozesse untersucht werden sollen. Dies dient der
besseren Untermauerung der neuen Ergebnisse und Studien, da diese Neuland betreten und damit Referenzen selten sind. Die wesentlichen Elemente des Detektors
sind Spurkammern, Kalorimeter und besonders sehr sensible Myonenkammern, da
gerade die Detektion von Myonen vorrangiges Ziel von CMS ist. In Abb 10.8 sieht
man einen Querschnitt durch den Detektor.
Um den Wechselwirkungspunkt befindet sich das Spurerkennungssystem, welches
aus Silizium-Halbleitern besteht. Die Kalorimeter sind Szintillatoren (ECAL) und
174
Bespiele moderner Großexperimente
Abbildung 10.6: Das Atlas-Triggersystem
10.2 Hadron–Hadron–Streuung
Abbildung 10.7: Abb.1: Der CMS Detektor
Abbildung 10.8: Querschnitt durch den CMS Detektor
175
176
Bespiele moderner Großexperimente
Sandwichszintillatoren (HCAL). Alle diese Elemente sind von einer supraleitenden
Spule umgeben. Nach der Spule kommen die Myonenkammern, welche aus Proportionalitätskammern und Driftröhren bestehen. In einem Bereich von Rapidität
grösser 3 (also kleiner Winkel zur Strahlachse) befinden sich noch die Vorwärtskalorimeter, welche ebenfalls aus Proportionalzählkammern bestehen.
Die Spurkammern
Wie oben schon erwähnt, bestehen die Spurkammern aus Siliziumstreifen- und Pixeldetektoren. Die wesentliche Aufgabe der Spurkammer besteht in der Impulsmessung, Spur- und Vertexidentifizierung. Der Pixeldetektor besteht aus zwei Schichten
im Abstand von 7 und 11 cm vom Strahl. Am Ende befinden sich Pixelschichten
aus modularen Detektoreinheiten, wobei auf jedem Modul eine Sensorplatte mit
Read Out Chips (ROC) aufgeklebt ist. Jeder Sensorpixel ist mit einer Pixeleinheit
auf ROC verbunden. Nach der Datennahme werden diese gelagert und vom Trigger
weiter verarbeitet. Aussen herum befindet sich die vier inneren und sechs äusseren
Schichten des Silizium Streifendetektors. An beiden Enden sind jeweils zwei Endcaps montiert mit einer Rapiditätserfassung von 2.5. Insgesamt werden 50 Millionen
Detektorelemente (davon 80 Prozent für den Pixeldetektor). Der Silizium Detektor
von CMS ist der grösste jemals gebaute Detektor mit einer Fläche von 250 m2
Kalorimetersystem:
Hier werden die gleichen Prinzipien wie bei anderen Detektoren auch verwendet.
Zu erwähnen sind noch der Pre-Showerdetektor und das Vorwärtskalorimeter. Wie
ebenfalls oben schon bemerkt, werden all diese Elemente von einer Spule umschlossen. Für den elektromagnetischen Schauernachweis verwendet man ein Szintillator
(ECAL), welcher aus 80000 Blei-Wolframat-Kristallen besteht. Blei-Wolframat ist
eine sehr dichte Substanz mit einer Strahlungslänge von rund 0,89 cm, ist aber
im sichtbaren Bereich völlig transparent. Für den Nachweis hadronischer Schauer
(HCAL), ein Sandwich-Szintillator, der aus mehreren Lagen Messing mit dazwischen
liegenden Plastikszintillatoren besteht. Entscheidend für das HCAL ist die hermetische Abdeckung (man will ja die fehlende Energie messen). Fehlende Energie ist ja
eine Signatur für SUSY-Teilchen.
10.2.5
Das Magnetfeld:
Das Magnetfeld ist ein wesentlicher, wenn nicht sogar der wichtigste, Aspekt der
CMS Strategie. Hier wird ein starkes zentrales Solenoid-Feld von 4 Tesla erzeugt,
womit die Spuren geladener Teilchen vermessen werden können. Die Spule ist von
einem Rückflussjoch umschlossen in dem sich die Myonenkammern befinden. Wie erzeugt man nun so ein Magnetfeld? Ein Solenoid ist eine Spule die aus einer einzelnen
Windung besteht. Ein Nachteil ist, dass das Magnetfeld auch ausserhalb der Spule
vorhanden ist. Um dieses zu beherrschen verwendet man das Eisenjoch, welches den
magnetischen Fluss umkehrt. Dieses besteht aus 5 Barrelringen (Abb. 10.9), welche
zusammen 7000 t wiegen und zwei Endcaps mit jeweils 2300 t. Nur der mittlere
10.2 Hadron–Hadron–Streuung
177
Abbildung 10.9: Barrelringe des CMS Detektor
Barrelring ist stationär. Die anderen sind beweglich um Servicearbeiten zu ermöglichen. Es stellt sich die Frage, warum brauchen wir gerade so ein Magnetfeld? Wenn
wir den Impuls bestimmen wollen, benötigen wir eine sehr hohe Auflösung (entweder durch grosse Krümmungskraft oder aber durch sehr hohe Präzision). Für die
gleiche Krümmungskraft ist die solenoidale kleiner als die toroidale Anordnung. Das
ermöglicht eine kompaktere Bauweise des Detektors.Man kann eine sehr hohe transversale Vertexauflösung erreichen indem man das Magnetfeld parallel zum Strahl
positioniert, da dann die Krümmung in der zum Strahl senkrechten Ebene auftritt.
Eine starke Krümmung erlaubt das Auszählen von Spuren, deren Ursprung im Vertex sind. Das komplette Spulensystem ist in einem Vakuumtank untergebracht
10.2.6
Die Myonenkammern:
Die Myonendetektoren liegen hinter der Spule. Der Aufbau ist wie folgt: Ein konzentrischer Zylinder um den Strahl in der Mittelregion und zum Strahl senkrechte
Scheiben in den Endregionen. Das verwendete Absorbermaterial ist so dick, dass nur
Myonen und auch Neutrinos in diesen Bereich kommen. Man muss aber beachten,
dass es aber auch Probleme mit dem Untergrund (z.B. hadronische Schauer oder
harte myonische Bremsstrahlung)geben kann.
Drei Elemente sind wesentlich: Die Drifttubes werden dort wo das Magnetfeld
eingefangen wird eingesetzt. Es handelt sich um in Schichten angeordnete Rohre,
178
Bespiele moderner Großexperimente
in denen sich jeweils ein Draht befindet. Wenn ein ionisierendes Teilchen durch
das Rohr fliegt, dann werden Elektronen freigesetzt, welche dann zum positiven
Potential fliegen. Man kann eine sehr genaue Auflösung senkrecht zum Strahl erreichen. Nächstes Detektormodul sind die Kathodenstreifenkammern (KSK), die in
den Endcapregionen Verwendung finden. Bei den KSK handelt es sich um Vieldrahtproportionalitätskammern. Der wesentliche Effekt ist die Lawinenbildung auf
den verschiedenen Streifen. Man kann eine sehr genaue Orts- und Zeitauflösung erreichen und mit den KSK hat man einen sehr schnellen Detektor, der gerade zum
Triggern geeignet ist. Zu guter Letzt noch ein Gasdetektor, die resistive Parallelplattenkammer mit einer ebenfalls guten Raum- und Zeitauflösung. Wie der Name
schon andeutet, handelt es sich um parallele Platten aus widerstandsfähigem Plastikmaterial. Das elektromagnetische Feld innerhalb ist gleichmässig. Dort machen
Elektronen Sekundärionisation und das Signal wird von allen Lawinen detektiert.
Einsatzgebiet sind sowohl Barrel- als auch Endcapregion. Nach dem nun die wesentlichen Bauteile des Detektors vorgestellt wurden, ist es nun an der Zeit die
Datennahme und Datenauswertung zu betrachten. Es ist bei Experimenten dieser
Grössenordnung und vor allem bei Experimenten mit hadronischen Komponenten
gar nicht mehr möglich ohne Trigger auszukommen. Darum will ich als erstes das
Triggersystem des CMS-Detektors vorstellen.
Der Trigger
Der CMS Trigger ist für eine Luminosität von L = 1034 /cm2 s ausgelegt. Er muss,
genau wie bei ATLAS, die enorme Datenmenge von 109 /s auf 100/s reduzieren.
Bei CMS kommt eine andere Triggerphilosophie zum tragen. CMS verzichtet auf
den Level2 Trigger. Das heisst es wird nur mit Level1 und HLT gearbeitet. Level1
hat eine Latency von 3.2 µs (Vergleich: ATLAS 2.3 µs). Es wird veranschlagt, dass
nicht mehr als 100 kHz zum HLT gehen. Um eine Vorstellung davon zu vermitteln,
welche enormen Datenmenge auf den Trigger zukommt, dann kann man mal die
Bunchcossingfrequenzen (BC) einzelner Beschleuniger der vergangenden Jahre vergleichen. Am LEP, welches sich im selben Tunnel befand, in dem sich nun der LHC
befindet, hatte man eine BC von 30 kHz. Am Tevatron hatte man eine BC von 280
kHz (Run I) und eine BC von 2,5 MHz (Run II). LHC hat eine BC von 40 MHz,
was einem Zusammenstoss von Protonenpaketen von jeweils 1011 Teilchen alle 25 ns
entspricht. Als Beispiel: zwischen zwei Interaktionen im Tevatron mit einer Zeit von
396 ns kommen gleichzeitig 15 Interaktionen am LHC.
Der Level1 Trigger-Datenfluss ist in Abb. 10.10 dargestellt. Daten kommen vom
Kalorimetertrigger und Myonentrigger, gehen über lokale und regionale Triggerelemente zum globalen Myonentrigger. Dies geschieht während einer Latency von
3.2 µs. Die Strategie wurde schon kurz angedeutet. Lokal wird die Energie in den einzelnen Kalorimeterzellen gemessen sowie Spurpunkte im Myonendetektor bestimmt.
Regional wird dann die Teilchensignatur sowie der transversale Impuls und die Energie bestimmt, welche dann global über den Quotient p/E sortiert werden. Daten, die
vom Level1 akzeptiert wurden, gelangen dann zu den Readout Buffers und darüber
zum HLT. Der HLT reduziert dann die Rate auf 100 Hz welche dann weggeschrieben
10.3 Hadron–Lepton–Streuung
179
Abbildung 10.10: Level 1 Trigger-System des CMS Detektors
wird.
10.3
Hadron–Lepton–Streuung
10.3.1
Das Experiment H1 bei HERA
von Lutz Hein
H1-Detektor
Der H1-Detektor (Abb. 10.11)ging 1992/93 online. Als Detektor zur Untersuchung
der Strukturfunktion von Protonen wurde er speziell für die exakte Vermessung der
Energie und des Ortes der Endprodukte einer Wechselwirkung zwischen Elektronen
und Protonen konstruiert. Durch die Bestimmmung von leptonischem und hadronischem Anteil wird die Kinematik im Fall des Neutralem Stroms ”neutral current”
(NC)doppelt bestimmt. Durch diese Doppelbestimmung ist eine Möglichkeit des
Nachweises von Neutrinos gegeben. Whrend im neutralen Strom Leptonen maximal
ihre Familie von Elektron zu Myon bzw. Tau wechseln können, findet beim geladenem Strom ”charged current” (CC) ein Übergang vom Lepton zum Neutrino statt.
Vergleicht man die Ergebnisse vom hadronischen und lepeptoischen Bestimmung
miteinander, so stellt man im Fall des geladenen Stroms eine Impulsdifferenz fest,
da Teile des Impulses das Neutrino abgegeben werden. 1 .
1
Beim Übergang von Leptonen von einer zu einer anderen Familie entstehen mindesten 2 Neutrinos: z.B. e− → νe νµ µ− → andere Symmetrieverteilung)
180
Bespiele moderner Großexperimente
Abbildung 10.11: Der H1 Detektor
10.3 Hadron–Lepton–Streuung
181
Der Beschleunigerkomplex HERA des DESY-Hamburg besitzt große Beschleuniger für Elektronen und Protonen. Die Elektronen werden mit 12 GeV über Vorbeschleuniger in den großen Beschleunigerring eingekoppelt. Dort werden sie auf bis zu
27,5 GeV beschleunigt. Die Protonen trefen mit 920 GeV √
im groem Beschleuniger
auf die Elektronen. Dabei wird die Schwerpunktsenergie s ∼ 320 GeV erreicht.
Die tiefinelastische Streuung der Elektronen mit den Protonen erfolgt mit einem
Impulsaustausch Q2 ∼ 100.000 GeV2 . Das ermglicht eine Auflsung
1
∆x ∼ √ 2 ∼ 10−3 fm (10−18 m)
Q
(10.1)
Der H1-Detektor hat seinen
in den früheren Fixtarget-Experimenten. Da
√
√ Ursprung
die Schwerpunktsenergie s ∼ Ekin ist, beschleunigte man dementsprechend das
”Target” ebenfalls. Durch die unterschiedlichen Energien von Elektron und Proton ist ein asymmetrischer Aufbau des H1-Detektors notwendig. Diese Asymmetrie
wird beim Hauptkalorimeter(LAr) besonders deutlich. Die Detektorausmasse sind
12 × 10 × 15 m3 . Zusätzlich zum Detektor existiert das Luminositätssystem. Das Luminositätssystem besteht aus einem Eletronentagger und einem Photomultiplier mit
Absorptionsmaterial und Cherenkov-Zähler. Die Längenausmasse sind knapp 110 m.
Mit den Luminositätssystem wird die von H1 gesehene Luminosität bestimmt. Die
Hauptaufgabe ist die exakte Bestimmung der Spur und der Energie der Endprodukte, sowie die Identifikation aller Partikel.
Fr die Bestimmung der Spur werden Spurkammern und ein SiliziumVertexdetektor(SID) verwendet. Der SID besteht aus zwei konzentrisch angeordneten Si-Streifendetektoren mit 12 bzw. 20 Lagen. Die Lagen sind so angeordnet,
das sich die tangentiale Verlängerung der Lagen schneiden. Das bewirkt eine lückenlose Abdeckung des Raumwinkelbereichs mit einer Auflösung von σrφ ∼ 15 µm.
Das Spurkammersystem ist aus dem JADE-Experiment addaptiert. Es besteht aus
den Jetkammern(CJC), Z-Kammern(CZ) und den Proportionaltittskammern(PC).
Die Jet- und z-Kammern sind Beispiele für die 2 Driftkammertypen. Die Driftkammern zeichnen sich durch konstante Driftgeschwindigkeit und konstantem E-Feld
aus. Die Jetdriftkammern ist ein Beispiel fr Driftkammertypen mit groen Zellen. Sie
sind für hadronische Jets geeignet. Mit den großen Zellen ist eine Identifikation der
Partikel via dE
möglich. Die Auflösung in der rφ-Ebene ist σxy ∼ 200µm. Da die
dx
Auflösung in der z-Ebene nur σz ∼ 2 cm beträgt, sind die Z-Kammer nötig. Die
Auflösung der Z-Kammern beträgt σz ∼ 300 µm. Durch die kleinen Zellen ist eine
PID via dE
nur bedingt möglich. Alle Zellen (CJC und CZ) haben durch den sedx
peraten Bau und Testung ein unabhängiges Gasvolumen, unabhängiges E-Feld und
bilden einen Faradayschen Käfig. Im Verlauf des Experimentes wurde das eingesetzte
Gas ausgetauscht, da es Ablagerungen auf den Drähten hinterließ. Die organischen
Kohlenwasserstoffe, die die Ablagerungen verursachten, wurden gegen Spuren von
Wasser oder Alkohole ersetzt. Zur Parametrisierung der Spuren von Teilchen werden einige ’Tricks’ angewendet. Zum einem werden die Zellen der CJD verkippt, um
den Lorentswinkel im Detektormagnetfeld zu komensieren. Ferner gehen dann die
Teilchenspuren über mehrere Zellen, wodurch die Zuordnung der Bahnen erleichtert
wird. Dazu wird die Spurparametrisierung mit Hilfe folgenden Gren bestimmt:
182
Bespiele moderner Großexperimente
1. Sign. Krmmung (K = ± 1r )
2. Sign. Min.Abstand zur z-Achse(dca ) in xy-Ebene
3. Azimuth- und Polarwinkel (Θ, φ)
4. Z-Position(z0 ) der strksten Nherung
Mit einer Bestimmungsgleichung werden die ersten drei Größen (K, dca φ) auf Richtigkeit geprüft. Die Bestimmung der 2 verbleibenen Größen erfolgt ber eine Näherungsgleichung. Die anschlieende Bestimmung der Vertices wird ber eine große Anzahl der Spuren gemittelt. Die PC sind nicht für die Spurrekonstruktion gedacht
und dienen primär der Triggerung der Ereignisse.
Zu den Spuren gehören meistens Einträge in den Kalorimetern. Der H1-Detektor
besitzt zwei Typen von Kalorimetern. Das Spaghetti-Kalorimeter deckt den ’hinteren’ (Θ > 150◦ ) Bereich ab. Es wurde 1995 für die Energiebestimmung bei elektromagnetischen Wechselwirkung unter kleinen Ablenkwinkeln eingebaut. Das Hauptkalorimeter ist das ”Liquid Argon Kalorimeter” (LAr-Kalo). Es zeigt den für die
Teilchenkollision zu erwartender ’BOOST’. Die hohe Stabilität und einfache Kalibrierung haben ihren Preis in der Betriebstemperatur von −296◦ C ∼ 4 K. Es deckt
den Winkelbereich 4◦ < Θ < 154◦ ab. Dieses ’Sandwishkalorimeter’ ist nicht kompensierend, d.h. verschiedene Partikel erzeugen mit gleicher Energie unterschiedlich
starke Signale. Um das zu kompensieren wird eine Nacharbeitung im Anschluss zur
Auslesung geschaltet. Das Kalorimeter besteht aus 108 unabhängigen Modulen. Das
EM-Kalo hat Bleiplatten als Absorber- und flüssiges Argon als Signalmaterial. Es
erstreckt sich 20 bis 30 Strahlunglängen. Das HAD-Kalo verwendet Edelstahl als
Schauermaterial und hat eine Länge von 5 bis 8 Wechselwirkungslängen. In diesem
Kalorimeter schauert das Primärteilchen im Schauermaterial auf, erzeugt so Sekundärteilchen, welche das Argon ionisieren. Das ionisierte Argon bildet anschlieend
das Signal. (Da dieser Vorgang nur langsam vorsich geht, zählt dieses Kalorimeter
zu den trägsten Detektoren im H1.) Dabei ist die Signalstärke ∝ Gesamtladung ∝
Energie des Primärteilchen.
Das Luminositätssystem besteht aus dem Wechselwirkungspunkt im H1, einem
Elektronentagger, einem Photomultiplierer mit Bleischauermaterial und Wasser, sowie der knapp 110 m maximale Distanz. Dieses System verwendet den Bethe-HeitlerProzess / Bremsstrahlungsprozess zur Bestimmung der Luminosität. Durch die elektromagnetische Wechselwirkung von e− und p wird das Elektron abgelenkt, dass bedeutet, dass es beschleunigt wird. Da das Elektron nun eine beschleunigte Ladung
darstellt, strahlt es (Maxwell).
e− p → e− pγ
(10.2)
Der Wirkungsquerschnitt (σ) kann ber QED berechnet werden. Damit ergibt sich
die Luminositt des Detektor zu:
N ob
(10.3)
L=
σ·
Dabei ist N ob die beobachtete Anzahl der Ereignisse, σ der Wirkungsquerschnitt
und die Wirksamkeit des Detektors. Da dieser Prozess mit einer Arbeitsfrequenz
10.3 Hadron–Lepton–Streuung
183
im Bereich von MHz betrieben wird, ist eine stndige Kalibrierung möglich. Die
Luminositt betrug rund L ∼ 1, 5 · 1031 cm12 ·s .
Weitere Detektorkomponenten sind z.B.:
1. ToF - time of flight : Bestehend aus 4 Szintilatoren öffnet dieses System ein
’Zeitfenster’ in der die gewünschte Wechselwirkung stattfindet. Dies dient zum
Herausfiltern von Untergrundereignissen wie z.B. Wechselwirkung von Strahlteilchen mit Restgasatomen im Strahrohr.
2. PC - Proportionalitätkammern : Sie dienen der Triggerung. Es werden die
’Durchstopunkte’ mit Hilfe von Geraden miteinander verbunden. Der Wechselwirkungsbereich mit Detektor wird in ’Bins’ eingeteilt und wird bei der
Rekonstruktion des Vertex mit den ’Durchstopunkten’ mindestens einer der
’Bins’ über eine gewisse Grenzschwelle stark angesprochen, so dient es als
Triggerereignis.
3. Spaghettikalorimeter :√Es besteht aus 1192 Zellen mit einer √
Energieauflösung
σHAD (E)
σEM (E)
von
∼ 7 % · E ± 1 % und
∼ 12.5 % · E ± 3.5 %. Es
E
E
2
dient zur Erfassung des Impulsübertrags(Q ) bei Wechselwirkung mit kleinen
Ablenkwinkeln.
4. Myon : Das Myonsystem deckt einen Winkelbereich von 4◦ < Θ < 175◦ ab. Es
steht neben der Erfassung von Untergrundereignissen der Selektion von had.
und myonischen Signalen im Kalorimeter zu Verfügung.
5. Spule : Durch die supraleitende Spule flieen Strme von 6000 bis 8000 A und er~
zeugen so ein B-Feld
der Strke 1,2 T entlang der z-Achse. Mit diesem Feld wird
über die Bahnkrümmung geladener Teilchen der Impuls und das Vorzeichen
der Ladung bestimmt.
Für die Unterscheidung von Ereignis und Hintergrund sind Triggersysteme unverzichtbar. Ohne Triggersysteme würden die Ereignisse im Rauschen des Hintergrunds
untergehen. Die häufigsten Wechselwirkungen bei H1 sind Wechselwirkungen(WW)
von Strahlteilchen (e− , p) mit Restgasatomen bzw. dem Strahlrohr und WW von
Elektronen mit Protonen(gewnschte WW). Da die WW von Strahlteilchen (e− , p)
mit Restgasatomen rund 10 mal häufiger vorkommt als die geünschte WW und diese
WW ebenfalls Schauer bilden kann, müssen Triggersysteme installiert werden.
Das Triggersystem des H1 ist mehrstufig (Abb. 10.12). Der Level-1-Trigger arbeitet ohne ’Totzeit’, d.h. er arbeitet synchron zur Hera-Frequenz (Bunchcrossingfrequenz 96ns). Aus Subtriggersystemen (ToF,PC,..) bekommt er sogenannte Triggerelemente.Diese wertet er mit Hilfe der ’Hera-Uhr’ aus. Dabei vergleicht und synchonisiert er die Triggerelemente, d.h. er ordnet die Triggerelemente einander zeitlich
zu. Mit der Entscheidung des Level-1-Triggers beginnt die ’Totzeit’. Level 2 ist eine
neurale Hardware, die den physikalischen Abstand zur Hintergrund (L2NN) auswertet oder eine Mustererkennung durchfhrt (topologischer Trigger, L2TT). Mit
dem ’KEEP’-Signal des Level-2-Triggers beginnt das Auslesen der 2.7 · 105 Kanäle.
184
Bespiele moderner Großexperimente
Abbildung 10.12: Das 4-stufige H1-Trigger-System.
Die dritte Stufe arbeitet ebenfalls synchron, d.h. das Auslesen der Kanäle ist noch
nicht abgeschlossen. Mit Hilfe Software wurde ein Vergleich mit dem Hintergrund
geplant. Gegebenenfalls sollte das Auslesen Abgebrochen werden können. Nach der
dritten Stufen werden die Daten über einen ’Event Builder’ zur Triggerstufe 4 weitergeschickt. Während von Stufe zu Stufe die Menge der auszuwertenden Daten
vergrößert hatte, arbeitet die Stufe 4 asynchon und somit steht ihr die volle Datenmenge zur Verfügung. Durch diese Datenmenge wurde eine Ansammlung (Cluster)
von Rechner mit der Auswertung beauftragt. Jeder Rechner bearbeitet ein Ereignis
und dafr 200 ms Zeit. Anschlieend erfolgt erst die endgültige Speicherung.
10.4
Fixed–Target Hadron–Streuung
10.4.1
Das Experiment HERA-B bei HERA
von Daniel Richter
Einleitung
Das HERA-B Experiment ist ein Fixed-Target-Spektrometer am HERA-Beschleunigerring des DESY in Hamburg. Der Vorschlag fr den Bau des Experiments kam
1995 und der ursprngliche Zweck des Detektors sollte die Untersuchung der CPVerletzung der Schwachen Wechselwirkung sein. HERA-B nutzt nur den Protonenstrahl des Beschleunigers und realisiert die Wechselwirkungen ber Targetdrhte, die
an den Halo des Beams gefahren werden. Auf diese Weise wird der Strahl fr die
anderen Experimente am Speicherring erhalten und eine fast beliebig einstellbare
Luminositt erreicht. Die pN -Streuung resultiert in Wechselwirkungsraten von ca. 40
10.4 Fixed–Target Hadron–Streuung
185
MHz und Teilchenzahlen von etwa 150 je Bunch-Crossing (BC) im Detektor. Diese
dichte hadronische Umgebung stellte eine vllig neue Herausforderung dar und erforderte neuartige Detektor- und Datennahmessysteme (Strahlenhrte) sowie uerst
effiziente Triggermechanismen, mit denen die HERA-Kollaborationen teilweise Neuland betrat und wichtige Pionierarbeit fr kommende Experimente leistete (LHC).
Aufgrund der Probleme, die diese Neuentwicklungen mit sich brachten, insbesondere die groen Verzgerungen bei Bau und Entwicklung des Spurkammersystems,
musste das eigentliche Ziel, die Untersuchung der CP-Verletzung, von HERA-B
im Jahr 2000 aufgegeben werden, da Experimente am SLC (USA) und KEK (Japan) mit e+ /e− -Collidern schneller ans Ziel zu kommen schienen. Man verstndigte
sich auf ein neues physikalisches Programm, unter anderem auf die Erforschung der
Starken Wechselwirkung in Bezug auf Hadronisation, Absorption in Kernmaterie,
und Quark-Gluon-Plasma, sowie die Vermessung des bb -Wirkungsquerschnitts und
Charmonium-Produktion. HERA-B nahm Daten von 1999-2003, Die Datenauswertung ist noch nicht vollstndig abgeschlossen.
Die Physik von HERA-B
Zur Untersuchung der CP-Verletzung nutzt man den Goldenen Zerfallskanal :
0
B 0 /B → J/ψ KS0 , wobei die B-Mesonen aus dem Zerfall eines Υ(4s)-Teilchens
stammen, was in pN -Reaktionen erzeugt wird. J/ψ zerfllt weiter in zwei hochenergetische e+/− oder µ+/− und das KS0 in zwei Pionen. Dies fhrt zu einer sehr klaren
Signatur des Kanals im Detektor. Wrde die Schwache Wechselwirkung CP erhal0
ten, so zerfielen beide B-Mesonen b0 und B gleich hufig in dem angeprochenen
0
Zerfallskanal. Eine beobachtete Asymmetrie in den B 0 /B -Zerfllen gibt also eine
Auskunft ber die Strke der CP -Verletzung und es lassen sich Parameter und Matrixelemente der CKM-Matrix vermessen, insbesondere die komplexe Phase, die in
der Wolfenstein-Parametrisierung die CP-Verletzung bestimmt. Da sowohl B 0 als
0
auch B potentiell in J/ψ zerfallen knnen, ist eine Identifikation der B-Mesonen auf
diesem Weg nicht mglich. Es ist ein Flavour-Tagging notwendig, was sich auf ein
0
weiteres Partner-B-Meson bezieht, mit dem zusammen die B 0 bzw. B ursprnglich
aus dem Zerfall des Υ(4s) entstanden sind und die das jeweils andere b/b-Quark enthalten. Aus den Zerfllen dieser Mesonen in bestimmten signifikanten Zerfallskanlen
kann dann zunchst auf die Identitt des getaggten Mesons und darber auf die Iden0
titt des B 0 oder B im Goldenen Zerfallskanal geschlossen werden. Die gewnschte
Abfolge der Zerflle ist jedoch sehr selten und hat ein BR von etwa 10−5 . In Verbindung mit dem kleinen Wirkungsquerschnitt fr bb -Produktion ergibt sich damit ein
Signal-zu-Untergrund-Verhltnis von 10−11 bis 10−12 .
Die Detektorkomponenten
Das Target des HERA-B Detektors besteht aus 8 Drhten unterschiedlicher Materialien auf zwei Stationen, die individuell an den Halo des Protonstrahls herangefahren
werden knnen. Der Elektronenstrahl verluft ohne Teilnahme an den Wechselwirkungen in etwa 1 m Abstand neben dem Protonenstrahl durch den Detektor hindurch.
186
Bespiele moderner Großexperimente
Abbildung 10.13: Der HERA-B Detektor in der Seitenansicht
Durch eine Anpassungsfrequenz von 10 Hz knnen die Drhte stndig in 50 nm Schritten
an Schwankungen des Strahls angepasst werden und sorgen fr stabile Wechselwirkungsraten, die durch Szintillatoren und Ladungsintegrierer berwacht werden.
Der Vertexdetektor von HERA-B besteht aus Siliziumstreifendetektoren und hat
als Hauptaufgabe die Vermessung von Sekundrvertizes, sowie die Spurerkennung in
der Nhe des Wechselwirkungspunktes. Er besteht aus 8 Superlagen aus je 4 doppellagigen Siliziumstreifendetektoren, die in Stereowinkeln von ±2.5◦ angeordnet
sind und so eine Auflsung in x- und y-Richtung ermglichen. Das Auflsungsvermgen
liegt in transversaler Richtung bei σx,y ≈ 50 µm und in longitudinaler Richtung bei
σz ≈ 500 nm.
Fr das Trackingsystem sind auf Grund der starken Vorwrtsrichtung des Detektors und der damit verbundenen hohen Teilchenflsse in der Nhe des Strahlrohres zwei unterschiedliche Technologien im Einsatz. Im inneren Bereich (ITR)
werden Microstrip-Gaseous-Chambers (MSGCs) verwendet und im ueren (OTR)
Honeycomb-Drift-Chambers. Die Kammern sind jeweils als ITR/OTR-Paare auf 10
Stationen verteilt und in Stereolagen angeordnet. Ein Teil des Spurkammersystem
befindet sich innerhalb des normalleitenden Magneten und einzelne Stationen werden vom First-Level-Trigger (FLT) verwendet.
Zur Teilchenidentifikation, insbesondere zur Unterscheidung von π, K, p und e
wird ein Ring-Imaging-Cherenkov-Counter (RICH) verwendet, der mit einem groen
zweigeteilten sphrischen Spiegel von 11.4 m Brennweite arbeitet, der die im Radiator
C4 F10 entstandenen Photonen über zwei ebene Spiegel an Photomultiplier weiterleitet, welche die Ringe der Cherenkovkegel detektieren. Außerdem kann die RICH
auch zu Trackingzwecken verwendet werden.
Zur Energiemessung wird ein groes elektromagnetisches Kalorimeter (ECAL)
10.4 Fixed–Target Hadron–Streuung
187
Abbildung 10.14: Pretrigger- und FLT-Schema mit ROI
verwendet, welches aus Sampling-Kalorimetermodulen vom Shashlik-Typ besteht.
P b- und W -N i-F e-Absorber alternieren mit Szintillatoren, die von Wellenlngenschiebern durchzogen sind. Das Kalorimeter besitzt aufgrund der lokal unterschiedlichen Teilchenraten eine variable Granularitt sowie eine Dicke von 20-23 Strahlungslngen.
Die letzte Detektorkomponente ist das Myonsystem, welches aus Beton-EisenAbsorbern zur Abschirmung von Hadronen, alternierend mit Tube- und PadChambers im ueren und Gas-Pixel-Detektoren im inneren Bereich besteht.
Der Trigger
Zur Identifizierung von hochenergetischen Leptonpaaren aus einem J/ψ-Zerfall sucht
die Pretrigger -Stufe nach einem ausreichend groen Cluster im ECAL oder einem Hit
im Myonsystem. Davon ausgehend werden Regions-of-Interest (ROI) in ausgewhlten
davor liegenden Detektorkomponenten (Myon-, bzw. Spurkammern) definiert, in denen der FLT nach einem weiteren Hit sucht und fr den Fall eines Erfolges wiederum
188
Bespiele moderner Großexperimente
ROIs fr weitere Komponenten definiert usw., bis eine vollstndige erste Spur gefunden
werden konnte (siehe Abb. 10.14). Mit dieser Technik wird ein zu groer und zu zeitaufwendiger Datentransfer zwischen den Detektorkomponenten und der Triggerstufe
verhindert, da nur Daten aus den interessierenden Bereichen ausgetauscht werden.
Der FLT arbeitet totzeit- und verlustfrei, da er in der Lage ist, innerhalb von 12
µs eine Entscheidung zu treffen, ob ein Ereignis an die zweite Triggerstufe bergeben
werden soll oder nicht. Dies entspricht der Zeitspanne whrend der sich ein Event in
der 128 BCs tiefen Pipeline von HERA-B befindet, bevor es berschrieben wird. Die
zweite Triggerstufe verfeinert die gefundenen Spuren und verwendet mehr Detektordaten, z.B. die Driftzeiten des Spurkammersystems, und untersucht die Spuren unter
anderem auf einen Sekundrvertex, um die direkt aus pN -Reaktionen entstehenden
Untergrund-J/ψ zu unterdrcken. Die 3. und 4. Triggerstufe nutzen alle Detektordaten, fhren das Monitoring fr den Detektor und Spurfits mittels Kalman-Filtern
durch und rekonstruieren alle Spuren des Events. Durch die Triggerstufen wird eine
Datenreduktion von 40 MHz auf letztlich 50 Hz erreicht, mit der die rekonstruierten
Events auf Tape geschrieben werden.
10.5
Experimente mit kosmischer Höhenstrahlung
10.5.1
Gamma–Astronomie (H.E.S.S.)
von Arne Schönwald
Das High Energy Stereoscopic System - H.E.S.S - ist ein Experiment zum nachweiss der hochenergetischen Gamma-Strahlung aus dem Univerum auf der TeVSkala..
Abbildung 10.15: Die 4 HESS-Teleskope
• zu Ehren des Physikers Victor Franz Hess, der 1936 den Nobelpreis fr die
Entdeckung der kosmischen Höhenstrahlung erhielt
• Nambia, Khomas Hochland (1800 m) → gute Beobachtung des galaktischen
Zentrums möglich (Abb. 10.15)
10.5 Experimente mit kosmischer Höhenstrahlung
189
• 120 m Abstand zwischen Teleskopen optimiert fr TeV-Schauer bei 13 m Spiegeldurchmesser → Effektive Spiegelfläche 105 m2 (382 Einzelspiegel pro Teleskop) bei einer Auflösung von 0.1◦ und einer Energieauflsung von 20 %
• beobachtet wird: Hochenergetische Teilchen- und Gamma-Strahlung im Bereich von 100 GeV bis 100 TeV (da geladene Teilchen aber durch das Erdmagnetfeld und ander interstellare Felder abgelenkt werden, gibt nur die Gammastrahlung Aufschluss über die Position der Quelle)
• potentielle Quellen: Supernovae, Schwarze Löcher, AGN, Quasare, Pulsare,
Galaxiencluster, Akretionsscheiben, ???
• Hess benutzt Atmosphäre als Detektormaterial (Cherenkov-Effekt) um extrem hochenergetische Gamma- und Teilchenstrahlung nachweisen → Teilchen/Gammas treffen in 10 km Höhe auf Atmosphäre und beginnen hadronisch/elektromagnetisch zu schauern
• Unterscheidung von γ und Teilchen: Öffnungswinkel des Schauers bei EM kleiner (Moliere-Radius 75 m) als bei HAD, da bei SW schwere Sekundärteilchen
und Sub-EM-Schauer
• Nachweiseffekt:
Abb. 10.16)
Tscherenkov-Strahlung
(TS)
(kleiner
ffnungswinkel,
Abbildung 10.16: links: durch Gamma ausgelöster Schauer, rechts: durch Teilchen
ausgelöster Schauer
• Hochenergie-Elektronen erzeugen in Luft ca. 45 Photonen pro Meter durch TS
mit Maximum bei 300 nm, wobei ein TeV ca. 10000 Photonen entspricht →
Erdboden ca. 100 Photonen/m2
190
Bespiele moderner Großexperimente
• für 100 GeV bis 10 TeV liegt der “peak” der TS in 7 bis 10 km Hhe, aus TS
resultierende Lichtfront liegt im Bereich von 2-3 ns mit einer Entwicklungszeit um 10 ns, der Schauer bentigt aber Zeit im Mikrosekundenbereich um
Erdoberflche zu erreichen → gut trennbar
• Teleskope und Kameras: Trigger mit 4 Teleskopen, jeder Einzelspiegel Reflektivitt von 80 % mit einer Brennweite 15 m, Kameras decken 5◦ Winkel ab, jede
Kamera besteht aus 960 Photomultipliern, Kamera 1 m × 1 m × 1.4 m mit 800
kg, Pixelgre entspricht 0.16◦ , Photomultiplier im Focus haben Effiziens von
25 %, Analog-Digital-Wandler und Trigger sind im Kameragehuse integriert,
CCD berwachen exakte Ausrichtung auf Quelle
Wetterstation, Radiometer zur berwachung der Atmosphreneigenschaften, jede Kamera eigenes JPS (Ort + Zeit)
• Trigger: ein Kameratrigger (max. 2.5 kHz) pro Teleskop und ein zentraler
Trigger, jede Kamera in 38 überlappende Triggersektionen eingeteilt, jeder
Triggersektor beinhaltet eine Reihe von Pixeln (bis zu 64), ab Mindestzahl
von angesprochenen Triggersektoren (4) und einem minimalen Level (3,5 Fotoelektronen) wird Signal ausgelöst und zu zentralem Trigger gesendet, mehr
als zwei Kameras Triggersignal → alle Detektoren werden ausgelesen
• Datengewinnung: Steuerung: Linux-Cluster, da keine schnelle Internetanbindung vorhanden werden Daten auf Bndern transportiert, bei normalem Betrieb
4 MB/s → 500 GB Rohdaten pro Monat, Auswertung : Root
Abbildung 10.17: Schauerrekonstruktion von H.E.S.S.
10.5 Experimente mit kosmischer Höhenstrahlung
191
Abbildung 10.18: Schauer im Detektor
• Schauerrekonstruktion: Distanz des Zentrums der Ellipse vom Kamerazentrum
(nominal distance) in mrad, Bildamplitude = Gesamtintensität des Bildes,
Orientierung und Distanz des Zentrums der Ellipse zur Rekonstruktion der
Schauerrichtung und des “Kerns” des Schauers, bei gleicher Bildamplitude
sind Länge und Breite der Ellipse von HADS grer als von EMS, da Transversalimpuls bei HS größer, Intensität der Tscherenkov-Strahlung ist proportional zur ursprünglichen Energie des Teilchens, aus Bildintensitt und Abstand
zum impact point kann durch Mittelung ber alle Teleskope Teilchenenergie
rekonstruiert werden, diverse relativistische Korrekturen von Zeit und Rotverschiebung + Krümmung der Raumzeit durch Position der Sonne
10.5.2
Neutrino–Astronomie (Amanda und ICE-Cube)
von Sören Jetter
Literaturverzeichnis
[1] W.R. Leo,
Techniques for Nuclear and Particle Physics Experiments,
Springer 1994.
[2] K. Kleinknecht,
Detektoren für Teilchenstrahlung,
Teubner 1992.
[3] W. Blum and L. Rolandi,
Particle Detection with Drift Chambers,
Springer 1994.
[4] C. Gruppen,
Teilchendetektoren,
BI Wissenschaftsverlag.
[5] T. Ferbel,
Experimental Techniques in High Energie Physics,
Addison Wesley 1986.
[6] W. Daniel,
Beschleuniger,
Teubner 1974.
[7] J. Livinghood,
Principle of Cyclic Particle Accelerators,
D. von Nostrand, Princeton 1961.
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