psychische traumatisierung bei verkehrsunfallopfern eine

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PSYCHISCHE TRAUMATISIERUNG
BEI VERKEHRSUNFALLOPFERN
EINE LÄNGSSCHNITT-STUDIE
Dissertation zur Erlangung des
Doktorgrades der Naturwissenschaften
vorgelegt beim Fachbereich Psychologie
Fakultät Mathematik und Naturwissenschaften
Technischen Universität Dresden
von
Andreas Poldrack
Betreuer:
Prof. Dr. Jürgen Margraf (Basel)
Prof. Dr. Dr. Andreas Marcker (Dresden)
Danksagung
Ich möchte an dieser Stelle all jenen danken, die in sehr unterschiedlicher Weise dazu
beigetragen haben, daß die vorliegende Dissertationsarbeit begonnen, duchgeführt und
vollendet wurde.
Zunächst möchte ich dem Initiator dieses Themas, Prof. Dr. Jürgen Margraf und meinem zweiten Betreuer, Prof. Dr. Dr. Andreas Maercker danken. Ohne sie wäre die Arbeit weder begonnen noch duchgeführt worden. Besonders Prof. Dr. Dr. Andreas Maercker danke ich für die vielen offenen Ohren, die er für diverse Probleme, die bei einem
Dissertationsprojekt auftauchen können, hatte.
Herzlich bedanken möchte ich mich bei der Christoph-Dornier-Stiftung für Klinische
Psychologie, die diese Arbeit mit einem Promotionsstipendium förderte und in deren
Dresdner Institut ich neben der wissenschaftlichen Arbeit weitere wertvolle berufliche
Erfahrungen sammeln konnte. Besonderen Dank gilt hierbei den ehemaligen Insitutsleiterinnen Dr. Silvia Schneider und Dipl.-Psych. Ines von Witzleben. Darüberhinaus gilt
mein Dank dem Vorstand der Stiftung, Prof. Dr. Wolfgang Fiegenbaum sowie, stellvertretend für das Kuratorium, Prof. Dr. Kurt Hahlweg. Die Christoph-Dornier-Stiftung
stellte für mehrere Jahre den Rahmen bereit, in dem das Projekt gedeihen konnte, einschließlich der Freiräume, die für wissenschaftliche Arbeit ebenso unentbehrlich sind.
Die Arbeit wäre nicht umsetzbar gewesen ohne die Mitarbeit meiner Diplomandinnen
Tina Käshammer, Maud Schulze und Silke Rosahl, denen ich hiermit herzlich danke.
Ebenso unverzichtbar war die Unterstützung durch die Universitätsklinik für Unfallund Wiederherstellungschirurgie der Technischen Universität Dresden, vertreten duch
Prof. Dr. Hans Zwipp und die konkrete Mitarbeit der damaligen Assistenzärztin Dr.
Daniela Kloten sowie des engagierten Stationspersonals. Keineswegs zu vergessen sind
die Verkehrsunfallopfer, die sich als Patienten in der Klinik bereiterklärten, an dieser
Studie teilzunehmen und dafür Zeit, Vertrauen und Geduld aufgebracht haben.
Wichtige Impulse hat die Arbeit immer wieder durch den Austausch auf Kongressen
und Doktorandensymposien, v.a. der Fachgruppe Klinische Psychologie und Psychotherapie der DGPs und der Christoph-Dornier-Stiftung, bekommen. Bei der Beendigung
der Arbeit halfen mir unter anderem die anregenden Diskussionen mit Dipl.-Psych.
Sieghard Sommer.
Für emotionale und materielle Unterstützung bin ich nicht zuletzt meiner Mutter und
meinem Vater zu Dank verpflichtet, die mir selbstlos über so einige Engpässe hinweghalfen und stets an mich glaubten. Dies hat in einigen Phasen die Fortführung der Arbeit
überhaupt möglich gemacht.
Dresden im November 2001
Andreas Poldrack
Vorbemerkung
Verkehrsunfälle sind Ereignisse, die im Laufe des Lebens nahezu jeden Menschen
betreffen, entweder direkt oder als Angehöriger eines Verunfallten. Aufgrund der
Lebensbedrohlichkeit schwerer Verletzungen hat im ersten Moment völlig zurecht die
Versorgung der körperlichen Wunden oberste Priorität. In der Notfallmedizin gab es in
den letzten Jahrzehnten enorme Fortschritte, die die Überlebenswahrscheinlichkeit von
Verkehrsunfallopfern deutlich erhöhen konnten. Trotzdem oder gerade deshalb dürfen
die seelischen Wunden, die ein solches Ereignis beim Unfallopfer verursachen kann, auf
keinen Fall vernachlässigt werden. Bis heute passiert dies jedoch in erschreckendem
Ausmaß. Diese Tatsache fügt sich ein in die generelle Tabuisierung von psychischem
Leid, die dank intensiver Anstrengung unseres Berufsstandes in den letzten Jahren zwar
aufgeweicht werden konnte, jedoch bei weitem noch nicht beseitigt ist. Erkennbar wird
die Diskriminierung von Menschen, die unter psychsichen Erkrankungen oder Problemen leiden, in vielen Bereichen der Gesellschaft und des täglichen Lebens. Sei es der
Anforderungscharakter der Leistungsgesellschaft, nahezu um jeden Preis funktionieren
zu müssen, wenn man erfolgreich sein will, sei es die Tatsache, daß Menschen, die jemals psychotherapeutisch behandelt wurden, bei privaten Krankenversicherungsgesellschaften als Mitglieder abgelehnt werden oder sei es die Diskussion um die Abschaffung psychotherapeutischer Behandlung als Grundleistung der gesetzlichen Krankenkassen. Erschwerend kommt hinzu, daß psychisch Erkrankte keine Lobby haben, selbst
wenn sie Konsumenten von Psychopharmaka sind. Dies ist traurige Realität in einem
der reichsten Länder der Erde.
Psychischen Problemen nach einem traumatischen Ereignis, wie es ein Verkehrsunfall
sein kann, auf dem Wege der Akzeptanz und Enttabuisierung weiter voran zu helfen,
war ein wichtiger Beweggrund dieser Arbeit. Um den dimensionalen (nicht kategorialen!) Übergang von normalen Reaktionen auf ein Trauma bis hin zu manifestierten
psychsichen Erkrankungen deutlich zu machen, wurde nicht nur die psychische Erkrankung „Posttraumatische Belastungsstörung“ erhoben, sondern auch subklinische, d.h.
unter der Diagnoseschwelle liegende Symptomatik, die in der Arbeit als „Posttraumatische Belastungssymptomatik“ bezeichnet wird.
Die Studie wurde in einem Unfallkrankenhaus mit hoher Belegung und Routinebetrieb
(was bedeutet, daß das Personal an der Belastungsgrenze arbeitet), also unter völlig
normalen Feldbedingungen, durchgeführt. Den Klinikmitarbeitern wurde aufgrund der
Durchführung einer „Psycho-Studie“ auf der Station Einiges an zusätzlicher Arbeit abverlangt. Zwar gelang es mit Mitteln, die haarscharf am Korruptionstatbestand vorbeischrammen (Kaffeepäckchen, Pralinen und Sektflaschen fürs Schwesternzimmer), die
Studie in der Klinik zu etablieren und auch unter widrigen Bedingungen duchzuführen.
Allerdings kam es immer wieder zu Zwischenfällen, die so nicht eingeplant waren und
die sich beispielsweise in erhöhten Datenmissings oder verrringerten Rücklaufquoten
niederschlugen. Gerade wegen all dieser Umstände habe ich in dieser Zeit viel dazugelernt, über unser Gesundheitswesen, über Klinikhierarchien, über die enormen Leistungen, die Ärzte, Schwestern, Pfleger und Zivis jeden Tag vollbringen und darüber, daß es
möglich ist, trotz schwerster Verletzungen und z.T. bleibender Schäden einen neuen
Platz im Leben zu finden, nach vorne zu schauen und ein neues Kapitel aufzuschlagen –
mein größter Respekt gebührt den Verkehrsunfallopfern, die an dieser Studie teilgenommen haben.
Zusammenfassung
Jeder Vierte erleidet im Laufe seines Lebens einen Verkehrsunfall (Norris 1992). Für
den einzelnen Betroffenen kann sich das Leben nach einem Unfall einschneidend verändern. So plötzlich und unerwartet für eine kurze oder längere Zeit ernsthaft mit der
eigenen Endlichkeit oder Verletzlichkeit konfrontiert zu sein, kann Menschen in starke
Angst versetzen bzw. Entsetzen und Hilflosigkeit aufkommen lassen. Somit erweist sich
der Unfall nicht selten als traumatisches Erlebnis. Obwohl psychische Folgen verbreitet
und vielfältig sind, bleiben sie oft unbeachtet oder ihnen wird erst Aufmerksamkeit zuteil, wenn wenn das Leiden oder die Beeinträchtigung durch sie zu stark werden oder
die Symptomatik sich längst chronifiziert hat. Die in neueren Längsschnittstudien (Ehlers et al., 1998; Harvey & Bryant, 1998; Blanchard et al., 1997) ermittelten Prävalenzraten für die Posttraumatische Belastungsstörung ein halbes Jahr nach dem Verkehrsunfall liegen mit ca. 20% recht hoch, des weiteren manifestieren sich beispielsweise auch
häufig Phobien und andere Angststörungen, sowie Depressionen oder somatoforme
Störungen nach einem Unfall (Nyberg et al., 1997; Blanchard et al., 1994).
Am Lehrstuhl für Klinische Psychologie und Psychotherapie der TU Dresden wurde in
Zusammenarbeit mit der Christoph-Dornier-Stiftung für Klinische Psychologie in Dresden ein Forschungsprojekt zu psychischer Traumatisierung nach Verkehrsunfällen
durchgeführt. Schwerpunkt dieser Studie war es, herauszufinden, inwieweit psychische
Beeinträchtigungen wenige Tage nach einem Verkehrsunfall sowie 3 und 6 Monate
danach auftreten und welche auslösenden bzw. aufrechterhaltenden Faktoren für die
psychischen Beeinträchtigungen zu finden sind. In der Klinik für Unfall- und Wiederherstellungschirurgie des Universitätsklinikums „Carl Gustav Carus“ der Technischen
Universität Dresden wurden zu diesem Zweck Patienten mit einer Fragebogenbatterie
untersucht, die dort nach einem Verkehrsunfall eingeliefert worden waren.
Um den Untersuchungsgegenstand von mehreren Perspektiven her zu beleuchten, wurden an der Gesamtstichprobe drei verschiedene Teilstudien durchgeführt. Teilstudie 1
(N=71) betrachtete den Verlauf der posttraumatischen Belastungssymptomatik bzw. der
Posttraumatischen Belastungsstörung und untersuchte die Prävalenz zu drei verschiedenen Zeitpunkten. Es sollte überprüft werden, ob sich bestimmten Verlaufstypen Prädiktoren zuordnen lassen. Dazu wurde ein kombiniertes Quer- und Längsschnittdesign mit
insgesamt drei Meßzeitpunkten gewählt. Teilstudie 2 (N=64) beschäftigt sich mit den
Zusammenhängen zwischen dem Umgang mit intrusiven Gedanken mittels sog. Gedankenkontrollstrategien und der Symptomatik nach drei Monaten. Diese Teilstudie wurde
dementsprechend ebenfalls längsschnittlich konzipiert. Teilstudie 3 (N=83) ist eine
explorative Analyse, die sich mit der Rolle kognitiver Faktoren bei der Entstehung und
Aufrechterhaltung der Posttraumatischen Belastungstörung beschäftigt. Dabei wurden
v.a. unfall- und genesungsbezogene Kognitionen in einem längsschnittlichen Design mit
zwei Meßzeitpunkten untersucht.
Die posttraumatische Belastungssymptomatik verlief in den ersten sechs Monaten nach
dem Unfall folgendermaßen: Bei etwa zwei Drittel der Patienten hat sich das psychische
Befinden nach einem halben Jahr deutlich verbessert bei unterschiedlichen Verläufen
der einzelnen Symptomgruppen. Weiterhin fanden sich verschiedene Verlaufstypen im
Hinblick auf die Zuordnung der Patienten zu den Kategorien gesund, subklinisch erkrankt und klinisch erkrankt an den drei Untersuchungszeitpunkten. Beispielsweise unterschieden sich Patienten, die zum ersten Meßzeitpunkt klinische Symptomatik aufwie-
sen hinsichtlich des weiteren Symptomverlaufs. Im wesentlichen gab es chronische Verläufe (auch nach einem halben Jahr noch klinisch relevante Symptomatik) und remittierende Verläufe (nach einem halben Jahr nur noch subklinische Symptomatik oder sogar
gesund). Es konnten Risikofaktoren identifiziert werden, die mit den verschiedenen
Verläufen korrelieren.
Bezüglich der Untersuchung der Rolle des Umgangs mit intrusiven Gedanken (sog.
Gedankenkontrollstrategien) für die Symptomatik fanden sich zum ersten Meßzeitpunkt
nach 10 Tagen und, in schwächerer Ausprägung, auch nach drei Monaten Zusammenhänge. Im Ergebnis einer regressionsanalytischen Auswertung zeigt sich, daß insbesondere die Strategien „Ablenkung“ und „Sorgen“ eine relevante Rolle im Zusammenhang
mit der posttraumatischen Belastungssymptomatik spielen. Dagegen wurde erwartungsgemäß kein substantieller Zusammenhang zwischen Verletzungsschwere als Aspekt der
Traumaschwere und posttraumatischer Symptomatik gefunden.
Die Rolle der unfallbezogenen Kognitionen stand im Mittelpunkt der dritten Teilstudie,
die explorativen Charakter trug. Es wurde versucht, anhand kognitionspsychologischer
Theorien und mit Hilfe längsschnittlicher Betrachtungsweise zu erklären, warum manche Menschen mit einem Verkehrsunfall psychisch besser zurechtkommen als andere.
Es zeigte sich, daß Variablen wie die wahrgenommene Kontrollierbarkeit der Unfallsituation, die Beschäftigung mit der Frage „Warum gerade ich?“ sowie der subjektiv erlebte Einfluß auf den physischen Heilungsverlauf Einfluß auf die Entwicklung posttraumatischer Symptomatik ausüben.
Welche Implikationen haben nun die in den drei Teilstudien ermittelten Ergebnisse?
Zunächst sind sie ein weiterer Beitrag zur Verbreitung klinisch-psychologischen Störungswissens in der Bevölkerung, in diesem Fall v.a. unter Ärzten, Krankenschwestern
und Pflegern. Es konnte nachgewiesen werden, daß posttraumatische Belastungssymptomatik nach Verkehrsunfällen ein relevantes Problem ist, das auch in der unfallchirurgischen Versorgung der Patienten nicht einfach ignoriert werden kann. Damit wird
zugleich auch die Akzeptanz psychischer Symptomatik bei physisch Verletzten gefördert. Hier gibt es v.a. in den medizinischen Berufen viel Nachholbedarf. Die Studie
konnte weiterhin Erkenntnisse bereitstellen, die eine Früherkennung von potentiellen
Betroffenen näher rücken läßt. Dies wäre ein interessanter Ansatz für punktgenaue Risikogruppenprävention, um zum Einen die Entwicklung einer Posttraumatischen Belastungsstörung zu verhindern, zum Anderen durch Verhinderung oder Reduzierung posttraumatischer Belastungssymptomatik die physischen Heilungsverläufe günstiger zu
gestalten. In diesem Zusammenhang war die differenzierte Beschreibung des Verlaufs
der Symptomatik von wesentlicher Bedeutung für das längsschnittliche Verständnis der
Posttraumatischen Belastungsstörung nach Verkehrsunfällen. Zu guter letzt konnte v.a.
durch die Ergebnisse der Analysen 2 und 3 die wichtige Rolle der kognitiven Variablen
nach einem Trauma für die Entstehung einer Posttraumatischen Belastungsstörung untermauert werden. Dies bekräftigt Befunde, die in letzter Zeit v.a. von der Arbeitsgruppe um Ehlers veröffentlicht wurden. Damit entfernt sich die Ergebnislage zunehmend
von der Dosis-Wirkungs-Diskussion (je schwerer das Trauma, desto schwerer die Symptomatik), zumal in dieser Studie kein signifikanter Zusammenhang zwischen der
Schwere der Unfallverletzungen und der posttraumatischen Symptomatik gefunden
wurde.
Inhaltsverzeichnis
1
2
Einleitung.................................................................................................................. 1
Theoretischer Hintergrund und Forschungsstand ..................................................... 5
2.1 Posttraumatische Belastungsstörung allgemein.................................................... 5
2.1.1 Geschichte..................................................................................................... 5
2.1.2 Deskription.................................................................................................... 7
2.1.3 Klassifikation ................................................................................................ 8
2.1.4 Epidemiologie............................................................................................. 10
2.1.5 Komorbidität............................................................................................... 12
2.1.6 Verlauf ........................................................................................................ 12
2.1.7 Risikofaktoren............................................................................................. 13
2.1.8 Ätiologie ..................................................................................................... 20
2.2 Posttraumatische Belastungsstörung nach Verkehrsunfällen ............................. 22
2.2.1 Epidemiologie............................................................................................. 22
2.2.2 Verlauf der PTB.......................................................................................... 23
2.2.3 Verlauf von Einzelsymptomen und Symptomgruppen............................... 25
2.2.4 Risikofaktoren............................................................................................. 26
3
Übersicht über Ziele und Methoden der Teilstudien .............................................. 41
3.1 Überblick über Ziele und Design der Teilstudien............................................... 41
3.2 Rekrutierung der Gesamtstichprobe und epidemiologische Kennzahlen ........... 41
3.3 Darstellung der Erhebungsmethoden.................................................................. 43
3.3.1 Erhebung der PTB-Symptomatik................................................................ 44
3.3.2 Erhebung der Verletzungsschwere ............................................................. 45
3.3.3 Erhebung der Gedankenkontrolle ............................................................... 46
3.3.4 Erhebung der unfall- und genesungsbezogenen Kognitionen .................... 47
3.3.5 Weitere Erhebungsinstrumente................................................................... 50
4
Verlauf der Symptomatik im Halbjahreszeitraum .................................................. 53
4.1 Zusammenfassung .............................................................................................. 53
4.2 Fragestellungen und Hypothesen........................................................................ 54
4.3 Methoden ............................................................................................................ 57
4.3.1 Stichprobe ................................................................................................... 57
4.3.2 Erhebungsinstrumente ................................................................................ 59
4.3.3 Statistische Auswertung.............................................................................. 59
4.4 Ergebnisse........................................................................................................... 62
4.4.1 Prävalenzen und Verlauf............................................................................. 62
4.4.2 Patienten mit verschiedenen PTB-Verläufen im Vergleich........................ 69
4.4.3 Logistische Regressionsanalyse.................................................................. 76
4.5 Diskussion........................................................................................................... 78
5
Umgang mit Intrusionen und der Einfluß auf die Belastungssymptomatik............ 87
5.1 Zusammenfassung .............................................................................................. 87
5.2 Fragestellung und Hypothesen............................................................................ 87
5.3 Methoden ............................................................................................................ 88
5.3.1 Stichprobe ................................................................................................... 88
5.3.2 Untersuchungsablauf .................................................................................. 89
5.3.3 Meßinstrumente .......................................................................................... 89
5.3.4 Statistische Analyse .................................................................................... 89
5.4 Ergebnisse........................................................................................................... 90
5.4.1 Drei-Monats-Prävalenz posttraumatischer Belastungssymptomatik .......... 90
5.4.2 Verletzungsschwere .................................................................................... 91
5.4.3 Gedankenkontrolle...................................................................................... 91
5.4.4 Gemeinsame Regressionsanalyse ............................................................... 92
5.5 Diskussion........................................................................................................... 95
6
Die Bedeutung von unfallbezogenen Kognitionen für den Symptomverlauf......... 99
6.1 Zusammenfassung .............................................................................................. 99
6.2 Fragestellungen und Hypothesen...................................................................... 100
6.3 Methoden .......................................................................................................... 101
6.3.1 Stichprobe ................................................................................................. 101
6.3.2 Erhebungsinstrumente .............................................................................. 102
6.3.3 Statistische Auswertung............................................................................ 102
6.4 Ergebnisse......................................................................................................... 104
6.4.1 Allgemeine Ergebnisdarstellung............................................................... 106
6.4.2 Beantwortung der Fragestellungen ........................................................... 109
6.5 Diskussion......................................................................................................... 122
7
Zusammenfassende Diskussion ............................................................................ 129
8
Literatur ................................................................................................................ 133
9
Tabellenverzeichnis .............................................................................................. 147
10 Abbildungsverzeichnis.......................................................................................... 149
11 Anhang.................................................................................................................. 151
1
Einleitung
Im Jahre 2000 starben auf Deutschlands Straßen 7503 Menschen an den Folgen eines
Verkehrsunfalles, insgesamt wurden 2.350.227 Unfälle polizeilich erfaßt, davon
382.949 mit Personenschaden (Statistisches Bundesamt, 2001). Im gleichen Jahr waren
es in Großbritannien 3765 Tote und in den USA 41.798. In den letzten Jahren ist eine
sinkende Tendenz zu verzeichnen und dennoch sind Verkehrsunfälle das Todesrisiko
Nummer eins in den westlichen Industrieländern. Das Lebenszeitrisiko liegt bei 23,4%
(Norris,1992), daß heißt jeder vierte ist in seinem Leben direkt oder indirekt in einen
VU verwickelt. Die Zahlen sprechen für sich, vor allem wenn man bedenkt, daß an jedem einzelnen Unfall menschliche Schicksale hängen.
Für den einzelnen Betroffenen kann sich das Leben nach einem Unfall einschneidend
verändern. So plötzlich und unerwartet für eine kurze oder längere Zeit ernsthaft mit der
eigenen Endlichkeit oder Verletzlichkeit konfrontiert zu sein, kann Menschen in starke
Angst versetzen, bzw. Entsetzen und Hilflosigkeit aufkommen lassen. Somit erweist
sich der Unfall nicht selten als traumatisches Erlebnis. Leider ist die Hilfe für den Verunfallten zum großen Teil lediglich auf die medizinische Versorgung seiner physischen
Verletzungen beschränkt, bei der kognitiven und emotionalen Verarbeitung des Geschehenen wird der Betroffene in der Regel allein gelassen. Obwohl psychische Folgen
verbreitet und vielfältig sind, bleiben sie oft unbeachtet oder ihnen wird erst Aufmerksamkeit zuteil, wenn das Leiden und die Beeinträchtigungen durch sie zu stark werden
oder die Symptomatik sich längst chronifiziert hat. Die in neueren Längsschnittstudien
(Ehlers et al., 1998; Harvey & Bryant, 1998; Blanchard et al., 1997) ermittelten Prävalenzraten für die Posttraumatische Belastungsstörung ein halbes Jahr nach dem Verkehrsunfall liegen mit ca. 20% recht hoch, des weiteren manifestieren sich beispielsweise häufig auch Phobien und andere Angststörungen, sowie Depressionen oder somatoforme Störungen nach einem Unfall (Nyberg et al., 1997; Blanchard, et al., 1994).
Eine gewisse psychische Belastungsreaktion auf traumatische Ereignisse - darüber sind
sich die Forscher einig - entspricht durchaus der Normalität. Allerdings kann sie unter
bestimmten Umständen in Beginn, Stärke und Dauer variieren. In letzter Zeit machten
es sich Forscher verstärkt zur Aufgabe, Faktoren zu identifizieren, die auf diese Variablilität Einfluß nehmen. Allerdings gelangten diese Studien aufgrund ihrer Inhomogenität hinsichtlich der untersuchten Zeiträume sowie der Untersuchungsmethodik zu
recht unterschiedlichen Ergebnissen. Am häufigsten wurden Faktoren untersucht, die
mit der Entwicklung posttraumatischer Belastungssymptome bzw. einer posttraumatischen Belastungsstörung in Verbindung stehen könnten, wie demographische Daten, die
Unfall- bzw. die Verletzungsschwere, das Ausmaß erlebter Todesangst, frühere und
nachfolgende Traumata, rechtliche Folgen u. v. a. (z. B. Blanchard et al., 1996b; Ehlers
et al., 1998; Green, et al., 1993; Mayou et al., 1993 und 1997). Weniger Beachtung fand
bisher der Verlauf posttraumatischer Belastungssymptomatik innerhalb der ersten Monate nach einem Verkehrsunfall.
Wie sich zeigt, ist noch viel Forschungsbemühen notwendig, um durch Integration der
zahlreichen einzelnen Arbeiten letztlich zu sicheren Erkenntnissen zu gelangen, die
dann in die Erarbeitung prophylaktischer oder frühzeitiger Interventionsmaßnahmen
eingehen können und so für die Betroffenen nutzbringend werden. An der Christoph–
2
Einleitung
Dornier–Stiftung für Klinische Psychologie in Dresden wurde in Zusammenarbeit mit
dem Lehrstuhl für Klinische Psychologie und Psychotherapie der TU Dresden ein Forschungsprojekt zu Posttraumatischer Belastungsstörung nach Verkehrsunfällen duchgeführt. Schwerpunkt dieser Studie war es, herauszufinden inwieweit psychische Beeinträchtigungen wenige Tage nach einem Verkehrsunfall sowie 3 und 6 Monate danach
auftreten und welche auslösenden bzw. aufrechterhaltenden Faktoren für die psychischen Beeinträchtigungen zu finden sind. In der Klinik für Unfall– und Wiederherstellungschirugie des Universitätsklinikums “Carl Gustav Carus“ der Technischen
Universität Dresden wurden zu diesem Zweck Patienten untersucht, die dort nach einem
Verkehrsunfall eingeliefert worden waren.
2 Theoretischer Hintergrund und Forschungsstand
2.1 Posttraumatische Belastungsstörung allgemein
2.1.1 Geschichte
Die psychischen Folgen von traumatischen Erlebnissen und starken Belastungen werden
bereits seit der Antike erwähnt. In den Fokus medizinischen Interesses gerieten sie allerdings erst im 19. Jahrhundert. Damals wurden bei Unfallopfern Symptome registriert,
die der heutigen Diagnose einer Posttraumatischen Belastungsstörung zuzordnen sind.
Allerdings sah man dies damals noch nicht als eigenständiges psychisches Krankheitsbild an.
Vielfältigere Beschreibungen und Bezeichnungen wurden im 19. Jahrhundert dargestellt, angefangen bei Da Costa (1871), der ein psychovegetatives Syndrom als Folge
einer außergewöhnlichen seelischen Belastung beschrieb, das er bei Soldaten des amerikanischen Bürgerkrieges beobachtet hatte. Rigler (1879) prägte den Begriff der
„Kompensationsneurose“, die Beschwerden von Opfern eines Eisenbahnunglückes beschrieb. Oppenheim führte 1889 den Begriff des „Traumas“ in der Neuropsychologie
ein, welcher mikrostrukturelle Hirnveränderungen als Ursache „traumatischer Neurosen“ beschrieb. Kräplin benutzte 1899 den Begriff der „Schreckneurose“ für ein klinisches Zustandsbild, das nach schweren Unfällen, Eisenbahnunglücken, Bränden und
Explosionen auftritt. Zur selben Zeit widmeten sich Charcot und Janet in Frankreich,
sowie Freud und Breuer in Österreich und Deutschland der Erforschung der Hysterie
und kamen unabhängig von einander zu dem Ergebnis, daß Hysterie durch ein psychisches Trauma verursacht wird.
Die verheerende Wirkung von Kriegserlebnissen auf die Psyche wurde erstmals während des amerikanischen Bürgerkrieges von Ärzten beschrieben. Damals sprachen die
Militärärzte von sogenannter „Nostalgia“, die sie aber v.a. als Folge des Trennungsschmerzes von den Angehörigen interpretierten. Mit der zum Ende des letzten Jahrhunderts fortschreitenden industriellen Revolution erhöhte sich zum einen die Wahrscheinlichkeit für technische Katastrophen, zum anderen wurden die Kriege grausamer und
vernichtender als je zuvor in der Geschichte. Damit waren die Voraussetzungen für ein
häufigeres Auftreten von posttraumatischer Symptomatik geschaffen. Zunächst lenkte
der Erste Weltkrieg mit seinen traumatischen Folgen für Zivilisten und Soldaten wieder
mehr Aufmerksamkeit auf Traumafolgen. Von Seiten der Wissenschaft wurden diese
Symptome vorwiegend bei Soldaten registriert, wogegen sie bei Zivilisten kaum Beachtung fanden. Den Vorgesetzten fiel damals auf, daß eine zunehmende Zahl von Soldaten
nach tagelangen Dauerbombardements selbst unter Exekutionsandrohung nicht zu bewegen war, die Schützengräben zum Angriff zu verlassen. Damals sprach man von
Granatenschock oder Gefechtsneurose und vermutete die Ursache in den Erschütterungen, denen das Gehirn bei Granateinschlägen ausgesetzt ist. Noch gravierendere Folgen
hatte in dieser Hinsicht der Zweite Weltkrieg: für Menschen, die in Konzentrationslager
deportiert wurden, für Zivilisten, sowohl in den besetzten Gebieten als auch in Deutschland (z.B. die Überlebenden der Dresdner Bombennächte), sowie für die Soldaten aller
6
Theoretischer Hintergrund und Forschungsstand
beteiligten Armeen. Die sich langsam entwickelnde psychiatrische und psychologische
Forschung fokussierte ihr Interesse zunächst auf die Überlebenden der Konzentrationslager. Dies verlieh der wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit posttraumatischer
Symptomatik deutliche Schubkraft. Daneben nahm man zunehmend auch im zivilen
Bereich Traumafolgen bei Opfern von Naturkatastrophen, Industrieunglücken und bei
Unfallopfern wahr und etikettierte sie z.T. mit Namen wie Rentenneurose oder Kompensationsneurose, was eine Intention der Betroffenen nahelegte und der Symptomatik
in den allermeisten Fällen sicher nicht gerecht wurde.
Die Erkenntnisse zu den psychopathologischen Folgen von Kriegen veranlaßte die Vereinigung der amerikanischen Psychiater die Kategorie “schwere Belastungsreaktion“
(gross stress reaction) in ihr „Diagnostisches und statistisches Manual“ (DSM-I, APA,
1952) aufzunehmen. Die Diagnose wurde vergeben, wenn das Individuum starken physischen Anforderungen oder extremen Belastungen (Krieg, Naturkatastrophen) ausgesetzt gewesen war. Damit wurde akzeptiert, daß es jede Person treffen kann. Leider
fehlten operationalisierte Kriterien zur Bestimmung der Diagnose. Weitere Forschungen
in den fünfziger und sechziger Jahren beschäftigten sich mit den Opfern von Natur- und
Industriekatastrophen (Friedman & Linn, 1957; Bloch, Silber & Perry, 1965; Langdon
& Parker, 1964), bei allen zeigten sich ähnliche Symptome wie bei den Kriegsopfern.
Man untersuchte auch Kinder und Erwachsene und stellte ähnliche Symptome fest. Das
DSM-II (APA, 1968) wurde herausgegeben und die Kategorie „schwere Belastungsreaktion“, obwohl sie internationale Anerkennung gefunden hatte, dort wieder gestrichen
und statt dessen die Kategorie der „vorrübergehenden situationsabhängigen Störung“
eingeführt. Diese Störung war für Personen zutreffend, die ohne zugrundeliegende psychische Probleme eine Störung als akute Reaktion auf starke äußere Einflüsse entwickelten. In den siebziger Jahren wurden Forschungen mit Vergewaltigungsopfern (Burgess & Holmstrom, 1974; Brownmiller, 1975; Walker, 1977) durchgeführt, welche
wieder ähnliche Symptome aufwiesen wie Opfer von Naturkatastrophen, Kriegen und
Industrieunglücken. Den letzten größeren Forschungsboom löste traurigerweise wieder
ein Krieg aus, der Vietnam-Krieg. Zu dieser Zeit wurden in den USA vielfältige Untersuchungen mit Vietnamveteranen durchgeführt, deren bekannteste wohl von Horowitz
& Solomon (1975) und Panzarella, Mantel & Bridenbough (1978) stammen. Auch hier
wiederholten sich die Symptombilder, allerdings nannten sie die Störung „verzögertes
Stressymptom“. Bis zu diesem Zeitpunkt existierten viele Daten und verschiedene Bezeichnungen für ein und dieselbe Störung. Die umfangreiche Forschung, die nicht zuletzt zum Zwecke einer besseren Behandlung der Vietnam-Veteranen durchgeführt
wurde, führte schließlich auch zur Einführung der Diagnose „Posttraumatische Belastungsstörung“ in das DSM-III (APA, 1980). Damit wurden psychische Traumafolgen
endgültig als Krankheit anerkannt. Erstmals lagen hier auch Kriterien zur Vergabe der
Diagnose vor. Das Hauptkriteritum ist das Vorliegen eines Stressors in Form eines
Traumas, und das Auftreten der Hauptsymptome Wiedererleben, verminderte Reagibilität, Übererregung und Vermeiden in unterschiedlichen Ausmaß. Hier wurde bereits in
verzögerte und chronische PTB unterschieden. Die PTB wurde international mit der
zunehmenden Anerkennung des DSM immer geläufiger und es wurde viel auf diesem
Gebiet geforscht. Vor allem wurde anfangs überprüft, ob es sich wirklich um eine eigenständige Störung handelt, da sich einige Symptome mit denen von Depressionen und
Angststörungen überschneiden. Es konnte jedoch bestätigt werden, daß die PTB ein
eigenständiges Störungsbild darstellt. Seit dieser Zeit fanden breitgefächerte Studien zu
Theoretischer Hintergrund und Forschungsstand
7
den Folgen verschiedenster traumatischer Erlebnisse statt, z.B. Vergewaltigungen,
Schiffsunglücke, Bergwerkskatastrophen, Geiselnahme und politischer Inhaftierung.
2.1.2 Deskription
Das Krankheitsbild einer Posttraumatische Belastungsstörung (PTB) wird in den Diagnosesystemen ICD-10 (WHO, 1991) und DSM-IV (APA, 1994) charakterisiert durch
eine extreme, andauernde Reaktion auf ein massiv belastendes Ereignis bzw. Trauma.
Ein Trauma wird von der WHO (1991) definiert als „kurz- oder langanhaltendes Ereignis oder Geschehen von außergewöhnlicher Bedrohung mit katastrophalem Ausmaß,
das nahezu bei jedem tiefgreifende Verzweiflung auslösen würde". Dies wurde in der
neuesten Auflage des DSM-IV (APA, 1994) modifiziert, indem nunmehr die subjektive
traumatische Wirkung eines Ereignisses als Kriterium herangezogen wird, d.h. ein Ereignis muß lediglich für den Betroffenen katastrophal und bedrohlich sein, auch wenn
es dies für viele andere Menschen unter Umstände nicht wäre.
Traumatische Ereignisse die zu psychischen Beeinträchtigungen führen, können im wesentlichen in zwei Kategorien unterteilt werden: Erstens durch Menschen willentlich
verursacht ("man made"), z.B. Vergewaltigung, Raubüberfälle, Geiselnahmen, Krieg,
Folter und Inhaftierung und zweitens Katastrophen ("nature made") und Unfalltraumen,
z.B. Naturkatastrophen, Giftgaskatastrophen, Verkehrsunfälle. Wenn der Belastungsfaktor durch Menschen verursacht wurde, sind die psychischen Folgen häufig besonders
schwer. Eine andere Typologie traumatischer Ereignisse unterscheidet zwischen Typ-ITraumen (einmalige kurzdauernde Erlebnisse wie z.B. Verkehrsunfälle) und Typ-IITraumen (langdauernde mehrmalige Erlebnisse wie z.B. jahrelanger sexueller Mißbrauch).
Die Symptome einer Posttraumatischen Belastungsstörung lassen sich in drei Gruppen
gliedern:
1. Intrusionen: Erinnerungen drängen sich wiederholt und ungewollt in Form von belastenden Erinnerungen am Tag, quälenden Alpträumen in der Nacht und "flashbacks"
(kurze dissoziative Verkennungszustände, die Betroffenen glauben, sie wären erneut in
der traumatischen Situation) auf. Diese können über einen Zeitraum von wenigen Sekunden bis zu mehreren Stunden oder Tagen anhalten, was zu einer intensiven emotionalen Erregung führt. Ausgelöst werden diese emotionalen Erregungszustände durch
Reize, die das traumatische Ereignis symbolisieren (z.B. Geräusche, die mit dem Ereignis in Verbindung gebracht werden). Die Intrusionen können als Kernsymptom und
zentrales Merkmal der Posttraumatischen Belastungsstörung verstanden werden, da sie,
wie bisher angenommen wird, als Quelle für die anderen Symptomkategorien fungieren.
2. Vermeidung traumabezogener Stimuli: Gespräche über das traumatische Ereignis,
sowie Gedanken, Gefühle, Situationen und Reize jeglicher Art, die mit dem Trauma in
Verbindung gebracht werden könnten, werden vermieden, da diese intensives psychisches Leid oder physiologische Reaktionen hervorrufen. In extremen Fällen kann für
den Zeitraum des Traumas eine Amnesie bestehen. In Folge des Vermeidungsverhaltens
kommt es zu Rückzugsverhalten, welches mit einem verminderten Interesse an anderen
Menschen, einer verminderten Teilnahme an Aktivitäten, Gefühlen der Entfremdung
und der Unfähigkeit, etwas Angenehmes zu fühlen (besonders in den Bereichen Intimität, Zärtlichkeit und Sexualität) einhergeht. Häufig setzt sehr bald nach dem Ereignis so
etwas wie eine "psychische Abgestumpftheit" oder "emotionale Anästhesie" bei den
Betroffenen ein. Es besteht das Gefühl einer eingeschränkten Zukunft, d.h. die Be-
8
Theoretischer Hintergrund und Forschungsstand
troffenen erwarten z.B. nicht, Karriere zu machen, zu heiraten oder ein normales Lebensalter zu erreichen. Oftmals schwanken die Betroffenen hin und her zwischen Wiedererleben auf der einen und Rückzug bzw. Vermeidung auf der anderen Seite.
3. Erhöhtes autonomes Erregungsniveau: Hierzu zählen Schlafprobleme, Konzentrationsschwierigkeiten, Hypervigilanz und übermäßige Schreckreaktionen. Einige Patienten berichten auch über verstärkte Reizbarkeit und gehäufte Wutausbrüche.
2.1.3 Klassifikation
Die im Abschnitt „Deskription“ beschriebenen Symptome aus den Bereichen Intrusionen, Hyperarousal und Vermeidung müssen länger als einen Monat bestehen und innerhalb von sechs Monaten nach dem Erlebnis auftreten, damit nach den Kriterien des
ICD-10 und des DSM-IV die Diagnose einer Posttraumatischen Belastungsstörung vergeben werden kann. Desweiteren muß die Störung in klinisch bedeutsamer Weise Leiden oder Beeinträchtigungen in sozialen, beruflichen oder anderen wichtigen Funktionsbzw. Lebensbereichen verursachen. Stellen sich bei der betroffenen Person erst sechs
Monate nach dem traumatischen Ereignis Symptome einer Posttraumatischen Belastungsstörung ein, spricht man von einer verzögerten PTB.
Belastungsreaktionen, die kurz nach dem Trauma auftreten und nicht länger als einen
Monat anhalten erfüllen demnach nicht die diagnostischen Kriterien einer Posttraumatischen Belastungsstörung. Hier ist die Diagnose „Akute Belastungsstörung“ in Betracht
zu ziehen, eine neugeschaffene Diagnosekategorie des DSM-IV. Bei einer akuten Belastungsstörung stehen dissoziative Symptome stärker im Vordergrund (siehe Kasten
„Diagnosekriterien PTSD und ASD). Dabei wird zu bedenken gegeben, daß eine Belastungsreaktion als direkte, zeitlich unmittelbare Folge des Ereignisses durchaus als etwas
normales, nicht-pathologisches angesehen werden kann. Die Diagnose einer Akuten
Belastungsstörung sollte daher nur dann in Betracht gezogen werden, wenn die Symptome mindestens zwei Tage andauern und in klinisch bedeutsamer Weise Leid und
Beeinträchtigungen in verschiedenen wichtigen Lebensbereichen hervorrufen. Von dieser akuten Belastungsreaktion erholen sich die meisten Menschen jedoch innerhalb weniger Tage oder Wochen und sind in der Lage, ein Leben zu führen, das nicht durch
Symptome einer Posttraumatischen Belastungsstörung gekennzeichnet ist. Eine vollständige Remission ist also möglich und bei der Hälfte der Fälle sogar sehr wahrscheinlich. Bei anderen Betroffenen wiederum bleiben die Symptome länger als 12 Monate
nach dem Trauma bestehen. Es kann folglich dazu kommen, daß eine akute Belastungsreaktion in eine schwere chronische und klinisch relevante Posttraumatische Belastungsstörung übergeht, bei der psychotherapeutische Betreuung unabdingbar ist.
Theoretischer Hintergrund und Forschungsstand
Diagnostische Kriterien für Posttraumatische Belastungsstörung 309.81 (F43.1)
A. Die Person wurde mit einem traumatischen Ereignis konfrontiert, bei dem die beiden folgenden
Kriterien vorhanden waren:
(1) die Person erlebte, beobachtete oder war mit einem oder mehreren Ereignissen konfrontiert, die
tatsächlichen oder drohenden Tod oder ernsthafte Verletzung oder eine Gefahr der Körperlichen
Unversehrtheit der eigenen Person oder anderer Personen beinhalten.
(2) Die Reaktion der Person umfaßte intensive Furcht, Hilflosigkeit oder Entsetzen.
Beachte: Bei Kindern kann sich dies auch durch aufgelöstes oder agitiertes Verhalten
äußern.
B. Das traumatische Ereignis wird beharrlich auf mindestens eine der folgenden Weisen wiedererlebt:
(1) wiederkehrende und eindringliche belastende Erinnerungen an das Ereignis, die Bilder, Gedanken oder Wahrnehmungen umfassen können.
Beachte: Bei kleinen Kindern können Spiele auftreten, in denen wiederholt Themen oder Aspekte
des Traumas ausgedrückt werden.
(2) Wiederkehrende, belastende Träume von dem Ereignis.
Beachte: Bei Kindern können stark beängstigende Träume ohne wiedererkennbaren Inhalt auftreten.
(3) Handeln oder Fühlen, als ob das traumatische Ereignis wiederkehrt (beinhaltet das
Gefühl, das Ereignis wiederzuerleben, Illusionen, Halluzinationen und dissoziative FlashbackEpisoden, einschließlich solcher, die beim Aufwachen oder bei Intoxikationen auftreten).
Beachte: Bei kleinen Kindern kann eine traumaspezifische Neuinszenierung auftreten
(4) Intensive psychische Belastung bei der Konfrontation mit internalen oder externalen Hinweisreizen, die einen Aspekt des traumatischen Ereignisses symbolisieren oder an Aspekte desselben
erinnern.
(5) Körperliche Reaktionen bei der Konfrontation mit internalen oder externalen Hinweisreizen, die
einen Aspekt des traumatischen Ereignisses symbolisieren oder an Aspekte desselben erinnern.
C. Anhaltende Vermeidung von Reizen, die mit dem Trauma verbunden sind, oder eine Abflachung
der allgemeinen Reagibilität (vor dem Trauma nicht vorhanden).
Mindestens drei der folgenden Symptome liegen vor:
(1) bewußtes Vermeiden von Gedanken, Gefühlen oder Gesprächen, die mit dem Trauma in Verbindung stehen,
(2) bewußtes Vermeiden von Aktivitäten, Orten oder Menschen, die Erinnerungen an das Trauma
wachrufen,
(3) Unfähigkeit, einen wichtigen Aspekt des Traumas zu erinnern
(4) deutlich vermindertes Interesse oder verminderte Teilnahme an wichtigen Aktivitäten,
(5) Gefühle der Losgelöstheit oder Entfremdung von anderen,
(6) eingeschränkte Bandbreite des Affekts (z.B. Unfähigkeit, zärtliche Gefühle zu empfinden),
(7) Gefühl einer eingeschränkten Zukunft (z.B. erwartet nicht, Karriere, Ehe, Kinder oder normal
langes Leben zu führen).
D. Anhaltende Symptome erhöhten Arousals (vor dem Trauma nicht vorhanden). Mindestens zwei der folgenden Symptome liegen vor:
(1) Schwierigkeiten ein- oder durchzuschlafen,
(2) Reizbarkeit oder Wutausbrüche,
(3) Konzentrationsschwierigkeiten,
(4) übermäßige Wachsamkeit (Hypervigilanz),
(5) übertriebene Schreckreaktion
E. Das Störungsbild (Symptome unter Kriterium B, C und D) dauert länger als 1 Monat.
F. Das Störungsbild verursacht in klinisch bedeutsamer Weise Leiden oder Beeinträchtigung in
sozialen, beruflichen oder anderen wichtigen Funktionsbereichen.
Subtypen:
Akut: Wenn die Symptome weniger als 3 Monate andauern.
Chronisch: Wenn die Symptome mehr als 3 Monate andauern.
Verzögerter Beginn: Wenn die Symptome mindestens 6 Monate nach dem Belastungsfaktor auftreten.
9
10
Theoretischer Hintergrund und Forschungsstand
Diagnostische Kriterien für Akute Belastungsstörung 308.3 (F43.0)
Die Person wurde mit einem traumatischen Ereignis konfrontiert, bei dem die beiden folgenden
Kriterien erfüllt waren:
(1) Die Person erlebte, beobachtete oder war mit einem oder mehreren Ereignissen konfrontiert, die
den tatsächlichen oder drohenden Tod oder eine ernsthafte Verletzung oder Gefahr der körperlichen Unversehrtheit der eigenen Person oder anderer Personen beinhalten.
(2) Die Reaktion der Person umfaßte intensive Furcht, Hilflosigkeit oder Entsetzen.
B. Entweder während oder nach dem extrem belastenden Ereignis zeigte die Person mindestens
drei der folgenden dissoziativen Symptome:
(1) subjektives Gefühl von emotionaler Taubheit, von Losgelöstsein oder Fehlen emotionaler Reaktionsfähigkeit,
(2) Beeinträchtigung der bewußten Wahrnehmung der Umwelt (z.B. "wie betäubt sein"),
(3) Derealisationserleben,
(4) Depersonalisationserleben,
(5) dissoziative Amnesie (z.B. Unfähigkeit, sich an einen wichtigen Aspekt des Traumas zu
erinnern).
C. Das traumatische Ereignis wird ständig auf mindestens eine der folgenden Arten wiedererlebt:
wiederkehrende Bilder, Gedanken, Träume, Illusionen, Flashback-Episoden, oder das Gefühl,
das Trauma wiederzuerleben oder starkes Leiden bei Reizen, die an das Trauma erinnern.
D. Deutliche Vermeidung von Reizen, die an das Trauma erinnern (z.B. Gedanken, Gefühle, Gespräche, Aktivitäten, Orte oder Personen).
E. Deutliche Symptome von Angst oder erhöhtem Arousal (z.B. Schlafstörungen, Reizbarkeit,
Konzentrationsschwierigkeiten, Hypervigilanz, übertriebene Schreckreaktion, motorische Unruhe).
F. Die Störung verursacht in klinisch bedeutsamer Weise Leiden oder Beeinträchtigungen in sozialen, beruflichen oder anderen wichtigen Funktionsbereichen oder beeinträchtigt die Fähigkeit
der Person, notwendige Aufgaben zu bewältigen, z.B. notwendige Unterstützung zu erhalten oder zwischenmenschliche Ressourcen zu erschließen, indem Familienmitgliedern über das
Trauma berichtet wird.
G. Die Störungen dauert mindestens 2 Tage und höchstens 4 Wochen und tritt innerhalb von 4
Wochen nach dem traumatischen Ereignis auf.
H. Das Störungsbild geht nicht auf die direkte körperliche Wirkung einer Substanz (z.B.
Droge, Medikamente) oder eines medizinischen Krankheitsfaktors zurück, wird nicht
besser durch eine Kurze Psychotische Störung erklärt und beschränkt sich nicht auf
die Verschlechterung einer bereits vorher bestehenden Achse I- oder Achse II-Störung.
2.1.4 Epidemiologie
Während anfangs lediglich traumatisierte Personen in die epidemiologische Forschung
einbezogen wurden, ist in den letzten Jahren auch die Verbreitung von PTB in der Allgemeinbevölkerung zunehmend ins Blickfeld gerückt. Die Angaben zu den Lebenszeitprävalenzen in den einzelnen Studien schwanken erheblich, was sicherlich zum einen durch Unterschiede in den Untersuchungsmethodiken hinsichtlich Stichprobe, Diagnosestellung und allgemeinem Vorgehen erklärbar ist. So werden die durchweg höhe-
Theoretischer Hintergrund und Forschungsstand
11
ren Prävalenzen in den neueren Studien (90er Jahre) darauf zurückgeführt. Andererseits
muß natürlich auch berücksichtigt werden, daß die Verbreitung der PTB in erster Linie
von der Häufigkeit traumatischer Ereignisse abhängig ist, welche wiederum territorial
sehr variieren kann. So ist in von Naturkatastrophen gefährdeten Regionen oder in Gebieten, wo verstärkt politische oder soziale Gewalt herrscht mit höheren Prävalenzen zu
rechnen als in anderen Gegenden. Aufgrund dieser Tatsache werden u. a. auch Unterschiede in den Prävalenzen zwischen Deutschland und den USA verständlich. Auffällig
ist des weiteren der große Geschlechtsunterschied. In der bereits erwähnten amerikanischen Studie von Breslau et al. (1991) erschienen die Frauen generell anfälliger für die
Ausbildung einer PTB-Symptomatik, während für Männer die Basiswahrscheinlichkeit,
irgendwann im Leben ein Trauma zu erleiden, höher ausfiel. Des weiteren wurde ermittelt, daß 39,1% der Personen in der Stichprobe ein Trauma während des bisherigen Lebens erlitten. 23,6% davon erfüllten die Kriterien für eine PTB, das entspricht 9,2% der
Gesamtstichprobe. Norris (1992) fand in seiner Untersuchung an der amerikanischen
Stadtbevölkerung 69% von einem traumatischen Ereignis betroffen. Bei 7,4% dieser
Personen wurde zum Untersuchungszeitpunkt die PTB-Diagnose gestellt, das sind 5,1%
der Gesamtstichprobe. Helzer et al. (1987) berichten über eine Lebenszeitprävalenz von
1%, was sich mit Daten von Davidson, Hughes, Blazer & George (1991) deckt, die
1,3% fanden. In der bereits oben erwähnten amerikanischen Untersuchung von Breslau
et al. (1991) fanden sich Lebenszeitprävalenzen von 7,8-9,2%. Kessler et al. (1995) berichteten nach ihrer Untersuchung in einer amerikanischen Stichprobe eine Lebenszeitprävalenz für PTB von 7,8%, wobei diese für Frauen mit 10,4% deutlich über der
bei Männern mit 5,0% liegt.
Als neuere Untersuchung in Deutschland ist die von Perkonigg & Wittchen (1997) an
14-24jährigen Jugendlichen und Erwachsenen anzuführen, die Lebenszeitprävalenzen
von 2,2% bei Frauen und 0,4% bei den Männern ermittelte.
Tabelle 2.1: Häufigkeiten von verschiedenen Traumata und von PTB in einer repräsentativen amerikanischen Stichprobe (nach Kessler et al., 1995) bzw. in einer deutschen Stichprobe Jugendlicher und junger Erwachsener (nach Perkonigg & Wittchen, 1997)
Häufigkeit einer
Häufigkeit einer
TraumahäufigTraumahäufigPTB nach
PTB nach
keit in der
keit in den
Trauma in
Trauma in
Traumatisches Ereignis
BRD (%)
USA (%)
der BRD (%)
den USA (%)
Vergewaltigung
5,5
55,5
1,3
50.0
Krieg
3,2
38,8
0,2
25,0
Körperliche Gewalt
9,0
11,5
9,6
1,7
Schwere Unfälle
19,4
7,6
7,5
0
Feuer / Naturkatastrophen
17,1
4,5
0,5
0
Mißhandlung/ sex. Miß4,0
35,4
1,9
30,6
brauch in der Kindheit
Zeuge (von Traumata)
25,0
7,0
4,2
2,4
Andere Traumata
2,5
23,5
1,8
15,5
Wie obige Tabelle zeigt, schwanken die Angaben über die Häufigkeit von PTB in der
Literatur beträchtlich. Dies ist eine logische Konsequenz aus der Unterschiedlichkeit der
traumatischen Erlebnisse, die zu PTB führen können. Hinzu kommt, daß kulturell und
regional die Basisrate der potentiell traumatischen Erlebnisse sehr verschieden ist. So
treten in den USA beispielsweise Waffengewaltandrohung und sexuelle Übergriffe
12
Theoretischer Hintergrund und Forschungsstand
wesentlich häufiger auf als in Deutschland (siehe Tabelle 2.1). Man kann davon ausgehen, daß dies auch Folgen für die PTB-Prävalenz in der Allgemeinbevölkerung hat. Eine weitere plausible Erklärung für diese heterogenen Zahlen liegt darin, daß verschiedene Arten von Traumata, die von Studie zu Studie in ihrer Häufigkeit variieren, in
höchst unterschiedlichem Ausmaß pathologische Reaktionen nach sich ziehen. So sind
häufige Traumata nicht unbedingt auch die belastendsten wie ebenfalls in Tabelle 2.1
sichtbar wird.
2.1.5 Komorbidität
Eine posttraumatische Belastungsstörung ist jedoch auch dadurch gekennzeichnet, dass
die Betroffenen meist zusätzlich unter anderen Störungen leiden, die es mitunter erschweren, eine klare und einfache Diagnose zu erstellen. So weist die PTB eine hohe
Komorbidität mit Alkoholabhängigkeit und Suizidhandlungen (Davidson et al., 1990)
sowie mit Dysthymie auf (Helzer, Robins & McEvoy, 1987). Desweiteren besteht ein
erhöhtes Risiko für Panikstörung, Agoraphobie, Zwangsstörung, Soziale Phobie, Spezifische Phobie, Major Depression sowie Somatisierungsstörung. Weitere Probleme, die
mit einer Posttraumatischen Belastungsreaktion in Zusammenhang stehen können, sind
Schuldgefühle, Ärgerempfinden, Partnerschaftsprobleme und beeinträchtigte Berufsfähigkeit (Keane et al., 1992). Darüberhinaus tragen dissoziative Phänomene und Persönlichkeitsstörungen zum komplexen Bild der PTB bei. Van der Kolk et al. (1996a) berichten in einer Übersichtsarbeit, daß das Auftreten peritraumatischer Dissoziationen zu
einem großen Anteil eine posttraumatische Belastungsstörung voraussagt; McFarlane &
Papay (1992) berichten, dass 72 % aller PTB-Patienten eine zusätzliche andere psychiatrische Diagnose aufweisen. Bei Personen, bei welchen eine akute PTB diagnostiziert
wurde, litten zudem bis zu 90% an einer Dysregulation des affektiven Erlebens, welche
sich in unkontrollierten Ärgerausbrüchen, Schwierigkeiten im Gefühlsausdruck, Selbstzerstörungstendenzen oder suizidalem Verhalten äußerte. Ebenfalls häufig sind explosive Ausbrüche von Gewalttätigkeit sowie psychophysiologische Belastungen wie Rückenschmerzen, Kopfschmerzen und gastrointestinale Störungen (Hobfoll et al., 1991).
Diese Beispiele zeigen, dass allein die "klassischen" Symptome wie das Erleben von
intrusiven Bildern, Gedanken oder Gefühlen, sowie Vermeidungsverhalten, emotionale
Taubheit oder auch Übererregtheit das klinische Bild einer ausgeprägten PTB nur unvollkommen ausdrücken.
2.1.6 Verlauf
Das Wissen um zeitliche Charakteristiken im Verlauf der Symptomatik ist hilfreich für
ihre Bewertung und die darauf aufbauende Planung und Terminierung therapeutischer
Interventionen. Die eben beschriebenen allgemeinen theoretischen Modelle lassen bereits Vorstellungen diesbezüglich erkennen. So verstehen die meisten die Ausbildung
der Symptome, im Anschluß an akute psychische Schock- oder Belastungszustände,
innerhalb der ersten posttraumatischen Monate durchaus als eine normale Reaktion.
Danach kommt es im günstigsten Fall zu einer spontanen Rückbildung. Nach Aussage
von Steil (1997) ermittelten empirische Untersuchungen in 40 – 50% der Fälle eine
Chronifizierung der Symptome. Verzögerte PTB scheint relativ selten aufzutreten, ist
bisher jedoch auch noch wenig erforscht. Solomon & Canino (1990) vermuten, daß es
sich hierbei eventuell nur um ein Artefakt aufgrund ungünstig gewählter diagnostischer
Kriterien handeln könnte und keine qualitativen Unterschiede zwischen Personen mit
akuter und verzögerter PTB zu finden sind. So halten Ehlers et al. (1998) das Vermei-
Theoretischer Hintergrund und Forschungsstand
13
dungskriterium für zu streng. Solomon et al. (1989) ermittelten bei hilfesuchenden
Kriegsveteranen in 10% der Fälle eine verzögerte PTB-Entwicklung nach symptomfreier Phase und bei 33% eine Verschlechterung zunächst subklinischer Symptomatik. McFarlane (1988) fand sogar, daß bis zu 20% der australischen Feuerwehrleute, die er
nach einem Buschbrand untersuchte, eine verzögerte PTB entwickelten.
2.1.7 Risikofaktoren
Wie bereits in den bisherigen Abschnitten deutlich wurde, entwickelt nicht jeder nach
einem traumatischen Erlebnis eine PTB. Verschiedene Variablen scheinen die Wahrscheinlichkeit für die Ausbildung von Belastungssymptomen zu erhöhen oder zu vermindern. Ebenso ist davon auszugehen, daß auch die Schwere sowie der weitere Verlauf der PTB durch bestimmte Faktoren vermittelt wird.
Für eine bessere Überschaubarkeit wird die Vielzahl der bisher auf ihren Einfluß untersuchten Faktoren in Anlehnung an Blanchard et al. (1996) folgendermaßen gegliedert:
1. prätraumatische Faktoren: Hierunter faßt man sämtliche Merkmale einer Person, die
in ihrer Ausprägung bereits vor dem Trauma bestanden haben. Dazu gehören beispielsweise demographische Größen wie Alter, Geschlecht, sozioökonomischer Status u. a.,
für die eine Verbindung zu Genese und Verlauf von PTB angenommen wird. Empirisch
belegt für verschiedene Arten von Traumata sind weiterhin Faktoren der Herkunftsfamilie, der prätraumatischen Anpassung, früher bestehende psychische Probleme und frühere traumatische Ereignisse.
2. traumaspezifische Faktoren: Das sind Eigenschaften des Traumas selbst bzw. Reaktionen, Empfindungen und Gegebenheiten, die sich aufgrund dieser Traumamerkmale
ergeben. Es existieren inkonsistente Ergebnisse hinsichtlich des Einflusses der Traumaschwere, der traumabedingten physischen Verletzungsschwere und des Ausmaßes
erlebter Todesangst auf die PTB. Er scheint abhängig von der Art des Traumas verschieden groß zu sein. Dem Ausmaß an wahrgenommener Kontrollierbarkeit der traumatischen Situation wird ebenfalls eine beeinflussende Kompomente zugesprochen.
3. posttraumatische Faktoren: Hierzu zählen sämtliche Geschehnisse und Gegebenheiten, die sich nach dem Trauma ereignet bzw. eingestellt haben. Diese Faktoren können
sinnvollerweise lediglich einen Zusammenhang zum weiteren Verlauf der anfänglichen
Belastungssymptomatik aufweisen. Einen Einfluß auf die Gestaltung der Symptomatik
nach verschiedenen Traumata nehmen Untersuchungsberichten zufolge u. a. das Ausmaß an sozialer Unterstützung, weitere traumatische Erfahrungen und der Grad der Beeinträchtigung, den der Betroffene aufgrund des Erlebten wahrnimmt.
Ebenfalls als den Verlauf der Symptomatik bestimmende Größe ist im weiteren Sinne
auch die psychische Reaktionssymptomatik (Ängste, Depressionen u. a.) selbst in ihrer
Ausprägung unmittelbar nach dem Trauma zu verstehen, wie aus zahlreichen Studien
hervorgeht.
Kognitive Verarbeitungsprozesse nach dem Trauma
Der kognitionspsychologische Ansatz in der Psychotraumatologie geht von folgender
Grundannahme aus (z.B. Ehlers et al. 1995): Menschen, die mit traumatischen Ereignissen konfrontiert wurden, bilden bestimmte ereignisbezogene Vorstellungen, Überzeugungen und Bewertungen heraus, die im einzelnen sehr unterschiedlich ausfallen können und jeweils andere Auswirkungen haben bzw. ein anderes Bewältigungspotential
14
Theoretischer Hintergrund und Forschungsstand
bereitstellen. Aufgrund dieser Tatsache kann es dazu kommen, daß Personen, die demselben Ausmaß an traumatischem Streß ausgesetzt waren, diesen, in Abhängigkeit davon, wie sie das traumatische Ereignis wahrnehmen und bewerten und welche Bedeutung es für das jeweilige Individuum hat, unterschiedlich bewältigen.
Man spricht hier auch von subjektiven Krankheitstheorien (Faller, 1990) bzw. in diesem
Falle "Ereignistheorien", die ein Mensch herausbildet, wenn er mit einer schweren
Krankheit oder einem traumatischen Ereignis konfrontiert wird. Kernstücke solcher
Theorien sind die Vorstellungen zur Verursachung einer Erkrankung bzw. eines Ereignisses (Kausalattribution), zur Vermeidbarkeit (retrospektiv) und die Erwartung hinsichtlich der Beeinflußbarkeit des weiteren Verlaufes (Kontrollüberzeugungen). Sowohl
die Reflexion des Betroffenen über mögliche Ursachen, die Vermeidbarkeit, die Frage
nach dem "Warum gerade ich?", als auch zukunftsgerichtete Hoffnungen bzgl. des Heilungsverlaufes bzw. der Bewältigung der Folgen des Ereignisses spielen eine wesentliche Rolle im Prozeß der Verarbeitung. Gesucht wird also nach Faktoren, die in der Lage
sind zu erklären, warum manche Menschen sich sowohl körperlich als auch psychisch
sehr schnell von einem traumatischen Ereignis erholen, andere dagegen nur sehr langsam wieder genesen. Daß hierbei psychologische Faktoren die wesentliche Rolle spielen, wird in der Tatsache deutlich, daß diese unterschiedlichen Genesungsverläufe auch
dann vorhanden sind, wenn Faktoren wie die Verletzungsschwere, die allgemeine physische Verfassung sowie die Effektivität der medizinischen Behandlung statistisch kontrolliert werden (Frey et al. 1987). Als relevante Dimensionen, die für die kognitionspsychologische Auseinandersetzung mit dem Ereignis bzw. dessen Folgen eine wichtige
Rolle spielen, haben sich herausgestellt:
- Kausalattribution ("Wer ist schuld?")
- Vermeidbarkeit ("Hätte das Ereignis verhindert werden können?")
- Why me-Frage ("Warum gerade ich?")
- Kontrolle über den Genesungsverlauf ("Inwieweit kann ich meinen Heilungsverlauf bzw. die Folgen selbst beeinflussen?")
Für den kognitionspsychologischen Ansatz beim Umgang mit traumatischen Ereignissen spielen verschiedene theoretische Konzepte eine Rolle, die im Folgenden näher beschrieben werden. Dies sind in ihrer ursprünglichen Form:
- Attributionstheorie (Kelley, 1967)
- Theorie der kognitiven Kontrolle (Thompson, 1981)
- "Just world"-Theorie (Lerner, 1980)
- "Counterfactual thinking"-Theorie (Kahneman & Tversky, 1982)
Diese Konzepte und neuere Befunde dazu können im Zusammenhang mit der Bewältigung traumatischer Ereignisse nicht voneinander unabhängig betrachtet werden. Sie
greifen ineinander über, ergänzen sich und stellen verschiedene Möglichkeiten des persönlichen Umgangs mit einem Ereignis dar. Auch religiöse Glaubensinhalte, Lebensphilosophien und bisher gemachte (Lebens-)Erfahrungen des Individuums haben großen
Einfluß darauf, welche der Theorien der Ereignisverarbeitung zugrunde liegen.
Exkurs: Kognitionspsychologische Theorien
Attributionstheorie
Im Rahmen der Attributionstheorie wird davon ausgegangen, daß ein menschliches Bedürfnis existiert, Ereignissen Ursachen zuzuschreiben (Kelley 1967). Vor allem dann,
wenn diese Ereignisse negativ, unerwünscht und unerwartet eintreten, besteht Erklärungsbedarf und die Frage nach dem "Warum?" wird gestellt. Nach Weiner (1985) exis-
Theoretischer Hintergrund und Forschungsstand
15
tieren zwei Schlüsselfaktoren, die Attributionen auslösen: unerwartete (vs. erwartete)
Ereignisse und das Nichterreichen (vs. Erreichen) eines Zieles. Bohner et al. (1988)
sprechen von negativen Stimmungszuständen als Auslöser für Kausalattributionen. Generell kann man sagen, daß es das Zuschreiben von Ursachen ermöglicht, zu verstehen,
was passiert ist. Das Geschehene läßt sich einordnen, die betroffene Person fühlt sich
dadurch in der Lage, künftige Ereignisse vorherzusagen, diese zu beeinflussen und zu
kontrollieren, was wiederum günstige Bedingungen darstellt, um sich emotional an das
Erlebte anzupassen (Kelley, 1967). Die Umwelt erscheint dadurch verstehbar und kontrollierbar. Ob die angenommenen Kausalattributionen realistisch sind oder nicht spielt
dabei eine eher untergeordnete Rolle. Auch Illusionen können u.U. einen günstigen
Einfluß auf die emotionale Anpassung haben. Durch dieses subjektive "Ursachenfinden" lassen sich Ereignisse, die wie zufällig oder vom Schicksal bestimmt erscheinen,
in die Vorstellung einer bedeutungsvollen, begreifbaren und gerechten (berechenbaren)
Welt einordnen. Es wird also die Annahme einer Kontrollmotivation gemacht, worunter
man eine Motivation versteht, sich selbst als Verursacher von Handlungen und Veränderungen in der Umwelt zu erleben. Dadurch entsteht ein Gefühl der eigenen Wirksamkeit und Kompetenz (White, 1959). Dieses Konzept der Kontrollmotivation ist zugleich
wichtiger Bestandteil der Attributionstheorie, in der, wie oben beschrieben, angenommen wird, daß Attributionen so vorgenommen werden, daß der attribuierenden Person
die Umwelt kontrollierbar erscheint. In vielen Fällen wird die Einflußmöglichkeit überschätzt (Langer, 1975). Jedoch nicht die Tatsache alleine, daß Kausalattributionen gemacht werden führt zu einer besseren Bewältigung des traumatischen Erlebnisses, v.a.
der Inhalt der Kausalattribution spielt eine wesentliche Rolle. Diesbezüglich gehen die
Befunde in der Literatur jedoch weit auseinander.
Theorie der kognitiven Kontrolle
Der Begriff der Kontrolle wird selten nur als das Vorliegen objektiver Kontingenzen
zwischen einer Handlung und deren Konsequenzen definiert (z.B. Miller, 1981). In den
Vordergrund rückt bei den meisten Autoren die subjektive Überzeugung oder Wahrnehmung eines Individuums, was sich auch durch die Begriffe wahrgenommene Kontrolle, kognizierte Kontrolle oder psychologische Kontrolle ausdrückt. Diese Art der
wahrgenommenen Kontrolle muß sich nicht ausschließlich auf die Möglichkeit zur
Einflußnahme auf Ereignisse oder Zustände durch eine instrumentelle Handlung beziehen. Es existieren sehr viel umfassendere Konzeptionen des Kontrollbegriffes. Nach
Frey et al. (1977) besitzt eine Person auch dann Kontrolle, wenn sie ein Ereignis lediglich vorhersagen oder ein bereits eingetretenes Ereignis erklären kann (Attributionstheorie). Thompson (1981) beschreibt Kontrolle als Überzeugung eines Individuums, daß
Reaktionsmöglichkeiten zur Verfügung stehen, durch die die Aversivität eines Ereignisses reduziert werden kann und unterscheidet dabei vier verschiedene Arten von Kontrolle:
- Beeinflußbarkeit (behavioral control): eine Person nimmt die Möglichkeit wahr,
ein Ereignis oder dessen Folgen zu modifizieren
- Vorhersehbarkeit (information control): beschreibt den Zugang zu Informationen über ein zu erwartendes Ereignis
- Kognitive Kontrolle (cognitive control): es werden kognitive Strategien wie
Umstrukturierung, Vermeidung oder die Einordnung des Ereignisses in einen übergeordneten Plan wahrgenommen, durch die die erlebte Aversivität des Ereignisses
reduziert werden kann
16
Theoretischer Hintergrund und Forschungsstand
- Retrospektive Kontrolle (retrospective control): bereits eingetretene Ereignisse
werden nachträglich auf bestimmte Ursachen zurückgeführt; eine solche Erklärung
kann die Umwelt nachträglich wieder als sinnvoll und geordnet erscheinen lassen
Eine weitere von Rothbaum, Weisz & Snyder (1982) beschriebene Art der Kontrolle ist
die sogenannte sekundäre Kontrolle, welche sich auf künftige traumatische Ereignisse
bezieht. Darunter ist der Glaube zu verstehen, egal was passiert und was für ein Ereignis
eintritt, dieses unter allen Umständen bewältigen zu können.
Nach dieser Definition des Kontrollbegriffs wird deutlich, daß Kontrolle nicht nur als
aktive Einflußnahme auf die Umwelt, sondern auch durch kognitive Aktivität ausgeübt
werden kann, durch die entweder die wahrgenommene Bedrohung reduziert wird
und/oder die kognitive Umstrukturierung der Umwelt ermöglicht wird. Kontrollverlust
besteht demnach, wenn entweder gar keine Kontrolle ausgeübt werden kann (d.h. das
Ereignis mit seinen Folgen ist weder beeinflußbar noch vorhersehbar noch erklärbar
noch kognitiv kontrollierbar) oder wenn Kontrolle nicht in einer Form vorliegt, die der
Person angemessen erscheint.
"Just world"-Theorie
Der Glaube an eine gerechte Welt ("Belief in a just world") bezieht sich auf die, dem
Individuum mehr oder weniger bewußten Annahmen bezüglich der Welt, die dem zugrunde liegen, wie Menschen sich mit ihrer Umgebung auseinandersetzen und sich in
ihr orientieren (Lerner, 1980). Diese Annahmen implizieren eine funktionale Komponente, die sich auf die Vorstellung einer beherrschbaren und vorhersagbaren Welt bezieht. Dies sind zentrale Voraussetzungen für die Fähigkeit, sich in langdauernden zielgerichteten Aktivitäten zu engagieren und diese als sinnvoll zu erleben. Um Dinge planen zu können, sich für diese zu engagieren und sich angenehme Zustände, welcher Art
auch immer, zu schaffen und zu erhalten, ebenso wie für das Vermeiden von unangenehmen Zuständen, ist es notwendig, daß Menschen davon ausgehen, daß es beherrschbare Prozesse gibt und ihnen die dafür notwendige Handlungskompetenz zur Verfügung
steht. Traumatische Ereignisse führen nun dazu, daß derjenige, der es erlebt bzw. überlebt hat, sich neben vielen anderen Fragen auch mit der Frage nach der Bedeutung und
dem Sinn seines eigenen Lebens und dem Sinn des Lebens allgemein konfrontiert sieht.
Unmittelbar nach einem traumatischen Lebensereignis sind die Betroffenen direkt mit
ihrer eigenen Verwundbarkeit und Verletzbarkeit konfrontiert. Erfahrungen wie schwere Unfälle, Vergewaltigung, lebensbedrohliche Krankheiten, Verlust des Partners, Gewalt, Naturkatastrophen u.a. führen zu einer schweren, sowohl psychischen als auch
existentiellen Krise. Langjährige Annahmen über sich und die Welt, die sich bis zu diesem Zeitpunkt bewährt haben, bequem und wertvoll waren und das tägliche Leben geprägt haben, können nicht länger aufrecht erhalten werden, was die Welt von einer Sekunde zur anderen unvorhersagbar und unbegreiflich macht und sie daher bedrohlich
erscheinen läßt. Der Satz "Ich hätte nie gedacht, daß MIR so etwas passieren könnte!"
kommt häufig nach einem traumatischen Ereignis vor und macht deutlich, in welchem
Ausmaß man sich darauf verlassen hat, unverletzlich und unverwundbar zu sein. Grundlegende Annahmen über die Welt und die eigene Existenz sind dadurch ins Wanken
geraten. Traumatisierte Menschen sind gezwungen, dies zu erkennen und ihre bis dahin
impliziten Annahmen, mitunter zum ersten mal bewußt, zu überdenken.
Nach Janoff-Bulman (1992) existieren drei Arten von fundamentalen Annahmen, die
sich im Laufe unserer Entwicklungs- bzw. Lebensgeschichte herausbilden: Annahmen
über uns selbst, die Welt und unsere Umgebung und die Beziehung zwischen diesen
Theoretischer Hintergrund und Forschungsstand
17
beiden. Die dritte Annahme besagt, daß wir letztendlich nicht nur davon ausgehen, daß
wir selbst wertvoll sind und die Welt gut ist, sondern auch daß die Welt an sich einen
Sinn ergibt. Wir sind davon überzeugt, daß die Art der Beziehung zwischen uns und der
Welt weder zufällig noch unvorhersehbar ist, sondern bedeutungs- und sinnvoll ist. Von
der Perspektive der fundamentalen Annahmen ausgehend, ist eine bedeutungsvolle Welt
daher eine Welt, in der eine Beziehung zwischen einer Person und dem, was mit ihr
geschieht, existiert. Mit anderen Worten, es besteht eine "person-outcome-Kontingenz",
die Sinn ergibt und verstanden werden kann.
Die "just world theory" von Lerner (1980) besagt, daß Menschen davon ausgehen, daß
sie genau das bekommen, was sie verdienen oder, anders formuliert, das verdienen, was
sie bekommen. Nach dieser Theorie sollten moralische, hilfsbereite, freundliche (....)
Menschen vom Unglück verschont bleiben. Negative Ereignisse passieren nicht zufällig, sie ereignen sich stets verdientermaßen. Der Ausgang, den ein Ereignis für eine bestimmte Person nimmt, wird als gerechte Bestrafung bzw. als Belohnung angesehen.
Dieser Ansatz ist eng verbunden mit religiösen Anschauungen.
Diese subjektive Theorie verschafft einen angenehmen Komfort: durch die Annahme,
daß unsere Welt bedeutungsvoll ist, können wir uns sicher und beschützt fühlen. Solange wir "gute" Menschen sind und die richtigen Verhaltensweisen an den Tag legen,
bleiben wir automatisch vom Unglück verschont. Wir können so eine Illusion der Unverwundbarkeit und einen unrealistischen Zukunftsoptimismus aufrecht erhalten (Taylor, 1990).
Traumatische Ereignisse zerstören diese fundamentalen Annahmen von einer Sekunde
zur anderen, die Überlebenden erfahren den Schrecken ihrer Verwundbarkeit (JanoffBulman, 1992) und können ihre Annahmen und den Glauben daran, daß ihr eigener
Selbstwert und bestimmte Verhaltensweisen protektive Funktion haben, nicht länger
aufrecht erhalten. Sie sehen die Welt, wie sie wirklich ist. Diese Erfahrung führt zu Unausgeglichenheit, Angst und Übererregung. Gefahr und Bedrohung scheint plötzlich
allgegenwärtig zu sein. Da dieser Zustand unerträglich ist, unternehmen traumatisierte
Menschen als erste Reaktion auf das Ereignis große Anstrengungen und Versuche, frühere Annahmen als weiterhin gültig anzusehen um die wahrgenommene Willkür und
Zufälligkeit der Welt zu minimieren. Dies kann versucht werden, indem durch ein Umbewerten der eigenen Rolle innerhalb des traumatischen Ereignisses, intensiv nach "person-outcome-Kontingenzen" gesucht wird. Verläuft die Suche erfolgreich, können die
langjährig bestehenden Annahmen doch noch aufrechterhalten werden und die Welt
erscheint wieder sicher und geordnet (Kontrolle). Eine andere Reaktion in dieser ersten
Phase nach dem traumatischen Ereignis ist eine Bereitschaft zur Akzeptanz dessen was
passiert ist, mit der Überzeugung, daß es beispielsweise Gottes Willen entspricht. Diese
Reaktion minimiert das Ausmaß, mit dem das Geschehene als bedeutungslos und problematisch, wahrgenommen wird (gerechte Welt).
Die Suche nach einer Bedeutung für traumatische Ereignisse resultiert häufig im Stellen
der Why me-Frage. Daher ist es nicht verwunderlich, daß das sogenannte "self-blame"
eine sehr häufig zu beobachtende Reaktion darstellt. Diese Form der Selbstschuldzuschreibung bedeutet in keinster Weise, daß die Personen tatsächlich verantwortlich sind.
Sie sind vielmehr durch die Tatsache, daß es etwas gegeben hätte, was sie hätten tun
können, besser in der Lage, die Bedrohung zu minimieren, zu eliminieren oder im
Nachhinein zumindest als kontrollierbar einzuordenen.
Diese beschriebenen Reaktionen werden schwächer, je länger das Trauma zurückliegt,
und die Frage, ob die Welt einen Sinn ergibt, verliert an Bedeutung. Aber selbst Jahre
18
Theoretischer Hintergrund und Forschungsstand
nach dem Trauma wird die Welt von traumatisierten Menschen als weniger bedeutungsvoll eingeschätzt als von Personen, die mit keinem traumatischen Ereignis konfrontiert waren (Schwartzberg & Janoff-Bulman, 1991).
Zunehmend relevanter wird im weiteren Umgang mit dem traumatischen Ereignis die
Frage, was das eigene Leben eigentlich bedeutungsvoll macht und welchen Wert es
besitzt. Es findet eine Umorientierung statt. Andere Prioritäten werden gesetzt. Soziale
Beziehungen und soziale Aktivitäten werden als sehr viel wichtiger eingeschätzt, oftmals findet eine Hinwendung zur Spiritualität statt. Menschen, die sich von einem
traumatischen Ereignis erholt haben, vergeuden, ihren eigenen Angaben nach, weniger
Zeit mit Nebensächlichkeiten und konzentrieren sich auf Aufgaben und Dinge, die von
ihnen als wesentlich angesehen werden. Dennoch: das traumatische Ereignis ist allgegenwärtig. Alltägliche Erfahrungen werden stets innerhalb des Traumakontextes wahrgenommen, bewertet und eingeordnet. Vielen gelingt es, in ihrem traumatischen Ereignis Positives zu sehen, so gibt es z.B. Menschen, die dankbar sind durch das traumatische Ereignis aus ihrer Selbstzufriedenheit aufgerüttelt worden zu sein (Thompson,
1991; Janoff-Bulman, 1992). Park et al. (1995) entwickelte diesbezüglich einen Fragebogen der mit Hilfe von 50 Items die persönliche Reifung nach Belastung (engl. stressrelated personal growth) erfaßt. Eine deutsche Übersetzung von Maercker (1998) liegt
hierfür vor. Dieses personal-growth-Konzept hat seine Wurzeln sowohl in medizinpsychologischen Untersuchungen (z.B. Bulman & Wortman, 1977; Taylor et al. 1983;
Schwartzberg, 1993), in persönlichkeitspsychologischen Kozeptionen (Tedeschi & Calhoun, 1995), in der Entwicklungspsychologie der Lebensspanne sowie in Untersuchungen von Lebenskrisen (z.B. Maercker, 1995). Doch nicht allen Menschen, die ein traumatisches Ereignis erlebt haben, gelingt ein erfolgreicher Umgang im Sinne von "meaning-making-processes" (z.B. Maercker, 1998). Bei einer Minderheit kommt es noch
Jahre später zu schweren posttraumatischen Belastungssymptomen. Da der Anpassungsprozeß äußerst komplex ist und viele verschiedene Faktoren ein Rolle spielen, ist
es schwierig ihn umfassend zu beschreiben und zu verstehen. Als diesbezüglich entscheidende, relevante und im positiven Sinne beeinflussende Faktoren haben sich ein
positives Selbstwertgefühl sowie ein sicheres Bindungsmuster herausgestellt (Basic
Behavioral Science Task of the National Advisory Mental Health Council, 1996). Diese
Faktoren stellen einen Schutz gegen das Entwickeln pathologischer Symptome dar, tragen aber nur teilweise dazu bei, den multidimensionalen und komplexen Anpassungsprozeß an traumatische Ereignisse zu verstehen. Dennoch sind darin wertvolle
Hinweise für das therapeutische Vorgehen enthalten, die sich im therapeutischen Umgang mit Opfern schwerer traumatischer Ereignisse niederschlagen sollten. Generell ist
zu sagen, daß ein traumatisches Ereignis auf ein und denselben Menschen sowohl negative als auch positive Auswirkungen bzw. Einflüsse haben kann (Lehman et al., 1993).
Die Tatsache, daß infolge von traumatischen Ereignissen Attributionen vorgenommen
werden, läßt sich also sowohl aus der Theorie der kognitiven Kontrolle (und zwar retrospektiv bzgl. des Eintritts des Ereignisses, wie auch prospektiv bzgl. des Heilungsverlaufes und eventueller weiterer traumatischer Ereignisse) heraus, als auch aus dem "Gerechte Welt-Glaube" heraus interpretieren und diskutieren. Der "Gerechte Welt-Glaube"
müßte sich nach Frey et al. (1987) vor allem in der Auseinandersetzung mit der Frage
"Warum gerade ich?" niederschlagen und dadurch erfassen lassen. Kommt es tatsächlich bei den Menschen zu einem Sinngebungsprozeß, müßten sich nahezu alle Betroffenen mit dieser Frage auseinandersetzen und entsprechend hilfreiche Antworten darauf
finden.
Theoretischer Hintergrund und Forschungsstand
19
"Counterfactual Thinking"-Theorie
Unter "Counterfactual Thinking" versteht man ein mentales (kognitives) Simulieren von
alternativen Ausgängen eines Ereignisses. Seit Kahneman & Tversky (1982) untersucht
man die Bedingungen für das Entstehen solcher Kognitionen sowie die Auswirkungen
und Regeln, denen diese Kognitionen folgen. Die meiste Forschung diesbezüglich beschäftigt sich mit Kognitionen, die in Folge eines unerwartet eingetretenen, negativen
Ereignisses entstehen, da sich herausgestellt hat, daß negative Ereignisse, im Gegensatz
zu neutralen und positiven Ereignissen, mehr "counterfactual thinking" hervorrufen
(Markman et al., 1993). Beispiel hierfür wäre der Gedanke eines Menschen, der in einen
schweren Verkehrsunfall verwickelt war: " Hätte ich doch bloß einen anderen Weg genommen" oder "Wäre ich doch bloß schon eine halbe Stunde früher gegangen". Es haben sich durch verschiedene Arbeiten einige Tendenzen verdeutlicht, die im Folgenden
kurz skizziert werden sollen:
- je veränderbarer ein Ausgang wahrgenommen wird, desto höher ist die, aus dieser Erkenntnis resultierende, psychische Belastung, die sich in erhöhtem Distress,
Schuldgefühlen und Frustration niederschlägt (Landman, 1987)
- "counterfactual thoughts (cft's)" beziehen sich eher auf außergewöhnliche und
persönlich herbeigeführte Handlungen, als auf die Handlungen anderer; Davis et al.
(1995) fanden in einer Studie an Personen, die durch einen Verkehrsunfall ein Kind
oder den Partner verloren hatten, daß sich deren "cft" nicht auf den alkoholisierten
Fahrer, durch den der Unfall entstanden ist, sondern vielmehr auf ihr eigenes Verhalten bezogen ("Warum hab ich ihn/sie nicht, wie sonst, abgeholt?")
- Menschen tendieren dazu, ihr eigenes Verhalten für stärker veränderbar zu halten, als objektiv angemessen, im Gegensatz zu Faktoren, die ungewöhnlich aber
persönlich nicht zu kontrollieren sind, z.B. das Wetter oder das Verhalten anderer
(Davis, 1991)
Unter anderen schlagen Miller & Gunasegaram (1990) vor, daß "counterfactual
thoughts" die Art und Weise, wie Menschen Ursachen wahrnehmen und Schuld zuteilen, beeinflussen. Je mehr man sich bemüht, das Ereignis mental ungeschehen zu machen, desto eher wird über Schuldgefühle und Verantwortlichkeitsgefühle berichtet.
Nach bisherigen Ergebnissen muß generell unterschieden werden zwischen der eigentlichen Ursache eines traumatischen Ereignisses und der Vermeidbarkeit dieses Ereignisses. Das Ausmaß in dem sich eine Person für einen negativen Ausgang verantwortlich
fühlt, scheint vielmehr mit der Vermeidbarkeit in Zusammenhang zu stehen als mit der
eigentlichen Ursache. Je eher das Ereignis hätte vermieden werden können, desto größer
ist die wahrgenommene Verantwortlichkeit (self-blame). Die "cft's" beziehen sich eher
auf den Vermeidbarkeitsaspekt als auf die objektive Ursache. Nach Shaver & Drown
(1986) wird zum einen unterschieden zwischen Kausalbedingungen, die zu dem negativen Ausgang geführt haben und Bedingungen, die diesen negativen Ausgang hätten
verhindern können, zum anderen wird unterschieden zwischen Zuschreibung einer Ursache und der Zuweisung von Schuld.
"Counterfactual thoughts" können bis zu Jahren nach dem Trauma anhalten (Davis,
1991; Davis, 1995; Bulman & Wortman, 1977; Pynoos et al., 1993). Nach Davis et al.
(1995) sind die "cft's" über die Zeit nicht stabil, sie können sich verändern. Seit einiger
Zeit wird immer wieder die Frage gestellt, warum Menschen, die von einem negativen
Ereignis betroffen sind, überhaupt solche "counterfactuals" entwickeln. Unter anderen
geht Lipe (1991) davon aus, daß durch das "counterfactual thinking" Ursachen von Er-
20
Theoretischer Hintergrund und Forschungsstand
eignissen besser verstanden werden können. Da Ursachenzuschreibung einen zentralen
Bestandteil beim Verstehen der Umgebung darstellt, wird es durch die "cft's" möglich,
Ereignisse in der Umgebung zu kontrollieren. Außerdem helfen "cft's" zu verstehen,
warum Dinge passiert sind. Diese Ursachenzuschreibung muß jedoch nicht immer auf
Tatsachen beruhen, es hat sich vielmehr gezeigt, daß die "cft's" oft inkonsistent mit der
eigentlichen Kausalerklärung sind (Davis et al., 1995). Andere gehen davon aus, daß
mit Hilfe der generierten "cft's" versucht wird, eine, auf die Zukunft bezogene, Kontrollüberzeugung zu gewinnen (Boninger et al., 1994). Wenn künftige Kontrollmöglichkeiten als vorhanden wahrgenommen werden, kann sich dies positiv auswirken (geringere Frustration, Schuldgefühle, Distress) und zwar in dem Sinne, daß die betroffene
Person dann davon ausgeht, künftig ähnliche negative Ereignisse vermeiden zu können
(Roese & Olson, 1995). Dies stimmt mit dem Vorschlag von Janoff-Bulman (1979)
überein, daß "self blame" positive Auswirkungen für das Opfer hat, wenn das Verhalten
aus der Sicht des Opfers kontrollierbar, d.h. veränderbar ist. Nach Markman et al.
(1993) haben Personen die Tendenz, diejenigen "cft's" zu generieren, die den größten
psychologischen Nutzen für sie haben, d.h., die in der Lage sind, den entstandenen
Schaden am ehesten zu begrenzen. Ist jedoch das schlimmstmögliche Ereignis eingetreten und macht es für die Person keinen Sinn, sich darüber Gedanken zu machen, was
und wann sie hätte etwas anders machen können, um einen alternativen Ausgang zu
erreichen, dann bleibt nur das Stellen der Frage "Warum gerade ich?", um dem Geschehenen einen Sinn zu verleihen. Antworten auf diese Frage sind dann sehr häufig eng mit
religiösen und philosophischen Anschauungen und Überzeugungen verbunden.
2.1.8 Ätiologie
Es existieren eine ganze Reihe von ätiologischen Modellvorstellungen zur PTB. In diesem Abschnitt sollen die Modelle erwähnt werden, für die es bereits empirische Belege
bzw. Hinweise gibt. Als sinnvoll hat sich dabei eine Unterteilung in biologische und
psychologische Theorien erwiesen, wobei die psychologischen Ansätze häufig in lerntheoretische, kognitive und Netzwerkmodelle gegliedert werden. Diese Systematik wird
in diesem Abschnitt verwendet.
Biologische Modelle
Ein elaboriertes biologisches Modell zur Äthiopathogenese der PTB scheint momentan
nicht zur Verfügung zu stehen (Charney et al., 1993; Ehlert, 1999; Köhler, 1999). Dessen ungeachtet existieren natürlich eine ganze Reihe von Befunden, die zumindest Teilaspekte der Störung erklären und verstehen helfen. So wurden beispielsweise seit längerem Belege für eine familiäre Häufung der Störung gefunden. Zwillingsstudien an Personen, die am Vietnamkrieg teilgenommen hatten legten den Verdacht nahe, daß es eine
genetische Komponente bei der Ätiologie der PTB geben könnte (True et al., 1993).
Neuere Studien erhärten diesen Verdacht. Bei Patienten mit PTB fand sich eine bestimmte Genvariation signifikant häufiger als bei Gesunden (Comings et al., 1996). Es
handelt sich dabei um dieselbe Genvariation, die von einigen Forschern auch für die
Entstehung von Abhängigkeitserkrankungen mitverantwortlich gemacht wird.
Theoretischer Hintergrund und Forschungsstand
21
Im Folgenden werden eine Reihe weiterer physiologischer Befunde angeführt, die an
Patienten mit PTB gefunden wurden, bei denen jedoch meistens unklar ist, ob sie Ursache oder Folge der PTB sind. Dies dürfte v.a. am Mangel prospektiver Studien mit
Hochrisikopopulationen liegen. So weisen Patienten mit PTB Besonderheiten bezüglich
der Hormone der Hypothalamus-Hypophysen-Nebenniererinden-Achse auf (Smith et
al., 1989; Kosten et al., 1990). Dieses Hormonprofil weicht bei Patienten mit PTB deutlich von den Werten gesunder Vergleichspersonen ab. Es zeigt sich eine starke Unterdrückung der sonst üblichen Cortisolfreisetzung nach einem traumatischen Erlebnis, ein
sogenannter Hypocortisolismus. Diese Befunde lassen sich bei PTB-Patienten sowohl in
Ruhe als auch unter experimenteller Belastung nachweisen.
Auffällig bei PTB-Betroffenen ist darüber hinaus die erhöhte Konditionierbarkeit und
mangelnde Extinktion der Furchtreaktion bis hin zu fortschreitender Sensitivierung. Als
physiologisches Korrelat dieser Phänomene fanden sich u.a. eine Störung von Regulationsprozessen der adrenergen Rezeptoren (Perry et al., 1990). Demgegenüber erklärt
Everly (1993) die PTB als Störung des Erregungsniveaus. Seiner Meinung nach spielt
die Hypersensitivität subkortikaler Funktionkreise eine zentrale Rolle im Sinne eines
prämorbiden Merkmals. Diese Hypersensitivität habe entscheidenden Einfluß auf die
subjektive Beurteilung einer Situation als traumatisierend. Dies könnte erklären helfen,
warum ein und dasselbe Trauma nicht für mehrere Menschen im gleichen Maße traumatisierend ist. Interessant sind auch die Befunde zum endogenen Opiatsystem, die z.B.
von van der Kolk & Saporta (1993) diskutiert werden und zur Erklärung streßinduzierter Analgesien und der Symptome emotionaler Taubheit („numbing“) herangezogen
werden können.
Psychologische Modelle
Lerntheoretisches Modell
Die bei PTB auftretenden Symptome lassen sich in Anlehnung an die klassische ZweiFaktoren-Theorie (Mowrer, 1947), die ursprünglich zur Erklärung der Ätiologie von
Phobien herangezogen wurde, auch lerntheoretisch betrachten. Danach führt ein traumatisches Ereignis in einem ersten Schritt auf dem Wege der klassischen Konditionierung
zu einer Kopplung von neutralen Reizen an eine bedrohliche Erfahrung. Dies führt in
der Regel dazu, daß bei Einwirkung der konditionierten Reize eine intensive emotionalvegetative Angstreaktion aktiviert wird. In einem zweiten Schritt lernen die Betroffenen
dann möglicherweise, die konditionierte Angstreaktion dadurch zu reduzieren, daß sie
die konditionierten Reize vermeiden bzw. bei Konfrontation damit aus der Situation
fliehen. Diese Art des Lernens geschähe dann durch operante Konditionierung, d.h. die
Flucht- und Vermeidungsreaktion wird höchstwahrscheinlich aufrechterhalten durch
ihre negativ verstärkenden, kurzfristig angstreduzierenden Konsequenzen. Das lerntheroretische Modell ist in zahlreichen Untersuchungen empirsch überprüft und konnte für
verschiedene Gruppen von traumatisierten Patienten bestätigt werden, so z.B. bei Vergewaltigungsopfern, Vietnam-Kriegs-Veteranen (Keane et al., 1985) und Opfern von
Bergwerkskatastrophen (Ploeger, 1974).
Kognitives Modell
Nachdem sich kognitive Theorien in der Klinischen Psychologie Anfang der 80er Jahre
weitgehend etabliert hatten, gab es mehrere Autoren, die die kognitiven Veränderungen
22
Theoretischer Hintergrund und Forschungsstand
nach Traumen in den Mittelpunkt ihrer ätiologischen Konzepte stellten (Horowitz,
1986; Janoff-Bulman, 1985, 1995). Sie beschäftigten sich vor allen Dingen mit veränderten kognitiven Schemata und dysfunktionalen Kognitionen. Zur Veranschaulichung
kognitiver Modellvorstellungen zitiert Beck et al. (1996, S. 39) den Stoiker Epiktet:
"Die Menschen werden nicht durch die Ereignisse sondern durch ihre Sicht der Ereignisse beunruhigt.".
Janoff-Bulman (1985, 1995) untersuchte spezifische dysfunktionale Kognitionen oder
verzerrende Einstellungsänderungen bei Personen nach einem psychischen Trauma. Sie
fand bei nichttraumatisierten, gesunden Personen immer wieder drei miteinander verbundene kognitive Bewertungsmuster bzw. Einstellungen: die Überzeugung von der
eigenen Unverletzbarkeit; die Wahrnehmung der Welt als bedeutungsvoll, verständlich
und kontrollierbar; die Wahrmehmung des Selbst als positiv und wertvoll. Diese Bewertungsmuster werden durch ein traumatisches Ereignis verändert. Eine traumatisierte
Person sieht sich demnach selbst als verletzt und auch zukünftig verletzbar, als beschädigt und wertlos sowie die Welt als feindlich, unverständlich und unkontrollierbar. Eine
Reihe von Fragebogenuntersuchungen fand diese Überzeugungen bei Traumatisierten
Probanden regelmäßig stärker ausgeprägt als bei nicht-traumatisierten Kontrollpersonen
(zusammengefaßt in Janoff-Bullman, 1995).
Netzwerkmodell
Die durch das Trauma veränderten Gedächtnisstrukturen werden von Foa und Kozak
(1986) als Furchtstrukturen bezeichnet. Diese Strukturen sind dadurch gekennzeichnet,
daß eine Aktivierung in Form intensiver Angst während eines Traumas verschiedene
Elemente miteinander verbindet. Foa & Kozak nennen drei Arten von Elementen: (1)
kognitive Fakten (u.a. das Trauma mit all seinen Merkmalen), (2) emotionale Bedeutungen und (3) physiologische Reaktionen.
Posttraumatische Furchtstrukturen bilden sich demnach dadurch heraus, daß ein emotional extrem bedeutsamer Stimulus mit einem oder mehreren kognitiven Elementen und
mit physiologischen Reaktionen gekoppelt wird. Diese Kopplung geschieht in Form
einer nachhaltigen Aktivierung einer umfassenden Gedächtnisstruktur. Das Resultat ist
eine leicht zu aktivierende Furchtstruktur, die sehr viele Elemente umfaßt, also auch
Fakten, die nur locker mit dem Trauma assoziiert sind. Die einmal herausgebildete
Furchtstruktur ist von allen Elementen aus leicht durch Schlüsselreize (Fakten, Gefühle,
Körperreaktionen) zu aktivieren. Je mehr Elemente die Furchtstruktur beinhaltet, desto
häufiger wird sie durch die verschiedensten Schlüsselreize aktiviert werden und desto
stärker wird die posttraumatische Symptomatik ausgepägt sein. So werden beispielsweise Intrusionssymptome als Aktivierung der entsprechenden Elemente interpretiert. Es
existieren eine Reihe experimenteller und klinischer Befunde, die für die Gültigkeit des
Furchtstrukturmodells sprechen (Litz und Keane, 1989; McNally et al., 1990; Cassidy,
McNally und Zeitlin, 1992; Foa et al., 1991).
2.2 Posttraumatische Belastungsstörung nach Verkehrsunfällen
2.2.1 Epidemiologie
Verkehrsunfälle, sei es, daß man sie selbst erlebt oder aber als Zeuge mit einem solchen
Ereignis konfrontiert wird, stellen ein sehr häufig vorkommendes Ereignis dar. Dies
Theoretischer Hintergrund und Forschungsstand
23
deckt sich mit Ergebnissen von Norris (1992), der das Lebenszeitrisiko für das Erleben
eines Verkehrsunfalls mit 23,4% angibt. Im Jahre 2000 starben in den USA 41.798
Menschen bei Verkehrsunfällen. Im selben Jahr lag die Zahl in Deutschland bei 7.503.
Das Statistische Bundeamt zählte für 2000 insgesamt 2.350.227 polizeilich erfaßte Unfälle, davon 382.949 Unfälle mit Personenschaden (Statistisches Bundesamt, 2001).
Wieviele der Unfallopfer entwickeln nun aber eine PTB? Auf diese Frage fallen die
Antworten sehr unterschiedlich aus. Sie reichen von 1% (Malt, 1988) bis zu 46% (Blanchard et al., 1994).
Die derzeit am sorgfältigsten erhobenen Angaben an großen Stichproben zur Epidemiologie der PTB nach Verkehrsunfällen stammen von Breslau et al. (1991), Norris (1992)
und Ehlers et al. (1998). Die beiden erstgenannten Untersuchungen ermittelten Lebenszeitprävalenzen für Verkehrsunfälle von 9,4% bzw. 23,4%, für eine PTB nach Verkehrsunfälle von 11,6% bzw. 8,6%. Nach Ehlers et al. (1998) haben nach drei Monaten
23,1% der Unfallopfer eine PTB entwickelt, nach einem Jahr erfüllen noch 16,5% der
Unfallopfer die Kriterien für eine PTB.
Die ermittelten Prävalenzraten für die klinische PTB1 unmittelbar nach dem Verkehrsunfall schwanken von ca. 8,3% (Green et al., 1993) bis 37,9% (Blanchard et al., 1997).
Nach Blanchard et al. (1995) entwickelten innerhalb der ersten vier Monate nach einem
Verkehrsunfall 39% der Verkehrsunfallopfer eine PTB, weitere 29% entwickelten eine
subklinische Form der PTB. Ein halbes Jahr nach dem VU wurden für die PTB Häufigkeiten von ca. 8,2% (Nyberg et al., 1998) bis 25,3% (Harvey & Bryant, 1998) ermittelt,
für die subklinische PTB2 von 10,2% (Nyberg et al., 1998) bis 18,6% (Blanchard et al.,
1997). So fanden Brom et al. (1993) nach einem halben Jahr 12% der Patienten mit einer PTB, Feinsten et al. (1991) nach dem gleichen Zeitraum 14,6% .
Gründe für die enormen Unterschiede liegen u. a. in der Verschiedenheit der Stichproben und Ausschlußkriterien, der Rücklaufquoten, Vorgehensweisen und Diagnosezeitpunkte bzw. -kriterien sowie der Rekrutierungsmethoden. Die stattlichen Prävalenzen
bei Blanchard et al. (1997) kommen beispielsweise durch die selektierte Stichprobe zustande: so kann man davon ausgehen, daß sich wahrscheinlich auf Annoncen, bei denen
der Schritt zur Teilnahme ein viel größerer ist als bei einer persönlichen Rekrutierung
im Krankenhaus, eher Personen mit Problemen melden. Zudem ist der Anteil an Frauen,
die erwiesenermaßen stärker zu einer PTB-Entwicklung neigen, auffällig hoch. In der
Studie von Mayou et al. (1993) ergaben sich die relativ geringen Prävalenzen eventuell
dadurch, daß auch Personen mit leichteren Verletzungen in die Untersuchung mit einbezogen wurden, obwohl die Verletzungsschwere keinen zuverlässigen Indikator für
eine PTB darstellen muß. Von den aufgeführten Studien sind die neueren Untersuchungen den entsprechenden Analysen der vorgelegten Studie im Aufbau und Vorgehen am
ähnlichsten.
2.2.2 Verlauf der PTB
Prävalenzangaben zu bestimmten Verläufen von PTB nach einem Verkehrsunfall sind
in der Literatur wenig vorhanden. Tabelle 2.2 enthält die in einigen Studien ermittelten
Prävalenzen für verzögerte PTB bzw. für spontane Symptomremission. Laut Taylor &
Koch (1995) bildet sich die Symptomatik in den ersten 6 Monaten nach dem VU auch
1
2
Erläuterungen dazu im Kap.
Erläuterungen dazu im Kap.
24
Theoretischer Hintergrund und Forschungsstand
ohne Behandlung zurück. In nur ca. 10-30% der Fälle nimmt sie, ihrem Bericht zufolge,
einen chronischen Verlauf oder subklinische PTB verschlechtert sich zu einer klinischen (vollständigen) PTB. Wie Steil (1997) vermutet, setzt die spontane Remission
bereits innerhalb der ersten drei Monate ein, danach kommt es mit hoher Wahrscheinlichkeit eher zu einer Chronifizierung der Symptome. Entscheidend für die Höhe der
Remissionsrate ist sicherlich auch die PTB-Prävalenzrate unmittelbar nach dem Verkehrsunfälle.
Tabelle 2.2:
Übersicht über Studien mit
PTB/subPTB nach VU zu verschiedenen Zeitpunkten
Autoren
N
Zeit nach VU
Diagnostik
12 Monate
Prävalenz PTB
bzw. PTB
(subPTB)
32%
al.
74
Harvey
&
Bryant (1998)
71
6 Monate
25,3% (9,9%)
CIDI
Nyberg et al.
(1998)
293
6 Monate
8,2% (10,2%)
DIPS,
PSS
Ehlers et
(1998)
al.
888
781
3 Monate
12 Monate
23,1%
16,5%
PSS
Blanchard et
al. (1997)
Mayou et al.
(1993)
145
174
171
1-4 Monate
7-11 Monate
3 Monate
12 Monate
37,9% (29,6%)
18,6% (18,6%)
7,5%
7,2%
CAPS,
SCID
Interview
Green et
(1993)
al.
24
1 Monat
8,3% (29%)
DIS
Feinstein
&
Dolan (1991)
48
6 Wochen
6 Monate
25%
14,6%
IES,
Interview
Koren et
(1999)
SCID
Aussagen
zu
Prävalenzen
von
Merkmale der Stichprobe
DSM-III-R; Rekrutierung im Krankenhaus; milde – moderate Verletzungen; keine unmittelbar nach VU
Bewußtlosen; keine KV; M:F = 2:1
DSM-IV; Rekrutierung im Krankenhaus; (Leichtverletzte teilweise nicht
erreicht);
M:F = 2:1; keine KV
DSM-IV; Rekrutierung im Krankenhaus; Personen mit Frakturen; M:F
3:2
DSM-IV; Rekrutierung im Krankenhaus; (Leichtverletzte teilweise nicht
erreicht); keine unmittelbar nach VU
Bewußtlosen; M:F = ca. 1:1
DSM-III-R; Rekrutierung im Krankenhaus und über Zeitung; M:F = 1:2
DSM-III-R; Rekrutierung im Krankenhaus; keine unmittlebar nach VU
Bewußtlosen;
M:F = ca. 2:1
DSM-III-R; Rekrutierung im Krankenhaus; keine KV u. kognitive
Beeinträchtigung;
M:F = 4:1
DSM-III-R; Unfälle aller Art mit
Knochenbrüchen (56% davon VU);
Rekrutierung über Orthopäden; M:F
= 3:1
Legende: subPTB: subklinische PTB; SCID: Structured Clinical Interview for DSM-III-R (Spitzer et al., 1990); CIDI: Composite
International Diagnostic Interview (Peters et al., 1996); DIPS: Diagnostisches Interview bei psychischen Störungen (Margraf et al.,
1991); PSS: Posttraumatic Stress Symptom Scale (Foa et al., 1993); CAPS: Clinician-administered PTSD-Scale (Blake, 1994); DIS:
Diagnostic Interview Schedule (Robins et al.,1981); Impact of Event Scale (Horowitz et al., 1979); KV: Kopfverletzung; M:F:
Verhältnis Männer zu Frauen
Bei Green et al. (1993) hingegen zeichnete sich ein Anstieg der Prävalenzrate mit der
Zeit ab. Steil (1997) sieht dafür eine mögliche Erklärung in dem großen Anteil von Personen, die bereits unmittelbar nach dem Verkehrsunfälle eine subklinische Symptomatik aufwiesen, aber erst später die Kriterien für das vollständige Störungsbild erfüllten.
Zudem sei dies, laut Steil, ein Hinweis darauf, daß viele Symptome erst bei Rückkehr in
den Alltag auftreten. So wird z. B. Vermeidungsverhalten erst dann relevant oder andere
posttraumatische Faktoren können nun erst wirksam werden. Diese Vermutung stützen
auch die ähnlichen Verhältnisse in den Studien von Blanchard et al. (1997) und Ehlers
et al. (1998). In der letztgenannten Studie hatten 11,6% der Personen, die nach drei Mo-
Theoretischer Hintergrund und Forschungsstand
25
naten bereits das Intrusions- und das Übererregungskriterium erfüllten, und nur 3,3%
von denen, die dies nicht taten, nach 12 Monaten eine PTB.
Tabelle 2.3:
Überblick über Studien mit Angaben zu verzögerter PTB bzw. zu Remission der PTB
Autoren
Zeit nach Verzögerte klinische
VerzöRemission von kliniRemission
VU
PTB
gerte
scher PTB
von
[von subPTB / von
subPT [nach subPTB / nach
subPTB
nichtPTB]
B
nichtPTB]
Blanchard et 7-10 Mo- 2% [4,7% / 0%]
4%
55% [24% / 31%]
67%
al. (1997)
nate
Ehlers et al.
12 Monate 6,2% [11,6% / 3,3%]
49,7%
(1998)
Green et al.
18 Monate 22,7% [71,4% / 0%]
6.7%
(1993)
Mayou et al. 12 Monate 4%
ca. 38%
(1993)
Legende: subPTB: subklinische PTB; nicht PTB: nicht klinische PTB
3
Es wird deutlich, daß auch bezüglich des Verlaufs von PTB die Ergebnisse in den Studien mit Art der Stichprobe und der Erhebung stark variieren, nicht zuletzt wegen der
unterschiedlichen betrachteten Zeitspannen. Die Raten für Spontanremission sind ziemlich hoch, was als Indiz für die Normalität, mit Belastungssymptomatik auf ein traumatisches Ereignis zu reagieren, gewertet werden kann. Geringer dagegen scheint die Quote einer verzögerten Symptomentwicklung zu sein. Die Überlegung, daß dieses „Phänomen“ lediglich aufgrund ungünstig gewählter diagnostischer Kriterien besteht, wird
durch die Ergebnisse von Green et al. (1993) erhärtet.
2.2.3 Verlauf von Einzelsymptomen und Symptomgruppen
Vereinzelt wurde in Untersuchungen nicht nur der Verlauf der PTB insgesamt, sondern
auch der Werdegang der einzelnen Symptomgruppen näher betrachtet. So fanden beispielsweise Blanchard et al. (1994) und Feinstein & Dolan (1991), daß Intrusionen unter
allen Symptomen am häufigsten nach Unfällen auftreten. In der Studie von Brom et al.
(1993) zeigten über die Hälfte der Personen einen Monat nach dem Unfall moderate bis
schwere Intrusionssymptome und Vermeidungssymptome. Die Symptome verminderten
sich jedoch bei der Mehrheit innerhalb eines halben Jahres und es kam zu einem signifikanten Rückgang beider mittlerer Subskalenwerte der IES-R.
Blanchard et al. (1995) beobachteten in ihrer Studie über den Zeitraum eines halben
Jahres bei Personen mit klinischer PTB einen Rückgang von „intrusiven Erinnerungen“
und der „Belastung aufgrund symbolischer Anzeichen für den Unfall“ unter den Intrusionssymptomen sowie eine Verminderung in der Ausprägung aller Vermeidungs- und
Taubheitssymptome. Übererregungssymptome ließen wenig nach, es kam lediglich zu
einer Verbesserung in der „Konzentration“ und bei der „übermäßigen Wachsamkeit“.
Ein schnellerer Rückgang der Symptome war bei den Personen mit subklinischer PTB
beobachtbar, wobei sich bei ihnen alle Wiedererlebenssymptome verbesserten. Die
meisten Vermeidungs- und Übererregungssymptome waren in dieser Gruppe von An-
3
Erläuterungen dazu im Kap.
26
Theoretischer Hintergrund und Forschungsstand
fang an gering ausgeprägt und verminderten sich demzufolge auch nur vereinzelt im
weiteren Verlauf.
Eine Zusammenfassung von Befunden aus Studien nach verschiedenen Traumata durch
Blank (1992) führte zu der Annahme, daß das Verhältnis von Intrusions-, Vermeidungsund Übererregungssymptomen mit der Zeit variiert. So scheinen anfänglich eher Intrusionssymptome, Vermeidungssymptome jedoch erst später bedeutsam zu sein. Zudem
bleiben Vermeidungssymptome länger bestehen als Intrusionssymptome. Winter & Ehlers (in preparation) empfehlen jedoch eine differenzierte Betrachtungsweise. So entpuppten sich in ihrer Studie, ähnlich wie bei Green et al. (1993) z. B. intrusive Gedanken und psychische sowie physische Belastung bei Konfrontation mit Anzeichen, die an
das Trauma erinnern, als Langzeitsymptome.
2.2.4 Risikofaktoren
Die Störungsentstehung begünstigende Faktoren
In der Literatur wird von drei Faktorengruppen ausgegangen, die eine traumatische Reaktion auf das Ereignis mitbestimmen können (nach Dreßing & Berger, 1991):
- bereits vor der traumatischen Situation bestehende Persönlichkeitseigenschaften,
Copingmechanismen, Lebensalter bei Einwirkung der traumatischen Situation, soziale Schicht u.a.
- Art und Schwere des psychischen Traumas sowie der situative Kontext der
traumatischen Situation
- Faktoren nach dem Einwirken des psychischen Traumas wie z.B. Auftreten kritischer Lebensereignisse, Ausmaß und Verfügbarkeit sozialer Unterstützung sowie
die Möglichkeit eines sekundären Krankheitsgewinnes.
Im Folgenden wird sowohl der Aspekt Entstehung vs. Aufrechterhaltung als auch der
chronologische Aspekt (prä-, peri- und posttraumatisch) berücksichtigt:
Prätraumatische Faktoren
Zahlreiche Studien, z. B. von Kessler et al. (1995), Green (1994) und Norris (1992),
deuten darauf hin, daß Frauen ein größeres Risiko haben, nach einem Unfall eine PTB
zu entwickeln als Männer. Dies konnten Blanchard et al. (1996b) und Nyberg et al.
(1998) bestätigen. Für Ehlers et al. (1998) hingegen ist weibliches Geschlecht nicht von
signifikant prognostischem Wert für eine PTB nach einem Jahr. Auch bei Koren et al.
(1999) fanden sich diesbezüglich keine Unterschiede zwischen Personen mit verschiedenen PTB-Verläufen.
Dem Alter zum Zeitpunkt der Traumatisierung wird laut Maercker (1997) im allgemeinen ein Einfluß auf die Entwicklung einer PTB zugesprochen. So sind insbesondere
Jugendliche und Menschen im höherem Lebensalter gefährdeter. Malt et al. (1993) berichteten von einem Zusammenhang zwischen höherem Alter und „nervousness“ nach
einem Verkehrsunfall. Koren et al. (1999) hingegen konnten keinen Unterschied im
Alter zwischen Personen mit verschiedenen Symptomverläufen feststellen. Ebenso fanden Nyberg et al. (1998) bei einem Vergleich von 18-50- mit 51-90jährigen unter den
Älteren nicht signifikant mehr Personen mit einer PTB ein halbes Jahr nach dem Verkehrsunfall.
Theoretischer Hintergrund und Forschungsstand
27
Bezüglich weiterer demographischer Variablen sind häufig der Familienstand, der Bildungsstand und der sozioökonomische Status erhoben worden. Bei Blanchard et al.
(1996b) fanden sich diesbezüglich keine Unterschiede zwischen Personen mit und ohne
PTB, ebenso bei Koren et al. (1999) und Shalev et al. (1996). Bryant & Harvey (1996)
kamen zu der Ansicht, daß eine akute PTB durch früheren Streß beeinflußt ist. Außerdem erhöhten ihrer Meinung nach kumulierte stressige Erlebnisse die Vulnerabilität für
eine PTB. In der Studie von Blanchard et al. (1996b) erwies sich eine frühere PTB aufgrund vergangener traumatischer Ereignisse, im Gegensatz zu eigenen früheren Untersuchungen und der Studie von Breslau et al. (1991), nicht als ein Prädiktor für erneute
PTB. McFarlane (1988) hingegen kam wiederum zu dem Ergebnis, daß frühere Stressoren eher zu einer chronischen PTB führen.
Unfallbezogene Daten und Kognitionen
Feinstein & Dolan (1991) fanden, daß sowohl der Art des Stressors als auch dem wahrgenommenen Streß durch das Trauma keine Bedeutsamkeit bezüglich der psychischen
Folgen beigemessen werden kann. Auch Shalev et al. (1996) berichteten, entgegen der
früheren Literatur, keinen Zusammenhang zwischen Traumaschwere und chronischer
PTB gefunden zu haben. Ebenfalls keine Unterschiede zwischen Personen mit PTB und
denen ohne PTB hinsichtlich wahrgenommener Verkehrsunfall-Schwere und der subjektiven Einschätzung des Gestreßtseins durch den Unfall, weder nach dem Verkehrsunfall noch nach der Hospitalisation, ergaben sich in der Studie von Green et al. (1993).
Saigh (1995) ist der Ansicht, daß die Unfallschwere offenbar einen ätiologischen
Einfluß nur auf die unmittelbar dem Verkehrsunfall folgende PTB hat, nicht also zur
Vorhersage des weiteren Verlaufs geeignet ist.
Bei Betrachtung verschiedener Studien läßt sich in einigen ein Zusammenhang zwischen der Schwere der unfallbedingten Verletzungen und der Entwicklung einer PTB
(z. B. Blanchard et al., 1996b) feststellen, die Mehrheit berichtete jedoch nicht von einer
solchen Verbindung (z. B. Ehlers et al., 1998; Bryant & Harvey, 1995; Mayou et al.,
1993; Feinstein & Dolan, 1991). Weitestgehende Übereinstimmung in den Studien findet sich hinsichtlich der Beziehung zwischen der Bedrohlichkeit des Verkehrsunfalles
bzw. der während des Unfalls unmittelbar erlebten Todesangst und der Entstehung von
PTB, bezüglich der Aufrechterhaltung hingegen gibt es Differenzen. Nach Blanchard et
al. (1995) können die Verletzungsschwere und das Ausmaß an wahrgenommener Todesangst 12,2% der Varianz der Intensität von PTB-Symptomen aufklären. Nach Ehlers
et al. (1998) korreliert die wahrgenommene Todesangst sowohl mit der Verletzungsschwere als auch mit der PTB-Diagnose.
Bulman & Wortman (1977) und Douglas et al. (1997) fanden, daß je mehr die Patienten
die Ursache für den Unfall bei sich selbst sehen, ein besseres psychisches Befinden
aufweisen. Diese Befunde stützen die Theorie der kognitiven Kontrolle von Thompson
(1981), wonach die Überzeugung eines Individuums, Reaktionsmöglichkeiten zur Verfügung zu haben, die Aversivität eines Ereignisses reduzieren kann. Dabei ist unter
Kontrolle nicht nur die tatsächliche Einflußnahme zu verstehen, sondern auch die Vorhersehbarkeit des Ereignisses, sowie dessen sinnvolle Einordnung und Erklärung im
Nachhinein und auch die Annahme, daß jedes Ereignis bewältigbar ist. Der Glaube,
alles unter Kontrolle zu haben, hat eine protektive Funktion. Unschuld hingegen kann
zum Gefühl des Verlustes von Kontrolle und Vorhersehbarkeit führen und den Glauben
an eine gerechte und sinnerfüllte Welt erschüttern. Es gibt jedoch auch andere Befunde,
28
Theoretischer Hintergrund und Forschungsstand
z. B. von Frey et al. (1987), dahingehend, daß eine Ursachenattribution auf die eigene
Person eine schlechtere Verarbeitung mit sich bringt. Frey erklärt dies damit, daß durch
diese Art der Attribution Grübelprozesse und Gefühle wie Schuld, Scham und Minderwertigkeit entstehen, und das Vertrauen in eigene Fähigkeiten, zukünftig solche Ereignisse zu verhindern, schwindet, was sich hinderlich auf die psychische Verfassung auswirken kann. In dieselbe Richtung weisen die Ergebnisse von Blanchard et al. (1996b),
nämlich daß wenig persönliche Verantwortung und somit wenig Schuld am Verkehrsunfall zu weniger Symptomen einer PTB führt.
Entsprechend der Theorie der Kognitiven Kontrolle ist davon auszugehen, daß wahrgenommene Vermeidbarkeit positive Auswirkungen auf die Bewältigung des Traumas
hat, da dadurch das Gefühl zukünftiger Kontrolle entsteht. Andererseits kann wahrgenommene Vermeidbarkeit auch zu starken Grübeleien über verpaßte Handlungsmöglichkeiten, negativen Gefühlen, vor allem von Schuld und Hilflosigkeit, sowie zu depressiver Symptomatik führen wie es Frey et al. (1987) fanden.
Psychische Reaktionen und Belastungssymptome unmittelbar nach dem VU:
Ehlers et al. (1998) führen an, daß Angstsymptome keine Seltenheit bei Traumatisierten
darstellen. Es ist wahrscheinlich, daß diese Befunde auf Verkehrsunfall-Opfer übertragbar sind. Dafür sprechen u. a. die Ergebnisse der Studien von Malt (1988) und von Koren et al. (1999). Ebenso diagnostizierten Green et al. (1993) und Koren et al. (1999)
häufiger Depressionssymptome bei Personen mit PTB. Diese Befunde unterstützen die
Annahmen einer ähnlichen Ätiologie. Mayou et al. (1993) jedoch fanden in ihrer Studie
keine Verbindung zwischen einer anfänglichen Depression und einer späteren PTB.
Inwiefern sich eine frühe Ausprägung von PTB zur Vorhersage ihres weiteren Verlaufs
eignet, wurde in zahlreichen Studien untersucht, die jedoch zu verschiedenartigen Aussagen führten.
Für Nyberg et al. (1998) sind Intrusionen, Vermeidungsverhalten und Übererregungssymptome in den ersten Tagen nach dem Verkehrsunfall Prädiktoren für die Genese
einer PTB. Green et al. (1993) fanden, daß Personen mit einer PTB anderthalb Jahre
nach dem Verkehrsunfall höhere Intrusions- und Vermeidungswerte bereits einen Monat nach dem Verkehrsunfall aufwiesen, was sie als Zeichen für Chronizität der Symptome werteten. Eine klare Divergenz in der PTB unmittelbar nach dem Verkehrsunfall
ergab sich in der Studie von Koren et al. (1999) zwischen Verunfallten, die eine PTB
entwickeln und denen die es nicht taten. So reagierten zunächst die meisten Personen
akut mit PTB unmittelbar nach Verkehrsunfall, in der PTB-Gruppe war sie jedoch bereits schwereren Ausmaßes. Diese anfänglich leichte Differenz intensivierte sich dann
über die ersten drei Monate. Die PTB-Gruppe zeigte eine fortschreitende Verschlechterung der Symptome, während sich die anderen in der Symptomatik bis auf das Level
einer Vergleichsgruppe verbesserten. In der nachfolgenden Zeit kam es in beiden Gruppen zu einer Stabilisierung der Symptomatik auf dem jeweiligen Niveau. Die Ergebnisse stützten nach Ansicht der Autoren zwei gegensätzliche Hypothesen. Zum einen sei,
aufgrund der bereits anfänglichen Differenz in der Symptomschwere, die PTB als eine
abnormale Reaktion auf traumatische Ereignisse bei dafür prädisponierten Personen
erklärbar. Zum anderen könne die PTB, aufgrund der schrittweisen Verbesserung der
anfänglichen Symptomatik in der Gruppe ohne spätere PTB, auch als ein Fehler in der
Löschung einer anfänglich normalen Reaktion auf traumatische Ereignisse verstanden
werden.
Theoretischer Hintergrund und Forschungsstand
29
Mayou et al. (1993) kamen zu dem Schluß, daß das Ausmaß an Intrusionen unmittelbar
nach dem Verkehrsunfall ein sehr strenger Prädiktor für eine PTB zum späteren Zeitpunkt ist. Das bestätigten auch Shalev et al. (1996) und Mayou et al. (1997). In dieselbe
Richtung weist auch das Ergebnis von Ehlers et al. (1998), wonach Personen mit einer
anfänglich subklinischen PTB mit größerer Wahrscheinlichkeit nach einem Jahr unter
einer PTB leiden, wenn sie von vornherein das Intrusionskriterium erfüllen. Steil´s
(1997) Untersuchungsergebnissen zufolge hat die bloße Häufigkeit von Intrusionen
gleich nach dem Trauma keine Bedeutung für die Aufrechterhaltung der gesamten PTB.
Sie hält eine Trennung zwischen bloßer Häufigkeit von Intrusionen und dem Empfinden, durch sie belastet zu sein, für notwendig und vertritt die Annahme, daß lediglich
als belastend erlebte Intrusionen zu stärkerer Vermeidung und somit auch zur längeren
Aufrechterhaltung der PTB führen. Auch müßte ihrer Ansicht nach die Übererregung
auf belastende Intrusionen größer sein als auf nicht belastende. Laut Ehlers et al. (1998)
haben Personen mit subklinischer PTB drei Monate nach dem Verkehrsunfall mit größerer Wahrscheinlichkeit nach einem Jahr eine PTB, wenn sie anfangs das Übererregungskriterium erfüllten.
Für Ehlers & Steil (1995) führen Bemühungen, die Erinnerungen an ein Trauma zu unterdrücken, gerade zu deren gesteigerter Auftretenshäufigkeit und somit auch zur Aufrechterhaltung von PTB. Bei einem Vergleich zwischen Personen mit PTB und subklinischer PTB durch Blanchard et al. (1995) wurde der stärkste Unterschied bei den Vermeidungssymptomen sowohl unmittelbar nach dem VU als auch nach einem halben
Jahr sichtbar. In der Studie von Shalev et al. (1996) hingegen waren Vermeidungssymptome bei Personen mit späterer PTB anfänglich mild ausgeprägt. Mit der Zeit stieg
deren Ausprägung an, im Gegensatz zu der bei Personen, die keine PTB entwickelten.
Vermeidung wird nach Ansicht der Autoren oft verwechselt mit Löschung, weil beide
Prozesse dazu führen, sich von Traumaerinnerungen zu distanzieren. Vermeidung ist
jedoch eine bewußte Anstrengung, unerfreulichen Gedanken und Aktivitäten zu entkommen, während Löschung eine fortschreitende und meist spontane Linderung
schmerzlicher Erinnerungen bringt. Die Studie belegt die Annahme, daß Vermeidung
auftritt, wenn Löschung mißlingt. Die unterschiedlichen Befunde der zitierten Studien
widersprechen sich meiner Meinung nach nicht, sondern lassen sich möglicherweise
durch den Umstand erklären, daß Vermeidung unmittelbar nach dem Unfall eher selten
auftritt. Ist jedoch Vermeidungsverhalten bereits vorhanden, scheint dies ein sicheres
Zeichen für einen pathologischen Verlauf der gesamten Symptomatik. Mit anderen
Worten besitzen Vermeidungssymptome eine hohe Sensitivität, aber eine geringe Spezifität. Steil (1997) fand in ihrer Untersuchung eine gleichbleibend hohe lntrusionsbelastung im Falle einer hohen Neigung zum Vermeiden. Vermeidung von lntrusionsauslösern reduziert ihrer Erklärung nach die Wahrscheinlichkeit einer adäquaten Konfrontation mit traumatischen Erinnerungen. Demzufolge kann keine Habituation und somit
auch keine Abnahme der Belastung durch Intrusionen erfolgen. In beiden Begründungen spiegeln sich die theoretischen Annahmen zur Ätiologie der PTB, wie in 2.1.8 beschrieben, wider.
Eine Einschätzung der Ergebnisse bisheriger Studien führt zu dem Schluß, daß einige
prätraumatische Merkmale wie das Geschlecht, das Alter und frühere Traumata bezüglich der Entstehung einer PTB eine gewisse Rolle zu spielen scheinen, andere wiederum
nicht. Uneinheitlicher sind die Befunde zu den unfallbezogenen Variablen, wobei die
Mehrzahl der bisherigen Studien keine Zusammenhänge zwischen Unfallschwere, Verletzungsschwere, wahrgenommener Todesangst und der Entwicklung von PTB ermittel-
30
Theoretischer Hintergrund und Forschungsstand
te. Des weiteren gibt es empirische Hinweise darauf, daß gemäß der Theorie der kognitiven Kontrolle von Thompson (1981) sämtliche Erfahrungen während des Verkehrsunfalles, die das Gefühl eines Kontrollverlustes vermitteln, wie z. B. Verantwortlichkeit
für den Verkehrsunfall, Vermeidbarkeit bzw. Vorhersehbarkeit des Verkehrsunfalles
maßgebend für die Entstehung einer PTB sein könnten. Ereignisse und Gegebenheiten
nach dem Verkehrsunfall (posttraumatische Faktoren), wie soziale Kontakte und Unterstützung, der Grad der Beeinträchtigung durch die PTB, das Gefühl, den Genesungsprozeß kontrollieren zu können, anhaltende medizinische Probleme sowie weitere Traumata, scheinen in enger Verbindung zur Entwicklung einer PTB zu stehen. Sofern psychotherapeutische Hilfe als eine Form sozialer Unterstützung und Arbeitsunfähigkeit als
Ausdruck physischer Versehrtheit bzw. Probleme verstanden werden können, ist dies
auch für diese beiden Faktoren zu vermuten. Weiterhin geht aus den betrachteten Studien hervor, daß psychische Reaktionen auf einen VU nicht nur auf die PTB beschränkt
bleiben, wie die hohe Präsenz von anderen Angststörungen und Depressionen in Verbindung mit einer PTB deutlich macht. Verschiedene Ergebnisse sprechen auch dafür,
daß eine PTB bereits in einer schwereren PTB unmittelbar nach dem VU sichtbar ist.
Neben den eben beschriebenen Faktoren gibt es noch zahlreiche Ergebnisse zu anderen
Variablen hinsichtlich ihres prädiktiven Wertes für eine Entstehung von PTB. Da diese
in der vorliegenden Studie nicht erhoben wurden, sollen sie nur kurz erwähnt werden.
So existieren beispielsweise Studien bezüglich der Auswirkungen rechtlicher Folgen
des Verkehrsunfalles (u. a. Mayou et al., 1993; Ehlers et al., 1998; Harvey & Bryant,
1995), der psychischen Verfassung vor dem Verkehrsunfall (u. a. Koren et al., 1999;
Nyberg et al., 1998; Blanchard et al., 1996b), von Amnesie bzw. Bewußtlosigkeit unmittelbar nach dem Verkehrsunfall (u. a. Ehlers et al., 1998; Mayou et al., 1997) sowie
von Dissoziationen unmittelbar nach dem Verkehrsunfall (u. a. Barton et al., 1996; Ehlers et al., 1998; Koopman et al., 1994).
Posttraumatische Variablen:
In der Studie von Green et al. (1993) sprach ein hoher Beeinträchtigungsgrad für die
Neigung zu chronischer PTB. Malt et al. (1989) berichteten, daß soziale Aktivitäten und
Kontakte nach dem Verkehrsunfall mit physischer und psychischer Gesundheit korrespondieren. Ebenso stellten Green et al. (1993) bei Verunfallten mit einer PTB größere
Dysfunktionen in den sozialen Interaktionen fest. In ihrer Untersuchung an Überlebenden eines Kreuzschiffunfalls fanden Joseph et al. (1993) soziale Unterstützung in der
Krise als eine wichtige erklärende Variable für die individuellen Unterschiede in
Schwere und Chronizität von PTB, vor allem hinsichtlich des Vermeidungsverhaltens.
In der Untersuchung von Frey (1987) wirkte sich das wahrgenommene Ausmaß an eigenen Kontrollmöglichkeiten über den Genesungsprozeß günstig auf den Heilungsprozeß nach einem VU aus. Mayou et al. (1997) fanden, daß eine chronische PTB mit anhaltenden medizinischen Problemen infolge des VU korreliert. Ebenso berichteten Ehlers et al. (1998), daß anhaltende medizinische Probleme nach einem VU eine PTB ein
Jahr nach dem VU vorhersagen. Sofern, wie oben beschrieben, frühere traumatische
Erlebnisse sich verstärkt auf die Entstehung und Chronifizierung einer PTB auswirken,
ist zu erwarten, daß dies auch für nach dem VU folgende Traumata gelten wird.
Theoretischer Hintergrund und Forschungsstand
31
Störungsaufrechterhaltende Faktoren
Für eine gezielte psychotherapeutische Betreuung ist es sicherlich auch von Vorteil,
frühzeitig zu erkennen, ob eine anfängliche PTB von selbst zurückgehen wird bzw. unter welchen ungünstigen Bedingungen sie sich zu einer PTB ausweitet. Mit dem Verlauf
von unmittelbar nach dem Verkehrsunfall vorhandener PTB kovariierende Faktoren
wurden jedoch bisher nur vereinzelt untersucht. So beispielsweise von Blanchard et al.
(1996a) und Blanchard et al. (1997). Letztere konnten die korrekte Vorhersage darüber,
ob ihre Probanden sieben bis zehn Monate nach dem Verkehrsunfall unter chronischer
PTB leiden oder ihre anfänglichen Symptome remittieren werden von 55% (bei Klassifikation aller Personen in die Gruppe „Remission“) auf 84% unter Einbeziehung von
vier verschiedenen Einflußfaktoren verbessern.
Nach Blanchard et al. (1996a) identifizierte eine logistische Regressionsanalyse drei
Variablen, welche sich zur Vorhersage von vollständiger bzw. teilweiser Remission
klinischer PTB gemäß DSM-III-R Kriterien 13-16 Monate nach dem Verkehrsunfall
eignen. Dabei handelte es sich um eine relativ geringe Ausprägung zweier spezieller
Symptome der PTB (Reizbarkeit und das Gefühl einer eingeschränkten Zukunft) ein bis
vier Monate nach dem VU und die als relativ gering eingeschätzte Anfälligkeit für einen
weiteren Verkehrsunfall. Für die Vorhersage von Remission bzw. Chronizität der PTB
anhand der Höhe des CAPS-Scores (Blake et al., 1994) stellten sich zusätzlich die anfängliche Stärke physischer Verletzungen, Alkoholmißbrauch oder eine Achse-IIStörung sowie das Ausmaß der Übererregungssymptome ein bis drei Monate nach dem
Verkehrsunfall als weitere Prädiktoren heraus. Intrusionssymptome und Vermeidungssymptome konnten in dieser Studie das Ausmaß an Remission der gesamten Belastungssymptomatik nicht vorhersagen. Weiterhin fanden die Autoren, daß es zur Remission von bestehender PTB kam, wenn die Betroffenen sich relativ wenig belastet und
beeinträchtigt fühlten. Andernfalls blieben sowohl die PTB als auch die Beeinträchtigungen in sozialen Rollen und Aktivitäten bestehen.
Blanchard et al. (1997) fanden, daß eine chronisch klinische PTB sieben bis zehn Monate nach dem Verkehrsunfall sowohl mit anfänglich schwereren physischen Verletzungen
als auch mit anhaltenden physischen Problemen infolge des Verkehrsunfall einhergeht.
Des weiteren berichteten sie von vermehrter Belastungssymptomatik bereits ein bis vier
Monate nach dem Verkehrsunfall bei Personen mit chronischer PTB und erneuten
Traumata in deren Familien. Bei der Vorhersage von Chronizität von PTB anhand des
CAPS-Scores stellten sich zusätzlich ein schweres depressives Syndrom vor dem Verkehrsunfall oder infolge des Verkehrsunfall und die Qualität der familiären Beziehungen nach dem Verkehrsunfall als geeignete Prädiktoren heraus. Zur Vorhersage von
anhaltend subklinischer PTB bzw. Verschlechterung dieser Symptomatik erwiesen sich
anhaltende physische Probleme sowie ein schweres depressives Syndrom oder Angststörungen ein bis drei Monate nach dem Verkehrsunfall als prädiktiv. Demographische
und unfallbezogene Variablen (mit Ausnahme der physischen Verletzungsschwere)
fanden die Autoren in dieser Studie als nicht geeignet für die Vorhersage des PTBVerlaufs.
Begünstigende Faktoren für eine verzögerte PTB-Entsehung
Fälle, in denen sich eine PTB nicht unmittelbar an ein traumatisches Erlebnis anschließt, sondern erst später nach einer symptomfreien Phase in Erscheinung tritt, weckten ebenfalls bisher wenig das Forschungsinteresse. Somit liegt auch zu Faktoren, die zu
32
Theoretischer Hintergrund und Forschungsstand
einem solchen verzögerten Symptomverlauf beitragen könnten, relativ wenig Literatur
vor. Deshalb sollen zunächst die Ergebnisse zweier Studien kurz erwähnt werden, die
verzögerte PTB nach anderen traumatischen Ereignissen untersuchten. McFarlane
(1988) berichtete von verstärktem gedanklichen Vermeiden in bezug auf das Trauma
bei Feuerwehrmännern mit einen verzögerten Beginn von PTB innerhalb einer
29monatigen Periode nach einem Einsatz bei einem Buschbrand. Er ermittelte des weiteren das Ausmaß an neurotischen Zügen und die Teilnahme an begleitenden Informationsveranstaltungen als gute Prädiktoren für einen derartigen Verlauf. Solomon et al.´s
Studie (1989) ergab, daß bei hilfesuchenden Kriegsveteranen (innerhalb einer Zeitspanne von sechs Monaten und fünf Jahren nach dem Trauma) des öfteren ein neues stressiges Lebensereignis ausschlaggebend für den verspäteten Eintritt einer PTB war. Allerdings fehlte in dieser Untersuchung eine Kontrollgruppe. Mayou et al. (1993) fanden,
daß schlechtere soziale, medizinische und berufliche Umstände infolge des VU in Verbindung mit erhöhter psychischer Morbidität nach einem Jahr stehen. Buckley et al.
(1996) untersuchten in einer prospektiv angelegten Studie prä- und posttraumatische
Faktoren und identifizierten eine bereits stärker ausgeprägte Belastungssymptomatik ein
bis vier Monate nach dem VU, besonders behaviorales Vermeiden, weniger prä- und
auch posttraumatische soziale Unterstützung und ein geringeres globales Funktionsniveau sowie erneute stressige Ereignisse nach dem VU und ein schlechteres medizinisches Ergebnis infolge des VU bei den Personen mit verzögerter PTB sieben bis zehn
Monate nach dem VU im Vergleich zu Personen ohne jegliche Symptomatik. Damit, so
Buckley et al., unterschieden sich die Personen mit verzögerter PTB in den gleichen
Variablen von den Gesunden wie die Personen mit akuter PTB. Keine Unterschiede
fanden die Autoren zwischen „Verzögerern“ und Gesunden hinsichtlich demographischer Variablen, früherer traumatischer Erlebnisse, früherer und posttraumatischer psychischer Störungen, der Verletzungsschwere und erlebter Todesangst während des VU.
Ehlers et al. (1998) kristallisierten in ihrer Studie die Verletzungsschwere, anhaltende
medizinische und finanzielle Probleme, Angstgedanken und Intrusionen nach drei und
zwölf Monaten, negative Interpretationen der Intrusionen und Gedankenunterdrückung
nach zwölf Monaten als Prädiktorvariablen für verzögerte PTB heraus.
Bei zusammenfassender Betrachtung der aufgeführten Ergebnisse ist festzustellen, daß
es sich fast ausschließlich um posttraumatische Faktoren (mit Ausnahme der Verletzungsschwere, die Ehlers et al., 1998, u. a. als Prädiktor für verzögert einsetzende PTB
ermittelten) bzw. psychische Reaktionen und Belastungssymptome handelt, mit denen
eine verzögerte Symptomentwicklung in Verbindung zu stehen scheint.
Schließlich sei noch einmal erwähnt, daß einige Autoren das Auftreten einer verzögerten PTB mit den, ihrer Meinung nach, ungünstig gewählten diagnostischen Kriterien
erklären, und prinzipiell keinen Unterschied zwischen Personen mit akut bzw. verzögert
einsetzender Symptomatik sehen. Einige der beschriebenen Studien (Ehlers et al., 1998
und Blanchard et al., 1997; außerdem Green et al., 1993) unterstützen diese Annahme in
der Hinsicht, daß bei den Personen, die verzögert eine klinische PTB entwickelten, zumeist bereits subklinische Symptomatik vorhanden gewesen war.
Kognitive Verarbeitungsprozesse
Die im Folgenden betrachteten Kognitionen bzgl. des Unfalls bzw. des Ereignisses und
dessen Verlauf, gehen auf eine Untersuchung von Frey et al. (1987) zurück, deren Untersuchung kurz dargestellt wird, da sie eine wichtige Grundlage für Teilaspekte der
durchgeführten Untersuchung darstellt. Aufbau des Untersuchungsdesigns, Versuchs-
Theoretischer Hintergrund und Forschungsstand
33
personen, Meßinstrumente sowie Fragestellung sind sehr eng daran angeknüpft, jedoch
wird die abhängige Variable, die sich bei Frey et al. (1987) sehr stark auf den somatischen Aspekt bezieht, in dieser Untersuchung modifiziert d.h. auf die Auswirkungen auf
der psychische Ebene bezogen, wodurch eine differenzierte Sichtweise der Auswirkungen einzelner Kognitionen auf den Verlauf der psychischen Symptomatik in ihrer gesamten Bandbreite ermöglicht wird.
Um die Bedeutung von Kognitionen für den Genesungsverlauf einer Unfallverletzung
zu analysieren, befragten Frey et al. (1987) 79 männliche, in der Abteilung für Unfallchirurgie der Universitätsklinik Kiel behandelte, Unfallpatienten zu ihren Kognitionen
bezüglich des Unfalls und bezüglich ihres Genesungverlaufes. Diese Kognitionen wurden in Beziehung gesetzt zur Aufenthaltsdauer in der Klinik eilung und zur Einschätzung des somatischen Heilungsverlaufs durch den Stationsarzt. Die Befragung fand
maximal drei Tage nach den Unfall statt. Sie entwickelten, um die relevanten Kognitionen erfassen zu können, einen Fragebogen, der im Abschnitt „Methoden“ ausführlich
beschrieben wird ("Fragebogen zur Erfassung unfall- und genesungsrelevanter Kognitionen", FUGK). Den besten Heilungsverlauf, d.h. die kürzeste Aufenthaltsdauer in der
Klinik sowie die positivste Einschätzung des somatischen Heilungsverlaufes durch den
Stationsarzt, hatten Patienten, die ihren Unfall für nicht vermeidbar hielten, sich wenig
Selbtschuld zuschrieben, nicht darüber nachgrübelten, warum gerade ihnen der Unfall
passiert ist und die in hohem Maße eigene Kontrollmöglichkeiten über den Heilungsverlauf antizipierten. Der Schweregrad der Verletzungen konnte in einer multiplen Regressionsgleichung lediglich ca. 17% der Varianz der Aufenthaltsdauer erklären, wohingegen durch die Hinzunahme der relevanten Kognitionen sich die aufgeklärte Varianz auf
fast 50% erhöhen ließ. Nach Frey et al. (1987) machen diese Ergebnisse deutlich, daß es
für den Heilungsverlauf nach einer Unfallverletzung eher ungünstig ist, wenn retrospektiv Kontrolle über das Unfallgeschehen wahrgenommen wird, daß es dagegen aber positive Konsequenzen hat, wenn Kontrolle über den eigenen Heilungsprozeß kogniziert
wird. Davon ausgehend werden die im folgenden beschriebenen Kognitionen als relevant betrachtet und deren Auswirkungen auf den Genesungsverlauf unter Einbezug
neuerer Forschungsergebnisse dargestellt und beschrieben. Dabei werden die Auswirkungen dieser Kognitionen auch bzgl. anderer traumatischer Ereignisse miteinbezogen.
Schuldattribuierung
Zunächst ein Überblick bzgl. verschiedener Arten von Kausalattributionen nach unterschiedlichen traumtatischen Ereignisen, deren Auswirkungen und mögliche Erklärungen hierfür (siehe Tabelle 2.4). Aus den dort dargestellten unterschiedlichen Befunden
wird deutlich, daß Kausalattributionen speziell im Rahmen von Krankheitsverläufen
keinen generellen positiven oder negativen Effekt haben. Sie müssen immer interpretiert
werden im Zusammenhang mit der speziellen Art des Ereignisses bzw. der Erkrankung,
dem zu erwartenden Krankheits- bzw. Genesungsverlauf sowie dem spezifischen Wissen und dem soziokulturellen Hintergrund bzgl. des Ereignisses oder der Erkrankung.
Mit Sicherheit entsteht eine völlig andere Situation, wenn man sich mit dem folgenschweren Ergebnis eines einmaligen Ereignisses (z.B. Verkehrsunfall) konfrontiert
sieht, im Gegensatz z.B. zu Krebs, was eine schleichende Krankheit und somit eine
chronische Bedrohung darstellt, die sich unter Umständen über einen Zeitraum von
mehreren Jahren entwickelt und somit nicht auf ein einzelnes eindeutiges Ereignis zurückzuführen ist. Wie aus den Ergebnissen von Taylor et al. (1984) hervorgeht, hat die
34
Theoretischer Hintergrund und Forschungsstand
Art der Kausalattribution bei Brustkrebspatientinnen keinen nennenswerten Einfluß auf
die Bewältigung. Dies läßt sich dadurch erklären, daß es bei Krebs, als ständige vitale
Bedrohung, weitaus wichtiger ist, ein Gefühl der Kontrolle über den künftigen Krankheitsverlauf zu entwickeln als retrospektiv über die Ursache der Erkrankung. Eine
Querschnittslähmung dagegen ist ein abgeschlossenes Ereignis, quasi ein Endzustand,
der sich weder verbessern noch verschlechtern kann. In diesem Falle scheint sich nach
den Ergebnissen von Bulman & Wortman (1977) eine Kausalattribution, bei der man
die Ursachen bei sich selbst sieht, positiv auf die Bewältigung des Ereignisses auszuwirken, da der Unfall auf diese Art und Weise eingeordnet werden kann. Es entsteht ein
Gefühl der Kontrolle. Ein Ungerechtigkeitsempfinden tritt nicht auf, wodurch keine
weiteren grüblerischen Gedanken oder eine intensive Auseinandersetzung mit dem Ereignis notwendig ist. Das Ereignis ist erklärt, geklärt, eingeordnet und kann daher "ad
acta" gelegt werden.
Theoretischer Hintergrund und Forschungsstand
35
Tabelle 2.4:
Überblick bzgl. verschiedener Arten von Kausalattributionen nach
traumtatischen Ereignissen
Autoren/
ErscheiNungsjahr
Bulman & Wortman (1977)
Chodoff et al.
(1964)
Art des trau
matischen Ereignisses
Verkehrsunfall mit Querschnittslähmung
Leukämiekranke
Kinder
Wie wird attribuiert?
Auswirkung
mögliche
Erklärung
Personen, die sich
selbst als Ursache für
den Unfall sehen ⇒
wurden am besten
mit ihrem Schicksal fertig
Gefühl der Kontrolle/Gerechtigkeit
Wenn Eltern sich
Teilschuld an Krankheitsentste-hung geben ⇒
Keine bestimmte Attribution hat pos. oder
neg. KonseQuenzen, lediglich
die Beschuldigung
anderer ⇒
Patienten, die sich
selbst die EntsteHung ihrer Krankheit zuschreiben ⇒
Patienten, die sich
selbst die Schuld am
Unfall geben ⇒
Patienten mit psyChosozialer KausalAttribution (vorwieGend BeziehungsStressoren) ⇒
kommen sie besser
mit der Erkrankkung ihrer Kinder
zurecht
führt zu schlechterem Coping
je größer die Anzahl reflektierter
Krankheitsursachen, desto ungün-s
tiger das emotiona
le Befinden
desto mehr psychopathologische
Symptome treten
auf
evtl. entsteht das Gefühl, auch den Verlauf
beeinflussen zu können
Kontrolle über Ursache nicht so
relevant wie Kon- trolle über weiteren Verlauf der
Krankheit
es resultieren Gefühle wie Schuld,
Scham und Minderwertigkeit
Grübeln/Hadern mit
sich und seinem
Schicksal
anfängliches intensives Auseinandersetzen mit der
Krankheit und intensive emotionale
Konfliktverarbeitung
hat länger fristig positive Konsequenzen
Verunsicherung oder
hadernde,
grübelnde Umgangsweise mit der
Erkrankung
Taylor et al.
(1984)
Brustkrebs
Abrams & Finesinger (1953)
Krebs
Frey et al. (1987)
Unfallpatienten
Knieling et al.
(1995)
Myasthenia gravis
Faller et al. (1994)
Hirntumor
Häufigste Attribution: mechanisches
Trauma oder kein
Grund
Frazier & Schauben
(1994)
Vergewaltigung
je mehr die Opfer die
Schuld bei sich suchen ⇒
Winter & Ehlers
(in preparation)
Verkehrsunfälle
Douglas et al.
(1997)
Verkehrsun-fälle
Diejenigen attribuIeren das Trauma eher internal, ⇒
je mehr Andere verantwortlich gemacht
werden ⇒
haben schlechtere
Krankheitsverarbeitung
schlechterer Genesungsverlauf
sind anfangs erregbarer, depressiver
und unsicherer,
stabilisieren sich
jedoch mit der Zeit
die die Kriterien für
eine PTSD erfüllen
desto eher werden
die Kriterien für ein
PTB erfüllt
Vertrauen in die eigene Fähigkeit, künftig
ein solches Ereignis zu
verhindern, verschwindet
schlechtere Verarbeitung, Grübeln
Kontrollverlust, Ereignis kann sich jederzeit
wiederHolen
Die Ergebnisse von Chodoff et al. (1964) weisen darauf hin, daß es für Eltern, deren
Kinder an Leukämie erkrankt sind, psychologisch sinnvoll ist, eigene Schuld an der
Entstehung der Krankheit ihrer Kinder wahrzunehmen, da dadurch das Gefühl entsteht,
im positiven Sinne auf den Verlauf der Krankheit ebenfalls Einfluß nehmen zu können,
was sich mit dem Bedürfnis nach Kontrolle deckt. In die gleiche Richtung weist das
Ergebnis von Douglas et al. (1997), die den Aspekt des Kontrollverlustes beim Attribuieren der Schuld auf Andere und die damit verbundene Erkenntnis, daß solch ein Ereignis jederzeit wieder auftreten kann, verdeutlichen, was zu Hilflosigkeit führen kann.
Dagegen zeigen die Ergebnisse von Abrams & Finesinger (1953), Frey et al. (1987),
Frazier & Schauben (1994) und Winter & Ehlers (in preparation) an unterschiedlichen
Patientengruppen, daß es für den Verlauf der psychischen Symptomatik eher hinderlich
36
Theoretischer Hintergrund und Forschungsstand
ist, die Schuld auf sich selbst zu attribuieren, da dadurch Gefühle wie Schuld, Scham
und Minderwertigkeit entstehen und das Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten, ein solches Ereignis in der Zukunft zu verhindern, schwindet. Zudem werden die Chancen für
eine gute Verarbeitung dadurch geschmälert, daß durch diese Art der Attribution Grübelprozesse in Gang gesetzt werden, die einer schnellen und unkomplikativen Genesung
entgegenstehen.
Da es schwierig ist, bzgl. der Kausalattribution verschiedene traumatische Ereignisse
miteinander zu vergleichen, und Aussagen darüber zu treffen, was nun eine günstige
Kausalattribution ist und was nicht, werden ausschließlich Verkehrsunfallopfer betrachtet. Aber auch innerhalb dieser Gruppe sind die Ergebnisse, wie oben schon beschrieben, heterogen.
Wahrgenommene Vermeidbarkeit des Unfalls
Auch bezüglich der Frage, ob das Wahrnehmen von Vermeidbarkeit psychologisch
sinnvoll ist oder nicht, kommt es sehr auf die Spezifität des jeweiligen traumatischen
Ereignisses und dessen Folgen an. Bulman & Wortman (1977) konnten in einer viel
zitierten Studie an Verkehrsunfallopfern mit daraus resultierender Querschnittslähmung
zeigen, daß diejenigen am besten mit ihrem Schicksal fertig wurden, die ihren Unfall für
unvermeidbar hielten (und sich gleichzeitig selbst die Schuld am Unfall gaben). Je höher die wahrgenommene Vermeidbarkeit (und je geringer die Wahrnehmung persönlicher Schuld), desto schlechter das Coping. Anders ausgedrückt könnte man sagen, daß,
wenn der Unfall als logische Folge (Unvermeidbarkeit) einer freiwillig gewählten Tätigkeit (persönliche Verantwortlichkeit, Schuld) wahrgenommenen wird, dies die günstigsten Bedingungen für eine erfolgreiche Bewältigung sind. Die von Bulman & Wortman (1977) gefundenen Ergebnisse sind mit der Theorie der kognitiven Kontrolle
schwer in Einklang zu bringen, da wahrgenommene Vermeidbarkeit, was zumindest
retrospektiv ein gewisses Kontrollgefühl mit sich bringt, nicht etwa zu einer besseren
sondern, im Gegenteil, zu einer schlechteren Bewältigung führt. Dies könnte bedeuten,
daß die sonst positive Funktion von wahrgenommener Kontrolle sich im Falle von andauernden, nicht veränderbaren Ausgängen eines Ereignisses wie Querschnittslähmung
negativ auswirkt, da es keinen Sinn macht, Kontrolle darüber wahrzunehmen, ein solches Ereignis in Zukunft beeinflussen oder verhindern zu können.
Den positiven Effekt von wahrgenommener Vermeidbarkeit bezogen auf veränderbare
Verhaltensweisen und dem daraus resultierenden "self-blame" konnte dennoch in mehreren Untersuchungen bestätigt werden (Boninger et al., 1994; Roese, 1994) und stimmt
mit der Theorie der kognitiven Kontrolle überein. Nicht so bei der Untersuchung von
Davis et al. (1995) an Opfern eines Überfalls. Dort stellte sich heraus, daß wahrgenommenen Vermeidbarkeit zu stärkeren negativen Gefühlen (insbesondere Schuld und
Scham) und einer depressiven Symptomatik führt, was wiederum mit den Befunden von
Bulman & Wortman (1977) übereinstimmt. Wird ein Ereignis als nicht vermeidbar
wahrgenommen, könnte ihrer Meinung nach der "Gerechte Welt Glaube" (jeder bekommt, was er verdient) eine Rolle spielen und damit erklärt werden. Auch Frey et al.
(1987) stützen die Befunde von Bulman & Wortman (1977). Danach hatten diejenigen
Patienten den besten Genesungsverlauf und das beste Wohlbefinden, die ihren Unfall
für nicht vermeidbar hielten. Je vermeidbarer der Unfall eingeschätzt wurde, desto länger war die Verweildauer in der Klinik und um so problematischer die somatische Heilung. Die Autoren erklären sich dies damit, daß mit der Ansicht, der Unfall hätte ver-
Theoretischer Hintergrund und Forschungsstand
37
mieden werden können, Grübelprozesse über verpaßte Handlungsmöglichkeiten in
Gang gesetzt werden, die in Gefühlen von Hilflosigkeit und depressiver Stimmungslage
enden können, was einen schlechteren Genesungsverlauf nach sich zieht. Im Falle von
wahrgenommener Nicht-Vermeidbarkeit, werden dagegen weitere gedankliche Auseinandersetzungen mit dem Ereignis überflüssig, was sich positiv auf den Genesungsverlauf auszuwirken scheint. In Anlehnung an Frey et al. (1987) kann davon ausgegangen
werden, daß der Verlauf der psychischen Symptomatik günstiger ist, wenn der Unfall
als nicht vermeidbar wahrgenommen wird. Besonders im Blickpunkt steht hier die Entwicklung der depressiven Symptomatik, da beim Wahrnehmen von Vermeidbarkeit des
Unfallgeschehens, Gefühle von Hilflosigkeit entstehen können, die sich in depressiven
Symptomen manifestieren können.
Zusammenhang zwischen Ursachenzuschreibung, Vermeidbarkeit und Verantwortlichkeit
Bei den Betroffenen von traumatischen Ereignissen zeigte sich eine Tendenz, sich mehr
persönliche Schuld zu geben und sich weitaus stärker verantwortlich zu fühlen, als objektiv angemessen zu sein scheint. Dies spiegelt sich in Befunden aus verschiedenen
Untersuchungen wieder (z.B. Taylor et al., 1984). Bulman & Wortman (1977) interpretieren dieses Ergebnis als Untermauerung des Konzeptes "Suche nach einer gerechten
und sinnerfüllten Welt". Diejenigen, die Anderen die Schuld am Unfall geben und damit
größere Schwierigkeiten bei der Bewältigung ihres Schicksals zeigten, gaben an, es als
ungerecht bzw. unfair zu empfinden, daß sie selbst und nicht der oder die Schuldige
solch schwerwiegende körperliche Folgen zu tragen haben. Diesen Personen dürfte es
nach Bulman & Wortman sehr schwer fallen, ihren "Gerechte-Welt-Glauben" aufrecht
zu erhalten, während dies hingegen Personen, die sich selbst als schuldig wahrnehmen,
besser möglich ist. Andererseits gab keiner der Betroffenen an, den Ausgang des Unfalls (Querschnittslähmung) als gerecht zu empfinden, was aufgrund der Schwere der
Verletzung plausibel erscheint.
Die Untersuchung dieses Phänomens, daß sich Opfer von traumatischen Ereignissen
häufig bei weitem mehr Schuld zuschreiben als objektiv angemessen, führte Davis et al.
(1996) zu der Differenzierung zwischen Ursachenzuschreibung auf der einen sowie
wahrgenommener Vermeidbarkeit auf der anderen Seite und das mit diesen beiden Begriffen in Zusammenhang stehende Gefühl, verantwortlich zu sein und Schuld zu empfinden ("self-blame"). In bisherigen Untersuchungen wurde immer automatisch von der
Kausalattribution auf das Schuldempfinden geschlossen. D.h., wenn man sich selbst als
Verursacher wahrnimmt, hat man auch das entsprechende Schuldempfinden, sieht man
andere als Verursacher, ist man selbst frei von Schuld- und Verantwortlichkeitsgefühlen. Davis et al. (1996) konnten zeigen daß diese Sichtweise zu einfach und undifferenziert ist. Nach ihren Ergebnissen entsteht das Gefühl von Schuld und Verantwortlichkeit
vor allem dann, wenn Ereignisse im Nachhinein als vermeidbar angesehen werden, wobei die Kausalattribution keine entscheidende Rolle spielt. Je höher die wahrgenommene Vermeidbarkeit, desto stärker ist das Gefühl schuldig und verantwortlich zu sein,
unabhängig von der Kausalattribution. Das oben beschrieben Konzept der "counterfactual thoughts" ist hierbei wohl der ausschlaggebende Faktor, da sich diese "cft's" fast
ausschließlich auf die Vermeidbarkeit beziehen und nicht auf die eigentliche objektive
Ursache. Es wird also unterschieden zwischen den Kausalbedingungen und Bedingungen, die einen negativen Ausgang hätten verhindern können. Auf letzteres beziehen sich
38
Theoretischer Hintergrund und Forschungsstand
die cft's und von letzterem ist nach Davis et al. (1996) das Verantwortlichkeitsgefühl
und das Schuldempfinden abhängig.
„Why-me“-Frage
Janoff-Bulman & Frieze (1983) sind der Ansicht, daß psychische Symptome nach traumatischen Ereignissen dann entstehen, wenn durch das Ereignis grundlegende Annahmen über die Berechenbarkeit und Sicherheit der Welt erschüttert sind. Die "Why meFrage" wird danach gestellt, um zum einen dem Ereignis einen Sinn zu verleihen und
damit die eigenen grundsätzlichen Annahmen über das Funktionieren der Umwelt, die
durch das traumatische Ereignis kurzzeitig bedroht waren, doch noch aufrecht erhalten
zu können. Zum anderen wird es durch die Beantwortung dieser Frage möglich, das
Ereignis einzuordnen und damit ein Gefühl der Kontrolle zu erlangen.
Frey et al. (1987) haben versucht diesen Sachverhalt zu überprüfen, indem sie davon
ausgegangen sind, daß wenn dies so ist, dann sich nahezu alle Betroffenen die "Why
me- Frage" stellen müßten und in Abhängigkeit der individuell gefundenen Antworten
ihren Unfall mehr oder weniger gut bewältigen sollten. Sie mußten jedoch in ihrer Untersuchung feststellen, daß sich über die Hälfte der Patienten mit dieser Frage überhaupt
nicht beschäftigt haben und daß diejenigen, die sich darüber Gedanken gemacht haben
zu keinem sinnvollen oder hilfreichen Ergebnis gekommen waren. Antworten die gegeben wurden waren: Pech, Schicksal, Unaufmerksamkeit. Diese Patienten hatten eine
deutlich längere Verweildauer im Krankenhaus als Patienten, die sich mit dieser Frage
nicht auseinandergesetzt hatten. Frey et al. (1987) haben dies als weiteren Hinweis für
die negative Wirkung von andauernden Grübeleien interpretiert, was zudem mit einem
gedanklichen Haftenbleiben am Unfallgeschehen einhergeht. Dies führe eher zu negativen Stimmungszuständen als zu einer erfolgreichen Sinnfindung für das traumatische
Ereignis. Die gegebenen Antworten waren in der Tat wenig dazu geeignet, Kontrollüberzeugungen, sowohl retrospektiv als auch auf die Zukunft bezogen, zu entwickeln.
Nach den Ergebnissen von Frey et al. (1987) ist bei Patienten, die sich mit der "Why
me-Frage" nicht auseinandersetzen, ein günstigerer Verlauf der psychischen Symptomatik zu erwarten.
Kontrollüberzeugungen bezüglich der eigenen Genesung
Die oben beschriebenen verschiedenen Aspekte von Kontrolle nach Thompsen (1981)
sind bei der wahrgenommenen Kontrolle über den Genesungsverlauf nicht alle gleich
relevant. In diesem Zusammenhang sind am effektivsten die kognitive Kontrolle (d.h. es
sind bestimmte kognitive Strategien vorhanden, die in der Lage sind, die erlebte Aversivität des Ereignisses zu reduzieren) und die Verhaltenskontrolle (d.h. es bestehen
Möglichkeiten, die Folgen des aversiven Ereignisses durch eigenes Verhalten zu modifizieren und zu beeinflussen).
Die Befunde in der Literatur weisen ausnahmsweise alle in ein und dieselbe Richtung:
je mehr Kontrolle wahrgenommen wird, egal in welchem Bereich (Unfallpatienten, Altenheimbewohner Brustkrebspatientinnen,....), desto größer das Wohlbefinden, desto
besser der Genesungsverlauf, bzw. desto höher die Lebenserwartung (Taylor et al.,
1984; Langer & Rodin, 1976). Auch Frey et al. (1987) haben in Einklang mit bisherigen
Befunden festgestellt, daß sich bei ihren Unfallopfern wahrgenommene Kontrollmöglichkeiten über den Genesungsverlauf positiv auswirken. Je weniger Kontrolle wahrge-
Theoretischer Hintergrund und Forschungsstand
39
nommen wird, desto länger die Aufenthaltsdauer in der Klinik. Die Verletzungsschwere
wurde dabei statistisch kontrolliert.
3 Übersicht über Ziele und Methoden der Teilstudien
3.1 Überblick über Ziele und Design der Teilstudien
Um den Untersuchungsgegenstand von mehreren Perspektiven her zu beleuchten, wurden drei verschiedene Teilstudien durchgeführt. Teilstudie 1 betrachtet den Verlauf der
posttraumatischen Belastungssymptomatik bzw. der PTB und untersucht die PTBHäufigkeit zu drei verschiedenen Zeitpunkten. Es soll überprüft werden, ob sich bestimmten Verlaufstypen Prädiktoren zuordnen lassen. Dazu wurde ein kombiniertes
Quer- und Längsschnittdesign mit insgesamt drei Meßzeitpunkten gewählt. Teilstudie 2
beschäftigt sich mit den Zusammenhängen zwischen dem Umgang mit intrusiven Gedanken (sog. Gedankenkontrollstrategien) und der PTB-Symptomatik nach drei Monaten. Diese Teilstudie wurde dementsprechend ebenfalls längsschnittlich konzipiert.
Teilstudie 3 ist eine explorative Analyse, die sich mit der Rolle kognitiver Faktoren bei
der Entstehung und Aufrechterhaltung der PTB beschäftigt. Dies sind v.a. unfall- und
genesungsbezogene Kognitionen. Dafür wurde ebenfalls ein längsschnittliches Design
mit zwei Meßzeitpunkten gewählt.
Im folgenden sind alle drei Teilstudien in einem Schema dargestellt, so daß ersichtlich
wird, welche Variablen zu welchen Zeitpunkten erhoben wurden. Die ausführliche Erläuterung und Beschreibung der Meßinstrumente, mit denen die Variablen erhoben
wurden, folgt weiter unten.
Tabelle 3.1:
Teilstudie
N
1
71
2
64
3
83
t
1
2
3
1
2
1
3
Variablenplan für die drei Teilstudien
PTB
X
X
X
X
X
X
X
VS
X
UGK
X
X
X
X
X
GK
BV
X
X
X
D
X
X
X
A
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
Legende: N – Anzahl; t – Meßzeitpunkt; PTB – Posttraumatische Belastungssymptomatik; VS – Verletzungsschwere; UGK –
Unfall- und genesungsbezogene Kognitionen; GK – Gedankenkontrollstrategien; BV – behaviorale Vermeidung; D – Depressivität;
A - Ängstlichkeit
3.2 Rekrutierung der Gesamtstichprobe und epidemiologische Kennzahlen
Die Gesamtstichprobe, die den drei Teilstudien bzw. Analysen zugrundelag, bestand aus
insgesamt 141 Patienten, die die Einschlußkriterien prinzipiell erfüllten. Die Erfüllung
dieser Kritierien wurde von der an der Studie beteiligten Ärztin anhand der Krankenblätter bei der Einlieferung überprüft, und die Patienten wurden gefragt, ob sie prinzipiell bereits wären, an einer Studie über den seelischen Umgang mit dem Unfall teilzunehmen. Dazu erklärten sich zunächst alle 141 Patienten bereit. In einem zweiten
Schritt nahm dann eine der an der Studie beteiligten geschulten Diplomandinnen bzw.
der Verfasser der vorliegenden Arbeit mit den Patienten in der unfallchirurgischen Kli-
42
Übersicht über Ziele und Methoden der Teilstudien
nik Kontakt auf, um sie über das Forschungsprojekt aufzuklären und die
Fragebogenbatterie zu überreichen. Dies geschah innerhalb der ersten drei bis sieben
Tage nach der Einlieferung. Von den 141 Patienten, denen ein Fragebogen überreicht
wurde, mußten 12 Patienten ausgeschlossen werden, die eine posttraumatische
Belastungssymptomatik wegen eines anderen Traumas als dem Verkehrsunfall
aufwiesen. Daraus ergibt sich eine Gesamtstichprobe von 129 Patienten. Dieser Umfang
ist auch für die Berechnung der Ausschöpfungsraten der einzelnen Prävalenz- und
Analysestichproben relevant, worauf weiter unten in diesem Abschnitt noch näher
eingegangen
Von
den 129wird.
Patienten der Gesamtstichprobe konnten letztendlich 18 nicht für eine
Teilnahme gewonnen werden, wofür einer der drei folgenden Gründe verantwortlich
war: (1) Beim Ausfüllen der Fragebögen entschieden sich die Patienten doch dagegen,
Auskunft über ihre persönlichen Gefühle, Gedanken und Erlebnisse zu erteilen, (2) ein
Teil der Patienten war aufgrund geringfügiger Verletzungsschwere bereits wieder aus
der Klinik entlassen worden und (3) einige potentielle Teilnehmer waren mittlerweile in
wohnortnähere Kliniken oder in Spezialkliniken verlegt worden. Die vorliegenden Fragebögen reduzierten sich um weitere 10, da zentrale Fragebögen wie der PDS nicht
auswertbar waren. Somit resultiert zum ersten Meßzeitpunkt eine Prävalenzstichprobe
von 101 Patienten, was einer Rücklaufquote von 86,1% und einer Ausschöpfungsrate
von 78,3% entspricht.
An alle 129 Personen der Gesamtstichprobe wurde zum zweiten Meßzeitpunkt (jeweils
drei Monate nach dem Unfall) die Fragebogenbatterie zugesandt. Davon erhielten wir
nach bis zu drei Nachfaßversuchen insgesamt 119 Stück zurück (Rücklaufquote 92,2%).
Die fehlenden 10 entfielen auf mangelnde Compliance oder unbekannt verzogen. Von
den vorleigenden 119 Fragebögen waren 12 nicht auswertbar. Somit steht zum zweiten
Meßzeitpunkt eine Prävalenzstichprobe von 107 Patienten zur Verfügung, was einer
Ausschöpfungsquote von 82,9% entspricht.
Zum dritten Meßzeitpunkt, jeweils sechs Monate nach dem Unfall, wurden nochmals an
alle 129 Patienten, an die zum ersten Meßzeitpunkt Fragebögen ausgegeben worden
waren, erneut die Fragebogenbatterie versandt. Dies geschah unabhängig davon, ob
diese Patienten am zweiten Meßzeitunkt teilgenommen hatten. Nach bis zu drei Nachfaßversuchen lagen 116 Fragebögen vor (Rücklaufquote 89,9%). Abzüglich von 11
Fragebögen, die aufgrund zu vieler Missings nicht mehr auswertbar waren, ergab sich
eine Prävalenzstichprobe von 105 Patienten zum dritten Meßzeitpunkt, was einer Ausschöpfungsrate von 81,4% entspricht.
In der folgenden Tabelle sind die Ausschöpfungsraten, Rücklaufquoten und weitere
interessierende Maße jeweils für die drei Prävalenz- bzw. Querschnittstichproben sowie
für die drei Analyse- bzw. Längsschnittstichproben zusammengestellt. Zur Erläuterung
der Begrifflichkeiten siehe Abschnitt Nomenklatur.
Zunächst fällt auf, daß die Stichprobenumfänge der drei Prävalenzstichproben alle
knapp über 100 liegen. Im Gegensatz dazu fallen die Analysestichprobenumfänge z.T.
deutlich niedriger aus. Dies lag vor allem an folgenden Punkten: (1) Von etlichen Patienten lagen nur zu einem oder zwei der Meßzeitpunkte Daten vor, somit fielen sie zum
Teil aus den Längsschnitt-Analysen heraus, was besonders bei Analysestichprobe 1 mit
drei Meßzeitpunkten zum Tragen kam; (2) abgesehen von Komplett-Missings (Tabelle
3.2) gab es auch selektive Missings, die nicht zentrale Meßinstrumente wie PDS oder
IES-R betrafen, sondern lediglich Meßinstrumente, die nur in einer oder zwei Studien
von Belang waren, wie z.B. der TCQ. Gerade beim TCQ gab es viele unvollständig o-
Übersicht über Ziele und Methoden der Teilstudien
43
der gar nicht ausgefüllte Exemplare, was die Analysestichprobe 2 deutlich schrumpfen
ließ.
Tabelle 3.2:
Substichprobe
N
Prävalenz-SP t1
Prävalenz-SP t2
Prävalenz-SP t3
Analyse-SP 1
Analyse-SP 2
Analyse-SP 3
101
107
105
71
64
83
Kennwerte der Substichproben
Dropouts
Missings
Rücklaufquote
In %
in %
in %
13,9
7,8
86,1
7,8
9,3
92,2
10,1
8,5
89,9
29,7
70,3*
36,6
63,4*
17,8
82,2*
Ausschöpfungsrate in
%
78,3
82,9
81,4
55,0
49,6
64,3
* da es sich bei den Analysestichproben um Längsschnitte handelt, wurde als Bezugszahl zur Berechnung der Rücklaufquote die
Stichprobengröße zum ersten Meßzeitpunkt (N=101) gewählt, bezogen auf die jeweilige Analysestichprobe
Bei Analysestichprobe drei dürfte auch der relativ lange Zeitraum von sechs Monaten
zwischen erster und zweiter Untersuchung eine Rolle gespielt haben. So kamen hier
Dropouts aufgrund mittlerweile ungültiger Adressen und Telefonnummern häufiger vor
als in Analysestichprobe 2, wo nur drei Monate zwischen den beiden Untersuchungen
lagen.
3.3 Darstellung der Erhebungsmethoden
Aufgrund der bisher vorliegenden Forschungsergebnisse zum Thema wurde geplant, die
PTB-Symptomatik sowohl durch Fremdbeurteilung als auch durch Selbstbeurteilung zu
erfassen. Im Vorfeld der Datenerhebung war ein Interviewleitfaden entwickelt worden,
der in detaillierter Form anhand der DSM-IV-Kategorien das Vorhandensein früherer
und aktueller Akuter und Posttraumatischer Belastungsstörung erfassen sollte. Wieterhin sollten erfaßt werden: Umgang mit Intrusionen (speziell Gedankenkontrolle),
unfallbezogene Kognitionen und Attributionen sowie Ängstlichkeit und Depressivität.
Ergänzend zu diesen psychometrischen Variablen wurden Fakten zum Unfall sowie
soziodemographische Angaben erhoben. Der Erhebungsplan sah vor, mit den rekrutierten Patienten zunächst das diagnostische Interview in den Räumen der Klinik zu führen
und ihnen anschließend die Fragebogenbatterie zum Ausfüllen zu übergeben. Dazu
wurde mit der Klinikleitung vereinbart, daß eine Krankenschwester den Patienten in
einen separaten Raum brachte, wo das Interview ungestört durchgeführt werden sollte.
Die zweite und dritte Befragung sollte ebenfalls aus Interview und Fragebögen bestehen. Nach dem offiziellen Start der Erhebung wurde relativ schnell klar, daß es nicht
durchsetzbar war, die vereinbarte Unterstützung von Seiten der Stationsleitung auch zu
bekommen. In der Realität war es schlicht nicht möglich, bei Bedarf einen freien Raum
zur Durchführung des Interviews zu finden. Der Versuch, die Interviews in den Mehrbettzimmern durchzuführen, wurde nach kurzer Zeit wieder abgebrochen. Rücksprachen
mit der Klinikleitung erbrachten faktisch keine Lösung. Die Raumsituation war aufgrund von Umbaumaßnahmen sehr angespannt. Zu diesem Zeitpunkt standen zwei Optionen zur Auswahl: Die Studie abzubrechen und einen neuen Anlauf zu einem späteren
Zeitpunkt zu nehmen, oder die Studie trotz eingeschränkter Erhebungsmöglichkeiten als
Fragebogenstudie durchzuführen. Der Autor entschied sich nach Rücksprache mit Betreuern, wissenschaftlichen Kollegen und den beteiligten Diplomandinnen für die letztere Variante. Dabei spielten zeitliche Überlegungen sowohl im Hinblick auf das Promotionsstipendium des Autors als auch eine gewisse Verantwortung den an der Studie be-
44
Übersicht über Ziele und Methoden der Teilstudien
teiligten Diplomandinnen gegenüber eine Rolle. Als forschungsmethodische Konsequenz aus dieser Entscheidung ergab sich folgendes: Erstens konnte somit die PTBSymptomatik nur als Selbstbeurteilung erhoben werden. Zweitens entfiel die im Interviewleitfaden integrierte Erhebung des Störungsbildes „Akute Belastungsstörung“.
Ausgewertet werden kann dadurch lediglich die erhobene PTB-Symptomatik, die allerdings kurz nach dem Unfall noch nicht Posttraumatische Belastungsstörung genannt
werden darf.
Im folgenden sind jene Meßinstrumente beschrieben, die letztendlich eingesetzt wurden.
In den Methodenabschnitten der einzelnen Analysen finden sich nur Aufzählungen der
dort jeweils eingesetzten bzw. betrachteten Meßinstrumente. Darüberhinaus sind sämtliche Erhebungsmaterialien in Originalform im Anhang enthalten.
3.3.1 Erhebung der PTB-Symptomatik
PDS (Posttraumatic Stress Diagnostic Scale, dt. Übersetzung von Ehlers et al., 1996)
Im Gegensatz zu anderen Meßinstrumenten, die das Vorhandensein und die Intensität
von PTB-Symptomen erfassen, ist die von Foa et al. (1993) entwickelte "Posttraumatic
Diagnostic Scale" (PDS) darüber hinaus in der Lage, sowohl die Art des Ereignisses zu
spezifizieren als auch die, aus den Symptomen resultierenden, Beeinträchtigungen innerhalb verschiedener Lebensbereiche zu erfassen. Die Erfassung der Symptomatik bezieht sich auf die letzten vier Wochen. Die PDS besteht aus insgesamt vier Teilen:
Der erste Teil ist eine Checkliste, in der 12 häufig vorkommende traumatische Ereignisse genannt werden. Gefragt wird, ob die Person ein solches Ereignis selbst oder als
Zeuge schon einmal erlebt hat. Anschließend wird gefragt, welches der erlebten aversiven Ereignisse das, für sie subjektiv, schlimmste war.
Der zweite Teil klärt die Frage, ob bei dem Ereignis für die Person selbst oder aber für
andere Bedrohung des Lebens oder der Gesundheit bestanden (DSM-Kriterium A1) und
ob die Person darauf mit Entsetzen oder Hilflosigkeit reagiert hat (DSM-Kriterium A2).
Im dritten Teil werden PTB-Symptome anhand von 17 Items erfaßt, die die DSMKriterien B, C und D abklären. 5 Items erfassen Intrusionen, 7 Items die Vermeidung
und 5 Items die Übererregung. Die Häufigkeit jedes Symptoms im vergangenen Monat
wird auf einer 4-stufigen Skala geratet (0=überhaupt nicht oder nur einmal im letzten
Monat; 1=einmal pro Woche oder seltener/manchmal; 2=2 bis 4 mal pro Woche/die
Hälfte der Zeit; 3=5 mal oder öfter pro Woche/fast immer). Über diese 17 Items kann
ein Summenscore gebildet werden, um die Schwere der Symptomatik abzubilden.
Im vierten und letzten Teil werden die Dauer der in Teil drei angegebenen Symptome
(DSM-Kriterium E) sowie deren Auswirkung auf verschiedene Lebensbereiche erfragt
(z.B. Arbeit, Beziehung zu Freunden, Sexualität, Freizeit) (DSM-Kriterium F).
Nach Foa et al. (1997) können sowohl die internen Konsistenzen (.92 Gesamtwert; .78
Subskala Intrusionen; .84 Subskala Vermeidung; .84 Subskala Übererregung) als auch
die Retest-Reliabilität (.83 Gesamtwert; .77 Subskala Intrusionen; .81 Subskala Vermeidung; .85 Übererregung) als sehr zufriedenstellend eingestuft werden. Bezüglich der
konvergenten Validität ergab sich eine hohe Übereinstimmung der PDS mit dem Structured Clinical Interview for the DSM-III "SCID" (Spitzer et al., 1990). Die Übereinstimmung lag bei 82 %. Nach Angaben von Ehlers (Oktober 1998) steht die deutsche
Ausgabe der PDS bzgl. Validitäten und Reliabilitäten der amerikanischen Version in
Übersicht über Ziele und Methoden der Teilstudien
45
nichts hinterher. Die konkreten Daten werden momentan zur Veröffentlichung vorbereitet. Aufgrund der guten Reliabilitäts- und Validitätswerte kann das PDS als geeignetes
und nützliches Instrument zur Erfassung einer PTB sowohl in der Praxis wie auch zu
Forschungszwecken angesehen und eingesetzt werden.
IES- R (Impact of Event Scale-Revised; dt. Übersetzung Maercker & Schützwohl,
1998)
Die "Impact of Event Scale" ist ein vollständig standardisiertes Verfahren zur Einschätzung der Auftretenshäufigkeit und der Intensität von Intrusionen, Vermeidung sowie Hyperarousal nach einem traumatischen Ereignis. Die Patienten selbst beurteilen
auf einer vierstufigen Skala ("überhaupt nicht" = 0 Punkte, "selten" = 1 Punkt, "manchmal" = 3 Punkte und "oft" = 5 Punkte) die Häufigkeit von Belastungssymptomen. Der
Beurteilungszeitraum bezieht sich auf die letzten sieben Tage. Die Begrenzung dieses
Meßinstrumentes besteht darin, daß keine individualdiagnostischen Aussagen getroffen
werden können, da weder Grenzwerte für die Diagnose einer PTB genannt werden,
noch Normierungen vorliegen.
Die im vorliegenden Forschungsprojekt eingesetzte revidierte Form der IES (IES-R,
Weiss & Marmar, 1997) besteht aus 22 Items. Sie ist gegenüber der Originalfassung
(IES, Hororwitz et al., 1979) durch sieben weitere Items zur Erfassung der posttraumatischen Übererregung (dt. Übersetzung der "Übererregungsskala" Maercker & Schützwohl, 1998) angereichert. Nach Maercker und Schützwohl (1998) liegen für die deutsche Übersetzung der IES-R ebenfalls zufriedenstellende teststatistische Kennwerte vor.
Die Antworten auf der 4-stufigen Skala werden verrechnet und ergeben für die Subskalen "Intrusionen" sowie "Übererregung" einen Wertebereich von 0 bis 35, für die Subskala "Vermeidung" einen Wertebereich von 0 bis 40. Der IES-R-Totalwert/Summenscore liegt folglich im Wertebereich von 0 bis 110, wobei ein IES-Rtotal>61 auf das Vorliegen einer PTB hindeutet (Maercker & Schützwohl, 1996).
Wie oben schon erwähnt, ist es nicht möglich, individualdiagnostische Aussagen zu
treffen, da die 22 Items der IES-R nicht mit den 17 DSM-IV-Symptomen für Posttraumatische Belastungsstörung übereinstimmen. Außerdem werden lediglich Häufigkeiten
erfaßt und nicht das Ausmaß der erlebten Belastung, was interindividuell sehr stark variieren kann (Ehlers & Steil, 1995). Dennoch ist dieser Fragebogen ein sehr häufig eingesetztes und bewährtes Meßinstrument, wenn es um die Erfassung von PTBSymptomen nach traumatischen Ereignissen geht.
3.3.2 Erhebung der Verletzungsschwere
ISS (Injury Severity Score; AMA Commitee on Medical Aspects of Automotive Safety
1971; Baker et al., 1974)
Der ISS wurde Mitte der 70er Jahre von der Arbeitsgruppe um Baker an einer Stichprobe von 2128 Verkehrsunfallpatienten entwickelt (Baker et al., 1974). Anliegen war es,
die häufig auftretenden multiplen Verletzungen nach Unfällen in einem Score zusammenfassen zu können. Diese Notwendigkeit ergab sich aus Evalutationsbemühungen
der medizinischen Versorgung, die nur auf der Grundlage einer standardisierten Erhebung der Verletzungen stattfinden konnte. Der ISS erlaubt prognostische Aussagen, da
46
Übersicht über Ziele und Methoden der Teilstudien
er hoch mit der Behandlungs- bzw. Verweildauer in der Klink korrelliert (Schreck et al.,
1985). Dies konnte in einer Studie mit 432 Unfallpatienten nachgewiesen werden. Der
ISS wurde in Mulitcenter-Studien validiert (Baker & O’Neill, 1976) und bei verschiedenen Anwendergruppen auf Relaibilität getestet (MacKenzie et al., 1985). Die Interrater-Reliabilität lag in den Anwendergruppen (Ärzte, Krankenschwestern, medizinischtechnische Assistenten, Rettungsassistenten) zwischen .80 und .83, wobei die Unterschiede zwischen den Gruppen nicht signifikant waren. Es zeigte sich jedoch, daß bei
mangelhaften Informationen im Krankenblatt die Ärzte besser übereinstimmten, da sie
offenbar aufgrund ihres Fachwissens Zusammenhänge und Ursachen besser rekonstruieren konnten. Die Retest-Reliabilität lag zwischen .79 und .89.
Der ISS wird in dieser Studie zur Abschätzung des Schweregrades des Unfalls herangezogen und ist ein Fremdrating, bei dem ein Arzt anhand klar operationalisierter Kriterien die Schwere der Verletzungen in fünf definierten Körper- bzw. Organregionen vornimmt. Dazu wird anhand der Verletzungsskala AIS (Abbreviated Injury Scale; American Medical Association, 1971) für jede der folgenden Körperregionen der Schweregrad
der dortigen Verletzungen eingestuft: Kopf/Hals, Thorax, Abdomen, Extremitäten/Becken und Allgemeinzustand. Folgende hierfür relevante Schweregrade wurden
definiert: 0 - keine Verletzungen, 1 – leicht, 2 - moderat, 3 – schwer, 4 - sehr schwer, 5
– kritisch. Es existieren für jede Organregion pro Schweregrad Kriterien aus der AIS
(siehe Anhang), die eine reliable Einstufung über verschiedene Beobachter hinweg ermöglichen. Diese sogenannte Ein-Blatt-Methode hat sich im unfallchirurgischen Setting
bewährt (Barancik & Chatterjee, 1981). Die Quadratsumme aus den Werten der drei am
schwersten betroffenen Regionen bildet dann den ISS-Wert, der von der American Medical Association als Standard entwickelt wurde und international in der Unfallmedizin
recht weit verbreitet ist. In den letzten 25 Jahren gab es bei AIS und ISS eine Reihe von
Weiterentwicklungen der Ursprungsversion (Linn, 1995) sowie verschiedene spezialisierte Abwandlungen. So wurden beispielsweise die Körperregionen im AIS von ursprünglich 5 auf 9 differenziert. Dadurch büßte der AIS viel von seiner Übersichtlichkeit und Praktikabilität im Klinikalltag ein. In der vorliegenden Studie wurde deshalb
die Ursprungsversion verwendet.
Nach Krämer et al. (1993) kann der ISS als ein objektiver klinischer Score angesehen
werden, der sehr häufig in der unfallchirurgischen und traumatologischen Praxis Anwendung findet und sich insbesondere dadurch auszeichnet, daß die Informationen über
die Schwere mehrerer Verletzungen in einem Wert gebündelt werden kann. In der vorliegenden Studie kann der ISS Werte zwischen 0 und 75 annehmen, wobei Werte über
40 eher selten auf einer unfallchirurgischen Station zu finden sind. Diese sehr schwer
verletzten Patienten werden in der Regel auf einer Intensivtherapiestation betreut.
3.3.3 Erhebung der Gedankenkontrolle
TCQ (Thought Control Questionnaire, Wells & Davies 1994, dt. Übersetzung Fehm
1997)
Dieser 30-Item-Fragebogen wurde entwickelt, um die Häufigkeit des Gebrauches von
fünf Gedankenkontrollstrategien zu erheben: Ablenkung, soziale Kontrolle (i.S. von
Kommunikation über intrusive Gedanken), Sorgen (i.S. von Grübeln über intrusive Gedanken), Selbstbestrafung (z.B. Ärger über sich selbst) und Neubewertung (z.B. konstruktive Umbewertung). Jede Subskala besteht aus sechs Items, die auf einer vierstufi-
Übersicht über Ziele und Methoden der Teilstudien
47
gen Skala eingeschätzt werden können (1 - nie, 4 - meistens/immer). Die interne Konsistenz der Originalversion liegt zwischen .64 und .83. Fehm (1997) konnte die FünfFaktoren-Lösung von Wells & Davies (1994) weitgehend replizieren. Auch die geringen Interkorrelationen zwischen den Subskalen ließen sich bestätigen. Als befriedigend
wird die Retest-Reliabilität der deutschen Version eingeschätzt. Sie liegt z.T. deutlich
unter den Werten für die Originalversion (.67 bis .83 für ein sechswöchiges RetestIntervall). Die Validität der Skala wird von Fehm (1997) ausreichend, insgesamt jedoch
nicht unproblematisch eingeschätzt. So zeigen v.a. die Subskalen "Sorgen" und "Bestrafung" moderate signifikante Korrelationen zu einer ganzen Reihe anderer psychopathologischer Skalen, z.B. zu etlichen SCL-Subskalen. Hier wäre eine bessere divergente
Validität wünschenswert. Insgesamt wird der TCQ als ein Meßinstrument mit ausreichenden Gütekriterien betrachtet, das wegen seiner guten Handhabbarkeit v.a. für die
Feldforschung geeignet ist.
3.3.4 Erhebung der unfall- und genesungsbezogenen Kognitionen
Fragebogen zur Erfassung unfallbezogener und genesungsrelevante Kognitionen (Frey
et al., 1987)
Dieser Fragebogen, im folgenden mit FUK abgekürzt, wurde von Frey et al. (1985) auf
der Grundlage einer Pilotstudie entwickelt und kommt in der unter 2.2.4, Abschnitt
„Kognitive Verarbeitungsprozesse“, beschriebenen Untersuchung zum Einsatz. Der
Fragebogen erfaßt die "vermutlich genesungsrelevanten Kognitionen auf zumeist 5stufigen Ratingskalen" (Frey et al. 1987). Als unfallbezogene Kognitionen werden erfaßt:
Vermeidbarkeit des Unfalls ("Hätte Ihrer Meinung nach der Unfall verhindert werden können?" 1= mit Sicherheit ja; 5= mit Sicherheit nein)
Schuldattributionen bezüglich der Faktoren Patient selbst, eine andere Person, technisches Versagen und Zufall ("In welchem Ausmaß liegt ihrer Meinung nach die
Ursache für den Unfall bei..?" Jeder Faktor wurde einzeln eingeschätzt; 1= überhaupt nicht; 5= vollständig)
"Why me"-Problematik ("Manche Menschen fragen sich: "Warum hatte gerade ich
diesen Unfall?" Haben Sie sich diese Frage auch gestellt?" "Wenn ja: Warum hat es
gerade Sie getroffen?)
Als heilungsbezogene Kognitionen wurden diejenigen Copingstrategien miteinbezogen,
die geeignet erschienen beim Patienten ein Gefühl der Kontrolle über den Genesungsverlauf zu erzeugen (in Anlehnung an Thompson, 1981). Bei jedem einzelnen Item
wurde das Ausmaß der Zustimmung (1= stimmt gar nicht; 5= stimmt vollkommen) erhoben. Die einzelnen Items sahen wie folgt aus:
- Ich versuche möglichst viel über meine Verletzung zu erfahren
- Ich befolge stets die Anweisungen der Ärzte und des Pflegepersonals
- Ich versuche, darüber hinaus durch eigenes Zutun meinen Gesundheitsprozeß zu
unter stützen
- Ich versuche, mich möglichst ohne Beruhigungsmittel zu entspannen
- Ich versuche, möglichst ohne Schmerzmittel auszukommen
- Ich spreche mit meinen Mitpatienten oder dem Pflegepersonal über meine Ängste und Sorgen
48
Übersicht über Ziele und Methoden der Teilstudien
- Ich spreche mit meiner Familie oder meinen Freunden über meine Ängste und
Sorgen
- In welchem Ausmaß ist ihrer Meinung nach Ihr Genesungsprozeß von ihrem eigenen Willen abhängig (1= sehr wenig; 5= sehr stark)
- Wie genau können Sie sich den Verlauf Ihrer Genesung vorstellen? (1= überhaupt nicht; 5= sehr genau)
Bei einer anschließend durchgeführten Faktorenanalyse fanden Frey et al. (1987), daß
diese heilungsbezogenen Kognitionen alle auf einem gemeinsamen Faktor luden (ai
zwischen .22 und .62), was sie als Rechtfertigung ansahen, diese neun Kognitionen zu
einem gemeinsamen Summenscore zusammenzufassen und diesen "Genesungskontrolle" zu nennen. Desweiteren berechneten Sie für den Summenscore einen Reliabilitätskoeffizient, der nach Cronbach's alpha = .64. beträgt. Weitere Reliabilitäts- sowie
Validitätsangaben bzgl. dieses Fragebogens liegen nicht vor. Um den Fragebogen für
die Zwecke der Studie 3 empirisch abzusichern und ihn zu validieren, wurde erneut eine
Faktorenanalyse durchgeführt, allerdings nicht nur mit den heilungsbezogenen Kognitionen, sondern mit allen 16 Items dieses Fragebogens. Ausführlicher beschrieben sind
die Ergebnisse im folgenden Kasten.
Exkurs: Faktorenanalyse des FUK
Die Faktorenextraktion beruhte auf der Hauptkomponentenmethode. Extrahiert wurden
alle Faktoren, die einen Eigenwert über 1 aufwiesen. Die Faktorenrotation erfolgte nach
dem Varimax-Kriterium.
F15
Factor 1
,86
Factor 2
,06
Factor 3
-,17
Factor 4
-,18
Factor 5
-,18
Factor 6
,18
F14
,82
,00
-,00
,11
,15
F16
,81
,09
-,11
-,32
,25
,21
F8
,78
,13
,18
,34
,16
-,08
F9
,77
,23
,03
,10
-,06
,00
F13
,64
-,03
,01
,23
,45
-,30
F12
,11
,96
-,03
,03
,03
-,07
F10
,17
,96
-,06
-,04
-,05
-,06
F2
,01
-,01
,94
,00
,04
-,02
F3
,06
,08
-,91
,10
,05
-,18
F7
-,03
,01
,12
-,70
-,08
-,30
F6
,09
,00
,00
,69
-,45
-,01
F4
-,00
-,00
-,01
-,11
,81
,18
F1
,04
-,00
,02
,11
,22
,63
F5
,16
-,16
,08
,14
-,04
,49
F11
,28
-,02
-,05
,04
,00
-,48
-,13
Es gingen die Daten von 106 Testpersonen ein. Darin enthalten waren, zusätzlich zu den
83 Probanden, auf die sich meine Auswertung bezieht, 23 weitere Unfallpatienten, von
denen zum Zeitpunkt der Auswertung noch keine Daten zum zweiten Meßzeitpunkt
(sechs Monate nach dem Verkehrsunfall) vorlagen. Die rotierte Faktorenmatrix ist auf
Übersicht über Ziele und Methoden der Teilstudien
49
der vorherigen Seite abgebildet. Aus dieser rotierten Faktorenlösung ergeben sich 6
Faktoren, die wie folgt interpretiert werden können:
Faktor 1: auf diesem Faktor laden die Items 8, 9, 13, 15, 14, 16, die von Frey et al. allesamt als Items beschrieben werden, die die Genesungskontrolle erfassen; nicht auf diesem Faktor laden die Items 10 und 12, die nach Frey et al. ebenfalls zu den Items gehören, die die Genesungskontrolle erfassen sollen. Sie laden auf einem eigenständigen
Faktor (Faktor 2), dessen inhaltliche Interpretation als zusätzlicher Genesungskontrollfaktor jedoch nicht sehr sinnvoll erscheint und keinen zusätzlichen Informationsgewinn
verspricht. Bei der Auswertung des Fragebogens in der vorliegenden Untersuchung
wird dieser 2. Faktor daher weggelassen. Diese methodisch sinnvolle Modifikation hat
zur Folge, daß die Genesungskontrolle anhand von 6 Items (Faktor 1) erfaßt wird. Hinzu kommt das 11. Item, das zwar, wie aus der Faktorenmatrix ersichtlich, mit einer Ladung von -,48 ursprünglich dem 6. Faktor zugerechnet wird, jedoch auf dem 1. Faktor,
dem Genesungskontrollfaktor, ebenfalls in beträchtlichem Maße (,30) läd. Inhaltlich
und mathematisch gesehen, ist es sinnvoller dieses 11. Item ("Ich versuche, mich möglichst ohne Beruhigungsmittel zu entspannen") dem Genesungskontrollfaktor zuzurechnen, da sich ansonsten der 6. Faktor nicht schlüssig interpretieren läßt. Insgesamt wird
also die Genesungskontrolle in dieser Untersuchung durch sieben, anstatt bei Frey et al.
(1987) durch neun Items erhoben.
Faktor 2: wird aus oben genannten Gründen weggelassen!
Faktor 3: Dieser Faktor umfaßt die Items 2 und 3, die die Dimension "Eigen- vs.
Fremdverschulden" darstellen. Die Ladung des 2. Items auf diesem Faktor ist hoch positiv (,95), die des 3. Items hoch negativ (-,91), was sich inhaltlich in der Einschätzung,
ob der Unfall als selbst- vs. fremdverschuldet gesehen wird, widerspiegelt.
"In welchem Ausmaß liegt ihrer Meinung nach die Ursache für den Unfall...
Item 2: .....an Ihnen Selbst?"
Item 3: .....bei einer anderen Person?"
Diese beiden Items werden, da sie auf einem gemeinsamen Faktor laden, in der Auswertung zusammengefaßt, was es nötig macht bzgl. des 3. Items eine Umkodierung vorzunehmen. Damit können über diesen beiden Items Summenscores gebildet werden, wodurch der Faktor "Eigen- vs. Fremdverschulden" methodisch besser abgesichert ist, als
wenn er lediglich durch ein Item erfaßt wird.
Faktor 4: Das Item 6, welches erfaßt, ob sich jemand die "Why me-Frage" stellt oder
nicht, korreliert erwartungsgemäß nicht mit den anderen unfallbezogenen Kognitionen,
da es sich hierbei um ein dichotomes Merkmal handelt. Es wird mit den daraus resultierenden Einschränkungen bzgl. der Interpretation gesondert behandelt und ausgewertet.
Item 7, das die Beantwortung der "why me-Frage" erfaßt, wird ebenfalls separat und
qualitativ ausgewertet.
Faktor 5: Auf dem 5. der extrahierten Faktoren lädt ein einziges Item: Item 4 ("In welchem Ausmaß liegt ihrer Meinung nach die Ursache für den Unfall technischem Versagen?")
Dieses Item scheint (überraschenderweise) einen eigenständigen Sachverhalt zu erfassen und wird in die Auswertung nicht mit eingeschlossen wird, da er für die aufgestellten Hypothesen keine Relevanz enthält.
Faktor 6: Item 1 lädt gemeinsam auf einem Faktor mit Item 5, was sich inhaltlich gut
interpretieren läßt.
Item 1: "Hätte ihrer Meinung nach der Unfall verhindert werden können?"
50
Übersicht über Ziele und Methoden der Teilstudien
Item 5: "In welchem Ausmaß liegt ihrer Meinung nach die Ursache des
Unfalls am Zufall?"
Wird der Unfall als etwas wahrgenommen, das mit Sicherheit nicht hätte verhindert
werden können, wird gleichzeitig sehr stark auf den Zufall attribuiert. Diese beiden Items scheinen also ähnliches zu erfassen und werden daher in dem Faktor "Vermeidbarkeit" zusammengefaßt, welcher durch die beiden oben genannten Items erfaßt wird.
Auch hier werden für die Auswertung Summenscores gebildet, eine Umkodierung ist in
diesem Fall nicht notwendig. Zur weiteren Validierung dieses Fragebogens wurden die
internen Konsistenzen (Cronbach's α) für die neu gebildeten Subskalen berechnet.
Die Werte sahen wie folgt aus:
Subskala zur Erfassung der Vermeidbarkeit (Items 1 und 5):
→ Alpha = .28 (1. Meßzeitpunkt)
→ Alpha = .53 (2. Meßzeitpunkt)
Subskala zur Erfassung von Selbst- vs. Fremdverschulden (Items 2 und 3)
→ Alpha = .89 (1. Meßzeitpunkt)
→ Alpha = .88 (2. Meßzeitpunkt)
Subskala zur Erfassung der Genesungskontrolle (Items 8, 9, 11, 13, 14, 15, 16)
→ Alpha = .76 (wird nur direkt nach dem Unfall erhoben)
Nach der oben beschriebenen Überprüfung und Bearbeitung dieses Fragebogens, d.h.
dem Zusammenfassen einiger Items zu Subskalen und der sich daraus ergebenden abgeänderten Auswertung (vgl. Frey et al., 1987), kann der Fragebogen zur Erfassung unfall- sowie heilungsbezogener Kognitionen (FUGK) auf der faktorenanalytischen Auswertung als ausreichend abgesichert für den speziellen Zweck einer explorativen Teilstudie angesehen werden.
3.3.5 Weitere Erhebungsinstrumente
BDI (Beck-Depressions-Inventar, dt. Bearbeitung von Hautzinger et al., 1993)
Das von Beck (1961) entwickelte BDI dient der Erfassung der Schwere depressiver
Symptomatik bei Erwachsenen zwischen 16 und 80 Jahren. Der Fragebogen enthält 21
Gruppen von Aussagen, durch die typische depressive (kognitive und motorische) Symptome erfragt werden. Jede der 21 Gruppen besteht aus vier Aussagen, in denen depressive Symptome in aufsteigender Schwere und zunehmender Beeinträchtigung beschrieben werden (0= nicht vorhanden; 1=leichte Ausprägung; 2= mäßige Ausprägung;
3=starke Ausprägung). Der Patient soll aus jeder Gruppe diejenige Aussage auswählen,
die sein gegenwärtiges Befinden (letzte Woche bis einschließlich heute) am besten beschreibt. Die angekreuzten Items werden addiert und nach den folgenden Normwerten
interpretiert:
Š 0-11 unauffällig
Š 12-17 milde bis mäßige Ausprägung depressiver Symptome
Š ab 18 klinisch relevante Werte
Zufriedenstellende Reliabilitätsangaben (die interne Konsistenz liegt in Abhängigkeit
von der Stichprobe zwischen r = .73 und r = .95; die Stabilität der Symptomatik über
eine Woche liegt bei r = .75, über 2 Wochen bei r = .68) sowie Validitätsangaben (Korrelationen mit anderen Selbstbeurteilungsskalen bei depressiver Symptomatik liegen bei
r = .76) für klinische Populationen haben dazu geführt, daß das BDI ein national und
Übersicht über Ziele und Methoden der Teilstudien
51
international weit verbreitetes und in vielfältigen klinischen Zusammenhängen erfolgreich eingesetztes Selbstbeurteilungsinstrument darstellt. Auch für Verlaufsuntersuchungen hat sich das BDI als sehr nützlich erwiesen.
BAI (Beck-Angst-Inventar, dt. Version von Margraf & Ehlers, 1996)
Das BAI, das auf Beck et al. (1988) zurückgeht, erfaßt die Schwere klinisch relevanter
Angst in Patientengruppen und der Allgemeinbevölkerung bei Erwachsenen ab 16 Jahren. Es ist ein vollständig standardisiertes Verfahren zur Selbstbeurteilung, welches 21
Items umfaßt, die auf einer 4-stufigen Skala (0=überhaupt nicht; 1=wenig; 2=mittel;
3=stark) zu beurteilen sind. Der Proband soll angeben, wie sehr er sich im Laufe der
letzten sieben Tage durch das jeweilige Symptom belastet gefühlt hat. Die Werte werden zur Auswertung in einem Summenscore zusammen gefaßt. Es ergibt sich ein Wertebereich von 0 bis 63. Als Normwerte für verschiedene Populationen werden die folgenden angegeben (Margraf & Ehlers 1999): Patienten mit Angststörungen Mw = 23,5;
Patienten mit anderen psychischen Störungen: Mw = 7,5; Allgemeinbevölkerung Mw =
3,5. Sehr gute interne Konsistenzen (alpha=.92), befriedigende Retestreliabilitäten (nach
14 Tagen: r=.68) sowie positive konvergente und divergente Validitäten geben dem in
der Praxis sehr häufig eingesetzten Meßinstrument seine Berechtigung.
4 Verlauf der Symptomatik im Halbjahreszeitraum
4.1 Zusammenfassung
Dem Einfluß von verschiedensten Risikofaktoren auf die Entwicklung einer posttraumatischen Belastungsstörung nach Verkehrsunfällen wurde bereits in einer Reihe von Studien Aufmerksamkeit gewidmet. Der Schwerpunkt dieser Analyse lag in der Betrachtung des Verlaufes von posttraumatischer Belastungssymptomatik (PTB) innerhalb des
ersten halben Jahres nach einem Verkehrsunfall. Hierzu liegen bisher noch relativ wenige Untersuchungen vor. Es wurden Prävalenzen für chronische, remittierende und
verzögerte Symptomverläufe sowie für symptomfreie Verläufe ermittelt und Vergleiche
zwischen Personen mit unterschiedlichen Verläufen vorgenommen. Weiterhin wurden
Risikofaktoren auf ihre Eignung zur frühzeitigen Vorhersage der verschiedenen Verlaufsformen geprüft.
71 Verkehrsunfallopfer gaben innerhalb der ersten 10 Tage nach dem Unfall (t1) sowie
3 Monate (t2) und 6 Monate später (t3) Auskunft über ihr psychisches Befinden. Darüber hinaus wurden demographische Daten, Angaben zum Unfallgeschehen und Ereignisse vor bzw. innerhalb des halben Jahres nach dem Unfall erfragt.
Es zeigte sich eine rege Variabilität in der posttraumatischen Belastungssymptomatik
im untersuchten Zeitraum. Die Prävalenzen für Remission von unmittelbar nach dem
Unfall aufgetretener Symptomatik, aber auch die für verzögert einsetzende Symptomatik lagen mit 58,0% bzw. 22,8% höher als in anderen Studien, die spätere Zeiträume
betrachteten. Verschiedene Faktoren scheinen mit unterschiedlichen Verläufen in Zusammenhang zu stehen. So wurden zwischen Personen mit chronischem bzw. remittierendem Verlauf anfänglicher PTB Unterschiede hinsichtlich des Alters, der Vorhersehbarkeit des Verkehrsunfalles, der Stärke der Beeinträchtigung in verschiedenen Lebensbereichen und in der depressiven Symptomatik nach dem Verkehrsunfall erkennbar.
Personen, die im betrachteten Zeitraum keine PTB entwickelten, unterschieden sich von
denen mit verzögert einsetzender Symptomatik hinsichtlich des Geschlechts, der Anzahl
weiterer Traumata nach dem Verkehrsunfall, sowie ebenfalls in der Stärke der depressiven Symptomatik und mit fortschreitender Zeit auch hinsichtlich der Stärke der Angstsymptomatik und der Beeinträchtigung in verschiedenen Lebensbereichen.
Insgesamt traten unmittelbar nach dem Unfall Intrusionssymptome am häufigsten auf.
Über den betrachteten Zeitraum hinweg kam es jedoch zu einer Abnahme, so daß nach
einem halbem Jahr keine Unterschiede mehr in der Häufigkeit im Vergleich zu Vermeidungs- und Übererregungssymptomen bestand. Diese Ergebnisse entsprechen weitestgehend den bisherigen Befunden.
54
Verlauf der Symptomatik im Halbjahreszeitraum
4.2 Fragestellungen und Hypothesen
4.2.1 Prävalenzen und Verlauf der PTB
Prävalenzen für verschiedene Ausprägungsgrade der PTB
Fragestellung: Wie hoch sind die Auftretenswahrscheinlichkeiten einer klinischen bzw.
einer subklinischen posttraumatischen Belastungssymptomatik unmittelbar nach einem
Verkehrsunfall sowie drei Monate bzw. ein halbes Jahr später?
Die bisherigen Studien zur Ermittlung von Prävalenzen für klinische PTB bzw. subklinische PTB nach Verkehrsunfällen weisen heterogene Ergebnisse auf. Gründe für diese
teilweise erheblichen Differenzen sind, wie in Kap. 2.2.1 schon erwähnt, u. a. in den
verschiedenen Stichprobengrößen der einzelnen Studien, der unterschiedlichen Art der
Rekrutierung, den verschiedenen diagnostischen Kriterien und Interviews bzw. Fragebögen, die der PTB-Diagnose zugrunde gelegt wurden, dem unterschiedlichen Geschlechterverhältnis in den Stichproben sowie in der Heterogenität der Stichproben,
welche sich durch die Anwendung verschiedener Ein- und Ausschlußkriterien ergab, zu
suchen. Im Aufbau und Vorgehen mit dieser Analyse ungefähr vergleichbar sind die
Untersuchungen von Harvey & Bryant (1998), Nyberg (1998), Ehlers et al. (1998) und
Blanchard et al. (1997), so daß auch bezüglich der Prävalenzen ähnliche Ergebnisse zu
erwarten sind.
Prävalenzen für verschiedene Verläufe der Symptomatik
Fragestellung: Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit der spontanen Remission einer unmittelbar nach dem Verkehrsunfall aufgetretenen klinischen bzw. subklinischen PTB im
Laufe eines halben Jahres? Bei wieviel Prozent der Verunfallten nimmt die anfänglich
klinische bzw. subklinische PTB einen chronischen Verlauf? Wie hoch liegt die Prävalenz einer verzögerten klinischen bzw. subklinischen PTB4?
Auch bezüglich der Veränderungen von anfänglicher PTB klinischen bzw. subklinischen Ausmaßes im Laufe der Zeit sind die Ergebnisse uneinheitlich. Insgesamt scheint
jedoch die spontane Remission der Symptomatik, in Einklang mit der theoretischen
Annahme, daß eine Reaktion mit Belastungssymptomatik auf ein traumatisches Ereignis
durchaus der Normalität entspricht, recht hoch zu sein.
Die Entwicklung einer verzögerten klinischen PTB nach einem Verkehrsunfall wurde
hingegen bisher nur in geringerem Maße beobachtet, meistens bei Personen, die bereits
unmittelbar nach dem Verkehrsunfall subklinische Symptomatik aufwiesen. Es ist jedoch auch zu vermuten, daß sich bei einigen erst im Laufe der Zeit eine subklinische
4
Von verzögerter PTB wird in dieser Studie gesprochen, wenn unmittelbar nach dem VU keine Symptomatik vorhanden ist, im weiteren Verlauf sich jedoch eine mit mindestens subklinischem Ausmaß herausbildet. Diese Definition ist nicht zu verwechseln mit der von verzögerter PTB nach DSM-IV.
Verlauf der Symptomatik im Halbjahreszeitraum
55
Symptomatik herausbildet, da einige Symptome der Störung möglicherweise erst bei
Rückkehr in den Alltag in Erscheinung treten.
Verlauf einzelner Symptome / Symptomgruppen
Fragestellung: Welches sind die häufigsten Symptome unmittelbar nach dem Unfall?
Gibt es Veränderungen in den Häufigkeiten der Symptome innerhalb des folgenden
halben Jahres?
Trotz Vielfalt der beobachtbaren psychischen Äußerungen haben zahlreiche Untersuchungen die Zusammengehörigkeit der drei Symptombereiche der PTB als Reaktion auf
Traumata nachgewiesen und ihre Einheit als von anderen Störungen abgrenzbar dargestellt. Die Symptomatik entspricht in den Augen vieler Forscher durchaus der Normalität, sofern sie nach einer gewissen Zeit von selbst abklingt. Verschiedene Modellannahmen, die auch empirische Bestätigung fanden, gehen davon aus, daß das Trauma
primär Intrusionen und Übererregungssymptome auslöst, welche dann wiederum erst
Vermeidungsverhalten hervorrufen. Die Vermeidungssymptome gelten dafür als beständiger. Deshalb werden folgende Hypothesen abgeleitet:
1) Intrusionssymptome werden unmittelbar nach dem Unfall von allen Symptomen am
häufigsten erlebt, gefolgt von Übererregungssymptomen. Vermeidungssymptome sind
zu diesem Zeitpunkt weniger häufig anzutreffen.
2) Insgesamt ist ein spontaner Rückgang der Häufigkeit aller Symptomgruppen nach
einem halben Jahr zu erwarten, allerdings in unterschiedlichem Ausmaß. Intrusionssymptome nehmen stärker ab als Vermeidungssymptome. Deshalb sind die anfänglich
bestehenden Unterschiede in den Häufigkeiten beider Symptombereiche zu diesem
Zeitpunkt aufgehoben.
Vergleich von Personen mit verschiedenen PTB-Verläufen/Remission und Chronifizierung der Symptomatik
Fragestellung: Unterscheiden sich Personen, deren unmittelbar nach dem Verkehrsunfall aufgetretene posttraumatische Belastungssymptomatik innerhalb eines halben Jahres
spontan zurückgeht von jenen, bei denen sie erhalten bleibt in prätraumatischen, unfallbezogenen bzw. posttraumatischen Variablen? Wie fällt ein Vergleich der Ausprägung
der anfänglichen Belastungssymptomatik selbst zwischen den Personen mit verschiedenen PTB-Verläufen aus? Welche Kombination von Variablen kann der frühzeitigen
Vorhersage der unterschiedlichen PTB-Verläufe dienen? Welchen Beitrag kann diesbezüglich die anfängliche posttraumatische Belastungssymptomatik selbst leisten?
In der im Kapitel Theorie erfolgten zusammenfassenden Betrachtung bisheriger Studien
deutet sich an, daß einige prätraumatische, unfallbezogene und posttraumatische Variablen mit der Entwicklung einer PTB in Zusammenhang stehen. Zudem wurden vermehrt andere Angststörungen und Depressionen in Verbindung mit einer PTB beobachtet. Des weiteren sprechen zahlreiche Studienergebnisse dafür, daß bei Herausbildung
einer PTB bereits unmittelbar nach dem Verkehrsunfall eine stärkere PTB bestanden
56
Verlauf der Symptomatik im Halbjahreszeitraum
hat, somit ließe sich die PTB als eine chronifizierte PTB betrachten. Aufgrund dessen
erscheint es durchaus als möglich, daß Faktoren, für die ein Zusammenhang zur Entstehung von PTB gefunden wurde, auch eine Verbindung zu einem chronischen Verlauf
der PTB im ersten halben Jahr nach dem Verkehrsunfall aufweisen. Die Untersuchungen zum Verlauf anfänglich klinischer PTB von Blanchard et al. (1996a und 1997) unterstützen diese Annahme weitestgehend, besonders für posttraumatische Faktoren und
psychische Reaktionen. Folgende Hypothesen werden deshalb für die vorliegende Fragestellung abgeleitet:
1) Unter den Patienten mit chronischem Verlauf der PTB innerhalb des ersten halben
Jahres nach dem Verkehrsunfall befinden sich mehr Frauen, Personen höheren Alters
und Personen mit mehr traumatischen Erlebnissen in der Vorgeschichte als unter Patienten mit remittierender Symptomatik. Hingegen gibt es keine Unterschiede zwischen den
Patientengruppen hinsichtlich Bildungsstand, Religiosität, Erwerbstätigkeit und Partnerschaft.
2) Des weiteren unterscheiden sich die Patientengruppen nicht in der subjektiv wahrgenommenen Unfallschwere, der Verletzungsschwere und der wahrgenommenen Todesangst. Patienten mit chronischem PTB-Verlauf haben jedoch häufiger den Verkehrsunfall nicht zu verantworten, schätzen ihn häufiger als nicht vorhersehbar bzw. nicht vermeidbar ein und verloren häufiger die Kontrolle über Fahrzeug und Situation während
des Unfalls.
3) Zudem fühlen sich Patienten mit chronischem Verlauf der Symptomatik jeweils stärker in verschiedenen Bereichen des Lebens beeinträchtigt, erleben häufiger weitere
Traumata, sind länger arbeitsunfähig, nehmen häufiger keine psychologische Betreuung
nach dem Verkehrsunfall in Anspruch und nehmen den Genesungsprozeß als weniger
kontrollierbar wahr als Patienten mit remittierender Symptomatik.
4) Bei Personen mit chronischem Symptomverlauf sind Belastungssymptome aus allen
drei Symptomgruppen der PTB unmittelbar nach dem Verkehrsunfall häufiger, besonders die Vermeidungssymptome. Des weiteren leiden sie auch stärker unter Angst- und
Depressionssymptomen.
Symptomfreiheit und verzögert einsetzende Symptomatik
Fragestellung: Unterscheiden sich Personen, mit verzögert auftretenden posttraumatischen Belastungssymptomen von stets symptomfreien Personen in prätraumatischen,
unfallbezogenen bzw. posttraumatischen Variablen? Wie fällt ein Vergleich der anfänglichen Belastungssymptomatik selbst zwischen den Personen mit verschieden Störungsverläufen aus? Welche Kombination von Variablen kann hier der frühzeitigen Vorhersage der unterschiedlichen Diagnoseverläufe dienen und welchen Beitrag kann diesbezüglich die posttraumatische Belastungssymptomatik unmittelbar nach dem Trauma
leisten?
Zum verzögerten Eintritt von PTB liegen bisher wenige Studien vor, die zudem recht
unterschiedliche Zeiträume betrachten. Dennoch deuteten sich in diesen bereits Zusammenhänge zwischen psychischen Reaktionen unmittelbar nach dem traumatischen
Ereignis und einer verzögerten PTB-Entwicklung an, ebenso ist von einer Verbindung
zu posttraumatischen Variablen auszugehen. Keine Zusammenhänge zu einer verzögert
einsetzenden PTB wurden von demographischen bzw. anderen prätraumatischen Vari-
Verlauf der Symptomatik im Halbjahreszeitraum
57
ablen sowie auch kaum von unfallbezogenen Variablen berichtet. Daraus ergeben sich
für die vorliegende Fragestellung folgende Hypothesen:
1) Zwischen Personen, die innerhalb eines halben Jahres nach dem Verkerhsunfall ohne
Symptomatik bleiben, und denen, mit verzögert auftretenden Symptomen finden sich
keine Unterschiede in Geschlecht, Alter, Partnerschaft, Bildungsstand, derzeitiger Erwerbstätigkeit und der Anzahl früherer Traumata.
2) Ebenso gibt es keine Differenzen in subjektiv wahrgenommener Unfallschwere, Verletzungsschwere, wahrgenommener Todesangst sowie hinsichtlich der Verantwortung
für den Verkehrsunfall, der Einschätzung von dessen Vorhersehbarkeit und Vermeidbarkeit und hinsichtlich des Kontrollverlustes über Fahrzeug und Situation zwischen
beiden Patientengruppen.
3) Häufiger werden hingegen von Personen mit verzögerter Symptomatik weitere
Traumata erlebt, sie bleiben infolge der Verletzungen länger arbeitsunfähig, sind häufiger ohne psychologische Betreuung nach dem Verkehrsunfall, fühlen sich stärker in
verschiedenen Bereichen des Lebens beeinträchtigt und nehmen seltener Kontrolle über
ihren Genesungsprozeß wahr als Patienten ohne Symptomatik.
4) Weiterhin leiden sie häufiger unter anfänglicher PTB, insbesondere unter Vermeidungssymptomen, sowie unter stärkeren Ängst- und Depressionssymptomen als die
Vergleichsgruppe.
4.3 Methoden
4.3.1 Stichprobe
Charakteristika
Von den angesprochenen Personen liegen von insgesamt 141 Personen Fragebogendaten zu mindestens einem der drei Zeitpunkte vor. An 113 Personen davon konnte zum
Zeitpunkt t1 eine Beurteilung der posttraumatischen Symptomatik anhand der PDS
(siehe Kap. Meßinstrumente) vorgenommen werden (die restlichen 28 teilen sich auf in
18, die zu der Zeit zwar angesprochen wurden, jedoch den Fragebogen nicht zurückgaben, und 10, die den Fragebogen unvollständig ausfüllten). Zum Zeitpunkt t2 konnten
107 Personen, zum Zeitpunkt t3 105 Personen beurteilt werden.
Von den 113 zu t1 beurteilten Personen wurden 12 von der weiteren Analyse ausgeschlossen, da sie aufgrund eines anderen Traumas eine klinische oder subklinische PTB
bereits entwickelt hatten. Diese Maßnahme wurde aufgrund eines Mangels im Design
des PDS-Fragebogens notwendig, da dieser zu t1 lediglich die Beschwerden infolge des
schlimmsten erlebten Traumas erfaßt und so bei Personen mit schwereren Traumata als
dem VU keine Angaben zu selbigem bezüglich bestehender Belastungssymptomatik
vorlagen. Dies betraf 12 Personen. Von den verbleibenden 101 Personen konnte für 80
(80%) auch eine Einschätzung der Symptomatik zu t2 vorgenommen werden, von denen wiederum 71 Personen (89%) noch zu t3 beurteilt werden konnten. Diese 71 Personen (Längsschnittstichprobe) bilden die Grundlage für alle weiteren Betrachtungen bezüglich des Verlaufs der Belastungssymptomatik. (Die Ermittlung der jeweils zu den
einzelnen drei Zeitpunkten vorliegenden Prävalenzen aber bezieht sich immer auf die
vollständige Stichprobe zu der Zeit, nämlich zu t1 auf N=101; zu t2 auf N=107; zu t3
auf N=105.)
58
Verlauf der Symptomatik im Halbjahreszeitraum
Beschreibung der Längsschnittstichprobe (N=71)
Die Längsschnittstichprobe bestand aus 47 Männern und 24 Frauen, das bedeutet ein
Geschlechterverhältnis von 2 :1.
Das durchschnittliche Alter betrug 35,2 Jahre (bei Frauen: 39,4 Jahre; bei Männern:
33,1 Jahre), wobei die Hälfte der Personen unter 32 Jahre alt war (Median = 31). Das
jüngste Verkehrsunfall-Opfer war 17, das älteste 66 Jahre. Am häufigsten waren die
Patienten zwischen 17,5 und 27,5 Jahre alt. Von vier Personen lagen keine Angaben
vor.
10
9
9
8
6
6
6
6
4
4
3
3
3
3
3
3
3
3
3
3
3
3
Prozent
2
1
1
1
1 1
1
1
1 1
1
1
1 1
1 1
1
0
17.00
21.00
19.00
25.00
23.00
31.00
27.00
37.00
35.00
45.00
43.00
51.00
49.00
58.00
55.00
64.00
62.00
ALTER
Bild 4.1:
Altersverteilung der Stichprobe
29,6% der Verunfallten waren verheiratet und lebten mit dem Partner zusammen, 59,2%
waren ledig und 5,6% geschieden. Von 4 Personen (5,6%) lagen keine Angaben vor.
Über zwei Drittel (67,6%) der Befragten gab an, einen Partner zu haben, knapp ein
Viertel (26,8%) verneinte dies. 4 Personen (5,6%) machten diesbezüglich keine Angaben.
60
55
50
40
30
Pr
oz
ent
20
20
10
11
11
0
Fehlend
Beifahrer
Fahrzeugführer
Unfallbeteiligung
Bild 4.2:
Art des Beteiligtseins am Unfall
Radfahrer
Fußgänger
Verlauf der Symptomatik im Halbjahreszeitraum
59
25,4% der Verunfallten hatten eine Berufsschule besucht, 11,2% eine Fachhochschule
oder Universität. 18,4% hatten eine Fachschule absolviert oder waren Meister/ Techniker. 26,8% befanden sich noch in Ausbildung, 9,8% hatten keinen oder einen anderen
beruflichen Abschluß. 6 Personen(8,5%) machten keine Angaben zu ihrer beruflichen
Qualifikation. 49,3% gaben an, derzeit vollzeitig beschäftigt zu sein. 8,4% arbeiteten
nicht vollzeitig und 35,2% waren gar nicht erwerbstätig. Von 5 Personen (7,0%) lagen
diesbezüglich keine Aussagen vor.
Am Unfall waren über die Hälfte (54,9%) als Fahrzeugführer, 11,3% als Beifahrer,
2,8% als Fußgänger und ein Fünftel (19,7%) als Radfahrer beteiligt. 8 Personen (11,3%)
machten keine Angaben dazu (vgl. Bild 4.2).
4.3.2 Erhebungsinstrumente
Die von den Patienten auszufüllende Fragebogenbatterie bestand zu allen drei Zeitpunkten aus folgenden Fragebögen: PDS, IES-R, BDI, BAI, TCQ und FUK (VFB nur zu t1
und t3). Zu t1 wurden darüber hinaus demographische Daten sowie Angaben zum
Unfallgeschehen erhoben und zu t3 zusätzlich Ereignisse innerhalb des halben Jahres
nach dem VU erfragt. Detaillierte Informationen zu den Erhebungsinstrumenten siehe
Abschnitt 3.2 .
4.3.3 Statistische Auswertung
Allgemeines
Die Traumatisierten wurden aufgrund der bei ihnen vorliegenden, mit Hilfe der PDS
erhobenen, posttraumatischen Belastungssymptomatik zu den drei verschiedenen Zeitpunkten jeweils in die Gruppen „nicht klinisch“ ( bzw. „nichtPTB“), „subklinisch“
(bzw. „subPTB“) und „klinisch“ (bzw. „klinPTB“) eingeteilt. Letzterer Gruppe wurden
diejenigen zugeteilt, die gemäß Kriterium A für eine PTB nach DSM-IV (siehe Kapitel
Theorie) den VU als Trauma erlebt und entsprechend mit Furcht, Hilflosigkeit oder Entsetzen reagiert haben und auch die Kriterien B, C und D zum jeweiligen Zeitpunkt erfüllten (Zeit- und Beeinträchtigungsskriterium E bzw. F wurden außen vor gelassen).
Erfüllten die Probanden lediglich das Stressor- und das Intrusionskriterium (A und B)
und entweder nur das Vermeidungs- oder nur das Übererregungskriterium (C oder D)
wurden sie der Gruppe „subklinisch“ zugeordnet. Alle anderen wurden als „nicht klinisch“ eingestuft. Obwohl nicht ganz korrekt, werden die einzelnen Gruppenkategorien
im folgenden als verschiedene „Diagnosen“ betrachtet und u. a. so bezeichnet5.
Prävalenzen und Verlauf der PTB
Zur Ermittlung der Prävalenzraten für die verschiedenen Diagnosen zu den einzelnen
Zeitpunkten gingen alle Personen in die Betrachtung mit ein, die aufgrund ihrer Fragebogenaussagen zum jeweiligen Zeitpunkt einer der drei Gruppen zugeordnet werden
konnten. Das sind zu t1 101, zu t2 107 und zu t3 105 Personen. Um zu prüfen, ob es zu
5
Um von der „Diagnose PTB“ sprechen zu können, müßten alle Diagnosekriterien erfüllt sein, also auch
Zeit- und Beeinträchtigungskriterium. Außerdem existiert die Diagnose „subklinische PTB“ weder im
DSM-IV noch im ICD-10.
60
Verlauf der Symptomatik im Halbjahreszeitraum
signifikanten6 Veränderungen in den relativen Häufigkeiten der einzelnen Gruppen zwischen den Erhebungszeitpunkten kam, wurden Chi²-Tests gerechnet.
Um zu ermitteln, ob und wie sich die Diagnose bei jedem einzelnen von t1, über t2 zu t3
verändert, wurde eine deskriptive Analyse durchgeführt. Dabei wurde nur die Längsschnittstichprobe von 71 Personen, die zu allen drei Zeitpunkten einer der Gruppen zugeordnet werden konnten, berücksichtigt. Es scheint sinnvoll, die „Auftretenshäufigkeit“ von Symptomen auf zweierlei Wegen zu betrachten, einmal als Indikator für die
Schwere der Symptomatik (je häufiger, desto schwerer) und andererseits als Vorhandensein der einzelnen Symptome bei den Probanden überhaupt, unabhängig davon wie
häufig. Um nun erstens Aussagen über die Schwere von Intrusionen, Vermeidung und
Übererregung allgemein zu den einzelnen Zeitpunkten machen zu können, wurden die
zu t1, t2 und t3 angegebenen Auftretenshäufigkeiten der Symptome jeder PDS-Subskala
bei jeder Person jeweils summiert. Die gemittelten Summenwerte der Subskalen wurden
zu den verschiedenen Zeitpunkten untereinander verglichen und T-Tests für gepaarte
Stichproben berechnet. Mit Hilfe von Varianzanalysen mit Meßwiederholungen wurde
geprüft, ob es zu signifikanten Veränderungen in der Schwere von Symptomen innerhalb der einzelnen Symptomgruppen über die Zeit hinweg kam. Varianzanalysen mit
Meßwiederholungen wurden zudem noch einmal für jedes einzelne Symptom durchgeführt. Die mittlere Häufigkeit von Symptomen der Intrusionssubskala sollte, um die
Hypothesen zu bestätigen, zu t1 signifikant größer sein als die mittlere Häufigkeit von
Symptomen der Übererregungssubskala, und diese wiederum größer als die von Symptomen der Vermeidungssubskala. Zu t3 sollte der Unterschied zwischen Werten von
Intrusions- und Vermeidungssubskala geringer ausfallen als zu t1. Weiterhin sollte sich
eine signifikante Verringerung aller durchschnittlichen Symptomgruppenwerte über die
Zeit hin zeigen, der Wert der Intrusionssubskala sollte am deutlichsten abnehmen.
Um zweitens eventuelle Unterschiede im Vorkommen der einzelnen Symptome bei den
Probanden über die Zeit hinweg aufzudecken, wurden die Angaben auf der vierstufigen
PDS-Skala umgewandelt in dichotome Aussagen „Symptom vorhanden“ (=ehemals
Skalenpunkte 1-3) und „Symptom nicht vorhanden“ (=ehemals Skalenpunkt 0). Zunächst wurde die Häufigkeit der Probanden, die jeweils jedes einzelne Symptom zu den
verschiedenen Zeitpunkten zeigten, ermittelt und mit dem Cochran-Q-Test (für dichotome Variablen) für mehrere verbundene Stichproben geprüft, ob sich Veränderungen
über die Zeit ergeben haben. Danach wurde die relative Anzahl von Personen, die die
einzelnen Symptomkriterien gemäß DSM-IV zu jeweils jedem Zeitpunkt erfüllen, dargestellt und ebenfalls der Cochran-Q-Test für mehrere verbundene Stichproben durchgeführt. Hypothesengemäß müßte sich bei allen Symptomen bzw. Symptomgruppen die
Zahl der Personen verringern, die jeweils darunter leiden. Bei den Symptomen aus der
Gruppe der Intrusionen sollte der Rückgang sogar deutlich signifikant werden.
Vergleich von Personen mit verschiedenen PTB-Verläufen
Zunächst erfolgte eine Aufteilung der Probanden gemäß ihres Diagnoseverlaufs in folgende vier Gruppen:
„Chronische PTB“ = alle Personen, die zu t1, t2 und t3 entweder stets der klinischen
Gruppe angehörten oder zu t1 subklinische Symptome zeigten, welche dann zu den wei6
Signifikanzniveau von mindestens α=.05 (Dies gilt auch für alle weiteren Verwendungen des Wortes im
Text!)
Verlauf der Symptomatik im Halbjahreszeitraum
61
teren Zeitpunkten noch klinisches Ausmaß annahmen, mindestens aber subklinisch
blieben;
„Remittierte PTB“ = alle Personen, die zu t1 klinische bzw. subklinische Symptome
zeigten, und diese Symptomatik sich jedoch dann zu mindestens einem weiteren Zeitpunkt in den nicht klinischen Bereich verbesserte und danach nicht wieder verschlechterte;
„Ohne PTB“ = alle Personen, die zu t1, t2 und t3 der nicht klinischen Gruppe zugeordnet wurden;
„Verzögerte PTB“ = alle Personen, die zu t1 der nicht klinischen Gruppe angehörten,
ihre Symptomatik sich jedoch dann zu einem weiteren Zeitpunkt mindestens in den
subklinischen Bereich verschlechterte und danach nicht wieder in den nicht klinischen
Bereich verbesserte.
Um eventuell bestehende Unterschiede zwischen ersteren bzw. letzteren beiden Gruppen bezüglich prätraumatischer, unfallbezogener und posttraumatischer Faktoren bzw.
anfänglicher Belastungssymptomatik zu finden, wurden je nach Datenniveau der jeweiligen Variablen Chi²-Tests bei kategorialen oder t-Tests für unabhängige Stichproben
bei metrischen Daten verwendet. Gemäß den Hypothesen müßten sich signifikant mehr
Frauen und mehr Ältere unter den Personen mit chronischer PTB befinden sowie auch
die Häufigkeit früherer traumatischer Erlebnisse signifikant größer unter ihnen sein im
Vergleich zu Personen mit remittierter PTB. Zwischen Personen ohne Symptomatik und
denen mit verzögerter PTB hingegen dürften sich diesbezüglich keine signifikanten
Verschiedenheiten erkennen lassen, ebensowenig hinsichtlich Partnerschaft, Religiosität, Schulabschluß und Erwerbstätigsein. In letzteren Variablen sollten sich zwischen
Personen mit chronischer und remittierter PTB hypothesengemäß auch keine signifikanten Unterschiede ergeben. Weder zwischen Leuten mit chronischer und remittierter PTB
noch zwischen denen mit verzögerter Symptomatik und Gesunden dürften sich den
Hypothesen zufolge signifikante Differenzen in durchschnittlichem ISS-Score, subjektiv eingeschätzter Verkehrsunfall-Schwere und der Häufigkeit erlebter Todesangst zeigen. Des weiteren müßten sich signifikant weniger häufig Verantwortung für den Verkehrsunfall, häufiger Unvorhersehbarkeit und Unvermeidbarkeit des Verkehrsunfalles
sowie häufiger Kontrollverlust über Fahrzeug und Situation während des Verkehrsunfalles bei Personen mit chronischer PTB gegenüber denen mit remittierter PTB herausstellen, zwischen den anderen beiden Gruppen dürften sich diesbezüglich keine signifikanten Differenzen ergeben und zwar sowohl in den Angaben im Unfallfragebogen als
auch in denen des FUK. Die Patienten mit chronischem Symptomverlauf müßten ebenso wie die mit verzögerter Symptomatik gemäß der Hypothesen signifikant häufiger
weitere Traumata erlebt haben, weniger psychologische Betreuung nach dem Verkehrsunfall in Anspruch genommen haben, durchschnittlich länger arbeitsunfähig geblieben
sein, sich in mehr Lebensbereichen beeinträchtigt gefühlt und weniger Kontrolle über
ihren Genesungsprozeß wahrgenommen haben als die Patienten mit remittierter PTB
bzw. die Gesunden.
Zur Bestimmung signifikanter Unterschiede zwischen den Gruppen in den durchschnittlichen Werten von BDI, BAI, VFB, IES und den PDS-Subskalen wurden T-Tests für
unabhängige Stichproben zu den einzelnen Zeitpunkten verwendet. Um Veränderungen
der jeweiligen Symptomatik über die Zeit in jeder Gruppe sichtbar zu machen, wurden
Varianzanalysen mit Meßwiederholungen bzw. beim VFB T-Tests für abhängige Stichproben durchgeführt. Bei den Personen mit chronischer und denen mit verzögerter PTB
müßten laut Hypothesen die durchschnittlichen Werte sowohl der Intrusions-, der Ver-
62
Verlauf der Symptomatik im Halbjahreszeitraum
meidungs- und der Übererregungsskala der PDS als auch von VFB und IES bereits zu
t1 signifikant höher sein als bei den Patienten mit remittierter bzw. denen ohne Symptomatik. Ebenfalls dürften die durchschnittlichen Werte vom BDI und BAI bereits zu
t1 bei Personen mit chronischer bzw. verzögerter Symptomatik signifikant höher sein
als in der jeweiligen Vergleichsgruppe, diese Unterschiede müßten auch zu t2 und t3
noch bestehen.
Um zu prüfen, welche Variablen sich zur frühzeitigen Vorhersage der verschiedenen
Verlaufsformen eignen, wurde eine logistische Regressionsanalyse durchgeführt. In
einem ersten Schritt wurden alle prätraumatischen, unfallbezogenen und posttraumatischen Variablen, im zweiten Schritt dann die initiale psychische Belastungssymptomatik der Analyse unterzogen. Da aus einer Vielzahl von Variablen die geeignetsten ausgesucht werden sollten, wurde die Methode der „Vorwärts-Selektion“ verwendet. Als
Selektionskriterium diente eine auf dem 5%-Niveau signifikante Verbesserung der Anpassungsgüte des Modells durch die neu aufgenommene Variable - jeweils im Vergleich
zum vorhergehenden Selektionsschritt. Zur Prüfung, ob sich die Zahl der korrekten
Vorhersagen aufgrund der selektierten Variablen gegenüber der Zuordnung aller Personen in dieselbe Gruppe signifikant verbessert, wurde ein Binomialtest herangezogen.
Abschließend wurde eine Kreuzvalidierung mit der „leave one out“-Methode nach Lachenbruch (1967) durchgeführt, um zu sehen, ob die in der Stichprobe ermittelte Vorhersagegüte der Regressionsgleichung, die tatsächliche Vorhersagekraft in der Population überschätzt. Dafür wurde jeweils eine Person bei der Analyse nicht berücksichtigt
und anschließend mit Hilfe der ermittelten Regressionsgleichung klassifiziert. Im günstigsten Fall müßten beide Raten korrekt klassifizierter Fälle übereinstimmen.
4.4 Ergebnisse
4.4.1 Prävalenzen und Verlauf
Prävalenzen für verschiedene Ausprägungsgrade der PTB
Nach Auswertung der PDS ergab sich folgende Verteilung von PTB zu t1 bei den 101
in die Analyse einbezogenen Personen:
Tabelle 4.1:
gesund
subklinisch
klinisch
Gesamt
Einteilung der Personen nach PDS zu t1
Häufigkeit
68
16
17
101
Prozent
67.3
15.8
16.8
100.0
Demnach zeigten etwa zwei Drittel der Verunfallten keine oder nur in unbedeutendem
Maße PTB, während die anderen Personen jeweils zur Hälfte von subklinischer bzw.
klinischer Symptomatik betroffen sind. Drei Monate nach dem VU wurde die unten
aufgeführte Aufteilung vorgenommen. Knapp die Hälfte der Personen litt zu diesem
Zeitpunkt unter klinischer bzw. subklinischer PTB. Besonders die Zahl der Fälle mit
Verlauf der Symptomatik im Halbjahreszeitraum
63
klinischer Symptomatik ist drastisch gestiegen, wohingegen die Anzahl der von subklinischer Symptomatik Betroffenen im Vergleich zu t1 ungefähr gleich blieb.
Tabelle 4.2:
gesund
subklinisch
klinisch
Gesamt
Häufigkeit
59
18
30
107
Einteilung der Personen nach PDS zu t2
Prozent
55.1
16.8
28.0
100.0
Ein halbes Jahr nach dem VU sah die Einteilung der betrachteten Personen gemäß der
vorliegenden PTB folgendermaßen aus:
Tabelle 4.3:
gesund
subklinisch
klinisch
Gesamt
Häufigkeit
53
27
25
105
Einteilung der Personen nach PDS zu t3
Prozent
50.5
25.7
23.8
100.0
Es kam zu einem Rückgang klinischer Symptomatik, aber auch die Zahl derer sank, die
bisher keine oder wenig Symptome berichteten. Somit stieg der Anteil der Personen mit
subklinischer Symptomatik im Vergleich zu t2. Der Anteil der Personen mit klinischer
und subklinischer Symptomatik erwies sich ein halbes Jahr nach dem VU im Vergleich
zum Zeitpunkt unmittelbar nach dem VU als signifikant höher.
Prävalenzen für verschiedene Verläufe der Symptomatik
In Tabelle 4.4 ist für jeden Probanden der Längsschnittanalyse die Kombination der
Gruppenzuordnung zu allen drei Zeitpunkten dargestellt. Es zeigt sich, daß 36 Personen
jeweils zu allen Zeitpunkten derselben Gruppe angehörten, wovon 30 stets keine oder
unbedeutende, 2 stets subklinische und 4 stets klinische Symptomatik aufwiesen.
Tabelle 4.4:
Zuordnung der 71 Personen der Längsschnittstichprobe gemäß ihrer
PTB zu allen drei Meßzeitpunkten in die Gruppen „nicht klinisch“ (0), „subklinisch“ (1)
und „klinisch“ (2)
.00
Diagnose
nach
PDS zu t1
.00
Diagnose
zu t2
1.00
Diagnose
zu t2
2.00
Diagnose
zu t2
.00
1.00
2.00
.00
1.00
2.00
.00
1.00
2.00
Diagnose zu t3
1.00
30
5
1
2
2
5
1
2
3
1
1
3
2
2
2.00
1
3
1
1
1
4
64
Verlauf der Symptomatik im Halbjahreszeitraum
Geradlinig verschlechtert, d. h. zu mindestens einem Zeitpunkt aufgrund ihrer verschlechterten Symptomatik einer anderen Gruppe als bei t1 zugeordnet und daraufhin
nicht wieder verbessert, haben sich insgesamt 13 Personen, davon sind 5 von „gesund“
nach „klinisch“, 7 von „gesund“ nach „subklinisch“ und eine von „subklinisch“ nach
„klinisch“ „geklettert“. Geradlinig verbessert, d. h. zu mindestens einem Zeitpunkt aufgrund ihrer gebesserten Symptomatik einer anderen Gruppe zugeordnet als bei t1 und
daraufhin nicht wieder verschlechtert, haben sich insgesamt 14 Personen, davon sind 6
von „subklinisch“ nach „gesund“, 3 von „klinisch“ nach „gesund“ und 5 von „klinisch“
nach „subklinisch“ „gerutscht“. Von t1 in ihrer Symptomatik zunächst verschlechtert,
dann zu t3 jedoch wieder verbessert, hatten sich 6 Personen. 2 Patienten konnten sich
zunächst verbessern, zu t3 jedoch hatte sich ihre Symptomatik wieder verschlechtert.
Betrachtet man lediglich die beiden Zeitpunkte t1 und t3, kam es bei 15 Personen zu
einer Remission der PTB. Bei 6 von 14 Personen mit anfänglicher klinischer PTB verbesserte sich diese in subklinische, bei 3 Personen sogar in nicht klinische Symptomatik
(insgesamt 64,3%). Von den 12 anfänglich von einer subklinischen PTB Betroffenen
weisen ein halbes Jahr später 6 keine oder nur in unbedeutendem Maße Symptome auf.
Tabelle 4.5:
Remission von anfänglicher PTB verschiedener Ausprägung nach einem halben Jahr, in bezug auf die Ausgangsgruppe bzw. auf die gesamte Längsschnittstichprobe
Relative Häufigkeit in bezug auf
Relative Häufigkeit in bezug
REMISSION von
Ausgangsgruppe7
auf Längsschnitt-SP
klin. zu subklin. PTB
(6/14) 42,9%
(6/71) 8,5%
klin. zu nicht klin. PTB
(3/14) 21,4%
(3/71) 4,2%
subklin. zu nicht klin. PTB
(6/12) 50,0%
(6/71) 8,5%
INSGESAMT
(15/26) 58,0%
(15/71) 21,1%
Insgesamt war bei 13 Personen nach einem halben Jahr eine Verschlechterung der anfänglichen Symptomatik zu verzeichnen. Bei 7 von 45 Personen mit anfänglicher nicht
klinischer PTB verschlechterte sich diese in subklinische, bei 5 Personen sogar in klinische Symptomatik (insgesamt 26,7%). Von den 12 anfänglich von einer subklinischen
PTB Betroffenen wies ein halbes Jahr später lediglich eine Person klinisch relevante
Symptome auf. Somit litten insgesamt 10,5% der Personen mit anfänglich subklinischer
oder ohne PTB erst nach einem halben Jahr unter klinischer PTB.
Tabelle 4.6:
Von verschiedenen Ausgangspunkten zu t1 entwickelte verzögerte PTB
nach einem halben Jahr, in bezug auf die Ausgangsgruppe bzw. auf die gesamte Längsschnittstichprobe
Relative Häufigkeit in bezug auf
Relative Häufigkeit in bezug
VERSCHLECHTERUNG von
Ausgangsgruppe
auf Längsschnitt-SP
Subklin. zu klin. PTB
(1/12) 8,3%
(1/71) 1,4%
nicht klin. zu klin. PTB
(5/45) 11,1%
(5/71) 7,0%
nicht klin. zu subklin. PTB
(7/45) 15,6%
(7/71) 9,9%
INSGESAMT
(13/57) 22,8%
(13/71) 18,3%
73,3% der zu t1 nicht klinischen Gruppe angehörenden Personen zeigten auch zu t3
keine oder nur unbedeutende PTB, 41,7% der Personen mit subklinischer Symptomatik
zu t1 wiesen diese ebenfalls zu t3 auf und 35,7% der zu t1 unter klinischen Symptomen
Leidenden waren auch noch zu t3 davon betroffen. Zwischen den Zeitpunkten t2 und t3
7
Gruppe, der die betrachteten Personen jeweils zu t1 angehörten
Verlauf der Symptomatik im Halbjahreszeitraum
65
kam es genauso rege zu Veränderungen in der Gruppenzugehörigkeit wie zwischen t1
und t2. Dabei gab es jedesmal auch ungefähr gleich viele Verschiebungen in die entgegengesetzten Richtungen. So verschlechterten sich in den ersten drei Monaten 13 Personen, 11 verbesserten sich. In den nächsten drei Monaten verschlechterten bzw. verbesserten sich jeweils 11 Personen.
Verlauf einzelner Symptome / Symptomgruppen
Zunächst soll das Vorkommen der einzelnen posttraumatischen Belastungssymptome
betrachtet werden. Hierbei wurden die Personen ausgeschlossen, die andere Ereignisse
als schlimmstes Trauma angekreuzt hatten und zu t1 dennoch - aufgrund der Nichterfüllung des Stressorkriteriums - in die Gruppe „nicht klinische PTB“ eingeordnet worden
waren. Ihre zu t1 erhobene Symptomatik bezog sich nämlich auf das andere Trauma. Es
verblieben 58 Personen in der Stichprobe. Wie aus Tabelle 4.7 ersichtlich ist, veränderten sich innerhalb des halben Jahres nach dem VU die relativen Häufigkeiten der Personen, die jeweils unter Alpträumen, durch Konfrontation mit Symbolen ausgelöste,
belastende Erinnerungen an den Verkehrsunfall, partieller Amnesie, Interesseverlust,
Schlafstörungen, Reizbarkeit und Hypervigilanz leiden, signifikant. Die anderen Symptome zeigten im untersuchten Zeitraum keine signifikanten Veränderungen. Zusätzlich
durchgeführte Wilcoxon-Tests zum Vergleich der Zeitpunkte t1 und t3 bei den sieben
Symptomen ergaben, daß lediglich Schlafstörungen (Z= -3,900, p<.001) und Alpträume
(Z= -2,496, p=.013) nach einem halben Jahr bei signifikant weniger Personen auftraten
als unmittelbar nach dem Verkehrsunfall.
Tabelle 4.7:
Relative Häufigkeit von Personen mit verschiedenen Symptomen zu
verschiedenen Zeitpunkten und Ergebnisse der Unterschiedsstestung
Relative Anzahl [%] der Personen
mit jeweiligem Symptom
Symptome
zu t1
zu t2
zu t3
Cochrans Q df
p
Intrusionen
50,0
43,1
43,1
1,143
2
.565
Alpträume
29,3
6,9
13,8
16,625
2
< .001**
Flashbacks
22,4
22,4
25,9
0,400
2
.819
Belast. Erinnerungen
60,3
65,5
46,6
6,690
2
.035*
Körperliche Reaktionen
32,8
20,7
29,3
3,900
2
.142
Intrusionssymptome allg.
39,0
31,7
31,7
Kogn. Vermeidung
32,8
24,1
24,1
2,174
2
.337
Behaviorale Vermeidung
13,3
15,5
19,0
0,933
2
.627
Partielle Amnesie
32,8
44,8
27,6
7,182
2
.028*
Interesseverlust
22,4
37,9
36,2
6,348
2
.042*
Entfremdung
12,1
19,0
15,5
1,333
2
.513
Abstumpfung
10,3
13,8
17,2
1,600
2
.449
Eingeschränkte Zukunft
48,3
37,9
36,2
3,739
2
.154
Vermeidungssymptome allg.
24,6
27,6
25,1
Schlafstörungen
65,5
41,4
29,3
20,176
2
< .001**
Reizbarkeit
24,1
41,4
24,1
8,333
2
.016*
Konzentrationsstörungen
37,9
43,1
36,2
3,379
2
.185
Hypervigilanz
12,1
24,1
22,4
6,615
2
.037*
Nervosität
10,3
22,4
20,7
4,526
2
.104
Übererregungssymptome allg. 30,0
34,5
26,5
Legende: ** p < .01; * p < .05; belast. = belastende; allg. = allgemein; kogn. = kognitive
66
Verlauf der Symptomatik im Halbjahreszeitraum
Bei den übrigen fünf Symptomen lagen die bedeutsamen Veränderungen zwischen zwei
anderen Meßzeitpunkten. Von einer partiellen Amnesie waren nach drei Monaten zunächst mehr Personen betroffen als unmittelbar nach dem VU, nach sechs Monaten war
die Zahl dann wieder gesunken. Diese Schwankung ist inhaltlich schwer zu interpretieren. Vermutlich handelt es sich hierbei um ein Artefakt aufgrund der, meiner Meinung
nach, ungünstigen Formulierung des Items, welches sich dadurch schwer korrekt beantworten läßt.
Tabelle 4.8:
Relative Häufigkeit von Personen mit erfüllten DSM-IVSymptomkriterien zu verschiedenen Zeitpunkten und Ergebnisse der Unterschiedstestung
Zu t1
Zu t2
Zu t3
Cochrans Q
df
p
Intrusionskriterium
74,1%
74,1%
62,1%
4,667
2
.097
Vermeidungskriterium
27,6%
29,3%
31,0%
0,261
2
.878
Übererregungskriterium
48,3%
44,8%
39,7%
1,652
2
.438
Die durchschnittliche relative Anzahl der Personen, die unter Symptomen aus der
Gruppe der Intrusionen litten, war im Vergleich zu den anderen Symptomgruppen zu t1
am größten, die der Personen mit Vermeidungssymptomen am geringsten. Zu den anderen Zeitpunkten waren die Unterschiede weniger deutlich. Intrusionen (im engeren Sinne), durch Symbole ausgelöste, belastende Erinnerungen an den VU, das Gefühl einer
eingeschränkten Zukunft und Schlafstörungen traten unmittelbar nach dem VU bei den
meisten Leuten auf. Nach einem halben Jahr galt dies für Intrusionen und die belastenden Erinnerungen immer noch.
Die Anzahl der Personen, die das Intrusionskriterium gemäß DSM-IV, hat nach einem
halben Jahr abgenommen, das gleiche gilt für das Übererregungskriterium. Die Zahl
derer, die das Vermeidungskriterium erfüllen, stieg leicht an. Die Veränderungen sind
jedoch alle nicht signifikant, wie aus Tabelle 4.8 deutlich wird.
1.6
1.5
1.4
1.3
mittlere Häufigkeit
1.2
1.1
1.0
.9
.8
.7
.6
Zeit
.5
.4
t1
.3
.2
t2
.1
0.0
t3
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
11
12
13
14
15
16
17
Symptome
Bild 4.3:
Mittlere Häufigkeiten der Symptome zu den verschiedenen Zeitpunkten. Die
Ziffern auf der Abszissenachse entsprechen den in Tabelle 4.9 durchnummerierten Symptomen
.
Verlauf der Symptomatik im Halbjahreszeitraum
67
Als nächstes soll die Häufigkeit, mit der die Personen unter den einzelnen Symptomen
leiden, betrachtet werden – als Indikator für die Schwere der Symptomatik. Am häufigsten erlebten die Personen unmittelbar nach dem VU Schlafstörungen, Intrusionen und
durch Konfrontation mit Symbolen ausgelöste, belastende Erinnerungen an den VU.
Ein halbes Jahr später waren die Unterschiede weniger deutlich, aber auch hier lagen
die Intrusionen und die belastenden Erinnerungen, sowie die partiellen Amnesien und
die Intersseverminderung vorn. Varianzanalysen mit Meßwiederholungen ergaben signifikante Veränderungen über die Zeit bei Intrusionen, Alpträumen, partieller Amnesie,
Schlafstörungen und Hypervigilanz.
Bei einem Vergleich zwischen t1 und t3 mittels T-Tests für abhängige Stichproben war
bei Intrusionen (T=3,306, df=57, p=.002), Alpträumen (T=3,808, df=57, p<.001), durch
Konfrontation mit Symbolen ausgelöste, belastende Erinnerungen (T=2,332, df=57,
p=.023) und Schlafstörungen (T=4,947, df=57, p<.001) ein signifikanter Rückgang ein
halbes Jahr nach dem VU zu verzeichnen, während Nervosität (T= -2,523, df=57,
p=.046) und Hypervigilanz (T= -2,035, df=57, p=.014) signifikant zunahmen. Die Zunahme der Häufigkeit einer partiellen Amnesie zu t2 wurde durch die Abnahme der
Häufigkeit zu t3 wieder aufgehoben, so daß zwischen t1 und t3 kein signifikanter Unterschied mehr bestand.
Tabelle 4.9:
ptom
Symptome
(1) Intrusionen
(2) Alpträume
(3) Flashbacks
(4) Belastende Erinnerungen
(5) Körperliche Reaktionen
(6) Kognitive Vermeidung
(7) Behaviorale Vermeidung
(8) Partielle Amnesie
(9) Interesseverlust
(10) Entfremdung
(11) Abstumpfung
(12) Eingeschränkte Zukunft
(13) Schlafstörungen
(14) Reizbarkeit
(15) Konzentrationsstörungen
(16) Hypervigilanz
(17) Nervosität
Ergebnisse der Varianzanalysen mit Meßwiederholung für jedes SymPrüfgroße
F=7,598
F=8,421
F=0,338
F=2,675
F=2,356
F=1,602
F=0,474
F=5,458
F=1,300
F=0,403
F=0,660
F=1,772
F=12,243
F=3,074
F=1,577
F=3,674
F=2,26
Df
2
2
2
2
2
2
2
2
2
2
2
2
2
2
2
2
2
P
.001**
.001**
.714
.078+
.104
.211
.625
.007**
.281
.671
.521
.179
< .001**
.054+
.216
.032*
.114
Legende: ** p < .01; * p < .05; + p<= .08
Einfache Varianzanalysen mit Meßwiederholungen ergaben einen signifikanten Rückgang des mittleren Wertes der PDS-Intrusionsskala (F=7,581, df=2, p=.001) mit der
Zeit, bei den anderen Subskalen fanden sich keine signifikanten Effekte der Zeit. Wie
mit T-Tests für gepaarte Stichproben ermittelt wurde, sind Intrusionssymptome unmittelbar nach dem Verkehrsunfall signifikant häufiger als Übererregungssymptome
(T=3,053, df=57, p=.003) und diese wiederum signifikant häufiger als Vermeidungssymptome (T=-2,275, df=57, p=.027), nach einem halben Jahr sind die Unterschiede in
den Häufigkeiten aufgehoben Bild 4.4 verdeutlicht die Ergebnisse.
Sofern die einzelnen Symptome in Symptomgruppen zusammengefaßt betrachtet wurden, konnten die Hypothesen im großen und ganzen bestätigt werden. Wie erwartet,
68
Verlauf der Symptomatik im Halbjahreszeitraum
kamen Intrusionssymptome insgesamt unmittelbar nach dem Unfall am häufigsten vor.
Dies zeigte sich sowohl in der Schwere der Symptome, als auch in der Anzahl der Personen, die unter Intrusionssymptomen litten.
.8
mittlere Häufigkeit
.7
.6
.5
Symptomgruppen
Intrusionen
.4
Vermeidung
.3
Übererregung
t1
t2
t3
Zeit
Bild 4.4:
Mittlere Werte der PDS-Subskalen zu verschiedenen Zeitpunkten
Vermeidungssymptome zeigten sich zu diesem Zeitpunkt erwartungsgemäß in einer
minder schweren Ausprägung als die Intrusionssymptome und traten bei den wenigsten
Personen auf. Ein spontaner Rückgang in der Häufigkeit der Symptomatik nach einem
halben Jahr war lediglich bei den Intrusionssymptomen zu beobachten gewesen. Vermeidungs- und Übererregungssymptome insgesamt zeigten nicht die erwarteten Veränderungen. Die anfänglich bestehenden Unterschiede in der Häufigkeit der Symptombereiche waren jedoch, wie erwartet, zu diesem Zeitpunkt aufgehoben.
Bei separater Betrachtung der einzelnen Symptome hinsichtlich ihrer Schwere gab es
jedoch, insbesondere bei den Übererregungssymptomen, dem Verlauf der zugehörigen
Symptomgruppe widersprechende Veränderungen. So verbesserten sich Schlafstörungen, wohingegen Hypervigilanz und Nervosität sich beispielsweise verstärkten. Ebenso
kam es nicht zu einer Verbesserung aller Intrusionssymptome, sondern lediglich bei den
Intrusionen im engeren Sinne, den durch Konfrontation mit Symbolen ausgelösten, belastenden Erinnerungen und den Alpträumen. Außer bei den Intrusionen und der Nervosität zeigten sich dieselben Veränderungen im Laufe der Zeit auch in der jeweiligen
Anzahl von Personen, bei denen die genannten Symptome auftraten.
4.4.2 Patienten mit verschiedenen PTB-Verläufen im Vergleich
Personen mit remittierter Symptomatik und chronischer Symptomatik
In die Gruppe „Chronische PTB“ konnten 15 Personen eingeordnet werden, in die
Gruppe „Remittierte PTB“ lediglich 9 Personen. Zunächst erfolgte ein Vergleich der
Gruppen hinsichtlich prätraumatischer, unfallbezogener und posttraumatischer Variablen. Es befanden sich unter den Personen mit chronischer PTB hypothesengemäß signifikant mehr ältere Leute (T= -2,171, p=.042).
Verlauf der Symptomatik im Halbjahreszeitraum
69
Bezüglich des zahlenmäßigen Verhältnisses von Männern und Frauen gab es wider Erwarten zwischen den Gruppen keine signifikanten Unterschiede, ebenso in der Anzahl
früherer Traumata nicht. Auch bezüglich Partnerschaft, Religiosität, Schulabschluß und
derzeitigem Erwerbstätigsein fanden sich keine Unterschiede, hier jedoch im Sinne der
Hypothesen.
Tabelle 4.10:
Vergleich der Gruppen „Chronische PTB“ und „Remittierte PTB“
hinsichtlich prätraumatischer, unfallbezogener und posttraumatischer Variablen
Gruppe „Remitt.
Gruppe „Chron.
Variablen
PTB“ (N=9)
PTB“ (N=15)
Prüfgröße df
P
n
M
SD
n
M
SD
Prätraumatische Variablen:
Alter (Jahre)
9
28,0 12,46 14 41,5 15,71 T = -2,171 21
.042*
Bisherige Traumata (Anzahl) 9
1,67 1,00
15 1,33 0,49
T = 1,101 22
.283
Geschlecht (m/w)
9 (3 / 6)
15 (6 / 9)
1.000
χ² = 0,107 1
Partner (j/n)
9 (7 / 2)
14 (12 / 2)
1.000
χ² = 0,240 1
Religion (j/n)
9 (2 / 7)
13 (6 / 7)
.380
χ² = 1,316 1
Schulabschluß (h/n)
9 (2 / 7)
14 (5 / 9)
.657
χ² = 0,471 1
Derzeitig erwerbstätig (j/n)
9 (4 / 5)
14 (8 / 6)
.680
χ² = 0,354 1
Unfallbezogene Variablen:
ISS-Score
8
15,0 6,78
12 13,8 9,72
T = 0,315 18
.756
Todesangst (j/n)
9 (6 / 3)
15 (9 / 6)
1.000
χ² = 0,107 1
Subj. VU-Schwere (s/l)
9 (7 / 2)
14 (12 / 2)
1.000
χ² = 0,240 1
Vermeidbarkeit [UFB] (j/n)
9 (3 / 6)
14 (7 / 7)
.669
χ² = 0,619 1
Verantwortung [UFB] (j/n)
9 (1 / 8)
15 (6 / 9)
.191
χ² = 2,272 1
Kontrollverlust [UFB] (j/n)
9 (6 / 3)
9 (6 / 3)
1.000
χ² < 0,001 1
Vorhersehbarkeit [UFB] (j/n) 9 (1 / 8)
15 (8 / 7)
.080+
χ² = 4,279 1
Verantwortung [FUK2]
9
4,7
2,96
14 4,7
3,27
T = -0,035 21
.972
Vermeidbarkeit [FUK5]
9
4,1
1,62
12 4,8
1,85
T = -0,933 19
.363
Posttraumatische Variablen:
Psychotherapeut. Hilfe (j/n) 9 (1 / 8)
15 (3 / 12)
1.000
χ² = 0,320 1
Weitere Traumata (j/n)
9 (1 / 8)
15 (6 / 9)
.191
χ² = 2,272 1
Arbeitsunfähigkeit (Wochen) 8
15,5 10,14 14 17,8 9,78
T = -0,520 20
.609
Genesungskontrolle[FUK1]
8
29,1 1,81
14 27,1 4,63
T = 1,193 20
.247
Summe Beeinträchtigung t1
8
3,4
3,29
10 5,6
1,90
T = -1,699 10,6 .118
Summe Beeinträchtigung t2
9
2,0
2,35
15 4,8
2,96
T = -2,415 22
.025*
Summe Beeinträchtigung t3
9
1,9
2,52
14 4,3
2,43
T = -2,275 21
.034*
Legende: ** p < .01; * p < .05; + p<= .08; (m/w): männlich /weiblich; (j/n): ja/nein; (h/n): hoch/niedrig; (s/l): schwer/leicht
Wie zu vermuten war, lag der durchschnittliche ISS-Score in beiden Gruppen etwa
gleich hoch, ebenso wurde in beiden Gruppen etwa in gleichem Maße der Unfall subjektiv als schwer eingeschätzt sowie Todesangst während des Verkehrsunfalles erlebt.
In beiden Gruppen wurde der Verkehrsunfall im FUK ungefähr gleich häufig als vermeidbar bewertet bzw. sah man sich gleich oft als verantwortlich für ihn. Auch in der
Beantwortung des Fragebogens zum Unfallhergang (UFB) zeigten sich in Verantwortung, Vermeidbarkeit und Kontrollverlust über Fahrzeug und Situation während des
Unfalls keine Gruppenunterschiede, allerdings fehlten hier bei vielen Personen die Angaben. Für Personen mit remittierter Symptomatik war der Verkehrsunfall zumindest
tendenziell sogar häufiger nicht vorhersehbar (χ²=4,279, p=.080). Diese Ergebnisse
können die Hypothesen nicht bestätigen, der letztgenannte Befund weist sogar in die
entgegengesetzte Richtung.
70
Verlauf der Symptomatik im Halbjahreszeitraum
Die Summe der beeinträchtigten Lebensbereiche unterschied sich entgegen der Erwartung zu t1 nicht zwischen den Gruppen, zu t2 (T= -2,415, p=.025) und zu t3 (T= 2,275, p=.034) jedoch signifikant. Bezüglich weiterer Traumata, Dauer der Arbeitsunfähigkeit und der Inanspruchnahme von psychotherapeutischer Hilfe nach dem Verkehrsunfall ergaben sich keine Unterschiede zwischen den Gruppen. Die mit Hilfe des
FUK ermittelte Kontrolle über den Genesungsprozeß wurde in beiden Gruppen etwa
gleich stark wahrgenommen. Auch diese Befunde decken sich nicht mit den in den
Hypothesen formulierten Erwartungen. Alle Ergebnisse sind in Tabelle 4.10 noch einmal zusammengefaßt dargestellt.
8
mittlere PDS-Intrusionswerte
7
6
5
4
3
Gruppen
2
Remittierte PTBS
1
Chronische PTBS
t1
t2
t3
Zeit
Bild 4.5:
Mittlere Werte der PDS-Subskala „Intrusionen“ der Gruppen zu den verschiedenen Zeitpunkten
mittlere PDS-Vermeidungswerte
7
6
5
4
3
2
Gruppen
1
Remittierte PTBS
Chronische PTBS
0
t1
t2
t3
Zeit
Bild 4.6:
Mittlere Werte der PDS-Subskala „Vermeidung“ der Gruppen zu den verschiedenen Zeitpunkten
Schließlich wurden die beiden Gruppen einem Vergleich bezüglich ihrer psychischen
Reaktionen und Belastungssymptome infolge des Verkehrsunfalles mittels einer Varianzanalyse mit Meßwiederholung unterzogen. Die Unterschiede in der, mit Hilfe der
PDS erhobenen, posttraumatischen Belastungssymptomatik zwischen den Gruppen sind
in Bild 4.5, Bild 4.6 und Bild 4.7 dargestellt. Bei den Personen mit chronischer PTB
kam es zu einer signifikanten Abnahme der Werte der Intrusionsskala (F=7,740,
Verlauf der Symptomatik im Halbjahreszeitraum
71
p=.006) mit der Zeit. Die sich bei den Personen mit remittierter PTB abzeichnenden
Verminderungen der Werte von Intrusionsskala (F=4,634, p=.052) und Vermeidungsskala (F=3,648, p=.082) erwiesen sich vermutlich wegen der geringen Gruppengröße als
wiederum knapp nicht signifikant. Hinsichtlich der Übererregunssymptome gab es in
beiden Gruppen keine signifikanten Veränderungen.
Beide Gruppen unterschieden sich zu t1 in keinem der Skalenwerte bereits signifikant
voneinander (Tabelle 4.10). Somit bestätigte sich die Hypothese auch diesbezüglich
nicht.
mittlere PDS-Übererregungswerte
6
5
4
3
Gruppen
2
Remittierte PTBS
1
Chronische PTBS
t1
t2
t3
Zeit
Bild 4.7:
Mittlere Werte der PDS-Subskala „Übererregung“ der Gruppen zu den verschiedenen Zeitpunkten
Tabelle 4.11:
Vergleich der Gruppen „Chronische PTB“ und „Remittierte PTB“
hinsichtlich psychischer Symptomatik nach dem Verkehrsunfall
Gruppe „Remitt.
Gruppe „Chron.
Prüfgröße
Variablen
PTB“ (N=9)
PTB“ (N=15)
T
df
P
n
M
SD
N
M
SD
PDS – Intrusionen t1
9
5,6
3,50
15
7,3
3,52
-1,200
22
.243
PDS – Vermeidung t1 9
3,8
3,03
15
6,3
3,89
-1,642
22
.115
PDS – Übererregung t1 9
4,8
2,99
15
5,3
1,98
-0,484
22
.633
BAI t1
9
18,9 15,41 14
17,2 11,78 0,295
21
.771
BAI t2
9
7,7
9,42
15
9,6
6,81
-0,583
22
.566
BAI t3
9
4,1
4,26
15
7,9
7,05
-1,627
22,0 .118
BDI t1
9
7,4
4,56
14
15,9 10,63 -2,232
21
.037*
BDI t2
9
6,3
4,80
15
10,7 5,40
-2,010
22
.057+
BDI t3
9
4,4
3,40
15
10,5 6,31
-3,069
21,9 .006**
VFB t1
9
20,8 15,68 15
25,2 16,37 -0,640
22
.529
VFB t3
9
17,8 8,84
13
28,4 21,06 -1,412
20
.173
Legende: ** p < .01; * p < .05; + p<= .08
In der durchgeführten Varianzanalyse mit Meßwiederholungen (VA mit Meßwdhg.)
ergab sich für die mittleren Werte des BAI ein signifikanter Haupteffekt der Zeit
(F=16,575, p<.001). Bei Personen mit remittierter PTB nahmen die BAI-Werte innerhalb des halben Jahres signifikant ab (F=5,494, p=.037), ebenso auch bei den Personen
mit chronischer PTB (F=11,461, p=.002).
Für die mittleren BDI-Werte ergaben sich bei der VA mit Meßwdhg. ebenfalls ein
Haupteffekt der Zeit (F=4,725, p=.020), aber auch ein Haupteffekt der Gruppe
72
Verlauf der Symptomatik im Halbjahreszeitraum
(F=7,886, p=.011). Bei getrennter Betrachtung der Gruppen, wurde der Abfall der Werte innerhalb des halben Jahres nicht signifikant, in der Gruppe mit chronischer PTB
deutete er sich jedoch an (F=3,719, p=.055).
Für die mittleren Werte des VFB zeichneten sich bei der VA mit Meßwdhg. keinerlei
Haupt- und Interaktionseffekte ab. Auch die Veränderungen der Werte innerhalb der
Gruppen von t1 zu t3 waren nicht signifikant.
Beim Vergleich der beiden Gruppen zum Zeitpunkt t1 unterschieden sie sich lediglich
in den mittleren BDI-Werten signifikant voneinander (T=-2,232, p=.037), wobei die
Patienten mit chronischer PTB hypothesengemäß die höheren Werte aufwiesen. Auch
zu t2 und t3 hatten die Patienten mit chronischer PTB lediglich höhere BDI-Werte (T=2,010, p=.057 bzw. T=-3,069, p=.006). In den Werten der anderen Fragebögen gab es
keine deutlichen Unterschiede, wie sie laut Hypothese zu erwarten gewesen wären.
Personen ohne Symptomatik und mit verzögerter Symptomatik
In die Gruppe „ohne PTB“ konnten 30 Personen eingeordnet werden, in die Gruppe
„Verzögerte PTB“ lediglich 12 Personen. Zunächst wurde wiederum überprüft, ob sich
die beiden Gruppen hinsichtlich prätraumatischer, unfallbezogener und posttraumatischer Variablen unterscheiden. Hinsichtlich des Durchschnittsalters fand sich zwischen
beiden Gruppen erwartungsgemäß kein Unterschied, deutet jedoch an, daß unter den
Personen jüngeren (bis 32 Jahre) bzw. hohen Alters (ab 58 Jahren) eher diejenigen mit
einer verzögerten Symptomatik zu finden waren. Entgegen der Erwartung ist unter den
Personen mit verzögerter Symptomatik der Anteil der Frauen signifikant größer als in
der anderen Gruppe (χ²=5,574, p = .031), wie in sichtbar wird. In beiden Gruppen zeigten sich keine deutlichen Unterschiede hinsichtlich Partnerschaft, Religiosität, Schulabschluß und derzeitigem Erwerbstätigsein. Auch in der Anzahl früherer Traumata
fanden sich keine Unterschiede. Diese Befunde entsprechen den in den Hypothesen
formulierten Vermutungen.
Der durchschnittliche ISS-Score lag in beiden Gruppen ungefähr gleich hoch. Auch die
Zahl der Personen, die im Moment des Unfalls Todesangst erlebten bzw. den Unfall
subjektiv als schwer bewerteten, unterschieden sich in beiden Gruppen nicht maßgebend. Auch diese Ergebnisse decken sich mit den Erwartungen. In der Beantwortung
des Fragebogens zum Unfallhergang (UFB) fanden sich hinsichtlich der Verantwortlichkeit für den Verkehrsunfall, der Vorhersehbarkeit bzw. der Vermeidbarkeit des Verkehrsunfalles und des Kontrollverlustes über Fahrzeug und Situation während des Verkehrsunfalles keine Gruppenunterschiede, allerdings fehlten auch hier bei vielen die
Angaben zu diesen Fragen. In der Auswertung des FUK deutete sich zumindest an, daß
die Verantwortung für den Verkehrsunfall von den Personen ohne PTB häufiger bei
sich selbst gesehen wird (T=1,857, p=.076). Hinsichtlich der Vermeidbarkeit trafen die
Personen beider Gruppen im FUK ähnliche Aussagen. Somit finden die diesbezüglich
formulierten Hypothesen durch diese Ergebnisse keine Bestätigung.
Die Summe der beeinträchtigten Lebensbereiche unterschied sich entgegen der Erwartung zu t1 und zu t2 nicht zwischen den Gruppen, zu t3 jedoch signifikant (T=
3,851, p=.002). Ein weiterer Verkehrsunfall bzw. ein weiteres Trauma wurde hingegen,
im Sinne der Hypothese, signifikant häufiger in der Gruppe mit verzögerter PTB erlebt
(χ²=7,356, p=.018). Hinsichtlich der Inanspruchnahme psychotherapeutischer Hilfe und
der durchschnittlichen Dauer der Arbeitsunfähigkeit nach dem Verkehrsunfall gab es
wiederum nicht die erwarteten Unterschiede zwischen den Gruppen. Auch die mittels
Verlauf der Symptomatik im Halbjahreszeitraum
73
FUK während des Krankenhausaufenthalts erhobene wahrgenommene Kontrolle über
den eigenen Genesungsprozeß in beiden Gruppen lag etwa gleich hoch, entgegen der in
der Hypothese formulierten Vermutung. Die Ergebnisse sind in Tabelle 4.12 noch einmal zusammengefaßt.
Schließlich erfolgte der Vergleich beider Gruppen hinsichtlich ihrer psychischen Reaktionen und Belastungssymptome infolge des VU.
Die Unterschiede in der mit Hilfe der PDS erhobenen posttraumatischen Belastungssymptomatik zwischen den Gruppen sind in Bild 4.8, Bild 4.9 und Bild 4.10 dargestellt.
(Hierbei wurden wiederum die Personen ausgeschlossen, die andere Ereignisse als
schlimmstes Trauma angekreuzt hatten und zu t1 dennoch aufgrund der Nichterfüllung
des Stressorkriteriums in die Gruppe „nicht klinische PTB“ eingeordnet worden waren.
Ihre zu t1 erhobene Symptomatik bezog sich nämlich auf das andere Trauma.)
Tabelle 4.12:
Vergleich zwischen den Gruppen „Ohne PTB“ und „Verzögerte PTB“
hinsichtlich prätraumatischer, unfallbezogener und posttraumatischer Variablen
Gruppe „Ohne PTB“ Gruppe Verzögerte
Variablen
(N=30)
PTB“ (N=12)
Prüfgröße
df P
n
M
SD
n
M
SD
Prätraumatische Variablen:
Alter (Jahre)
28 37,1
13,32 11 31,6
15,90 T = 1,100
37 .278
Bisherige Traumata (Anzahl) 30 1,3
1,84
12 1,0
0,60
T = 0,549
40 .586
Geschlecht (m/w)
30 (27 / 3)
12 (7 / 5)
.031*
χ² = 5,574 1
Partner (j/n)
28 (18 / 10)
11 (9 / 2)
.446
χ² = 1,140 1
Religion (j/n)
27 (9 / 18)
11 (4 / 7)
1.000
χ² = 0,032 1
Schulabschluß (h/n)
28 (16 / 12)
11 (5 / 6)
.723
χ² = 0,434 1
Derzeitig erwerbstätig (j/n)
28 (18 / 10)
10 (8 / 2)
.453
χ² = 0,842 1
Unfallbezogene Variablen:
ISS-Score
29 13,55 7,80
9
14,33 9,67
T = -0,248 36 .805
Todesangst (j/n)
24 (4 / 20)
8 (3 / 5)
.327
χ² = 1,524 1
Subj. VU-Schwere (s/l)
26 (17 / 9)
9 (6 / 3)
1.000
χ² = 0,005 1
Vermeidbarkeit [UFB] (j/n)
16 (8 / 8)
4 (1 / 3)
.591
χ² = 0,808 1
Verantwortung [UFB] (j/n)
15 (8 / 7)
2 (2 / 0)
.485
χ² = 1,587 1
Kontrollverlust [UFB] (j/n)
13 (8 / 5)
4 (4 / 0)
1
.261
χ² = 2,179
Vorhersehbarkeit [UFB] (j/n) 24 (3 / 21)
9 (2 / 7)
1
.597
χ² = 0,481
Verantwortung [FUK2]
27 6,1
3,45
11 4,1
2,77
T = 1,857
23 .076+
Vermeidbarkeit [FUK5]
27 4,6
2,45
12 5,2
2,55
T = -0,709 37 .483
Posttraumatische Variablen:
Psychotherapeut. Hilfe (j/n) 30 (2 / 28)
12 (2 / 10)
.565
χ² = 0,995 1
Weitere Traumata (j/n)
30 (1 / 29)
12 (4 / 8)
1
.018*
χ² = 7,356
Arbeitsunfähigkeit (Wochen) 29 16,6
9,65
11 21,0
10,61 T = -1,258 38 .216
Genesungskontrolle[FUK1]
29 28,5
4,76
11 26,5
4,30
T = 1,178
38 .246
Summe Beeinträchtigung t1 21 2,2
3,16
12 1,4
2,57
T = 0.722
31 .476
Summe Beeinträchtigung t2
26 1,8
2,32
11 3,3
2,45
T = -1,772 35 .085
Summe Beeinträchtigung t3
28 0,8
1,40
12 3,7
2,42
T = -3,851 38 .002**
Legende: ** p < .01; * p < .05; + p<= .08; (m/w): männlich /weiblich; (j/n): ja/nein; (h/n): hoch/niedrig; (s/l): schwer/leicht
Bei den Personen ohne PTB kam es zu einer signifikanten Abnahme der Werte von Intrusionsskala (F=7,325 , p=.004) und Übererregungsskala (F=3,715, p=.042) mit der
Zeit, bei den Werten der Vermeidungsskala deutete sich ein Rückgang an (F=3,063,
p=.069). Die sich bei den Personen mit verzögerter PTB abzeichnenden Verschlechterungen der Werte aller Subskalen innerhalb des halben Jahres erwiesen sich, vermutlich
aufgrund der geringen Gruppengröße, als nicht signifikant.
74
Verlauf der Symptomatik im Halbjahreszeitraum
Zu t1 unterschieden sich beide Gruppen in den Skalenwerten noch nicht signifikant
voneinander:
4.0
mittlerer Intrusionsscore
3.5
3.0
2.5
2.0
1.5
Gruppe
1.0
Ohne PTBS
.5
0.0
Verzögerte PTBS
t1
t2
t3
Zeit
Bild 4.8:
Mittlere Werte der PDS-Subskala „Intrusionen“ der Gruppen zu den verschiedenen Zeitpunkten
mittlerer Vermeidungsscore
5
4
3
2
Gruppe
1
Ohne PTBS
Verzögerte PTBS
0
t1
t2
t3
Zeit
Bild 4.9:
Mittlere Werte der PDS-Subskala „Vermeidung“ der Gruppen zu den verschiedenen Zeitpunkten
In der durchgeführten VA mit Meßwiederholung ergaben sich für die mittleren Werte
des BAI ein signifikanter Haupteffekt der Gruppe (F=24.861, p<.001) und ein signifikanter Interaktionseffekt von Gruppe*Zeit (F=.657, p=.038). Bei Personen ohne PTB
nahmen die BAI-Werte innerhalb des halben Jahres signifikant ab (F=6.140, p = .006),
der sich abzeichnende steigende Trend bei den Personen mit verzögerter PTB erwies
sich als nicht signifikant.
Für die mittleren BDI-Werte ergab sich bei der VA mit Meßwdhg. lediglich ein Haupteffekt der Gruppe (F=10.352, p=.003). Die Werte in der Gruppe ohne PTB blieben etwa
gleich. Die sich in der Gruppe mit verzögerter PTB abzeichnende Zunahme der Werte
erwies sich jedoch als nicht signifikant.
Für die mittleren Werte des VFB zeichneten sich bei der VA mit Meßwdhg. sowohl ein
Haupteffekt der Gruppe (F=11.323, p=.002) als auch ein Interaktionseffekt von Gruppe*Zeit (F=5.345, p=.026) ab. Bei den Personen ohne PTB fielen sie von t1 zu t3 signi-
Verlauf der Symptomatik im Halbjahreszeitraum
75
fikant ab (T= 2,148, p=.040), bei den Personen mit verzögerter PTB erwies sich der
Anstieg als nicht signifikant.
3.5
mittlerer Übererregungsscore
3.0
2.5
2.0
1.5
1.0
Gruppe
.5
Ohne PTBS
Verzögerte PTBS
0.0
t1
t2
t3
Zeit
Bild 4.10:
Mittlere Werte der PDS-Subskala „Übererregung“ der Gruppen zu den verschiedenen Zeitpunkten
Zu t1 unterschieden sich die beiden Gruppen lediglich in ihren mittleren BDI-Werten
voneinander, in den Werten der anderen drei Fragebögen zeigten sich zu diesem Zeitpunkt nicht die erwarteten Differenzen. Personen mit verzögerter PTB hatten entsprechend der Hypothese signifikant höhere Werte (T= -2.307, p=.026). Zu t2 und t3 jedoch
ergaben sich dann jedoch in allen vier betrachteten Fragebögen signifikant höhere Werte für Personen mit verzögerter PTB.
Tabelle 4.13:
Vergleich zwischen den Gruppen „Ohne PTB“ und „Verzögerte PTB“
hinsichtlich psychischer Symptomatik nach dem Verkehrsunfall
Gruppe „Ohne
Gruppe „Verzög.
Prüf-größe T
Variablen
PTB“ (N=30)
PTB“ (N=12)
Df
P
n
M
SD
n
M
SD
PDS – Intrusionen t1
22 1,8
2,46
8
1,6
1,60
0,206
28
.839
PDS – Vermeidung t1 22 1,0
1,57
8
1,6
1,19
-1,018
28
.317
PDS – Übererregung t1 22 1,2
1,56
8
0,9
0,83
0,689
23,5 .497
BAI t1
29 4,7
6,69
12 6,4
4,89
-0,823
39
.415
BAI t2
30 1,2
1,98
12 7,7
7,69
-2,889
11,6 .014*
BAI t3
30 0,3
0,66
12 8,2
4,39
-6,158
11,2 < .001**
BDI t1
30 3,2
3,34
11 6,2
4,49
-2,307
39
.026*
BDI t2
30 3,2
3,50
12 6,3
4,33
-2,449
40
.019*
BDI t3
30 2,9
4,76
12 7,7
4,94
-2,921
40
.006**
VFB t1
30 11,8 12,53 11 21,0 18,07 -1,843
39
.073+
VFB t3
30 6,8
10,54 12 27,9 19,46 -3,548
13,7 .003**
Legende: ** p < .01; * p < .05; + p<= .08
4.4.3 Logistische Regressionsanalyse
Remittierte PTB und Chronische PTB
Mit Hilfe der logistischen Regressionsanalyse sollten Variablen ermittelt werden, die
sich für die Vorhersage eignen, welche der Personen mit unmittelbar nach dem Ver-
76
Verlauf der Symptomatik im Halbjahreszeitraum
kehrsunfall aufgetretener klinischer PTB ein halbes Jahr später noch immer unter klinisch bzw. subklinisch relevanter Symptomatik leiden (Gruppe „Chronische PTB“) und
welche Personen nach diesem Zeitraum keine Symptome mehr zeigen (Gruppe „Remittierte PTB“). In einem ersten Schritt sollten die prä-, posttraumatischen und unfallbezogenen Variablen daraufhin untersucht werden. Da jedoch bei vielen Variablen die Angaben von einzelnen Personen fehlen, hätte sich die ohnehin kleine Stichprobe für die
Analyse noch einmal drastisch reduziert. Somit mußte ein Kompromiß zwischen der
Eignung der einzelnen Variablen, die Gruppen zu unterscheiden (als Kriterium diente
jeweils das bei der Unterschiedstestung ermittelte Signifikanzniveau) und der Anzahl
der Personen, für die eine Aussage zur Ausprägung der jeweiligen Variablen vorlag,
eingegangen werden und eine Aussortierung der Variablen erfolgen. Deshalb blieb die
Analyse auf folgende Variablen beschränkt:
• Alter
• Anzahl der Traumata vor dem Verkehrsunfall
• Verantwortung für den Verkehrsunfalles
• Vorhersehbarkeit des Verkehrsunfalles
• weitere Traumata nach dem Verkehrsunfall.
In Tabelle 4.14 ist das Ergebnis der logistischen Regressionsanalyse dargestellt. Wie
sich zeigt, lag man in ca. 61% der Fälle mit der Annahme richtig, daß alle Personen
unter chronischer PTB leiden werden. Die korrekte Zuordnung der Personen zu den
Gruppen verbesserte sich jedoch auf etwa 87% unter Einbezug der Variablen „Vorhersehbarkeit des Verkehrsunfalles“ und „Alter“, welche als einzige in die Regressionsgleichung aufgenommen wurden. Das bedeutet, daß dadurch im Vergleich zu der Annahme, daß alle Personen unter chronischer PTB leiden werden, von 6 Personen mehr
der Verlauf der Symptomatik korrekt vorhergesagt wurde. Diese Verbesserung erwies
sich als statistisch signifikant (p=.007).
Die Hinzunahme der Werte in die Analyse, die sich für die Patienten in den Fragebögen zur psychischen Symptomatik unmittelbar nach dem Verkehrsunfall ergaben (BDI,
BAI, IES, VFB und PDS-Subskalen), brachte keine weitere Verbesserung in der Vorhersage.
Tabelle 4.14:
fänglicher PTB
Korrekt klassifiziert:
Chron. Remitt. InsgePTB
PTB
samt
100%
0%
60,87%
57,14% 88,89% 69,57%
92,86% 77,78% 86,96%
Logistische Regression I zur Vorhersage des weiteren Verlaufs an-
B
-3,2822
0,0925
-0,7205
S.E.
1,4132
0,0406
1,5838
Wald
5,3946
5,1884
0,2069
df
1
1
1
P
.0202
.0227
.6492
Prädiktor
Basisrate
Vorhersehbarkeit des VU
Alter
Konstante
Um zu überprüfen, ob die in der Stichprobe ermittelte Vorhersagekraft der beiden Variablen die tatsächliche Vorhersagekraft in der Population überschätzt, wurde eine Kreuzvalidierung durchgeführt. Die Quote der korrekten Klassifikationen verschlechterte sich
danach auf 73,91% und erwies sich damit gegenüber der Einordnung aller Personen in
die Gruppe der „Chronischen PTB“ nicht als statistisch signifikante Verbesserung
(p=.143).
Der alleinige Einbezug der anfänglichen Werte in den Fragebögen zur psychischen
Symptomatik führte zu dem in Tabelle 4.15 dargestellten Ergebnis. Lediglich der BDI-
Verlauf der Symptomatik im Halbjahreszeitraum
77
Wert wurde in die Regressionsgleichung aufgenommen und verbesserte damit die korrekte Vorhersage der Gruppenzugehörigkeit von ca. 61% auf 74% und ist damit von
ähnlich geringem prognostischem Wert wie die beiden anderen Variablen, zumal wiederum zu vermuten ist, daß diese Wahrscheinlichkeit den wahren prognostischen Wert
für die Population überschätzt.
Tabelle 4.15:
Logistische Regression
fänglicher PTB
Korrekt klassifiziert:
Chron.
Remitt. InsgePTB
PTB
samt B
S.E.
Wald
100%
0%
60,87% 78,57% 66,67% 73,91% 0,2304 0,1160 3,9441
-1,9514 1,1875 2,7006
II zur Vorhersage des weiteren Verlaufs an-
df
1
1
P
.0470
.1003
Prädiktor
Basisrate
BDI-Wert zu t1
Konstante
Ohne PTB und verzögerte PTB
Auf dieselbe Art und Weise wie eben beschrieben sollten nun auch Variablen ermittelt
werden, die sich zur Vorhersage eignen, welche der Personen ohne bedeutsame klinische PTB unmittelbar nach dem Verkehrsunfall dann ein halbes Jahr später unter klinisch bzw. subklinisch relevanter Symptomatik leiden werden (Gruppe „Verzögerte
PTB“) und welche Personen auch über diesen Zeitraum hinweg ohne Symptomatik
bleiben (Gruppe „Ohne PTB“). Zunächst sollten wiederum nur prä-, posttraumatische
und unfallbezogene Variablen in die Analyse eingehen, allerdings mußten auch hier
nach Abwägen zwischen möglicher Eignung zur Unterscheidung der Gruppen und unzulässiger Reduktion der Stichprobe für die Analyse einige Variablen aussondiert werden. In die Analyse konnten deshalb lediglich folgende Variablen einbezogen werden:
• Geschlecht
• Eigen- vs. Fremdverschulden des Verkehrsunfalles (FUK 2)
• Psychotherapeutische Hilfe nach dem Verkehrsunfall
• weitere Traumata nach dem Verkehrsunfall.
Danach wurden die Werte, die sich für die Patienten in den Fragebögen zur psychischen
Symptomatik unmittelbar nach dem Verkehrsunfall ergaben (mit Ausnahme der IES
wegen mehrerer Missing-Werte und der PDS-Subskalen, da sich die Symptomatik zu t1
nicht bei allen Personen auf den Verkehrsunfall bezieht), mit in die Analyse einbezogen.
Tabelle 4.16:
Logistische Regression zur Vorhersage des weiteren Verlaufs anfänglich nicht vorhandener PTB
Korrekt klassifiziert:
Ohne
Verzö- Insgesamt
PTB
gerte
B
S.E.
Wald
df
P
Prädiktor
PTB
100%
0%
72,22%
Basisrate
96,15% 40%
80,56%
-3,1137 1,3126
5,6270 1
.0177 Weitere Traumata
92,31% 70%
86,11%
0,4415
0,1774
6,1936 1
.0128 BDI-Wert zu t1
-0,4514 1,3517 0,1115 1
.7384 Konstante
Wie sich in Tabelle 4.16 zeigt, lag die Basisrate mit 72% recht hoch. Die korrekte Zuordnung der Personen zu den Gruppen verbesserte sich jedoch auf etwa 86% unter Be-
78
Verlauf der Symptomatik im Halbjahreszeitraum
rücksichtigung des anfänglichen BDI-Wertes und der Angabe, ob die Person nach dem
Verkehrsunfall ein weiteres Trauma erlebt hat. Dies bedeutet, daß aufgrund der beiden
Variablen bei 5 Personen mehr der Verlauf der Symptomatik korrekt eingeschätzt werden konnten gegenüber der Annahme, daß alle Personen keine Symptomatik entwickeln
werden. Die Verbesserung der Vorhersage erwies sich jedoch als nicht statistisch signifikant (p=.105).
Auch hier wurde wieder eine Kreuzvalidierung vorgenommen, um zu überprüfen, wie
sehr die in der Stichprobe ermittelte Vorhersagekraft der beiden Variablen die tatsächliche Vorhersagekraft in der Population überschätzt. Da die Stichprobe etwas größer als
die vorangegangene ist, wurden jeweils zwei Personen von der Analyse ausgeschlossen
und anschließend klassifiziert. Die Quote der korrekten Klassifikationen bleibt dabei
diesmal unverändert bei 86%. Dies bedeutet, daß mit dieser Wahrscheinlichkeit auch
weitere Personen anhand der Informationen zu diesen zwei Variablen nach einem Verkehrsunfall im Verlauf ihrer Symptomatik richtig beurteilt werden können.
4.5 Diskussion
Die in der Querschnittsuntersuchung ermittelte Prävalenz von 16% für klinische PTB
unmittelbar nach dem Verkehrsunfall liegt zwischen denen von Blanchard et al. (1997)
und von Green et al. (1993) berichteten, die für subklinische PTB ist mit 15% deutlich
geringer als in den beiden anderen Studien. Die Prävalenz von 28% für klinische PTB
drei Monate nach dem Verkehrsunfall übersteigt leicht die, wie sie von Ehlers et al.
(1998) ermittelt wurden. Deutlicher unterscheidet sie sich von der Prävalenz aus der
Studie von Mayou et al. (1993). Ein halbes Jahr nach dem Verkehrsunfall entspricht die
ermittelte Prävalenz von 24% für klinische PTB etwa denen von Harvey & Bryant
(1998) sowie Blanchard et al. (1997) und liegt höher als bei Nyberg (1998) und bei
Feinstein & Dolan (1991). Keine der aufgeführten Studien berichtet jedoch von einer
Verbreitung subklinischer Belastungssymptomatik in der Höhe von 26%. Die hier gefundenen Prävalenzen liegen verständlicherweise recht hoch, da die Aufmerksamkeit
lediglich auf die Erfüllung des Traumakriteriums und der Symptomkriterien gerichtet
war und im Gegensatz zu den anderen Untersuchungen das Zeit- bzw. das Beeinträchtigungskriterium (aufgrund vieler fehlender Angaben durch die Patienten) nicht berücksichtigt wurde.
Des weiteren war ein Anstieg der klinischen Symptomatik innerhalb der ersten drei
Monate nach dem Verkehrsunfall und der subklinischen Symptomatik innerhalb der
sich anschließenden drei Monate zu verzeichnen. Das deutet darauf hin, daß die Symptomatik nicht immer unmittelbar nach dem Verkehrsunfall, sondern erst eine gewisse
Zeit später, möglicherweise, wie auch von Steil (1997) vermutet, im Zusammenhang
mit der Rückkehr in den Alltag nach der Entlassung aus dem Krankenhaus einsetzt und
danach erst wieder allmählich abnimmt. Zudem ist es möglich, daß vor allem Personen
mit psychischen Problemen sich zu den späteren Meßzeitpunkten der Untersuchung, die
ja doch eine stärkere Bereitschaft zur Mitarbeit erfordern als am Anfang, weiterhin daran beteiligen.
In der Längsschnittuntersuchung der Personen, von denen zu allen Meßzeitpunkten
verwertbare Informationen vorlagen, zeigte sich bei insgesamt 64,3% eine vollständige
oder teilweise Verbesserung von klinischer PTB nach einem halben Jahr, die Remissionsrate liegt damit höher als bei Ehlers et al. (1998) und Mayou et al. (1993). Anders als
in den erwähnten Studien beinhaltet die Remissionsrate in dieser Untersuchung jedoch
Verlauf der Symptomatik im Halbjahreszeitraum
79
auch die Zahl der Personen mit Verbesserung der Symptomatik innerhalb der ersten drei
Monate. Blanchard et al. (1997) konnten in ihrer Studie mehr vollständige Remission
von klinischer und auch subklinischer PTB ein halbes Jahr nach dem Verkehrsunfall
verzeichnen als es in der vorligenden Analyse der Fall war. Bei ihnen fand sich jedoch
auch eine deutlich höhere Ausgangsrate von klinischer und subklinischer PTB in der
ersten Zeit nach dem Unfall. Der Anteil an unvollständiger Remission von klinischer
PTB liegt allerdings in dieser Studie etwas höher.
Die ermittelten relativen Häufigkeiten von 10,5% für verzögert einsetzende klinische
PTB und von 15,6% für verzögerte subklinische PTB weichen von denen der anderen
Studien ab, da die Patienten über verschiedene Zeiträume hinweg beobachtet wurden
und es sich in den anderen Studien um verzögerte PTB gemäß DSM-IV Kriterien als
Untersuchungsgegenstand handelte. Zur besseren Vergleichbarkeit dürfte lediglich die
Anzahl der Personen mit Verschlechterung der Symptomatik von t2 zu t3 berücksichtigt
werden. In diesem Zeitraum entwickelten 13,6% (6 von 44 Personen ohne PTB bis dahin) eine subklinische und 8,9% eine klinische Symptomatik, davon 4,5% (2 von 44)
der Personen ohne bisherige Symptomatik und 25,0% (3 von 12) der Personen mit bis
dato subklinischen Symptomen. Diese Werte sind verständlicherweise dennoch höher
als in den Studien von Blanchard et al. (1997), Ehlers et al. (1998) und Mayou et al.
(1993), da bei uns nicht prüfbar ist, ob die Symptomatik tatsächlich erst nach einem
halben Jahr eingesetzt hat bzw. wie lange die Personen unter der verspäteten Symptomatik leiden werden und das Zeitkriterium für die DSM-IV-Diagnose von einem Monat
erfüllen8.
Zusammenfassend betrachtet, zeigt sich also innerhalb der ersten sechs Monate nach
einem Verkehrsunfall viel Bewegung in der Symptomatik– bei ungefähr der Hälfte der
Personen kommt es zu Veränderungen. Die Prävalenzen sowohl für spontane Remission
als auch für verzögert einsetzende Symptomatik liegen höher als in anderen Studien, die
spätere Zeiträume betrachteten. Interessanterweise zeichnen sich Veränderungen nicht
nur in den ersten drei Monaten, sondern ebenso häufig auch in den darauffolgenden ab.
Dabei kommt es jeweils bei der gleichen Anzahl von Personen zu Verbesserungen aber
auch zu Verschlechterungen in der Symptomatik. Demzufolge scheint es innerhalb des
ersten halben Jahres nach einem Verkehrsunfall keinen einheitlichen Verlauf von Herausbildung und Spontanremission posttraumatischer Belastungssymptomatik, der von
einer Mehrzahl der Betroffenen erlebt wird, zu geben. Die Symptomatik schließt sich
nicht immer unmittelbar an das Trauma an, ein Eintreten erst Monate später erweist sich
als nicht ungewöhnlich. Das bekräftigt die Annahme von Steil (1997) ein weiteres Mal,
daß erst im Alltag die verstärkte Konfrontation mit Situationen, Orten, Personen, Gegenständen und anderem, was mit dem Verkehrsunfall in Verbindung steht, Symptome
verstärkt auslöst. Zudem können andere posttraumatische Faktoren vermehrt Einfluß
nehmen als im Krankenhaus.
Symptome aus der Gruppe der Intrusionen traten unmittelbar nach dem Unfall bei den
meisten Personen auf, Vermeidungssymptome hingegen bei den wenigsten. Dies unterstützt einmal mehr die Annahme, daß im Krankenhaus weniger die Notwendigkeit besteht, sich mit dem Unfall beschäftigen zu müssen, als danach. Nach einem halben Jahr
bestanden keine deutlichen Unterschiede mehr. Die gleichen Verhältnisse zeigten sich
hinsichtlich der Schwere der Symptomatik. Beide Betrachtungsweisen gehen konform
mit früheren Befunden von Blanchard et al. (1994) und Feinstein & Dolan (1991), wo8
Die erwähnten Studien erhoben Prävalenzen für verzögerte PTB gemäß DSM-IV-Kriterien.
80
Verlauf der Symptomatik im Halbjahreszeitraum
nach Intrusionssymptome unter allen Symptomen am häufigsten vorkommen. Zur Nivellierung der Unterschiede kam es durch eine signifikante Verminderung der Schwere
der Intrusionssymptomatik im Laufe der Zeit. Der in der Studie von Brom et al. (1993)
beobachtete Rückgang der Vermeidungssymptomatik blieb aus, was andererseits die
Äußerung Blanks (1992) bestätigt, daß Vermeidungssymptome länger bestehenbleiben
als Intrusionen.
Allerdings erscheint die von Ehlers & Steil (1995) empfohlene differenzierte Betrachtung der einzelnen Symptome sinnvoll, da sich bei verschiedenen Symptomen innerhalb
einer Symptomgruppe unterschiedliche Verläufe andeuten. An einzelnen Symptomen,
unter denen die meisten Personen unmittelbar nach dem Unfall litten, sind spontan wiederkehrende, belastende Erinnerungen (Intrusionen im engeren Sinne), durch Konfrontation mit Symbolen ausgelöste, belastende Erinnerungen an den Verkehrsunfall, sowie
das Gefühl einer eingeschränkten Zukunft und Schlafstörungen zu nennen. Von Schlafstörungen, spontanen und durch Symbole ausgelösten, belastenden Erinnerungen sind
die Verunfallten zu Beginn auch am schwersten betroffen.
Während die Zahl der unter Alpträumen und Schlafstörungen Leidenden mit der Zeit
zurückging, kam es zu einem Anstieg der Zahl an Personen, die über Hypervigilanz
klagten. Hinsichtlich der Schwere war neben Alpträumen und Schlafstörungen auch bei
spontan wiederkehrenden bzw. durch Symbole ausgelösten, belastenden Erinnerungen
an den Verkehrsunfall ein Rückgang ein halbes Jahr nach dem Verkehrsunfall zu verzeichnen, während die Schwere von Hypervigilanz und Nervosität zunahm.
Trotz des zu verzeichnenden Rückgangs traten spontan oder durch Symbole ausgelöste,
belastende Erinnerungen ein halbes Jahr nach dem Unfall im Vergleich zu anderen
Symptomen noch immer bei einer Vielzahl von Leuten auf und zählten auch zu den
schwersten Symptomen. Somit bestätigte sich der Befund von Winter & Ehlers (in preparation) sowie von Green et al. (1993), daß es sich bei intrusiven Gedanken und dem
psychischen Belastetsein nach Konfrontationen mit Anzeichen, die an das Trauma erinnern, um Langzeitsymptome handelt.
Im folgenden sollen die Ergebnisse diskutiert werden, die beim Vergleich von Personen,
deren anfängliche klinische bzw. subklinische PTB innerhalb eines halben Jahres verschiedenartige Verläufe nahm, gefunden wurden. Unter den Patienten, deren Symptomatik sich im Laufe der Zeit chronifizierte waren im Vergleich zu jenen, bei denen die
Symptomatik remittierte, häufiger Personen höheren Alters zu finden. Hingegen zeichneten sich keine Unterschiede bezüglich der Verteilung von Männern und Frauen auf
die beiden Gruppen ab, ebensowenig hinsichtlich der Anzahl von traumatischen Erlebnissen in der Vorgeschichte. Ebenfalls keine Unterschiede ließen sich zwischen den
Patientengruppen hinsichtlich Bildungsstand, Religiosität, Erwerbstätigsein und Partnerschaft feststellen. Bezüglich Geschlecht und früheren Traumata weichen die Befunde
von denen in anderen Studien zur Vorhersage von PTB ab. Allerdings gehen sie mit den
Ergebnissen der PTB-Verlaufsstudie von Blanchard et al. (1997) konform, die ebenfalls
keinen prädiktiven Wert für prätraumatische Variablen feststellen konnten.
Des weiteren unterschieden sich die Patientengruppen in Übereinstimmung mit zahlreichen früheren Untersuchungen zur Vorhersage von PTB nicht in der subjektiv wahrgenommenen Unfallschwere, der Verletzungsschwere und der wahrgenommenen Todesangst. Die Angaben der Patienten hinsichtlich ihrer Verantwortlichkeit für den Verkehrsunfall und der Vermeidbarkeit desselben bzw. eines erlebten Kontrollverlustes
über Fahrzeug und Situation während des Unfalls konnten die Theorie der kognitiven
Kontrolle von Thompson (1981) nicht bekräftigen. Danach müßten Personen mit einem
Verlauf der Symptomatik im Halbjahreszeitraum
81
günstigeren Symptomverlauf häufiger glauben, Einfluß auf das Unfallgeschehen gehabt
zu haben bzw. hätten nehmen zu können. Es ließen sich jedoch keine Unterschiede in
den genannten Aspekten feststellen bzw. schätzten Patienten mit remittierter PTB den
Verkehrsunfall tendenziell sogar häufiger als nicht vorhersehbar ein. Dieses Ergebnis
weist eher in die Richtung der Befunde von Frey et al. (1987), daß retrospektiv wahrgenommene Kontrolle über das Unfallgeschehen sich hinderlich auf den Heilungsverlauf
auswirkt. Darüber hinaus konnte nicht nachgewiesen werden, daß Patienten mit günstigerem Symptomverlauf den Genesungsprozeß stärker als kontrollierbar wahrnehmen.
Damit ließ sich Thompson´s Annahme bezüglich des Einflusses subjektiver Kontrollüberzeugungen an der untersuchten Stichprobe nicht bestätigen.
Ähnlich wie in der Studie von Blanchard et al. (1996a) fühlten sich Patienten mit chronischem Verlauf der PTB stärker in verschiedenen Bereichen des Lebens beeinträchtigt,
allerdings wird der Unterschied zu Personen mit remittierender Symptomatik erst im
Laufe der Zeit deutlich. Hinsichtlich der Häufigkeit von erneuten Traumata und der
Inanspruchnahme einer psychologischen Betreuung als Art soziale Unterstützung nach
dem Verkehrsunfall sowie hinsichtlich der Dauer der Arbeitsunfähigkeit infolge der
Verletzungen durch den Unfall fanden sich keine deutlichen Unterschiede zwischen
beiden Patientengruppen. Das ist verwunderlich, da in den Verlaufsuntersuchungen gerade die soziale Unterstützung und der Verlauf des physischen Heilungsprozesses eine
große Rolle im Verlauf der psychischen Belastungssymptomatik spielte.
Ein chronischer Symptomverlauf deutete sich in dieser Analyse entgegen zahlreicher
bisheriger Befunde nicht bereits in einer schwereren PTB unmittelbar nach dem traumatischen Ereignis an. Interessanterweise zeichnete sich in beiden Gruppen ein Rückgang
der Intrusionssymptome ab, wohingegen Übererregungssymptome in beiden Gruppen in
ihrer Schwere erhalten blieben. Unterschiede werden lediglich bei den Vermeidungssymptomen sichtbar – hier wird nur bei Personen mit remittierender PTB eine rückläufige Tendenz sichtbar. Allerdings wird dieser Unterschied im VFB, der hauptsächlich
behaviorales Vermeiden erfaßt, nicht deutlich. Personen mit chronischem Symptomverlauf hoben sich des weiteren durch eine schwerere depressive Symptomatik unmittelbar
nach dem Unfall von den anderen ab, so wie es auch Blanchard et al. (1997) in ihrer
Verlaufsstudie fanden. Dieser Unterschied blieb auch über die gesamte Länge des beobachteten Zeitraums hinweg erhalten, obwohl in beiden Gruppen die Symptomatik
nachließ. Die Angstsymptomatik war in beiden Gruppen stets etwa gleich stark ausgeprägt, auch hier zeichnete sich ein Rückgang mit der Zeit ab.
Insgesamt läßt sich für die vorliegende Analyse konstatieren, daß sich einige Hypothesen nicht bestätigen ließen. Dafür sind verschiedene Erklärungen denkbar. Zunächst ist
sicherlich von Bedeutung, daß die Größe der verglichenen Gruppen eher gering ist und
die Stärke möglicherweise doch vorhandener Unterschiede nicht ausreicht, um sie sicher aufdecken zu können. Des weiteren führt das Zuordnen von Personen mit klinischer und subklinischer PTB in dieselbe Gruppe dazu, daß möglicherweise bestehende
Unterschiede zwischen Personen, deren Symptomatik vollständig remittiert und Personen mit chronisch verlaufender, klinischer PTB verwischen. Allerdings ist solch ein
Extremgruppenvergleich aufgrund der dann noch weiter reduzierten Stichprobengröße
nicht realisierbar. Als Schlußfolgerung inhaltlicher Art wäre denkbar, daß die untersuchten prätraumatischen, unfallbezogenen und posttraumatischen Variablen - wenn
überhaupt - lediglich mit der Ausbildung des Vollbildes einer PTB in einem Zusammenhang stehen (wie es die meisten der zitierten Studien auch nur untersucht haben),
nicht aber Einfluß auf den Verlauf von unmittelbar nach dem Verkehrsunfall aufgetre-
82
Verlauf der Symptomatik im Halbjahreszeitraum
tener PTB nehmen. Allerdings halte ich diese Interpretation auf Basis dieses geringen
Stichprobenumfangs für gewagt. Weitere Untersuchungen hierzu sollten deshalb folgen.
Auch die Ergebnisse der logistischen Regressionsanalyse lassen sich aufgrund der kleinen Stichprobe und der notwendig gewordenen Aussonderung möglicherweise aussagekräftiger Prädiktorvariablen nur mit Vorsicht interpretieren. Die Analyse identifizierte
das Alter und die Einschätzung der Vorhersehbarkeit des Verkehrsunfalles durch die
Personen als Prädiktoren zur Vorhersage des weiteren Verlaufs einer anfänglichen klinischen PTB. Die korrekte Zuordnung der Personen zu den Gruppen verbesserte sich
dadurch von 61% auf etwa 87%. Wie die Kreuzvalidierung allerdings ergab, ist die
Vorhersagegüte der beiden Variablen in der Gesamtpopulation geringer.
Der Vergleich von Personen, die während des gesamten Untersuchungszeitraumes symptomfrei geblieben waren, mit jenen, die im Laufe der Zeit eine PTB entwickelten, erbrachte die im folgenden zusammengefaßten Resultate. Es entwickelten mehr Frauen
eine verzögerte PTB in dieser Analyse. Dies wirft die Frage auf, ob eine bestimmte
Ausprägung prätraumatischer Variablen vielleicht doch eine Prädisposition für eine
verzögerte Entwicklung von PTB darstellen könnte. Allerdings unterstützen sowohl die
Ergebnisse aus bisherigen Studien als auch weitere Ergebnisse dieser Untersuchung
eine solche Überlegung nicht. Es fanden sich nämlich keine Unterschiede hinsichtlich
des durchschnittlichen Alters, des Bildungsstandes, der Religiosität, des derzeitigen
Erwerbstätigsein, des Bestehens einer Partnerschaft und der Anzahl früherer Traumata.
In der subjektiv wahrgenommenen Unfallschwere, der wahrgenommenen Todesangst
im Moment des Unfalls sowie in der ermittelten Verletzungsschwere gab es erwartungsgemäß keine Unterschiede zwischen den Gruppen. Ebenso zeigten sich auch keine
Differenzen hinsichtlich der Verantwortlichkeit für den Verkehrsunfall, dessen Vorhersehbarkeit und Vermeidbarkeit sowie hinsichtlich des Kontrollverlustes über Fahrzeug
und Situation im Moment des Unfalls und der wahrgenommenen Kontrolle über den
Heilungsverlauf danach. Die Theorie der kognitiven Kontrolle von Thompson (1981)
kann damit auch nicht zur Erklärung eines verzögerten PTB-Verlaufes herangezogen
werden.
Von den Personen mit einer verzögert einsetzenden Symptomatik wurden hingegen
häufiger weitere Traumata erlebt. Dieser Befund deckt sich mit jenen von Solomon et
al. (1989) und Buckley et al. (1996). Des weiteren fühlten sie sich stärker in verschiedenen Bereichen des Lebens beeinträchtigt, allerdings erst zum Ende des Untersuchungszeitraumes hin. Wider Erwarten ließen sich keine bedeutsamen Unterschiede in der
Dauer der Arbeitsunfähigkeit infolge des Verkehrsunfall erkennen, wie es Mayou et al.
(1993), Buckley et al. (1996) und Ehlers et al. (1998) berichteten. Psychologische Betreuung nach dem Verkehrsunfall nahmen lediglich 4 Personen in Anspruch, so daß sich
keine Aussage über die eventuelle präventive Tendenzen von professioneller sozialer
Unterstützung dieser Form bei der Verarbeitung des Unfallgeschehens treffen läßt.
In der Schwere der PTB konnten entgegen den Erwartungen unmittelbar nach dem Verkehrsunfall keine Unterschiede zwischen den Gruppen aufgedeckt werden. Allerdings
wiesen die Personen mit verzögerter Symptomatik bereits unmittelbar nach dem Verkehrsunfall sowie auch zu den anderen Meßzeitpunkten verstärkt Depressionssymptome
auf im Vergleich zu Personen ohne PTB. Da sich diesbezüglich bereits auch die beiden
anderen verglichenen Gruppen unterschieden, kann davon ausgegangen werden, daß
anfängliche Depressionen für den Verlauf von PTB eine nicht unbeachtliche Rolle spielen. Hinsichtlich einer Angstsymptomatik zeigten sich Unterschiede zwischen den
Gruppen erst später. Bei den Personen der Gruppe „Ohne PTB“ besserte sich die teil-
Verlauf der Symptomatik im Halbjahreszeitraum
83
weise anfänglich vorhandene, allerdings unbedeutende, psychische Symptomatik über
die Zeit. Eine Ausnahme bildeten die Depressionssymptome, welche von Anfang an
schon sehr mild ausgeprägt waren.
Zusammenfassend betrachtet, fielen die Vergleiche zwischen den Personen ohne und
mit verzögert einsetzender PTB vorwiegend in erwarteter Weise aus. Der Umfang der
Stichprobe bewegte sich im akzeptablen Bereich, allerdings war die Gruppe der Personen mit verzögerter PTB unterrepräsentiert. Dies könnte wiederum dazu geführt haben,
daß möglicherweise doch bestehende, bedeutsame Unterschiede zwischen den Gruppen
nicht in ausreichendem Maße deutlich geworden sind. Auch diesbezüglich werden also
weitere Untersuchungen notwendig sein.
Die ebenfalls durchgeführte logistische Regressionsanalyse ermittelte den anfänglichen
BDI-Wert und die Angabe, ob nach dem Verkehrsunfall weitere Traumata erlebt worden sind, als Prädiktoren für die Vorhersage einer verspäteten Entwicklung von PTB.
Die korrekte Zuordnung der Personen zu den Gruppen verbesserte sich dadurch von
72% auf etwa 86%, wobei der Anteil der korrekt identifizierten Personen mit verzögert
eintretender Symptomatik von 0% auf 70% anstieg. Die Kreuzvalidierung ergab, daß
die Vorhersagegüte der beiden Variablen in der Höhe ebenfalls für die gesamte Population angenommen werden kann. Auch hier ist allerdings zu berücksichtigen, daß aufgrund der notwendig gewordenen Aussonderung von Variablen mit einer hohen Rate an
fehlenden Werten möglicherweise aussagekräftige Prädiktoren der Analyse verlorengegangen sind, die eine noch genauere Vorhersage als die beiden ermittelten Prädiktoren
hätten leisten können.
Wie bereits an mehreren Stellen deutlich geworden ist, liegt in den geringen Stichprobenumfängen der Gruppen mit den unterschiedlichen PTB-Verläufen sicherlich das
Hauptproblem der vorliegenden Teilstudie. Die Verteilung der Teilnehmer auf die
Gruppen läßt sich jedoch im Vorfeld schwer abschätzen. Zudem sind die Prävalenzrate
von klinischer Symptomatik unmittelbar nach einem Verkehrsunfall und daraus folgend
auch die von chronischer bzw. remittierender PTB relativ gering, so daß für eine angemessene Gruppengröße eine große Zahl an Patienten rekrutiert werden muß. Hinzu
kommt, daß eine Reihe der Patienten zunächst an der Studie teilnahm, sich im weiteren
Verlauf jedoch nicht mehr zur Mitarbeit motivieren ließen. Des weiteren muß die teilweise unvollständige Bearbeitung der Fragebogenbatterien durch die Teilnehmer erwähnt werden. Fragebögen waren mitunter nicht vollständig ausgefüllt und dadurch nur
eingeschränkt oder gar nicht verwertbar. Das ist bei umfangreichen Befragungen sicherlich nicht zu verhindern, jedoch zeigt dies auch, daß am Anfang einer Studie größtmögliche Sorgfalt geboten ist, sei es bei der Rekrutierung der Personen oder bei der Zusammenstellung und Aufbereitung der Fragebogenbatterie, um unnötige Reduktionen
der Stichprobe zu vermeiden. Wie sich bei Nachbefragungen herausstellte, sorgten einige ungünstige Formulierungen, unter anderem im PDS-Fragebogen für Verwirrung bei
den Patienten. So zielen einige Fragen auf Handeln, Fühlen und Denken in der gewohnten Umgebung ab und können im Krankenhaus von den Patienten lediglich hypothetisch
beantwortet werden, z. B. Items zur Beeinträchtigung in verschiedenen Lebensbereichen und zur behavioralen Vermeidung. Des weiteren hatten mehrere Patienten mit der
Bewertung des Items „Konnten/können Sie sich an einen wichtigen Bestandteil des Erlebnisses nicht erinnern?“ auf der vorgegebenen Skala Schwierigkeiten, was sich auch
in einem nicht sinnvoll interpretierbaren Ergebnis niederschlug. Weiterhin führte die
eingeschränkte Ausrichtung des PDS-Fragebogens zu t1 auf das schlimmste Trauma
zum unnötigen Ausschluß einiger Personen aus der Untersuchung, die den Verkehrsun-
84
Verlauf der Symptomatik im Halbjahreszeitraum
fall nicht als ihr schwerstes Trauma bewerteten, und bei ihnen dann dadurch keine Informationen bezüglich des Verkehrsunfall vorlagen.
Im Gegensatz zu den meisten anderen Untersuchungen lag der Schwerpunkt dieser Analyse im Beschreiben der PTB-Verläufe innerhalb der ersten Monate nach dem Verkehrsunfall. Es wurde vorrangig den Symptomkriterien der PTB gemäß DSM-IV Beachtung geschenkt und die Symptomatik der Untersuchungsteilnehmer danach beurteilt.
Weitere Meßzeitpunkte nach einem Monat, nach 7 Monaten und später hätten sich
durchaus als günstig erwiesen, um u. a. auch die Zeitkriterien des DSM-IV für die Dauer der Symptomatik berücksichtigen zu können. Dies hätte die Vergleichbarkeit mit
anderen Studien gefördert.
Ein weitere Überlegung als Anregung für zukünftige Studien zu diesem Thema betrifft
die Gruppenbildung für die Verlaufsuntersuchung der Symptomatik. Neben der Einteilung der Personen gemäß ihrer Erfüllung der DSM-IV-Kriterien zu den verschiedenen
Zeiten, wäre z. B. auch eine Gruppierung nach Extremwerten in der PDS-Symptomsumme vorstellbar. Untersucht würde dann nicht, wie die Erfüllung der Symptomkriterien variiert, sondern wie sich die Symptomsumme im Laufe der Zeit verändert. Daß
Einflußfaktoren dann aufgrund der größeren Unterschiedsspannen zwischen den Gruppen hinsichtlich der Symptomatik besser identifiziert werden können, ist durchaus
denkbar.
Abschließend bleibt festzuhalten, daß unmittelbar nach einem Verkehrsunfall Aussagen
über die Gefahr einer pathologischen Verarbeitung desselben anhand vorliegender PTBSymptomatik nicht mit Sicherheit getroffen werden können. Zu viel Veränderung, sowohl positiver als auch negativer Art folgt noch. Die Aussagekraft wird jedoch durch
zusätzliche Informationen über die Betroffenen erhöht. Das Studium des Verlaufs der
posttraumatischen Belastungssymptomatik infolge eines Verkehrsunfall und besonders
der einflußnehmenden Faktoren, vor allem an umfangreicheren Stichproben und über
längere Zeiträume hinweg, bleibt somit weiterhin ein wichtiges Forschungsziel, um die
bisherigen Erkenntnisse zu fundieren bzw. zu ergänzen und damit für Betroffene nutzbar zu machen.
Umgang mit Intrusionen und der Einfluß auf die Belastungssymptomatik
87
5 Umgang mit Intrusionen und der Einfluß auf die Belastungssymptomatik
5.1 Zusammenfassung
Traditionell wurde die Trauma- bzw. Unfallschwere als Risikofaktor für das Entwickeln
einer PTB angesehen (March 1993). Studien, die mit Vergewaltigungsopfern durchgeführt wurden, zeigten, daß mit der Traumaschwere auch die PTB-Häufigkeit ansteigt.
Als relevantes Kriterium für die Traumaschwere fand man u.a. das Ausmaß körperlicher
Verletzungen (Kilpatrick et al. 1989). Es scheint demnach bei Vergewaltigungsopfern
eine Dosis-Wikungs-Beziehung zu geben, wonach besonders schwere körperliche und
seelische Traumatisierungen besonders ausgeprägte Belastungssymptome nach sich
ziehen. Die Befundlage zur Dosis-Wirkungs-Beziehung bei Verkehrsunfällen ist dagegen uneinheitlich. In mehreren Studien wurde das Ausmaß körperlicher Verletzungen
als Kriterium für die Traumaschwere herangezogen. Die Ergebnisse einiger dieser Studien (z.B. Blanchard et al. 1995; Malt et al. 1993) lassen den Schluß zu, daß es einen
positiven Zusammenhang gibt zwischen der Verletzungsschwere und der Wahrscheinlichkeit, eine PTB zu entwickeln. Die Mehrzahl der Studien (z.B. Bryant et al., 1995;
Mayou et al., 1993; Feinsten, 1991; Ehlers et al., 1998), die zu diesem Thema durchgeführt wurden, können diesen Zusammenhang jedoch nicht bestätigen. Mittlerweile gibt
es empirische Hinweise, daß die initiale Reaktion bzw. initiale kognitive Veränderungen einen größeren Effekt zu haben scheinen als der klassische "Dosis-WirkungsZusammenhang" (Maercker, 1998). Unter diesem Blickwinkel wurde der Zusammenhang zwischen dem Umgang mit intrusiven Gedanken nach dem Unfall sowie der posttraumatischen Belastungssymptomatik selbst untersucht.
In einer längsschnittlichen Untersuchung wurden 64 Patienten einer unfallchirurgischen
Abteilung einer Universitätsklinik 10 Tage und drei Monate nach dem Unfall untersucht. Erhoben wurde die posttraumatische Belastungssymptomatik und Strategien, mit
den intrusiven Gedanken umzugehen (sog. Gedankenkontrollstrategien). Es zeigen sich
Zusammenhänge zwischen spezifischen Gedankenkontrollstrategien und PTBSymptomatik nach 10 Tagen und, in schwächerer Ausprägung auch nach drei Monaten.
Im Ergebnis einer explorativen Auswertung zeigt sich, daß insbesondere die Strategien
"Ablenkung" und "Sorgen" eine relevante Rolle im Zusammenhang mit der PTBSymptomatik spielen. Dagegen wurde erwartungsgemäß kein substantieller Zusammenhang zwischen Verletzungsschwere als einem herkömmlichen Aspekt der Traumaschwere und posttraumatischer Symptomatik gefunden.
5.2 Fragestellung und Hypothesen
Ausgehend von der Betrachtung der bisherigen Ergebnisse war das Ziel der vorliegenden Analyse, in einem naturalistischen, d.h. dem klinischen Alltag nahen Setting im
Rahmen eines Längsschnittdesigns, den Zusammenhang von Gedankenkontrollstrategien und PTB-Symptomatik zu untersuchen. Welche Gedankenkontrollstrategien eine
88
Umgang mit Intrusionen und der Einfluß auf die Belastungssymptomatik
besondere Rolle spielen, blieb bei der Hypothesenbildung offen, so daß die Untersuchung des Einflusses von spezifischen Gedankenkontrollstrategien explorativen Charackter hat. Aus früheren Studien liegen Hinweise vor, daß Intrusionen, die kurz nach
dem Unfall berichtet werden, zur Aufrechterhaltung posttraumatischer Belastungssymptomatik beitragen können. Andererseits wird den Strategien, mit denen Verkehrsunfallopfer die wiederkehrenden Erinnerungen zu kontrollieren versuchen, zentrale
Bedeutung beigemessen. Diese Zusammenhänge sollen in dieser Analyse einer näheren
Betrachtung unterzogen werden. Als ergänzender Kontrapunkt dazu soll darüber hinaus
der Beitrag der körperlichen Verletzungsschwere zur Entwicklung einer PTB eingeschätzt werden, wobei angenommen wird, daß dieser relativ gering ist.
5.3 Methoden
5.3.1 Stichprobe
Die untersuchte Stichprobe umfaßt 75 Patienten, die innerhalb einer Woche nach dem
Unfall untersucht wurden und zu denen komplette Daten bezüglich posttraumatischer
Symptomatik, Verletzungsschwere und Gedankenkontrollstrategien vorlagen. Von diesen 75 Patienten konnten 64 Personen für die Nachuntersuchung nach drei Monaten
gewonnen werden.
Tabelle 5.1: Stichprobencharackterisitk
Merkmale
%
Unfallbeteiligung
Fahrzeugführer
Beifahrer/Sozius
Fußgänger
Radfahrer
58,2
14,5
7,3
20,0
Geschlecht
Weiblich
Männlich
32,8
67,2
Erwerbstätigkeit
Vollzeit
Teilzeit
Schüler/Studenten
Arbeitslos
Vorruhestand/Rente
50,5
7,8
21,9
6,8
13,0
Die 11 fehlenden Probanden verweigerten entweder die erneute Mitarbeit oder die Daten des TCQ waren nicht auswertbar. Daher basieren die folgenden Ergebnisse auf den
Daten von 64 Patienten. Tabelle 5.1 zeigt die Stichprobencharakteristika. Das Durchschnittsalter der untersuchten Stichprobe lag bei 31,7 Jahren (Median 27,0; Std.dev.
14,9; Min. 15,0; Max. 73,0). Die Auflistung der Unfallbeteiligungsarten zeigt, daß der
überwiegende Teil der Patienten als Fahrzeugführer am Unfall beteiligt war.
Umgang mit Intrusionen und der Einfluß auf die Belastungssymptomatik
89
5.3.2 Untersuchungsablauf
Die Patienten wurden innerhalb der ersten Woche nach ihrem Unfall auf der unfallchirurgischen Station kontaktiert. Sie wurden über das Ziel der Studie aufgeklärt und um
Mitarbeit gebeten. Die nachfolgend beschriebenen Fragebögen (PDS, IES-R, soziodemographischer Fragebogen, Fragen zum Unfallhergang) wurden von den Patienten
selbst ausgefüllt. Drei Monate nach dem Unfall setzten wir uns schriftlich mit den Patienten in Verbindung und sandten Ihnen dieselben Fragebögen noch einmal zu. Es fanden bis zu drei Nachfaßversuche statt, bei denen die Patienten an die Rücksendung des
Fragebogens erinnert wurde.
5.3.3 Meßinstrumente
Erhebung der PTSD-Symptomatik
Dazu wurde der PDS (Posttraumatic Diagnostic Scale, dt. Version von Ehlers et al.,
1996) sowie der IES-R (Impact of Event Scale - revised, dt. Version von Maercker &
Schützwohl 1998) eingesetzt. Ausführliche Beschreibung und Darstellung der Gütekriterien im Abschnitt 3.3.1.
Erhebung der Verletzungsschwere und der subj. Unfallschwere
Die Verletzungen der Patienten wurden von der an der Studie beteiligten Ärztin anhand
des ISS (Injury Severity Score; AMA Commitee on Medical Aspects of Automotive
Safety 1971; Baker et al., 1974) geratet. Der ISS-Wert wurde von der American Medical Association als Standard entwickelt und ist international in der Unfallmedizin weit
verbreitet ist. Details unter 3.3.2.
Erhebung der Gedankenkontrolle
Um die Strategien zu erheben, mit denen betroffene Patienten mit ihren Intrusionen umgehen, wurde der TCQ (Thought Control Questionnaire, Wells & Davies 1994, dt. Übersetzung Fehm 1997) eingesetzt, ein Fragebogen, der speziell zur Erfassung von Gedankenkontrollstrategien konstruiert wurde. Ausführliche Beschreibung unter 3.3.3.
5.3.4 Statistische Analyse
Eine PTB-Diagnose wurde dann vergeben, wenn ein Patient drei Monate nach dem Unfall im PDS alle DSM-IV-Kriterien (A bis F) für eine Posttraumatische Belastungsstörung erfüllte. Traf dies bereits 10 Tage nach dem Unfall zu (mit Ausnahme des Zeitkriteriums), so wurde dies als "PTB-Äquivalent" eingestuft.
Die Zusammenhänge zwischen der Verletzungsschwere und der subjektiv erlebten Unfallschwere einerseits und der posttraumatischen Belastungsymptomatik andererseits
wurden als Rangkorrelationskoeffizienten berechnet. Parallel wurde, um einen eventuell
vorliegenden nichtlinearen Zusammenhang ebenfalls zu überprüfen, ein t-Test für unabhängige Stichproben durchgeführt, bei dem die mittlere Verletzungsschwere in den beiden Diagnosekategorien "kein PTB" und "PTB" verglichen wurde.
Korrelationanalysen wurden durchgeführt zur Überprüfung des Zusammenhangs von
Gedankenkontrollstrategien und posttraumatischer Symptomatik. Abschließend wurde
eine Regressionsanalyse durchgeführt, um den prädiktiven Wert einzelner Gedanken-
90
Umgang mit Intrusionen und der Einfluß auf die Belastungssymptomatik
kontrollstrategien zu untersuchen. Es kam eine multiple lineare Regression nach der
Einschlußmethode zum Einsatz.
5.4 Ergebnisse
5.4.1 Drei-Monats-Prävalenz posttraumatischer Belastungssymptomatik
DSM-IV-Diagnose
Der überwiegende Teil der untersuchten Verkehrsunfallopfer berichtet posttraumatische
Belastungssymptome. Wie in Tabelle 2 aufgeführt, unterscheiden sich die Auftretenshäufigkeiten der einzelnen Symptomkategorien deutlich: Mit Abstand am häufigsten
erfüllten Patienten das DSM-IV-Symptomcluster Intrusionen (68,8% nach 1 Woche,
84,4% nach drei Monaten).
39,1% der Patienten erfüllten nach drei Monaten die Kriterien der PTB-Diagnose. Nach
10 Tagen hatten lediglich 14,1% ein PTB- Äquivalent. Zwischen der Kontrollvariablen
Geschlecht und den drei PTB-Symptomclustern lassen sich lediglich zum ersten Untersuchungszeitpunkt moderate signifikante Korrelationen finden. Nach drei Monaten korreliert lediglich das Vorhandensein einer PTB, aber nicht mehr die einzelnen Symptomcluster mit dem Geschlecht. Dabei sind Frauen tendenziell häufiger von PTBSymptomatik betroffen. Das Alter korreliert lediglich mit dem Vorhandensein einer
PTB nach drei Monaten (s. Tabelle 3).
Tabelle 5.2: Diagnosekriterien und Anteil der Patienten in Prozent (N=64)
Kriterium
1 Woche
3 Monate
Intrusionen
68,8
84,4
Vermeidung/Numbing
51,6
48,4
Hyperarousal
37,5
54,7
Alle Symptomcluster
29,7
39,1
Beeinträchtigung
57,8
67,2
DSM-IV-Diagnose
(14,1)*
39,1
* entspr. DSM-IV ohne Zeitkriterium
Verlauf
Betrachtet man die Veränderungen der PTB-Diagnosezuordnung zwischen den beiden
Untersuchungszeitpunkten, so zeigt sichfolgendes: 35.9% (N=23) entwickelten ausgehend von einem gesunden Status zum ersten Zeitpunkt eine PTB, bei 53.1% (N=34)
Umgang mit Intrusionen und der Einfluß auf die Belastungssymptomatik
91
blieb der Symptomstatus unverändert und bei 10.9% (N=7) remittierte die zum ersten
Untersuchungszeitpunkt vorliegende PTB-äquivalente Störung.
Ein t-Test für abhängige Stichproben erbrachte keinen signifikanten Unterschied zwischen dem mittleren PDS-Wert zu t1 und zu t2 (t=-.12, df=75, p=.91).
5.4.2 Verletzungsschwere
In der Stichprobe überwiegen die Patienten mit mittelgradigen Verletzungen (ISS 1-12,
48.7%). Schwere (ISS 13-19) und sehr schwere Verletzungen (ISS >20) treten etwa
gleich häufig auf (27.6 bzw. 22.4%). Der Mittelwert des ISS liegt bei 13.85 (Std.abw.
9.03, Min. 1.0, Max. 43.0).
Die Verletzungsschwere korreliert zum ersten Untersuchungszeitpunkt kurz nach dem
Unfall nicht signifikant mit spezifischer Belastungssymptomatik (siehe Tabelle 5.3),
was sich in ähnlicher Form zum zweiten Untersuchungszeitpunkt nach drei Monaten
findet. Es läßt sich wie erwartet kein linearer Zusammenhang feststellen.
Um auch eventuelle nichtlineare Zusammenhänge zu prüfen, wurden die Einteilung
nach drei Schweregraden auf Unterschiede im Ausmaß der PTB-Symptomatik untersucht. Es fanden sich dabei weder zum ersten noch zum zweiten Untersuchungszeitpunkt signifikante Unterschiede zwischen den drei Gruppen hinsichtlich des PDSSymptomsummenscores (t1: F=1.05, df=2, p=.35; t2: F=1.26, df=2, p=.29) und der keiner der insgesamt 6 PDS- bzw. IES-R-Subskalen.
Tabelle 5.3: Korrelation zwischen Prädiktor-Variablen und IES-Skalen bzw. PTB-Diagnose nach DSMIV (N=64)
1 Woche
Alter
+
3 Monate
Intrusionen
Vermei
dung
Hyperarousal
Intrusionen
Vermei
dung
Hyperarousal
Diagnose
.12
.09
.08
.19
.11
.05
.28*
.10
.19
.14
.25*
+
Geschlecht
.39**
.32*
.23
Verletzungsschwere (ISS)
.12
.14
.07
-.17
-.02
-.07
-.01
subj. Unfallschwere
-.02
-.15
.03
.10
.06
.11
.00
Ablenkung (TCQ)
.44***
.51***
.47***
-.19
-.17
-.14
-.01
Neubenennung (TCQ)
.25*
.30*
.26*
-.03
.07
.07
.15
Sorgen (TCQ)
.40**
.52***
.47***
-.27*
-.27*
-.18
Bestrafung (TCQ)
.33**
.40**
.37**
-.14
-.15
-.22
Soz. Kontrolle (TCQ)
.23+
.42**
.32*
-.04
.04
-.01
-.05
+
-.12
.12
p<.08, * p<.05, ** p<.01, *** p<.001
5.4.3 Gedankenkontrolle
Die erhobenen Gedankenkontrollstrategien korrelieren zum ersten Untersuchungszeitpunkt z.T. hochsignifikant und in erheblicher Höhe mit den Symtomclustern. So stehen
92
Umgang mit Intrusionen und der Einfluß auf die Belastungssymptomatik
die Strategien "Ablenkung" und "Neubenennung" sowohl mit Intrusionen, Vermeidung
als auch mit Hyperarousal in einem positiven Zusammenhang. Die Strategie Sorgen
korreliert mit Intrusionen negativ, mit Vermeidung und Hyperarousal dagegen positiv.
Die Strategie "Bestrafung" korreliert positiv mit Vermeidung und Hyperarousal, "Soziale Kontrolle" korreliert negativ mit Vermeidung. Zum zweiten Untersuchungszeitpunkt
nach drei Monaten korreliert lediglich "Sorgen" negativ mit Intrusionen und Vermeidung. Die anderen Gedankenkontrollstrategien weisen keinen signifikanten linearen
Zusammenhang auf.
5.4.4 Gemeinsame Regressionsanalyse
Mittels einer multiplen linearen Regressionsanalyse wurde getestet, welche Kombination von Variablen die Ausprägung der drei Symptomcluster Intrusion, Vermeidung und
Hyperarousal drei Monate nach dem Unfall am besten vorhersagt. Die erste Analyse
testete die Prädiktion der PTB-Symptomatik durch die Kontrollvariablen Alter und Geschlecht und die traditionell untersuchte Variable der Verletzungsschwere. In der zweiten Analyse wurden die fünf TCQ-Subskalen mit einbezogen, um deren Beitrag für die
Vorhersage der Symptomatik zu prüfen. In einem dritten Analyseschritt wurden zusätzlich die Interaktionen der IES-R-trusionsskala mit den TCQ-Subskalen zum ersten Untersuchungszeitpunkt berücksichtigt. Dieser Schritt geschah um zu prüfen, ob das
gleichzeitige Vorliegen von Intrusionen und der Kontrollstrategie Ablenkung zum ersten Zeitpunkt zur Aufklärung der PTB-Symptomatik zum zweiten Zeitpunkt beiträgt.
Vorhersage von Intrusionssymptomen
Die Variablen Alter, Geschlecht und Verletzungsschwere erbringen in einem ersten
Schritt der Regressionsanalyse keinen signifikanten Beitrag zur Varianzaufklärung der
IES-Intrusionsskala zum zweiten Untersuchungszeitpunkt.Auch die im zweiten Schritt
hinzugenommenen fünf Subskalen des TCQ erbringen keinen signifikanten Zuwachs
zur Varianzaufklärung. Erst durch die weitere Hinzunahme der Interaktionen zwischen
dem Vorliegen von Intrusionen und Gedankenkontrollstrategien zum ersten Zeitpunkt
wird in einem dritten Schritt eine signifikante Veränderung des R2 für das Symptomcluster Intrusionen zum zweiten Zeitpunkt erreicht (R2-Change=.20, F=2.64). Dabei
weisen die Interaktionen von Intrusionen und den Kontrollstrategien Ablenkung und
Selbstbestrafung positive Beta-Gewichte auf, die Strategie Selbstbestrafung sowie die
Interaktion von Intrusionen und der Strategie Soziale Kontrolle weisen dagegen ein negatives Beta-Gewicht auf (siehe Tabelle 5.4).
Vorhersage von Vermeidungssymptomen
Hier konnte weder durch Hinzunahme der TCQ-Subskalen im zweiten Schritt noch
durch die Einbeziehung der Interaktionen zwischen der IES-Intrusionsskala und den
TCQ-Subskalen eine signifikante Zunahme des R² erreicht werden. Dessen ungeachtet
wiesen im dritten Schritt die Interaktion zwischen Intrusionen und Selbstbestrafung ein
Tabelle 5.4: Regressionsanalyse, Ergebnisse getrennt für die IES-R-Subskalen (N=64)
Variable
R2
Schritt 1
.05
F
.88
Hyperarousal
Vermeidung
Intrusionen
Change
of R2
-
F
β
T
-
R2
.03
F
.60
Change
of R2
-
F
β
T
-
R2
.05
F
.90
Change
of R2
-
F
β
T
-
Alter
.14
1.10
-.11
-.74
-.01
-.06
Geschlecht
.02
.14
.15
1.07
.13
.91
-.15
-1.11
-.09
-.68
-.18
-1.34
.10
.66
Verletzungsschwere
Schritt 2
.10
.70
.05
.60
.14
1.00
.11
1.22
.14
.98
.09
1.03
Alter
.22
1.48
-.11
Geschlecht
.05
.33
.17
-.74
.15
1.06
Verletzungsschwere
-.13
-.99
-.09
-.63
-.16
-1.22
Ablenkung
-.08
-.44
-.06
-.36
-.10
-.56
Selbstbestrafung
-.15
-.78
.13
.61
-.33
-1.72
.08
.49
.24
1.48
.10
.66
.01
.06
.10
.54
.10
.59
-.09
-.41
-.38
-1.75
.03
.12
Neubewertung
Soziale Kontrolle
Sorgen
94
Umgang mit Intrusionen und der Einfluß auf die Belastungssymptomatik
Fortsetzung: Regressionsanalyse, Ergebnisse getrennt für die IES-R-Subskalen (N=64)
Variable
Schritt 3
Intrusionen
Vermeidung
R2
F
Change F
of R2
.30
1.51
.20
β
T
2.64*
Hyperarousal
R2
F
Change
of R2
F
.26
1.19
.12
1.43
β
T
R2
F
Change F
of R2
.34
1.73
.20
β
T
2.67*
Alter
.18
1.28
-.18
-1.11
.06
.43
Geschlecht
.07
.51
.15
.95
.20
1.36
Verletzungsschwere
-.08
-.64
-.06
-.45
-.12
-.99
Ablenkung
-.56
-1.61
-.06
-.17
-.58
-1.70
Selbstbestrafung
-.91
-2.63*
-.62
-1.58
-1.12
-3.12**
Neubewertung
-.06
-.23
.16
.62
.03
.11
Soziale Kontrolle
.45
1.99+
.41
1.69
.57
2.38*
Sorgen
.41
1.02
-.39
-.87
.43
1.05
Intrusion*Ablenkg.
2.34
2.33*
.80
.76
2.39
2.39*
Intrusion*Selbstbestr.
3.14
3.04**
2.68
2.40*
3.12
2.95**
Intrusion*Neubew.
.17
.23
.13
.17
-.10
-.14
Intrusion*Soz. Kontr.
-3.36
-2.99**
-2.53
-2.13*
-3.44
-2.96**
Intrusion*Sorgen
-2.09
-1.88+
-.68
-.56
-1.73
-1.56
positives, sowie die Interaktion zwischen Intrusionen und Sozialer Kontrolle ein negatives signifikantes Beta-Gewicht auf.
Vorhersage von Hyperarousalsymptomen
Die ersten beiden Regressionsschritte ergaben keine signifikanten Werte. Im dritten
Regressionsschritt erbrachte die Hinzunahme der Interaktionsvariablen eine signifikante
Änderung des R² (.20, F=2.67). Dabei erreichten die Variable Soziale Kontrolle sowie
die Interaktionsvariablen "Intrusion*Ablenkung"und "Intrusion*Selbstbestrafung" signifikante positve Beta-Gewichte. Die Variablen Selbstbestrafung sowie die Interaktionsvariable "Intrusion*Soziale Kontrolle" wiesen dagegen negative signifikante BetaGewichte auf (siehe Tabelle 5.4).
5.5 Diskussion
Die ermittelte Häufigkeit posttraumatischer Belastungssymptomatik im praxisrelevanten Setting einer unfallchirurgischen Klinik liegt in dem Bereich, den die Ergebnisse
anderer Studien erwarten ließen. Es zeigte sich, daß ca. 10 Tage nach einem Verkehrsunfall 14% der untersuchten Unfallpatienten an einer klinisch relevanten Belastungssymptomatik (PTB-Äquivalent") leidet. Drei Monate später hat die Prävalenzrate deutlich zugenommen und liegt bei 39%. Betrachtet man die Symptomatik detailliert, so
berichten zwei Drittel der Patienten zum ersten Untersuchungszeitpunkt von Intrusionen, die Hälfte von Vermeidung und ein Drittel von Hyperarousalsymptomen. Drei
Monate später ist die Häufigkeit von Intrusionen und Hyperarousal weiter angestiegen,
die Häufigkeit vonVermeidungssymptomen dagegen ist etwa gleich geblieben.
Interessant sind auch die Verläufe zwischen den beiden Untersuchungszeitpunkten. So
verschlechtert sich ausgehend vom ersten Zeitpunkt bei 35% der Zustand, 55% bleiben
mehr oder weniger unverändert, 10% remittieren. Diese Veränderungen beziehen sich
auf die zwei in dieser Analyse zu vergebenden diagnostischen Kategorien, d.h. ob eine
PTB vorliegt oder nicht.
Frauen klagen zum ersten Untersuchungszeitpunkt häufiger über Intrusionen und Vermeidung als Männer und sie leiden nach drei Monaten erwartungsgemäß häufiger unter
PTB. Dies deckt sich mit bisherigen Ergebnissen aus der Psychotraumatologie sowie
mit den Befunden zu "benachbarten" Störungskategorien wie Angsterkrankungen und
Depression. Darüber hinaus sind ältere Unfallopfer häufiger von einer PTBSymptomatik betroffen als jüngere zum zweiten Untersuchungszeitpunkt nach drei Monaten.
Die Verletzungsschwere und die subjektiv eingeschätzte Schwere des Unfalls weist erwartungsgemäß keine substantielle Korrelation mit der PTB-Symptomatik auf. Dies
deckt sich mit der Mehrzahl der Ergebnisse aus vergleichbaren Studien, v.a. solchen, die
ebenfalls den ISS zur Bestimmung der Verletzungsschwere verwendeten. Es stützt neuere Befunde, nach denen weniger die objektivierbaren Aspekte des Traumas sondern
vielmehr der kognitiv-emotionale bzw. behaviorale Umgang damit für die Entwicklung
einer PTB von Bedeutung sind (Ehlers & Steil 1995, Maercker 1998). Einschränkend ist
jedoch anzumerken, daß die Verletzungsschwere nur eine unzureichende Operationalisierung der Unfallschwere darstellt, da sie lediglich die physischen Folgen beschreibt.
96
Umgang mit Intrusionen und der Einfluß auf die Belastungssymptomatik
Um aber die Unfallschwere angemessen zu operationalisieren, müßten weitaus mehr
Aspekte des Verkehrsunfalls erfaßt und entsprechend ihres Beitrages gewichtet werden.
Dies wäre eine Aufgabe für weiter Forschung.
Alle fünf Subskalen des TCQ korrelieren mit der posttraumatischen Belastungssymptomatik nach einer Woche (siehe Tabelle 5.3). Am stärksten sind hier die Zusammenhänge bei den Skalen Ablenkung, Sorgen und Bestrafung. Eher geringe Zusammenhänge finden sich bei den Skalen Neubenennung und soziale Kontrolle. Da es sich hierbei
lediglich um korrelative Zusammenhänge handelt, ist nicht klar, ob beispielsweise aufgrund von häufig auftretenden Intrusionen Ablenkungsstrategien eingesetzt werden,
oder ob aufgrund von Ablenkungsstrategien die Intrusionen gehäuft auftreten. Beides
wäre plausibel. Hier könnten die Korrelationen zwischen Gedankenkontrollstrategien zu
t1 und PTB-Symptomatik zu t2 Aufschluß geben. Es zeigt sich, daß lediglich die Strategie "Sorgen" signifikant negativ korreliert und zwar mit Intrusionen und Vermeidung.
Dies könnte bedeuten, daß je stärker Menschen sich kurz nach dem Unfall in sorgenvoller, grüblerischer Weise mit den Gedanken daran beschäftigen, desto seltener mittelfristig Intrusionen auftreten. Dabei haben diese Menschen das Gefühl, sich in Form von
Sorgen mit dem Trauma auseinanderzusetzen und damit das Traumas gerade nicht zu
vermeiden. So läßt sich evtl. die negative Korrelation mit den Vermeidungssymptomen
erklären, die auf den ersten Blick keinen Sinn zu machen scheint.
Auf der Suche nach dem prädiktiven Wert der erhobenen Gedankenkontrollstrategien
wurde eine multiple hierarchische Regressionsanalyse in drei Schritten durchgeführt.
Dabei konnte erst nach Hinzuziehung der Interaktionen zwischen Intrusionen und Gedankenkontrollstrategien zu t1 ein signifikanter Zuwachs des R² für die Prädiktion von
Intrusionen und Hyperarousal erreicht werden (Change of R² jeweils .20). Mit den in die
Regressionsanalyse einbezogenen Variablen konnten 30% der Varianz der Intrusionsskala zu t2 sowie 34% der Hyperarousalskala zu t2 aufgeklärt werden. Den stärksten
Beitrag zur erreichten Varianzaufklärung dieser beiden Symptomcluster bzw. die höchsten signifikanten -Gewichte erbrachten die Interaktionsvariablen "Intrusion*Ablenkung", "Intrusion*Selbstbestrafung" (positive -Gewichte) und "Intrusion*Soziale
Kontrolle" (negative -Gewichte). Das heißt: Bei Vorliegen von Intrusionen und gleichzeitgem Einsatz der Gedankenkontrollstrategien Ablenkung oder Selbstbestrafung kurz
nach dem Unfall ist mit einer erhöhten Auftretenswahrscheinlichkeit von Intrusionen
und Hyperarousal drei Monate später zu rechnen. Das gemeinsame Vorliegen von Intrusionen und der Gedankenkontrollstrategie Soziale Kontrolle zu t1 senkt dagegen eher
die Auftretenswahrscheinlichkeit von Intrusionen und Hyperarousal zu t2.
Was bedeuten diese Interaktionseffekte? Sie sind Hinweise darauf, daß weder das Auftreten von Intrusionen allein noch der Einsatz von Gedankenkontrollstrategien, die im
Allgemeinen eher als dysfunktional betrachtet werden, die Aufrechterhaltung bzw.
Neuentwicklung einer PTB-Symptomatik vorhersagen. Erst bei gleichzeitigem Vorliegen beider Faktoren erhöht sich die Wahrscheinlichkeit einer PTB-Symptomatik drei
Monate später. Im übrigen deckt es sich mit Befunden von Reynolds & Brewin (1998),
die bei PTB-Patienten die Strategie "Ablenkung" beim Umgang mit Intrusionen signifikant häufiger fanden als in einer gesunden Kontrollgruppe. Interessant ist weiterhin, daß
bestimmte Gedankenkontrollstrategien selektive Effekte zu haben scheinen. Versuchen
die Patienten, ihre Intrusionen mittels Ablenkung oder Selbstbestrafung zu bewältigen,
werden sie eher aufrechterhalten. Tauschen sich die Patienten dagegen mit anderen über
die Intrusionen aus (Strategie "Soziale Kontrolle"), so scheint dies eher zu einem Abklingen der Intrusionen und der Hyperarousalsymptome beizutragen. Hier scheinen sich
Umgang mit Intrusionen und der Einfluß auf die Belastungssymptomatik
97
die bekannten Effekte v.a. kognitiver Vermeidung widerzuspiegeln, die u.a. aus dem
Bereich der Angst- und Zwangsstörungen bekannt sind. Entgegen den Erwartungen
zeigte sich kein positiver, d.h. symptomreduzierender Effekt der Gedankenkontrollstrategie "Neubewertung". Gerade diese Art des Umgangs mit intrusiven Erinnerungen an
ein traumatisches Ereignis wird gemeinhin als wichtiger Faktor für die erfolgreiche Bewältigung eines Traumas angesehen. Auch die Gedankenkontrollstrategie "Sorgen"
wies nicht den erwarteten (aufrechterhaltenden) Effekt auf. Woran könnte das liegen?
Zunächst muß berücksichtigt werden, daß diese differentiellen Befunde explorativ sind
und noch weiterer Untersuchung bedürfen. Darüber hinaus könnten folgende Gründe in
Frage kommen: mangelnde divergente Validität der Subskala "Sorgen" oder auch unzureichende konvergente Validität bzw. Konstruktvalidität des TCQ. So zitiert Fehm
(1997) eine Untersuchung von Freeston et al. (1995), die nahelegt, daß ein wesentlich
breiteres Repertoire von Strategien zum Umgang mit unerwünschten Gedanken zur Verfügung steht, als im TCQ erfaßt. Dazu kommt, daß je nach Erfolg der eingesetzten Strategie selbstverständlich auch mehrere Strategien kombiniert oder hintereinander eingesetzt werden können. Dies legt nahe, daß die Erfassung von Gedankenkontrollstrategien
mittels eines Fragebogens mit fünf Subskalen u.U. zu stark verallgemeinert und daß
dadurch vorhandene Unterschiede verwischt werden könnten. Hier scheint ein wesentliches Potential zur Erhöhung der Aussagekraft von Studien zum Thema Umgang mit
Intrusionen zu stecken.
6 Die Bedeutung von unfallbezogenen Kognitionen für
den Symptomverlauf
6.1 Zusammenfassung
Der Schwerpunkt dieser explorativen Analyse liegt auf der kognitionspsychologischen
Sichtweise der Verarbeitung des Unfallgeschehens und soll einen Beitrag zum besseren
Verstehen des Auftretens von psychischen Problemen nach Verkehrsunfällen auf der
Grundlage psychologischer Theorien, wie der "Theorie der kognitiven Kontrolle", der
"Attributionstheorie" oder der "Just-world-theory" leisten.
83 Patienten, die einen Verkehrsunfall erlitten und stationär behandelt wurden, bekamen
innerhalb der ersten zehn Tage nach dem Unfall sowie ein halbes Jahr später eine Fragebogenbatterie vorgelegt, mit der zum einen unfall- sowie heilungsbezogene Kognitionen erhoben wurden, zum anderen das psychische Befinden (Ängste, Depressionen,
Posttraumatische Belastungsstörung) erfaßt wurde. Relevante Kognitionen bzgl. des
Unfallgeschehens waren die subjektive Ursachenattribution (Fremd- oder Eigenverschulden), die im Nachhinein wahrgenommene Vermeidbarkeit des Unfallgeschehens,
die Auseinandersetzung mit der Frage "Warum gerade ich?" sowie die wahrgenommene
Kontrolle über den Genesungsverlauf.
Es zeigte sich folgendes: je mehr retrospektive Kontrolle über das Unfallgeschehen
wahrgenommen wird (d.h. je stärker man die Unfallursache bei sich selbst wahrnimmt
und je vermeidbarer der Unfall eingeschätzt wird) desto besser ist das psychische Befinden der Unfallpatienten. Unfallopfer, die sich mit der "Why me-Frage" auseinandersetzen, haben ein schlechteres psychisches Befinden, als Personen, die dies nicht tun.
Hohe wahrgenommene Kontrolle über den Genesungsverlauf vermindert das Risiko,
infolge des Verkehrsunfalles eine psychische Störungen zu generieren.
Die Ergebnisse stützen die Theorie der kognitiven Kontrolle und stellen den "Belief in a
just World"- Ansatz, zumindest was Verkehrsunfälle als traumatisches Ereignis angeht,
in Frage. Es scheint wichtiger und für das psychische Befinden besser zu sein, sowohl
retrospektiv als auch prospektiv Kontrolle wahrzunehmen, als das Ereignis, den Verkehrsunfall, in eine gerechte und sinnerfüllte Welt einordnen zu können. Der Schwerpunkt dieser Analyse liegt auf dem kognitiven Umgang mit dem traumatischen Ereignis
"Verkehrsunfall" und den damit verbundenen Folgen für den Verlauf der psychischen
Symptomatik. Dieser Ansatz hat sich als relevant herausgestellt, da Personen, die dem
gleichen Ausmaß an traumatischem Streß ausgesetzt waren und ähnlich schwere körperliche Verletzungen und Traumatisierungen davontrugen, sich physisch unterschiedlich gut und schnell von dem Ereignis "Verkehrsunfall" erholten (Frey et al., 1987). Daß
hierbei unfall- sowie heilungsbezogene Kognitionen eine wichtige Rolle spielen, konnten z.B. Frey et al.(1987) anhand einer multiplen Regressionsanalyse zeigen, in die verschiedene Kognitionen u.a. bzgl. Kausalattribution, Vermeidbarkeit, Kontrollüberzeugung zur Prädiktion der Länge der Verweildauer in der Klinik eingingen. Diese waren
in der Lage, einen Großteil der Varianz der Verweildauer der Patienten in der Klinik
aufzuklären. Die Verletzungsschwere konnte zur Varianzaufklärung nur einen im Vergleich sehr geringen Beitrag leisten. Seit einiger Zeit wird dem kognitionspsychologi-
100
Die Bedeutung von unfallbezogenen Kognitionen für den Symptomverlauf
schen Ansatz zunehmend mehr Interesse entgegen gebracht, d.h. der Einfluß verschiedener Kognitionen bezüglich des traumatischen Ereignisses auf das Entwickeln einer
PTB oder anderer psychischer Störungen wie Ängste oder Depressionen wird stärker
betont und differenzierter untersucht (z.B. Davis et al., 1996; Douglas et al., 1997; Ehlers et al., 1995; Ehlers et al., 1997; Boos et al., 1998). Insbesondere werden in dieser
Analyse die Auswirkungen jener Kognitionen, die sich in der Literatur mehrfach als
relevant herausgestellt haben (Kausalattribution, wahrgenommene Vermeidbarkeit, die
Auseinandersetzung mit der "why me-Frage" sowie die Kontrollüberzeugung), anhand
verschiedener Fragebögen, die nicht nur Symptome einer PTB, sondern die gesamte
Bandbreite psychischer Störungen erfassen, über einen Zeitraum bis zu sechs Monaten
nach dem Unfall untersucht, beschrieben und erklärt.
6.2 Fragestellungen und Hypothesen
6.2.1 Kausalattribution
Da es, wie oben beschrieben, sehr schwierig ist, über verschiedene Patientengruppen
hinweg Aussagen bzgl. der Auswirkung von bestimmten Kausalattributionen zu machen, leitet sich die folgende Hypothese, auf der Grundlage der bisherigen Ergebnisse
bzgl. der Auswirkung von Kausalattributionen ausschließlich bei Unfallopfern ab. Sowohl Bulman & Wortmann (1977) als auch die neuere Untersuchung von Douglas et al.
(1997) lassen darauf schließen, daß, je mehr die Patienten die Ursache für den Unfall
bei sich selbst sehen, sie um so besser mit diesem Ereignis umgehen können, d.h. weniger häufig die Kriterien für eine PTB erfüllen. Eventuell könnte hier das, aus der Ursachenzuschreibung resultierende Gefühl der Kontrolle, eine protektive Funktion haben.
Dagegen fanden Winter & Ehlers (1995) sowie Frey et al. (1987), daß eine Ursachenattribution auf die eigene Person eine schlechtere Verarbeitung mit sich bringt, da diese Art der Attribution Grübelprozesse in Gang setze, die sich hinderlich auf den Genesungsverlauf auswirken.
Da das Patientengut und die Vorgehensweise der hier beschriebenen Untersuchung am
ehesten mit der Studie von Frey et al. (1987) vergleichbar ist, leitet sich in Anlehnung
an deren Ergebnisse die folgende Hypothese ab, die sich allerdings im Gegensatz zu
Frey et al. auf den Verlauf der psychischen Symptomatik und nicht auf den somatischen
Heilungsverlauf bezieht: Der Verlauf der psychischen Symptomatik ist günstiger, wenn
sich die Patienten keine eigene Schuld am Unfall geben, d.h., wenn sie sich nicht als
Verursacher sehen.
6.2.2 Subjektiv wahrgenommene Vermeidbarkeit
Boninger et al. (1994), Roese (1994) sowie Janoff-Bulman (1979) zeigten, daß wahrgenommenen Vermeidbarkeit positive Auswirkungen auf die Bewältigung des traumatischen Ereignisses hat, da ihrer Meinung nach dadurch ein Gefühl zukünftiger Kontrolle
entsteht, welches sich positiv auf den Genesungsverlauf auswirkt.
Wie aus den Studien mit Unfallopfern von Bulman & Wortman (1977), Frazier (1990)
sowie Davis et al. (1995) dagegen hervorgeht, führt wahrgenommene Vermeidbarkeit
des Unfallgeschehens zu stärkeren negativen Gefühlen, vor allem zu Schuldgefühlen
und depressiver Symptomatik. Dies konnte auch die Untersuchung von Frey et al.
(1987) bestätigen. Daher die folgende Hypothese: Der Verlauf der psychischen Symptomatik ist günstiger, wenn die Patienten den Unfall für nicht vermeidbar halten.
Die Bedeutung von unfallbezogenen Kognitionen für den Symptomverlauf
101
6.2.3 Korrelative Zusammenhänge
Da das Gefühl, für ein bestimmtes Ereignis verantwortlich zu sein, nach Davis et al.
(1996), vor allem dann empfunden wird, wenn das Ereignis im Nachhinein als vermeidbar angesehen wird und dies unabhängig von der Kausalattribution ist, leitet sich, um
diesen Befund zu replizieren, die folgende Hypothese ab: Das Gefühl, sich für den Unfall verantwortlich zu fühlen, korreliert positiv mit der wahrgenommenen Vermeidbarkeit und korreliert nicht mit der Kausalattribution.
6.2.4 Die „Why me“-Frage
Wie oben beschrieben fanden Frey et al. (1987), daß sich bei weitem nicht alle Patienten mit der "Why me-Frage" auseinandersetzen und daß diejenigen, die es taten, keine
hilfreichen Antworten finden konnten. Den schnellsten Genesungsverlauf und das beste
Wohlbefinden hatten Patienten, die sich diese Frage nicht stellten.
Dies soll anhand der folgenden Hypothese überprüft werden: Die Beschäftigung mit der
Frage "Warum gerade ich?", wirkt sich ungünstig auf den Verlauf der psychischen
Symptomatik aus. Wieviele Menschen setzen sich mit dieser Frage auseinander? Welche
Antworten werden auf diese Frage gefunden?
6.2.5 Subjektiv wahrgenommene Kontrolle über den physischen Heilungsverlauf
Es soll überprüft werden, ob sich die übereinstimmenden Befunde in der Literatur bzgl.
der allgemeinen positiven Auswirkungen des Kontrollerlebens auch auf die wahrgenommene Kontrolle über den Genesungsverlauf von Unfallpatienten generalisieren lassen,. Einen ersten Beweis hierfür lieferten Frey et al. (1987). Einen zweiten Beweis, der
sich zudem mehr auf die psychischen Auswirkungen konzentriert, könnte die Bestätigung der folgenden Hypothese bringen: Der Glaube daran, den eigenen Genesungsverlauf mitbeeinflussen zu können, wirkt sich günstig auf den Verlauf der psychischen
Symptomatik aus.
6.3 Methoden
6.3.1 Stichprobe
Die untersuchte Stichprobe besteht aus 60 Männern und 23 Frauen. Das Minimum der
Altersverteilung liegt bei 16, das Maximum bei 74. Das durchschnittliche Alter beträgt
33,4 Jahre (Frauen: 29,8 Jahre; Männer: 34,7Jahre). Das Alter, das am häufigsten vorkommt ist 20 sowie 23. Der Median liegt bei 28. 27% der befragten Unfallpatienten
gaben an, verheiratet zu sein und mit ihrem Ehepartner zusammen zu leben. 66% sind
ledig, 5% geschieden und 2,5% verwitwet. Der hohe Anteil an ledigen Untersuchungsteilnehmern ist mit dem Alter zu erklären. 85% der Unfallpatienten besitzen einen Realschulabschluß, einen Abschluß an einer Polytechnischen Oberschule oder die allgemeine oder fachgebundene Hochschulreife. 8% gaben an, einen Hauptschulabschluß zu
besitzen, 7% berichteten, ohne Hauptschulabschluß von der Schule abgegangen zu sein.
Die häufigste Art am Unfallgeschehen beteiligt gewesen zu sein war als Fahrzeugführer
(60%). 13% der Befragten gaben an, als Beifahrer am Unfall beteiligt gewesen zu sein.
19% waren zum Zeitpunkt des Unfalls mit dem Fahrrad, 7% als Fußgänger unterwegs.
102
Die Bedeutung von unfallbezogenen Kognitionen für den Symptomverlauf
6.3.2 Erhebungsinstrumente
Den Patienten wurde eine Fragebogenbatterie vorgelegt, mit der nicht nur Symptome
einer Posttraumatischen Belastungsstörung (PTB), sondern auch Ängste, Depressionen
sowie unfall- und genesungsbezogene Kognitionen erfaßt wurden. Soziodemographische Variablen und Angaben zum Unfall wurden ebenfalls erhoben. Konkret kamen die
im folgenden genannten Meßinstrumente zum Einsatz: PDS, IES-R, FUK, BAI, BDI,
ISS. Detaillierte Beschreibung unter 3.3.
6.3.3 Statistische Auswertung
Allgemeine deskriptiv-statistische Auswertung
Bezüglich des Schweregrades ihrer Verletzungen werden die Probanden in drei Gruppen eingeteilt. Die erste Gruppe besteht aus Unfallpatienten mit moderaten Verletzungen (ISS 1-12). Ein ISS, der in diesem Bereich liegt, ergibt sich z.B. durch folgende
Verletzungen: verschobene Gesichtsknochenfraktur + Thoraxprellung. In der zweiten
Gruppe befinden sich Patienten mit schweren Verletzungen (ISS 13-19). Ein ISS dieser
Größenordnung könnte sich z.B. aus folgenden Verletzungen ergeben: verschobene
Gesichtsknochenfraktur + Verbrennungen an 20-30% der Körperoberfläche. Die dritte
Gruppe beinhaltet Unfallpatienten mit sehr schweren Verletzungen (ISS ≥ 20). Ein Beispiel hierfür wäre: Kontusion (Quetschung) innerer Organe + offene Thoraxwunden.
Die Unfallpatienten wurden zu beiden Meßzeitpunkten (unmittelbar nach dem Unfall
sowie sechs Monate später) bzgl. ihrer PDS-Werte in jeweils drei Gruppen eingeteilt:
Š nicht klinisch
Š subklinisch
Š klinisch
Diese Einteilung beruht auf Hickling et al. (1992). Ein Fall wurde dann als "klinisch"
bzw. nach Hickling als "diagnostiziert" betrachtet, wenn er im PDS die DSM-IVKriterien für eine Posttraumatische Belastungsstörung erfüllte. In der Kategorie "subklinisch" bzw. nach Hickling "subsyndromal" waren Personen enthalten, die neben dem
Kriterium A (Reaktion mit Hilflosigkeit, Angst oder Entsetzen) das Kriterium B (Intrusionen) und entweder das Kriterium C (Hyperarousal) oder das Kriterium D (Vermeidung) des DSM-IV erfüllten. Die Kriterien für eine Akute bzw. Posttraumatische Belastungsstörung nach DSM-IV sind im Anhang aufgeführt. Das Ausmaß an psychischer
Belastung innerhalb der ersten zehn Tage nach dem Unfall sowie ein halbes Jahr später
wird anhand der Mittelwerte der vier Fragebögen (BAI, BDI, IES, PDS) dargestellt.
Allgemeine inferenz-statistische Auswertung
Der Einfluß der Verletzungsschwere auf die psychische Symptomatik wird untersucht.
Es werden Korrelationen zwischen ISS-Höhe und Belastungssymptomatik zu beiden
Meßzeitpunkten berechnet sowie Gruppenvergleiche (moderate vs. schwere vs. sehr
schwere Verletzungen) anhand einer einfaktoriellen Varianzanalyse durchgeführt.
Die Veränderung der zahlenmäßigen Verteilung der Unfallopfer bzgl. ihrer PDS-Werte
in drei Gruppen (klinisch, subklinisch, nicht klinisch), direkt nach dem Unfall sowie ein
halbes Jahr später, wird anhand eines Chi-Quadrat-Tests auf signifikante Unterschiede
überprüft.
Die Bedeutung von unfallbezogenen Kognitionen für den Symptomverlauf
103
Die Veränderung der psychischen Belastungssymptomatik (Mittelwerte der vier Fragebögen) nach einem halben Jahr wird mit T-Tests für abhängige Stichproben auf Signifikanz überprüft.
Auswertung der Hypothesen
Kausalattribution: Der Verlauf der psychischen Symptomatik ist günstiger, wenn sich
die Patienten keine eigene Schuld am Unfall geben, dh., wenn sie sich nicht als Verursacher sehen.
Die für diese Hypothese relevanten Items (Einschätzung der Unfallursache bei sich
selbst vs. bei einer anderen Person) werden in einer einzigen Skala "Fremd vs. Eigenverschulden" zusammengefaßt (Umkodierung von Item f3 notwendig). Bei Personen,
die in einem der beiden Items einen Missingwert haben, wird der Wert des einen angegebenen Items verdoppelt, um Verzerrungen zu vermeiden bzw. um diese möglichst
gering zu halten. Gemäß der Hypothese sollte sich folgendes ergeben:
→ je höher der Wert auf der neugebildeten Skala "Fremd- vs. Eigenverschulden" (dh. je
stärker die Ursache für den Unfall bei sich selbst wahrgenommen wird), desto höher die
Summenwerte der eingesetzten Fragebögen (PDS, IES, BDI, BAI); es werden positive
Zusammenhänge erwartet.
Um dies zu überprüfen werden Korrelationen berechnet. Bei den Ratingskalen, auf denen die Patienten ihre Einschätzungen vornehmen, handelt es sich um rangskalierte Daten, daher werden Spearman-Korrelationen verwendet.
Desweiteren werden, was die Ursachenattribution betrifft, Extremgruppenvergleiche
durchgeführt, deren Mittelwerte bzgl. der genannten Fragebögen verglichen werden
sollen. Die Extremgruppen werden ausgehend von der Skala "Fremd- vs. Eigenverschulden" eingeteilt, indem Personen mit den drei niedrigsten Werten der Ratingskala
(2,3,4) die eine Extremgruppe und Personen mit den drei höchsten Werte der Ratingskala (8,9,10) die andere Extremgruppe bilden. Inhaltlich betrachtet handelt es sich bei den
beiden Extremgruppen einmal um Personen, die die Unfallursache direkt nach dem Unfall sehr stark auf sich selbst attribuieren, die andere Gruppe attribuiert die Unfallursache sehr stark auf andere Personen.
Da es hierbei um jeweils zwei Mittelwerte geht, die miteinander verglichen werden sollen, kommen einfache T-Tests für unabhängige Stichproben zum Einsatz. Sowohl bei
den Korrelationen als auch bei den Extremgruppenvergleichen werden bzgl. der psychischen Symptomatik jeweils beide Meßzeitpunkte, dh. direkt nach dem Unfall sowie ein
halbes Jahr später, betrachtet.
Interessant erschien zudem noch, die Stabilität der Einschätzung der Patienten bzgl. der
Ursachenzuschreibung über ein halbes Jahr und die Auswirkungen eventuell veränderter
Einschätzungen auf die psychische Symptomatik näher zu betrachten. Hierbei wurde
auf T-Tests für unabhängige Stichproben zurückgegriffen, nachdem durch das Bilden
einer zusätzlichen Variablen (ursdiff) drei Gruppen hergestellt wurden:
Š Personen, die ein halbes Jahr später die Ursache für den Unfall deutlich stärker
bei sich selbst sehen als unmittelbar nach dem Unfall
Š Personen, die ein halbes Jahr später die Ursache für den Unfall deutlich stärker
bei anderen Personen sehen als unmittelbar nach dem Unfall
Š Personen, deren Einschätzung konstant geblieben ist
104
Die Bedeutung von unfallbezogenen Kognitionen für den Symptomverlauf
Entsprechend der Hypothese müßte Gruppe 2 nach einem halben Jahr ein besseres psychisches Befinden aufweisen als die 1. Gruppe. Ein unmittelbarer Vergleich mit Gruppe
drei wäre aus inhaltlichen Gründen nicht sehr sinnvoll, da in ihr nur Personen mit konstanter Einschätzung enthalten sind, was sowohl Personen mit hoher wie auch mit niedriger Selbstursachenzuschreibung beinhaltet.
Subjektiv wahrgenommene Vermeidbarkeit: Der Verlauf der psychischen Symptomatik
ist günstiger, wenn die Patienten den Unfall für nicht vermeidbar halten
Die für diese Hypothese relevanten Items (Einschätzung der Vermeidbarkeit des Unfalls
sowie Einschätzung, inwieweit der Zufall als Ursache für den Unfall wahrgenommen
wird) werden in einer einzigen Skala, der "Vermeidbarkeitsskala", zusammengefaßt.
Bei Personen, die in einem der beiden Items einen Missingwert haben, wird der Wert
des einen angegebenen Items verdoppelt, um Verzerrungen zu vermeiden bzw. um diese
möglichst gering zu halten. Gemäß der Hypothese sollte sich folgenden ergeben:
→ je geringer der Wert auf der neugebildeten Skala "Vermeidbarkeit" (dh. je stärker
der Unfall im Nachhinein als vermeidbar wahrgenommen wird), desto höher die
Summenwerte der eingesetzten Fragebögen (PDS, IES, BDI, BAI); es werden negative Zusammenhänge erwartet
Um dies zu überprüfen werden Korrelationen berechnet. Da es sich bei den hierfür relevanten Ratingskalen, auf denen die Patienten ihre Einschätzungen vornahmen, ebenfalls
um rangskalierte Daten handelt, werden wiederum Spearman-Korrelationen verwendet.
Auch hier sollen Extremgruppenvergleiche durchgeführt werden, bei denen die Gruppenmittelwerte bzgl. der vier Fragebögen verglichen werden sollen. Die Extremgruppen
werden ausgehend von der Skala "Vermeidbarkeit" eingeteilt, indem Personen mit den
zwei niedrigsten Werten der Ratingskala (2,3) die eine Extremgruppe und Personen mit
den vier höchsten Werte der Ratingskala (7,8,9,10) die andere Extremgruppe bilden.
Diese zahlenmäßige Aufteilung ist problematisch, aber nur so ist es möglich, annähernd gleich große Gruppen zu bilden. Inhaltlich betrachtet handelt es sich bei diesen
beiden Extremgruppen einmal um Personen, die ihren Unfall im Nachhinein als mit
Sicherheit vermeidbar einstufen, zum anderen um Personen, die ihren Unfall im Nachhinein als mit Sicherheit nicht vermeidbar einstufen.
Da es sich hierbei wiederum um jeweils zwei Mittelwerte handelt, die miteinander verglichen werden sollen, kommen ebenfalls T-Tests für unabhängige Stichproben zum
Einsatz. Auch hier werden sowohl bei den Korrelationen als auch bei den Extremgruppenvergleichen, was die Entwicklung der psychischen Symptomatik angeht, beide Meßzeitpunkte (direkt nach dem Unfall sowie ein halbes Jahr später) betrachtet. Interessant
erschien auch hier, die Stabilität der Einschätzung der Patienten bzgl. der wahrgenommenen Vermeidbarkeit über ein halbes Jahr und die Auswirkungen eventuell veränderter Einschätzungen auf den Verlauf der psychischen Symptomatik näher zu betrachten.
Hierbei wurde auf T-Tests für unabhängige Stichproben zurückgegriffen, nachdem
durch das Bilden einer zusätzlichen Variablen (vermdiff) drei Gruppen hergestellt wurden:
Š Personen, die ein halbes Jahr später ihren Unfall als deutlich weniger vermeidbar
wahrnehmen als unmittelbar nach dem Unfall
Š Personen, die ein halbes Jahr später ihren Unfall als deutlich vermeidbarer
wahrnehmen als unmittelbar nach dem Unfall
Š Personen, deren Einschätzung konstant geblieben ist
Die Bedeutung von unfallbezogenen Kognitionen für den Symptomverlauf
105
Entsprechend der Hypothese müßte Gruppe 1 nach einem halben Jahr ein besseres psychisches Befinden aufweisen als die 2. Gruppe. Ein unmittelbarer Vergleich mit Gruppe
drei wäre aus inhaltlichen Gründen auch hier nicht sehr sinnvoll (s.o.)
Korrelative Zusammenhänge: Das Gefühl, sich für den Unfall verantwortlich zu fühlen,
korreliert positiv mit der wahrgenommenen Vermeidbarkeit und korreliert nicht mit der
Kausalattribution.
Für die Auswertung relevante Items:
Item f1: "Hätte Ihrer Meinung nach der Unfall verhindert werden können?"
1
2
3
4
5
mit Sicherheit ja
mit Sicherheit nein
Item f2: "In welchem Ausmaß liegt Ihrer Meinung nach die Ursache für den
Unfall bei Ihnen selbst?"
1
2
3
4
5
überhaupt nicht
vollständig
U 50: "Wie sehr fühlen Sie sich für den Unfall verantwortlich?"
1
2
3
4
gar nicht
stark
U 51: "Hätten Sie, wenn Sie sich anders verhalten hätten, den Unfall verhindern können?"
1
2
3
4
nein
eher
nein
eher
ja
ja
Die Hypothese postuliert folgende Korrelationen: die Korrelation von Item f1 mit U 50
müßte hoch negativ sein, die zwischen Item f2 und U 50 kaum vorhanden oder leicht
positiv; die Korrelation zwischen U 50 und U 51 müßte sehr stark positiv sein. Diese
Korrelationen werden ebenfalls nach Spearman berechnet, da die Daten wiederum lediglich Rangskalenniveau ausweisen.
„Why me“-Frage: Wieviele Menschen setzen sich mit dieser Frage auseinander? Welche Antworten werden auf diese Frage gefunden? Die Beschäftigung mit der Frage
"Warum gerade ich?", wirkt sich ungünstig auf den Verlauf der psychischen Symptomatik aus
Die Mittelwerte der Summenscores der vier Fragebögen werden zwischen den beiden
Gruppen (why me-Frage gestellt vs. why me-Frage nicht gestellt) anhand von T-Tests
für unabhängige Srichproben auf Signifikanz überprüft.
Subjektiv wahrgenommene Kontrolle über den physischen Heilungsverlauf: Der Glaube
daran, den eigenen Genesungsverlauf mitbeeinflussen zu können, wirkt sich günstig auf
den Verlauf der psychischen Symptomatik aus
Wie unter 4.3.1 beschrieben, werden insgesamt 7 Items zur Gesamtskala "Genesungskontrolle" zusammengefaßt. Es entsteht eine Skala von 5 (sehr geringe Genesungskontrolle) bis 35 (sehr hohe Genesungskontrolle). Einzelne Missing-Werte bei Personen
werden durch das Hinzuaddieren des Mittelwertes, der aus den Non-Missing-Werten
gebildet wird, ergänzt. Je höher der Gesamtwert auf der Skala "Genesungskontrolle",
desto stärker die wahrgenommene Kontrolle über den Heilungsverlauf. Zur Überprüfung der Hypothesen werden wiederum Spearman-Korrelationen zwischen der Subskala
106
Die Bedeutung von unfallbezogenen Kognitionen für den Symptomverlauf
"Genesungskontrolle" und den Summenscores der vier Fragebögen (PDS, IES, BDI,
BAI) gebildet.
Desweiteren findet eine Einteilung der Patienten nach dem Grad der Genesungskontrollüberzeugung in zwei Gruppen statt (geringe/mittlere Genesungskontrolle vs. starke
Genesungskontrolle), deren Mittelwerte in den Fragebögen mit Hilfe eines T-Tests für
unabhängige Stichproben auf Signifikanz überprüft werden.
Multiple Regressionsanalyse
Es soll versucht werden, anhand der verschiedenen Kognitionen bzgl. des Unfalls
(Fremd- vs. Eigenverschulden, wahrgenommene Vermeidbarkeit, Auseinandersetzen
mit der why me-Frage sowie der Kontrollüberzeugung bzgl. desGenesungsprozesses),
das Ausmaß an psychischer Belastung vorherzusagen, dh. es soll überprüft werden, ob
diese Kognitionen (Prädiktoren) in der Lage sind einen Teil der Varianz der psychischen Symptomatik aufzuklären. Es handelt sich um eine zweischrittige Regressionsanalyse. In einem ersten Schritt gehen die Störvariablen Alter, Geschlecht, zeitliche
Nähe zum Unfallgeschehen sowie Verletzungsschwere in die Regressionsgleichungen
ein. Sie werden auf systematische Zusammenhänge mit der Varianz der psychischen
Symptomatik überprüft. In einem zweiten Schritt werden dann die folgenden vier Kognitionen in die Regressionsgleichungen mit hinein gegeben: Eigen- vs. Fremdverschulden, Einschätzung der Vermeidbarkeit, Stellen der why me-Frage, wahrgenommene
Kontrollüberzeugung. Aus den eingesetzten Fragebögen ergeben sich sieben verschiedene Kriterien, d.h. sieben verschieden Regressionsgleichungen. Die Kriterien der einzelnen Regressionsgleichungen sind:
BDI-Summenscore ⇒ depressive Symptomatik
BAI-Summenscore ⇒ Angstsymptomatik
PDS-Summenscore ⇒ Symptome einer Posttraumatische Belastungsstörung (PTB)
IES-Subskala 1 ⇒ Intrusionen
IES-Subskala 2 ⇒ Vermeidung
IES-Subskala 3 ⇒ Übererregung
PDS-Diagnose: nicht klinisch-subklinisch-klinisch
6.4 Ergebnisse
6.4.1 Allgemeine Ergebnisdarstellung
Allgemeine deskriptiv-statistische Ergebnisdarstellung
Die Verteilung der Schweregrade der Verletzungen bei den untersuchten Patienten sieht
wie folgt aus:
Die Bedeutung von unfallbezogenen Kognitionen für den Symptomverlauf
107
60
50
49
40
30
28
23
Prozent
20
10
0
moderat
schw er
sehr schw er
ISS-GRUPPEN
Bild 6.11:
Prozentuale Verteilung der Verletzungsschwere
Es überwiegen Unfallpatienten mit moderaten Verletzungen (49%). 28% erlitten bei
ihrem Verkehrsunfall schwere, 23% sehr schwere Verletzungen. Der Mittelwert liegt
bei 14,6 (zur Einordnung: die ISS-Skala hat einen Range von 0-75), die Standardabweichung beträgt 8,6. Das Minimum liegt bei 1, das Maximum bei 43. Die Einteilung der
Probanden bzgl. ihrer PDS-Werte in drei Gruppen (nicht klinisch, subklinisch, klinisch)
ist in Tabelle 6.1 dargestellt. Es ist zu erkennen, daß sechs Monate nach dem Unfall (2.
Meßzeitpunkt) weniger Unfallpatienten beschwerdefrei sind, dh. weniger Unfallpatienten ohne Beeinträchtigung durch posttraumatische Belastungssymptome leben als direkt
nach dem Unfall (51,8 : 60,2). Die Zahl der subklinischen Fälle bleibt in etwa konstant,
dagegen vergrößert sich die Gruppe der klinischen Fälle um mehr als 7%.
Tabelle 6.1:
Einteilung der Probanden anhand ihrer PDS-Werte in drei Gruppen
1. Meßzeitpunkt
2. Meßzeitpunkt
(direkt nach dem Unfall)
(sechs Monate später)
nicht klinisch
60,2
51,8
subklinisch
18,1
19,3
klinisch
21,7
28,9
Anmerkung: Häufigkeitsangaben in %.
Die psychische Belastungssymptomatik (erfaßt durch BDI, BAI, IES, PDS) innerhalb
der ersten zehn Tage nach dem Unfall (1. Meßzeitpunkt) sowie sechs Monate später (2.
Meßzeitpunkt) sieht wie folgt aus:
Tabelle 6.2: Psychische Belastungssymptomatik zu beiden Meßzeitpunkten für N=83
1. Meßzeitpunkt
2. Meßzeitpunkt
MW
SD
Min
Max
MW
SD
Min
PDS-Summe
7,95
8,46
0
33
7,61
8,25
0
IES-Summe
24,8
24,02
0
99
17,74
18,78
0
IES-Intrusion
9,51
8,86
0
33
5,63
6,30
0
IES-Vermeidung
8,70
9,87
0
52
6,76
8,22
0
8,63
10,41
0
73
5,35
6,19
0
IES-Hyperarousal
BDI-Summe
6,99
7,47
0
46
6,42
6,18
0
BAI-Summe
9,46
11,65
0
57
4,23
5,92
0
Anmerkungen: MW=Mittelwert, SD=Standardabweichung, Min=Minimum, Max=Maximum
Max
43
90
29
36
33
22
32
108
Die Bedeutung von unfallbezogenen Kognitionen für den Symptomverlauf
Es ist festzustellen, daß durchschnittlich eine leichte Abnahme psychopathologischer
Symptome innerhalb eines halben Jahres nach dem Unfall stattfindet. Besonders deutlich wird dies, wenn man die beiden Mittelwerte des BAI sowie des IES miteinander
vergleicht. Die Mittelwertsdifferenzen der anderen Fragebögen weisen in dieselbe Richtung, fallen jedoch sehr gering aus. Die Überprüfung dieser Mittelwertsdifferenzen auf
Signifikanz findet unter 5.1.2 statt.
Allgemeine inferenz-statistische Ergebnisdarstellung
Bezüglich des Einflusses der Verletzungsschwere auf den Verlauf der psychischen
Symptomatik ergibt sich folgendes Bild: Die Verletzungsschwere korreliert nicht mit
spezifischer Belastungssymptomatik. Lediglich unmittelbar nach dem Unfall zeigt sich
ein signifikant positiver Zusammenhang zwischen der Verletzungsschwere und depressiver Symptomatik: je höher der Grad der Verletzung, desto stärker die depressive
Symptomatik, direkt nach dem Unfall. Der Vergleich mittels einer einfaktoriellen Varianzanalyse ohne Meßwiederholung zwischen den, nach unterschiedlichen ISSSchweregraden, zusammengefaßten Gruppen (moderate vs. schwere vs. sehr schwere
Verletzungen) hinsichlich ihrer Mittelwerte in den vier Fragebögen zu beiden Meßzeitpunkten, ergab keinerlei signifikante Mittelwertsunterschiede. D.h. daß sich moderat,
schwer bzw. sehr schwer verletzte Patienten bzgl. Angst-, Depressions- sowie PTBSymptomatik zu beiden Meßzeitpunkten nicht signifikant voneinander unterscheiden.
Vergleicht man die Gruppengrößen bzgl. der Aufteilung der Unfallopfer in nicht klinisch, subklinisch und klinisch direkt nach dem Unfall mit dem Zeitpunkt sechs Monaten später anhand eines Chi-Quadrat Tests, finden sich keine signifikanten Unterschiede
in der zahlenmäßigen Verteilung der Unfallopfer auf diese drei Gruppen. D.h., der Anstieg der Zahl der Unfallpatienten in der klinischen Gruppe von 21,7% (direkt nach dem
Unfall) auf 28,9% ist statistisch nicht signifikant, genauso wie der Rückgang der Zahl
der Unfallpatienten in der nicht klinische Gruppe von 60,2% auf 51,8%. Die Summenscore-Mittelwerte in den Fragebögen PDS, BDI und BAI sowie der drei Subskalenmittelwerte des IES zu beiden Meßzeitpunkten werden auf signifikante Unterschiede überprüft. Es zeigt sich in Tabelle 6.3 eine signifikante Reduktion der Werte in zwei von
drei IES-Subskalen sowie im BAI nach einem halben Jahr. Dh. sechs Monate nach dem
Unfall treten bei Unfallpatienten im Durchschnitt signifikant weniger typische Symptomen einer PTB (Intrusionen und Übererregung), erfaßt durch den IES, und die Patienten berichten weniger Angstsymptome.
Tabelle 6.3: Überprüfung der Fragebogenmittelwerte von t1 (direkt nach dem Unfall) und
t2 (sechs Monate später) auf Signifikanz für N=83
Meßinstrumente
MW
MW
p
t1
t2
PDS-Summe
7,95
7,61
,79
IES-Intrusion
9,51
5,67
,00**
IES-Vermeidung
8,70
6,90
,18
IES-Hyperarousal
8,63
5,46
,02*
BDI-Summe
6,99
6,42
,60
BAI-Summe
9,46
4,23
,00**
Anm.: * - Signif. LE ,05 ** - Signif. LE ,01
Die Bedeutung von unfallbezogenen Kognitionen für den Symptomverlauf
109
6.4.2 Beantwortung der Fragestellungen
Kausalattribution
Die Skala "Eigen- vs. Framdverschulden", die einen Range von zwei (Ursache wird
überhaupt nicht bei sich selbst gesehen, sondern vollständig bei einer anderen Person)
bis zehn (Ursache wird vollständig bei sich selbst gesehen und überhaupt nicht bei einer
anderen Person) aufweist, wird auf signifikante Zusammenhänge mit der psychischen
Belastungssymptomatik überprüft.
Korrelationen
Die erwarteten positiven Korrelationen zwischen der Einschätzung der Unfallursache
bei sich selbst und der Höhe der Summenscores der vier Fragebögen können nicht gezeigt werden.
Tabelle 6.4: 1. Meßzeitpunkt (N=83)
Skala "Fremd- vs. Eigenverschulden"
BAI1-Summe
-,16
BDI1-Summe
,11
IES1-Intrusion
-,22
IES1-Veremidung
-,17
IES1-Hyperarousal
,-14
PDS1.Summe
-,21
Anm.: * - Signif. LE ,05 ** - Signif. LE ,01
Weder zum ersten Meßzeitpunkt (Tabelle 6.4), also direkt nach dem Unfall, noch ein
halbes Jahr später (Tabelle 6.5) fanden sich Korrelationen, die in die von der Hypothese
vorhergesagten Richtung weisen. Eine Ausnahme, wenn auch bei weitem nicht signifikant, bildet die schwach positive Korrelation (r=,11) zwischen der Depressionssymptomatik und der Skala "Eigen- vs. Fremdverschulden" unmittelbar nach dem Unfall.
Tabelle 6.5:
2. Meßzeitpunkt (N=83)
Skala "Fremd- vs. Eigenverschulden"
BAI3-Summe
-,38**
BDI3-Summe
-,22
IES3-Summe
-,11
IES3-Vermeidung
-,13
IES3-Hyperarousal
-,22
PDS3-Summe
-,19
Anm.: * - Signif. LE ,05 ** - Signif. LE ,01
Das einzige hochsignifikante jedoch hypothesenkonträre Ergebnis sieht wie folgt aus:
Je mehr die Unfallursache auf sich selbst attribuiert wird, desto signifikant geringer die
Werte im Beck-Angst-Inventar (r = -,38); diesbezüglich scheint es, nach dem hier vorliegenden Ergebnis, einen linearen Zusammenhang zugeben.
Extremgruppenvergleiche
Verglichen werden Unfallopfer, die, unmittelbar nach dem Unfall, die Ursache ihres
Unfall sehr stark auf andere Personen attribuieren mit Unfallopfern, die die Ursache
ihres Unfalls sehr stark auf sich selbst attribuieren. Der Vergleich findet hinsichtlich
110
Die Bedeutung von unfallbezogenen Kognitionen für den Symptomverlauf
ihrer durchschnittlichen Werte in den Fragebögen (BAI, BDI, IES, PDS) zum ersten
sowie zum zweiten Meßteitpunkt.
Tabelle 6.6: Mittelwertvergleiche zum 1. Meßzeitpunkt
Attribution
Attribution
auf andere Personen
auf sich selbst
N=35
N=24
MW
SD
MW
SD
BAI1-Summe
12,46
14,57
7,63
9,73
BDI1-Summe
6,03
6,12
8,67
9,63
IES1-Intrusion
11,97
9,54
8,26
8,55
IES1-Vermeidung
10,69
11,09
6,74
9,13
IES1-Hyperarousal
9,54
9,04
7,18
6,73
PDS1-Summe
9,94
8,76
7,00
9,06
Anmerkung: * - Signif. LE ,05
p
,04*
,48
,53
,52
,14
,98
Es zeigt sich, daß diejenigen Unfallopfer, die die Ursache für den Unfall sehr stark auf
sich selbst attribuieren, unmittelbar nach dem Unfall signifikant geringere Werte im
BAI aufweisen, als Unfallopfer, die den Unfall auf andere Personen attribuieren. Vergleiche zwischen beiden Gruppen bzgl. der anderen Fragebögenmittelwerte (PDS, IES
und BDI) weisen mit Ausnahme des BDI die gleiche Tendenz auf, werden jedoch nicht
signifikant.
Tabelle 6.7: Mittelwertvergleiche zum 2. Meßzeitpunkt
BAI3-Summe
BDI3-Summe
IES3-Intrusion
IES3-Vermeidung
IES3-Hyperarousal
PDS3-Summe
Attribution
auf andere Personen
N=35
MW
SD
6,40
7,12
7,69
6,51
6,63
6,64
8,86
9,24
7,06
6,44
9,69
8,72
Attribution
auf sich selbst
N=24
MW
1,63
4,71
4,33
5,67
3,46
5,21
SD
2,62
4,87
4,40
7,66
4,11
4,83
p
,00*
,04*
,11
,22
,00**
,01*
Anmerkung: * - Signif. LE ,05
Die Zusammenhänge zwischen der Ursachenattribution und dem psychischen Befinden
nach einem halben Jahr zeigen noch deutlichere Auswirkungen: Unfallpatienten, die
direkt nach dem Unfall die Ursache sehr stark auf sich selbst attribuieren, haben sechs
Monaten nach dem Unfall signifikant geringere Werte in allen vier Fragebögen (BAI,
BDI, IES und PDS), d.h. eine signifikant geringer ausgeprägte Angst- und Depressionssymptomatik sowie signifikant schwächer ausgeprägte posttraumatische Belastungssymptome. Vor allem die Symptome somatischer Übererregung (IES3.HYP) sind signifikant geringer.
Stabilität bei Ursachenzuschreibung
Von 77 Personen (6 Missings) sind 22% in ihrer Einschätzung bzgl. der Ursachenattribution über den Zeitraum eines halben Jahres weitgehend stabil geblieben. Bei 38% der
Unfallopfer verschiebt sich die Einschätzung in Richtung einer stärkeren Attribution auf
andere Personen, bei 40% in Richtung einer stärkeren Attribution auf die eigene Person. Diese beiden Gruppen werden bzgl. ihrer psychischen Befindlichkeit verglichen:
Es zeigen sich keine signifikanten Unterschiede im psychischen Befinden der beiden
Die Bedeutung von unfallbezogenen Kognitionen für den Symptomverlauf
111
Gruppen, die nach einem halben Jahr eine deutliche Verschiebung der Einschätzung der
Unfallursache in die eine (stärkere Ursachenattribution auf die eigene Person) oder andere Richtung (stärkere Ursachenattribution auf andere Personen) aufwiesen.
Subjektiv wahrgenommene Vermeidbarkeit
Die Skala "Vermeidbarkeit", die einen Range von zwei (Unfall hätte mit Sicherheit
vermieden werden könen) bis zehn (Unfall hätte mit Sicherheit nicht vermieden werden
können) aufweist, wird auf signifikante Zusammenhänge mit der psychischen Belastungssymptomatik überprüft.
Korrelationen
Es ergeben sich zum ersten Meßzeitpunkt, also kurz nach dem Unfall, keine signifikanten Korrelationen, in die Richtung, in der sie aufgrund der Hypothese erwartet werden
(erwartet: je stärker der Unfall als nicht vermeidbar wahrgenommen wird, desto geringer die Werte in den Fragbögen ⇒ negative Korrelationen). Das einzige signifikante
jedoch hypothesenkonträre Ergebnis zum zweiten Meßzeitpunkt (Tabelle) sieht wie
folgt aus:
⇒ Je stärker der Unfall unmittelbar danach als nicht vermeidbar eingeschätzt wird, desto höher der Wert in der Hyperarousal-Subskala des IES nach einem halben Jahr. Sie
weist eine signifikante Korrelation von r = ,28 mit der "Vermeidbarkeitsskala" auf.
Tabelle 6.8: 2. Meßzeitpunkt (N=83)
Vermeidbarkeitsskala
BAI3-Summe
,01
BDI3-Summe
,09
IES3-Intrusion
,11
IES3-Vermeidung
,18
IES3-Hyperarousal
,28*
PDS3-Summe
,10
Anm.: * - Signif. LE ,05 ** - Signif. LE ,01
Extremgruppenvergleiche
Hinsichtlich ihrer Werte in den vier Fragebögen (BAI, BDI, IES, PDS), werden Unfallopfer, die, unmittelbar nach dem Unfall, die Vermeidbarkeit ihres Unfall als sehr hoch
einschätzen mit Unfallopfern, die die Vermeidbarkeit ihres Unfalls unmittelbar danach
als sehr gering einschätzen, verglichen:
Unmittelbar nach dem Unfall konnten in keinem der Fragebögen signifikante Mittelwertsunterschiede festgestellt werden. D.h. Unfallopfer, die den Unfall direkt danach als
vermeidbar wahrnehmen, unterscheiden sich bzgl. ihrer psychischen Befindlichkeit zu
diesem Zeitpunkt nicht von Unfallopfern, die ihren Unfall direkt danach als nicht vermeidbar wahrnehmen.
Zum 2. Meßzeitpunkt (Tabelle 6.9) ergab sich beim Vergleich der Subskalenmittelwerte
des IES zwischen den beiden Gruppen (hohe wahrgenommene Vermeidbarkeit vs. geringe wahrgenommene Vermeidbarkeit) eine signifikanter Unterschied. D.h., diejenigen
Unfallopfer, die den Unfall direkt danach als nicht vermeidbar wahrnehmen, weisen
nach einem halben Jahr signifikant höhere Werte in den Subskalen "Vermeidung" sowie
"Übererregung" auf, im Vergleich zu Unfallopfern, die ihren Unfall unmittelbar danach
als vermeidbar wahrnehmen.
112
Die Bedeutung von unfallbezogenen Kognitionen für den Symptomverlauf
Tabelle 6.9: Gruppenvergleiche (hohe vs. niedrige Vermeidbarkeit) bzgl. der psychischen
Befindlichkeit zum 2. Meßzeitpunkt
hohe wahrgenommene Vergeringe wahrgenommene Vermeidbarkeit N=30
meidbarkeit N=14
MW
SD
MW
SD
p
BAI3-Summe
3,80
4,17
4,14
5,70
,43
BDI3-Summe
6,07
5,88
7,21
6,66
,78
IES3-Intrusion
5,20
5,55
7,21
7,72
,46
IES3-Veremidung
5,33
6,32
10,93
11,32
,03*
IES3-Hyperarousal
3,77
4,64
9,14
9,05
,03*
PDS3-Summe
6,80
7,50
9,71
11,40
,25
Anm.: * - Signif. LE ,05
Stabilität der wahrgenommenen Vermeidbarkeit über einen Zeitraum von 6 Monaten
wahrgenommene Vermeidbarkeit
40
38
30
33
28
20
Prozent
10
0
stärker
Bild 6.12:
gleich
geringer
Veränderung der wahrgenommenen Vermeidbarkeit im Sechs-Monats-Verlauf
Von 78 Personen (5 Missings) bleiben 38% in ihrer Einschätzung bzgl. der Ursachenattribution weitgehend stabil. Bei 33% der Unfallopfer verschiebt sich die subjektiv
wahrgenommene Vermeidbarkeit in Richtung einer höheren Einschätzung der Vermeidbarkeit, bei 28% der Unfallopfer in Richtung einer geringeren Einschätzung der
Vermeidbarkeit. Diese beiden Gruppen werden bzgl. ihrer psychischen Befindlichkeit
verglichen:
Tabelle 6.10: Vergleich der Unfallpatienten mit veränderter wahrgenommener Vermeidbarkeit bzgl. ihrer psychischen Befindlichkeit nach einem halben Jahr
Wahrgenommene
stärker
Geringer
Vermeidbarkeit
(Gruppe 1)
(Gruppe 2)
N=30
N=14
MW
SD
MW
SD
p
BAI3-Summe
4,70
6,60
4,00
4,81
,11
BDI3-Summe
7,85
6,75
5,10
4,43
,02*
IES3-Intrusion
6,38
6,99
6,32
6,11
,84
IES3-Vermeidung
10,04
10,52
4,64
5,90
,00**
IES3-Hyperarousal
8,58
8,17
3,55
4,08
,00**
PDS3-Summe
9,65
10,27
6,45
6,25
,08
Anm.: * - Signif. LE ,05 ** - Signif. LE ,01
Personen, deren Einschätzung sich dahingehend verändert, daß sie nach einem halben
Jahr ihren Unfall als wesentlich weniger vermeidbar wahrnehmen als direkt nach dem
Unfall, haben im Vergleich zu Personen, die nach einem halben Jahr ihren Unfall als
Die Bedeutung von unfallbezogenen Kognitionen für den Symptomverlauf
113
sehr viel vermeidbarer einschätzen, signifikant höhere Werte in BDI und IES. Hier weisen die Subskalen "Vermeidung" (IES3.VER) sowie "Übererregung (IES3.HYP) signifikante Zusammenhänge auf. Bzgl. der anderen Fragebögen (BAI und PDS) wird dieselbe Tendenz deutlich, jedoch erreichen die Ergebnisse nicht die Signifikanzgrenze.
Korrelative Zusammenhänge zwischen den einzelnen Variablen
Korrelationen:
Tabelle 6.11: Zusammenhänge zwischen Kausalattribution, Vermeidbarkeit und dem Gefühl, verantwortlich zu sein
Einzelf1
f2
U50
items
f2
-,02
U50
,08
,85**
U51
-,02
,72**
,80**
Anm.: * - Signif. LE ,05 ** - Signif. LE ,01
Tabelle 6.12: Zusammenhänge zwischen Kausalattribution, Vermeidbarkeit und dem Gefühl, verantwortlich zu sein
Skalen
ursache
Vermeidb
vermeidb
,08
U50
,86**
,12
U51
,70**
,13
,80**
Anm.: * - Signif. LE ,05 ** - Signif. LE ,01
Die Korrelation zwischen f1 und U50 (r=,08), die von der Hypothese ausgehend stark
negativ sein müßte (dh. je vermeidbarer der Unfall eingeschätzt wird, desto stärker fühlt
man sich für den Unfall verantwortlich), ist zwar nicht signifikant, aber dennoch hypothesenkonträr positiv, dh., je weniger vermeidbar der Unfall eingeschätzt wird, desto
verantwortlicher fühlen sich die Unfallopfer. Eine signifikant positive Korrrelation
(r=,85) ergibt sich zwischen Item f2 und U 50, dh. je mehr man die Ursache für den
Unfall bei sich selbst sieht, desto stärker fühlt man sich für den Unfall verantwortlich;
dieses Ergebnis ist ebenfalls nicht hypothesenstützend, da für das "sich-verantwortlichfühlen" eher die Vermeidbarkeit eine Rolle spielen sollte als die Ursachenattribution.
Der signifikant positive Zusammenhang zwischen U 50 und U 51 (r=,80) weist in die
hypothesenkonforme Richtung, daß das Gefühl, verantwortlich zu sein, sehr stark damit
zusammenhängt, ob man glaubt, daß man, wenn man sich anders verhalten hätte, den
Unfall hätte verhindern können. Die Korrelation zwischen den Items f1 und U 51, die
Ähnliches bzw. das Gleiche erfassen sollen, ist dagegen schwach negativ.
Berechnet man die Korrelationen statt mit den Einzelitems (f1 und f2) mit den, aufgrund der Ergebnisse der Faktorenanalyse, neugebildeten Skalen ("Vermeidbarkeit" und
"Fremd- vs. Eigenverschulden") ergeben sich die gleichen Zusammenhänge. Betrachtet
man diese Zusammenhänge unter dem Gesichtspunkt des Auspartialisierens des Einflusses jeweils einer Variablen, ergibt sich folgendes:
114
Die Bedeutung von unfallbezogenen Kognitionen für den Symptomverlauf
Partialkorrelationen:
Tabelle 6.13:
Herauspartialisierung des Einflusses von f2
f1
U50
f1
1,00
,21
U50
,21
1,00
* - Signif. LE ,05 ** - Signif. LE ,01
Tabelle 6.14.: Herauspartialisierung des Einflusses von f1
U50
f2
U50
1,00
,85**
f2
,85**
1,00
* - Signif. LE ,05 ** - Signif. LE ,01
Tabelle 6.15: Herauspartialisierung des Einflusses von f2
U50
U51
U50
1,00
,41**
U51
,41**
1,00
- Signif. LE ,05 ** - Signif. LE ,01
Die Korrelation zwischen f1 und U50 steigt an, wenn der Einfluß, den f2 auf diese
Korrelation besitzt, herauspartialisiert wird (r=, 08 → r=,21); sie wird jedoch auch dann
nicht signifikant; d.h., die Einschätzung des Unfallpatienten, ob seiner Meinung nach
der Unfall hätte verhindert werden können, korreliert schwach postiv mit dem Gefühl,
sich für den Unfall verantwortlich zu fühlen; gemäß der Hypothese sollte es einen starken negativen Zusammenhang geben (d.h. je sicherer man sich ist, daß der Unfall hätte
verhindert werden können, desto mehr stärker fühlt man sich für den Unfall verantwortlich).
Die Korrelation zwischen f2 und U50 bleibt unter Herauspartialisierung des Einflusses
von F1 stabil, d.h., die Einschätzung der Vermeidbarkeit des Unfalls hat keinen Einfluß
auf die signifikant positive Korrelation zwischen der Einschätzung, daß die Unfallursache bei einem selbst liegt und der Stärke des Gefühls, für den Unfall verantwortlich zu
sein; gemäß der Hypothese sollte die Ursachenattribution für das Gefühl, verantwortlich
zu sein, keine entscheidende Rolle spielen, sondern viel eher die Einschätzung der
Vermeidbarkeit.
Die Korrelation zwischen U50 und U51 bleibt zwar unter Kontrolle des Einflusse von
f2 noch signifikant, nimmt jedoch deutlich ab (r=,80 → r=,41); es scheint eine Konfundierung vorzuliegen; d.h. die signifikant positive Korrelation zwischen der Einschätzung, man hätte den Unfall verhindern können, wenn man sich anders verhalten hätte
und der Stärke des Gefühls, man sei für den Unfall verantwortlich, scheint beeinflußt zu
werden von dem Maße, indem man die Ursache für den Unfall bei sich selbst wahrnimmt.
Bei der weiteren Betrachtung und Interpretation der Ergebnisse dieser Hypothese im
Diskussionsteil wird das Item f1 gänzlich weggelassen, da die Frage, ob man den Unfall
hätte verhindern können, besser durch das Item U51 abgedeckt ist, da die Itemformulierung eine aktivere ist ("....wenn Sie sich anders verhalten hätten....."), was mit dem Inhalt der "counterfactual thoughts" besser übereinstimmt und außerdem die gefundenen
Korrelationen mit Item f1 keinen Sinn ergeben. Die Korrelation zwischen f1 und U51,
Die Bedeutung von unfallbezogenen Kognitionen für den Symptomverlauf
115
die eigentlich das gleiche erfassen sollen, ist schwach negativ, was ein weitere Hinweis
dafür ist, daß zumindest in diesem Zusammenhang auf eines der beiden Items verzichtet
werden sollte.
„Why me“-Frage
Wieviele Menschen setzen sich mit dieser Frage auseinander?
Von 83 Unfallpatienten setzen sich über die Hälfte (55,5 %) mit dieser Frage auseinander. 41% der Unfallpatienten stellen sich diese Frage nicht. Bei 4% der Unfallpatienten
liegt keine Angabe vor.
Betrachtet man diesbezügliche Unterschiede zwischen Männern und Frauen ergibt sich
folgendes:
70
65
60
50
52
43
40
35
30
20
Geschlecht
10
0
männlich
5
keine Angabe
w eiblich
nein
ja
"W hy me"-Frage
Bild 6.13:
Auftreten der Why-me-Frage nach Geschlecht
Von den insgesamt 63 Männern setzen sich 52% mit der why me-Frage auseinander,
43% gaben an, sich mit dieser Frage nicht zu befassen. Von 5% der Männer liegen keine Angaben vor. Von den insgesamt 23 Frauen setzen sich 65% mit der why me-Frage
auseinander, 35% Frauen geben an, sich mit dieser Frage nicht zu beschäftigen. Vergleicht man die Prozentzahlen von Männern und Frauen fällt auf, daß Frauen sich anscheinend mehr mit dieser Frage auseinandersetzen als Männer. Dieser Unterschied
wurde anhand eines Chi-Quadrat-Tests überprüft. Es ergaben sich keine signifikanten
Ergebnisse.
Welche Antworten werden auf diese Frage gefunden?
Von den 46 Unfallopfern, die sich direkt nach dem Unfall mit der why me-Frage auseinandergesetzt haben (55,5% aller Unfallopfer), beantworten 24 die Frage, warum es
gerade sie getroffen hat. Vereinzelt zeigen sich Antworten, die auf eine intensive Beschäftigung mit dieser Frage schließen lassen, wie "....., um mich mehr um meinen Körper zu kümmern und ihn nicht einfach nur zu benutzen" oder "...., um aufmerksamer
gegenüber den kleinen Dingen im Leben zu werden". Desöfteren werden Antworten wie
Zufall (10,9%), Pech (8,7%), Schicksal (8,7%) sowie Unaufmerksamkeit (8,7%) gefunden. Die weitaus größte Zahl der Unfallopfer (15,2%) geben jedoch explizit an, nicht zu
wissen, warum es gerade sie getroffen hat. Nimmt man den Prozentsatz derjenigen Unfallopfer hinzu, die zwar angaben, sich mit dieser Frage beschäftigt zu haben, die Frage
nach dem "Warum?" jedoch unbeantwortet ließen, erhöht sich die Zahl derjenigen, die
keine Antwort auf diese Frage finden auf 63%.
116
Die Bedeutung von unfallbezogenen Kognitionen für den Symptomverlauf
Die Beschäftigung mit der Frage "Warum gerade ich?", wirkt sich ungünstig auf den
Verlauf der psychischen Symptomatik aus
Mittelwertvergleiche:
Diese beiden Gruppen ("Why me-Frage" gestellt vs. "Why me-Frage" nicht gestellt)
werden bzgl. eventueller Unterschiede in den Fragebogenwerten sowohl zu t1 (direkt
nach dem Unfall) als auch zu t2 (sechs Monate später) untersucht.
Tabelle 6.16: Unterschiede der beiden Gruppen ("Why me-Frage" gestellt vs. "Why me-Frage" nicht
gestellt) bzgl. ihres psychischen Befindens direkt nach dem Unfall
"Why me-Frage" gestellt
"Why me-Frage" nicht gestellt
N=46
N=34
MW
SD
MW
SD
p
BAI1.SUM
13,20
13,42
5,03
6,78
,00*
BDI1.SUM
8,33
7,74
5,32
6,82
,90
IES1.INT
11,78
9,37
6,82
7,33
,07
IES1.VER
11,89
10,98
4,39
6,25
,00**
IES1.HYP
9,87
8,50
7,06
12,85
,81
PDS1.SUM
11,09
8,80
3,90
6,16
,00*
Anm.: * - Signif. LE ,05 ** - Signif. LE ,01
Die Mittelwerte werden anhand von T-Tests für unabhängige Stichproben auf Signifikanz überprüft. Eine allgemeine hypothesenkonforme Tendenz zeigt sich darin, daß
über alle Fragebögen hinweg, diejenigen Personen ein schlechteres psychischens Befinden (dh. höhere Werte in BAI, BDI, IES und PDS) aufweisen, die sich mit der "Why
me-Frage" auseinandersetzen. Signifikante Mittelwertsunterschiede lassen sich bei den
BAI-Werten, den PDS-Werten sowie bei der Subskala "Vermeidung" des IES zum ersten Meßzeitpunkt, dh. unmittelbar nach dem Unfall, feststellen. Bei Unfallpatienten, die
sich direkt nach dem Unfall mit der "Why me-Frage" auseinandersetzen, treten signifikant höhere BAI- und PDS-Werte sowie signifikant höhere Werte auf der "Vermeidungsskala " des IES auf, als bei Unfallpatienten, die sich nicht mit dieser Frage beschäftigen (Tabelle 6.16). Nach einem halben Jahr ist diese Tendenz erhalten geblieben,
die Mittelwertsdifferenzen sind jedoch nicht mehr signifikant (Tabelle 6.17).
Tabelle 6.17: Unterschiede der beiden Gruppen ("Why me-Frage" gestellt vs. "Why me-Frage" nicht
gestellt) bzgl. ihres psychischen Befindens sechs Monate später
"Why me-Frage"
"Why me-Frage"
gestellt
nicht gestellt
N=46
N=34
MW
SD
MW
SD
p
BAI3.SUM
5,11
6,30
2,94
5,39
,28
BDI3.SUM
7,26
6,39
5,44
5,87
,20
IES3.INT
6,17
5,64
4,97
7,33
,28
IES3.VER
8,37
8,75
5,00
7,36
,34
IES3.HYP
6,35
5,82
4,15
6,78
,64
PDS3.SUM
8,59
7,78
6,50
9,07
,96
Die Bedeutung von unfallbezogenen Kognitionen für den Symptomverlauf
117
Subjektiv wahrgenommene Kontrolle über den physischen Heilungsverlauf
Korrelationen:
Tabelle 6.18: Korrelationen zwischen den vier Fragebögen und der Skala "Genesungskontrolle" zum 1. Meßzeitpunkt
für N=83
Skala "Genesungskontrolle"
BAI1.SUM
-,08
BDI1.SUM
-,27*
IES1.INT
,03
IES1.VER
-,17
IES1.HYP
-,05
PDS1.SUM
-,11
Anm.: * - Signif. LE ,05
Die direkt nach dem Unfall wahrgenommene Genesungskontrolle (GK) korreliert, wie
von der Hypothese ausgehend erwartet, über alle Fragebögen hinweg negativ mit der
psychischen Befindlichkeit, sowohl unmittelbar nach dem Unfall, als auch sechs Monate später. Dh., je stärker Kontrolle über den Genesungsprozeß wahrgenommen wird,
desto geringer sind die Werte in den vier Fragebögen, d.h. desto besser das psychische
Befinden. Signifikante Korrelationen ergeben sich zum ersten Meßzeitpunkt mit den
Werten im BDI, zum zweiten Meßzeitpunkt mit den Werten in BAI, BDI und IESSubskala "Übererregung". D.h., je höher die wahrgenommene Genesungskontrolle, desto geringer ausgeprägte die Angst- sowie Depressionssymptome und um so geringer die
Übererregungssymptomatik.
Tabelle 6.19: Korrelationen zwischen den vier Fragebögen und der Skala "Genesungskontrolle" zum 2. Meßzeitpunkt
für N=83
Skala "Genesungskontrolle"
BAI3.SUM
-,23*
BDI3.SUM
-,31**
IES3.INT
-,20
IES3.VER
-,21
IES3.HYP
-,25*
PDS3.SUM
-,21
Anm.: * - Signif. LE ,05 ** - Signif. LE ,01
Aufgrund der zahlenmäßigen Verteilung der Patienten bzgl. der wahrgenommenen Gegesungskontrolle, werden zwei Gruppen gebildet. Die Einteilung in drei Gruppen (geringe vs. mittlere vs. hohe GK), wie ursprünglich geplant, ist aufgrund des Deckeneffektes innerhalb der Verteilung nicht möglich. So ergibt sich folgendes:
Š geringe/mittlere Genesungskontrolle (GK= 5-24)
Š hohe Genesungskontrolle: (GK=25-35)
Die Häufigkeitsverteilung sieht wie folgt aus: 73% der Unfallpatienten antizipieren eine
hohes Maß an Genesungskontrolle (GK), 26% ein eher geringes bzw. mittleres Maß an
Genesungskontrolle (GK). Diese beiden Gruppem werden bzgl. eventueller Unterschiede in den Fragebogenwerten sowohl zu t1 als auch zu t2 untersucht. Die Mittelwerte
118
Die Bedeutung von unfallbezogenen Kognitionen für den Symptomverlauf
werden anhand von T-Tests für unabhängige Stichproben auf Signifikanz überprüft: Es
zeigen sich zu beiden Meßzeitpunkten keine statistisch signifikanten Unterschiede zwischen diesen beiden Gruppen. Die Gruppe, die sich durch hohe Genesungskontrolle
auszeichnet, weist jedoch geringere Gruppenmittelwerte in allen vier Fragebögen zu
beiden Meßzeitpunkten auf, dh. die psychische Symptomatik dieser Gruppe ist, sowohl
direkt nach dem Unfall als auch sechs Monate später, geringer ausgeprägt als die der
Gruppe mit geringer/mittlerer Genesungskontrolle.
Multiple Regressionsanalyse
Störvariablen bzw. nicht hypothesenrelevante Variablen:
Im ersten Schritt der multiplen Regressionsanalyse wird untersucht, in wieweit die Prädiktoren Alter, Geschlecht, zeitliche Nähe zum Unfallgeschehen sowie der Grad der
Verletzungsschwere in der Lage sind, Varianz innerhalb der psychischen Symptomatik
aufzuklären. Verschiedene Formen möglicher psychischer Folgeerscheinungen werden
getrennt betrachtet. Daraus ergeben sich sieben Kriterien, für die jeweils getrennt eine
Regressionsanalyse gerechnet wird: Angstsymptomatik (BAI), depressive Symptomatik
(BDI), auftretende Intrusionen (IES.INT), Vermeidungstendenzen (IES.VER), somatische Übererrregung (IES.HYP), posttraumatische Belastungssymptomatik (PDS) sowie
die Einteilung der Unfallopfer in nicht-klinisch, subklinisch und klinisch bzgl. einer
posttraumatischen Belastungsstörung (PDS.DIA). Die Aufklärung von Varianz innerhalb der psychischen Symptomatik durch die genannten Prädiktoren (Alter, Geschlecht,
zeitlicher Abstand zum Unfallgeschehen sowie der Schweregrad der Verletzung) wird
zu beiden Meßzeitpunkten (unmittelbar nach dem Unfall sowie ein halbes Jahr später)
überprüft.
Tabelle 6.20: Ergebnisse der Regressionsanalyse ohne hypothesenrelevante Kognitionen zum 1. Meßzeitpunkt (für N=83)
Alter
Geschlecht
zeitlicher
ISS-Wert
R²
Signif F
→ PräAbstand
(p)
dikto(β-Wert)
(β-Wert)
(β-Wert)
↓
Kriteren
(β-Wert)
Rien
BAI1.SUM
,12
,23
,08
,02
,07
,43
BDI1.SUM
,07
-,05
,08
,00
,01
,95
IES1.INT
,08
,18
,06
-,05
,04
,69
IES.1VER
-,04
,05
-,11
-,18
,06
,61
IES1.HYP
-,06
,22
,24
,14
,14
,13
PDS1.SUM
,14
,11
,07
-,02
,04
,77
PDS1.DIA
,03
,16
,03
-,09
,04
,75
Anm.: * - Signif. LE ,05 ** - Signif. LE ,01
R² = Anteil aufgeklärter Varianz
Zum ersten Meßzeitpunkt, also direkt nach dem Unfall, kann keines der sieben Kriterien durch die beschriebenen Prädiktoren vorhergesagt werden, bzw. einen signifikanten
Anteil der Varianz aufklären. Alter, Geschlecht, zeitliche Nähe zum Unfallgeschehen
sowie Grad der Verletzungsschwere (ISS) weisen in keinem der Kriterien signifikante
β-Gewichte auf.
Auch zum zweiten Meßzeitpunkt (sechs Monate später) kann keines der sieben Kriterien durch die beschriebenen Prädiktoren vorhergesagt werden, bzw. einen signifikanten
Anteil der Varianz aufklären. Alter, Geschlecht sowie Grad der Verletzungsschwere
Die Bedeutung von unfallbezogenen Kognitionen für den Symptomverlauf
119
(ISS) weisen in keinem der Kriterien signifikante β-Gewichte auf. Lediglich der Prädiktor "zeitlicher Abstand zum Unfallgeschehen" scheint eine gewisse Rolle zu spielen, die
sich in signifikanten β-Gewichten bezogen auf die Angstsymptomatik (BAI1.SUM), die
auftretenden Intrusionen (IES1.INT), sowie die körperliche Übererregung (IES1.HYP)
niederschlägt. Die Regressionsgleichung als ganzes erreicht jedoch nicht die Signifikanzgrenze. Dennoch deuten die signifikant gewordenen β-Gewichte darauf hin, daß, je
weniger lange der Unfall zurückliegt, desto höher die Korrelation mit den Kriterien
sind, d.h. desto stärker die psychische Symptomatik in den entsprechenden Kriterien.
Tabelle 6.21: Ergebnisse der Regressionsanalyse ohne hypothesenrelevante Kognitionen zum 2. Meßzeitpunkt (für N=83)
ISS-Wert
R²
Signif F
Alter
Geschlecht
zeitlicher
→ Prä(p)
Abstand
(β-Wert)
dikto(β-Wert)
(β-Wert)
↓
(β-Wert)
Kriteren
Rien
BAI3.SUM
,03
-,10
-,31*
-,10
,10
,21
BDI3.SUM
,14
-,05
-,10
-,12
,04
,67
IES3.INT
-,06
-,16
-,34*
-,19
,14
,09
IES3.VER
-,13
-,15
-,25
-,08
,09
,29
IES3.HYP
-,04
-,20
-,34**
-,03
,12
,12
PDS3.SUM
,08
-,17
-,24
-,01
,09
,30
PDS3.DIA
-,04
-,19
-,10
,06
,05
,62
Anm.: * - Signif. LE ,05 ** - Signif. LE ,01
R² = Anteil aufgeklärter Varianz
Hinzugeben der hypothesenrelevanten Kognitionen:
Die sieben Kriterien, deren Varianz erklärt werden soll, bleiben bestehen. Im zweiten
Schritt der multiplen Regressionsanalyse werden lediglich vier weitere Prädiktoren in
die Regressionsgleichung mit aufgenommen: "Ursache" (Skala "Fremd- vs. Eigenverschulden"), "Vermeidb" (Skala "Vermeidbarkeit"), "why me" (Auseinandersetzung mit
der "Why me-Frage" ja - nein) sowie "Geneskon" (wahrgenommene Genesungskontrolle). Unter Einbezug der hypothesenrelevanten Kognitionen (Tabelle 6.22) ist es möglich, einen statistisch signifikanten Anteil der Varianz innerhalb der Angstsymptomatik
(BAI1.SUM), innerhalb der Vermeidungstendenzen (IES1.VER) sowie innerhalb der
PTB-Symptomatik (PDS1.SUM) aufzuklären.
Bezüglich der Angstsymptomatik können die beschriebenen Prädiktoren insgesamt 35%
der Varianz aufklären. Die Regression als ganzes wird signifikant. Jedoch nicht alle
Prädiktoren weisen signifikante Zusammenhänge mit dem Kriterium auf. Einen systematischen Zusammenhang scheint es lediglich mit der Variablen "Why me" zu geben.
D.h., die Tatsache, sich mit der "Why me-Frage" auseinanderzusetzen, scheint mit erhöhter Angstsymptomatik zu korrelieren.
Bezüglich der Vermeidungssymptomatik erhöht sich unter Einbezug der hypothesenrelevanten Kognitionen der Anteil aufgeklärter Varianz von 6% auf 39%. Die Regressionsgleichung als ganzes wird signifikant, jedoch weisen lediglich die Variablen "Vermeidbarkeit" und "Why me" signifikante β-Gewichte auf. D.h., je weniger der Unfall
als vermeidbar wahrgenommen wird und die Tatsache, sich mit der why me-Frage auseinanderzusetzen, geht, unmittelbar nach dem Unfall, mit einem erhöhtem Maß an
Vermeidung bzgl. allem, was mit dem Unfall in Verbindung gebracht werden kann,
einher.
120
Die Bedeutung von unfallbezogenen Kognitionen für den Symptomverlauf
Die in die Regressionsgleichung eingegangenen Prädiktoren sind ebenfalls in der Lage
bzgl. des Kriteriums PTB-Symptomatik (PDS1.SUM) einen signifikanten Anteil der
Varianz (35%) aufzuklären. Einen bedeutsamen Einfluß scheint aber auch hier ausschließlich der Prädiktor "Why me" zu besitzen (β=,54). Die Auseinandersetzung mit
der why me-Frage korreliert mit erhöhten PTB-Symptomen.
Tabelle 6.22: Ergebnisse der Regressionsnalyse unter Einbezug der hypothesenrelevanten Kognitionen
zum 1. Meßzeitpunkt (für N=83)
"Why Genes.- R² Sign.
VerUrsaISSzeitl.
Alter
Ge→
F
kontr.
me"
meidb
che
Wert
Abstand
schlecht
Prä(β↓
(p)
(β)
(β)
(β)
(β)
(β)
(β)
(β)
Krite- dikto- Wert)
rien
ren
BAI1.SUM
-,08
,08
,23
,12
-,24
,23
,51**
-,21
,35 ,03*
BDI1.SUM
,03
,02
,26
,09
,16
,10
,31
-,19
,17 ,47
IES1.INT
-,20
,11
,29
,02
-,31
,28
,42**
-,23
,31 ,07
IES.1VER
-,24
,03
,18
-,13
-,15
,41**
,53**
-,23
,39 ,01*
*
IES1.HYP
-,17
,26
,40**
,16
-,04
,10
,24
-,20
,26 ,14
PDS1.SUM
-,03
-,02
,25
,05
-,22
,26
,54**
-,17
,35 ,03*
PDS1.DIA
-,09
,08
,18
-,12
-,12
,06
,38*
-,03
,17 ,45
Anm.: * - Signif. LE ,05 ** - Signif. LE ,01
R² = Anteil aufgeklärter Varianz
Weder die Varianz innerhalb der depressiven Symptomatik (BDI1.SUM), noch die Varianz innerhalb der Intrusionssymptomatik (IES1.INT) noch die Varianz innerhalb der
körperlichen Übererregungssymptomatik (IES.HYP) noch die Varianz innerhalb der
Einteilung der Unfallopfer in klinische, subklinische und nicht klinische Fälle
(PDS1.DIA) direkt nach dem Unfall kann durch die beschriebenen Prädiktoren erklärt
werden.
Dennoch wird unter Einbezug der hypothesenrelevanten Kognitionen deutlich mehr
Varianz aufgeklärt als ohne sie. Dies sei in einer Tabelle verdeutlicht:
Tabelle 6.23: Vergleich des Anteils aufgeklärter Varianz mit bzw. ohne Einbeziehung der
hypothesenrelevanten Kognitionen (1. Meßzeitpunkt)
ohne Kognitionen
mit Kognitionen
BDI1.SUM
1%
17%
IES1.INT
4%
31%
IES1.HYP
14%
26%
PDS1.DIA
4%
17%
Der, durch die Kognitionen erhöhte, Varianzanteil erreicht jedoch nicht das Signifikanzniveau. Die Ergebnisse der Regressionsanalyse zum zweiten Meßzeitpunkt sind in
dargestellt. Wurde mit den Prädiktoren Alter, Geschlecht, zeitliche Nähe zum Unfallgeschehen sowie Verletzungsschwere ohne das Hinzunehmen der vier Kognitionen zum 2.
Meßzeitpunkt keine einzige Regressionsgleichung signifikant, so ergeben sich bei Hinzunahme dieser Kognitionen vier signifikante Regressionsgleichungen: 39% der Varianz der Angstsymptomatik (BAI3.SUM) lassen sich anhand der gesamten Prädiktoren
aufklären (ohne Einbezug der Kognitionen in die Regressionsgleichung: 10%). Einen
systematischen (signifikanten) negativen Zusammenhang mit dem Kriterium weisen die
Prädiktoren Unfallnähe, Ursachenattribution sowie Genesungskontrolle auf.
Die Bedeutung von unfallbezogenen Kognitionen für den Symptomverlauf
121
Tabelle 6.24: Ergebnisse der Regressionsnalyse mit hypothesenrelevanten Kognitionen zum 2. Meßzeitpunkt (für N=83)
R² Sign.
why Genes.VerUrsaISSAlter Geschl
zeitl.
→
F
kontr
me
meidb.
che
Wert
Prä(β)
.(β) Abstand
↓
(p)
(β)
(β)
(β)
(β)
(β)
(β)
Krite- dikrien toren
BAI3.SUM
-,00
-,20
-,30*
-,05
-,40**
,10
,24*
-,26*
,39 ,00*
*
BDI3.SUM
,11
-,23
-,20
-,11
-,26
,19
,16
-,12
,24
,14
IES3.INT
-,09
-,19
-,26
-,14
-,19
,07
,12
-,23
,22
,18
IES3.VER
-,10
-,14
-,13
,19
-,07
,25*
,19
-,30*
,32 ,03*
IES3.HYP
-,03
-,25*
-,29*
-03
-,23
,35**
,16
-,29*
,45 ,00*
*
PDS3.SUM
,07
-,22
-,21
,07
-,20
,17
,14
-,23
,24
,14
PDS3.DIA
,01
-,23
-,08
,18
-,24
,10
,25
-,30*
,29 ,05*
Anm.: * - Signif. LE ,05 ** - Signif. LE ,01
R² = Anteil aufgeklärter Varianz
D.h., je zeitlich näher der Unfall, je stärker die Ursache für den Unfall bei einer anderen
Person gesehen wird und je geringer die wahrgenommene Genesungskontrolle, desto
höher die Ausprägung der Angstsymptomatik. Bezüglich der Varianz innerhalb der
Vermeidungssymptomatik (IES3.VER) können die beschriebenen Prädiktoren insgesamt 32% aufklären (ohne Einbezug der Kognitionen in die Regressionsgleichung: 9%);
dieser Varianzanteil kann, aufgrund der Signifikanz der gesamten Regressionsgleichung, als substantiell angesehen werden; vergleicht man jedoch anhand der βGewichte den Einfluß der einzelnen Prädiktoren auf das Kriterium, dann wird deutlich,
daß lediglich zwei Prädiktoren einen systematische Zusammenhang mit dem Kriterium
aufweist: die wahrgenommene Genesungskontrolle (β=-,30) sowie die wahrgenommene
Vermeidbarkeit (β=,25). D.h., je geringer die wahrgenommene Genesungskontrolle und
je stärker die Einschätzung, daß der Unfall nicht hätte vermieden werden können, desto
stärker die Tendenz, alles, was mit dem Verkehrsunfall in Verbindung gebracht werden
kann, zu vermeiden.
Innerhalb der Übererregungssymptomatik (IES1.HYP) wird durch die Gesamtheit der
Prädiktoren 45% der Varianz erklärt (ohne Einbezug der Kognitionen in die Regressionsgleichung: 12%). Signifikante β-Gewichte weisen die Prädiktoren "Geschlecht",
"Unfallnähe", "Vermeidb" sowie "Geneskontr" auf . D.h., weibliches Geschlecht, zeitliche Nähe zum Unfallgeschehen, geringe wahrgenommene Vermeidbarkeit sowie gering
wahrgenommene Genesungskontrolle korrelieren mit einem hohen Maß an Übererregungssymptomen.
Tabelle 6.25:
Vergleich des Anteils aufgeklärter Varianz mit bzw. ohne Einbeziehung der hypothesenrelevanten Kognitionen (2. Meßzeitpunkt)
ohne Kognitionen
mit Kognitionen
BDI3.SUM
4%
24%
IES3.INT
14%
22%
PDS3.SUM
9%
24%
29% der Varianz der Aufteilung der Unfallpatienten auf die drei Kategorien nicht klinisch, subklinisch und klinisch bzgl. PTB-Symptomatik wird durch die hier verwendeten Prädiktoren aufgeklärt (ohne Einbezug der Kognitionen in die Regressionsgleichung: 5%). Der Anteil an aufgeklärter Varianz ist statistisch signifikant. Das einzige
122
Die Bedeutung von unfallbezogenen Kognitionen für den Symptomverlauf
signifikante β-Gewicht weist jedoch der Prädiktor "Genesungskontrolle" auf (β= -,30).
D.h., je geringer die wahrgenommene Genesungskontrolle, desto höher die Wahrscheinlichkeit, sich in einer der beiden oberen Kategorien (subklinisch bzw. klinisch) zu plazieren, d.h. desto mehr PTB-Symptome treten auf.
Bezüglich der anderen Kriterien (depressive Symptomatik, Intrusionen sowie PTBSummenscore) ergeben sich keine signifikanten Regressionsgleichungen, wenngleich
unter Einbezug der vier Kognitionen deutlich mehr Varianz aufgeklärt wird als ohne sie.
Der, durch die Kognitionen erhöhte, Varianzanteil erreicht jedoch auch hier nicht das
Signifikanzniveau.
6.5 Diskussion
Das Anliegen dieser explorativen Analyse war es, die Auswirkungen des kognitiven
Umgangs mit dem traumatischen Ereignis "Verkehrsunfall" auf die psychische Symptomatik zu beschreiben. Ergebnisse verschiedener Studien, die zu dieser Problematik
durchgeführt wurden, machen deutlich, daß psychische Folgen nach Verkehrsunfällen
sehr häufig auftreten. Daher wird es auch weiterhin notwendig sein, durch intensive
Forschung, Faktoren zu identifizieren, die das Risiko für das Auftreten einer PTB oder
anderer psychischer Störungen erhöhen bzw. diese Störungen aufrechterhalten. Einige
relevante Faktoren wurden bereits gefunden, werden aber in der Literatur kontrovers
diskutiert. Sie sind letztendlich jedoch bei weitem nicht in der Lage, eine zufriedenstellende Erklärung dafür zu liefern, warum einige Menschen nach Verkehrsunfällen psychische Störungen generieren und andere nicht. Die hier vorliegende Untersuchung mit
Schwerpunkt auf der kognitionspsychologischen Sichtweise der Verarbeitung des Unfallgeschehens, soll einen Beitrag zum besseren Verstehen des Auftretens von psychischen Problemen nach Verkehrsunfällen auf der Grundlage psychologischer Theorien
leisten.
Was den zentralen Gegenstand der vorliegenden Analyse, den kognitiven Umgang mit
dem Unfallgeschehen betrifft, weisen die Ergebnisse zwar in eine überraschend einheitliche (sie unterstützen allesamt die Theorie der kognitiven Kontrolle), jedoch, aufgrund
der aufgestellten Hypothesen, unerwartete Richtung: Erwartet wurde, daß Unfallopfer,
die die Ursache für ihren Unfall bei anderen Personen sehen und die ihren Unfall als
nicht vermeidbar wahrnehmen, ein besseres psychischen Befinden, d.h. weniger psychopathologische Symptome aufweisen als Unfallopfer, die sich selbst als Unfallverursacher sehen und den Unfall im Nachhinein als vermeidbar wahrnehmen. Die Begründung hierfür war, daß Selbsschuldzuschreibung mit Gefühlen wie Schuld, Scham
und Minderwertigkeit verbunden ist (vgl. auch Taylor et al. 1984) und Grübelprozesse
in Gang setzt, die einer schnellen und unproblematischen Adaptation an das Geschehene im Wege stehen. Wahrgenommene Vermeidbarkeit sollte nach Frey et al. (1987)
ebenfalls Grübelprozesse über verpaßte Handlungsmöglichkeiten in Gang setzen, die in
Gefühlen von Hilflosigkeit und depressiver Stimmungslage enden können, was bzgl.
des Genesungsprozesse bzw. des Verlaufs der psychischen Symptomatik maladaptiv
sei. Frey et al. (1987) zogen aus ihren Ergebnissen den Schluß, daß es bzgl. der unfallbezogenen Kognitionen eher schlecht sei, retrospektiv Kontrolle über das Unfallgeschehen wahrzunehmen. Diejenigen Kognitionen seien günstig, die den Unfall als
abgeschlossenes und vergangenes Ereignis betrachten, da dadurch keine Energien durch
Die Bedeutung von unfallbezogenen Kognitionen für den Symptomverlauf
123
Grübeleien gebunden werden, sondern diese dafür eingesetzt werden können, positiv
auf den eigenen Genesungsprozeß mit einzuwirken.
Die gefundenen Ergebnisse weisen jedoch in eine andere Richtung: Das psychische
Befinden ist um so besser, je mehr Selbstschuld wahrgenommen wird und je mehr der
Unfall als vermeidbar eingeschätzt wird. Unfallpatienten, die direkt nach dem Unfall die
Ursache sehr stark auf sich selbst attribuieren, haben sechs Monaten nach dem Unfall
signifikant geringere Werte in allen vier Fragebögen (PDS, IES, BAI und BDI,), d.h.
eine signifikant geringer ausgeprägte Angst- und Depressionssymptomatik sowie signifikant schwächer ausgeprägte posttraumatische Belastungssymptome. Bzgl. der Vermeidbarkeit ergibt sich, daß diejenigen Unfallopfer, die den Unfall direkt danach als
nicht vermeidbar wahrnehmen, nach einem halben Jahr signifikant höhere Werte im IES
(insbesondere höhere Werte auf den Subskalen "Vermeidung" sowie "Übererregung")
aufweisen, im Vergleich zu Unfallopfern, die ihren Unfall unmittelbar danach als vermeidbar wahrnehmen. Die anderen Fragebogenwerte weisen dieselbe Tendenz auf,
werden jedoch nicht signifikant. Diese Befunde stimmen u.a. mit denen von Bulman &
Wortman (1977) und Douglas et al. (1997) überein und lassen sich anhand der Theorie
der kognitiven Kontrolle erklären. Bulman & Wortman (1977) erklären sich die Tatsache, daß diejenigen Unfallopfer, die sich selbst als Ursache für den Unfall sehen am
besten mit ihrem Schicksal fertig wurden damit, daß bei diesen Personen kein Ungerechtigkeitsempfinden (kein Ärger bzw. keine Aggression anderen Personen gegenüber)
auftritt und im Nachhinein ein Gefühl der Kontrolle entsteht. Dies ändert zwar am Ausgang des Ereignisses nichts (in dem Fall Querschnittslähmung), hilft aber besser damit
zurecht zu kommen, als die Gewißheit, jemand anders ist dafür verantwortlich. Werden
Andere für den Unfall verantwortlich gemacht, kann es nach Douglas et al. (1997) zu
einem Kontrollverlust kommen, da sich ein solches Ereignis jederzeit wiederholen
kann, ohne daß man selbst Einflußmöglichkeiten besitzt. Wahrgenommene retrospektive und kognitive Kontrolle (vgl. Thompson, 1981) über das Unfallgeschehen, die
aus der Kausalattribution resultiert, besitzt dagegen protektive Funktion. Zum einen
kann der Unfall eingeordnet werden, es entsteht kein Ungerechtigkeitsempfinden, was
bei externaler Attribution der Unfallursache sicherlich der Fall wäre und es sind keine
Grübeleien und kein Hadern mit dem Schicksal notwendig. Zum anderen aber erwächst
aus der Ursachenattribution auf sich selbst und aus der retrospektiv wahrgenommenen
Vermeidbarkeit der Glaube daran, ein solches Ereignis in Zukunft verhindern zu können.
Die hier beschriebenen Ergebnisse stützen die Theorie der kognizierten Kontrolle, bzw.
lassen sich anhand dieser Theorie verstehen und erklären. Kontrolle ist hier nicht unbedingt im Sinne einer aktiven Einflußnahme auf die Umwelt zu verstehen ist, sondern
vielmehr als kognitive Aktivität, durch die die wahrgenommene Bedrohung reduziert
wird. Dadurch kann das Gefühl eines Kontrollverlustes vermieden werden. Von den
Befunden von Davis et al. (1996) ausgehend, wurde in dieser Analyse versucht, den
positiven Zusammenhang zwischen dem Gefühl, für den Unfall verantwortlich zu sein
und der wahrgenommenen Vermeidbarkeit zu replizieren. Das "Sich-für-den-Unfallverantwortlich-fühlen" sollte mit der Kausalattribution nicht in Zusammenhang stehen.
Nach Davis et al. (1996) fühlen sich Opfer von traumatischen Ereignisse um so mehr
für das Geschehene verantwortlich, je vermeidbarer sie das Ereignis wahrnehmen, unabhängig von der Kausalattribution. Die aus dem "Sich-schuldig-fühlen" resultierenden
"counterfactual thoughts" beziehen sich dabei auch eher auf Handlungen, die versäumt
124
Die Bedeutung von unfallbezogenen Kognitionen für den Symptomverlauf
wurden auszuführen, um das Ereignis zu verhindern und nicht so sehr auf die eigentliche Ursache des Ereignisses.
Folgende Zusammenhänge konnten nicht bestätigt werden: Es zeigte sich eine signifikante positive Korrelation zwischen der Einschätzung der Unfallursache bei sich selbst
und dem Gefühl, für den Unfall verantwortlich zu sein. Dieser Zusammenhang sollte,
von der Hypothese ausgehend, eher gering sein. Der Zusammenhang zwischen der Einschätzung, ob man den Unfall hätte verhindern können, wenn man sich anders verhalten
hätte und dem Gefühl verantwortlich zu sein, ist ebenfalls signifikant positiv. Dieser
Befund ist zwar hypothesenkonform, es scheint jedoch so zu sein, daß Kausalattribution
und das Wahrnehmen von Vermeidbarkeit in gleicher Weise mit dem Gefühl, sich für
den Unfall verantwortlich zu fühlen, in Zusammenhang stehen. Die Partialkorrelationen
verdeutlichen die Konfundierung dieser beiden Faktoren. Insbesondere scheint die signifikante positive Korrelation zwischen der Einschätzung, man hätte den Unfall verhindern können, wenn man sich anders verhalten hätte und der Stärke des Gefühls, man sei
für den Unfall verantwortlich, beeinflußt zu werden von dem Maße, indem man die Ursache für den Unfall bei sich selbst wahrnimmt.
Eine Erklärung dafür, daß die Ergebnisse von Davis et al. (1996) sich nicht haben replizieren lassen, könnte sein, daß dieser Sachverhalt zu komplex ist, um auf der Grundlage
von Einzelitems Aussagen darüber treffen zu können, ob bzw. wie sehr sich jemand für
den Unfall verantwortlich fühlt und zu differenzieren zwischen Einschätzungen, ob der
Unfall zu verhindern gewesen wäre und wie sehr man sich selbst oder eine andere Person als Verursacher für den Unfall wahrnimmt. Es wäre u.U. zweckmäßiger, diese Fragen und Einschätzungen in Form eines Interviews abzuklären.
Bezüglich des Auseinandersetzens mit der "Why me-Frage", können die hier gefundenen Ergebnisse die Ergebnisse von Frey et al. (1987) bestätigen. Über die Hälfte der
Unfallopfer haben sich mit dieser Frage auseinandergesetzt, Frauen deutlich häufiger als
Männer. Den meisten gelang es nicht, eine Antwort auf diese Frage zu finden. Wurde
doch eine Antwort gefunden (Beispiele: Zufall, Pech, Unaufmerksamkeit), dann war
diese in den allermeisten Fällen nicht sehr hilfreich im Sinne eines "meaning-makingprocesses", bzw. einer Einordnung des Geschehenen in eine sinnerfüllte und gerechte
Welt. Eine allgemeine hypothesenkonforme Tendenz zeigt sich darin, daß über alle Fragebögen hinweg, diejenigen Personen ein schlechteres psychisches Befinden aufweisen,
die sich mit der "Why me-Frage" auseinandergesetzt haben. Dies kann in Anlehnung an
Frey et al. (1987) als Hinweis für die negative Wirkung andauernder Grübeleien interpretiert werden, was mit einem gedanklichen Haftenbleiben am Unfallgeschehen einhergeht und eher zu negativen Stimmungszuständen als zu einer erfolgreichen Sinnfindung für das traumatische Ereignis führt. Die gefundenen Antworten (Pech, Zufall....)
sind weder dazu geeignet, Kontrollüberzeugungen, sowohl retrospektiv als auch auf die
Zukunft bezogen zu entwickeln noch sind sie dazu geeignet, dem Geschehenen einen
Sinn zu verleihen und das Ereignis auf diese Art und Weise besser verarbeiten zu können.
Was die genesungsrelevanten Kognitionen betrifft, stimmen die hier beschriebenen Ergebnisse mit denen von Frey et al. (1987) und anderen Untersuchungen an verschiedenen Probanden bzw. Patientengruppen zumindest von der Tendenz her überein. Je mehr
Kontrolle über den Genesungsverlauf wahrgenommen wird, desto besser ist das psychische Befinden. Signifikante Unterschiede zwischen Unfallpatienten mit geringer/mittlerer vs. hoher Genesungskontrolle konnten nicht gezeigt werden. Ein Grund
hierfür könnte der Deckeneffekt der Verteilung der Unfallopfer bzgl. ihrer Genesungs-
Die Bedeutung von unfallbezogenen Kognitionen für den Symptomverlauf
125
kontrolle sein. Ob es wirklich kaum Unfallpatienten gibt, die nur ein sehr geringes Maß
an Genesungskontrolle antizipieren oder aber ob die erhobenen Kognitionen ungeeignet
sind, ausreichend zwischen hoher vs. niedrig wahrgenommener Genesungskontrolle zu
differenzieren kann an dieser Stelle nicht beantwortet werden. Für weiterführende Untersuchungen diesbezüglich wäre es sinnvoll, neue Meßinstrumente zu generieren oder
bestehende methodisch besser abzusichern und zu validieren.
Zusammengefaßt kann man sagen, daß es für den Verlauf der psychischen Symptomatik
am günstigten ist, wenn sowohl retrospektiv über das Unfallgeschehen, wie auch prospektiv Kontrolle wahrgenommen wird, in dem Sinne, daß man selbst in der Lage ist,
Ereignisse dieser Art künftig zu verhindern, man ebenfalls Kontrolle über den Genesungsverlauf wahrnimmt und sich nicht mit der "Why me- Frage" auseinandersetzt,
sondern das Ereignis als selbst herbeigeführtes, in Zukunft vermeidbares aber nun abgeschlossenes Ereignis betrachtet.
Die durchgeführte multiple Regressionsanalyse mit sieben verschiedenen Kriterien (unterschiedliche psychische Belastungssymptomatik) war ein Versuch, die Auswirkungen
der gesamten Kognitionen, d.h. in jeweils einer Regressionsgleichung aber differenziert,
d.h. für unterschiedliche psychische Reaktionsmöglichkeiten (Ängste, Depressionen,
Auftreten von Intrusionen, Vermeidung, Übererregung...) zu betrachten. Direkt nach
dem Unfall kann anhand der nicht-hypothesenrelevanten Prädiktoren (Alter, Geschlecht, zeitlicher Nähe zum Unfallgeschehen sowie Verletzungsschwere) bei keinem
der sieben Kriterien ein signifikanter Anteil der Varianz aufgeklärt werden. Unter Einbezug der hypothesenrelevanten Prädiktoren (Kognitionen bzgl. Ursachenattribution,
Vermeidbarkeit, Stellen der "Why me-Frage" und Genesungskontrolle) können direkt
nach dem Unfall 35% der Angstsymptomatik, 39% der Vermeidungssymptomatik sowie 35% der PDS-Symptomatik erklärt werden. Sechs Monate später kann nur unter
Einbezug der hypothesenrelevanten Prädiktoren (d.h. der unfall- sowie genesungsrelevanten Kognitionen) ein substantieller Varianzanteil aufgeklärt werden. Alter, Geschlecht, zeitlicher Abstand zum Unfallgeschehen sowie Verletzungsschwere als nichthypothesenrelevante Variablen sind dazu nicht in der Lage. 39% der Varianz innerhalb
der Angstsymptomatik, 32% innerhalb der Vermeidungssymptomatik, 45% der Varianz
innerhalb der Übererregungssymptomatik sowie 29% der Varianz bzgl. der Einteilung
der Probanden anhand ihrer PDS-Werte in die drei Gruppen (klinisch, subklinisch, nicht
klinisch) können durch die Hinzunahme der hypothesenrelevanten Kognitionen als Prädiktoren erklärt werden. Die Richtung und Stärke der β-Gewichte der einzelnen Prädiktoren spiegeln die oben beschriebenen Ergebnisse bzgl. der einzelnen Hypothese wieder
und stellen somit eine Zusammenfassung der insgesamt zwar meist hypothesenkonträren (Hypothese 1 und 2), aber letztendlich schlüssigen und untereinander stimmigen
Ergebnisse dar.
Ein Hauptkritikpunkt dieser Analyse ist sicherlich, daß die Hypothesen auf einem Fragebogen aufbauen, der bisher nur selten eingesetzt wurde. Die durchgeführte Validierung dieses Fragebogens ersetzt nicht die Notwendigkeit in ähnlichen Untersuchungen
weitere Fragebögen einzusetzen oder neu zu konzipieren, die ebenfalls den kognitiven
Umgang mit einem traumatischen Ereignis erfassen, zumal die internen Konsistenzen
der einzelnen Skalen des "FUGK", vor allem die der Vermeidbarkeitsskala (αi=.28 bzw.
αi =.53) sehr zu wünschen übrig lassen. So betrachtet haben die Ergebnisse der hier
vorliegenden Untersuchung explorativen Charakter und sollten mit Vorsicht interpretiert werden, eine Replikation mit mehreren und methodisch besser abgesicherten Meßinstrumenten ist erforderlich.
126
Die Bedeutung von unfallbezogenen Kognitionen für den Symptomverlauf
Trotz dieser Einschränkungen sind die hier beschriebenen Ergebnisse ein Hinweis dafür, daß der kognitive Umgang mit dem traumatischen Ereignis "Verkehrsunfall" neben
anderen bisher untersuchten Faktoren wie demographische Variablen, Intensität des
Stressors, Verletzungsschwere, wahrgenommene Todesangst, Auftreten von Intrusionen
direkt nach dem Unfall, rechtliche Auseinandersetzungen und damit verbundene emotionale Belastungen, frühere psychische Beeinträchtigungen usw. einen wichtigen Faktor
darstellt, der wertvolle Informationen darüber liefert, warum, trotz ähnlicher Ausgangsbedingungen (z.B. ähnliche Intensität des Stressors oder gleiches Ausmaß an physischen Verletzungen) traumatisierte Personen so unterschiedlich reagieren, was das psychische Befinden angeht.
Abschließend bleibt festzustellen, daß der Stellenwert des kognitiven Ansatzes bei der
Ätiologie von psychischen Störungen untermauert wurde. Dies ist umso bedeutungsvoller, da in einem Bereich, wo es augenscheinlich um physische Traumata geht, der Stellenwert der psychischen Traumatisierung lange Zeit ignoriert wurde. Bleibt zu hoffen,
daß die vorliegenden Ergebnisse einen weiteren kleinen Beitrag zur Akzeptanz psychischer Traumatisierung leisten.
7 Zusammenfassende Diskussion
Nachdem die einzelnen Teilstudien bzw. Analysen dargestellt und diskutiert wurden,
soll in der zusammenfassenden Diskussion folgendes geleistet werden: Zunächst eine
kondensierte Rekapitulation der Ergebnisse, danach die Würdigung methodischer Probleme, als dritter Punkt sollen konforme und konträre Ergebnisse der drei Analysen diskutiert werden und abschließend möchte ich zu den Implikationen der Ergebnisse Stellung nehmen.
In der ersten Analyse war in einem längsschnittlichen Design untersucht worden, wie
die posttraumatische Belastungssymptomatik in den sechs Monaten nach dem Unfall
verläuft und welche Prävalenzen zu den drei Meßzeitpunkten vorlagen. Bei etwa zwei
Drittel der Patienten hat sich das psychische Befinden nach einem halben Jahr deutlich
verbessert. Dabei gibt es unterschiedliche Verläufe der einzelnen Symptomgruppen.
Weiterhin fanden sich verschiedene Verlaufstypen im Hinblick auf die Zuordnung der
Patienten zu den Kategorien gesund, subklinisch, klinisch an den drei Untersuchungszeitpunkten. Beispielsweise unterschieden sich Patienten, die zum ersten Meßzeitpunkt
klinische Symptomatik aufwiesen hinsichtlich des weiteren Symptomverlaufs. Im wesentlichen gab es chronische Verläufe (auch nach einem halben Jahr noch klinisch relevante Symptomatik) und remittierende Verläufe (nach einem halben Jahr nur noch subklinische Symptomatik oder sogar gesund). Es konnten Risikofaktoren identifiziert
werden, die mit den verschiedenen Verläufen korrelieren.
In der zweiten Analyse war längsschnittlich untersucht worden, welche Zusammenhänge zwischen verschiedenen Arten des Umgangs mit intrusiven Gedanken (sog. Gedankenbkontrollstategien) und PTB-Symptomatik bestehen. Diese fanden sich zum ersten
Meßzeitpunkt nach 10 Tagen und, in schwächerer Ausprägung, auch nach drei Monaten. Im Ergebnis einer explorativen Auswertung zeigt sich, daß insbesondere die Strategien "Ablenkung" und "Sorgen" eine relevante Rolle im Zusammenhang mit der PTBSymptomatik spielen. Dagegen wurde erwartungsgemäß kein substantieller Zusammenhang zwischen Verletzungsschwere als Aspekt der Traumaschwere und posttraumatischer Symptomatik gefunden.
In einer weiteren Analyse, die eher explorativen Charackter trug, wurde die Rolle der
unfallbezogenen Kognitionen in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit gerückt. Es wurde anhand kognitionspsychologischer Theorien und mit Hilfe längsschnittlicher Betrachtungsweise zu erklären versucht, warum manche Menschen mit einem Verkehrsunfall psychisch besser zurecht kommen als andere. Es zeigte sich, daß Variablen wie die
wahrgenommene Kontrollierbarkeit der Unfallsituation, Beschäftigung mit der Frage
„Warum gerade ich?“ sowie der subjektiv erlebte Einfluß auf den physischen Heilungsverlauf einen signifikanten Einfluß auf die Entwicklung posttraumatischer Symptomatik
ausüben.
Eine Tatsache, die dringend der Diskussion bedarf, sind die verschiedenen Stichprobenumfänge der drei Analysen, obwohl alle drei Analysen an derselben Gesamtstichprobe
durchgeführt wurden. In Teilstudie 1 konnten die Daten von 71 Teilnehmern, in Teilstudie 2 von 64 Teilnehmern und in Teilstudie 3 von 83 Teilnehmern ausgewertet werden. Dies erklärt zu einem Teil, warum in verschiedenen Teilstudien verschiedene Prävalenzen für die posttraumatische Belastungssymptomatik gefunden wurden. Warum
weichen die Stichprobenumfänge voneinander ab? Die Fragestellungen der drei Teilstu-
130
Zusammenfassende Diskussion
dien waren auf verschiedenen Teilaspekte der Thematik ausgerichtet. Demzufolge stützten sich die Teilstudien auf unterschiedliche Elemente der Fragebogenbatterie zu unterschiedlichen Zeitpunkten. So ist es nicht verwunderlich, daß Teilstudie 1 nur einen
Stichprobenumfang von 71 hat, obwohl die Ausgangsstichprobe wesentlich größer war.
Hier wurden Daten von allen drei Meßzeitpunkten und aus mehreren Abschnitten der
Fragebogenbatterie verwendet, deshalb schlugen hier die schlampig ausgefüllten Fragebögen und die Missings besonders zu Buche. Schließlich konnten nur die Patienten in
die Auswertung einbezogen werden, deren Daten zu allen drei Meßzeitpunkten vollständig vorlagen.
Im Verlaufe der Studie bestätigten sich die Vorhersagen von erfahrenen Forscherkollegen, die mir bei der Planung meiner Studie prophezeit hatten, daß bei mehreren Meßzeitpunkten die Dropoutrate linear ansteige. Trotz anfänglicher Skepsis dieser Erfahrung gegenüber mußte ich mich von der Realität eines Besseren belehren lassen. Dabei
finde ich die Unterscheidung von Dropouts und Missings wichtig. Die Bezeichnung
Dropouts soll für Fälle verwendet werden, die entweder von Anfang an oder erst zum
zweiten bzw. dritten Meßzeitpunkt die Mitarbeit an der Studie verweigern. Mit Missings sind Fälle gemeint, wo zwar ausgefüllte Fragebögen vorliegen, diese aber fehlende oder offensichtlich falsch angekreuzte Items enthalten, so daß diese nicht in die
Auswertung einbezogen werden können.
Bereits in den Diskussionen der einzelnen Analysen ist darauf eingegangen worden, daß
die Stichprobe im wesentlichen durch Missings dezimiert wurde. An dieser Stelle fragt
man sich natürlich, was man hätte tun können, um dieses Problem zu verringern – ausschalten wird man es bei Feldstudien wohl nie können. Ich denke bei Verbesserungsmöglichkeiten v.a. an zwei Punkte. Erstens eine sorgfältigere Durchsicht der Fragebogenbatterie hinsichtlich Verständlichkeit und Plausibilität. Hier sind einem zwar Grenzen gesetzt, da man validierte Fragebögen nicht ohne weiteres verändern sollte, aber
auch in den selbst gestalteten Abschnitten beispielsweise zum Unfallhergang oder den
soziodemografischen Fragen steckt erhebliches Mißverständnispotential. Zum Zweiten
wäre es günstig, wenn man die Studienteilnehmer in noch größerem Maße für eine
komplette Teilnahme an der Untersuchung bzw. für vollständiges Ausfüllen der Fragebögen motivieren könnte. In der vorliegenden Studie war aufgrund mangelnder Ressourcen die Zahlung von Versuchspersonengeldern nicht möglich. Es ist deshalb großer
Wert auf eine intrinsische Motivierung der Patienten Wert gelegt worden (siehe Anhang, Instruktionen und Kontaktbriefe). Zumindest beim ersten Untersuchungszeitpunkt
hat dies scheinbar ganz gut funktioniert. Mit zunehmendem Abstand zum Unfall allerdings scheint diese Motivation eher nachzulassen.
Beim Lesen der Ergebniskapitel der drei Analysen fällt unschwer auf, daß für die Meßzeitpunkte, wo in mehreren Analysen Prävalenzen berechnet wurden, unterschiedliche
Prävalenzangaben für posttraumatische Belastungssymptomatik bzw. PTB vorliegen.
Vorangestellt sei, daß in allen Analysen derselbe Auswertungsalgorithmus für die Zuteilung der Fälle zu den Kategorien klinisch, subklinisch und gesund verwendet wurde.
Damit rückt der unterschiedliche Stichprobenumfang ins Zentrum des Interesses. Analyse 3 mit dem größten Stichprobenumfang findet zugleich die höchsten Prävalenzwerte
für posttraumatische Belastungssymptomatik kurz nach dem Unfall und nach sechs
Monaten. Analyse 2 mit dem geringsten Stichprobenumfang findet allerdings den höchsten Prävalenzwert für die Untersuchung nach drei Monaten. In Analyse 1, wo die deutlich größeren Prävalenzstichproben zur Berechnung der Prävalenzen herangezogen
wurden, finden sich die ausgewogensten Zahlen. Die Prävalenzangaben in den beiden
Zusammenfassende Diskussion
131
anderen Analysen basieren also auf einem geringeren Stichprobenumfang. Hier scheinen v.a. die Fälle mit geringerer Symptomatik bzw. die Gesunden herausgefallen zu
sein, zum einen als Dropouts, zum anderen als Missings aufgrund unvollständig ausgefüllter Fragebögen. Mitunter wurden ganze Fragebögen nicht ausgefüllt und lediglich
mit dem Hinweis versehen, dies treffe nicht zu. Korrekterweise wurden solche Fragebögen als Missings gezählt, da man zwar vermuten aber nicht wissen kann, ob der Patient
bei näherer Durchsicht der einzelnen Items auch noch alle mit Null angekreuzt hätte.
Tabelle 7.1: PTB-Häufigkeit (% und Anzahl)
Diagnose
t1 (N=101)
t2 (N=107)
keine PTB
subklinische PTB
klinische PTB
%
67,3
15,8
16,8
N
68
16
17
%
55,1
16,8
28,0
N
59
18
30
t3 (N=105)
%
50,5
25,7
23,8
N
53
27
25
Neben den Prävalenzergebnissen gibt es das Phänomen divergierender Ergebnisse in
den Analysen auch bezüglich des Zusammenhangs der kognitiven Variablen mit der
posttraumatischen Belastungssymptomatik. So fand sich in Analyse 1, daß die kognitiven Variablen (unfall- und genesungsbezogen) keinen Beitrag zur Vorgersage verschiender Symptomverläufe liefern. In Analyse 3 dagegen konnte eine signifikante Korrelation der kognitiven Variablen mit der Ausprägung der posttraumatischen Belastungssymptomatik nachgewiesen werden. Auf den ersten Blick widersprüchlich. Bei
näherer Betrachtung fällt allerdings auf, daß in Analyse 1 die Vorhersage von 2 Kategorien (verschiene Verlaufstypen) mittels der kognitiven Variablen versucht wurde, in
Analyse 3 jedoch der korrelative Zusammenhang mit einer dimensionalen Größe, nämlich der Ausprägung der Symptomatik.
Welche Implikationen haben nun die in den drei Analysen ermittelten Ergebnisse? Zunächst sind sie ein weiterer Beitrag zur Verbereitung klinisch-psychologischen Störungswissens in der Bevölkerung, in diesem Fall v.a. unter Ärzten, Krankenschwestern
und Pflegern. Es konnte nachgewiesen werden, daß posttraumatische Belastungssymptomatik nach Verkehrsunfällen ein relevantes Problem ist, das auch in der unfallchirurgischen Versorgung der Patienten nicht einfach ignoriert werden kann. Damit wird
zugleich auch die Akzeptanz psychischer Symptomatik bei offensichtlich physischen
Verletzungen gefördert. Hier gibt es v.a. in den medizinischen Berufen viel Nachholbedarf. Die Studie konnte weiterhin Erkenntnisse bereitsstellen, die eine Früherkennung
von potentiellen PTB-Betroffenen wieder etwas näher rücken läßt. Dies wäre ein interessanter Ansatzpunkt für punktgenaue Risikogruppenprävention, um zum einen die
Entwicklung einer PTB zu verhindern, zum anderen durch Verhinderung einer PTB die
physischen Heilungsverläufe günstiger zu gestalten. In diesem Zusammenhang war die
differenzierte Beschreibung des Verlaufs der Symptomatik von wesentlicher Bedeutung
für das längsschnittliche Verständnis der PTB nach Verkehrsunfällen. Zu guter letzt
konnte v.a. durch die Ergebnisse der Analysen 2 und 3 die wichtige Rolle der kognitiven Variablen nach einem Trauma für die Entstehung einer PTB untermauert werden.
Dies bestätigt Befunde, die in letzter Zeit v.a. von der Arbeitsgruppe um Ehlers veröffentlicht wurden. Damit entfernt sich die Ergebnislage zunehmend von der DosisWirkungs-Diskussion (je schwerer das Trauma, desto schwerer die Symptomatik), zumal in dieser Studie klar belegt werden konnte, daß es keinen Zusammenhang zwischen
der Schwere der Unfallverletzungen und der posttraumatischen Symptomatik gibt.
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9 Tabellenverzeichnis
Tabelle 2.1: Häufigkeiten von verschiedenen Traumata und von PTB .......................... 11
Tabelle 2.2: Prävalenzen von PTB/subPTB nach Verkehrsunfällen .............................. 24
Tabelle 2.3: Verzögerter PTB bzw. zu Remission der PTB ........................................... 25
Tabelle 2.4: Kausalattributionen nach traumtatischen Ereignissen ................................ 35
Tabelle 3.1: Variablenplan der Teilstudien..................................................................... 41
Tabelle 3.2: Kennwerte der Substichproben................................................................... 43
Tabelle 4.1: Prävalenzen zu t1........................................................................................ 62
Tabelle 4.2: Prävalenzen zu t2........................................................................................ 63
Tabelle 4.3: Prävalenzen zu t3........................................................................................ 63
Tabelle 4.4: Prävalenzen der Längsschnittstichprobe t1-t3 ............................................ 63
Tabelle 4.5: Remissionsraten von PTB verschiedener Ausprägung............................... 64
Tabelle 4.6: Prävalenz verzögerter PTB nach einem halben Jahr .................................. 64
Tabelle 4.7: Relative Symptomhäufigkeit und Ergebnisse der Unterschiedsstestung.... 65
Tabelle 4.8: Relative Diagnosehäufigkeit und Ergebnisse der Unterschiedstestung...... 66
Tabelle 4.9: Varianzanalysen mit Meßwiederholung für jedes Symptom...................... 67
Tabelle 4.10: Gruppenvergleich „Chronische PTB“ vs. „Remittierte PTB“ hinsichtlich
prätraumatischer, unfallbezogener und posttraumatischer Variablen..................... 69
Tabelle 4.11: Gruppenvergleich „Chronische PTB“ vs. „Remittierte PTB“ hinsichtlich
psychischer Symptomatik nach dem Verkehrsunfall.............................................. 71
Tabelle 4.12: Gruppenvergleich „Ohne PTB“ vs. „Verzögerte PTB“ hinsichtlich prätraumatischer, unfallbezogener und posttraumatischer Variablen.......................... 73
Tabelle 4.13: Gruppenvergleich „Ohne PTB“ vs. „Verzögerte PTB“ hinsichtlich psychischer Symptomatik nach dem Verkehrsunfall ........................................................ 75
Tabelle 4.14: Logistische Regression I (Verlauf PTB)................................................... 76
Tabelle 4.15: Logistische Regression II (Verlauf PTB) ................................................. 77
Tabelle 4.16: Logistische Regression (Verlauf ohne PTB) ............................................ 77
Tabelle 5.1: Stichprobencharackteristik ........................................................................ 88
Tabelle 5.2: Diagnosekriterien und Anteil der Patienten................................................ 90
Tabelle 5.3: Korrelation zwischen Prädiktor-Variablen und IES-Skalen
bzw. PTB-Diagnose ................................................................................................ 91
Tabelle 5.4: Regressionsanalyse (IES-R-Subskalen)...................................................... 93
Tabelle 6.1: Einteilung der Probanden anhand ihrer PDS-Werte in drei Gruppen..... 1077
Tabelle 6.2: Psychische Belastungssymptomatik zu t1 und t2 ................................... 1077
Tabelle 6.3: Signifikanztests der Fragebogenmittelwerte t1 und t2 ........................... 1088
Tabelle 6.4: 1. Meßzeitpunkt (N=83) ......................................................................... 1099
Tabelle 6.5: 2. Meßzeitpunkt (N=83) ......................................................................... 1099
Tabelle 6.6: Mittelwertvergleiche zum 1. Meßzeitpunkt.............................................. 110
Tabelle 6.7: Mittelwertvergleiche zum 2. Meßzeitpunkt.............................................. 110
Tabelle 6.8: 2. Meßzeitpunkt (N=83) ......................................................................... 1111
Tabelle 6.9: Gruppenvergleiche (hohe vs. niedrige Vermeidbarkeit) ........................ 1122
Tabelle 6.10: Gruppenvergleich (veränderter wahrgenommene Vermeidbarkeit) ... 1122
Tabelle 6.11: Korrelationen zwischen Kausalattribution, Vermeidbarkeit und
Verantwortlichkeit .............................................................................................. 1133
148
Tabellenverzeichnis
Tabelle 6.12: Korrelationen zwischen Kausalattribution, Vermeidbarkeit und
Verantwortlichkeit...............................................................................................1133
Tabelle 6.13: Herauspartialisierung des Einflusses von f2 .........................................1144
Tabelle 6.14: Herauspartialisierung des Einflusses von f1 .........................................1144
Tabelle 6.15: Herauspartialisierung des Einflusses von f2 .........................................1144
Tabelle 6.16: Gruppenunterschiede "Why me-Frage" zu t1 .......................................1166
Tabelle 6.17: Gruppenunterschiede "Why me-Frage" t2 ............................................1166
Tabelle 6.18: Korrelationen der Skala "Genesungskontrolle" zu t1 ...........................1177
Tabelle 6.19: Korrelationen der Skala "Genesungskontrolle" zut2 ............................1177
Tabelle 6.20: Regressionsanalyse ohne hypothesenrelevante Kognitionen
zum 1. Meßzeitpunkt (für N=83) ........................................................................1188
Tabelle 6.21: Regressionsanalyse ohne Kognitionen zu t2.........................................1199
Tabelle 6.22: Regressionsanalyse mit Kognitionen zu t1 .........................................12020
Tabelle 6.23: Aufgeklärte Varianz mit/ohne Kognitionen zu t1...............................12020
Tabelle 6.24: Regressionsanalyse mit Kognitionen zu t2 .............................................120
Tabelle 6.25: Aufgeklärte Varianz mit/ohne Kognitionen zu t2.................................1211
Tabelle 7.1: Prävalenz und Stichprobenumfang ...........................................................131
10 Abbildungsverzeichnis
Bild 4.1: Altersverteilung der Stichprobe ....................................................................... 58
Bild 4.2: Art des Beteiligtseins am Unfall...................................................................... 58
Bild 4.3: Mittlere Symptomhäufigkeiten zu den verschiedenen Zeitpunkten . .............. 66
Bild 4.4: Mittelwerte der PDS-Subskalen t1-t3 .............................................................. 68
Bild 4.5: Gruppenmittelwerte der PDS-Subskala „Intrusionen“ t1-t3............................ 70
Bild 4.6: Gruppenmittelwerte der PDS-Subskala „Vermeidung“ t1-t3.......................... 70
Bild 4.7: Gruppenmittelwerte der PDS-Subskala „Übererregung“ t1-t3........................ 71
Bild 4.8: Gruppenmittelwerte der PDS-Subskala „Intrusionen“ t1-t3............................ 74
Bild 4.9: Gruppenmittlewerte der PDS-Subskala „Vermeidung“ t1-t3.......................... 74
Bild 4.10: Gruppenmittelwerte der PDS-Subskala „Übererregung“ t1-t3...................... 75
Bild 6.11: Prozentuale Verteilung der Verletzungsschwere....................................... 1077
Bild 6.12: Wahrgenommene Vermeidbarkeit im Sechs-Monats-Verlauf .................. 1122
Bild 6.13: Auftreten der Why-me-Frage nach Geschlecht ......................................... 1155
Anhang
11 Anhang
Erklärung des Autors
Patienteninformation und Einverständniserklärung
Eingesetzte Fragebogenbatterie
Injury Severity Score (ISS) inkl. Ratingkriterien der Abbreviated Injury Scale
151
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