Eine neue Ära der Astrophysik

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Welt der Wissenschaft: Gravitationswellen
Eine neue Ära der Astrophysik
Das Zeitalter der Gravitationswellen-Astronomie hat begonnen
Der 14. September 2015 wird in die Geschichte eingehen. An jenem Tag gelang der
erste direkte Nachweis von Gravitationswellen – 100 Jahre, nachdem Albert Einstein
sie vorhergesagt hatte. Damit öffnet sich ein völlig neues Fenster zur Beobachtung des
Universums. Insbesondere enge Doppelsysteme aus Neutronensternen und Schwarzen
Löchern werden im Fokus dieser neuen Forschungsrichtung stehen.
Von Uwe Reichert
In Kürze
ó Mit dem ersten direkten Nachweis von Gravitationswellen am
meldung erhielt. Die Rechner hatten aus
der das Signal sah. Der ita-
den Rohdaten ein »Ereignis« herausge-
lienische
Postdoktorand
fischt. Das bedeutete: Die beiden LIGO-De-
saß am 14. September 2015
tektoren in den USA hatten zeitgleich ein
an seinem Arbeitsplatz am Max-Planck-
Signal registriert, bei dem es sich um den
Institut für Gravitationsphysik (Albert-
lange ersehnten Nachweis einer Gravita­
Doppelsysteme aus Schwarzen
Einstein-Institut) in Hannover. Hier über-
tionswelle handeln könnte.
Löchern stellarer Masse gibt, die
wachte er Datenströme, die von LIGO, dem
Wie derartige Signaturen aussehen soll-
zu einem einzigen Schwarzen Loch
Laser Interferometer Gravitational Wave
ten, wusste Drago genau. In seiner Doktor-
verschmelzen können.
14. September 2015 gelang den
beiden Advanced-LIGO-Detektoren eine historische Entdeckung.
ó Zugleich wurde damit b
­ estätigt,
dass es im Universum enge
Observatory in den USA, eintrafen und
arbeit an der Universität Padua hatte er
ó Sowohl die Gravitationswellen
nun hier in Hannover von einem Super-
einen Algorithmus entwickelt, mit dem
als auch die Schwarzen Löcher
rechner ausgewertet wurden. Dieser Com-
sich die Rohdaten von Gravitationswel-
verhalten sich exakt so, wie es
putercluster namens ATLAS ist weltweit
lendetektoren wie LIGO rasch auf solche
100 Jahre zuvor Albert Einstein
der leistungsfähigste Großrechner, der für
Muster hin analysieren lassen. Als er nun
und Karl Schwarzschild anhand
die Analyse von Gravitationswellendaten
auf den Monitor seines Computers blickte,
von Lösungen der allgemeinen
eingesetzt wird.
zeigte dieser ihm ein Signal wie aus dem
Relativitätstheorie vorhergesagt
hatten.
24
M
arco Drago war der Erste,
April 2016
Drago telefonierte gerade mit einem
Lehrbuch: Nicht verrauscht, wie zu erwar-
Kollegen aus Italien, als er von dem auto-
ten wäre, sondern klar und deutlich stach
matischen Auswertesystem eine Alarm-
es aus den Messdaten heraus.
Sterne und Weltraum
SXS (Simulating eXtreme Spacetimes)
Tanz der dunklen Giganten: Zwei
Schwarze Löcher umkreisen einander
in geringem Abstand. Ihre jeweiligen
Aufgefangen hatten die LIGO-Detekto-
Personen, die zur Geheimhaltung ver-
Gravitationsfelder sind so stark, dass
ren das Signal wenige Minuten zuvor, um
pflichtet sind, wissen im Vorfeld von sol-
sie das Gefüge der Raumzeit extrem
11:50:45 Uhr mitteleuropäischer Sommer-
chen Testsignalen. Andererseits liefen die
verzerren. Dadurch erscheint das von
zeit. In Livingston, Louisiana, wo der eine
LIGO-Detektoren noch im Experimental-
entfernten Sternen und Galaxien
Detektor steht, war es nun 5 Uhr in der
betrieb. Während einer rund fünfjährigen
kommende Licht in ihrer Umgebung
Frühe. In dem 3000 Kilometer weiter nord-
Umbauphase waren komplett neue tech-
stark abgelenkt. Die Computersimu-
westlich gelegenen Hanford, Washington,
nische Systeme eingebaut worden, um die
lation beruht auf den Daten der LIGO-
dem Standort des zweiten Detektors, zeig-
Empfindlichkeit der Anlagen zu steigern.
Detektoren und zeigt zwei Schwarze
ten die Uhren sogar erst 3 Uhr morgens.
Sollte dort zu nachtschlafender Zeit jemand
Die nötigen Kalibrierungsarbeiten waren
Löcher mit der 29- und der 36-fachen
erst am 12. September abgeschlossen wor-
Sonnenmasse wenige Hundertstel
ein künstliches Signal eingespeist haben?
den, und die offizielle Einweihung der nun
Sekunden vor ihrer Verschmelzung.
An sich wäre das nichts Ungewöhn-
Advanced LIGO genannten Detektoren
liches, denn solche Testsignale dienen
sollte erst in vier Tagen, am 18. Septem-
dazu, das Betriebs- und Auswerteperso-
ber, erfolgen. Es gab also zum fraglichen
nal zu trainieren und alle Abläufe von der
Zeitpunkt keinen Grund, Test­signale ein-
Detektion über die Datenanalyse bis zur
zuspielen – und auch noch gar nicht die
Fertigstellung einer wissenschaftlichen
technische Möglichkeit dafür.
Veröffentlichung unter realistischen Be-
Drago zog seinen Kollegen Andrew
dingungen durchzuspielen. Nur wenige
Lundgren hinzu, der ebenfalls als Post-
www.sterne-und-weltraum.de
Animation der Verschmelzung
zweier Schwarzer Löcher:
http://bit.ly/1QKCf5R
April 2016
25
doktorand
Albert-Einstein-Institut
den Betrieb der beiden LIGO-Detektoren
von Testsignalen verantwortlich war, die
forscht. »Zu schön, um wahr zu sein!«, war
am
zuständig sind, sondern an mehr als 90
Bestätigung erhalten, dass nichts Derarti-
auch seine erste Reaktion. Um zu klären,
Forschungseinrichtungen in den USA und
ges geschehen sei. In der nächsten Status-
ob das Signal künstlichen Ursprungs oder
14 weiteren Ländern. Mit zum Forschungs-
Telekonferenz teilte Lundgren das seinen
die Folge einer wie auch immer gearteten
verbund gehört der deutsch-britische
Kollegen jenseits des Atlantiks mit. Einer
Betriebsstörung oder einer Rauschquel-
Gravitationswellendetektor
in
der Teilnehmer erinnert sich, wie Alan
le sein konnte, riefen die beiden jungen
der Nähe von Hannover. Dieser wird vom
Weinstein, der die LIGO-Datenanalyse-
Wissenschaftler in den USA an. In Hanford
Albert-Einstein-Institut der Max-Planck-
Gruppe am Caltech leitet, noch einmal
meldete sich zu dieser Zeit niemand. In Li-
Gesellschaft (mit Sitz in Hannover und
ganz langsam rückfragte, um sich zu ver-
vingston erreichten sie den diensthaben-
Potsdam-Golm), der Leibniz Universität
gewissern: »Andy, du willst damit sagen,
den Operator, William Parker. Von irgend-
Hannover und englischen Partneruniver-
dass es keine verdeckte Einspeisung gege-
welchen Auffälligkeiten im Betriebsablauf
sitäten betrieben. Eine enge Zusammen-
ben hat?« Als Lundgren bestätigte, wurde
war ihm nichts bekannt.
arbeit gibt es mit der Virgo Collaboration,
den Gesprächsteilnehmern bewusst, dass
Die Aufregung der beiden Postdokto-
die den französisch-italienischen Detektor
die Forschungsgruppe wissenschaftliches
randen in Hannover wuchs. Die von den
Virgo in der Nähe von Pisa betreibt. Virgo
Neuland betreten hatte.
Rechnern herausgefischte Signatur äh-
wird gegenwärtig – wie bereits zuvor LIGO
nelte genau derjenigen, die man von der
in den USA – mit empfindlicherer Technik
senschaftler
Verschmelzung zweier Schwarzer Löcher
umgerüstet; die Inbetriebnahme ist für
Anstatt im experimentellen Betrieb der
erwartete, die sich gewissermaßen in ei-
Ende 2016 vorgesehen.
Detektoren weitere Veränderungen und
GEO600
In der Folge mussten die LIGO-Wisihre
Pläne
modifizieren.
nem Todeskuss vereinigen und dabei das
Naturgemäß dauerte es nur wenige
Anpassungen vorzunehmen, galt es nun,
Raumzeit-Gefüge erzittern lassen. Wellen-
Stunden, bis die Nachricht von einem
die bestehende Konfiguration besser zu
form, Frequenzverlauf, Zeitdauer – alles
Ereignis jeden innerhalb dieser großen
verstehen und insbesondere das Rausch-
passte. War tatsächlich ein Gravitations-
Gruppe erreicht hatte. GW150914 laute-
verhalten detaillierter zu untersuchen.
wellensignal ins Netz gegangen?
te die Bezeichnung im Laborjargon – GW
Dies erforderte einige Tage. Parallel dazu
steht für gravitational wave, also Gravita-
lief die Auswertung des Signals GW150914
tionswelle, während die Ziffernfolge das
weiter. Und die Forscher standen vor dem
Datum angibt (Jahr, Monat, Tag). Doch die
Problem, einerseits Kollegen aus der beob-
Um sicherzustellen, dass sie nicht einer
Bedeutung, die diesem nüchternen Kürzel
achtenden Astronomie um Nachbeobach-
Fehlinterpretation aufsaßen, fragte Dra-
für die Gravitationswellenforschung zu-
tungen in möglichst vielen verschiedenen
go per Rundmail bei allen Mitgliedern
kommt, erschloss sich den Wissenschaft-
Bereichen des elektromagnetischen Spek-
der LIGO Scientific Collaboration nach, ob
lern erst nach und nach. Schließlich trug
trums zu bitten, andererseits aber ein un-
jemand etwas von der Einspeisung eines
GW150914 trotz der verräterischen Signa-
kontrolliertes Brodeln der Gerüchteküche
künstlichen Signals wüsste. Niemand be-
tur nicht den Aufdruck »Ich bin ein Gra-
zu verhindern. Nichts konnten die Wissen-
jahte. Aber nun wussten alle, dass etwas
vitationswellensignal«, sondern es galt
schaftler jetzt weniger gebrauchen als von
registriert worden war, das offenbar nicht
nun, in bewährter wissenschaftlicher Me-
außen ausgeübten Druck, doch endlich
auf ein absichtlich eingebrachtes Signal
thodik zunächst alle Fehlerquellen auszu-
die Entdeckung eines Gravitationswellen-
zurückzuführen war. Die Aufmerksamkeit
schließen. Bahnbrechende Entdeckungen
signals bekannt zu geben. Schließlich gab
war geweckt.
kommen selten in Form eines spontanen
es gerade in der jüngsten Vergangenheit
Der LIGO Scientific Collaboration ge-
Durchbruchs, sondern schleichen sich oft
mehrere Beispiele, wo Wissenschaftler
hören weltweit rund 1000 Wissenschaft-
in einem langsamen, arbeitsintensiven Er-
viel zu früh, ohne ausreichende Prüfung
ler an. Sie sitzen nicht nur am California
kenntnisprozess ins Bewusstsein ein.
und Begutachtung ihrer Ergebnisse, mit
Das Ereignis GW150914 elektrisiert die Forscher
Institute of Technology (Caltech) in Pasa-
In der Zwischenzeit hatten Drago und
dena und am Massachusetts Institute of
Lundgren in Hannover von dem kleinen
ckungen über Pressekonferenzen an die
Technology (MIT) in Cambridge, die für
Team, das für die verdeckte Einspeisung
Öffentlichkeit gegangen waren. Eine sol-
vermeintlich
bahnbrechenden
Entde-
Gravitationswellen: 100 Jahre von der Vorhersage bis zur Entdeckung
1915
1916
1958
allgemeine Relativitätstheorie
Albert Einstein die Existenz
Weber an der University of
von Gravitationswellen ab.
Maryland, Gravitationswellen
Karl Schwarzschild be-
mittels Resonanzdetektoren
schreibt Größe und Verhal-
nachzuweisen
Albert Einstein präsentiert seine
Aus seiner Theorie leitet
Erste Versuche von Joseph
ten eines Schwarzen Lochs
26
April 2016
Sterne und Weltraum
Gravitationswellen – Kräuselungen der Raumzeit
G
ravitationswellen sind eine wichtige Vorhersage von Albert
Aber anhand der Analogien können wir ein Verständnis für die
Einsteins allgemeiner Relativitätstheorie. Dieser Theorie
Ausbreitung von Gravitationswellen entwickeln.
zufolge wird die Gravitation vermittelt durch Verformungen der
Betrachten wir ein einfaches geometrisches Modell, und
vierdimensionalen Raumzeit. Griffig ausgedrückt: Unter dem
zwar einen Querschnitt durch eine Gravitationswelle, senk-
Einfluss von Massen (oder Energie) wird die Raumzeit verzerrt;
recht zu ihrer Ausbreitungsrichtung: Stellen wir uns zunächst
diese Krümmung gibt wiederum materiellen Körpern und Licht-
einen Kreis vor, auf dem eine beliebige Anzahl von punktförmi-
strahlen vor, wie sie sich in Raum und Zeit zu bewegen haben.
gen Testmassen liegt; diese Testmassen sollen frei beweglich
Die Verformbarkeit der Raumzeit ermöglicht die Ausbreitung
im Raum schweben und durch keinerlei Kräfte miteinander
von Wellen. Immer dann, wenn Massen beschleunigt werden,
verbunden sein (siehe Grafik a). Eine Gravitationswelle, die nun
verursachen sie Kräuselungen der Raumzeit, die sich mit Licht-
senkrecht durch die Papierebene läuft, verformt diesen Kreis
geschwindigkeit ausbreiten. Einstein selbst folgerte die Existenz
zu einer Ellipse: In einer Richtung wird der Kreis gedehnt, in der
solcher Gravitationswellen aus einer mathematischen Lösung
Richtung senkrecht dazu gestaucht (siehe Grafik b). Beim weite-
der Feldgleichungen seiner Relativitätstheorie. Damit gelangte
ren Durchgang der Welle biegt sich die Ellipse wieder zurück zu
er zu einer völlig neuen Vorstellung von der Schwerkraft, denn
einem Kreis, und in der nächsten Halbschwingung wird der Kreis
nach der bis dahin anerkannten Gravitationstheorie von Isaac
in die andere Richtung gedehnt beziehungsweise gestaucht
Newton würde sich die Wirkung der Gravitation ohne Zeitver-
(siehe Grafik c). Nach einer vollständigen Schwingungsperiode
lust im gesamten Universum bemerkbar machen.
haben sich alle Teilchen erneut in eine Kreisform begeben.
Es besteht eine gewisse Analogie zwischen Gravitationswel-
Für einen äußeren Beobachter (wie wir als Leser, die den Kreis
len und elektromagnetischen Wellen (wie zum Beispiel Licht
auf der Papierebene betrachten) sieht es so aus, als würde sich
oder Radiostrahlung). Beschleunigte elektrische Ladungen
der Abstand der Teilchen, die auf dem Kreis liegen, rhythmisch
senden elektromagnetische Strahlung aus. Das ist uns von der
ändern. Dies ist unmittelbarer Ausdruck der Veränderung der
Rundfunktechnik her vertraut: Oszillierende Elektronen in einer
lokalen Geometrie durch die Gravitationswelle.
Antenne strahlen die zu übertragende Information als Radio-
Stellen wir uns nun viele hintereinanderliegende Kreise vor,
so erhalten wir einen Schlauch, dessen Oberfläche wellenförmig
Gravitationsstrahlung. Und beide Wellenarten breiten sich mit
zusammen- und auseinandergezogen wird (siehe Grafik d).
Lichtgeschwindigkeit aus, und zwar als Transversalwellen: Die
Eine Animation dieser Wellenbewegung, die Markus Pössel
Ausbreitung erfolgt senkrecht zur Schwingungs- beziehungs-
vom Haus der Astronomie in Heidelberg erstellt hat, ist über
weise Verzerrungsrichtung. Ansonsten gibt es grundsätzliche
den beistehenden QR-Code per Smartphone oder
Unterschiede zwischen Gravitations- und elektromagnetischen
Tabletcomputer abrufbar.
M. Pössel / www.einstein-online.info
wellen ab. Auf ähnliche Weise emittieren beschleunigte Massen
Wellen, da sie auf verschiedenen fundamentalen Wechselwirkungen beruhen. Da die Schwerkraft um viele Größenordnungen schwächer ist als die elektromagnetische Kraft, sind Gravitationswellen erheblich schwieriger nachzuweisen als Lichtwellen.
SuW-Grafik
d
a
b
Visualisierung einer ebenen Gravitationswelle
konstanter Frequenz: http://bit.ly/1OOuTgn
c
1974
1975
1979
Taylor entdecken den ersten
Astrophysik in München
tions­wellen: Hulse und Taylor zeigen,
Pulsar in einem Doppelsystem:
beginnt als erste Gruppe
dass das Doppelsternsystem mit
PSR 1913+16 umkreist einen
weltweit mit Forschungen zur
dem Pulsar PSR 1913+16 durch
Neutronenstern auf enger
Gravita­tionswellen-Detektion
Abstrahlung von Gravitationswellen
Bahn in 7,75 Stunden
mit Interferometern
Energie verliert
Russell Hulse und Joseph
www.sterne-und-weltraum.de
Das Max-Planck-Institut für
Indirekter Nachweis von Gravita­
April 2016
27
Quellen von Gravitationswellen
S
Deshalb haben nur die energiereichsten Quellen im Univer-
tets dann, wenn Massen beschleunigt werden, erzeugen
sie Gravitationswellen. Theoretisch lösen wir bereits mit
sum eine Chance, messbare Wellen in der Raumzeit auszulösen.
jeder Handbewegung solche Schwingungen der Raumzeit aus.
Selbst der Umlauf von großen Planeten um ihr Zentralgestirn
Auch wenn wir eine Metallkugel auf und ab bewegen oder sie
reicht für detektierbare Gravitationswellen nicht aus (siehe Bild
wie beim Hammerwerfen im Kreis herumschleudern, sollte die
Mitte). Gute Kandidaten sind hingegen Supernova-Explosionen,
Raumzeit erzittern (siehe Bild links).
Doppelsysteme aus Neutronensternen oder Schwarzen Löchern,
Allerdings sind die Gravitationswellen, die wir mit einem
die sich auf engen Bahnen umkreisen, sowie Verschmelzungen
Hammerwurf erzeugen, vernachlässigbar klein. Die im Kasten
solch kompakter und massereicher Himmelskörper (siehe Bild
»Gravitationswellen – Kräuselungen der Raumzeit« gezeigten
rechts).
Doch auch die von solchen Quellen verursachten Erschütte-
Grafiken illustrieren zwar die Wellenbewegung, aber sie stellen
die Amplitude stark übertrieben dar. In Wahrheit ist die Raum-
rungen der Raumzeit sind äußerst winzig. Wenn zum Beispiel in
zeit nämlich äußerst steif und deswegen kaum verformbar.
unserem Milchstraßensystem zwei Neutronensterne verschmel-
Dies mag ein Vergleich mit gewöhnlichen Stoffen verdeutli-
zen – was nur alle paar Millionen Jahre geschehen dürfte –,
chen: Elastisches Gummi zum Beispiel hat einen Elastizitätsmo-
dann sind die durch die Gravitationswellen erzeugten relativen
dul um 0,05 Giga­pascal. Demgegenüber beträgt dieser Material­
kennwert für Stähle rund 200 Giga­pascal. Stahl ist somit etwa
Längenänderungen am Ort der Erde nur in der Größenordnung
von 10–20. Der Abstand Erde – Sonne, der rund 150 Millionen Ki-
4000 Mal steifer als Gummi. Die Raumzeit ist jedoch nochmals
lometer beträgt, würde sich dann nur um etwa den Durchmes-
um 22 Größenordnungen steifer – ihr lässt sich ein Elastizitätsmodul von rund 1024 Gigapascal zuschreiben.
ser eines Atoms verändern. Dies stellt extreme Anforderungen
MPIfR / M. Kramer
SuW-Grafik
fotolia / Salome (M)
an die Empfindlichkeit eines Gravitationswellendetektors.
Ein Hammerwerfer dürfte beim
Ein Planet in einer Umlaufbahn strahlt
Gute Kandidaten sind Doppelsysteme
Schwung­holen wohl kaum daran den-
bereits stärkere Gravitationswellen ab.
aus kompakten Neutronensternen, die
ken, dass er mit der kreisenden Metall-
Die Erde wandelt aber nur 200 Watt aus
sich innerhalb weniger Stunden umrun-
kugel Gravitationswellen im Gefüge der
ihrer Bahnbewegung in Gravitationswellen
Raumzeit auslöst. Der Effekt ist freilich
um, der Riesenplanet Jupiter immerhin
den. Der Doppelpulsar PSR J0737-3039
beispielsweise strahlt rund 1047 Watt in
um viele Größenordnungen zu klein, als
5300 Watt. Auch dies ist für eine messbare
Form von Gravitationswellen ab – das ist
dass er gemessen werden könnte – egal
Erschütterung der Raumzeit um viele Grö-
fast so viel, wie alle Sterne im Univer-
wie stark sich der Athlet anstrengt.
ßenordnungen zu klein.
sum im sichtbaren Licht aussenden.
1983
1984
1989
Quantenoptik in Garching baut
den USA vereinbaren den Bau
Forschergruppen beschließen
einen interferometrischen
des interferometrischen
den gemeinsamen Bau eines
Gravitationswellendetektor mit
Gravitationswellendetektors
interferometrischen Gravi­ta­
30 Meter Armlänge
LIGO
tions­wellen­detektors
Das Max-Planck-Institut für
28
April 2016
Das Caltech und das MIT in
Deutsche und britische
Sterne und Weltraum
che Peinlichkeit wollte und musste man
David Reitze, der Leiter des LIGO-Experi-
Kasten »Prinzip eines Laserinterferome-
unbedingt vermeiden.
ments, an jenem 11. Februar 2016 vor die
ters«, S. 30). Das LIGO-Experiment in den
Advanced LIGO beendete schließlich
Kameras trat, machte er keine langen Um-
USA besteht aus zwei identischen Inter-
die erste wissenschaftliche Datenaufnah-
schweife: »We have detected gravitational
ferometern, die allerdings im Detail weit
me nach vier Monaten, am 12. Januar 2016.
waves – we did it!«, verkündete er stolz.
komplizierter aufgebaut sind als die ur-
In dieser Zeit war die Empfindlichkeit der
Aber was genau hatten die LIGO-Detek-
sprüngliche Version von Michelson. In
Detektoren drei bis vier Mal so hoch wie
toren registriert? Und welche Informatio-
beiden Anlagen wird Laserlicht durch zwei
vor dem Umbau, und die Forscher lernten,
nen konnten die Wissenschaftler aus dem
jeweils vier Kilometer lange, L-förmig
die Eigenheiten und das Verhalten der An-
Signal GW150914 herauslesen? Um diese
angeordnete Vakuumröhren geschickt.
lagen besser zu verstehen. Am 21. Januar
Fragen zu beantworten, schauen wir uns
Aufgabe des Laserstrahls ist es, die Posi-
reichten die LIGO Scientific Collaboration
zunächst die Messtechnik näher an.
tion von Spiegeln an den Röhrenenden
und die Virgo Collaboration, die das Sig-
hochpräzise zu vermessen. Dies geschieht
nal gemeinsam ausgewertet hatten, eine
Modernste Detektortechnologie
Fachpublikation bei dem renommierten
Gravitationswellen sind winzige Erschüt-
der beiden Teilstrahlen, welche die beiden
Journal »Physical Review Letters« ein.
terungen der Raumzeit (siehe Kasten
Interferometerarme mehrfach durchque-
Nach Durchlaufen des Gutachterprozesses
»Gravitationswellen – Kräuselungen der
ren. Im Normalbetrieb wird die Anlage
erschien der Aufsatz am 11. Februar.
Raumzeit«, S. 27). Um sie zu messen, be-
so eingestellt, dass sich die überlagerten
Für diesen Tag wurden zeitgleich meh-
dienen sich Forscher des Prinzips eines
Teilstrahlen am Ort des Empfängers, einer
rere Pressekonferenzen in verschiedenen
Interferometers, wie es bereits Ende des
Fotodiode, auslöschen.
Ländern anberaumt, um die Medien und
19. Jahrhunderts von Albert Michelson
Durchläuft nun eine Gravitationswelle
die Öffentlichkeit zu informieren. Als
und Kollegen entwickelt wurde (siehe
den Detektor, verzerrt dies nach Einsteins
H1 in Hanford. Während der Signaldauer
von 0,2 Sekunden stieg die Frequenz von
35 auf 250 Hertz, und die Spitzenamplitude
erreichte 10–21. Wie die Überlagerung der
beiden Messungen zeigt, sind Wellenform
und Frequenzverlauf identisch. Genau ein
solches Signal sagen relativistische Modelle
vorher, welche die Verschmelzung von zwei
H1 beobachtet
L1 beobachtet
H1 beobachtet (korrigiert)
0,5
0,0
-0,5
-1,0
1,0
0,5
0,0
-0,5
Zeile). Die Parameter eines solchen Systems
-1,0
lassen sich aus der gemessenen WellenFrequenz in Hertz
Livingston, Louisiana (L1)
1,0
Schwarzen Löchern beschreiben (mittlere
form ermitteln.
Hanford, Washington (H1)
relativistisches Wellenformmodell
relativistisches Wellenformmodell
rekonstruiert (Wavelet-Funktion)
rekonstruiert (Wavelet-Funktion)
rekonstruiert (astrophysikalisches Modell)
rekonstruiert (astrophysikalisches Modell)
512
8
256
6
128
4
64
32
2
0
0,30
0,35
0,40
Zeit in Sekunden
0,45
0,30
0,35
0,40
Zeit in Sekunden
1994
1995
1997
Gravitationswellendetektoren
britischen Gravitationswellen-
Collaboration, der LIGO und
LIGO in Hanford, Washington,
detektor GEO600 in Ruthe bei
GEO600 angehören
und Livingston, Louisiana
Hannover
Baubeginn für die beiden
www.sterne-und-weltraum.de
Baubeginn für den deutsch-
0,45
Normierte Amplitude
und 6,9 Millisekunden später im Detektor
Relative Längenänderung (10-21)
traf zuerst im Detektor L1 in Livingston ein
Caltech / MIT / LIGO Lab
Das Gravitationswellensignal GW150914
durch interferometrische Überlagerung
Gründung der LIGO Scientific
April 2016
29
Prinzip eines Laserinterferometers
G
Spiegelaufhängung
rundlage eines Gravitationswellendetektors ist
ein Interferometer. Darin wird ein Laserstrahl
zunächst an einem Strahlteiler in zwei senkrecht
Testmasse
Testmasse
Teilstrahlen laufen die beiden Interferometerarme
zu den Spiegeln S 1 und S2 entlang (siehe Grafik). Von
dort werden sie zurück zum Strahlteiler reflektiert,
Spiegel S2
Spiegel S1
wo sie sich überlagern und dann als Signalstrahl auf
eine Foto­diode treffen. Die Helligkeit des Signal-
Strahlteiler
strahls hängt davon ab, in welcher relativen Phase
die Teilstrahlen interferieren. Die Anlage wird so eingestellt, dass die beiden Strahlen in Ruhe genau um
eine halbe Wellenlänge versetzt aufeinandertreffen
und sich auslöschen (destruktive Interferenz).
Fotodiode
Alle optischen Elemente sind über spezielle
Aufhängungen von der Umgebung entkoppelt; auf
M. Pitkin et al., 2011 / SuW-Grafik
zueinander stehende Lichtwege aufgeteilt. Die
Laser
sie wirken also keine Kräfte. Wenn nun eine Gravi­ta­
tions­welle die Anlage durchläuft, ändert sie nicht die
LIGO Hanford, Washington
Lage der Testmassen, sondern deren Eigenabstand.
(Die Spiegel verhalten sich wie die Testmassen im
Kasten »Gravitationswellen – Kräuselungen der
Raumzeit«.) Da die Lichtgeschwindigkeit konstant
LIGO Scientific Collaboration
ist, benötigt das Licht nun zum Durchlaufen des einen Arms mehr Zeit als für den anderen. Dadurch löschen sich die überlagerten Teilstrahlen nicht mehr
vollständig aus, und die Fotodiode misst ein Signal.
Mit hinreichend frequenzstabilem Laserlicht lassen
sich auf diese Weise Verschiebungen von winzigen
Bruchteilen einer Lichtwellenlänge bestimmen.
Die Messempfindlichkeit eines solchen Detek-
LIGO Livingston, Louisiana
tors steigt mit der Länge der Interferometerarme.
Im Fall der beiden Advanced-LIGO-Detektoren sind
sie jeweils vier Kilometer lang. Mit verschiedenen
Modifikationen des ursprünglichen InterferometerLIGO Scientific Collaboration
prinzips ließ sich die Empfindlichkeit weiter steigern.
So wurden zusätzliche Spiegel eingebracht, die mit
den Spiegeln S 1 beziehungsweise S2 einen Resonator bilden, in dem die Laserstrahlen vielfach hin
und her laufen. Damit erhöht sich die verfügbare
Lichtleistung (Power-Recycling), und das Rauschen
im Signalstrahl wird reduziert (Signal-Recycling).
2001
2002
2007
Gravitationsphysik (Albert-
LIGO und GEO600
französisch-italienischen
Das Max-Planck-Institut für
Erster Koinzidenz-Testlauf von
Inbetriebnahme des
Einstein-Institut) in Potsdam
Gravitationswellendetek-
übernimmt in Hannover
tors Virgo in Italien
die Aktivitäten des MPI für
Quantenoptik
30
April 2016
Sterne und Weltraum
Die Quelle, die das Signal GW150914
erzeugte, lässt sich am südlichen Sternhimmel verorten. Die farbigen Kurven repräsentieren unterschiedliche Wahrscheinlichkeiten (in Schritten von zehn Prozentpunkten),
mit denen die Position eingegrenzt werden
kann. Mit einer Wahrscheinlichkeit von
zehn Prozent kam das Signal aus der durch
die innerste gelbe Kurve umschlossenen Region. Die äußere Kurve (lila) markiert eine
600 Quadratgrad große Region, aus der das
Signal mit einer Wahrscheinlichkeit von
90 Prozent stammt. In diesem Areal gibt
es rund 100 000 Galaxien, die in dem von
Advanced LIGO zugänglichen Entfernungsbereich liegen. Die Große Magellansche
Wolke scheidet als Quelle aus, weil sie uns
Große Magellansche Wolke
mit einem Abstand von 170 000 Lichtjahren
viel zu nahe liegt. Das Signal erreichte die
Erde aus einer Entfernung von 1,3 Milliar-
Caltech / MIT / LIGO Lab
den Lichtjahren.
Kleine Magellansche Wolke
allgemeiner Relativitätstheorie die Raum-
auf ein kaum vorstellbares Maß gesteigert
che mikroseismischen Erschütterungen
zeit, wodurch einer der beiden Teilstrahlen
werden. Advanced LIGO kann noch erken-
sind in der Regel größer als das nachzu-
einen etwas kürzeren Weg zu durchlaufen
nen, wenn sich die Länge eines der vier
weisende Signal. Deshalb wurden in den
hat, der andere einen etwas längeren. In
Kilometer langen Interferometerarme um
vergangenen Jahren Verfahren entwickelt,
anderen Worten: Die Längen der beiden
mit denen sich die Messstrecken der Gra-
Interferometerarme sind nun nicht mehr
0,000 000 000 000 000 000 1 Meter ändert,
also um 10 –19 Meter. Dieser Wert ist weit
gleich, sondern verändern sich relativ zu-
kleiner als der Durchmesser eines Atoms,
von ihrer Umgebung entkoppeln lassen.
einander. Die Laserstrahlen löschen sich
ja sogar noch vier Größenordnungen klei-
Aber nicht nur seismische Schwingungen
nun nicht mehr vollständig aus, so dass
ner als der Durchmesser eines Protons.
beeinflussen die exakten Spiegel­posi­tio­
vitationswellendetektoren
mechanisch
Es liegt auf der Hand, dass bei solch
nen – auch thermisches Rauschen oder
Der Betrag dieser relativen Längenän-
winzigen Längenänderungen die Zahl
der Strahlungsdruck der Laserstrahlen
derung ist mit einer erwarteten Größenordnung von weniger als 10 –20 äußerst
der natürlichen und künstlichen Rausch-
sind Störfaktoren, die kompensiert wer-
quellen, die ein Gravitationswellensignal
den müssen.
winzig. Um zumindest die energiereichs-
überdecken können, sehr groß ist. Ein Erd-
Eine weitere Kategorie von Rauschquel-
ten Prozesse im Universum nachweisen zu
beben auf der anderen Seite der Erdkugel,
len ist mit der Sensorik verknüpft. Dazu
können, die Gravitationswellen auslösen,
die Brandung der Wellen an der Atlantik-
gehören zum Beispiel das Schrotrauschen
musste die Messempfindlichkeit der De-
küste, das Vorbeifahren eines Zuges oder
der Fotodiode, das auf die Bewegung der
tektoren durch ausgeklügelte Techniken
eines Autos in der Nähe der Anlage – sol-
einzelnen Ladungsträger zurückzuführen
2010
2011
Gemeinsame Messkampagne
Erster direkter Nachweis
Advanced LIGO beginnt
von GEO600 und Virgo. Im
von Gravitationswellen mit
Anschluss beginnt der Umbau
Advanced LIGO
die Fotodiode ein Lichtsignal registriert.
Der Umbau von LIGO zu
14.9.2015
von Virgo zu Advanced Virgo
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ist, die Instabilitäten des Laserstrahls und
14. September 2015, um 09:50:45 Uhr
das unvermeidliche Rauschen in der Aus­
Weltzeit, registrierten die Detektoren H1
stieg von 35 Hertz auf 250 Hertz an, und
die Spitzenamplitude erreichte 10 –21. Im
lese­elek­tro­nik.
in Hanford und L1 in Livingston das nun
Detektor L1 in Livingston traf das Signal
Mit großem Ideenreichtum haben die
GW150914 genannte Signal (siehe Bild
zuerst ein; 6,9 Millisekunden später er-
Wissenschaftler und Ingenieure in den
S. 29). Dieser zeitgleiche Nachweis in ver-
reichte es den Detektor H1 in Hanford.
vergangenen Jahren die Messempfind-
schiedenen Detektoren – in der Fachspra-
Aus diesem Laufzeitunterschied schlos-
lichkeit der interferometrischen Gravita-
che Koinzidenz genannt – ist ein wichtiger
sen die Wissenschaftler, dass die Quelle
tionswellendetektoren verbessert und die
Beleg für ein reales Ereignis. Hätte nur
des Gravitationswellensignals am südli-
Einflüsse von Rauschquellen vermindert.
einer der Detektoren das Signal empfan-
chen Sternenhimmel liegt. Mit zwei De-
Die deutsch-britische Anlage GEO600 bei
gen, wäre es mit hoher Wahrscheinlich-
tektoren lässt sich der Herkunftsort zwar
Hannover fungierte hierbei als Vorreiter
keit auf eine Störquelle zurückzuführen
nicht genau ermitteln, aber immerhin auf
und Prüfstand. Wesentliche Neuerungen
gewesen und deshalb von den Auswerte-
einen ringförmigen Streifen am Himmel
wurden unter Leitung des Albert-Einstein-
programmen gleich aussortiert worden.
eingrenzen. Weitere Faktoren wie etwa die
Instituts, der Leibniz Universität Hanno-
Koinzidenz bedeutet hierbei, dass sich die
sich verändernde Signalstärke in den De-
ver und des Laser Zentrum Hannover e.V.
Ankunftszeiten der Signale in den beiden
tektoren schränken den Bereich zusätzlich
entwickelt. Hierzu zählen unter anderem
Detektoren um nicht mehr als zehn Mil-
ein (siehe Bild S. 31).
spezielle Spiegelaufhängungen und fre-
lisekunden unterscheiden dürfen. Dieser
Die grundlegende Form des Signals
quenzstabilisierte Hochleistungslaser.
Wert entspricht der Lichtlaufzeit zwischen
GW150914 weist auf die Verschmelzung
den beiden 3000 Kilometer entfernten De-
zweier Schwarzer Löcher hin, die sich zu-
tektoren. Ein weiterer Beleg für ein reales
vor in einem engen Doppelsystem um-
Im Zuge der internationalen Koopera­tion
Ereignis ist die hohe statistische Signi-
kreist hatten. Anhand von relativistischen
wurden solche Neuerungen während des
fikanz des Signals: Die Wahrscheinlich-
Modellen erwarteten Theoretiker genau
fünfjährigen Umbaus zu Advanced LIGO
keit, dass GW150914 durch Fehlerquellen
den Kurvenverlauf, der sich durch die Be-
in den US-amerikanischen Detektoren
zufällig entstanden sein könnte, ist sehr
obachtung bestätigte (siehe Bild unten): Je
eingebaut. Nach Abschluss dieser Arbeiten
klein – nur einmal in 200 000 Jahren wäre
näher sich die Schwarzen Löcher kommen,
im September 2015 stehen nun erstmals
ein solches Fehlsignal zu erwarten, so die
desto kürzer wird ihre Umlaufperiode,
die präzisen Technologien zur Verfügung,
LIGO-Forscher.
was zu einer höheren Frequenz der Gra-
Rascher Lohn nach Umbau
die man für den Nachweis der schwachen
Gravitationswellen braucht.
Nur etwa 0,2 Sekunden dauerte das
vitationswellen führt. Gleichzeitig nimmt
registrierte Signal GW150914. In diesem
die Stärke der Wellen, also die Amplitude
Zeitraum nahmen sowohl die Frequenz
des Signals zu, weil das Gravitationsfeld
der Welle als auch die Amplitude der re-
immer stärker wird. In jener Phase um-
laboration unerwartet schnell ein. Am
lativen Längenänderung zu: Die Frequenz
runden sich die beiden Schwarzen Löcher
Wenn sich zwei Schwarze Löcher auf einer
immer enger werdenden Bahn umrunden
(oben) nimmt die Frequenz der von ihnen
ausgesendeten Gravitationswellen zu
(Mitte). Kurz vor dem Kollidieren macht sich
auch das zunehmende Gravitationsfeld bemerkbar, was zu einem Anstieg der Wellen-
1,0
amplitude führt. Die Spitzenamplitude wird
im Moment des Verschmelzens erreicht.
0,5
Das neu entstandene Schwarze Loch nimmt
dann nach wenigen Hundertstel Sekunden
0,0
einen Gleichgewichtszustand an, wodurch
das Signal rasch abklingt. In den letzten
-0,5
-1,0
Geschwindigkeit
Verschmelzung Abklingen
0,6
0,5
0,4
0,2 Sekunden vor dem Verschmelzen
nähern sich die Schwarzen Löcher von fünf
relativistisches Wellenformmodell
auf einen Schwarzschildradius an (unten,
4
Abstand der Schwarzen Löcher in Schwarzschildradien
3
Geschwindigkeit der Schwarzen Löcher (Lichtgeschwindigkeit = 1)
2
1
0,3
0,30
0,35
0,40
0,45
0
Abstand in
Schwarzschildradien
Relative Längenänderung (10-21)
Annäherung der Schwarzen Löcher
Caltech / MIT / LIGO Lab
Den Lohn für die aufwändigen Umbauarbeiten fuhr die LIGO Scientific Col-
schwarze Kurve); dabei nimmt ihre relative
Umlaufgeschwindigkeit von etwa 30 auf
mehr als 50 Prozent der Lichtgeschwindigkeit zu (unten, grüne Kurve).
Zeit in Sekunden
32
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Sterne und Weltraum
N
eutronensterne sind Überreste von massereichen Sternen.
konnte. Mit diesem
Nach dem Aufbrauchen des Fusionsbrennstoffs kollabiert
»Pulsar« genannten
die Kernregion eines solchen Sterns, weil nichts mehr die Gravi-
Objekt hatten Bell
tation kompensieren kann. Dabei werden die Protonen und Elek-
und Hewish eine
tronen der Materie derart stark zusammengequetscht, dass sie
neue Klasse von
sich zu Neutronen vereinen. Während der äußere Teil des Sterns
Himmelskörpern
als Supernova explodiert, bleibt innen ein Neutronenstern zu-
entdeckt. Im Jahr
rück – eine kompakte Kugel von etwas mehr als einer Sonnen-
1974 erhielt Hewish
masse, aber einem Durchmesser von nur rund 20 Kilometern.
dafür den Nobelpreis
NASA / Fermi / Cruz de Wilde
Neutronensterne
Das Vorhandensein solch bemerkenswerter Objekte, deren
für Physik (er teilte
Dichte etwa 100 Billionen mal höher ist als diejenige der Sonne,
ihn sich mit Martin
wurde bereits Ende der 1930er Jahre diskutiert. Man hielt sie
Ryle, dem Direktor
freilich für zu lichtschwach, um sie tatsächlich beobachten zu
des MRAO, der für
können. Im Jahr 1967 erkannte jedoch Franco Pacini von der Eu-
die Entwicklung der
ropäischen Südsternwarte ESO, dass Neutronensterne elek­tro­
Apertursynthese
magnetische Wellen aussenden würden, falls sie rotierten und
geehrt wurde; damit ließ sich das Auflösungsvermögen von
starke Magnetfelder aufwiesen.
Radioteleskopen erheblich steigern, so dass auch die Positionen
Tatsächlich entdeckten noch im gleichen Jahr die Doktoran-
von Pulsaren bestimmt werden konnten).
din Jocelyn Bell und ihr Doktorvater Antony Hewish an der Uni-
Schon bald nach der Entdeckung setzte sich die Auffassung
versity of Cambridge mit einer neuartigen Antennenanlage des
durch, dass Pulsare Neutronensterne sind, die – wie von Pacini
Mullard Radio Astronomy Observatory (MRAO) kurze Radiopulse
vermutet – tatsächlich schnell rotieren. Dabei senden sie ähnlich
extraterrestrischen Ursprungs, die sich mit außerordentlicher
wie der Scheinwerfer eines Leuchtturms Strahlung in zwei
Regelmäßigkeit alle 1,337 Sekunden wiederholten. Aus der Puls-
engen, entgegengesetzten Bündeln aus. Bei jeder Umdrehung,
dauer von nur einigen Millisekunden folgte, dass das aussen-
wenn die Strahlen die Position der Erde überstreichen, ist ein
dende Objekt nicht größer als wenige tausend Kilometer sein
kurzer Radiopuls zu empfangen.
Schwarze Löcher
S
chwarze Löcher entstehen wie Neu­tro­nen­sterne; allerdings
nichts mehr aus diesem Objekt herausgelangen kann. Der
hatten ihre Vorgängersterne weit mehr Masse. Die ehema-
Schwarzschild-Radius ist nicht mit der Oberfläche eines Him-
lige Kernregion wird dann noch stärker zusammengedrückt als
melskörpers gleichzusetzen, sondern gibt nur den Horizont an,
beim Neutronenstern. Das Resultat ist ein kollabiertes Objekt,
der die Grenze zwischen Sichtbarkeit und Unsichtbarkeit mar-
welches das Mehrfache einer Sonnenmasse in sich vereint.
kiert. Für ein Schwarzes Loch von einer Sonnenmasse beträgt
Wie ein Schwarzes Loch im Innern beschaffen ist, wissen wir
nicht. Die uns bekannten Naturgesetze reichen nicht aus, diesen
der Schwarzschild-Radius drei Kilometer.
Ein Schwarzes Loch ist für sich genommen nur durch sein äu-
Zustand zu beschreiben. Was wir aber wissen ist: Kein Teilchen,
ßeres Gravitationsfeld zu bemerken. Gelangen jedoch Gaswol-
noch nicht einmal Licht kann diesem Gravitationsschlund ent-
ken oder Sterne in seinen unmittelbaren Einzugsbereich, dann
kommen – es ist, als hätte das Universum hier einen Ausgang
stürzt diese Materie nicht direkt hinein, sondern bildet einen
erschaffen, in den wie bei einem Badewannenabfluss alles
scheibenförmigen Wirbel, eine Akkretionsscheibe, in der sie
hineinwirbelt, aber nichts mehr herauszukommen vermag.
langsam nach innen durch den Schwarzschild-Horizont spiralt.
Dass es massereiche Himmelskörper geben müsse, die sich
Durch das Umwandeln von Gravitationsenergie und durch dy-
nicht durch eigene Strahlung bemerkbar machen, also dunkel
namische Prozesse in der Scheibe heizt sich diese extrem auf, so
erscheinen, ist keine Erkenntnis des 20. oder 21. Jahrhunderts.
dass wir die Vorgänge darin anhand ihrer elektromagnetischen
Bereits der Engländer John Michell erkannte 1784 mit erstaunli-
Strahlung – insbesondere im Röntgenbereich – sehen können.
cher Weitsicht und auf der Grundlage der newtonschen Gravitationstheorie, dass bei einem genügend großen Stern »alles Licht,
Double Negative / O. James et al.
das von einem solchen Körper ausgesandt würde, durch seine
eigene Schwerkraft gezwungen würde, zu ihm zurückzukehren.«
Erst die allgemeine Relativitätstheorie von Albert Einstein
erlaubte ein tieferes Verständnis der Gravitation und somit ein
konsistenteres Bild von Schwarzen Löchern. Ihre erste theoretische Beschreibung im Rahmen dieser Theorie lieferte Karl
Schwarzschild 1916: Nach ihm ist heute der von der Masse des
Schwarzen Lochs abhängige Radius benannt, innerhalb dessen
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GEO600
LIGO Hanford
Virgo
KAGRA
LIGO Livingston
AEI / TerraForma / SuW-Grafik
LIGO India
Lage sein, die Resonanzfrequenz des Zy-
digkeit. Nach dem Verschmelzen dauert es
Sternleichen im Walzerwirbel als astrophysikalische Labore
einige Hundertstel Sekunden, bis das neu
Aus diesen Angaben wird deutlich, dass
eindeutige Ergebnisse zu erzielen – auch
entstandene Schwarze Loch einen Gleich-
den Wissenschaftlern gleich ein ganz be-
nicht, als andere Forscher durch verbes-
gewichtszustand erreicht hat. In dieser
sonderer Fang gelungen ist. Die LIGO-For-
serte Ausführungen die Empfindlichkeit
Abklingphase, im Englischen ringdown
scher haben nicht nur den engen Umlauf
der Weberzylinder auf rund das Tausend-
genannt, nimmt die Amplitude der Gravi-
von zwei Schwarzen Löchern beobachtet,
fache steigern konnten.
tationswellen rasch ab.
sondern auch den Vorgang des Verschmel-
Resonanzdetektoren haben neben der
Aus dem gemessenen Verlauf des Wel-
zens. Noch nie zuvor in der Geschichte war
zu geringen Empfindlichkeit einen weite-
lenzugs lassen sich nun mit Hilfe von
das gelungen. Über den direkten Nachweis
ren Nachteil: Selbst wenn sie durch eine
aus der allgemeinen Relativitätstheorie
von Gravitationswellen hinaus haben die
Gravitationswelle zum Schwingen ange-
abgeleiteten
mit mehr als der halben Lichtgeschwin-
linders anzuregen. Es gelang jedoch nie,
die
Wissenschaftler damit auch ein bisher
regt werden, können sie die Wellenform
genauen astrophysikalischen Parameter
nur theoretisch untersuchtes Phänomen
nicht erfassen. Deshalb ist keine Auskunft
des Ereignisses ermitteln. Dazu zählen
gemessen. Und erneut konnte eine Vor-
über die Art der Quelle möglich.
die Massen und die Eigendrehungen der
hersage von Einsteins allgemeiner Relati-
beiden ursprünglichen Schwarzen Löcher,
vitätstheorie präzise bestätigt werden.
Wellenformmodellen
Mit interferometrischen Detektoren
jedoch ist die Wellenform messbar. Pio-
die Orientierung des Doppelsystems und
Damit schließt sich gewissermaßen
nierarbeiten hierzu begannen 1975 am
seine Entfernung zur Erde sowie die Masse
nach 100 Jahren ein Kreis: Im November
Max-Planck-Institut für Astrophysik in
und die Eigendrehung des neu entstande-
1915 hatte Albert Einstein der Preußi-
München (siehe Zeitleiste in diesem Ar-
nen Schwarzen Lochs.
schen Akademie der Wissenschaften die
tikel). Jetzt, nach 40 Jahren intensiver
Wie die Auswertung ergab, hatten die
Grundzüge seiner allgemeinen Relativi-
Forschung auf diesem Gebiet, führte die
beiden kollidierenden Schwarzen Löcher
tätstheorie vorgestellt (siehe SuW 11/2015,
Beharrlichkeit der Wissenschaftler mit
die 36- und 29-fache Masse unserer Son-
S. 40). Ein halbes Jahr später, im Juni 1916,
der ersten direkten Messung von Gravi-
Mit dem Beginn der Gravitationswellenastronomie öffnet
sich ein neues Fenster zur Beobachtung des Universums.
tationswellen zum lang ersehnten Erfolg.
Bisher hatte es nur indirekte Hinweise
für die Existenz von Gravitationswellen
gegeben. Im Jahr 1974 entdeckten Russell
ne. Das resultierende einzelne Schwarze
beschrieb er anhand von Lösungen seiner
Hulse und Joseph Taylor mit dem Radio­
Loch weist die 62-fache Masse der Sonne
Theorie die Entstehung von Gravitations-
tele­skop bei Arecibo (Puerto Rico) den ers-
auf. Demnach wurde innerhalb eines Se-
wellen, die sich mit Lichtgeschwindigkeit
ten Pulsar in einem Doppelsternsystem.
kundenbruchteils eine Masse von dem
ausbreiten. Einstein glaubte allerdings,
Pulsare sind Neutronensterne, die rasch
Dreifachen unserer Sonne in Gravitations-
dass man diese Wellen nie würde nachwei-
rotieren und auf Grund ihrer starken Ma-
wellen umgesetzt. Dies bedeutet, dass für
sen können, weil sie so schwach sind.
gnetfelder elektromagnetische Strahlung
einen kurzen Moment rund 50-Mal so viel
Andere Wissenschaftler waren da opti-
aussenden (siehe Kasten »Neutronenster-
Energie in Form von Gravitationswellen
mistischer. Zu den frühen Pionieren der
ne«, S. 33). In detektivischer Kleinarbeit
freigesetzt wurde, wie alle leuchtenden
Gravitationswellenforschung gehört der
stellte Hulse fest, dass die Pulse ihres Ob-
Sterne im Universum im sichtbaren Licht
US-amerikanische Physiker Joseph Weber
jekts PSR 1913+16 mit einer Periode von
abstrahlen. Dieser gewaltige Ausbruch
(1919 – 2000). Er verwendete massive Alu-
7 Stunden und 45 Minuten regelmäßig
ereignete sich in einer Entfernung von
miniumzylinder als Resonanzdetektoren.
schwanken – eine Folge des Umlaufs um
1,3 Milliarden Lichtjahren.
Eine starke Gravitationswelle sollte in der
einen zweiten Neutronenstern. Da die
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Sterne und Weltraum
Ein weltweiter Forschungsverbund beteiligt
stein vorhergesagten Gravitationswellen
sich an der Suche nach Gravitationswellen.
erhielten Hulse und Taylor im Jahr 1993
Denn ein Signal aus dem All gilt nur dann
den Nobelpreis für Physik.
als eindeutig nachgewiesen, wenn es von
Während es noch rund 320 Millionen
mindestens zwei Detektoren gleichzeitig
Jahre dauern wird, bis PSR 1913+16 mit
empfangen wurde. Die Anlage GEO600 in
seinem Begleiter kollidiert, sind in der
der Nähe von Hannover ist die kleinste;
Zwischenzeit weitere Doppelsysteme aus
Uwe Reichert ist Astro­
dort wurden aber viele Technologien ent-
Neutronensternen bekannt, die noch klei-
physiker und Chefredakteur
wickelt, die nun in den anderen Detektoren
nere Umlaufperioden haben und deshalb
von Sterne und Weltraum.
zum Einsatz kommen. Die beiden LIGO-
früher verschmelzen werden. So wurde
Detektoren in den USA wurden technisch
2003 der Doppelpulsar PSR J0737-3039
aufgerüstet und gingen im September
entdeckt, dessen Komponenten einander
2015 als Advanced LIGO wieder in Betrieb.
in nur 2,4 Stunden umkreisen. Dieses Sys-
Virgo in Italien wird nach einer längeren
tem wird bereits in 85 Millionen Jahren
Umbauphase Ende 2016 den Messbetrieb
verschmelzen.
wieder aufnehmen. Die Anlagen KAGRA in
Japan und LIGO India sind noch im Bau.
Solche Zeitskalen werfen natürlich die
Frage auf, in welchen Abständen ein Gravitationswellendetektor ein Verschmelzungsereignis
nachweisen
kann.
Das
beiden kompakten Körper dabei unge-
hängt wesentlich von der Empfindlichkeit
wöhnlich hohen Beschleunigungen unter-
des Detektors ab, denn je kleiner die Nach-
worfen sind, mussten die Wissenschaftler
weisgrenze, desto größer ist das Volumen
relativistische Effekte berücksichtigen,
im Universum, in dem ein bestimmtes Er-
um die Bahnparameter und die Massen
eignis erfasst werden kann.
der beiden Komponenten zu ermitteln.
Dies war das erste Mal, dass Einsteins The-
Beginn einer neuen Ära
orie zur Bestimmung astrophysikalischer
Für den Moment bleibt festzuhalten, dass
Größen aus Messwerten herangezogen
mit dem direkten Nachweis von Gravita-
wurde.
tionswellen durch Advanced LIGO eine
Einer der relativistischen Effekte, die
neue Ära der Astrophysik begonnen hat.
Taylor und sein Team messen konnten,
In der Fachpublikation, in der die Entde-
ist die Verschiebung des Periastrons – des
ckung von GW150914 veröffentlicht wur-
Punktes auf der Umlaufbahn des Pulsars,
de, sind nur 16 Tage des Detektorbetriebs
an dem er seinem Begleiter am nächsten
ausgewertet. Die erste Messphase von Ad-
ist. Dieser Effekt entspricht der bekannten
vanced LIGO dauerte indessen vier Mona-
Periheldrehung des Merkur im Sonnen-
te. In dieser Zeitspanne sind weitere Ereig-
system, die nach Einstein eine natürliche
nisse hinzugekommen, die gegenwärtig
Folge der Krümmung der Raumzeit in der
ausgewertet werden.
Nähe der Sonne ist. Allerdings ist der Ef-
Die eigentliche Entdeckungsmeldung
fekt bei PSR 1913+16 rund 35 000-mal grö-
zog rasch eine Flut von weiteren Veröffent-
ßer als bei Merkur.
lichungen nach sich. Allein 25 Forscher-
Dieser große Unterschied verdeutlicht
teams suchten in den Tagen nach dem
den besonderen Wert von engen Doppel-
14. September das fragliche Himmels­areal
systemen aus kompakten Neutronen-
nach elektromagnetischen Signalen ab.
sternen oder – noch besser – Schwarzen
Solche sind zwar von einem reinen Dop-
Löchern als Testobjekte für die Relati-
pelsystem aus Schwarzen Löchern nicht
vitätstheorie und insbesondere für die
zu erwarten, doch durch Wechselwirkun-
Untersuchung von Gravitationswellen.
gen mit Materie in der Umgebung könn-
Anhand des Pulsars PSR 1913+16 ließ sich
ten solche Signale entstehen.
erstmals zeigen, dass das System durch
Auch wenn solche Nachbeobachtungen
Abstrahlen von Gravitationswellen Ener-
dem momentanen Kenntnisstand zufol-
gie verliert, die der Bahnbewegung ent-
ge negativ ausgefallen sind, wird sich ihr
zogen wird: Pro Umlauf kommen sich der
Wert künftig noch erweisen. Denn nach-
Pulsar und sein Begleiter um 3,1 Millime-
dem sich mit der Gravitationswellenastro-
ter näher. Über die entsprechende Ände-
nomie ein neues Fenster zur Beobachtung
rung in der Umlaufperiode des Pulsars –
des Universums geöffnet hat, werden die
die sich pro Jahr um 0,076 Millisekunden
Astronomen nicht nur das messen, was sie
verkürzt – ließ sich dieser Effekt messen.
erwartet haben, sondern auch vieles, was
Für die indirekte Bestätigung der von Ein-
sie sehr überraschen wird.
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Literaturhinweise
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Reichert, U.: Nobelpreis für Physik –
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Akademie der Wissenschaften (Berlin),
S. 189 – 196, 1916
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