Masernelimination Pressekonferenz vom 24.10.2013 In der Schweiz ist Solidarität ein wichtiger Wert. Deshalb darf die Schweiz nicht zulassen, dass sich ein Virus in ihrem Hoheitsgebiet und/oder über ihre Grenzen hinaus ausbreitet. Ausgangslage Die Schweiz, in der nur 85% der Kinder gegen Masern geimpft sind, bildet diesbezüglich das Schlusslicht in Europa. Mit dieser Durchimpfungsrate lässt sich nicht verhindern, dass regelmässig Epidemien auftreten, die von den kantonalen Gesundheitsbehörden komplexe, zeitaufwändige und kostspielige Massnahmen erfordern. Auf ausdrücklichen Wunsch der Kantone hat der Bund eine nationale Strategie zur Masernelimination erarbeitet. Diese sieht insbesondere vor, die Ärzteschaft und die Eltern für die Impfung zu motivieren und auf die Bedeutung der Verabreichung von zwei Impfdosen bis zum Alter von zwei Jahren hinzuweisen. Ausserdem sollen Erwachsene nachgeimpft und ab dem 24.10.2013 eine Informationskampagne durchgeführt werden. Masern-Durchimpfung, 2005-2007 Masern sind keine harmlose Krankheit ! Obwohl Masern meist gutartig verlaufen, können sie in 10 bis 15% der Fälle zu schweren Komplikationen führen (akute oder subakute Enzephalitis, Pneumonie, Otitis). Ungefähr jeder fünfte Patient muss hospitalisiert werden. Manchmal verläuft die Krankheit gar tödlich. Gemäss der Weltgesundheitsorganisation muss bei den Kindern unter zwei Jahren eine Durchimpfung von 95% erreicht werden, damit die Masern als eliminiert gelten können. Paradoxerweise ist die Durchimpfungsrate in der Schweiz tiefer als in einigen Drittweltländern. Ausserdem ist sie je nach Kanton unterschiedlich. Besonders problematisch ist die unzureichende Durchimpfung für Personen, die nicht geimpft werden können (Säuglinge bis zum Alter von sechs Monaten, schwangere Frauen, Personen mit einer Immunschwäche). Diese Personen, die anfälliger sind als die Allgemeinbevölkerung, sind nur dann vor dem Masernvirus geschützt, wenn die allgemeine Durchimpfung ausreicht, um die Zirkulation des Masernvirus auf ein Minimum zu beschränken (Kollektivimmunität). Nationale Programmen Einige Zahlen... Quelle: Nationale Strategie zur Masernelimination 2011-2015 Link: http://www.gdk-cds.ch 22.4_Factsheet_Masern_20130911_d.pdf Von Dezember 2010 bis August 2011 verzeichnete die Schweiz eine Masernepidemie, bei der in 21 Kantonen insgesamt 679 Fälle gemeldet wurden. Von den 128 Fällen, die 2013 gemeldet wurde, waren 52% 10 bis 19 Jahre alt und 1% war jünger als ein Jahr. 87% der Erkrankten waren nicht geimpft, 6% hatten nur eine Dosis Masernimpfstoff erhalten. 15 Patienten mussten hospitalisiert werden. Jeder Masernfall verursacht direkte (medizinische) Kosten von etwa 1’600 Franken. Die Gesamtkosten im Zusammenhang mit Masern werden auf über fünf Millionen Franken geschätzt. Die Kosten für Massnahmen der Sekundärprävention bei einem einzigen Masernfall (ohne Komplikationen) werden auf 5‘500 Franken geschätzt. Quelle: Lagebericht am 06.08.2013; Diebold, Schweizerische Ärztezeitung 2008, 89; Strategie zur Masernelimination 2012-2015. Ein Beispiel aus Genf In Genf wird die Masern-Durchimpfung systematisch erhoben, indem die Impfausweise aller Kinder im Alter von 28 Monaten kontrolliert werden. Zwischen 2000 und 2005 erhöhte sich der Anteil der Kinder, die mit einer Dosis geimpft sind, von 87,9% auf 91,5. Trotz einer hohen Immunisierungsrate wurden in den Jahren 2003 bis 2010 insgesamt 161 Masernfälle gemeldet. Die institutionellen Massnahmen, die ab 2003 eingeführt wurden (unter anderem Kontrolle des Impfausweises, Schulausschluss während 21 Tagen, gemeinsame Intervention der Gesundheitsbehörden und der Schul- oder Krippenleitungen), waren jedoch erfolgreich: In Genf wird eine tiefere Zahl von Masernfälle verzeichnet als in anderen Kantonen. Quelle: Lacroix, Rev Med Suisse 2008; 4; Delaporte, Euro Surveill. 2011;16(39). Rolle der kantonalen Behörden Nach Artikel 23 des Epidemiengesetzes sind die Kantone dafür zuständig, eine Impfung zu empfehlen oder für obligatorisch zu erklären. In einigen Kantonen ermöglichen die kantonalen Gesundheitsgesetze dem kantonsärztlichen Dienst, Überwachungs-, Präventions-, Schutz- und Behandlungsmassnahmen anzuordnen. So kann der kantonsärztliche Dienst von Amtes wegen die Impfung oder Auffrischimpfung der Bevölkerung oder von besonders gefährdeten Gruppen anordnen. Ausserdem entscheidet er über einen Schulausschluss oder die vorübergehende Schliessung einer Klasse, einer Krippen- oder Hortgruppe oder gar einer ganzen Einrichtung. Im Fall von Masern kann der Schulausschluss 21 Tage betragen. Bei allen diesen Massnahmen ist der Grundsatz der Verhältnismässigkeit zu wahren, der in Artikel 36 der Bundesverfassung verankert ist. Ein Beispiel aus Graubünden 2012 sah sich der Kanton Graubünden mit sechs Masernfällen an der Oberstufe in Landquart konfrontiert. Dank der guten Zusammenarbeit zwischen dem kantonsärztlichen und dem schulärztlichen Dienst sowie der Schulleitung wurden die Jugendlichen und ihre Eltern rasch informiert und die Nachholimpfungen durchgeführt. Es wurde auch geeignetes Informationsmaterial erarbeitet. Angesichts der geringen Fallzahl und der Beschränkung auf eine einzige Schule funktionierte das vor Ort organisierte Krisenmanagement gut. Bei einem grösseren Ausbruch mit einer höheren Nationale Programmen Zahl von Erkrankten, mehreren beteiligten Schulen und Kantonen könnte jedoch diese Art des Krisenmanagements rasch an Grenzen stossen. Ein Ziel der Nationalen Strategie zur Masernelimination besteht deshalb darin, Verfahren festzulegen und Massnahmen vorzusehen, die im Fall einer komplexen Situation auf regionaler oder nationaler Ebene eingeleitet werden können. Nationale Strategie zur Masernelimination 2009 ersuchten die Kantone den Bund um Unterstützung bei der Masernbekämpfung. Zunächst beteiligten sie sich an der Erarbeitung der Nationalen Strategie zur Masernelimination und genehmigten die Vision des Bundes sowie die strategischen Interventionsachsen, die darauf ausgerichtet sind, die Masern bis 2015 zu eliminieren. Die Kantone haben sich entsprechend ihren Möglichkeiten und Bedürfnissen verpflichtet, die Strategie zur Masernelimination umzusetzen. Indem sie von der üblichen Aufgabenteilung zwischen Bund und Kantonen abgewichen sind, haben sie ein starkes Zeichen für ihr Engagement zur Masernbekämpfung gesetzt. Zudem haben sie sich bereit erklärt, neben moralischer Unterstützung auch finanzielle Mittel bereitzustellen. Ein Beispiel aus dem Kanton Waadt Auskünfte: 2009 wurden im Rahmen einer Impfkampagne an der Universität und ETH Lausanne über 4000 Personen geimpft. Bei dieser Aktion arbeiteten ein Dutzend Pflegefachpersonen, zwei Ärzte und verschiedene Mitarbeitende der beiden Hochschulen zusammen. Mit dieser Initiative liessen sich allgemeine Ausschlussmassnahmen während den Prüfungen verhindern. Für nähere Informationen wenden Sie sich bitte an: RR Dr. Philippe Perrenoud Vizepräsident der GDK Tel. 031 633 79 20