2. Beschaffung leitungsgebundener Energien

Werbung
2. Beschaffung leitungsgebundener Energien
2.1 Inhalt, Zielsetzung und Schlussfolgerungen
Ziel dieses Kapitels ist es, einen Überblick über die Energiebeschaffungsmöglichkeiten von leitungsgebundenen Energien im liberalisierten Energiemarkt zu verschaffen. Vor diesem Hintergrund werden die Grundsätze
und Merkmale des liberalisierten Energiemarktes behandelt sowie die
Funktionsweise der Energiebörse, deren Marktplätze und der dort gehandelten Produkte dargestellt. Ferner wird die Beschaffung von Energien
sowohl an der Energiebörse als auch durch bilaterale OTC-Verträge beschrieben. Es werden auch die Strukturen der klassischen Energielieferungsverträge behandelt, um ein besseres Verständnis über die Prinzipien
der Preisgestaltung unter Berücksichtigung der Kostenstrukturen von leitungsgebundenen Energien zu vermitteln.
2.2 Merkmale eines liberalisierten Energiemarktes
2.2.1 Historischer Überblick und Mindestanforderungen
Die EU-Binnenmarktrichtlinie Elektrizität 96/92/EG vom 19. Dez. 1996
hat die Liberalisierung der Märkte von leitungsgebundenen Energien in
der Europäischen Union eingeleitet. Die Mitgliedsstaaten waren verpflichtet, die Richtlinie innerhalb von zwei Jahren in nationales Recht umzusetzen. In Deutschland ist dies mit dem ersten Gesetz über die Elektrizitätsund Gasversorgung (Energiewirtschaftsgesetz EnWG) vom 24. April 1998
geschehen; der gesamte Strommarkt ist nach Inkrafttreten des EnWG für
den Wettbewerb freigegeben worden. Das erste EnWG wurde zwischenzeitlich durch das zweite Gesetz zur Neuregelung des Energiewirtschaftsrechts vom 7. Juli 2005 ersetzt. Einige Eckpunkte wurden anschließend in
der Fassung vom 28.07.2011, 16.01.2012 sowie 20.12.2012 geändert.
Oberstes Ziel der Liberalisierung ist es, die Rahmenbedingungen für
Wettbewerb und freien Handel bei leitungsgebundenen Energien zu schaffen. Hierzu sind folgende Mindestvoraussetzungen notwendig:
P. Konstantin, Praxisbuch Energiewirtschaft, DOI 10.1007/978-3-642-37265-0_2,
© Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2013
46
2 Beschaffung leitungsgebundener Energien
Freie Wahl des Versorgers: Jeder Stromkunde soll die Möglichkeit
haben, seinen Versorger frei zu wählen.
Entflechtung der Bereiche Erzeugung, Netz, Vertrieb/Handel
(Unbundling). Im Monopolmarkt wird die Energieversorgung meistens
von vertikal integrierten Versorgungsunternehmen (EVU) von der Erzeugung bis zum Endverbraucher beherrscht. Im liberalisierten Markt sind
Energieversorgungsunternehmen verpflichtet, die Unternehmensbereiche
Erzeugung, Übertragung, Verteilung und Vertrieb/Handel organisatorisch,
buchhalterisch und möglichst auch eigentumsrechtlich voneinander zu
trennen. Erst dadurch wird der Wettbewerb ermöglicht.
Diskriminierungsfreier Netzzugang. Der Netzbereich ist und bleibt auch
im liberalisierten Markt ein natürliches Monopol. Übertragungs- und
Verteilnetzbetreiber sind aber verpflichtet, allen Netznutzern freien Zugang zu ihren Netzen unter gleichen Bedingungen wie für eigene Kunden
zu gestatten. Die Netznutzungsentgelte (NNE) müssen fair, transparent
und für alle Netznutzer gleich sein. Sie müssen außerdem in regelmäßigen
Abständen veröffentlicht werden. In Deutschland sind sie nach dem neuen
EnWG vom 7. Juli 2005 auch genehmigungspflichtig.
Ein unabhängiges Regulierungsorgan (Regulator) soll die Rahmenbedingungen für das Funktionieren des Wettbewerbs festlegen und ist ermächtigt, gegen wettbewerbswidriges Verhalten und Verstöße von Marktteilnehmern, insbesondere im Netzbereich, vorzugehen. Auf dem
deutschen Markt wurde zuerst versucht, diese Aufgabe den Marktteilnehmern selbst zu überlassen, indem sie freiwillige Vereinbarungen treffen.
Dieser Sonderweg hat sich aber, insbesondere im Gasbereich, als wenig erfolgreich herausgestellt. Im Nachhinein wurde auf Druck der Europäischen
Kommission mit der Novelle des EnWG vom 1. Juli 2005 eine Regulierungsbehörde, die Bundesnetzagentur (BNetzA), ins Leben gerufen.
Ein unabhängiger System-Operator soll einen reibungslosen Netzbetrieb gewährleisten. Er ist insbesondere für Spannungs- und Frequenzregelung und den Ausgleich von Fahrplanabweichungen zuständig. Diese Aufgabe wird auf dem deutschen Markt von den vier Übertragungsnetzbetreibern wahrgenommen.
2.2.2 Marktteilnehmer
Auf einem liberalisierten Strommarkt gibt es eine Vielzahl von Akteuren.
Sie können in folgende Gruppen unterteilt werden.
Kunden: „Leistungsgemessene Kunden“, vergleichbar mit den Sondervertragskunden im Monopolmarkt, sowie Großkunden, oft auch mit Eigenstromerzeugung. „Grundversorgungskunden“ sind nach dem neuen EnWG
2 Merkmale eines liberalisierten Energiemarktes
47
alle Haushaltskunden und Kunden mit einem Jahresverbrauch von weniger
als 10.000 kWh/a. Die Grundversorger sind verpflichtet, die Versorgung
von Grundversorgungskunden in ihrem Netzgebiet durchzuführen. Grundversorger ist gemäß § 36 Abs. 2 jeweils das Versorgungsunternehmen, das
die meisten Haushaltskunden in einem Netzgebiet beliefert.
Netzbetreiber: „Übertragungsnetzbetreiber (ÜNB)“, welche die
Höchstspannungsnetze mit Spannungen von 380 kV und 220 kV betreiben
und über Netzkuppelleitungen zum deutschen Verbundnetz zusammengeschlossen sind. Sie sind zuständig für die Spannungs- und die
Frequenzhaltung, den Versorgungswiederaufbau und den Ausgleich von
Fahrplanabweichungen in ihrer Regelzone. „Verteilnetzbetreiber (VNB)“
betreiben die Netze von 110 kV abwärts und versorgen die an ihrem Netz
angeschlossenen Endkunden bzw. Weiterverteiler mit Strom. Sie sind
jedoch nur für den Netzbetrieb zuständig und dürfen keinerlei
Stromlieferanten- oder Händlerfunktionen ausüben.
Erzeuger: Dies sind meistens Verbundunternehmen mit eigenem
Kraftwerkspark, unabhängige Stromerzeuger (Independent Power Producers "IPP") und Kleinproduzenten. Sie produzieren und liefern Strom an
Händler und Großkunden.
Lieferanten: Sie können Kraftwerksbetreiber oder Händler sein, die
Strom in eigener Regie kaufen und verkaufen. Lieferanten sind gegenüber
den Übertragungsnetzbetreibern bilanzkreisverantwortlich, d.h. sie müssen
u.a. Fahrpläne für ihre Entnahme und Einspeisestellen im ¼-Stundentakt
an den Bilanzkoordinator der entsprechenden Regelzone liefern.
Energiebörse: Im liberalisierten Markt sind Strom und Erdgas zur
Handelsware geworden und werden, ähnlich wie Wertpapiere und andere
Commodities, auch an Energiebörsen gehandelt. Aufgabe der Energiebörse ist es, einen finanziell, rechtlich und technisch sicheren Marktplatz für
alle zugelassenen Handelsteilnehmer bereitzustellen. In Deutschland ist die
„European Energy Exchange AG (EEX)“ mit Sitz in Leipzig die etablierte
Energiebörse.
Sonstige Akteure sind z.B. Makler, Broker und Portfoliomanager, die
Stromhandelsgeschäfte im Auftrag ihrer Kunden abwickeln.
2.2.3 Börsenhandel, Funktionsweise und Produkte
In einem liberalisierten Markt hat der Kunde nicht nur die freie Wahl seines oder seiner Lieferanten, er kann auch aus einer Vielzahl von Produkten
mit unterschiedlichen Preiskonditionen und Laufzeiten auswählen, die
über die Strombörse (Power Exchange) oder in bilateralen (over the coun-
48
2 Beschaffung leitungsgebundener Energien
ter OTC) Geschäften gehandelt werden. Nachstehende Abb. 2.1 zeigt eine Übersicht dieser Möglichkeiten.
Terminmarkt:
Spotmarkt:
Vertragsabschluss und -erfüllung liegen
mindestens eine Woche auseinander
Finanzielle Absicherungsgeschäfte
Vertragsabschluss und -erfüllung
fallen fast zusammen
Physisch Ö Stromlieferung
Strombörse
Standardprodukte
Base-Produkte
Peak-Produkte
Stunden-Produkte
OTC-Geschäft
(alle Geschäfte)
Bedingte
i
Termingeschäfte:
Unbedingte
ed
Termingeschäfte:
Käufer hat ein Ausübungsrecht,
Verkäufer zur Erfüllung verpflichtet.
Sowohl Käufer als auch Verkäufer
sind zur Erfüllung verpflichtet
Optionen
Caps
Floors
Börsenhandel
(Optionen)
OTC-Geschäft
(alle Geschäfte)
Forwards
Futures
Swaps
Börsenhandel
(Futures)
OTC-Geschäft
(Forwards,
Swaps)
Abb. 2.1: Arten von Geschäften und Produkten
Wesentliche Aufgabe einer Strombörse ist es, allen Marktteilnehmern
einen transparenten, finanziell, rechtlich und technisch sicheren Marktplatz
für den Handel mit Energieprodukten fair und gleichberechtigt zur Verfügung zu stellen.
Eine unabdingbare Voraussetzung für einen erfolgreichen Börsenhandel ist eine ausreichende Liquidität. Liquidität bedeutet hohe Umsatzvolumina und eine große Anzahl von Marktteilnehmern. Das wird u.a. durch
die "Market-Maker" gewährleistet; das sind Marktteilnehmer, die für eine
Grundliquidität sorgen, indem sie jederzeit verbindliche Kauf- und Verkaufsgebote stellen. Ein "registered Market Maker" ist verpflichtet, permanent eine bestimmte Menge Aufträge einzubringen.
2.3 Die Energiebörse „European Energy Exchange EEX“
Die European Energy Exchange (EEX) mit Sitz in Leipzig entstand im
Jahr 2002 durch die Fusion der deutschen Strombörsen Frankfurt und
Leipzig. Seitdem hat sie sich von einer reinen Strombörse hin zu einem
führenden Handelsplatz für Energie und energienahe Produkte mit internationalen Partnerschaften entwickelt [EEX].
Um die Position der EEX zu stärken, wurden die Clearingaktivitäten
2006 in die Tochtergesellschaft European Commodity Clearing (ECC)
2 Die Energiebörse „European Energy Exchange EEX“
49
überführt. Heute ist die ECC mit 6 Partnerbörsen das führende Clearinghaus für Energie und energienahe Produkte in Europa.
Im Jahr 2008 starteten EEX und Powernext eine enge Zusammenarbeit
im Stromhandel. Im Rahmen dieser Kooperation legten beide Partner ihre
Spot- und Terminmärkte zusammen. Die EEX hält 50% an der gemeinsamen Gesellschaft EPEX SPOT, die den Spotmarkt für Deutschland, Frankreich, Österreich und die Schweiz betreibt. Der Strom-Terminmarkt für
Deutschland und Frankreich wird von der EEX-Tochtergesellschaft EEX
Power Derivatives betrieben.
Abb. 2.2: Beteiligungsstruktur der EEX [Quelle: EEX-Homepage]
Die EEX betreibt Spot- und Terminhandel für Energieprodukte und
energienahe Produkte – Abb. 2.3. An der EEX werden Strom, Erdgas und
CO2-Emissionsrechte sowohl kurzfristig am „Spotmarkt“ als auch langfristig am „Terminmarkt“ bis zu sechs Jahre in die Zukunft gehandelt. Kohle
wird z.Z. lediglich am Terminmarkt notiert. Produkte, Handelszeiten und
Handelsplätze sind in der EEX Homepage: Produkte & Entgelte zu ersehen.
Das Clearing1) börslicher und außerbörslicher Geschäfte (OTCClearing) übernimmt die European Commodity Clearing AG [ECC].
1)
Clearing: Die physische u. finanzielle Erfüllung von Spot- u. Termingeschäften.
Detaillierte Informationen finden sich in den o.g. Broschüren.
50
2 Beschaffung leitungsgebundener Energien
Die EEX ist der Vertragspartner für alle Geschäfte und übernimmt deren finanzielle Abwicklung und Absicherung. Die Geschäfte werden anonym ausgeführt. Die EEX betreibt zwei Arten von Börsengeschäften, den
„Spotmarkt“ und den „Terminmarkt“.
Quelle: [Broschüre: Börslicher Energiehandel an der EEX]
Abb. 2.3: EEX- Märkte und Produkte
In den nachfolgenden Abschnitten wird der Handel mit Energieprodukten am EEX in gekürzter Form dargestellt. Detaillierte Informationen finden sich in den jeweils aktuellen EEX-Broschüren u.a. [EEX]:
Einführung in den Börsenhandel an der EEX
EEX Produktbroschüren für Strom, Emissionsberechtigungen, Gas
und Kohle
Im Folgenden wird insbesondere der Stromhandel beschrieben, der
Handel mit den anderen Produkten wird nur kurz erwähnt.
2.3.1 Stromhandel an der EEX
In diesem Abschnitt wird der börsliche Handel mit Strom behandelt. Im
Abschnitt 10.2.4 des Kapitels „Energietransport und -verteilung“ wird auf
die Grundlagen über Netzzugang und Netznutzung bei Stromnetzen,
Netzmanagement und Bilanzkreismanagement, Regel- und Ausgleichsenergie etc. näher eingegangen.
2 Die Energiebörse „European Energy Exchange EEX“
2.3.1.1
51
Stromhandel am EEX-Spotmarkt
Der EEX-Spotmarkt wird von EPEX Spot SE mit Sitz in Paris betrieben.
Handelsebene ist das Höchstspannungsnetz 220/380 kV. Lieferort sind die
die deutschen, österreichischen, französischen und schweizerischen Übertragungsnetze.
Die EEX-Spotmarkt-Kontrakte sind standardisierte Produkte für physische Lieferung von Strom. Im Marktgebiet Deutschland und Österreich
werden sie unter den Namen „Phelix“ (Physical Electricity Index) gehandelt. Nach der Lieferdauer des Stromes kann man in Stunden- und Blockkontrakte unterscheiden. Bei Stundenkontrakten wird die Lieferung von
Strom mit konstanter Leistung über eine vorgegebene Lieferstunde gehandelt. Bei Blockkontrakten wird die Lieferung von Strom mit konstanter
Lieferleistung über mehrere Lieferstunden gehandelt. Folgende standardisierte Produkte Tabelle 2.1 werden gehandelt, die Quotierung erfolgt
in €/MWh:
Tabelle 2.1: EEX-Block- und Stundenkontrakte [EEX]
Kontrakt 1)
Kontraktvolumen
Baseload-Kontrakt,
Blockkontrakt für jeden Tag, Mo bis So
Peakload-Kontrakt,
Blockkontrakt für Mo bis Fr, 08:00-20:00 Uhr
Weekend-Baseload-Kontrakt,
Blockkontrakt Sa 0:00 h bis So 24:00 h
Stundenkontrakt für jede Stunde eines Tages
1 MW x 24 h = 24 MWh
1 MW x 12 h = 12 MWh
1 MW x 48 h = 48 MWh
0,1 MW x 1 h = 0,1 MWh
Kombination
0,1 MW x Anzahl h
von Stundenkontrakten zu Stundenblöcken
0,1 MW x 6 h = 0,6 MWh
EEX-Night, 00:00 bis 06:00 Uhr
EEX-Morning, 06:00 bis 10:00 Uhr
0,1 MW x 4 h = 0,4 MWh
EEX-Business, 08:00 bis 16:00 Uhr
0,1 MW x 8 h = 0,8 MWh
Weitere 7 Kombinationen
2)
1)
Für Wechsel von Winter- auf Sommerzeit bzw. Sommer- auf Winterzeit werden spezielle Kontrakte gehandelt.
2)
EEX-High-Noon, EEX-Afternoon, EEX-Rush-Hour, EEX-Evening, Baseload, Peakload, Off-Peak-Load
Der Handel auf dem Spotmarkt erfolgt je nach Produktart im Auktionshandel und/oder im kontinuierlichen Handel.
Im Auktionshandel wird einen Tag vor der physischen Erfüllung ausgeführt (day ahead). Die am Vortag abgeschlossenen Geschäfte sind am Fol-
52
2 Beschaffung leitungsgebundener Energien
getag physisch zu erfüllen. Der Verkäufer ist zur Lieferung und der Käufer
zur Übernahme der vereinbarten Strommenge und Zahlung des vereinbarten Preises verpflichtet. Die Lieferung wird über Fahrplanmeldungen bei
den Übertragungsnetzbetreibern abgewickelt.
Im Auktionsmarkt werden Stundenkontrakte gehandelt. Marktteilnehmer können Verkaufs- und Kaufgebote mit Angabe von Volumen und
Preislimit bis 12:00 Uhr des Handelstages per Email abgeben. Die Gebotsabgabe erfolgt anonym über ein geschlossenes Orderbuch. Auf der Basis
aller eingegangenen Gebote wird auf dem Auktionsmarkt der Preis für jede
einzelne Stunde des Folgetages bestimmt.
Zur Preisfestlegung wird zu einem bestimmten Zeitpunkt i.d.R. um
12:30 Uhr eine Angebots- und Nachfragekurve (Abb. 2.4) für jede einzelne Stunde des Folgetages konstruiert. Der Gleichgewichtspreis (market
clearing price MCP) ergibt sich aus dem Schnittpunkt der beiden Kurven
und gilt für alle ausführbaren Orders der betreffenden Stunde. Zur Ausführung kommen diejenigen Verkaufsaufträge, deren Preis gleich oder niedriger ist als der MCP und diejenigen Kauforders, deren Preis gleich oder höher ist als der MCP. Falls kein Schnittpunkt zustande kommt, informiert
EEX die Marktteilnehmer und stellt ihnen die Gründe hierfür zur Verfügung. EEX kann dann die Marktteilnehmer auffordern, ihre Gebote der Informationslage entsprechend anzupassen und innerhalb einer bestimmten
Frist neue Gebote zu übermitteln. Anschließend wird eine neue Kurve
konstruiert und der Gleichgewichtspreis ermittelt.
Abb. 2.4: Preisermittlung im Auktionshandel
Im kontinuierlichen (Intraday) Handel der EPEX kaufen Börsenteilnehmer zusätzliche Strommengen mit Lieferung am selben Tag oder
am folgenden Tag ein oder veräußern überschüssige Mengen. Auf diese
2 Die Energiebörse „European Energy Exchange EEX“
53
Weise ist es möglich, Fahrplanabweichungen zu vermeiden und die
Strombeschaffung kurzfristig zu optimieren.
Im kontinuierlichen Handel werden Stromkontrakte gehandelt.
Marktteilnehmer können ihre Kauf- oder Verkaufsangebote nach Menge
und Preislimit in das offene elektronische Orderbuch eingeben. Darin
werden alle Angebote nach Volumen und Preis gelistet und
gegenübergestellt. Sobald eine Kauf- und eine Verkaufsorder sich als
ausführbar erweisen (d.h. Verkaufspreis gleich oder kleiner als Kaufpreis),
erfolgt unmittelbar der Geschäftsabschluss. Das ist auch der Fall, wenn ein
Marktteilnehmer per Mausklick ein Angebot akzeptiert. Jeder
Geschäftsabschluss wird im Orderbuch sichtbar gemacht, sodass jeder
Teilnehmer auf seinem Monitor das Marktgeschehen verfolgen kann.
2.3.1.2 Stromhandel am EEX- Terminmarkt 1)
Der EEX-Terminmarkt für Strom wird von der EEX Power Derivates
GmbH für den deutschen und den französischen Markt betrieben.
Am EEX-Terminmarkt können unbedingte Futureskontrakte und bedingte
Optionskontrakte gehandelt werden. Beide dienen in erster Linie zur Absicherung von Preisrisiken in der Zukunft. Tabelle 2.2 zeigt einen Vergleich
der beiden Arten von Termingeschäften.
Tabelle 2.2: Gegenüberstellung Futures
Futures
Unbedingte Termingeschäfte
Ö Physische Erfüllung
Verpflichtung,
einen bestimmten Basiswert*) zu
einem heute festgelegten Preis zu
einem bestimmten zukünftigen
Zeitpunkt zu kaufen bzw. zu verkaufen.
Unbegrenztes Verlustrisiko
Unbegrenztes Ertragspotential
Neutralisierung von Risiken
Keine Prämienzahlung
1 )
Optionen [EEX]
Optionen
Bedingte Termingeschäfte
Ö Barzahlungsausgleich
Recht,
am letzten Handelstag (europäische
Option) oder bis zum letzten Handelstag (amerikanische Option) eine bestimmte Menge eines Basiswertes zu
einem heute festgelegten Preis (Ausübungspreis) zu kaufen (Kaufoption,
call) bzw. zu verkaufen (Verkaufsoption, Put)
Verlustrisiko begrenzt für Käufer,
unbegrenzt für Verkäufer
Sehr hohes Ertragspotential
Versicherung gegen Risiken
Quelle: EEX-Produktbroschüre Strom, Stand 30. Jan. 2007
54
2 Beschaffung leitungsgebundener Energien
Prämienzahlung
*)
Basiswert ist die physische Grundlast- oder Spitzenlaststromlieferung bei Futures bzw.
der Phelix-Base oder Phelix-Peak aus dem EEX-Spotmarkt für den Barausgleich bei Optionen
Der Verkauf von Futureskontrakten kann zur Absicherung (hedging)
gegen fallende Strompreise, der Kauf zur Absicherung gegen steigende
Strompreise genutzt werden. Ein Future wird z.B. in Erwartung fallender
Marktpreise in der Absicht verkauft, einen Gewinn durch einen nachfolgenden Rückkauf zu einem niedrigeren Preis zu realisieren.
Wie alle anderen Börsengeschäfte sind Futures und Optionen standardisierte Produkte hinsichtlich Volumen, Lasttyp, Lieferperiode und finanzieller und physischer Absicherung. Käufer und Verkäufer von Futures vereinbaren, zum aktuellen Datum eine bestimmte Menge Strom zu einem in
der Zukunft liegenden Zeitraum und zu den vereinbarten Konditionen abzunehmen oder zu liefern.
Lieferort sind die Regelzonen der vier deutschen Übertragungsnetzbetreiber, Österreich sowie die Regelzone des französischen RTE (Frenchfutures).
Am EEX-Terminmarkt werden folgende Stromfutures gehandelt:
Tabelle 2.3: Stromfutures am EEX-Terminmarkt [EEX]
Art
Erfüllung
Phelix-Base-Futures (D/A)
Barausgleich
Phelix-Peak-Futures (D/A)
Barausgleich
German-Baseload-Futures (D/A)
Physische Erfüllung
German-Peakload-Futures (D/A)
Physische Erfüllung
French-Baseload-Futures (F)
Physische Erfüllung
French-Baseload-Futures (F)
Physische Erfüllung
Phelix steht für Physical Electricity Index
Lieferperioden sind Kalendermonate, -Quartale und -Jahre. Ein
Baseload-future-Kontrakt sieht eine durchgehende Lieferung von 1 MW in
den 24 Stunden eines Liefertages, die Peakload-future eine Lieferung von
1 MW in der Zeit von 08:00 Uhr bis 20:00 Uhr über die gesamte Lieferperiode vor.
Futures werden am EEX-Terminmarkt fortlaufend gehandelt. Die
Marktteilnehmer geben Kauf- und Verkaufsaufträge in das offene Orderbuch mit Preis und Anzahl der Kontrakte ein. Sie werden im Orderbuch
gelistet und zusammengeführt. Geschäftsabschlüsse werden automatisch
http://www.springer.com/978-3-642-37264-3
Herunterladen