Labor Mess- und Regelungstechnik Teil Messtechnik Prof. Niklaus Degunda Windisch, HS 2012 FHNW Hochschule für Technik Studiengang WING Dieses Script ist eine Arbeitsunterlage zum Modul Labor Mess- und Regelungstechnik im Studiengang WING und enthält den Inhalt der Vorlesung, die auf die Laborübungen vorbereitet. Die Theorie beschränkt sich aufs Nötigste. Fürs Labor stehen separate Anleitungen zur Verfügung. 1 Inhaltsverzeichnis 1 2 Einleitung 3 Messtechnik Einführung 4 2.1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2 Vorgang des Messens und Voraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 2.3 Messjournal . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 2.4 5 2.4.2 Denition der Normale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 6 2.6 Messverfahren: Ausschlags- und Kompensationsverfahren 7 2.7 Messsystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 2.8 Messfehler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10 2.8.1 Statische Messfehler 10 2.8.2 Dynamische Messfehler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 Fragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 Messgenauigkeit und Messfehler 11 3.1 Absoluter Fehler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12 3.2 Relativer Fehler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12 Messgenauigkeit von Messinstrumenten 12 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3.1 Analoge Messinstrumente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3.2 Messgenauigkeit von digitalen Multimetern . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.4 Fehlerfortpanzung bei Berechnungen mit fehlerbehafteten Grössen 3.5 Stör- und Fehlerquellen 12 13 . . . . . . . . 14 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 Klassizierung von Signalen (im Zeitbereich) 16 4.1 Signalklassen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16 4.2 Kenngrössen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18 Denition der Kenngrössen 18 4.3 5 5 Basiseinheiten des internationalen Einheitensystems (SI) . . . . . . . . . . . Grundbegrie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3 4 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.4.1 2.5 2.9 3 Einheiten 4 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.3.1 Kenngrössen von periodischen Signalen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18 4.3.2 Kenngrössen von Wechselsignalen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 Messung elektrischer Grössen 5.1 20 Messung von Spannungen und Strömen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20 5.1.1 Messung von elektrischen Spannungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20 5.1.2 Messung von elektrischen Strömen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 5.1.3 Belastung des Messorts durch das Messwerk . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 5.1.4 Galvanische Trennung 25 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.2 Leistungsmessung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 5.3 Messung des ohmschen Widerstands . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 5.4 Messung der Periodendauer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 6 Das Oszillokop 27 7 Messen nichtelektrischer Grössen 27 PC-basiertes Messen 27 8 8.1 Messkette 8.2 Neue Operationen für die Messwerterfassung 8.3 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 28 8.2.1 Abtastung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 8.2.2 Analog-Digital-Wandler (ADC) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 Anschluss von Sensoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.3.1 Single-Ended Inputs 8.3.2 Dierential Inputs 31 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 2 8.3.3 Massnahmen gegen elektromagnetische Störfelder . . . . . . . . . . . . . . . 32 1 Einleitung Die zukünftigen Wirtschaftsingenieure werden in ihrem Leben immer wieder in wichtigen und komplexen Entscheidungssituationen stehen. Mit diesen Entscheidungen werden sie in vielfach vernetzte, ökonomische, technische und soziale Systeme eingreifen. Diese Systeme sind gekennzeichnet durch eine Vielzahl von zusammenwirkenden Rückkopplungsmechanismen und können in aller Regel mit gesundem Menschenverstand oder einfachen Ursache-Wirkungs-Denkschemata nicht mehr verstanden werden. Im Gegenteil, solche Systeme zeichnen sich dadurch aus, dass einfache, oensichtliche und im guten Glauben getroene Massnahmen häug einen gegenteiligen als den gewünschten Eekt bewirken (J.W. Forrester "Counterintuitive Behaviour of Social Systems", Technology Review, 1971, pp52-68). Ein Instrument zum besseren Verständnis solcher Systeme bietet die Systemtheorie. In den Ingenieurwissenschaften wird eine Systemtheorie verwendet, der mathematische Beschreibungen von Systemen zu Grunde liegen. Sie ist als mathematische Systemtheorie der Kybernetik entwickelt worden. Sie ist ein wichtiges Werkzeug in der Elektrotechnik und im Maschinenbau, kommt zunehmend auch in anderen Disziplinen wie Ökonomie, Biologie, Soziologie, etc. zum Einsatz. Mit ihrer Hilfe kann untersucht werden, wie Systeme so beeinusst werden können, dass sie gewünschte Eigenschaften zeigen. Die Beschreibung von Systemen beruht im Wesentlichen auf Dierenzialgleichungen, die erlauben, die zeitliche Entwicklung der Zustände des betrachteten Systems mathematisch zu modellieren. Die Systemtheorie liegt heute als eine ausgereifte Theorie vor allem in der Regelungstechnik und in der Nachrichtentechnik vor. Im Zentrum der Regelungstechnik stehen Regelkreise, die besonders leistungsfähige Strukturen zur Systembeeinussung sind. Mit Hilfe der Systemtheorie kann man die geschlossenen Wirkkreise, die dabei auftreten, besonders einfach mathematisch behandeln. Die Regelungstechnik ist ein Gebiet der Ingenieurwissenschaft und Teilgebiet der Automatisierungstechnik. Sie befasst sich mit der Beeinussung dynamischer Systeme mittels des Prinzips der Rückkopplung, so dass deren Ausgangsgröÿe einem gewünschten Verhalten möglichst nahe kommt. Damit geregelt werden kann, muss gemessen werden. Die Messtechnik ist deshalb in Verbindung mit Steuerungs- und Regelungstechnik eine wichtige Grundlage der modernen Automatisierungstechnik. Aber auch ausserhalb der Automatisierungstechnik wird oft gemessen, z. B. um die Qualität der Produktion zu überprüfen. Der Wirtschaftsingenieur wird mit grosser Wahrscheinlichkeit Automatisierungsprojekte initiieren, bearbeiten oder gar konzipieren. Im vorliegenden Modul erhalten die Studierenden eine Einführung in die Denkweise der Regelungstechnik. Sie lernen zum einen, einfache Modelle aufzustellen und mit diesen Modellen das Systemverhalten zu untersuchen, zum anderen lernen sie im Labor, für einfache technische Prozesse geeignete Regler auszuwählen und einzustellen. Die Studierenden erfahren so Möglichkeiten und Grenzen der Mess- und Regelungstechnik und werden zu seriösen Diskussionspartnern für Ingenieure, die Automatisierungsprojekte realisieren. 3 2 Messtechnik Einführung Lernziele: Sie kennen das Internationale Masssystem (SI) und können es anwenden. Sie können eine Messserie aufnehmen und statistisch auswerten. Sie können die Fehlerfortpanzung einfach abschätzen. Inhalt: In einer Einleitung wird begründet, weshalb Messtechnik heute wichtig ist. Messungen müssen vollständig dokumentiert werden: ein Messjournal muss geführt werden. Will man messen, braucht man genau denierte Vergleichsgrössen, sog. Normale. Die Messnormale des internationalen Einheitensystems, Grössen und Einheiten werden eingeführt. Messverfahren, der Vorgang des Messens, die Struktur und die Elemente einer Messeinrichtung und die Art der Messfehler werden diskutiert. 2.1 Einleitung Der Mensch will immer mehr Vorgänge in Natur und Technik beeinussen und kontrollieren. Damit Abläufe überhaupt für technische Systeme zugänglich sind, müssen Sie erfasst, gemessen und in eine für die technische Welt verarbeitbare Form gebracht werden. Die Messtechnik ist also eine der zentralsten und verbreitetsten Aufgaben, speziell in der Elektrotechnik. Die Problematik rund um die Messtechnik zu kennen, ist für jeden Ingenieur ein Muss. Messen ist notwendig, weil viele physikalische Grössen durch die menschlichen Sinne nicht wahrnehmbar sind (z.B. el.magnetische Felder) viele Grössen ausserhalb der menschlichen Erfassungsmöglichkeiten sind (z.B. Temperatur des üssigen Stahls) der Messort vielfach nicht zugänglich ist die Messgrössen oft zu schnell oder zu langsam ändern (z.B. Druck im Verbrennungsraum) der Mensch nur ungefähre Werte feststellen kann. Wer misst misst Mist Messen ist eine Aufgabe, die einige Tücken birgt: Jede Messung setzt voraus, dass man weiss, welche Grösse man messen will. Jede Messung bringt es mit sich, dass das gemessene Signal mehr oder weniger beeinusst wird. Es ist notwendig, dass man diese Auswirkungen abschätzt und gegebenenfalls berücksichtigt Jede Messung ist fehlerbehaftet. Es ist bei jeder Messung nötig, eine Abschätzung oder Berechnung der Messgenauigkeit vorzunehmen. Jedes Messresultat ist nur dann aussagekräftig, wenn man die genauen Umstände kennt, unter welchen es zustande kam. Das Führen eines Messjournals ist unerlässlich. 4 2.2 Vorgang des Messens und Voraussetzungen Vorgang des Messens Messen bedeutet das Erfassen und Darstellen von physikalischen Grössen. Dazu bedarf es einer Norm, die eine Einheitsgrösse der zu bestimmenden physikalischen Grösse deniert. Der Grösse X wird die Masszahl x als Vielfaches der Einheitsgrösse N zugeordnet: X = x.N. Fundamental-Voraussetzungen des Messens: Die Messgrösse muss qualitativ eindeutig deniert und quantitativ bestimmbar sein Das Messnormal muss durch eine Konvention festgelegt sein. Standardablauf einer Messung: Vor einer Messung sollten folgende Fragen beantwortet werden: Welche Grössen sollen gemessen werden? Welches Signal wird erwartet (mV, kV; DC, HF)? Welche Messgenauigkeit ist notwendig? Welches ist das geeignete Messgerät? Während einer Messung sollte überprüft werden: Entsprechen die gemessenen Werte den Erwartungen? Stimmt die Grössenordnung der Messresultate? Nach der Messung: Fertigstellen des Messjournals 2.3 Messjournal Ein Messjournal muss mindestens folgende Angaben enthalten: Name des Messenden, Datum der Messungen Beschreibung des/der zu messenden Grössen Beschreibung der Messanordnung (Blockschema oder Foto) Liste der verwendeten Messgeräte (vollständige Bezeichnung, Seriennummern) Angaben zur verwendeten Software (Produkt, Versionsangabe) Messdaten (Rohdaten) in geeigneter Form Auswertung der Messdaten, Messresultat Berechnung (evtl. Abschätzung) der Messgenauigkeit 2.4 Einheiten 2.4.1 Basiseinheiten des internationalen Einheitensystems (SI) physikalische Grösse Einheit Symbol Länge Meter m Masse Kilogramm kg Zeit Sekunde s el. Stromstärke Ampère A Temperatur Kelvin K Lichtstärke Candela Cd Stomenge Mol mol Tabelle 1: Basiseinheiten 5 2.4.2 Denition der Normale Einheit Denition 1 m Wegstrecke, die Licht in 1/299'794'458 s im Vakuum durchläuft 1 kg Masse des Platin-Iridium-Zylinders in Sèvres bei Paris 1 s t0 ,t0 9'192'631'770 = Schwingungsdauer der Resonanzschwingung des Atoms 133Cs 1 A Stärke eines zeitlich unveränderlichen elektrischen Stromes, der, durch zwei im Vakuum parallel im Abstand 1 Meter voneinander angeordnete, geradlinige, unendlich lange Leiter von vernachlässigbar kleinem, kreisförmigem Querschnitt ieÿend, zwischen diesen Leitern pro 1 Meter Leiterlänge die Kraft 2 · 10=7 Newton hervorrufen würde. ° 1 K 1/273.16 der Temperatur des Tripelpunkts von Wasser. 1 C = 1K. 1 Cd die Lichtstärke (Lichtstromdichte) einer Strahlungsquelle, die monochromatische Strahlung der Frequenz 540 einer Wellenlänge λ · 1012 Hertz, entsprechend von ca. 555 nm, mit einer Leistung von 1/683 Watt pro Steradiant (Raumeinheitswinkel) aussendet. Wie bei allen photometrischen Gröÿen bestimmt die Hellempndlichkeitskurve V(λ) die physiologische Abhängigkeit von der Wellenlänge. Für die gewählte Wellenlänge gilt: V(555nm) = 1. Frühere Denition: 60 cd ist die Lichtstärke der 1 cm2 groÿen Önung eines schwarzen Körpers (in Form eines Hohlkörpers) mit einer Temperatur von 2045 K (Schmelztemperatur von Platin). Alternativ: Leuchtstärke einer Kerze, welche innerhalb einer Stunde 7.77g Walrat verbraucht. (Wikipedia) 1 mol Das Mol ist die Stomenge eines Systems, das aus ebenso vielen Einzelteilchen besteht, wie Atome in 12 Gramm des Nuklids Kohlensto-12 (12C) enthalten sind; sein Symbol ist mol . Wenn das Mol benutzt wird, müssen die verwendeten Einzelteilchen angegeben werden; es kann sich dabei um Atome, Moleküle, Ionen, Elektronen, Photonen, sonstige Teilchen oder spezizierte Gruppen solcher Teilchen handeln. Anders ausgedrückt haben 12 Gramm Kohlensto-12 genau ein Mol Atome. Ein Mol natürlicher Kohlensto hingegen hat aufgrund des Isotopengemischs eine Masse von 12,0107 Gramm. Teilchenzahl und Stomenge sind einander proportional, so dass eine beliebige dieser beiden Gröÿen als Maÿ für die andere dienen kann. Die Teilchenzahl pro ein Mol Stomenge (Avogadro-Konstante) beträgt: 23 6,02214179·10 Ein Mol eines Stoes enthält also ca. 602 Trilliarden Teilchen dieses Stoes. Für technische Zwecke sind Ersatz-Normale im Gebrauch, die amtlich geeicht werden (METAS, EMPA) 2.5 Grundbegrie Begri Erklärung Messen bestimmen des Zahlenwertes einer physikalischen Grösse Zählen ermitteln der Anzahl gleichartiger Ereignisse oder Dinge Prüfen feststellen, ob der Prüfgegenstand vorgeschriebene Eigenschaften einhält Kalibrieren feststellen und dokumentieren der Abweichung eines Messgerätes mit einem Normal höherer Ordnung. Justieren einstellen einer Messwertanzeige auf den richtigen Wert Eichen vom Gesetzgeber vorgeschriebene Prüfung eines Messgerätes auf Einhaltung der zu Grunde liegenden eichrechtlichen Vorschriften, insbesondere der Eichfehlergrenzen. Tabelle 2: Grundbegrie der Messtechnik 6 2.6 Messverfahren: Ausschlags- und Kompensationsverfahren Ausschlagverfahren: Beim Ausschlagsverfahren wird der Messwert aus dem Ausschlag oder einer anderen Anzeige eines Messgerätes ermittelt. Beispiel: Federwaage Kompensationsverfahren: Beim Nullabgleichs- oder Kompensationsverfahren wird eine bekannte Gröÿe so eingestellt, dass die Dierenz mit der zu messenden Gröÿe den Wert null ergibt. Beispiel: Balkenwaage Abbildung 1: Federwaage und Balkenwaage Spannungsmessung: Mit einem Drehspulinstrument kann eine Spannung schnell gemessen werden. Es handelt sich um ein Ausschlagsverfahren. Mit dem im folgenden beschriebenen Kompensationsverfahren ist eine Messung aufwendiger und damit langsamer aber genauer. Eine Stromquelle mit der Spannung U wird an den Widerstand (z.B. aufgespannter Draht) mit dem Wert Rn angeschlossen. Parallel zum Widerstand wird eine Normquelle (Spannung Un) angebracht. Mit einem sehr empndlichen Galvanometer G wird geprüft, ob der Strom Null ist. Dies ist dann der Fall, wenn die Spannung Un gleich der am Widerstand abfallenden Spannung Un=I.Rn (1) ist. Wenn dies noch nicht der Fall ist, dann wird I durch die regelbare Quelle der Spannung U solange verändert, bis der Strom im roten Kreis Null ist. Zur Messung der unbekannten Spannung Ux legt man den Schalter in Stellung 2. Man verändert nun den Abgri am Widerstand und damit den Widerstand Rx solange bis das Galvanometer wieder den Strom Null anzeigt. In diesem Fall ist: Ux=I.Rx (2). Durch Vergleich von (1) und (2) erhält man: Ux = Un . Rx/Rn Abbildung 2: Spannungsmessung mit Drehspulinstrument und mit Kompensationsverfahren 2.7 Messsystem Wirken keine Störungen, kann der Messvorgang gemäss Abbildung 3 dargestellt werden. 7 Abbildung 3: Blockdiagramm des idealen Messsystems ohne Störungen Der Messvorgang besitzt die Struktur einer Wirkungskette (wie eine Steuerkette). In der gerätetechnischen Realisierung treten oft Abweichungen zu diesem Schema auf. So können mehrere Funktionen durch ein Geräteelement realisiert werden, oder die Reihenfolge der Funktionen kann vertauscht sein, oder zusätzliche Funktionsglieder kommen hinzu (Verstärkung, Regelung). Abbildung 4: Beispiel eines Messsystems Grundsätzlich ist jede Messung mit Fehlern behaftet. Hauptursachen sind: 1. Das Messnormal ist nie absolut exakt deniert, bzw. reproduzierbar. 2. Der Sensor entzieht dem Prozess vielfach Energie, z.B. bei berührender Drehzahlmessung. 3. Innere und äussere Störungen wirken auf den Prozess ein (Reibung, Spiel, Temperatur, usw.) 8 4. Evtl. ist die erfasste Messgrösse nicht repräsentativ. Z.B. ist die an einem Punkt erfasste Geschwindigkeit nicht repräsentativ für die Kanalgeschwindigkeit. 5. Unvollkommenheit des Beobachters beim Ablesen von Anzeigen. Abbildung 5: Blockdiagramm des fehlerbehafteten Messsystems 9 Abbildung 6: Beispiel eines fehlerbehafteten Messsystems 2.8 Messfehler Jede Messung ist fehlerbehaftet. Grundsätzlich sind statische und dynamische Fehler zu unterscheiden. 2.8.1 Statische Messfehler Die statischen Messfehler werden im Beharrungszustand untersucht. Bei technischen Messungen tritt oft nur ein Quasi-Beharrungszustand auf, bei dem die Messgrösse um einen Mittelwert schwankt. Zufällige Fehler sind durch das Auftreten der Streuung der Messwerte gekennzeichnet. Ihr Vor- zeichen ist unbestimmt. Durch mehrmaliges Messen und Anwendung von statistischen Methoden x wird als Mass für den Messs(xi ) wird als Mass für die Unsicherheit genommen (68.3% aller kann der Fehler abgeschätzt oder verkleinert werden. Der Mittelwert wert x und die Standardabweichung Messungen liegen in dem durch die Standardabweichung denierten Intervall um den Mittelwert). Der Vertrauensbereich für den Mittelwert ist gegeben durch die Standardabweichung dividiert durch die Quadratwurzel der Anzahl Messungen (N), wiederum bei einer Wahrscheinlichkeit von 68.3%. x= N 1 X xi N i=1 10 N s2 (xi ) = 1 X (xi − x)2 N − 1 i=1 r s(xi ) = 1 X (xi − x)2 N −1 s(xi ) s(x) = √ N Systematische Fehler sind durch ihre Reproduzierbarkeit gekennzeichnet. Ihr Vorzeichen ist bestimmt. Sie können durch Eichen oder Kalibrieren eliminiert werden. Beispiele: Ihr Tachometer zeigt 120 km/h an, obwohl Sie nur mit 110 km/h unterwegs sind. Sie messen mit einem Voltmeter eine Spannung an einem hochohmigen Spannungsteiler. Durch die Belastung des Messorts durch das Voltmeter messen Sie eine zu kleine Spannung. Weil die Tankanzeige in einer Ecke des Armaturenbretts angebracht ist, schauen Sie schräg auf die Anzeige und haben immer das Gefühl, dass noch mehr Benzin im Tank sei als eektiv darin ist (Parallaxenfehler). Alle diese Fehler können durch eine geeignete Kompensation (Kalibrierung) eliminiert werden! Persönliche Fehler (Ablesefehler) können sowohl zufällige als auch systematische sein. Anzeigefehler werden durch die Genauigkeit der elektrischen Messgeräte bestimmt. 2.8.2 Dynamische Messfehler Die Messeinrichtung kann den Veränderungen nie verzögerungsfrei folgen. Ihr Übertragungsverhalten ist also nichtideal. Neben statischen Messfehlern entstehen auch dynamische Messfehler. Das Übertragungsverhalten des Messsystems weist meist PT1- oder PT2-Verhalten auf (siehe Teil Regelungstechnik). 2.9 Fragen Mit welchen Einheiten messen Sie die Qualität eines Produkts? die Kundenzufriedenheit? die Radioaktivität? die Handystrahlung? 3 Messgenauigkeit und Messfehler Jede Messung ist fehlerbehaftet. Es ist bei jeder Messung nötig, eine Abschätzung oder Berechnung der Messgenauigkeit vorzunehmen. Obwohl diese Aussage von niemandem bestritten wird, ist in der Messtechnik nichts unbeliebter als die Messfehleranalyse. Im Folgenden werden einige Grundsätze und Regeln für eine einfache Fehleranalyse gezeigt. Lernziele: Sie können anhand von praktischen Beispielen erklären, was zufällige und was systematische Fehler sind. Sie können korrekt mit absoluten und relativen Fehlern rechnen. 11 Sie können mit den Herstellerangaben über die Genauigkeit vom Messinstrumenten bei konkreten Messungen den maximalen Fehler einer Messung ermitteln. Sie können bei Rechnungen mit Messresultaten (Summen und Produkten) berechnen, wie sich die Fehler in der Rechnung fortpanzen. Sie sind sich bewusst, dass Dierenzen von Messresultaten eine potentielle Quelle von grossen Fehlern sind. 3.1 Absoluter Fehler Sie messen mit einem Messband die Länge eines Rohres. Ihr Messresultat beträgt 1.98m. Tatsächlich beträgt jedoch die Länge des Rohrs 2.00m. Der absolute Messfehler beträgt: abs. Fehler = gemessener Wert - tatsächlicher Wert F =Ym−Y In unserem Beispiel: abs. Fehler = 1.98m - 2.0m = -0.02m Beachten: Der absolute Fehler hat die gleiche Einheit wie die gemessene Grösse (hier m). 3.2 Relativer Fehler Der relative Fehler berechnet sich als Quotient von absolutem Fehler und eektivem Wert: rel. Fehler = abs. Fehler / eektiver Wert f= F Y In unserem Beispiel: rel. Fehler = - 0.02m / 2.0m = - 0.01 = - 1% Beachten: Der relative Fehler ist einheitenlos und wird häug in % (10 −2 ) oder ppm (10 −6 ) angegeben. Da in der Praxis der tatsächliche Wert der zu messenden Grösse nicht bekannt ist, wird der relative Fehler als Näherung berechnet: rel. Fehler = abs. Fehler / gemessener Wert f= F Ym Bemerkungen: Die Näherung ist nur für kleine rel. Fehler zulässig (max. einige %). Der relative Fehler lässt sich meistens herausnden oder abschätzen, z.B. durch Genauigkeitsangaben auf dem Messgerät oder durch statistische Methoden. Bereich des tatsächlichen Werts einer gemessenen Grösse: Normalerweise kann ein Messfehler in positiver oder negativer Richtung auftreten. Der tatsächliche Wert einer Messgrösse liegt also in einem Bereich um den gemessenen Wert herum: Tatsächlicher Wert = gemessener Wert ± abs. Fehler Y =Ym±F Mit der Näherungsformel f= F Y m folgt Y = Y m(1 ± f ) 3.3 Messgenauigkeit von Messinstrumenten 3.3.1 Analoge Messinstrumente Analoge Messinstrumente werden in Genauigkeitsklassen eingeteilt. Mit der Genauigkeitsklasse lässt sich der maximal zu erwartende Messfehler einer Messung berechnen. 12 Die Genauigkeitsklasse gibt den relativen Messfehler bei Skalenendausschlag an (siehe Abbildung 7). Der absolute Fehler berechnet sich aus der Multiplikation von Genauigkeitsklasse und Messbereichsendwert. Dieser entspricht dem absoluten Messfehler im ganzen Messbereich. Der relative Fehler ist der absolute Fehler bezogen auf den Messwert. Er ist bei einer Anzeige in der Mitte der Skala doppelt so gross wie am Ende der Skala. Der Messbereich ist also so zu wählen dass der Zeiger im letzten Drittel der Skala anzeigt. Dadurch bleibt der relative Messfehler klein. Beispiel:Mit einem Messinstrument der Klasse 1 (1%) messen Sie im 2V-Bereich eine Spannung und lesen 0.5V ab. Abs. Fehler = 1% von 2V = 0.02V; rel. Fehler = 0.02V / 0.5V = 4%. Abbildung 7: Genauigkeitsklassen Abbildung 8: Messfehler von Zeigermessgeräten Wie gross sind der absolute und der relative Fehler bei der Anzeige in Abbildung 8? 3.3.2 Messgenauigkeit von digitalen Multimetern Der Messfehler bei digitalen Multimetern setzt sich zusammen aus 13 Fehleranteil der Signalaufbereitung: Angabe des relativen Fehlers (kann in verschiedenen Messbereichen unterschiedlich sein). Fehler der Digitalisierung resp. der digitalen Anzeige: Angabe der Anzahl unzuverlässigen Einheiten der hintersten angezeigten Stelle (z.B. ± 2 LSD (least signicant digit)). Beispiel: Angabe auf Messgerät Fluke 29 Messgrösse Messbereich Auösung VDC (Gleichspannung) 4.0 V 1 mV VAC (Wechselspannung) 4.0 V 1 mV IDC (Gleichstrom) 40 mA IAC (Wechselstrom) 40 mA Ohm (Widerstand) 4 kΩ µA 10 µA 1Ω 10 Genauigkeit ±(0.3% ±(1.9% ±(0.5% ±(1.5% ±(0.4% + 1 LSD) + 2 LSD) + 2 LSD) + 2 LSD) + 1 LSD) Beispiel zum maximalen Messfehler bei DVMs (Digitalen Voltmetern) Im Messbereich 4.0 VAC wird eine Wechselspannung gemessen. Anzeige: 3.50 V. Wie gross ist der maximale Fehler (absolut und relativ)? Berechnung: 1.9% von 3.5 V ergeben 0.019 x 3.5 V = 2 LSD entsprechen 2 x 0.001 V = Total (abs. Fehler) Relativer Fehler = 0.0685 V / 3.5 V = ± ± ± ± 0.0665 V 0.002 V 0.0685 V 1.96 % Falls im gleichen Messbereich eine Spannung von 35 mV angezeigt wird, ergibt sich ein maximaler Messfehler von: ±2.67 mV (abs. Fehler) oder ± 7.6% (rel. Fehler)! 3.4 Fehlerfortpanzung bei Berechnungen mit fehlerbehafteten Grössen Multiplikation und Division Beispiele: Quelle A V Last Berechnung der Leistung aus den Messresultaten von Strom und Spannung. Multiplikation: Px = U · I = Um · (1 ± fU ) · Im · (1 ± fI ) Px = Um · Im · (1 ± fU ± fI ± fU · fI ) Px ≈ Um · Im · (1 ± fU ± fI ) Ix RS V Um Berechnung des Stroms aus dem Messresultat der Spannung über einem Shunt-Widerstand, wobei der Shunt-Widerstand auch eine Toleranz aufweist. Division: Um ·(1±fU ) R0 ·(1±fR ) Ix = U R Ix ≈ Um R0 (1 = = Um ·(1±fU )·(1∓fR ) R0 ·(1±fR )·(1∓fR ) ± fU ± fR ± fU · fR ) ≈ ≈ Um R0 (1 Um ·(1±fU )·(1∓fR ) R0 ± fU ± fR ) Die relativen Fehler werden addiert! 14 Addition und Subtraktion Sie messen die Länge Ihres Wohnzimmers mit einem Doppelmeter. Da Ihr Zimmer ca. 3.5m lang ist, müssen Sie zwei Messungen ausführen und zusammenzählen. Jede der Messungen ist auf ± 2mm genau. Im ungünstigsten Fall erhalten Sie auf die ganze Zimmerlänge ± 4mm an Messfehler. die Summe aller Messfehler, also Bei Addition (und auch Subtraktion) von Messresultaten sind deren absolute Fehler zu addieren. Relativer Fehler der Summe od. Dierenz: fSumme = F1 +F2 Ym1 +Ym2 fDif f erenz = F1 +F2 Ym1 −Ym2 Achtung bei Subtraktion von fast gleich grossen Grössen! Beispiel: Sie bestimmen die Wandstärke eines dünnwandigen Rohrs dadurch, dass Sie Aussenund Innendurchmesser messen und die Dierenz bestimmen und durch 2 teilen. ± 0.3 mm entspricht ± 1% ± 0.3 mm entspricht ± 1% Aussendurchmesser: 29.8mm Innendurchmesser: 28.1mm Welches ist der maximale relative Fehler des Resultats Ihrer Wandstärkenberechnung? 0.3mm+0.3mm rel.F ehler = ± 29.8mm−28.1mm = ±35.3% Zusammenfassung: Bei Multiplikation und Division von fehler- resp. toleranzbehafteten Grössen müssen die relativen Fehler der einzelnen Grössen addiert werden. Bei Addition und Subtraktion von fehler- resp. toleranzbehafteten Grössen müssen die absoluten Fehler der einzelnen Grössen addiert werden. Bei Subtraktion von fast gleich grossen, fehler- resp. toleranzbehafteten Grössen entsteht ein Resultat, das einen sehr grossen Fehler aufweisen kann! Aufgabe (Fehler bei Addition): Sie messen eine Spannung über einer Serieschaltung von 3 Widerständen indem Sie über jedem Widerstand die Spannung messen und zusammenzählen. Alternativ dazu messen Sie die Spannung über der ganzen Serieschaltung mit einem Messinstrument der gleichen Klasse. Vergleichen Sie den absoluten und den relativen Messfehler zwischen beiden Messmethoden. Beispiel (Fehler bei Subtraktion): Sie wollen die Spannung im Querast einer Brückenschaltung bestimmen. Zu diesem Zweck messen Sie jeweils die Spannungen über den unteren Widerständen und berechnen die Dierenz. Obwohl die einzelnen Messungen sehr genau sein können, wird es mit dieser Messanordnung nicht möglich sein, die Brücke präzis abzugleichen. 3.5 Stör- und Fehlerquellen Zu einem sorgfältigen Messen gehört, dass man sich der möglichen Fehlerquellen bewusst ist und Massnahmen ergreift, um deren Einuss zu minimieren. Fehlerquelle Massnahmen Belastung des Messorts (ohm`sch oder Messgeräte mit Verstärker benutzen kapazitiv) Bei Sonden die höchste zweckmässige Abschwächung benutzen (z.B. 1:10 ist besser als 1:1) Induktive Einkopplung von Störungen Messkabel verdrillen oder Koaxkabel bei kleinen Messspannungen verwenden Kapazitive Einkoppelung bei kurze Messleitungen verwenden hochohmigen Signalen Verstärker (Impedanzwandler) direkt am Messort Erdschleifen Anordnung nur an einer Stelle erden 15 4 Klassizierung von Signalen (im Zeitbereich) Signale messen heisst, charakteristische Grössen bestimmen, welche die Signale beschreiben. Da es sehr unterschiedliche Signale/Signalformen gibt, ist es zweckmässig, eine Klassizierung von Signalen vorzunehmen. Die Klassizierung dient dazu, mit einfachen Begrien ein Signal grob zu beschreiben. Pro Klasse können charakteristische Grössen deniert werden, die dann ein Signal genauer beschreiben. Lernziele Sie können ein Signal, dessen zeitlichen Verlauf Sie kennen, der richtigen Signalklasse zuordnen. Sie können für die verschiedenen Signalklassen die charakteristischen Grössen nennen und diese bei gegebenen Signalverläufen berechnen. In diesem Kapitel werden die verschiedenen Signalklassen eingeführt und ihre charakteristischen Grössen deniert und berechnet. 4.1 Signalklassen Anzutreende Signale lassen sich grob in folgende Klassen einteilen: 16 Klasse Beispiel Gleichgrössen (DC-Signale) Periodische Signale - Wechselgrössen (AC-Signale) - übrige periodische Signale Nichtperiodische Signale - transiente Signale - modulierte Signale - stochastische Signale Signale in der Praxis sind häug Überlagerungen der einzelnen Klassen. 17 4.2 Kenngrössen Gleichsignale Periodische Signale Wechselsignale Linearer Mittelwert (DC-Anteil) X übrige periodische Signale X Eektivwert X Gleichrichtwert X X Amplitude X Frequenz / Periode X X Phasenlage X X Formfaktor X Crestfaktor X positiver Spitzenwert X negativer Spitzenwert X Spitze-Spitze-Wert (peak-peak) X 4.3 Denition der Kenngrössen Kenngrösse Denition f (t ) = ⋅ ∫ f (t ) ⋅ dt T 1 T 0 Linearer Mittelwert ⋅ ∫ f 2 ( t ) ⋅ dt T f eff ( t ) = 1 T 0 Eektivwert ⋅ ∫ f ( t ) ⋅ dt T f (t) = 1 T 0 Gleichrichtwert Formfaktor Eektivwert / Gleichrichtwert Crest-Faktor 4.3.1 Spitzenwert / Eektivwert Kenngrössen von periodischen Signalen linearer Mittelwert Eektivwert Gleichrichtwert Periode/Frequenz positiver/negativer Spitzenwert peak to peak Wert Formfaktor Spitzenfaktor 18 4.3.2 Kenngrössen von Wechselsignalen Abbildung 9: Sinusförmige Spannung: allgemeine Darstellung Kenngrössen: Eektivwert √ Amplitude ( = 2 * Eektivwert) Periode/Frequenz Phasenverschiebung (falls Referenzsignal vorhanden) Formfaktor = 1.11 Spitzenfaktor = √ 2 Abbildung 10: Sinusförmige Spannung: Gleichrichtwert Abbildung 11: Sinusförmige Spannung: Eektivwert 19 5 Messung elektrischer Grössen Der grösste Teil aller Informationen wird heutzutage mit Mitteln der Informatik und damit in elektronischer Form gespeichert und verarbeitet. Ingenieure aller Fachrichtungen werden täglich mit den Problemen der angewandten elektrischen Messtechnik konfrontiert und sollten daher auch deren elementare Grundlagen kennen. Inhalt Messung von elektrischen Spannungen Messung von elektrischen Strömen Belastung des Messorts durch das Messwerk Ersatzschaltungen für Ampère- und Voltmeter Typische Messschaltungen für Strom- und Spannungsmessung Leistungsmessung Messung des ohmschen Widerstands Messung der Periodendauer Lernziele Sie können die grundlegenden Verfahren zur Messung von Strömen und Spannungen erklären. Sie können die Ersatzschaltung von Volt- und Ampèremeter angeben. Sie können Volt- und Ampèremeter in der korrekten Messschaltung einsetzen. 5.1 Messung von Spannungen und Strömen 5.1.1 Messung von elektrischen Spannungen Drehspulmesswerk: Seit einigen Jahren sind analoge Messgeräte auf vielen Gebieten durch digitale Messgeräte wie Digitalmultimeter ersetzt worden. Wegen mehrerer Vorteile (anschauliche Darstellung, Erkennbarkeit von Tendenzen, Unempndlichkeit gegenüber elektrischen Störeinkopplungen, keine Hilfsspannungsquelle erforderlich, kontrastreiche Darstellung) ndet das Drehspulmesserk aber auch heute noch Anwendungen. Dazu zählen als bekanntestes Beispiel Analogmultimeter. Abbildung 12: Drehspulinstrument 20 Funktionsweise: Wird über die Anschlussklemmen und die Federn bzw. Spannbänder Strom durch die Spule geleitet, so entsteht in den im Luftspalt des Magnetfeldes bendlichen Leitern der Spule eine Kraft (Lorentzkraft); sie dreht sich nun im Feld der Magneten, bis die Lorentzkraft gleich der winkelabhängigen Rückstellkraft der Spiralfedern ist. In dieser Stellung bleibt die Spule stehen, und der an ihr befestigte Zeiger gibt auf einer Skala den entsprechenden Wert der Stromstärke an. Nach Abschalten des Stroms stellen die Federn den Zeiger wieder in die Nullstellung zurück. Da die Federkraft proportional zum Drehwinkel (hookesches Gesetz) und die Lorentzkraft proportional ° zur Stromstärke ist, ergibt sich eine linear geteilte Skala über einen Drehwinkel von etwa 90 . Ein Drehspulmesswerk arbeitet polaritätsabhängig, d. h. beim Umpolen des Stroms schlägt der Zeiger in der anderen Richtung aus. Mit diesem Verhalten kann nur Gleichstrom gemessen werden, denn wegen der mechanischen Trägheit kann der Zeiger einer schnellen Stromänderung nicht folgen; das Messwerk bildet bei Wechselstrom oberhalb einer bestimmten Frequenz (in Multimetern ab etwa 10 Hz) den arithmetischen Mittelwert des Stromes, wodurch es Null anzeigt (im Gegensatz zum Dreheisenmesswerk, das über den quadratischen Mittelwert den Eektivwert anzeigt). Zur Messung von Wechselstrom muss ein Gleichrichter vorgeschaltet werden; dann wird der Gleichrichtwert gebildet. Die Spule weist einen ohm`schen Widerstand auf: Dies ist der Innenwiderstand Ri des Drehspulinstruments. Das Drehspulinstrument misst also zunächst einmal die Stromstärke, kann also als Ampèremeter benutzt werden. Man schliesst es zu diesem Zweck seriell in den Stromkreis. Um mit einem Drehspulinstrument eine Spannung zu messen, schliesst man es parallel zum Verbraucher und legt seriell dazu einen Widerstand R. Die Spannung über dem Verbraucher ist dann durch die Gleichung U = R Ö I gegeben. Mit dem Nebenwiderstand R kann der Messbereich angepasst werden. Abbildung 13: Drehspulinstrument als Spannungsmesser Heute sind hauptsächlich digitale Voltmeter im Gebrauch: Die zu messende Spannung muss in einen digitalen Wert gewandelt werden. Im folgenden werden zwei direkte Verfahren der A/DWandlung vorgestellt und zwei Verfahren, bei denen eine Zeit als Mass der Spannung gemessen wird. Abkürzungen für A/D-Wandler: ADC (Analog Digital Converter), ADU (Analog-Digital-Umsetzer). Vergleich mit bekannten Spannungen (Flash A/D-converter, successive approximation converter) Die direkte Methode oder auch Flash-Umsetzung basiert auf Vergleichern (Komparatoren). Kennzeichnend ist die Umsetzung eines gesamten Ausgangswertes gleichzeitig. Allerdings ist bei Flash-Umsetzern für jeden möglichen Ausgangswert (bis auf den kleinsten bzw. gröÿten) ein separat implementierter Komparator erforderlich. Ein 8-Bit-Flash-Umsetzer benötigt somit beispielsweise 28 =1 = 255 Komparatoren. Bei höheren Auösungen steigt der erforderliche Aufwand drastisch an, weshalb Flash-Umsetzer typischerweise nur in kleinen Auösungen von etwa 4 bis 12 Bit verfügbar sind. Das analoge Eingangssignal wird im Flash-Umsetzer gleichzeitig von allen Komparatoren mit den (über einen mehrstugen Spannungsteiler erzeugten) Referenzgröÿen verglichen. Anschlieÿend erfolgt durch eine Kodierlogik die Umsetzung der 2n =1 Komparatorsignale in einen n bit breiten Binärcode (mit n: Auösung in bit). Das Resultat steht damit nach den Durchlaufverzögerungen (Schaltzeit der Komparatoren sowie Verzögerung der Kodierlogik) sofort zur Verfügung. Im Ergebnis sind die Flash-Umsetzer also sehr schnell, bringen aber im Allgemeinen auch hohe Verlustleistungen und Anschaungskosten mit sich (insbesondere bei den hohen Auösungen). 21 Flash-Umsetzer kommen normalerweise in allen Digitaloszilloskopen und bei der Digitalisierung von Videosignalen zur Anwendung. Abbildung 14: Flash-Analog/Digital-Converter Ein ADC, der nach dem Verfahren der sukzessiven Approximation (d. h. schrittweise Annäherung) arbeitet, grenzt das eingehende Signal mittels Intervallschachtelung ein. Dazu besitzt er im einfachsten Fall ein Datenregister (successive approximation register, SAR), in dem zum Schluss der ermittelte digitale Wert steht, einen Digital-Analog-Umsetzer, der eine dem momentanen Digitalwert des Datenregisters entsprechende analoge Referenzspannung erzeugt, einen Komparator, der die erzeugte Referenzspannung mit der Eingangsspannung vergleicht, und ein Steuerwerk. Für jedes Bit an Genauigkeit benötigt ein einfacher ADU jeweils einen Taktzyklus Umsetzungszeit. Derartige Umsetzer erreichen Auösungen von 16 Bit bei einer Umsetzungsrate von 1 MHz. Abbildung 15: Successive Approximation ADC Umsetzung der Spannung in eine Zeit (Single und dual slope converter) Single-Slope- Umsetzer (Sägezahn-/Einrampenverfahren/Zählverfahren): Beim Sägezahnverfahren wird die Ausgangsspannung Ur eines Sägezahngenerators über einen Komparator mit der ADU-Eingangsspannung Ux verglichen. Während des Zeitraums, in dem die Sägezahnspannung den Bereich zwischen 0 V und der Spannung Ux durchläuft, werden die Pulse eines Quarzoszillators durch einen Zähler summiert. Aufgrund der konstanten Steigung der Sägezahnspannung ist die verstrichene Zeit und somit der Zählerstand bei Erreichen von Ur = Ux proportional zur Höhe der ADU-Eingangsspannung. Nach dem Ende des Zählvorgangs wird das Zählergebnis in ein Register übertragen und steht als digitales Signal zur Verfügung. Anschlieÿend wird der Zähler zurückgesetzt und ein neuer Umsetzungsvorgang beginnt. Die Umsetzungszeit bei diesem ADU ist abhängig von der Eingangsspannung. Zeitlich schnell veränderliche Signale können mit diesem Umsetzertyp nicht korrekt umgesetzt werden. Umsetzer nach dem Sägezahnverfahren sind sehr ungenau, da der Sägezahngenerator mit Hilfe eines temperatur- und alterungsabhängigen Integrationskondensators arbeitet. Sie werden wegen ihres relativ geringen Schaltungsaufwands für einfache Aufgaben eingesetzt, beispielsweise in Spielkonsolen, um die Stellung eines Potentiometers, das durch einen Joystick oder ein Lenkrad bewegt wird, zu digitalisieren. 22 Abbildung 16: single slope ADC: Blockschema und Zeitverlauf Dual-, Quad- und Multislope-Umsetzer sind eine Weiterentwicklungen der Einrampen-Umsetzer und bestehen im Wesentlichen aus einem Integrator und mehreren elektronischen Schaltern. Der Integrator arbeitet mit einem externen, hochwertigen Kondensator, der in zwei oder mehr Zyklen geladen und entladen wird. Zunächst wird der Integratoreingang mit der unbekannten ADUEingangsspannung verbunden und es erfolgt die Ladung über ein fest vorgegebenes Zeitintervall. Für die anschlieÿende Entladung wird der Integrator mit einer bekannten Referenzspannung entgegengesetzter Polarität verbunden. Die benötigte Entladezeit bis zum Erreichen von null am Integratorausgang wird durch einen Zähler ermittelt und daraus die unbekannte Eingangsspannung bestimmt. Zur Kompensation von internen Osetfehlern des ADU wird beim Vierrampenverfahren noch ein weiterer Lade-/Entladezyklus bei kurzgeschlossenem Integratoreingang durchgeführt. Die Referenzspannung muss immer konstant gehalten werden, das heiÿt beispielsweise, dass thermisch bedingte Schwankungen vermieden werden müssen. Derartige Umsetzer nach dem Mehrrampenverfahren sind relativ langsam (hohe Konversionsdauer), benötigen keine Abtast-Halte-Schaltung und bieten eine sehr hohe Auösung sowie gute dierentielle Linearität und gute Unterdrückung von Störsignalen wie Rauschen, Netzeinkopplung. Das typische Einsatzgebiet sind Digitalmultimeter, da sich bei geeigneter Integrationsdauer überlagerte 50-Hz-Störungen der Netzfrequenz eliminieren lassen. Abbildung 17: dual slope ADC:Blockschema und Zeitverlauf 5.1.2 Messung von elektrischen Strömen Abbildung 18: Drehspulinstrument als Ampèremeter Drehspulmesswerk ( kleine elektrische Ströme) Messbereichs 23 Nebenwiderstand R zur Erweiterung des Abbildung 19: Spannungsmessung über dem Shunt Shunt (Messwiderstand) Der zu messende Strom wird über einen speziellen Messwiderstand geführt, welcher in der Regel niederohmig ist und eine sehr kleine Temperaturabhängigkeit aufweist. Abbildung 20: Strommessung über Hallsensor, Ausschlagsverfahren Messung des erzeugten Magnetfelds mit Hall-Sensor Das vom Strom erzeugte Magnetfeld wird mit einem speziellen Sensor in eine Spannung übersetzt, welche gemessen wird. Vorteil: Galvanische Trennung Nachteil: Hall-Sensoren benötigen Fremdspeisung, sind driftbehaftet und aufwendig. Abbildung 21: Strommessung über Hallsensor, Kompensationsverfahren Kompensation des erzeugten Magnetfelds Das vom zu messenden Strom erzeugte Magnet- feld wird mit einem bekannten Strom kompensiert (gesteuerte Quelle). Der Hall-Sensor dient zur Erkennung des kompensierten Zustands. Vorteil: Galvanische Trennung Nachteil: aufwendig 24 Abbildung 22: Strommessung mit Zangenampèremeter Zangenampèremeter Der zu messenden Strom wird mit einem Transformator in eine Sekun- därwicklung transformiert und dort mit irgend einem Ampèremeter gemessen. Vorteil: Galvanische Trennung Nachteil: Funktioniert nur für Wechselströme 5.1.3 Belastung des Messorts durch das Messwerk Die meisten direkten Messverfahren für Spannungen und Ströme belasten den Messort. Folgende Massnahmen elimineren, bzw. reduzieren die Belastung: Spannungsmessung: Es wird ein (aktiver) Verstärker zwischen Messstelle und eigentliches Messwerk geschaltet. => Ri →∞ Strommessung: Es wird ein sehr kleiner Shunt-Widerstand verwendet. => RShunt -> 0 5.1.4 Galvanische Trennung Als galvanische Trennung wird eine elektrische Trennung zweier leitfähiger Gegenstände, beispielsweise Metallplatten oder Stromkreise, bezeichnet. Im Fall von Stromkreisen wird es Ladungsträgern damit verunmöglicht, von einem Stromkreis in einen anderen zu ieÿen, da keine elektrisch leitfähige Verbindung zwischen diesen beiden Stromkreisen besteht. Über entsprechende Kopplungsglieder können jedoch zwischen den Stromkreisen elektrische Leistung oder Signale übertragen werden. Um eine galvanische Trennung zu realisieren, können verschiedene Bauteile wie z. B. Transformatoren, Optokoppler oder auch Kondensatoren verwendet werden. Die Übertragung erfolgt in diesen Fällen dann über den Umweg eines Magnetfeldes, respektive mittels Infrarotstrahlung oder durch Ladungsverschiebung. Kunststozahnräder in Handbohrmaschinen oder isolierende Klauenkupplungen dienen der Schutzisolation elektrischer Handgeräte und stellen eine zusätzliche Potentialtrennung zwischen metallischen Antriebsteilen und den äuÿeren, berührbaren metallischen Teilen her. Eine galvanische Trennung ist erforderlich: zur Sicherheit (z. B. medizinische Geräte, elektrisches Spielzeug, alle netzbetriebenen Geräte mit Schutzkleinspannung, wie Steckernetzteile, Audiogeräte, Ladegeräte usw.). aus messtechnischen Gründen: Potentialtrennung der Spannungsversorgung von Messgeräten vom Stromkreis der zu messenden Spannung oder Potentialtrennung im Messsignalweg (z. B. Stromzangen, Stromwandler). Wenn mehrere elektrische Gröÿen simultan gemessen und z. B. in einem Computer erfasst werden sollen, deren Bezugspotenziale sich unterscheiden, dann müssen die Messwertaufnehmer voneinander galvanisch getrennt sein. Das kann zum Beispiel mit Stromwandlern, Isolationsverstärkern oder Analog-Optokopplern erreicht werden. zur Verhinderung von Brummschleifen und elektromagnetischen Störungen. Eine konsequent ausgeführte galvanische Trennung ist ein wirksamer Schutz gegen elektromagnetische Störungen. Lange Kabel können Störungen auangen und in Signaleingänge weiterleiten. Diese 25 sogenannten Gleichtaktstörungen können durch Potentialtrennung von den Signaleingängen ferngehalten werden. 5.2 Leistungsmessung Moderne Leistungsmessgeräte messen Strom und Spannung und bilden das Produkt. P(t)=U(t)*I(t) 5.3 Messung des ohmschen Widerstands Für die Bestimmung des ohmschen Widerstands wird eine konstante Spannung vorgegeben und der Strom gemessen. Die Skala wird so ausgeführt, dass direkt Widerstandswerte abgelesen werden können. Widerstandsbestimmung durch Strom- und Spannungsmessung: Die Spannungsfehlerschaltung (stromrichtige Schaltung) ist ohne Korrektur zur Ermittlung grosser Widerstandswerte geeignet. RiA = Innenwiderstand des Strommessers R = (U − UiA )/I = U/I − RiA Die Stromfehlerschaltung (spannungsrichtige Schaltung) ist ohne Korrektur zur Ermittlung kleiner Widerstandswerte geeignet. RiV = Innenwiderstand des Spannungsmessers R = U/(I − IiV ) = U/(I − U/RiV ) ≈ U/(I(1 − R/RiV )) (mit U=RI) 5.4 Messung der Periodendauer Mit Hilfe eines Nulldurchgangdetektors oder eines Triggers wird ein Timer gestartet und wieder gestoppt. Die gemessene Zeit entspricht bei geeigneter Wahl der Triggerschwelle der Periodendauer. 26 6 Das Oszillokop siehe [1], Kap. 8 Messtechnik, 8.6 Oszillokop 7 Messen nichtelektrischer Grössen siehe [1], Kap. 8 Messtechnik, 8.7 Messen nichtelektrischer Grössen mit Sensoren 8 PC-basiertes Messen Messungen mit dem PC haben heute ein grosse Bedeutung. Die Messgrössen werden mit einem Sensor erfasst, elektrisch aufbereitet, einem Interface zugeführt, dort in eine digitale Form gewandelt (ADC) und der Datenverarbeitung im PC zur Verfügung gestellt. Lernziele Sie können den Aufbau eines abgetasteten Systems aufzeichnen Sie verstehen den Aliasing-Eekt Sie verstehen den Nutzen eines Abtastvorlters Sie wissen, wie Sensoren an eine Datenerfassungskarte angeschlossen werden müssen 8.1 Messkette Wenn Sie mit dem PC messen wollen, müssen sie mit einem Sensor das gewünschte Signal erfassen und aufbereiten. Oft muss das Signal verstärkt werden und immer muss es analog geltert werden. (Den Grund werden wir später sehen.) Dann wird es analog digital gewandelt und steht im PC in digitaler Form zur Verfügung. Der Wert liegt jetzt als Integer-Grösse vor, Bereich je nach Auösung des Analogdigitalwandlers. Bei einem 8 Bit ADC liegt eine Zahl zwischen null und 255 vor, bei einem 12 Bit ADC ein Wert zwischen null und 4095. Diesen Wert nennt man Rohwert. in der Anwendung im PC möchten sie aber den Wert in den physikalischen Einheiten angezeigt erhalten. Das heisst sie müssen eine Skalierung vornehmen. Diese Messkette ist in Abbildung 23 dargestellt. Abbildung 23: Messkette 27 Abbildung 24: Sensorkennlinie und Skalierung im Applikationsprogramm In Abbildung 24 sehen Sie das Beispiel eines Temperatursensors. Der Sensor liefert im Messbereich ein Signal zwischen ca. 0.5 und 2V und wird in der Datenerfassungskarte im PC mit einem 12 Bit ADC gewandelt. Der Sensor ist linear. Die Spannung U in Abhängigkeit der Temperatur T kann mit folgender Gleichung wiedergegeben werden:U = 0.6 + 0.01T . Im PC wird mit der Appli- kation LabVIEW der Spannungswert in eine Temperatur umgewandelt. Dazu wird obige Gleichung nach der Temperatur aufgelöst: T = 100U − 60. Diese Skalierung muss in LabVIEW konguriert werden. Grundlage ist dabei der Spannungswert und nicht der Rohwert. Programmieren Sie aber ein embedded system, müssen Sie vom Rohwert ausgehen. 8.2 Neue Operationen für die Messwerterfassung Die Messwert Erfassung mit dem PC enthält also zusätzliche Operationen. Da der PC nicht zeitkontinuierlich arbeitet, müssen Signale abgetastet werden. Die Werte liegen dann nur zu den Abtastzeitpunkten vor. Man spricht von einem zeitdiskreten System. Nach dem Abtasten müssen die Werte auch digitalisiert werden. Da der Analog-Digitalwandler nicht beliebig genau arbeiten kann, wird der analoge Wert quantisiert. Neben der Zeit-Diskretisierung haben wir also auch eine Wert-Diskretisierung (Tab. 3). Diese Quantizierung stellt eine Nichtlinearität dar und kann in einem Regelkreis durchaus unangenehme Folgen haben. Überlegen Sie sich, welche Schwierigkeiten dadurch in einem Regelkreis auftreten können. zeitkontinuierlich zeitdiskret wertkoninuierlich wertdiskret Tabelle 3: Wert- und Zeitquantisierung beim Abtasten 28 8.2.1 Abtastung Abbildung 25: Abtastung Ein zeitkontinuierliches Signal wird ersetzt durch eine Folge von Zahlen, die die Werte des Signals zu gewissen Zeitpunkten darstellen. periodische Abtastung: Abtastung in gleichen Zeitabständen. tk = kT T = Abtastperiode, Abtastintervall, Abtastzeit f s = 1/T = Abtastfrequenz [Hz] ωs = 2πf s = 2π/T = Abtast(kreis)frequenz [rad/s] In Abbildung 26 sehen sie eine harmonische Schwingung mit einer Frequenz von 0,1Hz. Sie wird abgetastet mit einer Abtastfrequenz von 1Hz (linkes Bild). Die genau gleichen Abtastwerte könnten aber auch durch die Schwingung mit 0,9Hz zustandegekommen sein (rechtes Bild). Abbildung 26: Aliasing Nach dem Abtasten kann eine Schwingung nicht von ihren Aliassen unterschieden werden. Hochfrequente Störungen können durch die Abtastung niederfrequente Schwingungen (Aliasse) verursachen Alle 'Amplituden' bei Frequenzen grösser ωs /2 treten bei tieferen Frequenzen, nämlich an ωs /2 gespiegelt im Bodediagramm des abgetasteten Signals wieder auf. Dieser Eekt heisst Aliasing. Alias einer Frequenz ω1 > ωs /2 : ω =| (ω1 + ωs /2)mod(ωs ) − ωs /2 | Damit dieser Eekt nicht auftritt (niederfrequente Störungen verursacht durch Abtastung von hochfrequenten Störungen, die dem Nutzsignal überlagert sind), muss mit 5-10 mal grösserer Frequenz abgetastet werden, als Frequenz, wo der Amplitudengang bereits -20 dB kleiner geworden ist! Zudem muss das zu erfassende Signal mit einem analogen Vorlter geltert werden. Dieses Filter heisst Abtastvorlter und muss alle Frequenzen höher als die halbe Abtastfrequenz eliminieren. Es soll nur Störungen eliminieren und das Nutzsignal nicht verändern. 29 abtasten und halten Für gewisse ADC ist es nötig, das Signal eine gewisse Zeit konstant zu halten. Nach dem Abtasten muss ein Halteglied dafür sorgen, dass das Signal festgehalten wird. Ebenso ist es für die theoretische Behandlung von Bedeutung, wie das Signal zwischen den Abtastzeitpunkten verläuft. Die Stellgrösse wird in der Regel zwischen den Abtastzeiten konstant gehalten. Man spricht dann von einem Halteglied nullter Ordnung (engl. zero order hold, ZOH). Abtastfrequenz, Abtastzeit. In Abbildung 27 wird ein Signal mit zwei verschiedenen Abtast- zeiten abgetastet. Man erkennt leicht, dass der analoge Verlauf umso besser angenähert wird, je kleiner die Abtastzeit ist. Kleine Abtastzeiten belasten aber den Rechner mehr. Man versucht deshalb, die Abtastzeit so festzulegen, dass ein Signal gerade noch gut rekonstruiert werden kann. Schnell ändernde Signale erfordern kleine Abtastzeiten, bei langsamen Änderungen sind grössere Abtastzeiten vertretbar. Abbildung 27: Antwort p(t) eines Abtastglieds mit Halteglied nullter Ordnung auf ein Eingangssignal r(t) für zwei Werte der Abtastzeit T Je nach Anwendung ist die Abtastfrequenz unterschiedlich. Für Regelungen wählt man sechs bis zehn mal die Bandbreite oder zwei bis drei Abtastungen pro Anstiegszeit des geschlossenen Regelkreises. [5] Für Signalverarbeitungsaufgaben muss man 300 Abtastungen pro Periode wählen, um einen relativen Fehler von 1% mit einer Rekonstruktion mit Halteglied nullter Ordnung zu erhalten.[5] 8.2.2 Analog-Digital-Wandler (ADC) Oben wurde schon erwähnt, dass mit der Analog-Digital-Wandlung eine Quantisierung einhergeht. Diese Quantisierung ist abhängig vom Messbereich und von der Bitbreite des Wandlers. In Abbildung 28 wird das Beispiel eines 12 Bit-Wandlers mit einem Messbereich von -2V bis +2V gezeigt. Der Quantisierungssprung beträgt 4V/4095 ≈ 1 mV (Quotient von Messbereich und Wertebereich des Wandlers). Das ist die Auösung des ADC. 30 Abbildung 28: Kennlinie eines 12bit-ADC 8.3 Anschluss von Sensoren 8.3.1 Single-Ended Inputs Bei single-ended Messungen schliesst man pro Kanal einen Draht von jeder Signalquelle an das Datenerfassungsinterface an (Abb.29). Gemessen wird die Dierenz zwischen dem Signal und der Erde der Datenerfassungskarte. Diese Methode setzt voraus, dass die Signalquelle geerdet ist und die Erde der Signalquelle mit der Erde der Datenerfassungskarte verbunden ist. Abbildung 29: single ended Verdrahtung von Sensoren Unterschiede beim Erdpotential können zu Strömen führen, bekannt als Erdschleifen. Dies kann zu Fehlern führen bei single-ended Inputs. Single-ended Inputs sind störanfällig, weil Signalleitungen als Antennen wirken und Signale aus der Umgebung aufnehmen können (noise). Diese Probleme von Erdschlaufen und Noise können mit dierentiellen Anschlüssen (dierential inputs) gelöst werden. 8.3.2 Dierential Inputs Bei dierenzierenden Messungen werden zwei Drähte von jeder Signalquelle zur Datenerfassungskarte geführt; einer geht zu einer Plus-, der andere zu einer Minus-Klemme (Abb.30). Beide Eingänge werden verstärkt und anschliessend subtrahiert. Dies hat zur Folge, dass Störungen, die auf beiden Leitungen gleichermassen eingestreut werden, eliminiert werden. 31 Abbildung 30: dierentieller Anschluss von Sensoren Dies kann beide Probleme der single ended Messungen lösen. Erdungsunterschiede sind irrelevant und Störungen können reduziert werden. Verdrillte Leitungen sorgen dafür, dass aufgefangene Störungen auf beiden Drähten gleich sind. 8.3.3 Massnahmen gegen elektromagnetische Störfelder Wie schon in Kap.3.5 erwähnt, sind beim Anschluss von Sensoren die folgenden Punkte zu beachten: Räumliche Trennung von störenden Fremdleitungen (Signalleitungen nicht zusammen mit Energieleitungen verlegen) Verdrillung zum Schutz gegen induktive Störbeeinussung (20 bis 30 Umschlingungen pro m) Abschirmung gegen kapazitive Störbeeinussung (richtige Erdung beachten!) Literatur [1] Fachkunde Elektrotechnik, Europa Lehrmittel, ISBN 3-8085-3159-2, aus dem Modul "Elektrotechnik" (elt) bekannt [2] Philippsen, Einstieg in die Regelungstechnik, Fachbuchverlag Leipzig 2004, ISBN 3-446-22377-0 [3] Schrüfer E., Elektrische Messtechnik, Hanser, 2007 [4] Profos / Pfeifer, Handbuch der industriellen Messtechnik, Oldenbourg, 1994 [5] Aström, Karl J., Computer Controlled Systems, Prentice Hall, 1984 32