Science Digest 42 Science Digest Diese und weitere Meldungen der letzten drei Monate finden Sie im Internet unter www.gabi.de Ist RNA-Vererbung möglich? Forscher finden Hinweise auf einen DNA-unabhängigen Weg für die Vererbung in Pflanzen Laura M. Hrastar In einem besonders instabilen Pflanzengen wurden Hinweise für RNAbasierte Vererbung gefunden, geben Forscher in einem Artikel in der Zeitschrift Nature bekannt. Robert Pruitt und seine Kollegen von der Purdue University in West Lafayette, Indiana, entdeckten, dass ArabidopsisPflanzen, die homozygot für eine rezessive Mutation in einem bestimmten Gen sind, genetische Informationen erben können, die nicht in den Elternpflanzen vorhanden sind, aber in vorangegangenen Generationen existierten. „Wir können uns zwei parallele Pfade vorstellen, den der konventionellen, DNA-abhängigen Vererbung, und im Hintergrund einen zweiten, eventuell RNA-abhängigen oder einen ungewöhnlichen DNAbasierten Weg der Vererbung, den wir nicht verstehen“, teilte Pruitt ‚The Scientist’ mit. Pruitts Team untersuchte HOTHEAD, ein Gen, das in seiner mutierten Form die Fusion von Geweben verursacht und für die Herstellung der Wachskutikula zuständig ist. Frühere Untersuchungen zeigten eine ungewöhnliche Punktmutationsinstabilität bei diesem Gen in Arabidopsis, die in einer hohen Häufigkeit von Wildtyp-Nachkommen von mutierten Eltern resultierten. In der aktuellen Studie verwandte Pruitts Team die PolymeraseKettenreaktion (PCR), um festzustellen, dass 10% der Nachkommen den wildtypischen Phänotyp zeigen, und diese Pflanzen heterozygot für das elterliche mutierte HOTHEAD (hth) Allel waren. Bei Messungen direkt im Pollen stellten sie ebenfalls eine ausgeprägte Tendenz zu Wildtyp-Veränderungen im männlichen Fortpflanzungssystem fest – unter dem Aspekt der Schaffung von Widltypnachkommen mit dominantem Allel (HTH/HTH), wenn die männliche Elternpflanze, nicht der weibliche Elter, ein homozygoter Mutant war. „Die Nachkommen von Mutanten“, sagt Pruitt, „umgehen die DNA-Mutationen ihrer Eltern über einen unbestimmten Mechanismus, und die allelischen Reversionen stellen die Original DNA-Sequenz der Großelternpflanzen wieder her.“ „In dieser Studie gibt es den faszinierenden Ansatz, dass in den seltenen Fällen, in denen eine DNA-Mutation auftritt, RNA, die von vorangegangenen Generationen abstammt, ihrem überlegenen und privilegierten Gegenstück helfen kann“, teilte David Bartel vom Massachusetts Institute of Technoloy ‚The Scientist’ per Email mit. Bartel war an der aktuellen Studie nicht beteiligt. Pruitts Gruppe untersuchte außerdem zufällig ausgewählte Polymorphismen in der F3-Generation von gekreuzten, mutanten Pflanzen, die homozygot für HOTHEAD waren, und fand Hinweise für eine genetische Instabilität in allen Sequenz-Polymorphismen im gesamten Genom verteilt. Nachdem Tests drei weitere unabhängige Reversionsvorkommen innerhalb drei verschiedener mutierter hth-Allele ergeben hatten, wurde eine zufällig hohe Mutationsrate ausgeschlossen. Die Daten weisen stark daraufhin, dass die genetischen Veränderungen das Resultat eines Template-gesteuerten Prozesses sind, schreiben die Autoren. „Wir haben ziemlich sorgfältig nach einem DNA-Schema geschaut und können keines finden, also folgern wir nach dem Ausschlussprinzip, dass es wahrscheinlich eine stabile RNA ist“, sagt Pruitt. Das Phänomen wurde jedoch nur in Mutanten gefunden, weil „im Wildtyp der Beitrag dieses zweitrangigen Pfades der Vererbung wahrscheinlich vernachlässigbar ist“, berichtet Pruitt ‚The Scientist’. Pruitt und seine Co-Autoren bemerken, dass ihre RNA-TemplateHypothese kürzlich durch eine Arbeit gestützt wurde, die zeigt, dass in Caenorhabditis elegans doppelsträngige RNA über viele Generationen vererbt werden kann. Warum mutierte Nachkommen zum Wildtyp revertieren ist unbekannt, aber die Autoren legen nahe, dass Stress in Verbindung mit dem hth-Gen daran beteiligt ist. „Anstatt zufällige Mutationen in die DNA einzuführen, ist es anhand der Stresstheorie möglich, dass dieser unbekannte Prozess anläuft, der möglicherweise Allele auf erfolgreiche Allele vorangegangener Generationen zurücksetzt“, sagt John Bowman von der University of California in Davis, der nicht an der Studie beteiligt war. Über die Auswirkungen einer RNA-basierten Vererbung spekulierend, teilte Detlef Weigel, Pflanzengenetiker am Max-Planck-Institut für Entwicklungsbiologie, ‚The Scientist’ mit, „Wenn es eine Art RNASpeicher gäbe, so würde ich immer noch denken, dass die DNA die dominante Form sei. [Vielleicht] hat das Genom diese Art Ausfallsicherung, der sich gespeicherte RNA zu Nutzen macht. Dies ist momentan unklar“. Ihre Arbeit fortsetzend, werden Pruitt und seine Kollegen sich nun darauf konzentrieren, welche Gene am direktesten am Prozess der Sequenzänderung beteiligt sind, und biochemisch die Lokalisierung des potentiellen Templates aufklären. Originalveröffentlichung · Nature, 434:505-09, March 24, 2005; "Genome-wide non-mendelian inheritance of extra-genomic information in Arabidopsis”; S.J. Lolle, et al., Quelle: The Scientist (Online Ausgabe vom 23. März 2005; übersetzt von E. Strzelczyk) GenomXPress 2/05