UNTERNEHMERLOHN ODER DIVIDENDE? Mit der Unternehmenssteuerreform ll wurde die früher ungünstige und stossende wirtschaftliche Doppelbesteuerung von Dividenden an Inhaber von AGs oder GmbHs stark gemildert. Seither stellt sich für erfolgreiche KMU-Unternehmer vermehrt die Frage, wie das Einkommen optimiert werden soll und welches der beste Mix aus Lohn und Dividende darstellt. Bei der Entscheidung Lohn oder Dividende stellen sich nicht allein nur steuerrechtliche Fragen. Es sind primär versicherungsrechtliche Aspekte genügend abzudecken. Die Lohnhöhe bestimmt die Deckung im Invaliditätsfall und ermöglicht den Aufbau einer vernünftigen Altersrente. Abgaberechtlich kann durch planmässige BVG-Lösungen mit erhöhten Sparbeiträgen und privaten BVG-Einkäufen in der Regel eine auch steuerlich vorteilhafte Lösung erzielt werden. Trotzdem kann es Sinn machen, weitere Gewinnanteile via Dividende aus der Gesellschaft zu beziehen. Einige Sozialversicherungen haben in jüngster Zeit ihre Praxis hinsichtlich Umqualifikation von Dividenden in AHV-pflichtigen Lohn verschärft. Sie bestimmen die Angemessenheit der Dividende im Verhältnis zum Steuerwert der Aktien bzw. Stammanteile. Bei einem Vermögensertrag von mehr als 10% wird vermutet, dass eine überhöhte Dividende vorliegt. Beachtliche Nachbelastungen möglich Die Sozialversicherungsanstalt des Kantons St. Gallen beispielsweise belastet in der Regel die Hälfte dieses Betrages mit AHV-Beiträgen. Anlässlich der ordentlichen Buchprüfung durch die Sozialversicherungsbehörden wird dieser Sachverhalt schematisch festgehalten. Bei einer rückwirkenden Erfassung auf fünf Jahre, mit entsprechenden Zinsnachzahlungen von 5%, kann dies zu beachtlichen Nachbelastungen führen. „Unangekündigte“ Praxisverschärfung Es ist verständlich, dass die AHV-Stellen versuchen, ihre Ausfälle zu kompensieren, die mit Einführen der Unternehmenssteuerreform ll entstanden sind. Bei krassen Missverhältnissen von Lohn und Dividende sind solche Überlegungen auch nachvollziehbar. Stossend dabei ist aber die sozusagen unangekündigte Praxisverschärfung auf einer unveränderten Wegleitung und Bundesgerichtspraxis. Diese beurteilen im Wesentlichen nämlich die folgenden Aspekte für eine Qualifikation als Lohn oder Dividende: branchenüblicher Lohn sowohl im Innen- wie im Aussenverhältnis; zeitlicher Umfang des Arbeitspensums und Verantwortung des Aktionärs im Vergleich mit anderen unternehmensspezifischen Gewinntreibern, effektiver Wert der beteiligungsrechte, Einzelfallbetrachtung. Wenn die Sozialversicherungsbehörden ohne weitere Abwägungen den Steuerwert der Wertpapiere einsetzten, wird ausser Acht gelassen, dass der Steuerwert inner- und ausserkantonal teilweise unterschiedlich erhoben wird und diese Praxis zu Ungleichbehandlungen führt. Im Weiteren werden bei nicht arbeitsmässigen Gewinntreibern wie Lizenzen, Patente usw. mit der üblichen Praktikermethode für die Wertermittlung die Ertragsfaktoren zu wenig berücksichtigt. Es wird sich weisen, ob die neue Praxis durch die Gerichte geschützt wird. Bis dahin ist man gut beraten, diese Rechtsunsicherheit in die Planung einzubeziehen und kontinuierliche Dividendenbezüge vorzusehen. Einmalig sehr hohe Ausschüttungen sind, wenn möglich, eher zu vermeiden. Quelle: Treuhandkammer vom 10. Juni 2014 Rorschach, 08.01.2015/GSP-es