Was bedeutet Kurzarbeit für die Einkommen der Arbeitnehmer, für die Rentenansprüche und die Finanzen der Sozialversicherungen? Zur Abfederung der Auswirkungen der derzeitigen Finanz- und Wirtschaftskrise hat die Kurzarbeit und damit das von der Bundesagentur für Arbeit gezahlte Kurzarbeitergeld stark an Bedeutung gewonnen. Überschlägige Berechnungen gehen derzeit von 1,4 Millionen Kurzarbeitern in Deutschland aus. Um die stabilisierende Wirkung der Kurzarbeit zu vergrößern und zeitlich zu verlängern, hat die Bundesregierung den Zugang zum Kurzarbeitergeld erleichtert, den Zugang auf Leiharbeiter erweitert und die zeitliche Befristung für die Zahlung von Kurzarbeitergeld mehrmals verlängert. Im Folgenden werden die Auswirkungen der Kurzarbeit und des Kurzarbeitergeldes auf die Einkommen der Arbeitnehmer, auf deren Rentenansprüche und auf die Finanzen der Sozialversicherungen dargestellt. Was ist Kurzarbeitergeld? Kurzarbeitergeld ist eine Leistung der Bundesagentur für Arbeit mit dem Ziel, kurzzeitige Krisen am Arbeitsmarkt zu überbrücken. Denn Kurzarbeitergeld ermöglicht es dem Arbeitgeber, seine Arbeitnehmer auch dann weiterhin zu beschäftigen, wenn konjunkturell bedingt weniger Aufträge zu Arbeitsausfällen führen. Statt Arbeitnehmer zu entlassen, kann der Arbeitgeber bei der Bundesagentur für Arbeit Kurzarbeit beantragen und somit eine Weiterbeschäftigung gewährleisten. Der Arbeitgeber zahlt dann nur noch den Lohn gemäß der verkürzten Arbeitszeit und die Bundesagentur für Arbeit zahlt Kurzarbeitergeld, um den Verdienstausfall für den Arbeitnehmer abzumildern. Kurzarbeitergeld kann in jedem Umfang beantragt werden – unabhängig davon, ob der Arbeitsausfall Stunden, Tage oder sogar Wochen betrifft. Im Falle von „Kurzarbeit null“ wird die Arbeit vollständig eingestellt und der Verdienst des Arbeitnehmers besteht entsprechend nur aus dem durch die Bundesagentur für Arbeit ausgezahlten Kurzarbeitergeld. Neben dem konjunkturell bedingten Kurzarbeitergeld gibt es das Saison-Kurzarbeitergeld, welches im Winter bei saisonalen Arbeitsausfällen im Baugewerbe gewährt wird, und das TransferKurzarbeitergeld im Falle betrieblicher Restrukturierungsmaßnahmen. Aufgrund der aktuellen Wirtschaftslage stehen das konjunkturell und das saisonal bedingte Kurzarbeitergeld im Mittelpunkt der Beschäftigungspolitik. Durch das „Konjunkturpaket II“ sowie „Kurzarbeitergeld plus“ sind neue Regelungen für das konjunkturell bedingte Kurzarbeitergeld eingeführt worden. Höhe des Kurzarbeitergeldes – Auswirkungen auf das verfügbare Einkommen des Arbeitnehmers Bei Kurzarbeit setzt sich das Einkommen des Arbeitnehmers grundsätzlich zusammen aus dem vom Arbeitgeber gezahlten Lohn für die reduzierte Arbeitszeit und dem Kurzarbeitergeld. Das Kurzarbeitergeld beträgt entweder 60 Prozent (für kinderlose Arbeitnehmer) oder 67 Prozent (für einen Arbeitnehmer mit Kind) des durch die verkürzte Arbeitszeit ausgefallenen Nettoentgeltes, der so genannten Nettoentgeltdifferenz. Entscheidend für die Berechnung dieser Nettoentgeltdifferenz ist nicht das tatsächliche Nettoentgelt, sondern ein durch pauschalierte Abzüge ermitteltes Nettoentgelt. Dabei wird das Bruttoentgelt um eine Sozialversicherungspauschale in Höhe von 21 Prozent, der Lohnsteuer nach der jeweiligen Lohnsteuerklasse sowie um den Solidaritätszuschlag vermindert. Darüber hinaus wird auch der Kinderfreibetrag berücksichtigt. Dies ergibt dann jeweils das pauschalierte Nettoentgelt. Die „Nettoentgeltdifferenz“ wird ermittelt, indem aus dem Bruttoentgelt des Arbeitnehmers, welches dieser ohne den Arbeitsausfall verdient hätte (Soll1 Entgelt) und dem infolge des Arbeitsausfalls geminderten Bruttoentgelts (Ist-Entgelt) jeweils das pauschalierte Nettoentgelt errechnet und dann die Differenz gebildet wird. Diese Nettoentgeltdifferenz wird mit 0,6 bzw. 0,67 multipliziert, damit sich das zu zahlende Kurzarbeitergeld ergibt. Praktisch wird das zu zahlende Kurzarbeitergeld anhand von Kurzarbeitergeldtabellen ermittelt. In diesen Tabellen wird – differenziert nach Lohnsteuerklasse – einem Bruttoeinkommen ein Kurzarbeitergeld für den Fall zugeordnet, dass das Einkommen des Kurzarbeiters nur aus Kurzarbeitergeld besteht, der Arbeitgeber also keinen Lohn mehr zahlt („Kurzarbeit null“). Beträgt die Kurzarbeitszeit nicht null, bezieht der Kurzarbeiter für seine reduzierte Arbeitszeit also noch einen Lohn von seinem Arbeitgeber, dann wird der diesem Bruttolohn in der Tabelle zugeordnete Leistungssatz vom Leistungssatz beim ursprünglichen Bruttoentgelt abgezogen. Diese Differenz ist das zu zahlende Kurzarbeitergeld. Beispiel für die Berechnung: Ein Arbeitnehmer hat normalerweise ein Bruttoentgelt von 2.500 Euro, Steuerklasse III, mit einem Kind. Die Tabelle ordnet dem Bruttoentgelt (Soll-Entgelt) in Höhe von 2.500 Euro mit Steuerklasse III und mit einem Kind (Leistungssatz 1) einen Leistungssatz von 1232,02 Euro zu. Bei Kurzarbeit null, also bei keinen Bruttolohnzahlungen durch den Arbeitgeber beträgt das Kurzarbeitergeld 1232,02 Euro. Arbeitet der Arbeitnehmer eine verkürzte Arbeitszeit und erhält dafür einen Lohn von beispielsweise nur noch 2.200 Euro brutto (Ist-Entgelt), wird der Leistungssatz, der in der Tabelle diesem Bruttoeinkommen zugeordnet wird (1.114,88 Euro) von dem für das Sollentgelt ausgewiesenen Leistungssatz abgezogen, also: 1232,02 – 1.114,88 = 117,14. Somit wird dem Arbeitnehmer Kurzarbeitergeld in Höhe von 117,14 Euro bezahlt. Auszug aus der „Kurzarbeitergeldtabelle“ 1 = mit Kind, 2 = ohne Kind. Quelle: Bundesagentur für Arbeit. 2 Insgesamt verliert bei Kurzarbeit ein Arbeitnehmer ohne Kind maximal 40 Prozent und ein Arbeitnehmer mit Kind(ern) 33 Prozent seines Nettolohns (Fall von „Kurzarbeit null“) und ist damit hinsichtlich des verfügbaren Einkommens genauso gestellt wie ein Bezieher von Arbeitslosengeld I. Zusätzliche Arbeitszeit und damit verbundene Lohnzahlungen stellen den Kurzarbeiter gegenüber dem Arbeitslosen aber entsprechend besser und zwar in Höhe von (1-0,6) bzw. (1-0,67) multipliziert mit dem durch die Arbeit erzielten zusätzlichen Nettoentgelt. Für den Fall, dass der Lohn eines Arbeitnehmers trotz Kurzarbeit über der Beitragsbemessungsgrenze liegt, bezahlt die Bundesagentur für Arbeit kein Kurzarbeitergeld. Damit gilt wie beim Arbeitslosengeld, dass bei Entgeltausfall eine Absicherung nur bis zu dem Entgelt besteht, bis zu dem Beiträge entrichtet werden. Das Kurzarbeitergeld ist sozialversicherungs- und steuerfrei. Allerdings gilt der Steuerprogressionsvorbehalt: Am Jahresende wird zur Ermittlung des Steuersatzes das Kurzarbeitergeld zum versteuernden Einkommen hinzugerechnet. Wegen des progressiven Steuertarifs ergibt sich mit Kurzarbeitergeld ein höherer Steuersatz, der dann auf das eigentlich zu versteuernde Einkommen angewendet wird. Der Steuerzahlbetrag ist entsprechend höher. Beide Lohnbestandteile, sprich der Lohn für die reduzierte Arbeitszeit zuzüglich des Kurzarbeitergeldes, werden vom Arbeitgeber an den Arbeitnehmer ausgezahlt. Die Bundesagentur für Arbeit erstattet dem Arbeitgeber das Kurzarbeitergeld. Bezugsdauer des Kurzarbeitergeldes Kurzarbeitergeld konnte ursprünglich bis zu 6 Monate bezogen werden. Im Rahmen des Konjunkturpakets I wurde ab Januar 2009 die maximale Bezugsdauer auf 12, darauffolgend auf 18 Monate verlängert. Im Mai 2009 wurde beschlossen, die maximale Bezugsdauer ab dem 1. Juli 2009 nochmals auf 24 Monate zu verlängern. Die Verlängerung gilt für alle Beschäftigten, deren Anspruch auf Kurzarbeitergeld bis Ende 2009 entsteht. Die Verlängerung gilt befristet bis 2010. Auswirkungen der Kurzarbeit auf die Beitragseinnahmen der Sozialversicherungen Grundsätzlich gilt, dass Kurzarbeiter weiterhin als sozialversicherungspflichtig Beschäftigte gelten, die soziale Absicherung in der Kranken-, Renten-, Pflege-, Unfall- und Arbeitslosenversicherung bleibt somit bestehen. Zwar ist das Kurzarbeitergeld selbst sozialversicherungsfrei, es wird also nicht mit Beiträgen belegt, trotzdem werden für Kurzarbeiter Sozialversicherungsbeiträge entrichtet. Diese Beiträge setzen sich aus zwei Teilen zusammen: 1. Beiträge auf das durch die Kurzarbeit verminderte Bruttoentgelt des Arbeitnehmers (IstEntgelt). Wie üblich leisten Arbeitnehmer und Arbeitgeber die auf dieses verminderte Bruttoentgelt zu entrichtenden Beiträge gemeinsam. 2. Beiträge auf 80 Prozent für die Arbeitszeit, die durch die Kurzarbeit entfällt. Dies bedeutet, dass 80 Prozent der Differenz zwischen dem Soll-Entgelt (Bruttoentgelt ohne Kurzarbeit) und dem Ist-Entgelt, das für die verminderte Arbeitszeit gezahlt wird, verbeitragt werden. Die Höhe des Kurzarbeitergeldes spielt bei dieser Berechnung keine Rolle. Beispiel: Ursprünglicher Bruttolohn (Soll-Entgelt) 2.500 Euro, Bruttolohn aufgrund der verminderten Arbeitszeit 2.200 Euro. Bemessungsgrundlage für die Sozialversicherungsbeiträge ist 0,8*(2.500-2.200)=240 Euro. 3 Die Bemessungsgrundlage für die Beiträge berechnet sich im Falle der Kurzarbeit damit nach folgender Formel: B = x ⋅ Y + 0,8 ⋅ (Y − xY ) = (0,2 ⋅ x + 0,8) ⋅ Y mit B: Beitragsbemessungsgrundlage, Y: ursprüngliches Bruttoentgelt (Soll-Entgelt), x: Anteil der noch geleisteten Arbeitszeit an der ursprünglichen Arbeitszeit, xY: Bruttoentgelt bei Kurzarbeit (Ist-Entgelt). Damit macht bei Kurzarbeit null (x=0) die Bemessungsgrundlage 80 Prozent der ursprünglichen Bemessungsgrundlage aus und entspricht damit der Bemessungsgrundlage im Falle der Zahlung von Arbeitslosengeld I. Der Beitragsausfall durch die Kurzarbeit beträgt mithin maximal 20 Prozent. Mit zunehmender Kurzarbeitszeit steigen die Bemessungsgrundlage und damit auch die Beitragseinnahmen proportional an. Wären beispielsweise alle der derzeit geschätzten 1,4 Mio. Kurzarbeiter von Kurzarbeit null (x=0) betroffen und geht man davon aus, dass diese Arbeitnehmer pro Kopf im Normalfall ein Einkommen (Soll-Entgelt) von durchschnittlich 30.000 Euro hätten, dann würde bei einer Kurzarbeitszeit von einem Jahr die Beitragsbemessungsgrundlage um 8,4 Mrd. Euro geringer ausfallen. Die Beitragseinnahmen z.B. für die Gesetzliche Rentenversicherung wären entsprechend um knapp 1,7 Mrd. Euro niedriger. Dabei handelt es sich aber um einen Extremfall, da nicht für alle Kurzarbeit null gilt. Tatsächlich wird derzeit die Arbeitszeit im Durchschnitt um etwa 1/3 reduziert (x=0,67), so dass die Beitragsgrundlage um 2,77 Mrd. Euro und z.B. die Einnahmen der Rentenversicherung rund 0,55 Mrd. geringer ausfallen. Insgesamt sorgen also die Regelungen im Falle der Kurzarbeit dafür, dass die Beitragseinnahmen der Rentenversicherung und der Krankenversicherung sowie der Pflegeversicherung nicht zu stark betroffen sind. 1,2 1 0,8 0,6 0,4 0,2 1 0,9 0,8 0,7 0,6 0,5 0,4 0,3 0,2 0,1 0 0 Anteil an der ursprünglichen Beitragsbemessungsgrundlage Abbildung 1: Zusammenhang zwischen Ausmaß der Kurzarbeit und Beitragsgrundlage Anteil an der ursprünglichen Arbeitszeit Quelle: Eigene. Auswirkungen auf die Ausgaben der Arbeitslosenversicherung Den begrenzten Einnahmeausfällen in den Sozialversicherungen stehen allerdings höhere Ausgaben der Arbeitslosenversicherung gegenüber. Diese bestehen aus den Zahlungen des Kurzarbeitergeldes und den Beitragszahlungen an die Sozialversicherungen. So kann der Arbeitgeber beantragen, dass die Bundesagentur für Arbeit (BA) bis zu 50 Prozent der Sozialversicherungsbeiträge übernimmt. Dabei beziehen sich diese 50 Prozent nicht auf die Beiträge für das durch die Kurzarbeit reduzierte Bruttoentgelt (Ist-Entgelt) – diese Beiträge werden wie bisher paritätisch vom Arbeitnehmer und 4 Arbeitgeber gezahlt – sondern auf die Beitragszahlung auf das durch die Kurzarbeit entgangene Entgelt (Beitragsgrundlage: 80 Prozent der Differenz zwischen Soll- und Ist-Entgelt) (siehe Tabelle). Wurden in einem Unternehmen bereits sechs Monate lang Kurzarbeit geleistet, übernimmt die BA die vollen Beiträge, die auf 80 Prozent der Differenz zwischen Soll- und Ist-Entgelt erhoben werden. Im Falle von Kurzarbeit null würde die BA dann gleich hohe Beitragszahlungen leisten müssen wie im Falle der Arbeitslosigkeit des Arbeitnehmers. Tabelle: Beitragsfinanzierung bei Kurzarbeit Soll-Entgelt – Bruttolohn ohne Kurzarbeit Ist-Entgelt – Bruttolohn bei Kurzarbeit (in Euro monatlich) (in Euro monatlich) 2500 2500 2500 2500 2200 1675 1250 0 Beitragsgrundlage paritätisch von AG und AN finanziert 2200 1675 1250 0 Beitragsgrundlage für 80% der Differenz zwischen Soll und Ist; von AG und/oder BA finanziert 240 660 1000 2000 Beitragszahlung GRV (Beitragssatz 19.9%) AG/AN AG/BAa) 438 333 249 0 48 131 199 398 AG: Arbeitgeber; AN: Arbeitnehmer; BA: Bundesagentur für Arbeit/Arbeitslosenversicherung a) In den ersten 6 Monaten der Kurzarbeit vom Arbeitgeber und der Bundesagentur für Arbeit (BA) je zur Hälfte finanziert. Nach 6 Monaten zu 100% von der BA finanziert. Quelle: Eigene Ebenso übernimmt die Bundesagentur für Arbeit pauschal die vollen Sozialversicherungsbeiträge, die auf 80 Prozent der Bruttoeinkommensdifferenz anfallen, wenn berufliche Qualifizierungsmaßnahmen mehr als 50 Prozent der Arbeitsausfallzeit einnehmen. Damit sollen berufliche Weiterbildung und Qualifizierung der Arbeitnehmer gefördert werden. Beispiel: Arbeitnehmer mit einem Bruttoentgelt von normalerweise 2500 Euro (Soll-Entgelt), Steuerklasse III und mit einem Kind. Durch die verkürzte Arbeitszeit verdient er nur noch 2200 Euro brutto (IstEntgelt). Wie im obigen Beispiel gezeigt, beläuft sich das Kurzarbeitergeld in diesem Fall auf 117,14 Euro. Das Kurzarbeitergeld ist sozialversicherungsfrei. Die Entgeltdifferenz zwischen dem Soll- und Ist-Entgelt beträgt 300 Euro. Für diesen Betrag zahlt der Arbeitgeber für den Arbeitnehmer Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von 80 Prozent, also für „fiktive“ 240 Euro. Demzufolge beläuft sich das sozialversicherungspflichtige Einkommen auf 2.200 Euro zuzüglich 240 Euro, dies sind 2.440 Euro (Tabelle). Auf diese Beitragsgrundlage werden Rentenversicherungsbeiträge in Höhe von 486 Euro entrichtet, wobei Arbeitgeber und Arbeitnehmer gemeinsam 438 Euro aufbringen und Arbeitgeber und BA in den ersten 6 Monaten der Kurzarbeit gemeinsam 48 Euro. Nach Ablauf der 6 Monate trägt die BA die 48 Euro monatlich alleine. Arbeiten die geschätzten 1,4 Mio. Kurzarbeiter nur noch 2/3 der Arbeitszeit (x=0,67), ergäbe sich bei einem Durchschnittseinkommen von 2500 Euro monatlich (30.000 Euro jährlich) in den ersten 6 Monaten Beitragszahlungen der Arbeitslosenversicherung z.B. an die GRV von insgesamt 0,55 Mrd. Euro und an die GKV von 0,41 Mrd. Euro. Für die darauffolgenden 6 Monate Kurzarbeit würde entsprechend der doppelte Betrag fällig werden. Auf ein ganzes Jahr bezogen ergäben sich damit Ausgaben der BA in Höhe von 1,7 Mrd. Euro für die GRV und 1,2 Mrd. Euro für die GKV. Selbst wenn im Extremfall alle Kurzarbeit null hätten, wäre die Kurzarbeit immer noch günstiger als der Fall der Arbeitslosigkeit, da in dem Fall die BA nicht erst nach 6 Monaten, sondern sofort 100 Prozent der Beitragszahlungen leisten müsste. Gefährlich und langfristig kostspielig für die gesamte Beitragszahlergemeinschaft ist die lange Bezugsdauer des Kurzarbeitergeldes dahingehend, dass dadurch eine neue Brücke in die Frühverrentung geschaffen werden könnte. So kann im Extremfall die Kurzarbeit 2 Jahre betragen. Für ältere Arbeitnehmer würde sich daran 24 Monate Bezugsdauer von Arbeitslosengeld 5 anschließen, so dass faktisch vier Jahre vorzeitigen Ausscheidens aus dem Erwerbsleben überbrückt wären, ohne dass man, wie sich zeigen wird, massive Verluste bei den Rentenansprüchen hinnehmen muss. Auswirkungen des Kurzarbeitergeldes auf die Rentenansprüche Durch die Regelung zur Beitragszahlung sollen zu hohe Einbußen in den Kassen der Sozialversicherungen verhindert werden. In der Rentenversicherung bewirkt diese Regelung zusätzlich, dass die Rentenansprüche der Arbeitnehmer im Vergleich zu einer Situation ohne Kurzarbeit nicht so stark reduziert werden. Die Rentenansprüche werden im deutschen Rentensystem in Entgeltpunkten ausgedrückt. Die Anzahl der Entgeltpunkte (EP), die ein Arbeitnehmer in einem Jahr erwirbt, entspricht dabei dem Anteil seines Einkommens Y am jeweiligen DurchschnittseinkommenY : EP = Y / Y . Im Falle von Kurzarbeit wird nicht mehr auf das volle Einkommen Beiträge entrichtet sondern nur noch – wie oben gezeigt – auf das gemäß der geringeren Arbeitszeit reduzierte Einkommen. Zusätzlich werden 80 Prozent der Bruttoeinkommensdifferenz verbeitragt, so dass sich die Entgeltpunktzahl bei Kurzarbeit gemäß folgender Formel berechnet: EP = x ⋅ Y + 0,8 ⋅ (Y − x ⋅ Y ) (0,2 ⋅ x + 0,8) ⋅ Y = . Y Y Genauso wie bei den Beitragseinnahmen hängen die Verluste bei den Rentenansprüchen von der noch geleisteten Arbeitszeit ab. Bei Kurzarbeit null (x=0) betragen die Einbußen an Entgeltpunkten 20 Prozent. Sie reduzieren sich mit den geleisteten Arbeitsstunden proportional und zwar bei einer Erhöhung des Arbeitsanteils um 1 Prozentpunkt um 0,2 Prozentpunkte. Geht man von 40 Beitragsjahren aus, so macht sich ein Jahr der Kurzarbeit im Extremfall der „Kurzarbeit null“ in einer um 0,5 Prozentpunkte niedrigeren Monatsrente als ohne Kurzarbeit bemerkbar. Für den realistischen Fall einer Verkürzung der Arbeitszeit auf 2/3 (x=0,67) reduziert sich die Anzahl der nach in einem Jahr Kurzarbeit erworbenen Entgeltpunkte im Vergleich zur Situation ohne Kurzarbeit um 6,6 Prozent. Bezogen auf 40 Beitragsjahre macht das eine um weniger als 0,2 Prozentpunkte geringere Rente. Beispiel Für das oben genannte Beispiel eines Soll-Entgelts von 2.500 Euro und eines Ist-Entgelts von 2.200 Euro wird der Rentenanspruch dabei bei unterstellter Kurzarbeit von 12 Monaten folgendermaßen berechnet: Die gesamte Beitragsgrundlage von 2.440 Euro mal 12 Monate ergibt 29.280 Euro im Jahr. Daraus ergeben sich 0,95 erworbene Rentenentgeltpunkte (29.280 Euro geteilt durch 30.879 Euro). Dies entspricht einer monatlichen Rente in Höhe von 25,18 Euro (0,95 mal 26,56 Euro). Ohne Kurzarbeit errechnet sich der Rentenanspruch aus dem „normalen“ Bruttolohn von 2.500 Euro mal 12 Monate, dies sind 30.000 Euro im Jahr. Daraus ergeben sich 0,97 Rentenentgeltpunkte (30.000 Euro geteilt durch 30.879 Euro). Dies entspricht einer monatlichen Rente in Höhe von 25,76 Euro. Der Unterschied zur Situation ohne Rentenanspruch beträgt folglich 0,58 Euro oder 2,25 Prozent.1 1 Dem Beispiel liegen die Renten-Berechnungswerte West 2009 zugrunde. 6 Das Schaubild verdeutlicht allgemein die Auswirkungen von Kurzarbeit auf die Entgeltpunkte. Deutlicht wird, dass durch Kurzarbeit nicht nur der Arbeitnehmer von Arbeitslosigkeit verschont bleibt, sondern sich dies auch auf die späteren Rentenansprüche auswirkt: Die während der Kurzarbeit erworbenen Rentenentgeltpunkte liegen höher als im Falle von Arbeitslosengeld I, sofern die Restarbeitszeit nicht null ist (Kurzarbeit null). Durch die „fiktive“ Rentenaufstockung werden also allzu hohe Rentenverluste vermieden. Abbildung 2: Erworbene Rentenansprüche (Entgeltpunkte) bei einem Jahr Kurzarbeit2 2,5 ohne Kurzarbeit Kurzarbeit (=1/4 der früheren Arbeitszeit) Kurzarbeit (=1/2 der früheren Arbeitszeit erworbene Entgeltpunkte 2 Kurzarbeit (=2/3 der Arbeitszeit) Arbeitslosengeld I = Kurzarbeit null 1,5 1 0,5 Bruttojahresentgelt Quelle: Eigene. 2 Berechnungen beruhen auf den Renten-Berechnungswerten West 2009 7 64800 60000 55200 50400 45600 40800 36000 31200 26400 21600 16800 12000 0