Erfolgsfaktoren kommunaler Wirtschaftspolitik in

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Erfolgsfaktoren kommunaler Wirtschaftspolitik
in Ostdeutschland
WISSENSCHAFTLICHE BEARBEITUNG:
LORENZ BLUME (UNIVERSITÄT KASSEL)
BERLIN, DEZEMBER 2001
2
Adresse des Verfassers:
Universität Kassel
Fachbereich Wirtschaftswissenschaften
Fachgebiet ‘Allgemeine Wirtschaftspolitik’
Nora-Platiel-Str. 4
34109 Kassel
Telefon: 0561/804-2861
Fax:
0561/804-2818
e-mail: [email protected]
Inhaltsverzeichnis
...................................................................... 1
Verzeichnis der Abbildungen..............................................................................4
Verzeichnis der Abkürzungen ............................................................................5
1
Fragestellung der Untersuchung ................................................................................ 6
2
Datenbasis und methodische Vorgehensweise......................................................... 7
3
Zum Erfolg der kommunalen Wirtschaftspolitik in Ostdeutschland ...................... 10
4
Do local policies matter?........................................................................................... 13
5
Hypothesen zu den Grundzügen einer modernen Wirtschaftspolitik .................... 22
6
Schriftliche Befragung aller ostdeutschen Kommunen über 10.000 Einwohner... 27
7
Zu den Handlungsmustern kommunaler Wirtschaftspolitik in Ostdeutschland ... 30
7.1 Vorbemerkung ......................................................................................................... 30
7.2 Organisation und Ausstattung der kommunalen Wirtschaftsförderung ..................... 31
7.3 Ziele und Schwerpunkte der kommunalen Wirtschaftsförderung .............................. 35
7.4 Kontakt und Kooperationsnetz der kommunalen Wirtschaftsförderung..................... 43
7.5 Informationsbeschaffung und -aufbereitung ............................................................. 52
7.6 Beratungstätigkeit der kommunalen Wirtschaftsförderung........................................ 55
7.7 Liegenschaftspolitik.................................................................................................. 57
Gewerbeflächenpreise in DM je m²..................................................................................58
Belegung von Gewerbeflächen in % ................................................................................58
7.8 Gebührenpolitik, Steuerpolitik und kommunale Finanzhilfen .................................... 59
7.9 Initiativen zur Verbesserung der harten und weichen Standortfaktoren .................... 61
7.10
Wissens- und humankapitalorientierte Maßnahmen der Wirtschaftsförderung ..... 64
7.11
Verwaltungsmodernisierung als Instrument der Wirtschaftsförderung .................. 66
7.12
Mobilisierung von Fördermitteln und Verschuldung .............................................. 70
3
7.13
Privatisierung kommunaler Leistungen................................................................. 71
7.14
Standortmarketing als Instrument der kommunalen Wirtschaftsförderung ............ 73
8
Erfolgreiche Handlungsmuster kommunaler Wirtschaftspolitik ............................ 76
Privatisierung/Outsourcing kommunaler Leistungen ...............................................85
9
Bewertung und Schlussfolgerungen........................................................................ 86
Verzeichnis der Tabellen
Tabelle
1
Der Erfolg der kommunalen Wirtschaftspolitik in den ostdeutschen Kommunen über
20.000 Einwohner aus Sicht der ortsansässigen Unternehmen................................ 10
2
Ergebnisse der Shift-Analyse für Merseburg ............................................................ 15
3
Einfluss der kommunalen Wirtschaftspolitik auf das Beschäftigungswachstum der
ostdeutschen Kommunen über 20.000 Einwohner ................................................... 19
4
Rücklauf der Fragebögen zur kommunalen Wirtschaftsförderung in Ostdeutschland
im Überblick (September-Dezember 2000)............................................................... 27
5
Preise und Belegungsquote für erschlossene Gewerbeflächen der Jahre 1993 und
2000 im Vergleich..................................................................................................... 56
6
Kennziffern zum kommunalen Angebot an Gewerbeflächen (GE) und
Industriegebieten (GI) aus der Kommunalbefragung des Jahres 2000 ..................... 57
7
Zu den Handlungsmustern kommunaler Wirtschaftspolitik in Ostdeutschland (Veränderung seit 1995, Ergebnisse der bivariaten Korrelationsanalyse für Kommunen über
20.000 Einwohner) ................................................................................................... 74
8
Modellzusammenfassung der 'Regression mit Faktorenwerten' ............................... 77
9
Koeffizienten der Regressionsanalyse mit Faktorenwerten ...................................... 77
10
Modellzusammenfassung der 'Regression mit Variablen' ......................................... 81
11
Koeffizienten der Regressionsanalyse mit Variablen ................................................ 81
12
Erfolgsfaktoren kommunaler Wirtschaftspolitik in Ostdeutschland ............................ 82
A1
Rücklauf der Befragung zur kommunalen Wirtschaftsförderung in Ostdeutschland .. 91
A2
Beschreibung der Variablen zu den Handlungsmustern kommunaler Wirtschaftsförderung in Ostdeutschland............................................................................................. 93
A3
Erklärte Gesamtvarianz einer Hauptkomponentenanalyse der Handlungsmuster
kommunaler Wirtschaftsförderung in Ostdeutschland .............................................. 97
4
A4
Rotierte Komponentenmatrix mit Faktorladungen > 0,10.......................................... 98
Verzeichnis der Abbildungen
Abbildung
1
Ziele, Strategische Faktoren und Instrumente der kommunalen Wirtschaftspolitik...... 9
2
Streuungsdiagramm für ostdeutsche Kommunen über 20.000 Einwohner (n=105) .. 17
3
Organisationsformen der kommunalen Wirtschaftsförderung ................................... 30
4
Aufgabenfelder und Maßnahmen der kommunalen Wirtschaftsförderung ................ 35
5
Die Verteilung der Ressourcen der kommunalen Wirtschaftsförderung auf ihre Aufgabenfelder (Mittelwerte und Standardabweichungen)................................................. 36
6
Bedeutung von Maßnahmenbündeln/Instrumenten im Gesamtaufgabenspektrum der
kommunalen Wirtschaftsförderung (Mittelwerte und Standardabweichungen).......... 38
7
Bewertung der Zusammenarbeit zwischen der kommunalen Wirtschaftsförderung und
den anderen kommunalen Fachpolitiken .................................................................. 43
8
Das Akteursumfeld der kommunalen Wirtschaftsförderung ...................................... 44
9
Verwaltungsexterne Kontakte der kommunalen Wirtschaftsförderung ...................... 46
10
Qualität des interinstitutionellen Kooperationsklimas ................................................ 47
11
Interkommunale Kooperationsformen....................................................................... 49
12
Art der Analysemaßnahmen der kommunalen Wirtschaftsförderung ........................ 51
13
Art der Beratungsmaßnahmen der kommunalen Wirtschaftsförderung..................... 54
14
Art der kommunalen Finanzhilfen (in Prozent der Kommunen, die Finanzhilfen gewährt haben) ........................................................................................................... 58
15
Begriffliche Abgrenzung harter und weicher Standortfaktoren vs. unternehmens- und
haushaltsnaher Infrastruktur ..................................................................................... 61
5
16
Existenz eines Technologie- und Gründerzentrums ................................................. 63
17
Bereits eingeleitete Veränderungen im Zuge der Verwaltungsreform ....................... 65
18
Dauer von Genehmigungs- und Planungsverfahren ................................................. 66
19
Öffentliche und private Leistungserstellung .............................................................. 69
20
Maßnahmen des Standortmarketing nach außen ..................................................... 72
Verzeichnis der Abkürzungen
BMWI
CREFO
DEMOS
DIFU
DIW
DM
EFRE
ERP
EU
F-Wert
=
=
=
=
=
=
=
=
=
=
GE
GI
GRW
=
=
=
Hektar
IAB
k.A.
KfW
LAF
LEG
n
ÖPNV
=
=
=
=
=
=
=
=
Bundesministerium für Wirtschaft
Creditreform
DIFU-Datenbank über durchgeführte Kommunalbefragungen
Deutsches Institut für Urbanistik, Berlin
Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung, Berlin
Deutsche Mark
Europäischer Fonds für regionale Entwicklung
European Recovery Program
Europäische Union
Wert der Prüfgröße des Signifikanztests für den in einer
Regression spezifizierten Zusammenhang
Gewerbeflächen
Industriegebiete
Gemeinschaftsaufgabe zur Verbesserung der regionalen
Wirtschaftsstruktur
10.000 m²
Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung
keine Angabe
Kreditanstalt für Wiederaufbau
Lastenausgleichsfonds
Landesentwicklungsgesellschaft Thüringen
absolute Anzahl der untersuchten Fälle
Öffentlicher Personennahverkehr
6
R
S-Faktoren
THA
TLG
t-Wert
=
=
=
=
=
u
WIFÖ
=
=
Korrelationskoeffizient
Standortfaktoren
Treuhandanstalt
Treuhand- und Liegenschaftsgesellschaft mbH
Wert der Prüfgröße des Signifikanztests für einzelne
Regressionskoeffizienten
unerklärte Reststreuung
Wirtschaftsförderung
6
1
Fragestellung der Untersuchung
Von September bis Dezember 2000 hat das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW)
in Zusammenarbeit mit der Universität Kassel eine schriftliche Befragung bei allen ostdeutschen Kommunen über 10.000 Einwohner durchgeführt. Ein kleiner Teil der Befragungsergebnisse wurde bereits in zehn Fallstudien im Rahmen eines Forschungsprojekts zu den "Einflussfaktoren für die erfolgreiche Entwicklung ostdeutscher Regionen" im Auftrag der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW), welches das DIW in Kooperation mit dem Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) bearbeitet hat, ausgewertet und auch veröffentlicht1.
Die Darstellung der Ergebnisse der flächendeckenden Analyse für Ostdeutschland insgesamt
ist Gegenstand der vorliegenden Expertise. Auf die Fallstudienergebnisse wird im Folgenden
nur dann verwiesen, wenn sich hieraus vertiefende oder abweichende Erkenntnisse ergeben.
Drei Fragestellungen standen bei der Konzeption und Auswertung der flächendeckenden Befragung im Mittelpunkt:
§
Die erste Fragestellung ist eine sehr grundsätzliche: Do local policies matter – kann die
kommunale Wirtschaftspolitik in Ostdeutschland überhaupt einen messbaren Beitrag
zum lokalen Beschäftigungswachstum leisten? Wird die kommunalwirtschaftliche Entwicklung im Wesentlichen von übergeordneten Faktoren wie der Branchenstruktur, der
Verkehrsinfrastruktur und der Förderpolitik von EU, Bund und Ländern bestimmt? Oder
wiegen jene Argumente stärker, die die zunehmende Bedeutung der regionalen und lokalen Politikebene für Wachstumsprozesse im Zeitalter der Globalisierung (Stichwort:
Glokalisierung) betonen2?
§
Der zweite Fragekomplex ist eher deskriptiv als analytisch: Wie hat sich die kommunale
Wirtschaftsförderung in den ostdeutschen Kommunen nach 1995 organisiert, welche
Ziele und Schwerpunkte werden verfolgt, welche Instrumente eingesetzt, wie unterscheiden sich die Handlungsmuster nach der Siedlungsstruktur der Kommunen (hoch
verdichtete Agglomerationen vs. ländliche Gemeinden), gibt es Unterschiede im Vergleich mit der Transformationsperiode von 1990-1995?
§
Sehr viel mehr als diese einfache Beschreibung der Aktivitäten der kommunalen Wirtschaftsförderung interessiert sicherlich die dritte und letzte Fragestellung: Welche Maßnahmen werden von allen Kommunen in ähnlicher Form angeboten und sind somit kein
Unterscheidungskriterium (sprich: Wettbewerbsvorteil) im interkommunalen Wett-
1
Blien et al. 2001. Fallstudien zu den "Lokalen Akteuren und Handlungsmustern" wurden in den Arbeitsmarktregionen Wismar, Rostock, Gera, Eisenach, Leipzig, Dresden, Salzwedel, Wittenberg, Finsterwalde
und Senftenberg angefertigt. Neben den Kommunen wurden in diesen Regionen auch weitere lokale Akteure wie Kammern, Arbeitsämter und Unternehmen befragt.
7
bewerb mehr? Welche Handlungsmuster kommunaler Wirtschaftsförderung lassen sich
dagegen eindeutig als Erfolgsstrategien kommunaler Wirtschaftspolitik bezeichnen, weil
sie zwischen den Kommunen diskriminieren und einen messbar positiven Einfluss auf
das Gewerbeklima vor Ort haben? Welche Schlussfolgerungen ergeben sich hieraus einerseits für die Grundzüge einer modernen Wirtschaftspolitik der Kommunen und andererseits für die Regionalpolitik der übergeordneten föderalen Ebenen?
2
Datenbasis und methodische Vorgehensweise
Zur empirischen Fundierung dieser drei forschungsleitenden Fragestellungen standen eine
Reihe statistischer Quellen zur Verfügung. Untersuchungsgebiet waren die fünf ostdeutschen
Bundesländer Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt, Sachsen und Thüringen. Die Stadt Berlin wurde aufgrund ihrer Größe und Sonderstellung nicht mit in die Untersuchung aufgenommen. Untersuchungszeitraum war die so genannte Normalisierungsperiode nach 1995 (in Abgrenzung zur Transformationsperiode der Jahre 1990-1995) mit dem
Jahr 2000 als aktuellem Rand3.
§
Einschätzungen ortsansässiger Unternehmen über das Engagement der Kommunen für
die Belange der lokalen Wirtschaft aus den Unternehmensbefragungen des Deutschen
Instituts für Wirtschaftsforschung der Jahre 1998 und 2000 für ostdeutsche Kommunen über 20.000 Einwohner.
§
Die Statistischen Jahrbücher Deutscher Gemeinden mit Daten für ostdeutsche Kommunen über 20.000 Einwohner aus den Jahren 1995-1999 z.B. zur Höhe der Gewerbesteuerhebesätze, der kommunalen Investitionen und der laufenden Kulturausgaben
sowie die Angaben des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung zu den sozialversicherungspflichtig Beschäftigten für Kommunen über 20.000 Einwohner.
§
Angaben der Kommunen zu Organisation und Ausstattung, Zielen und Schwerpunkten, Kontakt- und Kooperationsnetz, ausgewählten Instrumenten und dem Ansiedlungserfolg der kommunalen Wirtschaftsförderung aus der schriftlichen Befragung
aller ostdeutschen Kommunen über 10.000 Einwohner aus dem Jahr 2000.
§
Vertiefende Experteninterviews mit Kammern, Unternehmen und Kommunen zur
Qualität der kommunalen Wirtschaftsförderung in zwölf ausgewählten ostdeutschen
2
3
Vgl. z.B. Lammers 1999, Postlep et al. 2001.
Dieser Untersuchungszeitraum nach 1995 erlaubt es, die spezifischen Transformationsprobleme der ostdeutschen Kommunen zum Teil zu vernachlässigen und auch den vorsichtigen Anspruch der Verallgemeinerbarkeit der Ergebnisse für die lokale Politik in anderen Regionen zu erheben.
8
Städten im Zeitraum von 1998 bis 2000: Cottbus, Dresden, Eisenach, Finsterwalde,
Gera, Leipzig, Merseburg, Rostock, Salzwedel, Senftenberg, Wismar und Wittenberg.
Bei der Konzeption des methodischen Ansatzes mussten 'Lösungen' für eine ganze Reihe von
typischen Problemen empirischer Untersuchungen (z.B. Operationalisierungs-, Repräsentativitäts- und Kausalitätsprobleme) gefunden werden. Hauptproblem war hier zunächst, einen
geeigneten Indikator für den Erfolg kommunaler Wirtschaftspolitik zu finden. In den wenigen
empirischen Untersuchungen der Vergangenheit, in denen dies versucht worden ist, wurde auf
die subjektive Einschätzung der kommunalen Wirtschaftsförderer (z.B. über die auf Betreiben
der kommunalen Wirtschaftsförderung neugeschaffenen Arbeitsplätze in einem bestimmten
Zeitraum) zurückgegriffen4. Die Schwäche solch eines Indikators liegt jedoch auf der Hand:
die zu evaluierende Institution der kommunalen Wirtschaftsförderung evaluiert sich selbst.
Die Subjektivität der Angaben im Sinne von Über- oder Untertreibungen verzerrt die Aussagekraft der Ergebnisse.
Hier wurde stattdessen auf die Angaben aus den Unternehmensbefragungen des DIW zur
Qualität der kommunalen Wirtschaftspolitik als Erfolgsindikator zurückgegriffen. Die Unternehmen wurden in diesen Befragungen aufgefordert, das Engagement ihrer Kommune für die
Belange der lokalen Wirtschaft auf einer Skala von gut über mittelmäßig bis schlecht zu bewerten. Da die Unternehmen die Hauptadressaten bzw. -kunden der kommunalen Wirtschaftspolitik sind, spiegeln diese Einschätzungen den Erfolg der kommunalen Wirtschaftspolitik im Sinne einer auch in der Marktforschung oft verwendeten Kennziffer 'Kundenzufriedenheit' wieder. Zudem erfüllt der Indikator die Funktion eines strategischen Faktors im
Ziel-Mittel-Geflecht der kommunalen Wirtschaftspolitik. Er lässt sich einerseits als 'Kundenzufriedenheit' interpretieren, andererseits aber auch als 'Gewerbeklima'.
In der Theorie der Wirtschaftspolitik sind strategische Faktoren Größen, auf die die Bemühungen zur Erreichung eines wirtschaftspolitischen Ziels ausgerichtet sind, da von ihnen
unter Verwendung entsprechender Theorien angenommen wird, dass sie in direktem Zusammenhang mit dem anzustrebenden Zustand stehen5 Für die Zufriedenheit der Unternehmen als
strategischer Faktor einer an den Bedürfnissen der lokalen Wirtschaft orientierten Kommunalpolitik gilt dies in besonderer Weise. Zerlegt man die Instrument-Ziel-Beziehung zwischen
den Instrumenten der kommunalen Wirtschaftsförderung und ihren Zielen 'Verbesserung der
4
5
Vgl. z.B. Stark 1978, Sartowski 1990. Hier wurde diese Kennziffer nur als Kontrollgröße erhoben.
Vgl. z.B. Zimmermann/Henke 1994.
9
lokalen Wirtschaftsstruktur', 'Reduzierung der lokalen Arbeitslosenquote' und 'Erhöhung der
Gewerbesteuereinnahmen'6 in eine Reihe von Instrument-Faktor-Beziehungen, so zeigt sich,
dass die Zufriedenheit der Unternehmen wiederum mit anderen strategischen Faktoren wie
z.B. der Investitionsneigung der Unternehmen oder dem Image der Kommune korreliert ist. In
Abbildung 1 wird versucht, diesen Zusammenhang graphisch abzubilden.
Abbildung 1: Ziele, Strategische Faktoren und Instrumente
der kommunalen Wirtschaftspolitik
Ziele der kommunalen Wirtschaftspolitik:
Ø Verbesserung der lokalen Wirtschaftsstruktur
Ø Reduzierung der örtlichen Arbeitslosenquote
Ø Erhöhung der Gewerbesteuereinnahmen
Strategischer Faktor 1
Zufriedenheit
der
Unternehmen
Strategischer Faktor 2
Strategischer Faktor 3
Private
Investitionstätigkeit
...
Instrumente der kommunalen Wirtschaftspolitik:
Liegenschaftspolitik, Beratung von Unternehmen usw.
Quelle: Eigene Darstellung.
In diesem Sinne lässt sich der hier aufgrund der Einschätzungen der Unternehmen gebildete
Erfolgsindikator 'Zufriedenheit der Unternehmen' auch als Catch-All-Größe für das 'Gewerbeklima' vor Ort interpretieren. Da das Gewerbeklima nicht nur eine zentrale Zielgröße der
'Bestandspflege', sondern auch der 'Ansiedlungspolitik' darstellt (zufriedene Unternehmen vor
Ort sind mitunter das beste Standortmarketing), kann der Erfolg der kommunalen Wirtschaftspolitik mit diesem Indikator entsprechend umfassend abgebildet werden.
6
Vgl. z.B. Große Siemer 1993, S.13 f. zu den Zielen kommunaler Wirtschaftspolitik.
10
3
Zum Erfolg der kommunalen Wirtschaftspolitik in Ostdeutschland
Die Tabelle auf der nächsten Seite zeigt in Schulnoten von "sehr gut" bis "mangelhaft", wie
sich die Zufriedenheit der Unternehmen mit dem Engagement ihrer Kommune für die Belange der lokalen Wirtschaft (interpretierbar als Erfolgsindikator kommunaler Wirtschaftspolitik
im Sinne von Kundenzufriedenheit bzw. Gewerbeklima) in den ostdeutschen Kommunen über
20.000 Einwohner darstellt (Tabelle 1).
11
Tabelle 1: Der Erfolg der kommunalen Wirtschaftspolitik in den ostdeutschen Kommunen über 20.000
1
Einwohner aus Sicht der ortsansässigen Unternehmen
2
Unternehmen , die % an den
Bes.
Nr. Name der Kommune geantwortet haben
Beschäf- der KomAnzahl
tigte
mune
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
11
12
13
14
15
16
17
18
19
20
21
22
23
24
25
26
27
28
29
30
31
32
33
34
35
36
37
38
39
40
41
42
43
44
45
46
47
48
49
50
51
52
53
54
55
Altenburg
Annaberg-Buchholz
Apolda
Arnstadt
Aschersleben
Aue
4
Auerbach/Vogtl.
Bad Langensalza
Bautzen
Bernau
Bernburg/Saale
Borna
Brandenburg a.d.H.
Burg bei Magdeburg
Chemnitz
Coswig
Cottbus
Crimmitschau
4
Delitzsch
Dessau
Döbeln
Dresden
Eberswalde
Eisenach
Eisenhüttenstadt
Eisleben
Erfurt
Falkensee
Finsterwalde
Forst (Lausitz)
Frankfurt (Oder)
Freiberg
Freital
Fürstenwalde/Spree
Gera
Glauchau
Görlitz
Gotha
Greifswald
Greiz
Guben
Güstrow
Halberstadt
Haldensleben
Halle/Saale
Hennigsdorf
Hoyerswerda
Ilmenau
Jena
Köthen/Anhalt
Lauchhammer
Leipzig
Limbach-Oberfrohna
Luckenwalde
Ludwigsfelde
29
29
41
27
29
25
11
19
41
17
20
10
57
25
305
41
81
19
10
68
29
529
35
40
34
19
166
25
21
15
46
66
50
43
87
24
43
49
38
27
21
28
29
15
155
19
22
58
113
28
19
396
38
29
16
922
904
1 073
315
597
1 760
130
689
1 093
344
1 598
311
2 619
835
11 028
1 447
5 491
556
105
2 212
1 421
24 994
1 222
5 159
4 659
806
6 386
347
788
245
770
2 196
2 165
2 410
2 241
817
2 865
2 287
897
910
1 759
917
1 659
733
6 409
3 925
616
2 157
13 579
721
386
10 881
1 187
694
2 505
7
8
13
3
6
14
2
9
5
4
11
4
9
9
9
22
10
8
1
7
15
11
7
22
31
8
6
5
12
4
2
12
20
17
5
7
13
11
4
10
23
6
9
6
6
38
3
20
31
7
6
5
14
7
27
Bewertung
der WIFÖ
3
Nr.
in Schulnoten (1-5)
5
2
1
3
2
3
2
3
3
2
4
5
1
2
1
4
1
3
1
2
3
1
1
4
3
4
5
3
5
2
3
4
4
1
5
4
4
5
5
4
1
1
5
1
5
1
2
4
5
3
2
2
1
56
57
58
59
60
61
62
63
64
65
66
67
68
69
70
71
72
73
74
75
76
77
78
79
80
81
82
83
84
85
86
87
88
89
90
91
92
93
94
95
96
97
98
99
100
101
102
103
104
105
106
107
108
109
2
Unternehmen , die % an den
Bes.
Name der Kommune geantwortet haben
Beschäf- der KomAnzahl
tigte
mune
Magdeburg
Markkleeberg
Meiningen
Meißen
Merseburg/Saale
Mühlhausen
Naumburg/Saale
Neubrandenburg
Neuruppin
Neustrelitz
Nordhausen
Oranienburg
Parchim
Pirna
Plauen
Potsdam
Prenzlau
Quedlinburg
Radebeul
Rathenow
Reichenbach/Vogtl.
Riesa
Rostock
Rudolstadt
Saalfeld/Saale
Salzwedel
Sangerhausen
Schönebeck/Elbe
Schwedt/Oder
Schwerin
Senftenberg
Sömmerda
4
Sondershausen
Sonneberg
4
Spremberg
Staßfurt
Stendal
Stralsund
Strausberg
Suhl
Torgau
Waren/Müritz
Weimar
Weißenfels
Weißwasser
Werdau
Wernigerode
Wismar
Wittenberg
Wittenberge
Wolfen
Zeitz
Zittau
Zwickau
184
18
29
39
35
42
30
74
25
19
50
28
18
39
73
104
26
27
36
37
20
41
141
45
38
20
17
26
19
73
11
36
9
40
8
28
23
26
22
62
22
25
67
18
15
20
45
37
48
17
44
20
32
91
6 227
204
997
1 989
1 869
1 611
583
3 424
698
327
1 598
1 209
381
1 191
4 535
3 126
692
740
3 513
1 311
522
1 516
7 502
1 784
1 130
829
576
727
2 902
3 954
888
1 447
309
2 423
227
1 709
798
1 538
243
1 995
947
851
2 121
978
1 476
407
2 138
4 912
2 280
236
1 892
1 239
845
5 003
Bewertung
der WIFÖ
in Schulnoten (1-5)
5
3
9
15
12
10
5
9
5
3
7
10
4
8
16
5
8
7
25
13
7
10
9
17
9
9
5
6
20
7
7
17
3
24
2
17
4
6
3
10
11
9
9
8
20
5
13
29
11
3
30
12
7
9
1) Stand der Einwohner zum 1.1.1997
2) Gepoolte Datensätze der DIW-Unternehmensbefragungen 2000 und 1998.
3) Bildung fünf gleich großer Klassen von 1="sehr gut" bis 5="mangelhaft" aufgrund einer Reihung der ungewichteten arithmetischen Mittelwerte der Angaben der
Unternehmen zum Engagement der Kommune für die Belange der lokalen Wirtschaft auf einer Skala von "gut" (+1) über "mittelmässig" (0) bis "schlecht" (-1).
4) Für diese Kommune werden keine Angaben zur Qualität der Wirtschaftsförderung aus Sicht der Unternehmen gemacht, da die Gesamtbeschäftigtenzahl der
Unternehmen, die geantwortet haben, weniger als 3 Prozent aller sozialversicherungspflichtig Beschäftigten der Kommune ausmacht.
Quelle: Eigene Berechnung.
3
4
4
1
3
3
2
2
3
3
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1
1
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2
12
Unter der Annahme, dass sich die Einschätzungen der Unternehmen zur Qualität der Wirtschaftsförderung ihrer Kommune zwischen den Jahren 1998 und 2000 kaum verändert haben,
wurden die Antworten der Unternehmensbefragungen 2000 und 19987 gepoolt, um die Fallzahlen, vor allem in den kleineren Kommunen mit nur knapp über 20.000 Einwohner, zu erhöhen. Anhand der CREFO-Nummern der Unternehmen wurde geprüft, ob im Jahr 1998 Unternehmen geantwortet hatten, die im Jahr 2000 keinen Fragebogen zurücksandten. Die Einschätzungen dieser Unternehmen wurden dann in den gepoolten Datensatz aufgenommen.
Einen Überblick über die Fallzahlen je Kommune dieses gepoolten Datensatzes und die entsprechenden Summen der Beschäftigten der Unternehmen, die in dieser Kommune geantwortet haben (sowohl absolut, als auch in Relation zu allen sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in der Kommune) wird in der Tabelle ebenfalls gegeben.
Kommunen, in denen auch nach dem Poolen der Antworten unter 20 Unternehmen mit einer
Beschäftigtensumme von weniger als 3 Prozent der Gesamtbeschäftigung geantwortet hatten,
wurden aus dem Datensatz herausgenommen. Abschließend lag so ein Datensatz mit den Einschätzungen der Unternehmen über die Qualität der kommunalen Wirtschaftsförderung für
105 ostdeutsche Kommunen über 20.000 Einwohner vor, da die Kommunen AuerbachVogtland, Delitzsch, Sondershausen und Spremberg nicht mehr im Datensatz berücksichtigt
werden konnten. Zum einen wurde mit diesem Datensatz ein ungewichtetes arithmetisches
Mittel aus den Einschätzung der Unternehmen zur Qualität der kommunalen Wirtschaftspolitik8 gebildet, zum anderen ein mit der Beschäftigtenzahl des Unternehmens gewichtetes
arithmetisches Mittel. Letzteres führt dazu, dass die Werturteile der größeren Unternehmen
ein entsprechend höheres Gewicht erhalten. Der ungewichtete Erfolgsindikator erhält im Folgenden die Variablenbezeichnung ERFOLG, der gewichtete Indikator die Variablenbezeichnung ERFOLG2. Da sich beide Indikatoren nur unwesentlich unterscheiden, wird in der Tabelle 1 nur das ungewichtete arithmetische Mittel ausgewiesen. Die Kommunen wurden hierzu anhand der gemittelten Werturteile der Unternehmen in fünf gleich große Klassen zu je 21
Kommunen zusammengefasst. Die erste Klasse, die die 21 Kommunen zusammenfasst, in
denen die kommunale Wirtschaftspolitik von den befragten ortsansässigen Unternehmen am
7
8
In Ostdeutschland insgesamt antworteten auf die Befragung des DIW im Jahr 1998 5.496 Unternehmen aus
den Bereichen Industrie, Handwerk und Dienstleistungen, im Jahr 2000 waren es 7.670 Unternehmen. Diese
Antworten wurden für die Zwecke dieser Untersuchung nach der Postleitzahl des antwortenden Unternehmens bzw. Betriebes den Kommunen in ihrer aktuellen Abgrenzung zugeordnet.
In der Unternehmensbefragung des DIW aus dem Jahr 2000 wurden die Unternehmen gebeten, das Engagement ihrer Kommunen für die lokale Wirtschaft auf einer dreistufigen metrisch interpretierbaren Skala
von gut (+1) über mittelmäßig (0) bis schlecht (-1) zu bewerten. In den Unternehmensbefragung 1998 finden
13
besten bewertet wurde, erscheint hier mit der Note "1=sehr gut" und die fünfte Klasse, die die
21 Kommunen zusammenfasst, in denen die kommunale Wirtschaftspolitik von den befragten
Unternehmen am schlechtesten bewertet wurde, mit der Note "5=mangelhaft". Interessant ist
dabei festzustellen, dass der Erfolg kommunaler Wirtschaftspolitik weder von der Einwohnerzahl der Kommune noch von der Zugehörigkeit zu einem bestimmten Bundesland abhängt.
Auch die Nähe zu Agglomerationen oder die Grenznähe einer Kommune sind hier keine intervenierenden Variablen, die die Zufriedenheit der Unternehmen mit dem Engagement der
Kommune für die Belange der lokalen Wirtschaft beeinflussen9.
4
Do local policies matter?
Die klassischen regionalökonomischen Theorien10 nennen vor allem solche Bestimmungsgründe regionalen und lokalen Wachstums, die nicht oder kaum von der lokalen Wirtschaftspolitik beeinflussbar sind. An erster Stelle steht dabei die Sektoralstruktur einer Region: Regionen mit einem hohen Besatz an exportorientierten Wachstumsbranchen werden sich danach im Zeitablauf deutlich günstiger entwickeln als Regionen mit einem hohen Besatz an
Altindustrien. Eine Aussage, die auf der Hand liegt und auch für Ostdeutschland empirisch
belegbar ist11. Dann folgen Faktoren wie die Verkehrsinfrastruktur und die daraus resultierenden Raumüberwindungskosten (Kunden- und Lieferantennähe), die Nachfragedichte (räumliche Lage) sowie die von Raumpunkt zu Raumpunkt divergierenden Produktionskosten (z.B.
Lohnniveau). Allenfalls bei der Beseitigung von Engpässen im Angebot mit lokalen öffentlichen Gütern (Gewerbeflächen, Krankenhäuser, Theater) kann die Kommunalpolitik nach diesen klassischen Erklärungsansätzen etwas tun, um die Urbanisierungsvorteile des eigenen
Standorts zu erhöhen. Hier muss dann allerdings die Frage gestellt werden, was an Wirkungsgrad der kommunalen Politik im Sinne einer Beeinflussung von Unternehmensansiedlungen
und Existenzgründungen verbleibt, wenn diese Standortfaktoren von allen Kommunen in
ähnlicher Form (ubiquitär) angeboten werden. In der jüngeren regionalökonomischen Literatur erleben die Urbanisierungs- und vor allem auch Lokalisationsvorteile ("thick labour markets") so etwas wie eine Renaissance, angeregt durch die Arbeiten der Neuen Politischen Ökonomie zu den institutionellen Verkrustungen (Staatsversagen) entwickelter Volkswirt-
9
10
11
sich entsprechende Fragen zur Unterstützung der Wirtschaft durch die kommunale Verwaltung mit der gleichen Bewertungsskala.
Für alle angesprochenen Sachverhalte wurden intervenierende Variablen gebildet und diese anschließend
auf signifikante Korrelationen mit der Variable ERFOLG getestet.
Vgl. z.B. Isard 1956, Myrdal 1957 und Böventer 1979.
Blien et al. 2001.
14
schaften12 und die Erkenntnisse der neuen geographischen Ökonomie über die Diffusion des
Standortfaktors 'Wissen' auf regionaler Ebene13. Die Existenz eines lokalen institutionellen
Arrangements, das unternehmerische Innovationen befördert ('Innovatives Milieu' oder auch
'Lernende Region'), gewinnt danach immer mehr an Bedeutung für das regionale und kommunale Wachstum14. Mit einem Datensatz, der das lokale Wachstum und die Werturteile der
ortsansässigen Unternehmen über das Engagement der Kommune für die Belange der lokalen
Wirtschaft (sprich: das lokale Gewerbeklima) als Indikator für den Erfolg der kommunalen
Wirtschaftspolitik verbindet, soll im Folgenden versucht werden, das empirische Gewicht
dieser klassischen und modernen regionalökonomischen Argumente für die ostdeutschen
Kommunen zu bestimmen.
Zunächst war es hierzu notwendig, einen Indikator zu finden, der das kommunalwirtschaftliche Wachstum in geeigneter Form abbildet. Wirtschaftliches Wachstum wird in der Regel
mit der Veränderung des Outputs an Gütern und Dienstleistungen innerhalb eines bestimmten
Zeitraums gemessen. Statistischer Indikator ist die Nettowertschöpfung zu Faktorpreisen der
untersuchten räumlichen Einheit, das so genannte Bruttoinlandsprodukt. Um die Angaben
zwischen verschiedenen räumlichen Einheiten vergleichbar zu machen, wird diese Kenngröße
meist als Bruttoinlandsprodukt pro Kopf standardisiert. In Ostdeutschland liegt diese Kennziffer jedoch nur auf Ebene der Landkreise und nicht der Gemeinden vor, so dass auf alternative
Konzepte zur Messung des wirtschaftlichen Wachstums der untersuchten lokalen Gebietskörperschaften zurückgegriffen werden musste. Da die Gewerbean- und –abmeldungen zurzeit
noch nicht flächendeckend für die ostdeutschen Kommunen nachgewiesen werden, bot sich
anstelle der Wertschöpfungsdaten die Veränderung der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten als Wachstumsindikator an15. Die Beschäftigten sind zum einen Inputgröße im Produktionsprozess, zum anderen aber auch eine abgeleitete Größe des Outputs an Gütern und
Dienstleistungen. Ein wachsendes Unternehmen, dessen Rationalisierungspotenziale ausgeschöpft sind und dessen Output an die Grenzen seiner Kapazitäten stößt, wird in der Regel
über Erweiterungsinvestitionen zusätzliche Arbeitsplätze schaffen. Umgekehrt wird ein
schrumpfendes Unternehmen ab einem bestimmten Punkt gezwungen sein, Arbeitsplätze abzubauen. Dieser relativ enge ökonomische Zusammenhang zwischen Beschäftigung, Arbeits-
12
13
14
15
Vgl. z.B. Olson 1982, Karl/Nienhaus 1989.
Vgl. Krugman 1991.
Vgl. z.B. Camagni 1991, Fromhold-Eisebith 1995, Fritsch et. al. 1998, Sternberg 1999.
Der ökonomische Zusammenhang zwischen dem Wirtschaftswachstum und den ebenfalls auf Ebene der
Gemeinden vorhandenen Indikatoren 'Wanderungssaldo' und 'Wachstum der Realsteueraufbringungskraft'
ist zu lose, als dass diese Indikatoren für die Zwecke dieser Untersuchung in Betracht kämen.
15
platzangebot und Wachstum führt dazu, dass im Allgemeinen auf Beschäftigtendaten als
Wachstumsindikator zurückgegriffen wird, wenn keine Wertschöpfungsdaten vorliegen. Bei
der Evaluierung von Wirtschaftspolitik hat dieser Indikator den zusätzlichen Vorteil, dass die
Beschäftigungsmöglichkeiten vor Ort in aller Regel eine zentrale Zielgröße der Politik sind.
Da die sozialversicherungspflichtig Beschäftigtendaten (BES) für die Zwecke dieser Untersuchung auf Ebene der Kommunen in sektoraler Gliederung vorlagen16, konnte die Beschäftigungsentwicklung mit zwei verschiedenen Indikatoren abgebildet werden. Zum einen wurde
ein Indikator gebildet, der die absolute Beschäftigungsentwicklung wiederspiegelt
(BESENTW), zum anderen ein Indikator, der die um den sektoralen Struktureffekt bereinigte
Beschäftigungsentwicklung (BESSHIFT), anzeigt. Die erste Kennziffer wurde als einfache
Wachstumsrate
BESENTW=(BES1998-BES1995)/BES1995*100
berechnet. Die Beschäftigtendaten des Jahres 1999 konnten aufgrund von grundlegenden Veränderungen in der Beschäftigtenstatistik zum Jahreswechsel 1998/1999 nicht berücksichtigt
werden. Zur Berechnung der Kennziffer BESSHIFT wurde auf das Instrumentarium der ShiftAnalyse zurückgegriffen, mit dem Struktureffekte von Standorteffekten getrennt werden können17. Im Rahmen der Shift-Analyse wurden folgende Größen nach Wirtschaftszweigen und
Kommunen ermittelt:
§
Lokalisationskoeffizienten der Jahre 1995 und 1998: Diese Koeffizienten spiegeln den
zeitpunktbezogenen Besatz an Beschäftigten im jeweiligen Wirtschaftszweig im Vergleich mit der Situation in Ostdeutschland insgesamt wieder. Der Anteil der Beschäftigten im Wirtschaftszweig i der Kommune X des Jahres J an den Gesamtbeschäftigten der Kommune X des Jahres J wird hierbei geteilt durch den Anteil der Beschäftigten im Wirtschaftszweig i in Ostdeutschland des Jahres J an den gesamten ostdeutschen Beschäftigten des Jahres J.
§
Regionalfaktor: Dieser vergleicht die Wachstumsrate eines Wirtschaftszweigs in einer
Kommune von 1995 bis 1998 mit der entsprechenden ostdeutschen Wachstumsrate
des Wirtschaftszweigs von 1995 bis 1998. Der Quotient aus der Beschäftigtenzahl im
16
17
Das IAB stellte die Beschäftigtendaten für alle ostdeutschen Kommunen mit mehr als 3.000 Beschäftigten
(die Kommunen mit mehr als 20.000 Einwohnern sind eine Teilmenge dieser Gruppe) sektoral gegliedert
nach den Zweistellern der aktuellen Systematik der Wirtschaftszweige für den Zeitraum 1995 bis 1999 zur
Verfügung.
Vgl. z.B. Tengeler 1989.
16
Wirtschaftszweig i des Jahres 1998 und der Beschäftigtenzahl im Wirtschaftszweig i
des Jahres 1995 einer Kommune X wird hier dividiert durch den Quotient aus der Beschäftigtenzahl im Wirtschaftszweig i des Jahres 1998 und der Beschäftigtenzahl im
Wirtschaftszweig i des Jahres 1998 in Ostdeutschland insgesamt.
§
Gesamt-, Struktur- und Standorteffekt: Der Gesamteffekt - die einfache Differenz aus
den Beschäftigtenzahlen der Jahre 1998 und 1995 - lässt sich unterteilen in einen
Struktur- und einen Standorteffekt. Der Struktureffekt gibt hierbei an, wie sich ein
Wirtschaftszweig i unter dem gegebenen Besatz des Jahres 1995 hätte bis zum Jahr
1998 entwickeln müssen, wenn er genauso wie in Ostdeutschland gewachsen wäre.
Der Standorteffekt ergibt sich dann als Restgröße und spiegelt die spezifischen Standortbedingungen der Kommune X für den Wirtschaftszweig i wieder, die dazu geführt
haben, dass sich der Wirtschaftszweig i nicht genauso wie in der Vergleichsregion
Ostdeutschland (respektive: im Durchschnitt) entwickelt hat.
Am Beispiel der Stadt Merseburg soll der Aussagegehalt dieser Kenngrößen erörtert werden
(Tabelle 2). In Merseburg waren im Jahr 1995 15.379 Personen sozialversicherungspflichtig
beschäftigt, im Jahr 1998 15.144 Personen. Im Vergleich mit dem ostdeutschen Durchschnitt
waren dabei im Jahr 1995 die Wirtschaftszweige Land- und Forstwirtschaft, Organisationen
ohne Erwerbscharakter sowie Gebietskörperschaften und Sozialversicherungen deutlich überrepräsentiert und die Wirtschaftszweige Energiewirtschaft/Bergbau, Verarbeitendes Gewerbe
sowie Verkehr- und Nachrichtenübermittlung stark unterrepräsentiert. Dies ist an den Lokalisationskoeffizienten des Jahres 1995 ablesbar, ein Wert von 1,00 beschreibt hier einen Wirtschaftszweig, dessen Bedeutung in der Kommune genau so groß ist wie im ostdeutschen
Durchschnitt.
17
Tabelle 2: Ergebnisse der Shift-Analyse für Merseburg
1
Wirtschaftszweig
Land- und Forstwirtschaft
Energiewirtschaft/Bergbau
Verarbeitendes Gewerbe
Baugewerbe
Handel
Verkehr- u. Nachrichtenüberm.
Kreditinst. U. Versicherungen
Sonst. Dienstleistungen
Org. o. E. und Priv. Haushalte
Gebietskörpersch. u. Sozialv.
Sonstige
Gesamt
Beschäftigte
1995
1998
2
1
1
3
3
657
62
004
882
538
679
298
720
633
906
15 379
2
1
1
4
3
219
82
426
094
546
781
338
355
792
511
Lokalisationskoeff. Regional- Gesamt- Struktur- Standort1995
1998
faktor
effekt
effekt
effekt
1,28
0,19
0,69
0,81
0,93
0,64
1,04
0,95
1,09
2,12
0,00
15 144
0,43
0,30
0,83
0,55
0,90
0,82
1,10
1,00
1,32
2,25
0,00
0,36
1,70
1,28
0,72
1,02
1,35
1,12
1,12
1,29
1,13
0,00
- 438
20
422
- 788
8
102
40
635
159
- 395
- 43
- 14
- 104
- 364
- 21
- 100
3
182
- 17
- 787
- 395
34
526
- 424
29
202
37
453
176
392
1,06
- 235
-1 264
1 029
1) Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte nach Angaben des IAB zum 31.12 des jeweiligen Jahres.
Quelle: Eigene Berechnung.
Im Vergleich mit dem Jahr 1995 haben die Wirtschaftszweige Land- und Forstwirtschaft und
Baugewerbe relativ an Bedeutung verloren, die Wirtschaftszweige Energiewirtschaft/Bergbau, Verarbeitendes Gewerbe, Verkehr- und Nachrichtenübermittlung sowie Organisationen
ohne Erwerbscharakter an Bedeutung gewonnen. Dies lässt sich sowohl an den entsprechend
niedrigeren bzw. höheren Lokalisationskoeffizienten des Jahres 1998 ablesen als auch an den
Regionalfaktoren. Ein Regionalfaktor mit dem Wert 1,00 beschreibt hier einen Wirtschaftszweig, der im Zeitraum von 1995 bis 1998 mit der gleichen Geschwindigkeit gewachsen bzw.
geschrumpft ist wie im ostdeutschen Durchschnitt.
Der Struktureffekt gibt nun an, wie sich die Beschäftigung in den einzelnen Wirtschaftszweigen Merseburgs entwickelt hätte, wenn die Wirtschaftszweige genau so wie im ostdeutschen Durchschnitt gewachsen wären, anders formuliert: Es wird für alle Wirtschaftszweige ein fiktiver Regionalfaktor von 1,00 unterstellt. Für die Land- und Forstwirtschaft in
Merseburg heißt dies beispielsweise, dass für diesen Sektor aufgrund der allgemeinen durchschnittlichen Entwicklung in Ostdeutschland ein Arbeitsplatzabbau von 43 Arbeitsplätzen zu
erwarten gewesen wäre. Tatsächlich gingen jedoch in Merseburg 438 Arbeitsplätze in diesem
Wirtschaftszweig verloren. 395 Arbeitsplätze gingen also nicht aufgrund des allgemeinen
sektoralen Strukturwandels verloren, sondern aufgrund spezieller Standortbedingungen vor
Ort. Diese Differenz aus Gesamt- und Struktureffekt wird in der Shift-Analyse als Standorteffekt bezeichnet. Werden die Gesamt-, Struktur- und Standorteffekte aller Wirtschaftszweige
aufaddiert, so lässt sich für Merseburg folgende Aussage treffen: Hätten sich die Wirtschaftszweige in Merseburg wie im ostdeutschen Durchschnitt entwickelt, so wären in Merseburg
zwischen 1995 und 1998 1264 Arbeitsplätze verlorengegangen; tatsächlich wurden jedoch nur
18
235 Arbeitsplätze abgebaut; aufgrund günstiger lokaler Standortbedingungen konnten in Merseburg also 1029 Arbeitsplätze gesichert werden. Besonders günstig waren die Standortbedingungen in Merseburg in diesem Zeitraum für das Verarbeitende Gewerbe, die Sonstigen
Dienstleistungen und den Wirtschaftszweig Gebietskörperschaften und Sozialversicherungen.
Anzumerken ist allerdings, dass diese Aussage nur eine Annährung an die Wirklichkeit darstellt. Mit einer tieferen sektoralen Gliederung, insbesondere im Bereich des Verarbeitenden
Gewerbes, lässt sich der Struktur- und damit der Standorteffekt noch genauer bestimmen. Auf
Ebene der Kommunen lagen jedoch keine entsprechend disaggregierten Daten vor.
In dieser Forschungsarbeit wurden die Standorteffekte für die ostdeutschen Kommunen über
20.000 Einwohner, wie am Beispiel Merseburgs beschrieben, auf Basis der 1-Steller der Systematik der Wirtschaftszweige ermittelt. Die Ergebnisse der Shift-Analyse für die anderen
Kommunen finden sich im Anhang B. Um die Kennziffer (BESSHIFT) für die um den sek
toralen Struktureffekt bereinigte Beschäftigungsentwicklung zu berechnen, mussten die
Standorteffekte der Shift-Analyse (SEFFEKT) dann nur noch mit der jeweiligen kommunalen
Gesamtbeschäftigung (BES) des Jahres 1995 standardisiert werden:
BESSHIFT=SEFFEKT1995-1998/BES1995*100
Mit dem Korrelationskoeffizient nach Bravais-Pearson lässt sich untersuchen, ob die mit der
Variable ERFOLG gemessene Qualität der kommunalen Wirtschaftspolitik ‘Erklärungsgehalt’ für die Unterschiede in der wirtschaftlichen Entwicklung der Kommunen haben, die
hier mit den Variablen BESENTW und BESSHIFT nachgewiesen werden.18 Das Streuungsdiagramm in Abbildung 2 veranschaulicht die bivariate Korrelation am Beispiel der Variablen
ERFOLG und BESENTW.
18
Der Korrelationskoeffizient nach Bravais-Pearson misst die Güte der Anpassung zweier Datenreihen an
einen angenommenen linearen Zusammenhang. Eine Korrelation zweier Merkmale ist nicht unbedingt
gleichbedeutend mit einem kausalen Zusammenhang. Es könnte auch eine dritte Variable im Hintergrund existieren, die mit beiden betrachteten Variablen kausal verknüpft ist und so die Korrelation im Vordergrund
erzeugt. Nur über eine plausible theoriegeleitete Auswahl des Variablenpaars kann verhindert werden, dass
ein zufälliger Zusammenhang mit dem Korrelationskoeffizienten gemessen wird.
19
Abbildung 2: Streuungsdiagramm für ostdeutsche Kommunen
über 20.000 Einwohner (n=105)
Beschäftigungswachstum 1995-1998 in %
20
10
0
-10
-20
-30
-40
-100
-80
-60
-40
-20
0
20
40
Qualität der lokalen Wirtschaftspolitik (-100=schlecht, 100=gut)
Der Korrelationskoeffizient liegt aufgrund seiner Standardisierung immer zwischen -1 und 1,
ein negativer Wert gibt dabei einen negativen Zusammenhang der betrachteten Variablen (hohe Werte der einen Variable gehen mit niedrigen Werten der anderen einher), ein positiver
Wert einen positiven Zusammenhang (hohe Werte der einen Variable gehen mit hohen Werten der anderen Variable einher) wieder. Je näher der Korrelationskoeffizient beim Wert 1
oder -1 liegt, desto stärker ist der unterstellte lineare Zusammenhang beider Variablen. Im
obigen Beispiel liegt der Korrelationskoeffizient bei 0,285. Steht das lokale Beschäftigungswachstum somit in positiver linearer Beziehung zur – durch die Unternehmen bewerteten – Qualität der kommunalen Wirtschaftspolitik? Ist die Korrelation wesentlich von Null
verschieden oder nicht?
Diese Fragen sollen verdeutlichen, dass der Korrelationskoeffizient allein noch nichts über die
statistische Sicherheit des beobachteten Zusammenhangs aussagt. Er könnte auch zufallsbedingt sein. Erst ein so genannter Signifikanztest, der den Korrelationskoeffizienten gegen 0
absichert, gibt Aufschluss über die Aussagekraft des beobachteten Zusammenhangs. In der
Regel gilt ein beobachteter Korrelationskoeffizient als statistisch gesichert, wenn mit einer
95- oder 99prozentigen Wahrscheinlichkeit davon auszugehen ist, dass es sich bei dem beobachteten Bild nicht um eine zufällige Anordnung der Wertepaare handelt. Für den Korrelationskoeffizienten zwischen der ‘Qualität der lokalen Wirtschaftspolitik’ und dem lokalen ‘Be-
20
schäftigungswachstum 1995-1998 in %’ gilt dies: Der beobachtete Zusammenhang beider
Merkmale ist auf dem Niveau von 0,01 (2-seitig), d.h. mit einer Irrtumswahrscheinlichkeit
von einem Prozent, signifikant. Die ‘Ballungen’ der Merkmalspaare um die im Streuungsdiagramm eingezeichnete Linie sind also mit einer 99prozentigen Wahrscheinlichkeit nicht zufälliger Art, sie spiegeln vielmehr einen linearen Zusammenhang beider Variablen wieder.
Tabelle 3 auf der nächsten Seite zeigt die Korrelationskoeffizienten zwischen den zu erklärenden Variablen BESENTW und BESSHIFT sowie den erklärenden Variablen ERFOLG
und ERFOLG2.
Die Antwort auf die – in der Literatur durchaus umstrittene – Frage, ob die kommunale Wirtschaftspolitik überhaupt einen Einfluss auf das lokale Wachstum hat (s.o.), lässt sich somit
eindeutig bejahen. Unabhängig von übergeordneten Entwicklungen wie der Sektoralstruktur,
der Verkehrsinfrastruktur und der Förderpolitik konnten einzelne Kommunen aufgrund einer
überdurchschnittlich erfolgreichen Wirtschaftspolitik sichtbare Wachstumsvorteile erzielen.
Etwa 12 Prozent der standortbedingten Unterschiede im kommunalen Beschäftigungswachstum resultieren danach aus Unterschieden in der Qualität der kommunalen Wirtschaftspolitik,
wenn man eine einseitig kausale und lineare Wirkung der Variable ERFOLG auf die Variable
BESSHIFT unterstellt19.
Tabelle 3: Einfluss der kommunalen Wirtschaftspolitik auf das Beschäftigungswachstum der ostdeutschen Kommunen über 20.000 Einwohner
2
n=105
3
BESENTW
BESSHIFT
1
0,285**
0,350**
Mit der Beschäftigtenzahl der Unternehmen gewichtete
'Zufriedenheit der Unternehmen mit der
0,230*
0,245*
Ungewichtete 'Zufriedenheit der Unternehmen mit der
Wirtschaftspolitik ihrer Kommune' (ERFOLG)
1
Wirtschaftspolitik ihrer Kommune' (ERFOLG2)
1) Arithmetisches Mittel der Angaben ortsansässiger Unternehmen zum Engagement ihrer Kommune für
die lokale Wirtschaft auf einer Skala von "gut"(+1) über "mittelmässig" (0) bis "schlecht" (-1) aus den
Unternehmensbefragungen des DIW der Jahre 1998 und 2000.
2) Wachstumsrate der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten von 1995-1998.
3) Um die Unterschiede in der Sektoralstruktur bereinigtes standortbedingtes Wachstum der
sozialversicherungspflichtig Beschäftigten von 1995-1998 (Standorteffekt aus einer Shift-Analyse mit
den 2-Stellern der Systematik der Wirtschaftszweige).
** Die Korrelation ist auf dem Niveau von 0,01 (2-seitig) signifikant
* Die Korrelation ist auf dem Niveau von 0,05 (2-seitig) signifikant
19
Quelle: Eigene Berechnung.
Das Bestimmtheitsmaß (der 'Erklärungsgehalt') einer einfachen Regression (y = a0+a1x1+u) ist das Quadrat
des Korrelationskoeffizienten, also hier: 0,350².
21
Der Rest wird von anderen lokalen Standortbedingungen erklärt, die nicht oder nur sehr indirekt durch die kommunale Wirtschaftspolitik zu beeinflussen sind wie die Verkehrsinfrastruktur, Zuliefer- und Absatzpotenzial, geographische Lage und Lohnkosten. Nimmt man die
Sektoralstruktur der Kommune, die ja durch die Variable BESSHIFT zum Teil ausgeblendet
werden konnte, zu diesem Set nicht beeinflussbarer übergeordneter Faktoren hinzu, erklärt die
kommunale Wirtschaftspolitik immer noch rund 8 Prozent der kommunalen Beschäftigungsentwicklung. Wird dagegen die Qualität der lokalen Wirtschaftspolitik aus Sicht der Großunternehmen (ERFOLG2) als Erfolgsindikator herangezogen, so fällt der Erklärungsgehalt
deutlich ab (auf 6 bzw. 5 Prozent). Überregionale von der kommunalen Wirtschaftspolitik
nicht beeinflussbare Rahmenbedingungen spielen für diese größeren Unternehmen anscheinend eine bedeutendere Rolle als für die klein- und mittelständischen Unternehmen20. Ein
Vergleich der Ergebnisse der DIW-Unternehmensbefragungen 2000 und 1995 legt die
Schlussfolgerung nahe, dass diese hier berechneten Prozentzahlen für den Einfluss kommunaler Wirtschaftspolitik auf das lokale Beschäftigungswachstum in Ostdeutschland heute höher sind als noch in der unmittelbaren Transformationsperiode von 1990-1995. Der Anteil der
Industrieunternehmen, die die kommunale Verwaltung als sehr wichtigen Standortfaktor bezeichnen, verdoppelte sich zwischen den Jahren 1995 und 2000 von rund 10 auf 20 Prozent.
Insgesamt sind die hier angegebenen Prozentzahlen für den Wachstumsbeitrag kommunaler
Wirtschaftspolitik in Ostdeutschland mit Vorsicht zu genießen, da die Wirkungsrichtung der
Variablen nicht eindeutig zu bestimmen ist (Kausalitäts- bzw. Endogenitätsproblem). Möglicherweise sind die Unternehmen mit der Wirtschaftspolitik ihrer Kommune nämlich nur deshalb zufrieden, weil ein entsprechendes (Beschäftigungs-) Wachstum vor Ort stattfindet
(subjektiver Bias). Diesem Problem wird im Folgenden begegnet, in dem der Indikator
ERFOLG, der hier zunächst als exogene erklärende Variable erscheint, als endogene zu erklärende Variable mit den realen Handlungsmustern der kommunalen Wirtschaftsförderung gespiegelt wird. Stehen hinter den unterschiedlichen Werturteilen der Unternehmen auch tatsächlich (systematisch) verschiedene Handlungsmuster der Kommunen, so beruht die Wahrnehmung der Unternehmen zumindest zu großen Teilen auf realen Unterschieden in der Qualität der kommunalen Wirtschaftspolitik.21
20
21
Sehr hilfreich wäre an dieser Stelle eine sektorale Differenzierung der Unternehmensurteile z.B. nach
Dienstleistungen und Industrieunternehmen gewesen. Auf Grund der tiefen räumlichen Disaggregation auf
Ebene der Kommunen waren die Fallzahlen der Unternehmensbefragung hierfür jedoch zu gering.
In der Unternehmensbefragung des Jahres 2000 wurden die Unternehmen zudem explizit auf bestimmte
Handlungsfelder der kommunalen Wirtschaftspolitik (Liegenschaftspolitik, Beratungstätigkeit, Kooperation,
Qualität der Verwaltungsdienste, Standortmarketing) aufmerksam gemacht und gebeten, diese neben ihrer
22
5
Hypothesen zu den Grundzügen einer modernen Wirtschaftspolitik
Um die Variable ERFOLG ('Kundenzufriedenheit' bzw. 'Gewerbeklima') mit einem möglichst
breiten Set an 'erklärenden Variablen' zu konfrontieren, war es notwendig, die Aktivitäten und
Schwerpunkte der kommunalen Wirtschaftsförderer möglichst umfassend zu erheben. Von
Anfang an war klar, dass hierzu die amtliche Statistik nicht ausreichen würde und Daten mit
einer schriftlichen Befragung originär erhoben werden mussten. Die umfangreichste Datensammlung auf Ebene der Gemeinden bieten die Statistischen Jahrbücher Deutscher Gemeinden, die mit einem Time-Lag von ein bis zwei Jahren vom Deutschen Städtetag herausgegeben werden. Es werden grundsätzlich Daten für die rund 670 deutschen Gemeinden mit
20.000 und mehr Einwohnern – Einwohnerstand jeweils zum 1. Januar des entsprechenden
Jahres – als auch für eine geringe Zahl von ausgewählten Kommunen mit weniger als 20.000
Einwohnern nachgewiesen. Bis heute liegt diese Datensammlung nur in Papierform und nicht
als elektronische Version vor, so dass für die Zwecke dieser Untersuchung die verwendeten
Daten per Hand in ein elektronisches Tabellenkalkulationsprogramm übertragen werden
mussten. Grundlage der in den Jahrbüchern zusammengestellten Daten sind eigene Umfragen
der Abschnittsbearbeiter des Deutschen Städtetags bei den Gemeinden sowie Angaben des
Statistischen Bundesamts, der Statistischen Landesämter und des Kraftfahrzeug-Bundesamtes. Die Statistiken werden z.T. jährlich und z.T. in mehrjährigen Abständen veröffentlicht.
Über folgende Kategorien wird regelmäßig berichtet: Stand und Entwicklung der Bevölkerung, Produzierendes Gewerbe, Wohnungsbau und Wohnungsbestand, Kraftfahrzeugbestand,
Einnahmen und Ausgaben des Verwaltungs- und Vermögenshaushalts, Gemeindliche Steuereinnahmen, Realsteuerhebesätze und Realsteuervergleich sowie Angaben zum Schuldenstand
der Gemeinden. Unregelmäßig werden Statistiken aus dem Bereich Bildung und Kultur nachgewiesen, wie z.B. zum Besatz mit allgemeinbildenden Schulen und den Kulturausgaben der
Gemeinden. Aus den meisten dieser genannten Bereiche konnten einzelne für die Zwecke
dieser Untersuchung aussagekräftige Kennziffern entnommen werden, die im Folgenden dort,
wo sie Verwendung finden, noch einmal eingehend erläutert werden. Durch weitere im regelmäßigen Veröffentlichungsprogramm der statistischen Landesämter oder des statistischen
Bundesamts enthaltene Gemeindestatistiken ließ sich die Datenbasis nicht mehr verbreitern.
Nur im Zuge einer originären schriftlichen Befragung der ostdeutschen Kommunen konnte
eine wesentliche Verbesserung der Datenlage erzielt werden.
Gesamtbewertung auch einzeln zu bewerten. Einem möglichen Bias in der Wahrnehmung des Untersuchungsgegenstands wurde mit diesem textlichen Anker entgegengewirkt.
23
Bei der Konzeption des Fragebogens wurde eine weitgefasste Definition des Begriffs der
kommunalen Wirtschaftsförderung zugrunde gelegt, die sowohl traditionelle (Liegenschaftspolitik, Beratungstätigkeit) als auch moderne (Verwaltungsmodernisierung, Interkommunale
Kooperation) Instrumente umfasst. Eine Reihe von forschungsleitenden Hypothesen lag der
Konzeption des Fragebogens zu Grunde. Grundhypothese war hier, dass die Maßnahmen der
traditionellen bedarfsorientierten Wirtschaftsförderung wie die Liegenschaftspolitik, die Beratungstätigkeit, die Gebühren- und Steuerpolitik, Analysetätigkeiten und Investitionen in
unternehmensnahe Infrastruktur von allen Kommunen in (weitgehend) ähnlicher Form angeboten werden und deshalb keine Rolle als diskriminierende Erfolgsstrategien kommunaler
Wirtschaftspolitik mehr spielen;22 und kommunale Wirtschaftspolitik dagegen umso erfolgreicher sein wird, je mehr es ihr gelingt, im interkommunalen Wettbewerb eine erfolgreiche
Wettbewerbsstrategie einzuschlagen, die auf die Attrahierung mobiler Produktionsfaktoren
und eine Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit der bestehenden Unternehmen zielt.23 Aufgrund der zurückgehenden Anzahl von Standortverlagerungen im industriellen Sektor gewinnt
die Bestandspflege dabei in Relation zur Ansiedlungspolitik an Bedeutung.24 Hypothesen über die Instrumente solch einer modernen wettbewerbsorientierten Wirtschaftspolitik der
Kommunen wurden aus Analogien zum unternehmerischen Wettbewerb abgeleitet:
§
Ähnlich wie die Unternehmen vor dem Hintergrund verstärkten Wettbewerbs auf den
Gütermärkten mit ihrem Konzept der marktorientierten Unternehmensführung das gesamte unternehmerische Handeln vom Einkauf bis zum Absatz auf die Kundenwünsche
eingestellt haben, müssen Kommunen im verstärkten Standortwettbewerb um mobile
Produktionsfaktoren und die Qualität der eigenen Unternehmensbasis ihr gesamtes
fachpolitisches und finanzpolitisches Handeln auf die Wünsche der Unternehmen abstellen25. Im Unterschied zu einem Nebeneinander verschiedener Fachpolitiken zielt
solch eine wirtschaftsorientierte Kommunalpolitik auf eine Vernetzung sämtlicher
Fachpolitiken (Kommunale Wirtschaftsförderungs-, Stadtentwicklungs-, Verkehrs-,
Kultur-, Arbeitsmarkts- und Umweltpolitik) unter einem gemeinsamen wirtschaftspolitischen Leitbild. Einer wirtschaftsorientierten Kommunalpolitik stehen somit grundsätzlich sämtliche Instrumente der Kommunalpolitik zur Verfügung, die klassische Unter-
22
23
24
Vgl. z.B. Logan/Swanstrom 1990.
Zu den Grundzügen einer modernen Wirtschaftspolitik der Kommunen vgl. z.B. Hartmann 1994, Kistenmacher 1994, Imhoff-Daniel 1994, Hahne 1995, Grabow et al. 1995, Hollbach-Grömig 1996, Stember 1997,
Pröhl 1998, Haldenwang 1999, Lindemann 1999, Icks/Richter 1999, Jung 2000, Weber 2000, Wittrock
2000, Hollbach-Grömig 2001 und Postlep et al. 2001.
Vgl. Ameln 1990, Hartmann 1994, Hahne 1995, Stember 1997, Weber 2000 und Hollbach-Grömig 2001.
24
teilung zwischen Kern- und Randkompetenzen der kommunalen Wirtschaftsförderung
wird unwichtiger. Die Wirtschaftsfreundlichkeit aller kommunalen Fachpolitiken wird
zu einem Parameter im interkommunalen Wettbewerb.
§
Ähnlich wie im Unternehmenssektor können im Rahmen solch einer wirtschaftsorientierten Kommunalpolitik auch besondere Zielgruppen definiert werden, von denen sich
die Kommune aufbauend auf ihren vorhandenen Stärken in der interregionalen Arbeitsteilung (komparative Vorteile, bestehende Sektoralstruktur) die meisten Wettbewerbsvorteile erhofft.26 Je nach den Standortpräferenzen des umworbenen Unternehmens
konkurrieren dabei die Regionstypen in verschiedenen Ligen miteinander.27 Für bestimmte hochwertige Dienstleistungen kommt beispielsweise nur eine Ansiedlung in
hoch verdichteten Ballungsräumen in Frage. Der Wettbewerb der Kommunen beschränkt sich so im Extremfall – z.B. bei bestimmten Finanzdienstleistungen – auf eine
Konkurrenz der Standorte London, Frankfurt, Tokio und New York. Nimmt man die
These von der Orientierung an den endogenen Potenzialen einer Region ernst, folgt
hieraus, dass eine an den bestehenden sektoralen Clustern orientierte Ansiedlungspolitik
erfolgreicher ist, als eine Ansiedlungspolitik nach dem Prinzip des 'Fischernetzes'.
§
Ähnlich wie die Unternehmen vor dem Hintergrund verstärkten Wettbewerbs und einer
Vergrößerung des relevanten Marktes mehr und mehr versuchen, Surplusprofite durch
Innovationen zu realisieren, versprechen auch auf kommunaler Ebene innovative Konzepte erhöhte Erstschlagsgewinne. Gefordert ist hierbei Experimentierfreudigkeit und
die Bereitschaft zu Modellversuchen - allgemein gesprochen das Suchen nach neuen
Wegen und nicht das Nachahmen sicherer Optionen.28 Innovative Maßnahmen der
kommunalen Wirtschaftspolitik können sich dabei grundsätzlich auf sämtliche Maßnahmen der kommunalen Politik beziehen, die aus Sicht bestehender oder ansiedlungswilliger Unternehmen als eine Verbesserung der lokalen Standortqualität interpretiert
werden. Der innovative Charakter resultiert aus dem Zeitpunkt ihrer Realisierung. Die
Palette möglicher Maßnahmen ist so groß wie die Phantasie der kommunalen Entscheidungsträger. Aktivitäten, mit denen es gelingen könnte, im Wettbewerb der Regionen
einen Vorsprung zu erzielen, wären zum Beispiel: Neue Wege der Kooperation zwischen Stadt, regionaler Wirtschaft und Forschungseinrichtungen, um bestimmte in der
Region konzentrierte Kompetenzen im Rahmen eines Wissensmanagements in Netz-
25
26
27
28
Vgl. z.B. Hollbach-Grömig 1996, Wittrock 2000.
Vgl. z.B. Jung 2000, Schönig/Zerche 2000.
Vgl. Lammers 1999.
Vgl. z.B. Postlep et al. 2001.
25
werken zu vertiefen, der Ausbau regionaler Weiterbildungsangebote, um Anpassungsfähigkeit, Selbständigkeit und Internationalität der ansässigen Wirtschaftssubjekte zu fördern, oder auch Einfallsreichtum bei der Bündelung von verschiedenen wirtschaftspolitischen Maßnahmen im Rahmen einzelner Projekte mit hoher Vorbildfunktion. Die Erstschlagsgewinne schwinden hier jeweils, wenn andere Kommunen dazu übergehen, die
erfolgreiche Maßnahme der innovativen Kommune zu imitieren.
§
Ähnlich wie die Unternehmen unter dem wachsenden Wettbewerbsdruck gezwungen
sind, kontinuierlich zu überprüfen, ob sie durch den Zukauf von Leistungen anstelle von
Eigenproduktion Spezialisierungsvorteile nutzen und dadurch ihre Kosten senken können, werden auch die Kommunen im interkommunalen Wettbewerb angehalten, eine
umfassend angelegte kommunale Aufgabenkritik durchzuführen29. Die Kommunen (und
ihre Bürger) müssen sich bei jeder kommunalen Leistung die Grundsatzrage stellen, ob
die Leistung überhaupt in Einzelregie der Kommune angeboten werden muss oder nicht
auch in Zusammenarbeit mit anderen öffentlichen Akteuren (interinstitutionelle Kooperation), privaten Akteuren (Public-Private-Partnership) bzw. ganz oder teilweise in privater Regie angeboten werden kann (Outsourcing kommunaler Leistungen). Die instrumentelle Palette der Aufgabenkritik reicht also von Rechtsformänderungen über PublicPrivate-Partnerships bis hin zur echten Privatisierungen kommunaler Leistungen30. Im
Hinblick auf die Organisationsform der kommunalen Wirtschaftsförderung selbst, wird
in der aktuellen Diskussion z.T. die These vertreten, dass unter den Vorzeichen dieser
verstärkten Bedeutung privat-öffentlicher Kooperation externe, privatrechtliche Wirtschaftsförderungsgesellschaften rein öffentlichen Organisationsformen der kommunalen
Wirtschaftsförderung überlegen sind.
§
Ähnlich wie die Unternehmen im Wettbewerb nach ihrer optimalen Betriebsgröße suchen, stellt sich auch in der kommunalen Wirtschaftspolitik die Frage, in wie weit man
den interregionalen statt den intraregionalen Wettbewerb im Auge hat, d.h. ein kleinräumig abgestimmtes Verhalten der wirtschaftspolitischen Akteure in einer Region existiert. Denn: Was einzelne Kommunen als Standort den Unternehmen bieten können,
ist, gemessen an den vielfältigen Erfordernissen der Unternehmen, zu wenig31. Nur größere Regionen, die sich mit ihren jeweils unterschiedlichen kleinräumigen Ausstattungen mit harten und weichen Standortfaktoren als Einheit verstehen, bieten ausreichende
Potenziale zur Herausbildung eines innovativen Milieus und innovativer Netzwerke. Ei-
29
30
31
Vgl. z.B. Reichhard 2000, Schedler/Proeller 2000.
Vgl. z.B. Reding 1997, Gerstlberger 1999.
Vgl. z.B. Scherer 1997.
26
ne sinnvolle Arbeitsteilung zwischen den verschiedenen regionalen Akteuren (Kammern, Verbänden, Forschungseinrichtungen, Kommunen usw.), die Qualität des Kommunikations- und Informationsaustauschs zwischen den regionalen Institutionen und die
Intensität der Zusammenarbeit in konkreten Projekten wären dann entsprechend Erfolgsfaktoren kommunaler Wirtschaftspolitik. Beispielhaft für die Implementierung solch eines zwischen den einzelnen Gebietskörperschaften und im Verhältnis dieser zu den
sonstigen privaten und öffentlichen Akteuren abgestimmten Regionalmanagements sind
die Regionen Hannover, Stuttgart und das Rhein-Main-Gebiet.
§
Analog zur zunehmenden Bedeutung des Controlling und der Einführung neuer Managementmethoden in privaten Unternehmen muss auch in den Kommunen die Einführung neuer Steuerungsmodelle, sowohl in der Verwaltung als auch in den öffentlichen
Unternehmen (Beteiligungscontrolling), vorangetrieben werden32. Durch die Einführung
einer Kosten- und Leistungsrechnung und die Budgetierung der Mittel mit dezentraler
Ressourcenverantwortung werden Anreize gesetzt, sich neben der Maxime der Rechtmäßigkeit einer Maßnahme auch an der ökonomischen Maxime der Zielerreichung mit
minimalem Ressourceneinsatz zu orientieren. Durch die Definition von Produkten und
die Einrichtung von Cost-/Profit-Centern kann zudem erreicht werden, dass die Kommunalverwaltung sich mehr als Dienstleister denn als Träger hoheitlicher Aufgaben versteht. Im Zuge der Einführung solch einer outputorientierten Globalsteuerung hat das
Kommunalparlament erstmals die Möglichkeit, sich auf die Verabschiedung der strategischen Ziele (globale Zielvorgaben) zu beschränken und der Verwaltung das operative
Geschäft zu überlassen, ohne befürchten zu müssen, dass die Principal-Agent-Probleme
in der administrativen Umsetzung Überhand nehmen. Durch die Abkehr von der alten
kameralistischen Einnahmen-Ausgaben-Rechnung und die Einführung einer betriebswirtschaftlichen Kosten- und Leistungsrechnung wird die Kosten-Nutzen-Transparenz
der kommunalpolitischen Maßnahmen erhöht. Die Effizienz des operativen Verwaltungsgeschäfts kann dann bei dezentraler Budgetverantwortung durch ein geeignetes
Controlling sichergestellt werden. Zudem ist hier natürlich wesentlich, ob die Verwaltung im Allgemeinen und die Wirtschaftsförderung im Speziellen überhaupt weiß, was
die Unternehmen als ihre Kunden wünschen. Die Stichworte sind hier: Dienstleistungsorientierte Verwaltung, Abbau von Bürokratie und Definition von Produkten. Regelmäßige Gespräche, aber auch standardisierte Befragungen, Benchmarking und die Evaluie-
32
Vgl. z.B. Hill/Klages 1996, Schedler/Proeller 2000.
27
rung durchgeführter Maßnahmen sind ein wesentlicher Bestandteil dieser „Marktpflege“.
6
Schriftliche Befragung aller ostdeutschen Kommunen
über 10.000 Einwohner
Insgesamt zeigt sich, dass sich aus der Suche nach Analogien mit dem unternehmerischen
Wettbewerb eine Vielzahl von Hypothesen über mögliche Instrumente einer erfolgreichen
wettbewerbsorientierten Wirtschaftspolitik der Kommunen ableiten lassen. Ob diese Analogien zum unternehmerischen Wettbewerb jedoch tragen und ob es sich bei den genannten
Maßnahmen tatsächlich um Erfolgsrezepte kommunaler Wirtschaftspolitik handelt, ist eine
offene empirische Frage, der im Folgenden nachgegangen werden soll. Die aus dem unternehmerischen Wettbewerb abgeleiteten Maßnahmenbündel einer modernen Kommunalpolitik
mussten hierzu so zergliedert werden, dass sie einer statistischen Operationalisierung im
Rahmen einer empirischen Evaluierung zugänglich werden. Das Fragenset der schriftlichen
Befragung der Kommunen wurde entsprechend breit angelegt, breiter als bei den meisten empirischen Untersuchungen zur kommunalen Wirtschaftsförderung in der Vergangenheit33.
Insgesamt wurden sechzehn Maßnahmenbündel kommunaler Politik (siehe 7.3) betrachtet, die
im engeren oder weiteren Sinne ortsansässige oder ansiedlungswillige Unternehmen als Kundengruppe haben. Durch die Formulierung der Fragen wurde versucht, die bei der statistischen Operationalisierung theoretisch entwickelter Begriffe und Konzepte unvermeidbaren
Verluste an Informationen zu minimieren. Zudem wurde großen Wert auf quantitative Angaben gelegt. Dies war notwendig, um den Anforderungen an eine Auswertung der Untersuchungsergebnisse mit Verfahren der multivariaten Statistik gerecht zu werden. Um zumindest
eine partielle Vergleichbarkeit der Ergebnisse im Zeitablauf gewährleisten zu können, wurden
einige Frageblöcke aus der DIFU-Befragung in Ostdeutschland aus dem Jahr 199334 in ähnlicher Form in den Fragebogen integriert.
33
34
Lindemann 1999, der in seiner Veröffentlichung ähnliche Fragen wie in der vorliegenden Untersuchung
stellt, beschränkt sich z.B. darauf, den interkommunalen Wettbewerb als Ansiedlungswettbewerb mit dem
Instrumentarium der Liegenschaftspolitik zu modellieren. Auch bei den meisten anderen der über 1.200 in
der DEMOS-Datenbank des DIFU erfassten Befragungen mit kommunalem Bezug, handelt es sich um Arbeiten, die entweder nicht flächendeckend angelegt sind (Fallstudien) und/oder nur einen Teilbereich kommunaler Wirtschaftsförderung (z.B. Public-Private-Partnerships, Technologie- und Gründerzentren) beleuchten. An Befragungen, die sich mit einem breiteren Instrumentenspektrum der kommunalen Wirtschaftsförderung auseinandersetzen, sind vor allem die Untersuchungen des DIFU selbst (Kühn/Floeting 1995,
Hollbach-Grömig 1996, 2001) zu nennen.
Kühn/Floeting 1995.
28
Vier der zwölf mit Kommunen durchgeführten Experteninterviews (Cottbus, Merseburg,
Rostock und Senftenberg) wurden in der Phase der Hypothesenbildung durchgeführt, so dass
die in diesen Interviews gesammelten Erkenntnisse im Sinne einer engen Verzahnung induktiven und deduktiven Forschens in die Fragebogenkonzeption einfließen konnten. Die Planungs- und Konzeptionsphase der empirischen Erhebung wurde mit einem Pretest des Fragebogens abgeschlossen. Pretestpartner waren der Städte- und Gemeindetag Mecklenburg-Vorpommern, der Deutsche Städte- und Gemeindebund in Berlin, die Gesellschaft für angewandte Kommunalforschung in Marburg, die Stadt Neubrandenburg und die Stadt Teterow.
Aufgrund der sehr hilfreichen Änderungsvorschläge der Pretestpartner wurde der Fragebogen
noch einmal überarbeitet und in eine endgültige Form gebracht (Fragebogen im Anhang C).
Anfang September 2000 wurden 213 Fragebögen zusammen mit einem Begleitschreiben des
Deutschen Städte- und Gemeindebunds an die Oberbürgermeister und Bürgermeister aller
ostdeutschen Kommunen über 10.000 Einwohner (Stand zum 1.1.1997) versandt. Die Stadt
Berlin wurde - wie erwähnt - aufgrund ihrer speziellen Merkmale von der Befragung ausgenommen. Trotz des Umfangs der Befragung und der Tatsache, dass im Gegensatz zu anderen
Befragungen der Fragebogen nicht von einer einzelnen Abteilung - in der Regel dem Amt für
Wirtschaftsförderung - beantworten werden konnte, sondern sowohl Einschätzungen der
Wirtschaftsförderung als auch Angaben zu den kommunalen Ausgaben aus der Haushaltsabteilung abgefragt wurden, war der Rücklauf äußerst zufriedenstellend (Tabelle 4).
29
Tabelle 4: Rücklauf der Fragebögen zur kommunalen Wirtschaftsförderung
in Ostdeutschland im Überblick (September-Dezember 2000)
Kommunen über
10.000 Einwohner
darunter:
Kommunen über
20.000 Einwohner
Anzahl der befragten Kommunen
213
109
Anzahl der Kommunen, die geantwortet
haben
159
92
Rücklaufquote in Prozent
75
84
6 177 171
5 242 538
... im Verhältnis zu den Einwohnern in
den befragten Kommunen in Prozent
81
85
... im Verhältnis zu den Einwohnern in
Ostdeutschland insgesamt in Prozent
40
34
Summe der Einwohner in den
Kommunen, die geantwortet haben
Quelle: Eigene Darstellung
Bis Ende Oktober 2000 lagen rund 90 Antworten aus den Kommunen vor. Durch zwei Nachfassaktionen, einem schriftlichen Erinnerungsschreiben mit der Bitte, den Fragebogen doch
noch im Laufe des November zu beantworten und einem telefonischen Rundruf bei allen
verbleibenden Kommunen gegen Ende November mit der Bitte, den Fragebogen vor Weihnachten zurückzusenden, konnte der Gesamtrücklauf auf erfreuliche 159 Fragebögen gesteigert werden (vgl. auch Tabelle A1 im Anhang). Dies entspricht einer Rücklaufquote von 75
Prozent. Setzt man die Einwohnersumme der 159 Kommunen, die geantwortet haben, ins
Verhältnis zur Einwohnersumme der 213 Kommunen der Grundgesamtheit, so zeigt sich,
dass die größeren Kommunen etwas überdurchschnittlich geantwortet haben. Die 159 Antworten repräsentieren 81 Prozent der Einwohner in den 213 befragten Kommunen. Insgesamt
ist bei der Höhe des Rücklaufs jedoch trotz dieses leichten Bias zugunsten der größeren
Kommunen davon auszugehen, dass die Antworten der 159 Kommunen die Grundgesamtheit
hinreichend repräsentieren35. Die über 6 Millionen Einwohner in diesen 159 Kommunen entsprechen immerhin 40 Prozent der Gesamtbevölkerung in Ostdeutschland, was die Bedeutung
der Befragung auch für Ostdeutschland insgesamt unterstreicht.
35
Die telefonische Non-Response-Analyse bei den restlichen Städten zeigte, dass der Fragebogen aus Gründen
der Arbeitsüberlastung nicht beantwortet worden war. Zwei Städte machten aber auch deutlich, dass sie nur
Mitglied im Deutschen Städtetag seien und deshalb auch keine nur vom Städte- und Gemeindebund unterstützten Befragungen beantworten würden. Insgesamt wurden jedoch keine Gründe für die Nichtbeantwortung des Fragebogens genannt, die auf eine systematische Verzerrung des Rücklaufs hindeuten würden.
30
Neben dem Rücklauf der Befragung insgesamt, also für alle Kommunen über 10.000 Einwohner, interessiert im Rahmen dieser Forschungsarbeit auch der Rücklauf für alle Kommunen
über 20.000 Einwohner, da sich die Anwendung der multivariaten statistischen Verfahren
aufgrund der Datenverfügbarkeit aus den anderen statistischen Quellen (Unternehmensbefragung und amtliche Statistik) auf diese Gruppe von Kommunen beschränkt. In dieser
Größenklasse wurden insgesamt 109 Kommunen angeschrieben, von denen 92 Kommunen
geantwortet haben (Tabelle 4). Nur von den Kommunen Annaberg-Buchholz, Bernau, Hennigsdorf, Hoyerswerda, Lauchhammer, Leipzig, Markkleeberg, Merseburg, Quedlinburg, Rudolstadt, Senftenberg, Staßfurt, Stendal, Strausberg, Torgau, Waren und Weißenfels lagen
hier keine Antworten vor. Insgesamt entspricht der Rücklauf in diesem Segment einer Rücklaufquote von 84 Prozent in absoluten Zahlen und 85 Prozent, wenn wiederum mit den Einwohnerzahlen gewichtet wird. Der Bias im Hinblick auf die Gemeindegrößenklassen verschwindet hier weitgehend: Während in der Grundgesamtheit 76 Prozent der Kommunen zwischen 20.000 und 50.000 Einwohner haben (83 Kommunen), 12 Prozent (13 Kommunen)
zwischen 50.000 und 100.000 und weitere 12 Prozent (13 Kommunen) über 100.000 Einwohner, sind die entsprechenden Quoten in der Befragungsstichprobe 74 Prozent (68 Kommunen), 13 Prozent (12 Kommunen) und 13 Prozent (12 Kommunen).
7
Zu den Handlungsmustern kommunaler Wirtschaftspolitik
in Ostdeutschland
7.1
Vorbemerkung
Im Vergleich mit Westdeutschland waren die kommunalen Wirtschaftsförderer in den neuen
Bundesländern von Anfang an mit einer doppelten Herausforderung konfrontiert: Zum einen
mussten sie die enormen Transformationsprobleme lösen, d.h. überhaupt erst einmal funktionierende Institutionen schaffen36, zum anderen sahen sie sich ebenso wie die westdeutschen
Regionen einem von der Globalisierung des Wirtschaftens ausgehenden zunehmenden interkommunalen Wettbewerbsdruck ausgesetzt.37 In einer globalisierten, kommunikativ und informativ vernetzten Welt und einem sich intensivierenden interkommunalen Wettbewerb
sollten sie bei knappen Budgets, hoher Arbeitslosigkeit, wachsenden sozialen Spannungen
und gestiegenen Anforderungen an eine umweltbewusste nachhaltig wirksame Entwicklung
vor Ort ihre ökonomische Basis halten und nach Möglichkeit ausbauen. Sie mussten also so36
37
Vgl. z.B. Geske 1996.
Zur Theorie des gebietskörperschaftlichen Wettbewerbs vgl. z.B. Windisch 1998, Caspers 1999.
31
wohl die Anfangsprobleme bewältigen als auch den Wandel von einer rein bedarfsorientierten
zu einer eher wettbewerbsorientierten Wirtschaftspolitik vollziehen.
Nachdem die forschungsleitende Fragestellung "Do local policies matter?" für Ostdeutschland
insgesamt (zumindest für die Periode nach 1995) bejaht werden konnte, stellt sich nun die
Frage, welche kommunalpolitischen Handlungsmuster besonders erfolgreich waren oder anders formuliert: Was machen die erfolgreichen Kommunen anders bzw. besser als die weniger
erfolgreichen Kommunen? Die mit der Variable ERFOLG abgebildete Qualität der kommunalen Wirtschaftspolitik ist in den folgenden Betrachtungen kein erklärender, exogener Sachverhalt mehr, sondern im Gegenteil der zu erklärende, endogene Tatbestand (s.o.). Eine Vielzahl von Kennziffern aus der amtlichen Statistik und der Kommunalbefragung, die Organisation, Schwerpunkte und Maßnahmen der kommunalen Wirtschaftspolitik abbilden, stellen in
diesem Untersuchungsschritt das Set potenzieller exogener Variablen dar. Im Folgenden werden diese potenziellen Bestimmungsgrößen zunächst beschrieben. Soweit es sich um Kennziffern aus der Befragung der Kommunen handelt, wird dabei auf die ostdeutschen Kommunen
mit 10.000 und mehr Einwohnern abgestellt (n=159). Die Kennziffern aus der amtlichen Statistik werden für alle Kommunen über 20.000 Einwohner nachgewiesen (n=109). Unter
Rückgriff auf Fragen zum zeitlichen Bezug bestimmter kommunaler Aktivitäten aus der Befragung 2000, auf die Experteninterviews, die Fragen zur kommunalen Wirtschaftspolitik in
der Periode vor 1995 enthielten, und im Vergleich mit der Untersuchung des Deutschen Instituts für Urbanistik bei allen ostdeutschen Städten über 10.000 Einwohner aus dem Jahr
199338 soll zudem versucht werden, den Wandel der kommunalen Wirtschaftspolitik in den
ostdeutschen Kommunen von der 'Transformationsperiode 1990-1995' in die 'Normalisierungsperiode 1995-2000' zu beschreiben.
Durch die Differenzierung des Instrumenteneinsatzes nach der Einwohnerzahl der Kommunen
können siedlungsstrukturelle Besonderheiten (hoch verdichtete Agglomerationen vs. ländliche
Kommunen) aufgezeigt werden.
7.2
Organisation und Ausstattung der kommunalen Wirtschaftsförderung
Im ersten Frageblock der schriftlichen Befragung wurden die ostdeutschen Kommunen gefragt, ob die kommunale Wirtschaftsförderung als eigenes Amt, als Teil eines Amtes, als ex38
Kühn/Floeting 1995. Die Befragungen des DIFU aus den Jahren 1995 (Hollbach-Grömig 1996) und 2000
(Hollbach-Grömig 2001) beziehen sich auf Städte über 50.000 Einwohner, entsprechend erfordert ein Vergleich mit diesen Befragungen (insbesondere der aus dem Jahr 2000) eine gesonderte Auswertung der hier
32
terne Gesellschaft oder in anderer Art und Weise organisiert ist. Mehrfachnennungen waren
hier möglich. Bei allen Organisationsformen außer dem eigenen Wirtschaftsförderungsamt
wurde eine genaue Bezeichnung erbeten, also eine Bezeichnung des Amtes, der Gesellschaft
oder der sonstigen Organisationsform. Im Falle der Existenz einer externen Gesellschaft,
wurde zudem nach der Rechtsform dieser Gesellschaft, den Gesellschaftern und deren prozentualer Beteiligung an der Wirtschaftsförderungsgesellschaft gefragt (Frage 1 des Fragebogens). Im Ergebnis zeigt sich, dass rund ein Drittel der ostdeutschen Kommunen über
10.000 Einwohner ein eigenes Wirtschaftsförderungsamt besitzen. In beinah 50 Prozent der
Fälle ist die Wirtschaftsförderung Teil eines anderen Amtes (Abbildung 3).
Abbildung 3: Organisationsformen der kommunalen Wirtschaftsförderung
Eigenes
Wirtschaftsförderungsamt
34,6
49,1
Teil eines anderen Amtes
18,2
"Externe" Gesellschaft
8,8
Sonstiges
0,0
10,0
20,0
30,0
40,0
50,0
60,0
In Prozent der Kommunen
Quelle: Befragung der ostdeutschen Kommunen über 10.000 Einwohner aus dem Jahr 2000 (n=159).
Die Bezeichnungen dieser anderen Ämter sind vielfältig: Sie reichen vom 'Amt für Wirtschaft, Verkehr, Ordnung und Sicherheit', über das 'Amt für Stadtentwicklung' bis hin zum
'Bauverwaltungsamt'. Etwa die Hälfte der Ämterbezeichnungen trägt die Bezeichnung Wirtschaft in sich (z.B. 'Amt für Liegenschaften, Planung und Wirtschaftsförderung', 'Amt für
Wirtschaftsförderung und Tourismus' oder 'Finanzen und Wirtschaft'). In der anderen Hälfte
ist dies nicht der Fall, hier ist die Wirtschaftsförderung meist Teil des Bau- oder Hauptamtes.
In beinah jeder fünften Kommune ist die kommunale Wirtschaftsförderung als externe Gesellschaft organisiert. Rund ein Drittel dieser privatrechtlichen Gesellschaften befindet sich zu
hundert Prozent im Besitz der Kommune. Bei einem weiteren Drittel sind andere Gebietskörperschaften (in der Regel der Landkreis bzw. umliegende Gemeinden) an der Gesellschaft
beteiligt. Und nur beim letzten Drittel sind auch private Anteilseigner (Kammern, Sparkassen,
vorliegenden Ergebnisse für Städte über 50.000 Einwohner. Diese Sonderauswertung wurde durchgeführt
und wird ergänzend angesprochen.
33
Unternehmen) im Sinne eines Public-Private-Partnerships an der Gesellschaft beteiligt. Bei
den sonstigen Organisationsformen wurden von den befragten Kommunen im Wesentlichen
zwei Sachverhalte genannt: Entweder war die Wirtschaftsförderung in diesen Kommunen
direkt dem Bürgermeister unterstellt, oder sie war in Form einer Stabsstelle organisiert.
Die Wahl der Organisationsform hängt dabei stark von der Größe der Kommune ab. Eigenständige Wirtschaftsförderungsämter sind mit zunehmender Größe der Kommunen häufiger
zu finden: In rund 70 Prozent aller größeren Kommunen über 50.000 Einwohner existieren
solche Ämter39, in Kommunen zwischen 10.000 und 20.000 Einwohnern nur in gut 20 Prozent. In den kleineren Kommunen ist die Wirtschaftsförderung entsprechend häufiger Teil
eines anderen Amtes oder direkt in den Aufgabenbereich des Bürgermeisters integriert. Der
Anteil privatrechtlicher externer Wirtschaftsförderungsgesellschaften ist dagegen nicht von
der Einwohnergrößenklasse der Kommune abhängig. Im Zeitraum zwischen 1993 und 2000
hat sich an diesem Gesamtbild bis auf einen Punkt wenig geändert: Während 1993 noch 56
Prozent aller ostdeutschen Städte über 10.000 Einwohner über eigenständige Wirtschaftsförderungsämter verfügten40, waren dies im Jahr 2000 nur noch 35 Prozent. Vor allem die
kleineren Kommunen sind hier wieder dazu übergangen, die Wirtschaftsförderung mit anderen Ämtern zusammenzulegen.
Mehr noch als die zu großen Teilen sicherlich verwaltungstechnisch begründeten Unterschiede in der Organisationsform der kommunalen Wirtschaftsförderung ist möglicherweise
die unterschiedliche finanzielle und personelle Ausstattung der kommunalen Wirtschaftsförderung - der quantitative Input - für Differenzen in der Qualität (dem Output) der kommunalen Wirtschaftspolitik verantwortlich. In der schriftlichen Befragung der ostdeutschen
Kommunen wurden beide Tatbestände erhoben. Die Frage 2 des Fragebogens lautete: "Wie
viele Mitarbeiter sind überwiegend mit Aufgaben der Wirtschaftsförderung beschäftigt?" Um
die Vergleichbarkeit der Angaben zu gewährleisten, wurden die Kommunen gebeten, hier
Vollzeitäquivalente einzutragen. In Frage 3 des Fragebogens wurden Angaben zu den kommunalen Ausgaben für die Wirtschaftsförderung in den Jahren 1998 und 1999 in 1000 DM
erbeten.
39
40
Hollbach-Grömig 2001 weist für die ostdeutschen Kommunen über 50.000 Einwohner sogar eine noch
höhere Quote von 76 Prozent nach, allerdings sind in dieser Zahl wohl auch Nennungen enthalten, die hier
unter der Kategorie 'Sonstige Organisationsformen' zusammengefasst sind.
Kühn/Floeting 1995, S. 38.
34
Sowohl die personelle als auch die finanzielle Ausstattung der kommunalen Wirtschaftspolitik hängen natürlich wiederum von der Größe der jeweiligen Kommune ab. Das Aufgabenspektrum einer Kommune mit mehr als 100.000 Einwohnern ist allein vom Umfang der
Aufgaben her (z.B. höherer Flächenentwicklungsbedarf, größere Anzahl der zu beratenden
Unternehmen) wesentlich breiter als das einer Kommune mit 10.000-20.000 Einwohnern. Das
arithmetische Mittel von 3,7 Vollzeitbeschäftigten je Kommune über alle befragten Kommunen sagt aus diesem Grund wenig aus. Die Angaben schwankten hier von 0,5 Vollzeitstellen
in der Stadt Grimmen bis 60 Vollzeitstellen in der Stadt Dresden. Die arithmetischen Mittelwerte nach Gemeindegrößenklassen haben eine größere Aussagekraft: In den Kommunen mit
10.000 bis 20.000 Einwohnern sind durchschnittlich 1,3 Vollzeitstellen für Aufgaben der
Wirtschaftsförderung vorhanden, in den Kommunen mit 20.000-50.000 Einwohnern 3,0 Vollzeitstellen, in den Kommunen mit 50.000-100.000 Einwohnern durchschnittlich 7,6 Stellen
und in den Kommunen über 100.000 Einwohnern immerhin 16,0 Vollzeitstellen41. Auch diese
Angaben wurden vom Deutschen Institut für Urbanistik schon im Jahr 1993 für die ostdeutschen Kommunen erhoben42. Die Mittelwerte aus dieser Befragung in den entsprechenden
Gemeindegrößenklassen, 1,5 für die Kommunen mit 10.000-20.000 Einwohnern, 3,2 für die
Kommunen mit 20.000-50.000 Einwohnern, 6,6 für die Kommunen mit 50.000-100.000 Einwohnern und 14,5 für die Kommunen mit mehr als 100.000 Einwohnern machen deutlich,
dass sich im Zeitraum 1993 bis 2000 an der personellen Ausstattung der Kommunen im Bereich der kommunalen Wirtschaftsförderung wenig verändert hat.
Die finanzielle Ausstattung der kommunalen Wirtschaftsförderung aus den laufenden Ausgaben des kommunalen Verwaltungshaushaltes lag im Mittel der Jahre 1998 und 1999 bei jährlich rund 15 DM je Einwohner. Diese mit der Einwohnerzahl standardisierte Kennziffer ist
von der Größe der Kommunen weitgehend unabhängig. In einer engen Definition umfassen
diese Ausgaben nur die unmittelbaren Personal- und Sachausgaben, die für das Wirtschaftsförderungsamt, die Stabsstelle, die Abteilung oder die Wirtschaftsförderungsgesellschaft verausgabt werden. In einer weiten Definition fallen darunter alle laufenden Ausgaben, die in
einem weiteren Sinne der Wirtschaftsförderung zugeordnet werden können wie z.B. Bauunterhaltungsmaßnahmen. Aufgrund der Unbestimmtheit der weiten Definition, unter die
letztendlich auch Kulturausgaben subsumiert werden könnten, da diese einen weichen Standortfaktor darstellen, wurde sich hier auf eine enge Abgrenzung der Wirtschaftsförde41
42
Der Grenzertrag einer neuen Stelle nimmt dabei anscheinend mit zunehmender Größe der Kommune ab, wie
sich an der kleiner werdenden Relation 'Vollzeitstellen je Einwohner' zeigt.
Kühn/Floeting 1995 S. 43 f.
35
rungsausgaben konzentriert43. Da die finanzielle Ausstattung der kommunalen Wirtschaftsförderung 1993 nicht erhoben wurde, entfällt hier der Vergleich mit den Daten des DIFU.
7.3
Ziele und Schwerpunkte der kommunalen Wirtschaftsförderung
In dieser Forschungsarbeit wird davon ausgegangen, dass die Ziele der kommunalen Wirtschaftsförderung die Verbesserung der lokalen Wirtschaftsstruktur, die Reduzierung der örtlichen Arbeitslosenquote und die Erhöhung der Gewerbesteuereinnahmen sind (s.o.).44 Aus
diesem Grund wurde diese Frage im Rahmen der schriftlichen Befragung der Kommunen
nicht noch einmal explizit gestellt. Die Kommunen wurden stattdessen gefragt, ob - und wenn
ja, in welchem Jahr - sie ihre Ziele und Schwerpunkte in einem Wirtschaftsförderungskonzept
dokumentiert haben (Frage 9), wie sich ihre Ressourcen auf die Aufgabenfelder Ansiedlungspolitik, Bestandspflege und Existenzgründung verteilen (Frage 10), ob in Relation zu anderen
Kommunen innovative Projekte realisiert wurden (Frage 12) und ob sich in der Ansiedlungspolitik auf bestimmte Branchen konzentriert wird (Frage 13). Zudem wurden die Kommunen
in einer sehr umfangreichen Frage gebeten, ihre Schwerpunktsetzung bei den Instrumenten
der kommunalen Wirtschaftsförderung deutlich zu machen (Frage 11).
Rund die Hälfte (51 Prozent) der ostdeutschen Kommunen über 10.000 Einwohner haben bis
heute darauf verzichtet, die Ziele und Schwerpunkte ihrer kommunalen Wirtschaftsförderung
in einem Wirtschaftsförderungskonzept zu dokumentieren. Die Existenz oder Nichtexistenz
eines schriftlichen Konzepts hängt dabei von der Größe der Kommunen ab. In den größeren
Kommunen sind solche Konzepte häufiger vorzufinden als in den kleineren Kommunen. In
den Experteninterviews wurde nach den Gründen für das Fehlen schriftlicher Leitbilder auch
noch zehn Jahre nach der Wiedervereinigung gefragt. Zwei Antworten wurden hier gegeben:
Zum einen sei das Aufstellen solch demokratisch legitimierter Konzepte sehr aufwendig, da
eine Vorlage für das Parlament erarbeitet werden müsse, diese werde dann erst beraten usw.
Flexibler sei es, mit verwaltungsinternen Leitlinien und informellen Diskussionspapieren zu
arbeiten. Zum anderen wurde die Zweckmäßigkeit schriftlicher Konzepte an sich in Frage
gestellt, entscheidend sei es, flexibel und problemorientiert zu handeln und nicht starre
Grundsätze festzuschreiben, die schon morgen wieder veraltet sind. Diese Antworten aus den
Experteninterviews korrespondieren mit den Befragungsergebnissen des Deutschen Instituts
43
In einer Reihe von Fällen war es hier notwendig, mit den Bearbeitern des Fragebogens telefonisch Rücksprache zu halten, um die genaue Abgrenzung der angegebenen Ausgaben zu erfragen.
36
für Urbanistik, die 1993 nach Konzepten der Wirtschaftsförderung in bestimmten Bereichen
fragten45. Die DIFU-Daten machen einerseits deutlich, dass umfassende Wirtschaftsförderungskonzepte in den Kommunen eine niedrigere Priorität haben als Gewerbeflächenkonzepte und Einzelhandelsrahmenkonzepte, andererseits aber auch, dass sehr viel mehr
Kommunen eine Vorstellung von ihren allgemeinen wirtschaftspolitischen Zielsetzungen haben als dies dann in schriftlichen Gesamtkonzepten für die Wirtschaftsentwicklung dokumentiert wird. Nach Angaben des DIFU waren 1993 in 59 Prozent der ostdeutschen Kommunen
über 10.000 Einwohner Gesamtkonzepte für die Wirtschaftsförderung fertiggestellt oder in
Bearbeitung46, für die allgemeinen wirtschaftspolitischen Zielsetzungen gaben dies 75 Prozent
der Kommunen an.
Verknüpft mit der Frage nach der Existenz eines schriftlichen Wirtschaftsförderungskonzepts
war die Bitte, das Konzept - wenn vorhanden - dem ausgefüllten Fragebogen beizulegen. Dieser Bitte kamen insgesamt 42 Kommunen nach. Die Auswertung dieser Konzepte machte
deutlich, dass sich die Kommunen in der Tat weniger in ihren allgemeinen Zielvorstellungen
der Wirtschaftsförderung unterscheiden als vielmehr in der konkreten instrumentellen Umsetzung dieser Ziele. Da sich dieser Tatbestand auch schon in den vor der Konzeption des Fragebogens durchgeführten Experteninterviews angedeutet hatte, wurde in der schriftlichen Befragung im Wesentlichen auf diese instrumentelle Ebene abgestellt. Begrifflich wurde dabei zwischen Aufgabenfeldern und Maßnahmen unterschieden (Abbildung 4).
Wie die Matrix aus Maßnahmen und Aufgabenfeldern deutlich machen soll, gibt es im Grunde kein Instrument der kommunalen Wirtschaftsförderung, das nicht sowohl der Bestandspflege und –entwicklung dient als auch Auswirkungen auf Neuansiedlungen und Existenzgründungen hat. Maßnahmen, die wie z.B. die Einführung neuer Steuerungsmodelle in der
Verwaltung stärker auf den Unternehmensbestand oder wie das Standortmarketing stärker auf
die Neuansiedlungen zielen, haben immer auch Auswirkungen auf die anderen Aufgabenfelder. Eine moderne kundenorientierte Verwaltung verbessert nicht nur die Wettbewerbsfähigkeit der ortsansässigen Unternehmen, sie ist auch ein Standortfaktor für Neuansiedlungen
oder Existenzgründungen. Standortmarketing wird nur dann erfolgreich sein, wenn es an den
44
45
Vom ökonomischen Zusammenhang her gedacht, können die beiden letzten Ziele aus dem ersten abgeleitet
werden. In diesem Sinne sind die 'Kunden' der kommunalen Wirtschaftspolitik - im Gegensatz zu den anderen kommunalen Fachpolitiken - in erster Linie die Unternehmen und nicht die Haushalte.
Kühn/Floeting 1995, S. 50
37
realen Standortbedingungen, den Stärken und Schwächen vor Ort, ansetzt und versucht, über
eine Bündelung der lokalen Kräfte Kompetenzen auszubauen und Schwächen zu beheben.
Abbildung 4: Aufgabenfelder und Maßnahmen der kommunalen Wirtschaftsförderung
Aufgabenfelder
Maßnahmen
(Aktivitäten, Instrumente)
Bestandspflege und
-entwicklung
Ansiedlungspolitik
Förderung von
Existenzgründungen
Beratung von Unternehmen
X
X
X
Mobilisierung von Fördermitteln
X
X
X
Liegenschaftspolitik
X
X
X
Gebühren- und Steuerpolitik
X
X
X
usw.
Quelle: Eigene Darstellung.
Die hier vorgeschlagene begriffliche Unterscheidung zwischen Maßnahmen und Aufgabenfeldern hat somit den Vorteil, dass mit beiden Kategorien jeweils hundert Prozent der Tätigkeit der kommunalen Wirtschaftsförderer abgebildet werden können, ohne dass es zu begrifflichen Unklarheiten und Überschneidungen kommt.
Entsprechend dieser Abgrenzung wurde bei der schriftlichen Erhebung der Aktivitätsschwerpunkte der kommunalen Wirtschaftsförderer sowohl nach den Aufgabenfeldern als
auch den Maßnahmen gefragt. Es interessierten hier jeweils normative Aussagen im Sinne
einer Schwerpunkt- bzw. Prioritätensetzung. In Frage 10 des Fragebogens wurden die kommunalen Wirtschaftsförderer gefragt, wie sich ihre Ressourcen im Durchschnitt der letzten
zwei Jahre auf die Aufgabenfelder Bestandspflege und –entwicklung, Ansiedlungspolitik und
Förderung von Existenzgründungen verteilt haben. Im Sinne einer Schwerpunktsetzung sollten die Angaben dabei in Prozent erfolgen. Durch die mit einem Prozentwert von 100 versehene abschließende Zeile "Gesamte Ressourcen der Wirtschaftsförderung" wurde deutlich
gemacht, dass sich die Prozentangaben zu den Aufgabenfeldern Bestandspflege und –entwicklung, Ansiedlungspolitik und Förderung von Existenzgründungen begrifflich trennscharf
zu hundert Prozent aufaddieren lassen sollten.
Es zeigt sich, dass im Durchschnitt aller Kommunen jeweils rund 40 Prozent der Ressourcen
auf die Aufgabenfelder Ansiedlungspolitik und Bestandspflege verwendet werden und 20
46
Wie die Ergebnisse der hier zugrunde liegenden Untersuchung aus dem Jahr 2000 belegen, haben eine Reihe
von Kommunen, die 1993 angaben, an der Erstellung eines Konzepts zu arbeiten, dies bis heute nicht verab-
38
Prozent auf die Förderung von Existenzgründungen47. Die Unterschiede zwischen den Kommunen sind jedoch zum Teil erheblich. Es lassen sich sowohl Kommunen finden, die über 80
Prozent ihrer Ressourcen in der Ansiedlungspolitik bündeln als auch solche, die das Gleiche
im Bereich der Bestandspflege tun. Der Maximalwert im Aufgabenfeld der Existenzgründungsförderung findet sich mit 70 Prozent in der Stadt Grimmen.
Abbildung 5: Die Verteilung der Ressourcen der kommunalen Wirtschaftsförderung auf
ihre Aufgabenfelder (Mittelwerte und Standardabweichungen)
39,2
Bestandspflege
und -entwicklung
43,3
Ansiedlungspolitik
Existenzgründungsförderung
17,4
0
20
40
60
80
100
Anteil an den Gesamtressourcen in Prozent
Quelle: Befragung der ostdeutschen Kommunen über 10.000 Einwohner aus dem Jahr 2000 (n=156).
Wird aus der Summe der quadrierten Abweichungen vom Mittelwert die Quadratwurzel gezogen, so ergibt sich die durchschnittliche Abweichung vom Mittelwert, die so genannte
Standardabweichung. Wie Abbildung 5 zeigt, sind diese Standardabweichungen recht hoch:
Die Standardabweichung für die Ressourcenanteilswerte der Kommunen zum Aufgabenfeld
Existenzgründung beträgt 12,4 Prozent, die Standardabweichung für die Nennungen zum
Aufgabenfeld Ansiedlungspolitik 18,9 Prozent und die entsprechende Standardabweichung
für das Aufgabenfeld Bestandspflege 19,4 Prozent. Regelmäßigkeiten im Hinblick auf die
Einwohnerzahl der Kommunen lassen sich bei diesen Abweichungen allerdings nicht erkennen.
47
schiedet (u.U. wurde der Entwurf stattdessen als informelle Arbeitsgrundlage verwendet).
Hollbach-Grömig 2001, S. 8, nennt etwas andere Zahlen für den Durchschnitt aller bundesdeutschen Städte
über 50.000 Einwohner. Die Arbeitszeit, die im Durchschnitt auf die Bestandspflege verwendet wird, ist in
diesen Städten deutlich höher als die durchschnittliche Arbeitszeit für die anderen abgefragten Aufgabenfelder Ansiedlung, Existenzgründungen und Projektmanagement.
39
Im Sinne der oben ausgeführten begrifflichen Abgrenzung zwischen Aufgabenfeldern und
Maßnahmen der kommunalen Wirtschaftsförderung wurde neben den Unterschieden in der
Ressourcenallokation in den drei Hauptaufgabenfeldern der kommunalen Wirtschaftsförderung auch nach den Schwerpunkten im Bereich der konkreten Maßnahmen gefragt. Insgesamt
wurden sechzehn Maßnahmenbündel (Beratung von Unternehmen, Mobilisierung von Fördermitteln, Liegenschaftspolitik usw.) aufgeführt, die ebenfalls möglichst vollständig und begrifflich weitgehend trennscharf die Gesamtaktivitäten der kommunalen Wirtschaftsförderung
umfassen sollten. Aufgrund der großen Anzahl von Maßnahmenbereichen und der Vielschichtigkeit der Aktivitäten kommunaler Wirtschaftsförderer konnten allerdings im Gegensatz zur Frage nach den Aufgabenfeldern der Wirtschaftsförderung Trennschärfe und Vollständigkeit nicht in gleichem Maße vorausgesetzt werden. So konnte beispielsweise nicht
vollständig ausgeschlossen werden, dass kommunale Wirtschaftsförderer noch andere, nicht
unter die sechzehn Maßnahmenbündel subsumierbare Instrumente einsetzen. Aus diesem
Grund wurde die Schwerpunktsetzung der kommunalen Wirtschaftsförderer im Maßnahmenbereich nicht mit Ressourcenanteilswerten in Prozentpunkten erhoben, sondern nach der Bedeutung des Maßnahmenbündels im Rahmen der Wirtschaftsförderung der Kommune auf
einer Skala von 0=keine Bedeutung, 1=geringe Bedeutung, 2=mittlere Bedeutung, 3=hohe
Bedeutung und 4=sehr hohe Bedeutung gefragt (Frage 11 des Fragebogens). Um zu verhindern, dass die Kommunen einfach jedem Instrument eine hohe bzw. sehr hohe Bedeutung
zuweisen, wurde in der Fragestellung eine "Ressourcenbeschränkung" vorgegeben. Unter der
Hypothese, dass die zeitlichen und finanziellen Ressourcen der kommunalen Wirtschaftsförderung beschränkt sind und deshalb Schwerpunkte und Prioritäten bei den Aktivitäten gesetzt werden müssen, wurden die kommunalen Wirtschaftsförderer gebeten, im Sinne solch
einer Schwerpunktsetzung maximal vier Instrumenten eine sehr hohe Bedeutung, maximal
vier Instrumenten eine hohe Bedeutung usw. zuzuweisen (Abbildung 6).
Im Durchschnitt der ostdeutschen Kommunen über 10.000 Einwohner sind die vier wichtigsten Instrumente der kommunalen Wirtschaftsförderung die 'Beratung von ortsansässigen Unternehmen über die Standortsituation, Fördermittel und bei Antragsverfahren', die 'Mobilisierung von EU-, Bundes- oder Landesmitteln', 'Standortmarketing und Öffentlichkeitsarbeit'
sowie die 'Initiierung und Koordinierung konkreter Projekte zur Verbesserung der harten
Standortfaktoren'. Auch die 'Moderation zwischen Politik, Verwaltung und Wirtschaft', die
'Liegenschaftspolitik', die 'Initiierung und Koordinierung konkreter Projekte zur Verbesserung
der weichen Standortfaktoren' und die 'Vergabe öffentlicher Aufträge an lokale Unternehmen'
40
sind Aktivitäten der kommunalen Wirtschaftsförderung, denen von den kommunalen Wirtschaftsförderern im Durchschnitt erkennbar mehr als eine "mittlere Bedeutung" zugemessen
wird. Den Maßnahmenbündeln 'Technologie- und Innovationsförderung', 'Analysetätigkeiten
(z.B. Erstellen von Arbeitsmarktanalysen, Pflege einer Unternehmensdatenbank)' und 'Beschäftigungs- und Qualifizierungsinitiativen' wird von den kommunalen Wirtschaftsförderern
eine "mittlere Bedeutung" zugemessen. Den Instrumenten 'Gebühren- und Steuerpolitik/Kommunale Finanzhilfen', 'Interkommunale Kooperation', 'Initiierung von Public-PrivatePartnerships', 'Einführung neuer Steuerungsmodelle in der Verwaltung' und 'Privatisierung/Outsourcing kommunaler Leistungen' wird dagegen im Durchschnitt erkennbar weniger
als eine "mittlere Bedeutung" zugemessen.
Abbildung 6: Bedeutung von Maßnahmenbündeln/Instrumenten im Gesamtaufgabenspektrum der kommunalen Wirtschaftsförderung
(Mittelwerte und Standardabweichungen)
Beratung von Unternehmen
3,18
3,04
Mobilisierung von Fördermitteln
2,56
Moderation
2,03
Analysetätigkeiten
2,71
Verbesserung harter S-Faktoren
2,3
Verbesserung weicher S-Faktoren
Standortmarketing
2,88
2,08
Technologie-/Innovationspolitik
1,67
Gebühren- und Steuerpolitik
2,26
Vergabe öffentlicher Aufträge
2,33
Liegenschaftspolitik
1,87
Beschäftigungsinitiativen
1,2
Verwaltungsmodernisierung
1,06
Privatisierung/Outsourcing
1,23
Initiierung von PPP
1,59
Interkommunale Kooperation
Keine
Bedeutung
Bedeutung der Maßnahme auf einer Skala mit 0=keine Bedeutung, 1=geringe
Bedeutung, 2=mittlere Bedeutung, 3=hohe Bedeutung, 4=sehr hohe Bedeutung
Quelle: Befragung der ostdeutschen Kommunen über 10.000 Einwohner aus dem Jahr 2000 (n=157).
Sehr hohe
Bedeutung
41
Ein ähnliches "Ranking" der Aufgabenschwerpunkte der kommunalen Wirtschaftsförderung
weist Stember mit Daten aus einer Veröffentlichung des Bundesministeriums für Wirtschaft
aus dem Jahr 1996 für die Städte über 50.000 Einwohner im Bundesgebiet nach48: An erster
Stelle stehen hier die 'Gewerbeflächenvermittlung' und das 'Consulting', gefolgt von den Aufgabenschwerpunkten 'Gewerbeflächenentwicklung', 'Wirtschaftliche Infrastruktur', 'Innovationsförderung', 'Marketing' und 'Arbeitsmarktpolitik'. Interpretiert man die Nennung 'Consulting' als 'Beratung von ortsansässigen Unternehmen' und die Nennung 'Wirtschaftliche Infrastruktur' als 'Verbesserung der harten Standortfaktoren' so wird deutlich, dass unter den
ersten fünf von Stember genannten Instrumenten der kommunalen Wirtschaftsförderung auch
drei der vier bedeutendsten Maßnahmen der ostdeutschen Kommunen fallen: die Beratungstätigkeit, das Standortmarketing und Initiierung und Koordinierung konkreter Projekte zur
Verbesserung der harten Standortfaktoren. Da nach der Bedeutung der Maßnahme 'Mobilisierung von Fördermitteln' in der von Stember zitierten Befragung nicht gefragt wurde, konzentrieren sich die Unterschiede zwischen den beiden Befragungen auf die Aktivitäten 'Gewerbeflächenvermittlung' und 'Gewerbeflächenentwicklung', denen unter dem Begriff 'Liegenschaftspolitik' in der Befragung 2000 nur eine leicht überdurchschnittliche Bedeutung zugemessen wurde, sowie die Maßnahme 'Innovationsförderung', der in der Befragung 2000
unter dem Begriff 'Technologie- und Innovationsförderung' nur eine "mittlere Bedeutung"
zugemessen wurde49.
Die Unterschiede zwischen beiden Befragungen in der Einschätzung des Instruments der Liegenschaftspolitik sind leicht zu erklären. Durch die massive Ausweisung von Gewerbeflächen
in der Transformationsperiode von 1990-95 in den ostdeutschen Kommunen sind dort Überkapazitäten entstanden, die bis heute nur z.T. abgebaut werden konnten. Nach Einschätzung
der TLG ist das Flächenangebot in Ostdeutschland heute kein Engpassfaktor mehr50. Dass vor
diesem Hintergrund die Bedeutung des Instruments der Liegenschaftspolitik in den ostdeutschen Kommunen stark an Bedeutung verloren hat, liegt auf der Hand. Während die Unterschiede im Bereich der Liegenschaftspolitik also aus den spezifischen Bedingungen in Ostdeutschland herrühren, resultiert die höhere Bedeutung der Innovationsförderung in der von
Stember angeführten Befragung aus einem Gemeindegrößenklasseneffekt. Differenziert man
die sechzehn im Rahmen der dieser Forschungsarbeit zugrunde liegenden Befragung des Jah-
48
49
50
Stember 1997, S. 17.
Ähnliche Unterschiede zwischen West- und Ostdeutschland belegt Hollbach-Grömig 2001, S. 10.
„Die private Verfügbarkeit von Grund und Boden ist Ende der neunziger Jahre für die wirtschaftliche Entwicklung in Ostdeutschland kein Engpass mehr“ TLG 1998, S. 8.
42
res 2000 erhobenen Maßnahmenbündel nach der Einwohnerzahl der Kommune, so zeigt sich,
dass fünf der sechzehn Maßnahmenbündel von der Größe der Kommune abhängen. In den
größeren Kommunen wird jeweils den Instrumenten
§
Verbesserung der weichen Standortfaktoren,
§
Technologie- und Innovationsförderung,
§
Vergabe öffentlicher Aufträge an lokale Unternehmen,
§
Beschäftigungs- und Qualifizierungsinititativen und
§
Einführung neuer Steuerungsmodelle in der Verwaltung
eine höhere Bedeutung zugemessen als in den kleineren Kommunen. Bei den anderen Maßnahmen konnte kein signifikanter Zusammenhang zwischen der Größe der Kommunen und
der Bedeutung des Instruments festgestellt werden. Da in der von Stember angeführten Umfrage nur die Städte mit 50.000 und mehr Einwohnern befragt wurden und in der hier zugrunde liegenden Befragung alle ostdeutschen Städte über 10.000 Einwohner, erklären sich die
verschiedenen Gesamtgewichte aus der unterschiedlichen Bedeutung, die dem Instrument der
Innovationsförderung in den verschiedenen Gemeindegrößenklassen beigemessen wird.
Zuguterletzt wurden in der schriftlichen Befragung unter der Überschrift 'Ziele und Schwerpunkte der kommunalen Wirtschaftsförderung' noch zwei weitere Aspekte erhoben. Zum einen wurde gefragt, ob die Kommune in den letzten Jahren Projekte bzw. Maßnahmen realisiert hat, die als besonders innovativ im Vergleich mit den bekannten Aktivitäten anderer
Kommunen gelten können (Frage 12), zum anderen wurde ermittelt, ob sich die Kommune in
ihren Bemühungen um Neuansiedlungen auf bestimmte Branchen konzentriert (Frage 13).
Innovative Maßnahmen wurden von 56,7 Prozent der Kommunen durchgeführt. Die Nennungen waren hier sehr vielfältig und erstreckten sich über fast alle sechzehn Maßnahmenbereiche. So wurden z.B. besondere Formen der interkommunalen Kooperation, Revitalisierungsmaßnahmen von Altstandorten, die Gründung von Forschungszentren, besondere
Anstrengungen im Stadtmarketing und herausragende Investitionen in unternehmens- oder
haushaltsnahe Infrastruktur genannt. 59,9 Prozent der Kommunen konzentrieren sich in ihrer
Ansiedlungspolitik auf bestimmte Branchen. Die Nennungen reichten hier von Hochtechnologiebranchen der so genannten 'New Economy' (Biotechnologie, Mikroelektronik, Softwareunternehmen) über traditionelle Industriebranchen wie Maschinenbau, Chemie und Fahrzeugbau bis hin zu Dienstleistungsbranchen (Tourismus, Logistik). Auch klein- und mittelständische Handwerksunternehmen, Bauunternehmen und Textilunternehmen wurden als Ziel-
43
gruppe der kommunalen Ansiedlungspolitik genannt. In den Experteninterviews wurde deutlich, dass tatsächlich zwei unterschiedliche Strategien in der Ansiedlungspolitik existieren.
Die Kommunen, die keine zielgruppenorientierte Ansiedlungspolitik betreiben, vertraten vehement die Meinung, dass man es sich ohnehin nicht 'leisten' könnte, 'wählerisch' zu sein,
jedem ansiedlungswilligen Unternehmen müsste der 'rote Teppich' ausgerollt werden, Zielgruppen in der Ansiedlungspolitik seien kontraproduktiv. Die anderen Kommunen hielten
dagegen, dass nach außen sehr deutlich gemacht werden müsse, wo die Kernkompetenzen der
Kommune in der interkommunalen Arbeitsteilung liegen und nur eine an den bestehenden
Clustern orientierte Ansiedlungspolitik mittelfristig zu Erfolgen führt.
Über mögliche Veränderungen der in diesem Abschnitt beschriebenen Kennziffern im Vergleich mit der Phase vor 1995 lässt sich nur spekulieren, da mit Ausnahme der Angaben des
DIFU zu den Wirtschaftsförderungskonzepten keine quantitativen Vergleichsdaten aus der
unmittelbaren Transformationsperiode vorliegen (s.o.). Aus den Experteninterviews konnten
allerdings zwei qualitative Aussagen abgeleitet werden, die von allen Interviewpartnern gleichermaßen betont wurden: Das Aufgabenfeld der Existenzgründungsförderung hat in den
ostdeutschen Kommunen seit 1995 generell an Bedeutung gewonnen, ebenso haben die Anstrengungen der Kommunen innovative Projekte zu realisieren zugenommen51. Im Verhältnis
der Aufgabenfelder Bestandspflege und Ansiedlungspolitik zueinander hat sich dagegen in
Ostdeutschland wenig geändert, da schon von Anfang an sehr stark auf den Erhalt des Bestandes (der industriellen Kerne) orientiert wurde. Die These von einer allgemeinen Bedeutungsverschiebung zugunsten der Bestandspflege scheint somit für Ostdeutschland in dieser
Form nicht zu gelten.
7.4
Kontakt und Kooperationsnetz der kommunalen Wirtschaftsförderung
Sehr viel mehr als die personelle und finanzielle Ausstattung der kommunalen Wirtschaftsförderungsstelle selbst ist sicherlich das gesamthaft abgestimmte Handeln der Kommune, orientiert an den Belangen der lokalen Wirtschaft, entscheidend für die Zufriedenheit der ortsansässigen Unternehmen. Durch die Einbeziehung weiterer Akteure in die Pläne der kommunalen Wirtschaftsförderung können die kommunalen Wirtschaftsförderer sukzessive ihre Ressourcenbasis ausdehnen. Gelingt es der kommunalen Wirtschaftsförderungsstelle beispielsweise in hohem Maße, die anderen kommunalen Fachpolitiken (Kommunale Stadt-
44
entwicklungs-, Kultur-, Arbeitsmarkt- und Umweltpolitik) für die Bedürfnisse der lokalen
Wirtschaft zu sensibilisieren, steigt die Effektivität - also das Verhältnis von Zielerreichungsgrad zu Mitteleinsatz - der kommunalen Wirtschaftsförderung deutlich an. Jeder Mark, die
von der Kommune im Bereich der kommunalen Wirtschaftsförderung ausgegeben wird, steht
im Zähler nunmehr nicht nur der direkte Output der Wirtschaftsförderer selbst, sondern zusätzlich auch noch der an den Zielen der Wirtschaftsförderung orientierte Output der anderen
Fachpolitiken gegenüber. Je mehr es den Wirtschaftsförderern gelingt, ihre Budgetrestriktionen in diesem bilateralen Verhandlungsprozess zwischen den Abteilungen zu überwinden, desto erfolgreicher wird die Wirtschaftspolitik der Kommune. Der Anteil an kommunalen Investitionen, die in von der Wirtschaftsförderung präferierte Infrastrukturprojekte
fließt, steigt an, die Außendarstellung der Kommune wird vermehrt auf Unternehmensansiedlungen ausgerichtet, die Entscheidungen der anderen Fachpolitiken orientieren sich in
zunehmendem Maße an den Bedürfnissen der lokalen Wirtschaft. In diesem Sinne wird auch
oft von der kommunalen Wirtschaftsförderung als einer Querschnittsaufgabe gesprochen, die
nur dann wirklich erfolgreich sein kann, wenn es ihr gelingt, das kommunale Handeln so weit
wie möglich einem wirtschaftspolitischen Leitbild unterzuordnen. Das DIFU hat im Rahmen
seiner Befragung aller Städte über 50.000 Einwohner aus dem Jahr 1995 ermittelt, dass der
Einfluss der Wirtschaftsförderung auf die Stadt- und Entwicklungspolitik am größten ist und
danach in abnehmender Reihenfolge die Fachgebiete Bauleitplanung, Gestaltung harter
Standortfaktoren, Baugenehmigungspraxis, Verkehrsplanung, Gestaltung weicher Standortfaktoren, Umwelt und Gebühren- und Steuerpolitik folgen52.
Um diesen Sachverhalt abzubilden, wurden die ostdeutschen Kommunen in der vorliegenden
Untersuchung gefragt, wie sie die Zusammenarbeit der Wirtschaftsförderung mit den anderen
Fachpolitiken im Hinblick auf eine Orientierung aller Fachpolitiken an den Bedürfnissen der
lokalen Wirtschaft auf einer Skala von sehr gut bis mangelhaft bewerten (Frage 8 des Fragebogens). Es zeigt sich, dass in gut der Hälfte aller Kommunen eine gute Zusammenarbeit zwischen den Fachpolitiken existiert. In 23 Prozent der Kommunen wird die Zusammenarbeit mit
befriedigend bewertet, in 11 Prozent mit ausreichend und in 4 Prozent sogar mit mangelhaft
(Abbildung 7). In einer offenen Frage mit einem zweizeiligen Textfeld konnten die Kommu-
51
52
Der InnoRegio-Wettbewerb hat hier sicherlich unterstützend gewirkt. Nach Angaben des DIFU (HollbachGrömig 2001) wird in 45,5 Prozent der ostdeutschen Kommunen über 50.000 Einwohner inzwischen ein regelmäßiges Benchmarking betrieben (in Westdeutschland nur 24,8 Prozent).
Hollbach-Grömig 1996, S.106. Im Jahr 2000 wurde zudem nach dem Einfluss auf den Wirtschaftsausschuss,
die Dezernentenrunde und die Internetpräsenz der Stadt gefragt, die alle ebenfalls in großem Maße von der
kommunalen Wirtschaftsförderung beeinflusst werden (Hollbach-Grömig 2001).
45
nen besondere Probleme der Zusammenarbeit benennen. Dieses Möglichkeit wurde ausschließlich von Kommunen genutzt, die eine befriedigende, ausreichende oder mangelhafte
Zusammenarbeit angaben. Im Wesentlichen wurden drei Problemkomplexe angesprochen. An
erster Stelle wurde in einer Vielzahl von Kommunen der mangelhafte Informationsaustausch
zwischen den Fachpolitiken beklagt. Solch ein unzureichender inneradministrativer Informationsfluss wiegt insbesondere deshalb schwer, weil die anderen Ämter neben den Betriebsbesuchen die wichtigste Informationsquelle der kommunalen Wirtschaftsförderung darstellen53.
Qualität der Zusammenarbeit
Abbildung 7: Bewertung der Zusammenarbeit zwischen der kommunalen Wirtschaftsförderung und den anderen kommunalen Fachpolitiken
11,0
sehr gut
50,7
gut
23,4
befriedigend
11,0
ausreichend
mangelhaft
0,0
3,9
10,0
20,0
30,0
40,0
50,0
60,0
Prozent der Kommunen
Quelle: Befragung der ostdeutschen Kommunen über 10.000 Einwohner aus dem Jahr 2000 (n=154).
Zweitens wurde mehrfach das Fehlen einer gemeinsamen langfristigen Planung zwischen den
Fachpolitiken konstatiert. Gespräche würden nur ad hoc bei unmittelbarem Bedarf stattfinden,
ein abgestimmtes leitbildorientiertes Handeln existiere nicht. Als dritter Problemkomplex
wurden grundlegende Interessenkonflikte zwischen den Fachpolitiken und eine mangelnde
Akzeptanz wirtschaftspolitischer Fragestellungen in den anderen Fachpolitiken genannt. Beispielhaft wurden hier insbesondere Zielkonflikte zwischen Sozialpolitik und Wirtschaftsförderung, Umweltpolitik und Wirtschaftsförderung sowie Stadtentwicklung und Wirtschaftsförderung angeführt. Im verbleibenden Zehntel der Kommunen ist die Koordination der einzelnen Fachpolitiken im Sinne der Orientierung aller Fachpolitiken an den Bedürfnissen der
lokalen Wirtschaft sehr gut. Ein Zusammenhang zwischen der Einwohnerzahl der Kommunen
und der Güte der Zusammenarbeit der Fachpolitiken konnte nicht festgestellt werden.
53
Hollbach-Grömig 1996, S. 29.
46
Die Ressourcen der kommunalen Wirtschaftsförderung lassen sich noch weiter ausdehnen,
wenn nicht nur verwaltungsintern kooperiert wird, sondern auch mit anderen lokalen Institutionen wie beispielsweise der Industrie- und Handelskammer, der Handwerkskammer und dem
lokalen Arbeitsamt (Abbildung 8). Wenn sich diese verwaltungsexternen lokalen Entscheidungsträger – ebenso wie verwaltungsintern die anderen Fachpolitiken – die Ziele der kommunalen Wirtschaftsförderung zu eigen machen, so steigt die Effektivität der kommunalen
Wirtschaftsförderung weiter an.
Abbildung 8: Das Akteursumfeld der kommunalen Wirtschaftsförderung
Andere lokale Entscheidungsträger
Ø Industrie- und
Handelskammer
Ø Ortsansässige
private
Unternehmen
Andere Fachpolitiken
Stadtentwicklungspolitik, Kulturpolitik,
Arbeitsmarktpolitik, Umweltpolitik usw.
Ø Arbeitsamt
Ø Unternehmens
- und Berufsverbände
Ø Gewerkschaften
Kommunale
Wirtschaftsförderung
Ø Handwerkskammer
Ø Forschungseinrichtungen/
Technologietransferstellen
Ø Kreis-/Stadtsparkasse
Ø Versorgungsunternehmen
Quelle: Eigene Darstellung.
Durch einen regelmäßigen Informationsaustausch zwischen den lokalen Institutionen können
mögliche Zielkonflikte und Reibungsverluste bei der Umsetzung von wirtschaftspolitischen
Maßnahmen minimiert werden. Je besser und offener die kommunale Wirtschaftsförderung
ihre Maßnahmen nach außen kommuniziert, desto geringer sind mögliche Widerstände gegen
diese Maßnahmen. Zudem lassen sich im Zuge eines erfolgreichen Moderationsprozesses
zwischen Politik, Verwaltung und Wirtschaft ähnliche Aktivitäten der verschiedenen Akteure
auf dem Gebiet der lokalen Wirtschaftsförderung bündeln. Bei Zielharmonie steigt so der
Wirkungsgrad von Mitteleinsatz und Zielerreichungsgrad bei allen Institutionen an. Meist
verändern sich im wechselseitigen Diskurs und in der Zusammenarbeit in konkreten Projekten
die Zielvorstellungen der beteiligten Akteure. Zielkonflikte können so abgemildert werden.
47
Aber nicht nur die Bündelung der Aktivitäten in gemeinsamen Projekten ist das Ergebnis
solch einer interinstitutionellen Kooperation vor Ort54, auch die Trennung von Aktivitäten im
Sinne einer klaren Zuordnung von Kompetenzen. Denn nur durch eine sinnvolle Arbeitsteilung zwischen den Entscheidungsträgern wird verhindert, dass Aufgaben doppelt erledigt
und insgesamt Mittel verschwendet werden. Gerade im Bereich der kommunalen Wirtschaftsförderung, die im Wesentlichen private Unternehmen als "Kunden" im Blickfeld hat, ist solch
eine Transparenz bei der Aufgabenverteilung zwischen den verschiedenen öffentlichen und
halb-öffentlichen Institutionen vor Ort unerlässlich. Je transparenter es für einen ortsansässigen Unternehmer ist, an welche "Stelle" er sich wenden kann, wenn er bestimmte Fördermittel beantragen oder eine bestimmte Auskunft erhalten will, desto erfolgreicher ist die
kommunale Wirtschaftsförderung. In den Experteninterviews wurde genau dieser Punkt von
den befragten Akteuren und Unternehmen in mehreren Städten betont: "Zu viele Köche verderben den Brei". Es ist zu vermuten, dass sich das Selbstverständnis der kommunalen Wirtschaftsförderung in Ostdeutschland ausgelöst durch diese interinstitutionellen Synergieeffekte, bei zunehmender Mittelknappheit im Zeitablauf gewandelt hat55. Das DIFU weist für die
ostdeutschen Kommunen über 50.000 Einwohner nach, dass die verwaltungsinterne Zusammenarbeit, die Zusammenarbeit zwischen Rat und Verwaltung und die Zusammenarbeit mit
Organisationen und Verbänden im Zeitraum 1995-2000 an Bedeutung gewonnen haben. Die
interkommunale Zusammenarbeit hat dagegen an Gewicht verloren.
In der dieser Forschungsarbeit zugrunde liegenden Befragung wurde versucht, diesen Tatbestand der interinstitutionellen und interkommunalen Zusammenarbeit mit einer Reihe von
Fragen zu erheben. Zunächst wurde in Frage 5 des Fragebogens ermittelt, mit welchen Institutionen (Kammern, Verbänden usw.) die Kommune auf dem Gebiet der lokalen Wirtschaftsförderung zusammenarbeitet. Mehrfachnennungen waren hier zulässig und erwünscht (Abbildung 9). Die häufigsten Kooperationspartner der kommunalen Wirtschaftsförderer sind demnach die Industrie- und Handelskammern, ortsansässige private Unternehmen, das Arbeitsamt, der Landkreis bei kreisangehörigen Kommunen und die Handwerkskammer, gefolgt
von Kreditinstituten, Versorgungsunternehmen, Nachbarkommunen oder –kreisen, Unternehmensverbänden und den lokalen Forschungseinrichtungen mit ihren Technologietransferstellen. Das Schlusslicht bilden die Gewerkschaften und die Gruppe der sonstigen Kooperati-
54
55
Hollbach-Grömig 1996, S. 104, hat für die bundesdeutschen Städte über 50.000 Einwohner eine Liste von
Projekten (Europa-Aktivitäten, ÖPNV-Konzepte, Fremdenverkehr, Konversion usw.) erhoben, an denen die
Wirtschaftsförderung mit unterschiedlicher Intensität beteiligt ist.
Hollbach-Grömig 2001, S. 17.
48
onspartner. Die Nennungen bei der Gruppe der sonstigen Kooperationspartner waren höchst
unterschiedlich: Es wurden u.a. überregionale Wirtschaftsförderungsgesellschaften, Stiftungen, Städtenetze, Landesministerien und mehrmals die Thüringer Aufbaubank und die LEG
genannt.
Abbildung 9: Verwaltungsexterne Kontakte der kommunalen Wirtschaftsförderung
91,7
90,4
89,2
Industrie- und Handelskammer
Private Unternehmen
Arbeitsamt
Unternehmensverbände
Gewerkschaften
Forschungseinrichtungen
Handwerkskammer
Kreis-/Stadtsparkasse
Versorgungsunternehmen
Nachbarkommunen/Nachbarkreise
Landkreis
Sonstige Kooperationspartner
59,2
14,6
49,7
74,5
68,2
67,5
61,8
81,5
36,9
0
20
40
60
80
100
In Prozent der Kommunen
Quelle: Befragung der ostdeutschen Kommunen über 10.000 Einwohner aus dem Jahr 2000 (n=159).
Das DIFU hat 1993 – mit einer etwas anderen Fragestellung – ebenfalls nach den externen
Kontakten der lokalen Wirtschaftsförderer in Ostdeutschland gefragt. 1993 dominierten noch
die Kontakte zur Treuhandanstalt, die heute überhaupt keine Rolle mehr spielen. Dann folgten
die Unternehmen und Wirtschaftsverbände, das Arbeitsamt, die Kreditinstitute, die Handwerkskammern, die Industrie- und Handelskammern, Forschungseinrichtungen und wiederum
als Schlusslicht die Gewerkschaften56. Mit Ausnahme der THA-Kooperationen hat sich das
Gesamtbild also zwischen den Jahren 1993 und 2000 kaum verändert.
Aussagekräftiger als die Anzahl der verwaltungsexternen Kooperationsbeziehungen ist sicherlich die Qualität dieser Beziehungen: das interinstitutionelle Kooperationsklima in einer
Kommune. Die Kommunen wurden hier gebeten, das interinstitutionelle Kooperationsklima
49
in ihrer Stadt gesamthaft auf einer Skala von sehr gut bis mangelhaft zu bewerten. In Anlehnung an die obigen Ausführungen wurde zwischen drei funktionalen Aspekten des Kooperationsklimas unterschieden: die Qualität der Kommunikation und des Informationsaustauschs,
die Intensität der Zusammenarbeit in konkreten Projekten und die Klarheit der Zuordnung der
Kompetenzen im Rahmen einer sinnvollen Arbeitsteilung vor Ort (Frage 6 des Fragebogens)57. Vorteil dieser Fragestellung ist zum einen, dass die Angaben auf einem metrisch interpretierbaren Skalenniveau vorliegen, zum anderen, dass insgesamt nur drei Kennziffern
und nicht für jede Organisation eine Kennziffer betrachtet werden muss58. Im Ergebnis zeigt
sich folgendes Bild: Kommunikation und Informationsaustausch werden in einem Zehntel der
Kommunen als sehr gut bezeichnet, in rund 44 Prozent als gut, in 36 Prozent als befriedigend,
in 7 Prozent als ausreichend und in 2,5 Prozent als mangelhaft (Abbildung 10). Das arithmetische Mittel liegt bei einer Note von 2,47.
Abbildung 10: Qualität des interinstitutionellen Kooperationsklimas
Kommunikation/Informationsaustausch
Zusammenarbeit in konkreten
Projekten
Sinnvolle Arbeitsteilung
10,1
44,3
11,9
7,2
0%
36,1
54,7
25,7
20%
23,9
42,1
40%
60%
15,8
80%
7,0
2,5
6,3
3,1
9,2
100%
In Prozent der Kommunen
sehr gut
gut
befriedigend
ausreichend
mangelhaft
Quelle: Befragung der ostdeutschen Kommunen über 10.000 Einwohner aus dem Jahr 2000 (n=156).
Kooperation und Zusammenarbeit in konkreten Projekten werden in etwa 12 Prozent der
Kommunen als sehr gut bezeichnet, in immerhin 54,7 Prozent als gut, in 23,9 Prozent als befriedigend, in 6,3 Prozent als ausreichend und in 3,1 Prozent als mangelhaft. Das arithmetische Mittel liegt hier bei einer Note von 2,34. Die mit Abstand größten Probleme zeichnen
sich im Durchschnitt der Kommunen bei der sinnvollen Arbeitsteilung und der klaren Zuord56
57
58
Kühn/Floeting 1995, S. 119.
Im Gegensatz zur institutionsbezogenen Fragestellung des DIFU, das in seinen Befragungen versucht, diesen qualitativen Aspekt mit der Frage zu erfassen, ob die Kontakte gelegentlich oder häufig sind wurde hier
also auf funktionale Aspekte des lokalen Kooperationsklimas abgestellt.
Den Anstoß für diese Reduktion der Fragestellung auf funktionale Aspekte haben die im Vorfeld der
schriftlichen Befragung durchgeführten Experteninterviews gegeben. In diesen Interviews wurde deutlich,
dass die Kommunen ohnehin dazu tendieren, das Kooperationsklima vor Ort insgesamt zu bewerten, ohne
stark zwischen den beteiligten Institutionen zu differenzieren.
50
nung von Kompetenzen zwischen den verschiedenen auf dem Gebiet der lokalen Wirtschaftsförderung tätigen Institutionen ab: Nur in einem Drittel der Kommunen funktioniert die Arbeitsteilung gut oder sehr gut, rund 42 Prozent bezeichneten sie als befriedigend, 15,8 Prozent
als ausreichend und 9,2 als mangelhaft. Das arithmetische Mittel liegt hier bei einer Note von
2,94. Ein signifikanter Zusammenhang mit der Anzahl der Einwohner in den Kommunen lässt
sich dabei nicht erkennen: Die Qualität des Informationsflusses, die Kooperationsfreudigkeit
und die Klarheit der interinstitutionellen Arbeitsteilung hängt nicht von der Größe der Kommunen ab.
Zusätzlich wurden noch zwei weitere Fragen gestellt, um das Kooperationsklima zu erfassen.
Zum einen wurden die Kommunen gefragt, ob sie in den letzten Jahren Projekte als PublicPrivate-Partnership realisiert haben (Frage 26 des Fragebogens). 79,6 Prozent verneinten dies,
20,4 Prozent bejahten, genannt wurden Existenzgründerinitiativen, Stadtmarketingaktivitäten,
Erschließungsmaßnahmen bei Gewerbegebieten, kommunale Handwerkerhöfe und andere
Infrastrukturmaßnahmen. Zum anderen wurden die Kommunen in der schriftlichen Befragung
der ostdeutschen Kommunen über 10.000 Einwohner gefragt, ob ihre Kommune in konkreten
Projekten mit benachbarten Städten, Gemeinden oder Kreisen zusammenarbeitet und wenn ja,
auf welchen Raum sich diese Zusammenarbeit erstreckt und in welchem Jahr sie begonnen
wurde (Frage 7 des Fragebogens). Rund ein Drittel aller Kommunen gab an, bei der Erschließung und Belegung von Gewerbegebieten zusammenzuarbeiten (Abbildung 11). Mehr als die
Hälfte dieser Kommunen hat mit dieser Form der interkommunalen Kooperation sogar schon
in den Jahren 1990-1993 begonnen.
53 Prozent der ostdeutschen Kommunen sind in ein gemeinsames Regionalmarketing eingebunden, das Gros dieser Kommunen hat damit allerdings erst in jüngster Zeit, d.h. in den
letzten vier Jahren, begonnen. Die Ansiedlung großflächiger Einzelhandelsbetriebe wird nur
von 12,7 Prozent der Kommunen gemeinsam betrieben. 61,2 Prozent der Kommunen – davon
weit mehr als die Hälfte schon seit den ersten Jahren nach der Wende - sind Mitglied eines
Zweckverbands zur Ver- und Entsorgung, deutlich weniger, nämlich 31,3 Prozent, koordinieren ihren öffentlichen Nahverkehr im Rahmen eines Zweckverbands. Die engste Form der
interkommunalen Kooperation, eine regelmäßige Regionalkoordination im Rahmen einer Regionalkonferenz, wird von 40,3 Prozent der Kommunen betrieben.
51
Abbildung 11: Interkommunale Kooperationsformen
18,7
Interkommunale Gewerbegebiete
7,5
Gemeinsames Regionalmarketing
7,5
7,4
19,4
26,1
6,0 3,73,0
Gemeinsame Ansiedlungspolitik
42,5
Zweckverband zur Ver- und Entsorgung
14,9
Zweckverband im ÖPNV
11,9
Regelmäßige Regionalkoordination
0
10
8,9
3,8
50
60
7,5
19,4
20
14,9
9,0
30
40
70
In Prozent der Kommunen
1990-1993
1994-1997
1997-2000
Quelle: Befragung der ostdeutschen Kommunen über 10.000 Einwohner aus dem Jahr 2000 (n=159).
Bis auf eine Ausnahme sind alle Kooperationsformen unabhängig von der Gemeindegrößenklasse der Kommunen: Die Strategie eines gemeinsamen Stadtort- bzw. Regionalmarketings
wird erkennbar häufiger von größeren als von kleineren Kommunen verfolgt. In zwei offenen
Textfeldern konnten die befragten Kommunen zudem weitere Projekte interkommunaler Kooperation nennen. Im Wesentlichen wurden hier Tourismuskooperationen, die Mitgliedschaft
in Städtenetzen, regionale Planungsgemeinschaften und die Existenz gemeinsamer Raumordnungskonzepte aufgeführt.
Wie oben erwähnt wurde auch nach dem räumlichen Bezug der interkommunalen Kooperation gefragt. Die Kommunen sollten hier für die einzelnen Projekte jeweils die Anzahl der
beteiligten Gemeinden oder Kreise nennen bzw. eine entsprechende Gebietsbezeichnung (z.B.
Ostthüringen, Regierungsbezirk) eintragen. Hier zeigte sich, dass der räumliche Bezug bei der
gemeinsamen Erschließung von Gewerbegebieten und der Ansiedlung großflächiger Einzelhandelsbetriebe am kleinsten ist. In der Regel sind nur zwei bis drei Kommunen innerhalb
eines Landkreises bzw. Stadt und Umland an diesen Kooperationen beteiligt. Der räumliche
Bezug eines gemeinsamen Regionalmarketing und regelmäßiger Regionalkoordinationen ist
dagegen im Durchschnitt deutlich größer, er umfasst bei Städtenetzen meist mehr als fünf
Städte aus verschiedenen Landkreisen und bei einer an der Fläche orientierten Kooperation in
der Regel mehrere Landkreise bis hin zu einem ganzen Regierungsbezirk. Eine dritte räumli-
52
che Ebene stellen die Zweckverbände dar, die mit einer durchschnittlichen Beteiligung von
zehn bis vierzig Kommunen im Mittel noch etwas großflächiger sind als die Kooperationsräume für das Standortmarketing oder regelmäßige Regionalkonferenzen. Die Zweckverbände
im Nahverkehr sind dabei in aller Regel kleiner als die im Bereich der Ver- und Entsorgung
und decken sich nicht selten mit dem mittleren Bezugsraum des Regionalmarketing.
7.5
Informationsbeschaffung und -aufbereitung
Eigenständige Analysetätigkeiten der kommunalen Wirtschaftsförderung (z.B. die Pflege eines Standortinformationssystems oder die Evaluierung des eigenen Handels durch regelmäßige Unternehmensbefragungen) sind eine notwendige Voraussetzung, um in anderen Maßnahmenbereichen empirisch fundiert planen und handeln zu können. So kann beispielsweise
Technologie- und Innovationsförderung oder ein effektives Standortmarketing nur auf
Grundlage einer Stärken- und Schwächenanalyse der lokalen Wirtschaft zielgerichtet implementiert werden. Kommunales Flächenmanagement lässt sich nur dann erfolgreich durchführen, wenn Klarheit über den gewerblichen Flächenbedarf und das Angebot anderer konkurrierender Kommunen besteht. Auch bei der Einführung neuer Steuerungsmodelle in der Kommunalverwaltung ist Erfolgskontrolle durch regelmäßiges Benchmarking eine hilfreiche Nebenbedingung. In diesem Sinne sind die Analysetätigkeiten der kommunalen Wirtschaftsförderung eine Querschnittsaufgabe, da sie die Informationsgrundlage für die anderen wirtschaftspolitischen Aktivitäten bereitstellen. Diese Funktion als interne Informationsquelle ist
allerdings nur eine Seite der Medaille. Werden die im Zuge eigenständiger Analysetätigkeiten, d.h. z.B. originärer Erhebungen, gewonnenen Kommunalstatistiken in geeigneter Form
aufbereitet (z.B. im Rahmen eines Standortinformationssystems bzw. Internetportals), so
stellen sie natürlich auch eine Informationsgrundlage für externe Entscheidungsträger dar.
Ansiedlungswillige und ortsansässige Unternehmen, Kammern und Wirtschaftsverbände sowie Journalisten und interessierte Bürger erhalten so Informationen über den Wirtschaftsstandort. Gerade im Zuge der Globalisierung des Wirtschaftens wird es zunehmend wichtiger,
solche Informationsangebote in geeigneter Form, d.h. benutzerfreundlich und mehrsprachig,
bereitzustellen. Das Nicht-Vorhandensein solch eines Informationsangebots allein kann schon
der Grund für die Entscheidung eines Investors sein, sich nicht in der Region zu engagieren.
In der vorliegenden Untersuchung wurden die Kommunen zum einen nach der Art ihrer Analysetätigkeit gefragt, zum anderen sollte eine Unterscheidung getroffen werden, ob die Tätigkeit unregelmäßig oder regelmäßig durchgeführt wird (Frage 16 des Fragebogens). Es zeigt
53
sich, dass jeweils deutlich mehr als die Hälfte der ostdeutschen Kommunen inzwischen eine
Unternehmensdatenbank und ein Standortinformationssystem auf regelmäßiger Grundlage
pflegen (Abbildung 12). Jeweils ein weiteres Viertel der Kommunen tut dies unregelmäßig.
Ein knappes Drittel aller Kommunen erstellt regelmäßig Strukturanalysen, rund die Hälfte
unregelmäßig und ein Fünftel führt regelmäßige Erfolgskontrollen der kommunalen Wirtschaftsförderung durch, weitere 40 Prozent tun dies unregelmäßig. Ob die Aktivitäten regelmäßig, unregelmäßig oder gar nicht durchgeführt werden, hängt dabei stark von der Größe der
Kommunen ab. Die größeren Kommunen setzen die Instrumente weit regelmäßiger ein als die
kleineren Kommunen. Die Antworten 'gar nicht' konzentrieren sich im Schwerpunkt in der
Gruppe der Kommunen unter 20.000 Einwohner. Eine Ausnahme sind Unternehmensbefragungen, die von immerhin 13,4 Prozent der befragten Kommunen regelmäßig und von weiteren 59,9 Prozent unregelmäßig durchgeführt werden. Diese Analysetätigkeit verteilt sich über
alle Gemeindegrößenklassen relativ gleichmäßig, Unterschiede zwischen größeren und kleineren Kommunen lassen sich nicht erkennen. In einem offenen Textfeld unter der Bezeichnung 'Sonstiges' konnten die befragten Kommunen weitere Aktivitäten nennen, die sie im
Bereich der Informationsbeschaffung und -aufbereitung verfolgen. Nur dreizehn Kommunen
machten überhaupt von dieser Möglichkeit Gebrauch. Genannt wurden Stärken- und Schwächen-Analysen, Analysen der Gewerbeflächenbelegung, der Aufbau einer Existenzgründerdatenbank und das Aufstellen einer Tourismusanalyse.
Abbildung 12: Art der Analysemaßnahmen der kommunalen Wirtschaftsförderung
Pflege einer
Unternehmensdatenbank
57,3
Pflege eines
Standortinformationssystems
23,6
55,4
Durchführen von
Unternehmensbefragungen
13,4
Erstellung von
Strukturanalysen
25,5
59,9
31,8
47,1
22,3
Erfolgskontrolle/Evaluierung
5,7
Sonstige Analysetätigkeit
0
39,5
2,5
20
40
60
80
100
In Prozent der Kommunen
regelmäßig
unregelmäßig
Quelle: Befragung der ostdeutschen Kommunen über 10.000 Einwohner aus dem Jahr 2000 (n=159).
54
Das DIFU hat in seiner gesamtdeutschen Umfrage aus dem Jahr 1995 ebenfalls nach den Informationsgrundlagen der kommunalen Wirtschaftsförderung gefragt59. Das unterschiedliche
Befragungsdesign lässt jedoch nur einen eingeschränkten Vergleich der Ergebnisse im Zeitablauf zu. In der DIFU-Befragung sollten die ostdeutschen Städte über 50.000 Einwohner
eine Reihe von vorgegebenen Informationsquellen der kommunalen Wirtschaftsförderung
danach bewerten, ob diese von ihnen häufig, gelegentlich oder nie genutzt werden. Auf den
ersten fünf Plätzen finden sich die Informationsquellen 'Andere Ämter', 'Betriebsbesuche',
'Verbände/Ministerien', 'Betriebsdatei' und 'Gesprächsrunden', gefolgt von den Instrumenten
'Gutachten', 'Standortinformationssysteme' und 'Betriebsbefragungen'. Unterstellt man, dass
die Nennungen 'häufig', 'gelegentlich', 'nie' der DIFU-Befragung den Nennungen 'regelmäßig',
'unregelmäßig', 'gar nicht' aus der im Rahmen dieser Forschungsarbeit durchgeführten Befragung entsprechen, so lassen sich bei Angleichung der Gemeindegrößenklassen eine Reihe von
Veränderungen im Zeitraum von 1995-2000 feststellen. Unter der Voraussetzung, dass sich
die Angaben der Kommunen zu den Stichwörtern 'Betriebsdatei' und 'Unternehmensdatenbank', 'Strukturanalysen' und 'Gutachten' sowie 'Betriebsbefragungen' und 'Unternehmensbefragungen' entsprechen, ist im Zeitraum zwischen 1995 und 2000 bei zwei dieser vier Informationsinstrumente eine Verschiebung von der unregelmäßigen bzw. gelegentlichen Nutzung
der Informationsquellen hin zur regelmäßigen bzw. häufigen Nutzung feststellbar: die
Verbreitung und Nutzung von Standortinformationssystemen hat deutlich zugenommen, aber
auch die Erstellung von Strukturanalysen und Gutachten. Die Intensität, mit der Unternehmensbefragungen durchgeführt und Unternehmensdatenbanken gepflegt werden, hat sich dagegen im Zeitablauf kaum verändert.
Ergänzend wurde hierzu noch eine Kennziffer gebildet, die die Qualität der Internetseiten als
Informationsquelle für externe Nutzer, insbesondere Unternehmen, wiederspiegeln soll. Die
Internetseiten der Kommunen bzw. der kommunalen Wirtschaftsförderer (Stand: Mai 2001)
wurden hierzu im Hinblick auf Informationen zu den vier von Unternehmen in Rankings von
Standortfaktoren jeweils an vorderer Stelle genannten Faktoren - Verkehrsanbindung, Gewerbeflächenangebot, Zugang zu Fördermitteln sowie Liefer- und Absatzverflechtungen - untersucht. Wenn die Internetseite einer Kommune60 leicht zugängliche (benutzerfreundliche)
Antworten zu allen vier Bereichen enthielt, d.h.
§
Angaben zur intra-/interregionalen Verkehrsinfrastruktur (Luft, Schiene und Straße),
§
Angaben zum lokalen Gewerbeflächenangebot (Preise, Flächenbeschreibung),
59
Hollbach-Grömig 1996, S. 32.
55
§
Angaben zu Fördermitteln (Ansprechpartner, Beschreibung der Programme) und
§
Angaben zu den Kernkompetenzen der Region (Sektoralstruktur, Stärken/Schwächen),
so erhielt die Variable den Wert '1'. Fehlten Informationen zu einem der vier Standortfaktoren, wurde der Wert '0' vergeben. Im Ergebnis zeigte sich, dass in rund 28 Prozent aller
Kommunen Online-Informationen zu allen vier Bereichen abrufbar waren. In 22 Prozent der
Kommunen konnten die Informationen zudem sowohl in deutscher als auch englischer Sprache abgerufen werden. Die Internetpräsenz der größeren Kommunen ist dabei im Durchschnitt sehr viel besser als die kleinerer Kommunen.
7.6
Beratungstätigkeit der kommunalen Wirtschaftsförderung
Die Beratung von Unternehmen (Consulting) über die Standortsituation, Fördermittel und bei
Antragsverfahren gehört zu den traditionellen Instrumenten der kommunalen Wirtschaftsförderung. Zielgruppen der Beratungstätigkeit sind sowohl ortsansässige Betriebe als auch
Existenzgründer und ansiedlungswillige Betriebe. Stember unterscheidet dabei zwischen
Kern- und Randkompetenzen der Unternehmensberatung: Die Kernkompetenzen sieht er im
Bereich der Standortberatung, der Gewerbeflächenvermittlung, der Genehmigungshilfen und
der Einstiegsberatung, die Randkompetenzen im Bereich der Technologieberatung, der Finanzierungsberatung, der Arbeitsmarkthilfen, der Existenzgründungsberatung und der Innovationsberatung.61 Wie die Kontakte mit den Unternehmen gepflegt werden, d.h. auf welchem
"Weg" das Consulting stattfindet, wurde in der DIFU-Befragung aus dem Jahr 1993 für die
ostdeutschen Städte über 10.000 Einwohner erhoben: 84 Prozent der Kommunen gaben an,
Betriebsbesuche, 60,5 Prozent regelmäßige Gesprächsrunden und 16,7 Prozent Firmensprechstunden durchzuführen. In den größeren Kommunen waren diese institutionalisierten
Formen der Kontaktpflege dabei jeweils ausgeprägter als in den kleineren Kommunen.
In der vorliegenden Untersuchung wurden die Kommunen gefragt, ob sie 'Beratung von Unternehmen über die Standortsituation und das Gewerbeflächen- bzw. Gebäudeangebot', 'Beratung von Unternehmen in baurechtlichen Fragen und bei Antragsverfahren', 'Beratung über
öffentliche Förder- und Finanzierungshilfen des Bundes, Landes oder der EU' und sonstige
Beratungsmaßnahmen gar nicht, unregelmäßig oder regelmäßig durchführen (Frage 14 des
Fragebogens). Es zeigt sich, dass alle ostdeutschen Kommunen die Unternehmen über die
Standortsituation vor Ort und das Gewerbeflächen- bzw. Gebäudeangebot beraten. 71,3 Pro-
60
61
Untersucht wurden nur Kommunen über 20.000 Einwohner.
Vgl. Stember 1997 S. 98.
56
zent auf regelmäßiger und 28,7 Prozent auf unregelmäßiger Basis. Über 90 Prozent der
Kommunen beraten die Unternehmen auch über Antragsverfahren und Fördermittel, jeweils
etwa die Hälfte davon regelmäßig, die andere Hälfte unregelmäßig (Abbildung 13). Im offenen Textfeld zu den sonstigen Beratungsmaßnahmen wurde im Wesentlichen die Existenzgründungsberatung,
Technologieberatung
sowie
die
Weiterbildungs-
und
Qualifi-
zierungsberatung genannt. Ob die Beratungstätigkeit regelmäßig oder unregelmäßig bzw. gar
nicht durchgeführt wird, hängt stark von der Größe der Kommunen ab. In fast allen Kommunen über 20.000 Einwohner finden die Beratungsmaßnahmen in regelmäßiger Form statt, in
den Kommunen zwischen 10.000 und 20.000 Einwohnern konzentrieren sich die Antworten
'unregelmäßig' und 'gar nicht'.
Abbildung 13: Art der Beratungsmaßnahmen der kommunalen Wirtschaftsförderung
Beratung über die
Standortsituation
71,3
Beratung bei
Antragsverfahren
28,7
47,8
Beratung über
Fördermöglichkeiten
43,9
51,0
Sonstige
Beratungstätigkeit
11,5
0
44,6
3,8
20
40
60
80
100
In Prozent der Kommunen
regelmäßig
unregelmäßig
Quelle: Befragung der ostdeutschen Kommunen über 10.000 Einwohner aus dem Jahr 2000 (n=159).
Sieht man von diesen Differenzen in der Regelmäßigkeit der Beratung in den verschiedenen
Gemeindegrößenklassen ab, so deutet Abbildung 13 darauf hin, dass sich die Art der Beratungstätigkeit zwischen den Kommunen nur wenig unterscheidet. Da dieses Ergebnis auch
schon bei der Fragebogenerstellung antizipiert worden war, wurde als Unterscheidungskriterium zusätzlich die Anzahl der durchgeführten Beratungsgespräche im Monatsmittel der
letzten zwei Jahre ermittelt (Frage 15 des Fragebogens). Um Größenklasseneffekte zwischen
den Kommunen zu eliminieren, wurde diese Anzahl der durchgeführten Beratungsgespräche
pro Monat jeweils auf 10.000 Einwohner der Kommune bezogen. Mit dieser Kennziffer lie-
57
ßen sich dann doch erkennbare Unterschiede in der Intensität der Beratungstätigkeit vor Ort
feststellen. Im Durchschnitt führten die kommunalen Wirtschaftsförderer monatlich etwa sieben Beratungsgespräche (je 10.000 Einwohner) über Gewerbeflächen, Fördermittel etc. mit
Unternehmen durch. In jeder fünften Kommune waren es allerdings über zehn und in jeder
vierten Kommune unter vier Beratungsgespräche. Ein Vergleich mit der Intensität der kommunalen Beratungstätigkeit in der Transformationsperiode von 1990-1995 war hier leider
nicht möglich, da die Kennziffer für diesen Zeitraum nicht vorliegt.
7.7
Liegenschaftspolitik
Die Ausgangssituation in den neuen Bundesländern nach der Vereinigung stellte die Liegenschaftspolitik der öffentlichen Hand vor eine bisher noch nicht da gewesene Aufgabe: eine
weitgehende Konzentration des Immobilienbesitzes in den Händen des Zentralstaats62, eine
Unzahl von Restitutionsansprüchen ehemaliger Eigentümer, kein funktionierender Grundstücksmarkt, ein weitgehender Zusammenbruch ehemaliger Produktionsstrukturen und damit
auch der Flächennutzungskonzeptionen. Das sehr hohe Immobilienpreisniveau in der unmittelbaren Nachwendezeit war Ausdruck der hohen Immobiliennachfrage bei knappem Angebot, verknüpft mit teilweise unrealistischen Renditeerwartungen der Investoren. Wie die geführten Experteninterviews in den ostdeutschen Kommunen zeigen, konnten die Kommunen,
die diesen Engpass im Liegenschaftsangebot in dieser Phase schneller und unbürokratischer
behoben als andere Kommunen, einen – wenn nicht den – entscheidenden Vorteil im interkommunalen Wettbewerb erlangen63. Seit 1995 ist jedoch zunehmend eine Normalisierung
auf dem Grundstücksmarkt zu beobachten. Die Liegenschaftspolitik ist zwar immer noch ein
zentrales Instrument des traditionellen Kerngeschäfts der kommunalen Wirtschaftsförderung,
aber nicht mehr so zentral, dass das Gewerbeflächenangebot als absolute Entwicklungsbarriere bzw. absoluter Wettbewerbsvorteil wirkt. Als Reaktion auf die Engpässe in der
Periode von 1990-1995 haben die Kommunen - oft in kleinräumiger Konkurrenz - eine Vielzahl neuer Gewerbegebiete ausgewiesen. In den Jahren 1995-1998 existierte so in fast allen
Regionen ein z.T. erhebliches Überangebot an Gewerbeflächen. Die Preise für Gewerbeflächen fielen erheblich und die durchschnittliche Belegungsquote der Gewerbeflächen ging
zurück. Vor allem in weniger verdichteten Regionen besteht dieses Überangebot an Gewerbeflächen bis heute fort.
62
Die Liegenschaftspolitik der Transformationsperiode wurde im Wesentlichen von der Treuhandanstalt und
ihren Tochtergesellschaften geprägt: Insgesamt verfügte die THA in den Jahren 1990/91 über weit mehr als
5 Millionen Flurstücke unterschiedlicher Größe und Qualität und war somit das Hauptinstrument zur Aktivierung des nichtexistenten Grundstücksmarktes in den neuen Ländern (Freyer 1994, S. 39).
58
Nach Angaben des DIFU64 lagen die Preise für erschlossene Gewerbeflächen in den ostdeutschen Städten über 10.000 Einwohner im Jahr 1993 im Durchschnitt bei 62,- DM je m².
Wie die Ergebnisse der im Rahmen dieser Forschungsarbeit durchgeführten Befragung belegen, haben sich die durchschnittlichen Gewerbepreise in diesen Kommunen auf einem Niveau
von 43,- DM je m² für erschlossene Gewerbegebiete stabilisiert, etwa der Hälfte des westdeutschen Niveaus (Tabelle 5).
Tabelle 5: Preise und Belegungsquote für erschlossene Gewerbeflächen
der Jahre 1993 und 2000 im Vergleich
Gewerbeflächenpreise in DM je m²
Belegung von Gewerbeflächen in %
Städte nach
Befragung 1993
Befragung 2000
Befragung 1993
Befragung 2000
Einwohnern
N
Mittelwert
N
Mittelwert
N
Mittelwert
N
Mittelwert
10.000-20.000
55
54
59
39
32
74,0
58
64,3
20.000-50.000
52
55
59
41
31
59,9
60
64,0
50.000-100.000
12
55
12
45
6
70,8
12
58,2
100.000 und mehr
11
144
10
76
7
86,1
11
79,1
Insgesamt
130
62
140
43
76
69,1
141
64,8
Quelle: Kühn/Floeting 1995, Befragung der ostdeutschen Kommunen über 10.000 Einwohner aus dem Jahr 2000 (n=141)
In den Kommunen unter 20.000 Einwohner liegt der Durchschnittspreis bei 39 DM je m², in
Kommunen zwischen 20.000 und 50.000 Einwohnern bei 41 DM je m², in Kommunen zwischen 50.000 und 100.000 Einwohnern bei 45 DM je m² und in Kommunen über 100.000
Einwohnern bei 76 DM. Im Vergleich mit den entsprechenden Preisen des Jahres 1993 - 54
DM, 55 DM, 55 DM und 144 DM je m² - zeigt sich, dass die Gewerbeflächenpreise vor allem
in den größeren Kommunen über 100.000 Einwohner erheblich reduziert werden konnten. Im
Zeitraum von 1993 bis 2000 gelang es diesen Städten, die Gewerbeflächenpreise im Durchschnitt zu halbieren. In den Experteninterviews konnte dieser Umstand weitgehend geklärt
werden. Die Ausgangslage war in den größeren Kommunen deutlich schlechter als in kleineren Kommunen, die alten Gewerbegebiete mussten erst mit hohen Kosten beräumt werden,
waren oft altlastenverseucht oder mit Restitutionsansprüchen belastet65, standen also für Neuansiedlungen oft nicht kurzfristig zur Verfügung, gleichzeitig war aber auch der topographi63
64
65
Blien et al. 2001.
Kühn/Floeting 1995, S. 13-14.
Dies wird auch von den Ergebnissen des DIFU (Kühn/Floeting 1995, S. 67 und 75) gestützt: Die Häufigkeit
der Brachflächenaufbereitung und der Einleitung von Verfahren nach dem Investitionsvorranggesetz war in
den größeren Kommunen deutlich höher als in den kleineren Kommunen.
59
sche Spielraum für die Neuausweisung von Gewerbegebieten in der Regel deutlich kleiner als
in dünner besiedelten Umlandkreisen. Erst nach und nach konnten die Kernstädte, vor allem
durch Entwicklungsmaßnahmen im alten Bestand, das Stadt-Umland-Preisgefälle zu ihren
Gunsten verkleinern. Im Durchschnitt haben die ostdeutschen Kommunen bis zum Jahr 2000
Gewerbeflächen (GE) und Industriegebiete (GI) in einer Größenordnung von 44 Hektar je
10.000 Einwohner ausgewiesen (Tabelle 6).
Tabelle 6: Kennziffern zum kommunalen Angebot an Gewerbeflächen (GE) und
Industriegebieten (GI) aus der Kommunalbefragung des Jahres 2000
N
Mittelwert
Standardabweichung
Fläche der Gewerbe-/Industriegebiete in ha je 10.000 Einwohner
146
44
58
Freie Fläche für Neuansiedlungen in ha je 10.000 Einwohner
141
16
25
Durchschnittspreis in DM je m² für erschlossene Gewerbeflächen
140
43
28
Durchschnittspreis in DM je m² für nicht erschlossene GE-Flächen
97
34
18
Durchschnittspreis in DM je m² für erschlossene Industriegebiete
62
22
16
Durchschnittspreis in DM je m² für nicht erschlossene GI-Flächen
41
18
14
Quelle: Befragung der ostdeutschen Kommunen über 10.000 Einwohner aus dem Jahr 2000 (n=159).
Die hohe Standardabweichung zeigt jedoch, dass sich das Flächenangebot zwischen den
Kommunen erheblich unterscheidet. In immerhin 18 der 141 Kommunen, die auf diese Frage
geantwortet haben, existieren heute Gewerbe- und Industriegebiete in einem Umfang von
mehr als 100 Hektar je 10.000 Einwohner. Noch nicht belegte Flächen für Neuansiedlungen
sind mit 16 Hektar je 10.000 Einwohner im Durchschnitt der Kommunen reichlich vorhanden.
Der Durchschnittspreis für erschlossene Gewerbeflächen liegt – wie bereits erwähnt – bei 43
DM je m². Nicht erschlossene Gewerbegebiete werden im Mittel zu einem Preis von 34 DM
je m² angeboten, erschlossene Industriegebiete zu einem Preis von 22 DM je m² und nicht
erschlossene Industriegebiete zu einem Preis von 18 DM je m².
7.8
Gebührenpolitik, Steuerpolitik und kommunale Finanzhilfen
Trotz der zahlreichen gesetzlichen Beschränkungen kommunaler Haushaltspolitik verbleiben
auf der kommunalen Ebene eine Reihe finanz- und steuerpolitischer Instrumente, mit denen
Kommunen Wirtschaftsförderung betreiben können. Auf der Einnahmenseite ist hier zum
einen an den Gewerbesteuerhebesatz zu denken, zum anderen aber auch an die Gewährung
60
von Sonderkonditionen und Preisnachlässen oder die Stundung öffentlicher Abgaben im
Rahmen der kommunalen Gebührenordnung. Auf der Ausgabenseite besteht einerseits die
Möglichkeit, zinsgünstige Darlehen oder Bürgschaften, also direkte kommunale Finanzhilfen
– z.T. mit Unterstützung der Kreis- und Stadtsparkassen -, an den privaten Sektor zu vergeben, andererseits aber auch über die Vergabe öffentlicher Aufträge an ausgewählte Unternehmen Wirtschaftsförderung zu betreiben. In der vorliegenden Untersuchung wurden die
Kommunen gefragt, ob sie in den letzten zwei Jahren kommunale Finanzhilfen (Darlehen,
Bürgschaften, Stundung öffentlicher Abgaben usw.) an den privaten Sektor gewährt haben
(Frage 19 des Fragebogens). 51,9 Prozent der Kommunen bejahten diese Frage, 48,1 Prozent
verneinten sie. Unterschiede im Antwortverhalten zwischen größeren und kleineren Kommunen ließen sich dabei nicht beobachten.
Abbildung 14: Art der kommunalen Finanzhilfen
(in Prozent der Kommunen, die Finanzhilfen gewährt haben)
13,9
Darlehen
17,7
Bürgschaften
65,8
Stundung öffentlicher Abgaben
25,3
Sonderkonditionen
64,6
Preisnachlässe
0
10
20
30
40
50
60
70
In Prozent der Kommunen
Quelle: Befragung der ostdeutschen Kommunen über 10.000 Einwohner aus dem Jahr 2000 (n=60).
Von den Kommunen, die kommunale Finanzhilfen gewährt haben, gaben jeweils rund zwei
Drittel an, zu Zwecken der Wirtschaftsförderung öffentliche Abgaben zu stunden und Preisnachlässe z.B. bei Gewerbeflächen zu gewähren. Rund 25 Prozent gewähren Sonderkonditionen bei Wasser, Strom und Gas, 17,7 Prozent Bürgschaften und 13,9 Prozent Darlehen. Die
durchschnittliche Summe der Darlehen und übernommenen Bürgschaften je Kommune, die
diese Finanzhilfen gewährt hat, betrug dabei im Mittel der Jahre 1998 und 1999 rund 70 DM
je Einwohner. Die entgangenen Einnahmen durch Stundung, Sonderkonditionen und Preisnachlässe schätzten diese Kommunen auf durchschnittlich 25 DM pro Jahr und Einwohner.
61
Im Vergleich mit den Angaben des DIFU aus dem Jahr 199366 zeigt sich, dass sich die Praxis
der ostdeutschen Kommunen im Hinblick auf die Stundung öffentlicher Abgaben, die Vergabe kommunaler Darlehen und die Tarifgestaltung kaum geändert hat. Sowohl im Jahr 1993 als
auch 2000 stundeten jeweils rund ein Drittel aller Kommunen öffentliche Abgaben, jeweils
ein Siebtel gewährte Sonderkonditionen bei den Tarifen und jeweils ein Zwölftel vergab
Darlehen. Dagegen hat sich die Vergabepraxis bei kommunalen Bürgschaften im Zeitraum
1993-2000 stark verändert: Während im Jahr 1993 noch 38,6 Prozent der ostdeutschen Kommunen über 10.000 Einwohner Bürgschaften gewährten, waren dies im Jahr 2000 nur noch 9
Prozent. Der Umgang der ostdeutschen Kommunen mit kommunalen Bürgschaften hat sich
hier augenscheinlich der Praxis westdeutscher Kommunen angenährt, die dieses Instrument
schon in der Vergangenheit deutlich weniger nutzten, als die ostdeutschen Kommunen67.
Aus der amtlichen Statistik konnte zudem der Gewerbesteuerhebesatz der ostdeutschen
Kommunen über 20.000 Einwohner für die Jahre 1995-1999 entnommen werden. Das durchschnittliche Niveau des Hebesatzes hat sich in diesem Zeitraum kaum verändert. Im arithmetischen Mittel lag der durchschnittliche Gewerbesteuerhebesatz dieser Kommunen für die Jahre
1995-1999 relativ unverändert bei rund 350 Punkten. In den größeren Kommunen waren die
Gewerbesteuerhebesätze dabei im Durchschnitt deutlich höher als in den kleineren Kommunen. Der Minimalwert wurde in diesem Zeitraum in der Stadt Ludwigsfelde mit durchschnittlich 150 Punkten realisiert, der Maximalwert mit 450 Punkten in Dresden. Die Standardabweichung vom Mittelwert betrug 44 Punkte.
7.9
Initiativen zur Verbesserung der harten und weichen Standortfaktoren
Im Gegensatz zu der aus allokativer Sicht sehr bedenklichen diskriminierenden Wirtschaftsförderung durch direkte kommunale Finanzhilfen können von der Verbesserung der lokalen
Standortbedingungen durch kommunale Infrastrukturinvestitionen alle ortsansässigen bzw.
zumindest alle in einem bestimmten Gebiet ansässigen Unternehmen profitieren. Die Höhe
dieser Investitionen lässt sich für die ostdeutschen Kommunen über 20.000 Einwohner aus
den Finanzübersichten der Statistischen Jahrbücher Deutscher Gemeinden für die kommunalen Vermögenshaushalte aus der Kategorie 'Baumaßnahmen insgesamt' näherungsweise
entnehmen. Im Durchschnitt der Jahre 1995-1999 investierten die ostdeutschen Kommunen
66
67
Kühn/Floeting 1995, S. 116 f.
Hollbach-Grömig 1996, S. 49.
62
über 20.000 Einwohner danach jährlich 1791 DM je Einwohner. Die Stadt Burg bei Magdeburg investierte mit 640 DM je Einwohner am wenigsten, die Stadt Prenzlau mit 3935 DM je
Einwohner am meisten. Die Standardabweichung vom Mittelwert beträgt für diesen Zeitraum
548 DM. Die Höhe der in dieser Form mit den Einwohnerzahlen der Kommunen standardisierten Ausgaben für Investitionen ist nicht mehr mit der Größe der Kommunen korreliert. Als
Proxi für überdurchschnittliche Investitionsanstrengungen der Vorperiode wurde der kommunalen Finanzstatistik zudem der Schuldenstand in DM je Einwohner für das Jahr 1997 entnommen. Die höchstverschuldete Kommune ist danach die Stadt Dresden mit 3299 DM
Schulden je Einwohner, die fiskalisch stabilste Kommune die Stadt Guben mit einem Schuldenstand von 71 DM je Einwohner. Der durchschnittliche Schuldenstand liegt bei 1460 DM
je Einwohner, mit einer Standardabweichung von 709 DM. Die mit der Einwohnerzahl standardisierte Gesamtverschuldung der Kommunen ist weiterhin leicht positiv signifikant mit der
Größe der Kommunen korreliert. Im Zuge der im Zeitraum 1995-1999 weiter ansteigenden
Pro-Kopf-Verschuldung der Kommunen wurde die kommunale Investitionstätigkeit mehr und
mehr eingeschränkt.
Im Rahmen dieser Forschungsarbeit interessiert jedoch nicht nur das Niveau kommunaler
Infrastrukturinvestitionen, sondern auch die Struktur der Investitionen sowie die über die Infrastrukturinvestitionen hinausgehenden kommunalen Initiativen zur Verbesserung der lokalen
Standortbedingungen. In der Regel wird hier zum einen zwischen Investitionen in unternehmens- und haushaltsnahe Infrastruktur und zum anderen zwischen der Verbesserung harter
und weicher Standortfaktoren unterschieden. Beide Begriffspaare haben große Schnittmengen, sind aber nicht identisch (Abbildung 15). Unter den Begriff der harten Standortfaktoren werden in der Regel Faktoren wie die Verkehrsanbindung, die Verfügbarkeit qualifizierter
Arbeitnehmer, die Höhe der Löhne und Gehälter, das Gewerbeflächenangebot und die Gewerbeflächenpreise sowie die Nähe zu Zulieferern und Absatzmärkten subsumiert.68 Die Kategorie der weichen Standortfaktoren69 umfasst einerseits die Qualität des Freizeit-, Kultur-,
Bildungs- und Wohnangebots, anderseits aber auch Faktoren wie die Mentalität der Bevölkerung, das Innovationsklima und das Image einer Region. Faktoren, die sowohl Elemente harter als auch weicher Standortfaktoren in sich vereinigen, wie die Flexibilität der Verwaltung
oder die Funktionsfähigkeit des lokalen Forschungs- und Entwicklungsnetzwerks lassen sich
68
69
Grabow et al., S. 68/69.
Eine weitere Unterscheidung in unternehmens- und personenbezogene weiche Faktoren, wie sie von Grabow et al. (S. 68/69) vorgenommen wird, ist für die Zwecke dieser Untersuchung nicht notwendig.
63
in solch einem Schema erst dann eindeutig verorten, wenn sie begrifflich in zwei Komponenten zerlegt werden.
Abbildung 15: Begriffliche Abgrenzung harter und weicher Standortfaktoren vs. unternehmens- und haushaltsnaher Infrastruktur
Harte Standortfaktoren
Weiche Standortfaktoren
Nähe zu
Absatzmärkten
Nähe zu
Zulieferern
Verkehrsinfrastruktur
ForschungsNetzwerke
TuGZentren
Image der
Region
Kulturangebot
Unternehmensnahe Infrastruktur
Freizeitanlagen
Haushaltsnahe Infrastruktur
Gewerbeflächen
Wohninfrastruktur
Löhne und
Gehälter
Verfügbarkeit
qualifizierter
Arbeitnehmer
Flexibilität
der
Verwaltung
Mentalität der
Bevölkerung
Schulen
Innovationsklima
Quelle: Eigene Darstellung.
So lässt sich der Faktor Flexibilität der Verwaltung mit seiner Komponente "Dauer von Genehmigungsverfahren" der Kategorie 'Harte Standortfaktoren' zuordnen und mit seiner Komponente "Unternehmensfreundlichkeit der Verwaltung" eher der Kategorie 'Weiche Standortfaktoren'. Die Kategorie 'Unternehmensnahe Infrastruktur', die Standortfaktoren wie die Verkehrsinfrastruktur, Technologie- und Gründerzentren und das Gewerbeflächenangebot umfasst, ist dann eine echte Teilmenge der so abgegrenzten Kategorie 'Harte Standortfaktoren',
die Kategorie 'Haushaltsnahe Infrastruktur', die Standortfaktoren wie das Kulturangebot, die
Freizeitanlagen und die Wohninfrastruktur umfasst, eine Teilmenge der Kategorie 'Weiche
Standortfaktoren'.
Die hier angestellten Überlegungen zu den begrifflichen Unterscheidungen zwischen weichen
und harten Standortfaktoren sowie unternehmens- und haushaltsnaher Infrastruktur sollen
verdeutlichen, dass die Kommunen mit ihren Infrastrukturinvestitionen immer nur auf einen
Teilbereich der lokalen Standortfaktoren zielen. Die anderen harten und weichen Standortfaktoren können sie - wenn überhaupt - nur in Zusammenarbeit mit anderen Akteuren beeinflussen. In der im Rahmen dieser Forschungsarbeit durchgeführten Befragung der ostdeut-
64
schen Kommunen über 10.000 Einwohner wurde versucht, sowohl die Struktur der kommunalen Infrastrukturinvestitionen als auch den weiteren Bereich der Initiierung und Koordinierung von Projekten zur Verbesserung der lokalen Standortfaktoren mit Kennziffern abzudecken. In Frage 4 des Fragebogens wurden die Kommunen gebeten, grob zwischen unternehmens- und haushaltsnaher Infrastruktur zu unterscheiden und die prozentuale Verteilung ihrer
Investitionen auf diese beiden Kategorien in den letzten zwei Jahren anzugeben. Im arithmetischen Mittel gaben die Kommunen an, rund 30 Prozent ihrer Investitionen im Bereich der
unternehmensnahen Infrastruktur zu tätigen und rund 70 Prozent ihrer Investitionen im Bereich der haushaltsnahen Infrastruktur. Die Standardabweichungen von 24 und 25 Prozentpunkten in beiden Fällen zeigen jedoch, wie groß die Unterschiede im Investitionsverhalten
der Kommunen sind. Mit den Angaben zur Höhe der Ausgaben für Investitionen im Vermögenshaushalt der Kommunen aus den Jahren 1998 und 1999 (Frage 3 des Fragebogens)
konnte die Höhe der unternehmensnahen Infrastrukturinvestitionen in DM je Einwohner im
Jahresmittel 1998 und 1999 berechnet werden. Im Durchschnitt der ostdeutschen Kommunen
über 20.000 Einwohner sind dies 509 DM je Einwohner. Die Standardabweichung beträgt 455
DM. Ein Unterschied im Investitionsverhalten größerer und kleinerer Kommunen konnte nur
für bestimmte Bereiche der haushaltsnahen Infrastruktur festgestellt werden. Der kommunale
Wohnungsbestand je 10.000 Einwohner und die laufenden Kulturausgaben in DM je Einwohner sind trotz Standardisierung weiterhin signifikant positiv mit der Einwohnerzahl der
Kommunen korreliert, die Plätze in Einrichtungen der Altenhilfe je 1000 Einwohner dagegen
negativ. Die Plätze in Kindergärten je 1000 Einwohner und die Planbetten in Akutkrankenhäusern je 10.000 Einwohner sind dagegen bedingt durch die Standardisierung mit der Einwohnerzahl der Kommunen weitgehend unabhängig von der Gemeindegrößenklasse.
Die über die unternehmens- und haushaltnahen Infrastrukturinvestitionen hinausgehenden
Anstrengungen der Kommunen zur Verbesserung der harten und weichen lokalen Standortbedingungen wurden mit der Frage nach der Bedeutung der Initiierung und Koordinierung
konkreter Projekte zur Verbesserung der harten Standortfaktoren im Gesamtaufgabenspektrum der kommunalen Wirtschaftsförderung nachgewiesen (s.o.).
7.10
Wissens- und humankapitalorientierte Maßnahmen der Wirtschaftsförderung
Kommunale Technologie- und Innovationspolitik sowie kommunale Beschäftigungs- und
Qualifizierungsinitiativen sind heute in der Regel ein fester Bestandteil des erweiterten Aufgabenbereichs der kommunalen Wirtschaftspolitik. Die kommunale Wirtschaftsförderung
65
muss hier sowohl innerhalb der Kommunalverwaltung als auch mit anderen regionalen Akteuren, insbesondere den Arbeitsämtern und den Technologietransferstellen der Kammern und
Forschungseinrichtungen, kooperieren. Je nach der konkreten Ausgestaltung der Maßnahmen
sind sie aus allokativer Sicht zu begrüßen oder abzulehnen. So kann sich die Technologieund Innovationspolitik auf allokativ weitgehend unbedenkliche Infrastrukturprojekte wie
Technologie- und Gründerzentren konzentrieren oder auch mit ordnungspolitisch bedenklichen Finanzhilfen versuchen, Unternehmen aus "Zukunftsbranchen" zu fördern. Die Beschäftigungspolitik kann sich einerseits auf allokativ begrüßenswerte Qualifizierungsinitiativen
stützen, andererseits aber auch versuchen, durch die gezielte Vergabe öffentlicher Aufträge an
ortsansässige Unternehmen Beschäftigung zu schaffen. Da die Instrumente diskriminierender
Wirtschaftsförderung schon im Abschnitt "Kommunale Finanzhilfen" und die Fragen intraund interinstitutioneller Kooperation schon im Abschnitt "Kooperation" abgehandelt wurden,
wird sich in diesem Abschnitt auf zwei verbleibende Kennziffern aus den Bereichen Technologie- und Innovationspolitik sowie Beschäftigungs- und Qualifizierungsinitiativen konzentriert: Zum einen wurden die ostdeutschen Kommunen nach den laufenden Ausgaben für Qualifizierungsmaßnahmen in ihrem Verwaltungshaushalt (Frage 3 des Fragebogens) gefragt,
zum andern nach Existenz und Größe eines lokalen Technologie- und Gründerzentrums (Frage 17 des Fragebogens). Die kommunalen Ausgaben für Qualifizierungsmaßnahmen betrugen
in den befragten ostdeutschen Kommunen im Mittel der Jahre 1998 und 1999 durchschnittlich
rund 1633 DM je 1000 Einwohner, mit einer Standardabweichung von 1630 DM. 39,5 Prozent der vorwiegend größeren Kommunen gaben an, dass in ihrer Gebietskörperschaft inzwischen ein TuG-Zentrum errichtet wurde (Abbildung 16).
TuG-Zentrum fertiggestellt?
Abbildung 16: Existenz eines Technologie- und Gründerzentrums
19,5
Ja, vor 1993
11,9
Ja, 1994-1997
8,1
Ja, 1998-2000
60,5
Nein
0
10
20
30
40
50
In Prozent der Kommunen
60
70
66
Quelle: Befragung der ostdeutschen Kommunen über 10.000 Einwohner aus dem Jahr 2000 (n=159).
In immerhin 19,5 Prozent der Kommunen war dies schon vor dem Jahr 1993 der Fall, 11,9
Prozent folgten in den Jahren 1994-1997 und 8,1 Prozent haben solch ein Zentrum erst in den
letzten drei Jahren ausgewiesen und entwickelt Im Durchschnitt der Kommunen haben die
TuG-Zentren eine Gesamtfläche von nicht mehr als 1-2 Hektar und eine Belegungsquote von
über 80 Prozent.
7.11
Verwaltungsmodernisierung als Instrument der Wirtschaftsförderung
In Unternehmensbefragungen wird vielfach festgestellt, dass Unternehmen, wenn sie nach der
Qualität lokaler Institutionen gefragt werden, in erster Linie an die Flexibilität der kommunalen Verwaltung und die Dauer von Genehmigungsverfahren denken, mehr noch als an andere
Aspekte der kommunalen Wirtschaftsförderung. Angestoßen durch das Tilburger Modell wird
in den westdeutschen Kommunen seit Anfang der 90er Jahre über die Einführung neuer Steuerungsmodelle in der Verwaltung diskutiert. Bausteine dieser Verwaltungsmodernisierung
sind die Plafondierung und Budgetierung der Mittel, d.h. eine weitgehende Übertragung der
Ressourcenverantwortung auf die einzelnen Ämter im Rahmen eines zentral festgelegten
Budgets, die Abkehr von der Inputsteuerung z.B. im Rahmen eines Haushaltsplans hin zur
Outputsteuerung, die Einführung einer Kosten- und Leistungsrechnung und ein Abbau von
Bürokratie70. In den ostdeutschen Kommunen hat sich dieser Prozess verzögert. Die enormen
Probleme der unmittelbaren Transformationsphase, in der überhaupt erst einmal funktionierende Verwaltungsstrukturen nach westdeutschem Recht geschaffen werden mussten, ließen
kaum Spielraum für 'Experimente'71. In der vorliegenden Untersuchung wurden die Kommunen gefragt, ob sie inzwischen mit der Einführung neuer Steuerungsmodelle in der Verwaltung begonnen haben und wenn ja, welche Veränderungen bereits in Angriff genommen wurden. Außerdem wurden die Kommunen gebeten, den gegenwärtigen Stand der Implementierung neuer Steuerungsmodelle in Ihrer Verwaltung gemessen an den eigenen Zielvorstellungen zu bewerten (Frage 23 des Fragebogens).
Die Ergebnisse zeigen folgendes Bild: Rund die Hälfte aller Kommunen hat inzwischen mit
der Einführung neuer Steuerungsmodelle in der Verwaltung begonnen. Rund 3 Prozent der
Kommunen (z.B. Chemnitz und Prenzlau) haben die Verwaltungsmodernisierung sogar schon
70
71
Hill/Klages 1996.
Pitschas 1993.
67
vor 1995 in Angriff genommen, etwa 20 Prozent der Kommunen in den Jahren 1995-1997
und weitere 26 Prozent in den Jahren 1998-2000. Ähnlich wie in Westdeutschland sind auch
in Ostdeutschland die größeren Städte Vorreiter bei der Implementierung neuer Steuerungsmodelle in der Verwaltung. Die Schwerpunkte der Verwaltungsmodernisierung liegen in Ostdeutschland klar auf den Kernbestandteilen der Verwaltungsreform, der 'Budgetierung der
Mittel mit dezentraler Ressourcenverantwortung', der 'Einführung einer Kosten- und Leistungsrechnung' und der 'Definition von Produkten'. Mit der Implementierung dieser Elemente
in der Kommunalverwaltung wurde jeweils von 67,6 Prozent, 51,4 Prozent und 47,3 Prozent
der Kommunen, die neue Steuerungsmodelle eingeführt haben, begonnen (Abbildung 17).
Auch ein betriebswirtschaftliches Controlling wurde immerhin schon in rund einem Drittel
der im Reformprozess engagierten Kommunen eingeführt. Die Instrumente des 'Kontraktmanagements' und der 'Einführung von Cost-, Profitcentern' wurde bisher erst von einem sehr
kleinen Prozentsatz der Kommunen genutzt.
Abbildung 17: Bereits eingeleitete Veränderungen im Zuge der Verwaltungsreform
51,4
Kosten- und Leistungsrechnung
32,4
Betriebswirtschaftliches Controlling
67,6
Budgetierung der Mittel
9,5
Kontraktmanagement
47,3
Definition von Produkten
4,1
Einführung von Profitcentern
20,3
Sonstige Verwaltungsreformen
0
10
20
30
40
50
60
70
In Prozent der Kommunen
Quelle: Befragung der ostdeutschen Kommunen über 10.000 Einwohner aus dem Jahr 2000 (n=159).
Im offenen Textfeld 'Sonstiges' wurden zudem Veränderungen im Personalmanagement und
organisatorische Veränderungen wie die Schaffung von Projektgruppen genannt. Im Durchschnitt der befragten Kommunen machen diese bereits in Angriff genommenen Veränderungen rund 30 Prozent der Änderungen aus, die die befragten Kommunen insgesamt im Zuge
ihrer Verwaltungsmodernisierung planen. Einige Kommunen stehen in Relation zu ihren eigenen Zielvorstellungen erst am Anfang und gaben an, erst fünf Prozent der anvisierten Veränderungen umgesetzt zu haben, andere wiederum standen schon am Ende des Einführungsprozesses der neuen Steuerungsmodelle und nannten einen Zielerreichungsgrad von 80 oder
68
90 Prozent. Nur zwei der Kommunen (Riesa und Zeitz) bezeichneten die Verwaltungsmodernisierung als abgeschlossen.
Neben der Frage der Einführung neuer Steuerungsmodelle können im Rahmen dieser Forschungsarbeit noch zwei weitere Aspekte der unterschiedlichen Organisation kommunaler
Verwaltungen in Ostdeutschland mit Kennziffern abgebildet werden: Zum einen ist dies die
Inputgröße 'Schlankheit der Verwaltung', gemessen an den durchschnittlichen jährlichen Personalausgaben in DM je Einwohner der Kommune, zum andern die Outputgröße 'Dauer von
Genehmigungs- und Planfeststellungsverfahren' (Frage 24 des Fragebogens).
Die durchschnittlichen jährlichen Personalausgaben der ostdeutschen Kommunen über 20.000
Einwohner schwankten im Zeitraum 1995-1999 um einen Mittelwert von rund 866 DM je
Einwohner, allerdings mit einer Spannweite von 1127 DM und einer Standardabweichung
von 274 DM. Der niedrigste Wert wird mit jährlichen Personalausgaben von 466 DM je Einwohner in der Stadt Saalfeld erreicht, der Maximalwert mit 1593 DM je Einwohner in der
Landeshauptstadt Magdeburg. Trotz der Standardisierung der Ausgaben mit den Einwohnern
der Kommunen sind die Personalausgaben in DM je Einwohner weiterhin stark von der Größe der Kommunen abhängig. Größere Kommunen benötigen in Relation zu kleineren Kommunen offensichtlich im Mittel überproportional mehr Personal, um ihre Aufgaben zu bewältigen. Der Zeitaufwand für die Bearbeitung von Baugenehmigungsverfahren dauert in fast
allen ostdeutschen Kommunen inzwischen in der Regel nicht mehr länger als 6 Monate (Abbildung 18).
69
Abbildung 18: Dauer von Genehmigungs- und Planungsverfahren
65,2
Immissionsschutzverfahren
Vorhaben/Erschließungsplan
Bebauungspläne
6,3
93,7
Baugenehmigungsverfahren
19,3
12,8
00%
30,4
41,6
39,1
28,9
20%
4,4
58,3
40%
60%
80%
100%
In Prozent der Kommunen
1-6 Monate
6-12 Monate
1 Jahr <
Quelle: Befragung der ostdeutschen Kommunen über 10.000 Einwohner aus dem Jahr 2000 (n=159).
Die Bearbeitung eines immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahrens beträgt in zwei
Dritteln der Kommunen weniger als sechs Monate, in einem Drittel dauern diese Genehmigungsverfahren jedoch zum Teil deutlich länger. Die Aufstellung eines Vorhaben- und Erschließungsplan nimmt in rund 40 Prozent der Kommunen 6-12 Monate in Anspruch, in 40
Prozent der Kommunen dauert es länger, in 20 Prozent kürzer. Die Mehrzahl der Kommunen
benötigt zum Aufstellen eines Bebauungsplans über ein Jahr, in gut 40 Prozent der Kommunen geht es jedoch z.T. deutlich schneller. Mit Ausnahme der Bearbeitung von Baugenehmigungsverfahren, die in größeren Kommunen tendenziell länger dauern als in kleineren Kommunen, sind die Unterschiede im zeitlichen Aufwand bei den hier erfassten Genehmigungsund Planungsverfahren unabhängig von der Größe der Kommune. Im Vergleich mit der
DIFU-Befragung ostdeutscher Kommunen über 10.000 Einwohner aus dem Jahr 1993, in der
ebenfalls nach der Dauer dieser Genehmigungs- und Planungsverfahren gefragt worden war,
zeigt sich, dass es den ostdeutschen Kommunen gelungen ist, im Zeitraum von 1993-2000
eine Beschleunigung bei den Baugenehmigungs- und Immissionsschutzverfahren zu erreichen72. Die Zeiten für die Bearbeitung von Bebauungsplänen haben sich dagegen kaum verändert, und der Zeitaufwand für das Aufstellen eines Vorhaben- und Erschließungsplans ist
sogar länger geworden. Im Jahr 1993 benötigten hierfür nur 20 Prozent der Kommunen länger
als ein Jahr, halb so viele wie im Jahr 2000, immerhin 30 Prozent waren schneller als 6 Monate.
70
7.12
Mobilisierung von Fördermitteln und Verschuldung
Ähnlich wie in der interkommunalen Kooperation und bei der Zusammenarbeit mit anderen
Fachpolitiken horizontal Ressourcen mobilisiert werden können und der Zielerreichungsgrad
der kommunale Wirtschaftspolitik steigt, lassen sich natürlich auch vertikal zusätzliche Ressourcen mobilisieren. Für ostdeutsche Regionen existieren eine Vielzahl von Förderprogrammen durch übergeordnete föderale Ebenen, die in der Regel kommunale Infrastrukturinvestitionen fördern73. Die Bewilligung der Fördermittel hängt natürlich in erster Linie von
den in den Programmen festgeschrieben Förderkriterien ab, aber auch die Qualität der Anträge – bzw. die Frage, ob überhaupt Mittel beantragt werden – spielt hier möglicherweise eine
Rolle. Antragsteller sind in den meisten Fällen die Kommunen, so dass die Summe der auf
Initiative einer Kommune eingeworbenen Fördermittel durchaus einen Erfolgsfaktor kommunaler Wirtschaftspolitik darstellen kann. In der im Rahmen dieser Forschungsarbeit durchgeführten Erhebung wurden die Kommunen deshalb gefragt, ob und in welcher Höhe sie in den
letzten Jahren Fördermittel akquiriert haben, die im weiteren Sinne der Wirtschaftsförderung
zuzurechnen sind. 78,2 Prozent der Kommunen gaben an, solche Fördermittel in den Jahren
1998 und 1999 erhalten zu haben, 21,8 Prozent verneinten dies. Im Durchschnitt der 156
Kommunen, die auf diese Frage geantwortet haben, wurden in diesem Zeitraum rund 400 DM
je Einwohner an Fördermitteln akquiriert. Der Großteil der Förderung stammte aus den Mitteln der GRW und des EFRE. Finanziert wurden damit im Wesentlichen Investitionen in unternehmensnahe Infrastruktur wie Erschließungsstraßen, Gewerbeparks und Handwerkerhöfe,
aber auch die Erstellung von Stadtmarketing- und Wirtschaftsförderungskonzepten. Die sehr
hohe Standardabweichung von 866 DM macht jedoch deutlich, dass die Höhe der Förderung
von Kommune zu Kommune erheblich variiert. Aus der amtlichen Statistik lassen sich zudem
die Zuweisungen für Investitionen von Bund, LAF, ERP und Land entnehmen, die natürlich
ebenso wie die Wirtschaftsfördermittel zu großen Teilen von rechtlichen Bestimmungen abhängen, zu Teilen aber eben auch vom Engagement der Kommune. Im Mittel der Jahre 19951999 betrugen diese Zuweisungen in den ostdeutschen Kommunen über 20.000 Einwohner
durchschnittlich rund 420 DM je Einwohner, bei einer Standardabweichung von 226 DM. Seit
1995 wurden diese Zuweisungen sichtbar erhöht.
72
73
Kühn-Floeting 1995, S. 105 f.
Eine Auflistung der verschiedenen Programme findet sich in BMWI 1998.
71
Ein weiterer Weg, um die Ressourcenbasis der kommunalen Wirtschaftsförderung zu erweitern, ist die Verschuldung. Neben dem Schuldenstand der Kommune in DM je Einwohner, der
schon im Zusammenhang mit der Investitionstätigkeit der Kommunen betrachtet wurde (s.o.),
bietet sich hier vor allem die Kennziffer 'Nettokreditaufnahme in DM je Einwohner' an. In
den ostdeutschen Kommunen über 20.000 Einwohner lag diese im Mittel der Jahre 1995-1999
bei durchschnittlich 87 DM je Einwohner, allerdings bei einer Standardabweichung von immerhin 189 DM. Im Gegensatz zur Einwerbung von Fördermitteln wird durch die Kreditaufnahme der Handlungsspielraum der Kommunen in der Folgeperiode eingeschränkt. Die
Kommune 'erkauft' sich sozusagen zusätzliche Ressourcen in der Gegenwart auf Kosten ihrer
Ressourcenbasis in der Zukunft. Mit der Kennziffer 'Zinsausgaben in DM je Einwohner' lässt
sich diese Einschränkung des Handlungsspielraums der Kommune sehr gut erfassen. Aus den
Finanzübersichten für die ostdeutschen Kommunen über 20.000 Einwohner konnten die entsprechenden Angaben für den Zeitraum 1995-1999 entnommen und ein Jahresdurchschnitt
berechnet werden. Die so generierte Variable hat einen arithmetischen Mittelwert von 89 DM
je Einwohner und eine Standardabweichung von 44 DM. Sowohl die Höhe der Kreditaufnahme als auch die laufenden Zinszahlungen sind positiv mit der Einwohnerzahl der Kommunen korreliert. Im Vergleich mit der unmittelbaren Transformationsperiode von 1990-1995
ist das durchschnittliche Niveau der jährlichen Neuverschuldung zurückgegangen, gleichzeitig stieg das Niveau der laufenden Zinszahlungen weiter an.
7.13
Privatisierung kommunaler Leistungen
Im engeren Sinne lässt sich eine Privatisierung als die vollständige Übertragung von kommunalem Eigentum an Private definieren, in einem weiteren Sinne umfasst der Privatisierungsbegriff jedoch auch Rechtsformänderungen und Teilprivatisierungen. Die Diskussion um die
Vor- und Nachteile der Privatisierung kommunaler Leistungen wird bis heute sehr kontrovers
geführt. Die Privatisierungsgegner führen im Wesentlichen Argumente aus der Theorie des
Marktversagens und die mit der öffentlichen Leistungserstellung verbundenen gesellschaftspolitischen Zielvorstellung an, die Privatisierungsbefürworter argumentieren mit Staatsversagen und Effizienzgewinnen der privatwirtschaftlichen Leistungserstellung. Im Rahmen dieser
Forschungsarbeit wurde versucht, den Privatisierungsgrad der kommunalen Leistungen in
Ostdeutschland mit zwei Kennziffern abzubilden: Zum einen wurden die Kommunen direkt
danach gefragt, in welcher Eigentumsform zentrale kommunale Leistungen bereitgestellt
werden (Frage 27 des Fragebogens), zum anderen konnten der amtlichen Statistik die durchschnittlichen Veräußerungserlöse der Jahre 1995 bis 1999 entnommen werden.
72
Abbildung 19: Öffentliche und private Leistungserstellung
Energieversorgung 7,8
72,5
19,6
27,3
Wasserversorgung
ÖPNV
13,2
Müllabfuhr
12,8
69,3
59,0
27,8
38,3
49,0
54,2
Straßenreinigung
0%
3,3
20%
21,6
40%
60%
24,2
80%
100%
In Prozent der Kommunen
kommunal
kommunal/privat
privat
Quelle: Befragung der ostdeutschen Kommunen über 10.000 Einwohner aus dem Jahr 2000 (n=159).
Wie die Antworten auf die Frage nach der Bereitstellung zentraler 'kommunaler' Leistungen
zeigen (Abbildung 19), wird in Ostdeutschland nur noch die Straßenreinigung mehrheitlich
von den Kommunen selbst in öffentlicher Rechtsform angeboten. Im Bereich der Wasserversorgung sind dies noch 27,3 Prozent der Kommunen, im Bereich des ÖPNV 13,2 Prozent, im
Bereich der Müllabfuhr 12,8 Prozent und im Bereich der Energieversorgung 7,8 Prozent. Das
Gros der abgefragten Leistungen wird inzwischen überwiegend in privater Rechtsform mit
kommunaler Beteiligung bereitgestellt. Immerhin 72,5 Prozent der Kommunen haben diesen
Weg bei der Energieversorgung eingeschlagen, 69,3 Prozent bei der Wasserversorgung, 59
Prozent im öffentlichen Nahverkehr und 38,3 Prozent bei der Müllabfuhr. Vollständige Privatisierungen, bei denen das angesprochene Gut von privaten Anbietern bereitgestellt wird,
sind vor allem im Bereich der Müllabfuhr zu beobachten. In fast der Hälfte der ostdeutschen
Kommunen – vor allem den kleineren Kommunen - ist die Müllabfuhr inzwischen überwiegend in privater Hand, aber auch in den Bereichen des ÖPNV, der Straßenreinigung und
der Energieversorgung ist dies immerhin in 27,8 Prozent bzw. 24,2 Prozent und 19,6 Prozent
der Kommunen der Fall. Allein die Wasserver- und -entsorgung ist bisher kaum von vollständigen Privatisierungen betroffen.
73
Ebenso wie diese im Zuge der schriftlichen Befragung originär erhobenen Kennziffern zum
'Privatisierungsgrad' der Kommunen, zeigt auch die aus der amtlichen Statistik entlehnte
Kennziffer 'Veräußerungserlöse in DM je Einwohner', wie unterschiedlich die Privatisierungsneigung der Kommunen ausgeprägt ist. Im Mittel der Jahre 1995-1999 wurde in den ostdeutschen Kommunen über 20.000 Einwohner durchschnittlich kommunales Vermögen im Wert
von rund 470 DM je Einwohner verkauft. Die Standardabweichung vom Mittelwert betrug
dabei 245 DM. So verkauften die Städte Crimmitschau, Frankfurt/Oder, Schwerin, Wismar
und Wittenberge jährlich über 1000 DM je Einwohner an kommunalem Vermögen, die Städte
Görlitz, Radebeul und Zeitz jeweils unter 100 DM. Insgesamt erscheint die Privatisierung
kommunaler Leistungen in Ostdeutschland als kontinuierlicher und weitgehend von der Gemeindegröße unabhängiger Prozess.
7.14
Standortmarketing als Instrument der kommunalen Wirtschaftsförderung
Im Gegensatz zur klassischen Standortwerbung der 60er, 70er und 80er Jahre, die in erster
Linie Fremdenverkehrs- und nur in zweiter Linie Wirtschaftsinformationen umfasste, liegt
dem modernen Stadt- oder Regionalmarketing einerseits eine sehr weite Definition des Begriffs Standortwerbung zugrunde, andererseits wird im Sinne einer wettbewerbsorientierten
Wirtschaftspolitik mehr und mehr auf die Unternehmen als Zielgruppe abgestellt. In seiner
weiten Definition umfasst das Standortmarketing sowohl ein Marketing nach innen als auch
ein Marketing nach außen. Mit dem Marketing nach innen werden im Wesentlichen Maßnahmen, die in den vorangegangen Abschnitten behandelt wurden, bezeichnet: Verbesserung
der interinstitutionellen Zusammenarbeit in der Region, Bündelung der Kräfte nach innen, die
Beseitigung von Schwächen und der Ausbau der Stärken durch Infrastrukturinvestitionen,
Pionierprojekte sowie wissens- und humankapitalorientierte Maßnahmen. Erst auf Grundlage
dieser realen Anstrengungen innerhalb der Region, die Standortfaktoren und das Gewerbeklima zu verbessern, kann überhaupt ein Marketing nach außen, d.h. Standortwerbung im
engeren Sinne, wirksam implementiert werden.
In der im Rahmen dieser Forschungsarbeit durchgeführten schriftlichen Befragung wurde
erhoben, ob die Kommunen solch ein systematisches Standortmarketing betreiben und wenn
ja, seit welchem Jahr (Frage 20 des Fragebogens). 80,3 Prozent der Kommunen bejahten, 19,7
Prozent, vor allem kleinere Kommunen unter 20.000 Einwohnern, verneinten. Immerhin mehr
als die Hälfte der Kommunen, die ein systematisches Standortmarketing betreiben, haben dieses schon vor 1993 implementiert, 36,6 Prozent folgten im Zeitraum 1994-1997, die restli-
74
chen 9,7 Prozent in den Jahren nach 1997. Im Vergleich mit den Ergebnissen der DIFUBefragung des Jahres 1993 wird der Unterschied zwischen den Begriffen 'Standortmarketing'
und 'Standortwerbung' deutlich. Das DIFU hatte die ostdeutschen Kommunen über 10.000
Einwohner 1993 gefragt, ob sie 'Maßnahmen der Standortwerbung' durchführen; dies wurde
von 93 Prozent der Städte bejaht74, weit mehr als die 53,7 Prozent, die im Jahr 2000 auf die
Frage nach einem systematischen Standortmarketing angaben, dies in der Periode vor 1993
eingeführt zu haben.
Da die Maßnahmen des Marketing nach innen – ohne sie allerdings in den begrifflichen
Kontext des Marketings zu stellen – oben schon ausführlich untersucht wurden, konzentriert
sich dieser Abschnitt auf die Maßnahmen des Marketing nach außen. Die Kommunen wurden
gefragt, welche Instrumente der Standortwerbung, d.h. des Standortmarketing nach außen, sie
einsetzen. Als Antwortmöglichkeiten waren die Kategorien 'regelmäßig', 'unregelmäßig' und
'gar nicht' vorgegeben (Frage 21 des Fragebogens). 82,2 Prozent der Kommunen sprechen
Unternehmen im Rahmen der Standortwerbung gezielt an, 33,8 Prozent regelmäßig, 48,4 Prozent unregelmäßig (Abbildung 20). Im Vergleich mit dem Jahr 1993 hat sich hier wenig geändert. Die gezielte Kontaktaufnahme zu Unternehmen war nach Angaben des DIFU schon
1993 eine Maßnahme der Standortwerbung, die von 81,3 Prozent der ostdeutschen Städte
über 10.000 Einwohner verfolgt wurde. Gleiches gilt für die Verbreitung allgemeiner Standortwerbebroschüren, 1993 taten dies 82 Prozent der ostdeutschen Städte, im Jahr 2000 nur
unwesentlich weniger, nämlich 77,1 Prozent, 48,4 Prozent regelmäßig, 28,7 Prozent unregelmäßig. Größere Veränderungen im Zeitraum 1993 bis 2000 zeigen sich dagegen bei den
Maßnahmen 'Präsentation der Kommune auf Messen' und 'Anzeigen in Zeitungen und Fachzeitschriften'.
Abbildung 20: Maßnahmen des Standortmarketing nach außen
74
Kühn/Floeting 1995, S. 93.
75
33,8
Gezielte Ansprache
48,4
48,4
Standortwerbebroschüren
17,2
Betriebsprospekte
38,2
3,2
21,7
29,3
73,2
36,9
8,9
0%
52,9
10,2
23,6
Pressearbeit
22,9
40,1
60,5
Internetpräsenz
Anzeigen in Zeitschriften
28,7
29,9
Messen/Ausstellungen
Direct-Mail
17,8
46,5
16,6
58,6
20%
40%
32,5
60%
80%
100%
In Prozent der Kommunen
regelmäßig
unregelmäßig
gar nicht
Quelle: Befragung der ostdeutschen Kommunen über 10.000 Einwohner aus dem Jahr 2000 (n=159).
Im Jahr 1993 waren nur 14,7 Prozent der ostdeutschen Kommunen über 10.000 Einwohner
regelmäßig oder unregelmäßig auf Messen präsent, im Jahr 2000 waren dies 78,3 Prozent,
38,2 Prozent regelmäßig, 40,1 Prozent unregelmäßig. Anzeigen in Zeitschriften und Fachzeitschriften wurden 1993 von 58,7 Prozent der ostdeutschen Städte im Rahmen ihrer Standortwerbung geschaltet, im Jahr 2000 von 67,5 Prozent – meist in unregelmäßigen Abständen.
Die überwiegende Mehrheit der ostdeutschen Kommunen macht zudem Pressarbeit, immerhin
mehr als zwei Drittel der kommunalen Wirtschaftsförderer sind inzwischen mit einer eigenen
Seite im Internet vertreten, mehr als ein Viertel verbreitet Standortinformation per DirectMail und knapp die Hälfte der Kommunen erstellt ergänzend zu den allgemeinen Standortwerbebroschüren spezielle Betriebsansiedlungsprospekte. Da diese vier Maßnahmen nicht
Teil der DIFU-Erhebung des Jahres 1993 waren, sind hier auch keine Aussagen zu den Veränderungen im Zeitablauf möglich. Zusätzlich zu den acht standardisierten Antwortvorgaben
konnten die Kommunen in einer offenen Textfrage auch noch sonstige Maßnahmen der
Standortwerbung nennen. Diese Möglichkeit wurde von immerhin 13,4 Prozent der Kommunen genutzt. Im Wesentlichen wurden hier Maßnahmen der Tourismusförderung genannt. Mit
Ausnahme der Maßnahmen 'Pressearbeit', 'Anzeigen in Zeitungen/Fachzeitschriften' und 'Gezielte Ansprache von Unternehmen' ist ein signifikant positiver Zusammenhang mit der Größe
der Kommunen zu erkennen. In der Regel betreiben größere Kommunen ihre Standortwerbung sowohl intensiver als auch mit einer breiteren Palette an Instrumenten. Zudem wurden
die Kommunen in der schriftlichen Befragung nach ihren Ausgaben für Standortwerbung in
76
DM je 1000 Einwohner in den Jahren 1998 und 1999 gefragt (Frage 22 des Fragebogens). Im
Durchschnitt werden danach von den ostdeutschen Kommunen jährlich 1155 DM je 1000
Einwohner für Maßnahmen der Standortwerbung, d.h. des Standortmarketings nach außen,
verausgabt. Die Standardabweichung von 2168 DM weist allerdings auf nicht unerhebliche
Unterschiede zwischen den Kommunen hin.
8
Erfolgreiche Handlungsmuster kommunaler Wirtschaftspolitik
Durch die Kombination des 'Erfolgsindikators' (ERFOLG) aus den regelmäßigen Unternehmensbefragungen des DIW (s.o.) mit den Informationen über die unterschiedlichen Strategien
und Handlungsmuster der kommunalen Wirtschaftsförderer aus der schriftlichen Befragung
und der amtlichen Statistik wird im Folgenden versucht, erfolgreiche Handlungsmuster kommunaler Wirtschaftspolitik in Ostdeutschland für den Zeitraum 1995-2000 zu identifizieren.
Insgesamt standen 88 Variablen zu den Handlungsmustern kommunaler Wirtschaftsförderung
zur Verfügung. Tabelle A2 im Anhang gibt einen Überblick über die Merkmalsausprägung,
das Skalenniveau, den Erhebungszeitraum, die statistische Quelle und die Kurzbezeichnung
dieser 88 Variablen. Die Tabelle 7 auf der nächsten Seite zeigt die 88 Kennziffern mit ihren
Kurzbezeichnungen. Die dritte Spalte "Veränderung seit 1995" zeigt an, ob und wie sich die
Ausprägungen der Variablen im Vergleich mit der Transformationsperiode von 1990-1995
verändert haben. Eine Variable, die im Vergleich mit der Periode vor 1995 heute eine höhere
bzw. niedrigere Merkmalsausprägung hat, wird mit einem Pfeil nach oben bzw. nach unten
gekennzeichnet, eine Variable, die sich in ihrer Ausprägung kaum verändert hat, mit einem
Gleichheitszeichen.
77
Tabelle 7: Zu den Handlungsmustern kommunaler Wirtschaftspolitik in Ostdeutschland
(Veränderung seit 1995, Ergebnisse der bivariaten Korrelationsanalyse für Kommunen über 20.000 Einwohner)
Nr.
Name der
Variable
1
Veränderung seit
1995
2
Korrelation mit Korrelation mit
EINWOHN
ERFOLG
Nr.
3
4
(n=92)
(n=88)
Name der
1
Variable
Veränderung seit
1995
2
Korrelation mit Korrelation mit
EINWOHN
ERFOLG
3
4
(n=92)
(n=88)
-0,005
1
WIFOAMT
0,213*
-0,148
45
WSKRANKE
=
-0,140
2
WIFOPRIV
=
0,022
-0,052
46
WSWOHN
=
0,268**
0,125
3
WIFOMITA
=
-0,060
0,028
47
WSKULTUR
k.A.
0,592**
-0,296**
4
WIFOETAT
k.A.
0,063
-0,133
48
TECHNBED
k.A.
0,267*
-0,109
5
KONZEPT
0,227*
0,140
49
TUGZENTR
=
0,348**
-0,138
6
BESTAND
=
-0,020
0,009
50
QUALBED
7
ANSIEDEL
=
-0,099
0,066
51
QUALAUSG
k.A.
0,228*
-0,063
0,053
-0,093
8
EXISTENZ
0,165
-0,104
52
VERWBED
-0,234*
0,454**
9
ERSTSCHL
-0,027
0,702**
53
VERWNSM
0,038
0,399**
10
BRANCHE
0,209*
-0,160
54
VERWPERS
0,682**
-0,195
11
KOOPFPOL
0,061
-0,388**
55
VERWGEN1
0,108
-0,239*
12
KOOPINFO
-0,123
-0,311**
56
VERWGEN2
-0,104
-0,235*
13
KOOPPROJ
-0,085
-0,348**
57
VERWGEN3
0,129
-0,308**
14
KOOPKOMP
-0,020
-0,227*
58
VERWGEN4
0,156
-0,258*
15
PPPBED
0,149
0,043
59
INTERBED
-0,108
0,312**
16
PPPDUMMY
0,018
0,124
60
INTERKO1
-0,213*
0,099
17
KOOPBED
-0,178
0,363**
61
INTERKO2
0,060
0,095
18
ANALYBED
19
ANALYMA1
20
ANALYMA2
21
ANALYMA3
22
ANALYMA4
23
ANALYMA5
k.A.
=
=
0,226*
0,097
62
INTERKO3
=
-0,199
0,003
0,058
-0,020
63
INTERKO4
=
0,114
0,126
0,066
0,112
64
INTERKO5
=
0,184
0,055
=
0,118
0,095
65
INTERKO6
=
-0,221*
0,255*
0,169
0,059
66
FOERDBED
=
-0,017
-0,032
k.A.
0,198
0,025
67
FOERDMIT
k.A.
0,027
0,044
0,273**
0,011
68
FOERDZUW
0,134
-0,049
0,013
0,407**
69
KREDIT
0,233*
-0,005
0,267*
0,002
24
INTERNET
25
BERATBED
k.A.
26
BERATMA1
k.A.
k.A.
k.A.
70
ZINSEN
27
BERATMA2
k.A.
-0,077
0,040
71
PRIVABED
=
0,004
0,064
28
BERATMA3
k.A.
0,090
0,054
72
PRIVENER
k.A.
-0,091
-0,049
29
BERATANZ
k.A.
0,181
0,453**
73
PRIVWASS
k.A.
0,145
0,106
30
LPOLBED
-0,188
0,254*
74
PRIVVERK
k.A.
-0,196
0,095
31
LPHAGES
-0,049
0,078
75
PRIVMUEL
k.A.
-0,287**
0,109
32
LPHAFREI
-0,051
0,011
76
PRIVSTR
k.A.
-0,139
0,162
33
LPPREIS
0,433**
-0,163
77
VERAEUS
=
-0,039
0,139
34
FISKABED
-0,069
-0,059
78
MARKBED
=
0,114
0,239*
35
AUFTRBED
k.A.
-0,126
-0,089
79
MARKSYST
=
0,082
0,294**
36
FHILFEN
k.A.
-0,101
-0,228*
80
MARKMA1
=
0,128
0,055
37
HEBESATZ
=
0,477**
-0,155
81
MARKMA2
=
0,095
0,115
38
HSFAKBED
k.A.
k.A.
0,274**
0,046
39
INVEST
0,118
0,020
40
SCHULDEN
0,257*
0,043
84
MARKMA5
k.A.
0,191
0,077
41
INFRAUNT
k.A.
-0,115
0,251*
85
MARKMA6
k.A.
0,261*
0,215*
42
WSFAKBED
k.A.
-0,258*
0,012
86
MARKMA7
k.A.
43
WSKINDER
-0,083
0,021
87
MARKMA8
44
WSALTEN
-0,220*
0,202
88
MARKAUSG
k.A.
=
0,111
0,062
82
MARKMA3
0,067
0,011
83
MARKMA4
k.A.
0,117
0,022
0,178
0,100
-0,001
0,457**
* bzw. ** Der Korrelationskoeffizient nach Bravais-Pearson ist auf einem 95 bzw. 99prozentigen Niveau signifikant
1) Die Tabelle mit den ausführlichen Variablenbezeichnungen findet sich in Anhang A2
2) Eine höhere bzw. geringere durchschnittliche Merkmalsausprägung im Vergleich der Perioden vor und nach 1995 wird
hier mit einem Pfeil nach oben bzw. unten markiert, ein Gleichheitszeichen markiert Variablen, die sich in diesem Zeitraum kaum oder gar nicht verändert haben, k.A. = keine Angabe.
3) EINWOHN = Einwohnerzahl der Kommune zum 1.1.1997
4) ERFOLG = Mittelwerte aus den gepoolten Angaben der Unternehmen zur Zufriedenheit mit dem Engagement der
Kommune für die Belange der lokalen Wirtschaft auf einer Skala von –1=schlecht über 0=mittelmässig bis +1=gut.
Quellen: Eigene Kommunalbefragung aus dem Jahr 2000, Befragung des DIFU aus dem Jahr 1993, Experteninterviews in zwölf
ostdeutschen Städten, Statistische Jahrbücher Deutscher Gemeinden, DIW-Unternehmensbefragungen der Jahre 1998 und 2000.
78
Grundlage dieser Einschätzungen zur zeitlichen Veränderung der Ausprägung der Variablen
ist die zu großen Teilen quantitativ (Vergleich mit der DIFU-Befragung des Jahres 199375,
Abfrage der zeitlichen Dimension in der Befragung aus dem Jahr 2000, Zeitreihen der amtlichen Statistik) und zu kleinen Teilen qualitativ (Experteninterviews) fundierte deskriptive
Analyse der Handlungsmuster kommunaler Wirtschaftsförderung der vorangegangen Abschnitte. Gleiches gilt für die vierte Spalte "Korrelation mit EINWOHN". Auch diese Spalte
ist im Kern eine Zusammenfassung der obigen Ausführungen zum Zusammenhang zwischen
der Gemeindegröße und den Handlungsmustern kommunaler Wirtschaftsförderung. Mit einem bzw. zwei Sternchen hinter dem Korrelationskoeffizienten wird hier ein auf einem 95
bzw. 99prozentigen Signifikanzniveau gesicherter Zusammenhang der Variable mit der Einwohnerzahl der Kommune markiert. Das Vorzeichen des Korrelationskoeffizienten gibt dabei
jeweils die Wirkungsrichtung des Zusammenhangs an.
Entscheidend für die weiteren Ausführungen ist die fünfte Spalte "Korrelation mit ERFOLG",
die anzeigt, welche Variablen auf einem 95prozentigen oder 99prozentigen Signifikanzniveau
mit der Variable ERFOLG korrelieren. Für insgesamt 24 der 88 Variablen gilt dies: Die Zufriedenheit der ortsansässigen Unternehmen mit dem Engagement der Kommune für die Belange der lokalen Wirtschaft (ERFOLG) steigt danach mit
§
dem Innovationsgrad der kommunalen Wirtschaftspolitik (ERSTSCHL),
§
der Qualität der Zusammenarbeit zwischen den Fachpolitiken (KOOPFPOL),
§
der Reibungslosigkeit der interinstitutionellen Kommunikation (KOOPINFO),
§
der Intensität der interinstitutionellen Projektkoordination (KOOPPROJ),
§
der Funktionalität der interinstitutionellen Arbeitsteilung (KOOPKOMP),
§
dem Gewicht, das der intraregionalen Moderation beigemessen wird (KOOPBED),
§
den Anstrengungen der Wirtschaftsförderer beim Consulting (BERATBED),
§
der Anzahl der monatlichen Beratungsgespräche mit Unternehmen (BERATANZ),
§
der Bedeutung, die der Liegenschaftspolitik beigemessen wird (LPOLBED),
§
dem Verzicht auf diskriminierende Finanzhilfen (FHILFEN),
§
der Höhe der Investitionen in unternehmensnahe Infrastruktur (INFRAUNT),
§
der Reduktion der laufenden Kulturausgaben (WSKULTUR),
§
dem Gewicht, das der Verwaltungsmodernisierung beigemessen wird (VERWBED),
§
der Einführung neuer Steuerungsmodelle in der Verwaltung (VERWNSM),
§
der Kürze der Bearbeitungszeiten in der Verwaltung (VERWGEN1-4)
75
Kühn/Floeting 1995.
79
§
der Bedeutung, die interkommunaler Kooperation beigemessen wird (INTERBED),
§
der Existenz einer regelmäßigen Regionalkoordination (INTERKO6),
§
dem Gewicht, das dem Standortmarketing beigemessen wird (MARKBED),
§
der Systematik, mit der das Standortmarketing betrieben wird (MARKSYST),
§
der Häufigkeit, mit der das Internet für Standortwerbung genutzt wird (MARKMA6)
§
und der Höhe der Ausgaben für Standortwerbung (MARKAUSG)
erkennbar an. Mit Verfahren der multivariaten Statistik lassen sich die in diesem Gesamtbild
enthaltenen Informationen noch erheblich verdichten.
Zunächst wurde hierzu eine Hauptkomponentenanalyse mit rechtwinkliger Rotation (Varimax
mit Kaiser-Normalisierung) durchgeführt. Mit Ausnahme der Dummy-Variable BERATMA1,
die aufgrund ihrer einheitlichen Merkmalsausprägung von '1' in allen 88 Untersuchungsgemeinden schon in der bivariaten Korrelationsanalyse ausgeschlossen werden musste, gingen alle exogenen Variablen (n=87) zu den Handlungsmustern kommunaler Wirtschaftsförderung in die Hauptkomponentenanalyse ein. Die Rotation konvergierte nach 39 Iterationen. Bleiben alle Faktoren mit einem Eigenwert von unter eins unberücksichtigt, so zeigt sich,
dass mit 29 Supervariablen 82,4 Prozent der gesamten Streuung der 87 Einzelindikatoren zu
den Handlungsmustern kommunaler Wirtschaftsförderung in Ostdeutschland erklärt werden
kann (Tabelle A3 im Anhang). Einen vollständigen Überblick über die Faktorenladungen mit
einem Betrag über 0,1 gibt Tabelle A4 im Anhang. Da die Anzahl von 29 Faktoren immer
noch sehr groß ist und eine Interpretation der Faktoren im Rahmen dieser Forschungsarbeit
ohnehin nur für die Faktoren notwendig ist, die auch einen Einfluss auf den Erfolg der kommunalen Wirtschaftspolitik haben, wird sich im Folgenden auf die Interpretation dieser "Erfolgsfaktoren" beschränkt. Mit den Faktorenwerten der 29 Supervariablen (REGR Faktorenwerte) wurde hierzu eine schrittweise Regression mit der endogenen Variablen ERFOLG
durchgeführt. Im Ergebnis zeigt sich, dass "nur" neun der 29 im Zuge der Hauptkomponentenanalyse extrahierten Supervariablen 58,2 Prozent der Streuung der endogenen Variablen
ERFOLG erklären76 (Tabelle 8 und 9). Unter Berücksichtigung der zum Teil doch erheblichen
Schwierigkeiten bei der Operationalisierung der Variablen zu den Handlungsmustern der
kommunalen Wirtschaftspolitik und der Tatsache, dass die exogenen Variablen und die endogene Variable auf Grundlage unabhängiger statistischer Quellen generiert wurden, ist dieses
Bestimmtheitsmaß der Regression erfreulich hoch.
80
Tabelle 8: Modellzusammenfassung der 'Regression mit Faktorenwerten'
R
R²
Korrigiertes R²
Standardfehler des Schätzers
0,763
0,582
0,530
1,367
Einflussvariablen: (Konstante), REGR Faktorenwerte 6, REGR Faktorenwerte 29, REGR
Faktorenwerte 26, REGR Faktorenwerte 20, REGR Faktorenwerte 8, REGR Faktorenwerte 7,
REGR Faktorenwerte 4, REGR Faktorenwerte 14, REGR Faktorenwerte 16
Abhängige Variable: Zufriedenheit der ortsansässigen Unternehmen (ERFOLG)
Tabelle 9: Koeffizienten der Regressionsanalyse mit Faktorenwerten
Nicht standardisierte Koeffizienten
Variable
B
Standardfehler
(KONSTANTE)
-3,048
0,150
REGR Faktorenwerte 6
0,687
0,151
REGR Faktorenwerte 29
0,672
REGR Faktorenwerte 26
Standardisierte
Koeffizienten
Beta
T
Signifikanz
-20,318
0,000
0,345
4,554
0,000
0,151
0,337
4,451
0,000
-0,557
0,151
-0,279
-3,691
0,000
REGR Faktorenwerte 20
0,507
0,151
0,254
3,359
0,001
REGR Faktorenwerte 8
-0,480
0,151
-0,241
-3,179
0,002
REGR Faktorenwerte 7
0,465
0,151
0,233
3,081
0,000
REGR Faktorenwerte 4
-0,375
0,151
-0,188
-2,487
0,015
REGR Faktorenwerte 14
-0,346
0,151
-0,173
-2,291
0,025
REGR Faktorenwerte 16
0,343
0,151
0,172
2,269
0,026
Abhängige Variable: Zufriedenheit der ortsansässigen Unternehmen (ERFOLG).
Die gesamte Regression (F-Wert) ist auf einem 99prozentigen Niveau signifikant, und die
einzelnen Supervariablen (t-Werte) z.T. auf einem 99prozentigen und z.T. auf einem
95prozentigen Niveau. Die Schwierigkeit besteht nun im Wesentlichen darin, die neun hier
als exogen gesetzten Supervariablen zu den Handlungsmustern kommunaler Wirtschaftspolitik geeignet zu interpretieren.
Die erste in der Regression mit der endogenen Variablen ERFOLG signifikante exogene Supervariable (Komponente 6) umfasst Kommunen, die in drei Bereichen besonders stark sind:
Unternehmen werden in diesen Kommunen sehr intensiv beraten, z.T. fundiert mit eigenständigen Wirtschaftsstrukturanalysen, durch eine moderne und flexible Verwaltung werden kurze Bearbeitungszeiten – insbesondere bei Bau- und anderen Genehmigungsverfahren – garan76
Die für die Regression notwendige Unabhängigkeit der exogenen Variablen untereinander war gewähr-
81
tiert, Standortmarketing wird sehr intensiv betrieben, u.a. als Regionalmarketing gemeinsam
mit anderen Kommunen. Im Grunde handelt es sich hierbei – vielleicht mit Ausnahme des
Regionalmarketing – um klassische unternehmensbezogene Dienstleistungen der kommunalen Wirtschaftsförderung, die in diesen Kommunen auf einem hohen Niveau angeboten werden. Für diese Supervariable wird im Folgenden die Bezeichnung "Service" verwendet.
Die zweite exogene Supervariable (Komponente 29) bezeichnet Kommunen, die in Relation
zu anderen Kommunen besonders innovativ sind. Sowohl die Einführung neuer Steuerungsmodelle in der Verwaltung als auch die Konzentration auf wissens- und humankapitalorientierte Standortfaktoren im Zuge der Technologie- und Innovationsförderung gehört zum
Repertoire dieser Kommunen. Für diese Supervariable wird im Folgenden die Bezeichnung
"Innovationsgrad" verwendet.
Die dritte exogene Supervariable (Komponente 26) repräsentiert solche Kommunen, die im
Bereich der Liegenschaftspolitik einen deutlichen Standortnachteil aufweisen. Die Gewerbeflächenpreise sind hoch und die Kommunen tun zu wenig, um dieses Standortdefizit zu beheben. Auch die Vermarktung der Gewerbeflächen im Internet lässt zu wünschen übrig. Für
diese Supervariable wird im Folgenden die Bezeichnung "Mangelhaftes Flächenmanagement" verwendet.
Die vierte exogene Supervariable (Komponente 20) sieht der ersten Supervariable (Komponente 6) sehr ähnlich. Bedingt durch eine gute Kooperation zwischen den verschiedenen
Fachpolitiken und den Akteuren vor Ort gelingt es den mit ihren Merkmalsausprägungen in
dieser Komponente gebündelten Kommunen, sowohl vernünftige Verwaltungsleistungen anzubieten als auch ein hochwertiges Standortmarketing zu betreiben. Für diese Supervariable
wird im Folgenden die Bezeichnung "Service II" verwendet, um zu verdeutlichen, dass auf
diesen Faktor im Wesentlichen die zum Faktor "Service" komplementären Merkmale hoch
laden.
Die fünfte exogene Supervariable (Komponente 8) bezeichnet im Wesentlichen solche Kommunen, in denen die inneradministrative und interinstitutionelle Zusammenarbeit alles andere
als zufriedenstellend funktioniert. Die Zusammenarbeit zwischen den Fachpolitiken, der
Kommunikations- und Informationsaustausch, die Zusammenarbeit in konkreten Projekten
leistet, da die Faktoren mit einer recht- und keiner schiefwinkligen Rotation berechnet worden waren.
82
sowie die Arbeitsteilung und Kompetenzzuordnung wird in diesem Kommunen ausnahmslos
schlecht benotet. Für diese Supervariable wird im Folgenden die Bezeichnung "Kooperationsdefizite" verwendet.
Die sechste exogene Supervariable (Komponente 7) bündelt nochmals vor allem Merkmale,
die sich auf die Flexibilität und Modernität der Verwaltung beziehen. Wiederum sind die hohen Faktorladungen vor allem im Bereich der Bearbeitungszeiten für das Aufstellen von Bebauungsplänen und Erschließungsplänen komplementär zu den Faktorladungen der Komponenten "Service" und "Service II". Entsprechend wird für diese Supervariable im Folgenden
die Bezeichnung "Service III" verwendet.
Die siebte exogene Supervariable (Komponente 4) ist die einzige der neun in der Regression
mit der endogenen Variablen ERFOLG signifikanten Supervariablen, die auch mit der Einwohnerzahl der Kommunen korreliert ist. Und entsprechend laden auf die Komponente auch
im Wesentlichen solche Merkmale hoch, die typischerweise Kennzeichen von Agglomerationsräumen sind: der Gewerbesteuerhebesatz, die laufenden Personalausgaben und die laufenden Kulturausgaben sind überdurchschnittlich hoch, die Internetpräsenz ist in der Regel
auf hohem Niveau gewährleistet, Technologie- und Gründerzentren existieren. Für diese Supervariable wird deshalb im Folgenden die Bezeichnung "Verstädterung" verwendet.
Die achte exogene Supervariable (Komponente 14) repräsentiert solche Kommunen, die verstärkt auf Formen diskriminierender Wirtschaftsförderung setzen wie kommunale Finanzhilfen und die Vergabe öffentlicher Aufträge an ortsansässige Unternehmen. Für diese Supervariable wird im Folgenden die Bezeichnung "Diskriminierende Wirtschaftsförderung" verwendet.
Die neunte und letzte in der Regression mit der endogenen Variablen ERFOLG signifikante
exogene Supervariable (Komponente 16) umfasst Kommunen, die der Zusammenarbeit mit
der Privatwirtschaft im Rahmen von Public-Private-Partnerships, Privatisierung und Outsourcing eine besondere Bedeutung zumessen. Neben der Moderation zwischen Politik, Verwaltung und Wirtschaft werden in diesen Kommunen auch in den Bereichen 'Qualifizierung',
'Mobilisierung von Fördermitteln' und 'Interkommunale Kooperation' besondere Anstrengungen unternommen. Für diese Supervariable wird im Folgenden die Bezeichnung "PublicPrivate-Partnership" verwendet.
83
Die auf den Faktorwerten basierende Regressionsgleichung hat entsprechend die Form
ERFOLG = -3,048 + 0,687 (SERVICE) + 0,672 (INNOVATIONSGRAD) - 0,557 (MANGELHAFTES
FLÄECHENMANAGEMENT) + 0,507 (SERVICE II) - 0,480 (KOOPERATIONSDEFIZITE) + 0,465 (SERVICE III)
- 0,375 (VERSTAEDTERUNG) - 0,346 (DISKRIMINIERENDE WIRTSCHAFTSFÖRDERUNG) + 0,343 (PUBLICPRIVATE-PARTNERSHIP) +u
mit einer unerklärten Reststreuung (u) der endogenen Variablen ERFOLG von rund 40 Prozent. Um die Interpretation des Zusammenhangs zwischen den Handlungsmustern kommunaler Wirtschaftspolitik und ihrem Erfolg vor allem im Hinblick auf die genannten Supervariablen "Service", "Service II", "Service III" und "Verstädterung" zu erleichtern, wurde neben
der Regression mit den Faktorenwerten auch eine Regression mit den direkt messbaren Variablen durchgeführt. Auf Grundlage der neun im Zuge der Faktorenanalyse mit anschließender
Regression extrahierten Erfolgsfaktoren wurden für jeden Faktor jeweils die exogenen Ursprungsvariablen mit den höchsten Ladungen ausgewählt: BERATBED und BERATANZ für
die Komponente "Service", ERSTSCHL und VERWNSM für die Komponente "Innovationsgrad", LPOLBED und LPOLPREIS für die Komponente "Mangelhaftes Flächenmanagement", VERWBED und MARKBED für die Komponente "Service II", KOOPFPOL,
KOOPINFO, KOOPPROJ und KOOPKOMP für die Komponente "Kooperationsdefizite",
VERWGEN3 und VERWGEN4 für die Komponente "Service III", WSKULTUR und
VERWPERS für die Variable "Verstädterung", FISKABED und FHILFEN für die Komponente "Diskriminierende Wirtschaftsförderung" sowie PPPBED und PRIVABED für die
Komponente "Public-Private-Partnership".
Elektronisch wurden alle möglichen regressionsanalytischen Kombinationen dieser zwanzig
exogenen Variablen mit der endogenen Variablen ERFOLG berechnet. Das Kriterium der
vollständigen Unabhängigkeit aller exogenen Variablen konnte dabei allerdings von keiner
der berechneten Regressionen erfüllt werden. Die Kosten für die einfachere Interpretation des
Gesamtzusammenhangs bestehen folglich in einem leichten Bias bei der Höhe der einzelnen
Regressionskoeffizienten. Da diese Verzerrung bei allen berechneten Regressionsvarianten in
ähnlicher Größenordnung zu beobachten war, wird hier nur die Regression mit dem größten
84
Erklärungsgehalt präsentiert77. Es zeigt sich, dass der Erklärungsgehalt der Regression mit
den direkt messbaren Variablen sogar noch größer ist als der Erklärungsgehalt der Regression
mit den Faktorenwerten der extrahierten Supervariablen (Tabelle 10 und 11).
Tabelle 10: Modellzusammenfassung der 'Regression mit Variablen'
R
R²
Korrigiertes R²
Standardfehler des Schätzers
0,852
0,726
0,703
1,078
Einflussvariablen: (Konstante), ERSTSCHL, BERATANZ, VERWBED, FHILFEN, WSKULTUR,
KOOPFPOL, PPPBED
Abhängige Variable: Zufriedenheit der ortsansässigen Unternehmen (ERFOLG)
Tabelle 11: Koeffizienten der Regressionsanalyse mit Variablen
Nicht standardisierte Koeffizienten
Variable
B
Standardfehler
(KONSTANTE)
-4,920
0,644
ERSTSCHL
1,975
0,256
BERATANZ
0,264
VERWBED
Standardisierte
Koeffizienten
Beta
T
Signifikanz
-7,638
0,000
0,490
7,704
0,000
0,052
0,318
5,130
0,000
0,252
0,102
0,161
2,479
0,015
FHILFEN
-0,679
0,242
-0,170
-2,811
0,006
WSKULTUR
-0,005
0,001
-0,185
-3,108
0,003
KOOPFPOL
-0,360
0,144
-0,160
-2,503
0,014
PPPBED
0,277
0,130
0,127
2,130
0,036
Abhängige Variable: Zufriedenheit der ortsansässigen Unternehmen (ERFOLG).
Die sieben exogenen Kennziffern ERSTSCHL, BERATANZ, VERWBED, FHILFEN,
WSKULTUR, KOOPFPOL und PPPBED erklären zusammen etwa 73 Prozent der Streuung
der endogenen Variablen ERFOLG. Die gesamte Regression (F-Wert) ist ebenfalls auf einem
99prozentigen Niveau signifikant und die einzelnen Variablen (t-Werte) wiederum z.T. auf
einem 99prozentigen (ERSTSCHL, BERATANZ, FHILFEN, WSKULTUR) und z.T. auf
einem 95prozentigen Niveau (VERWBED, KOOPFPOL, PPPBED). Mit standardisierten
Regressionskoeffizienten hat die Regressionsgleichung die Form
ERFOLG = 0,490 (ERSTSCHL) + 0,318 (BERATANZ) + 0,161 (VERWBED) - 0,170 (FHILFEN) - 0,185
(WSKULTUR) - 0,160 (KOOPFPOL) + 0,127 (PPPBED) + u
77
Die Korrelationsmatrix der exogenen Variablen dieser Regression zeigt, dass die Variable ERSTSCHL mit
den Variablen VERWBED und FHILFEN korreliert sowie die Variable KOOPFPOL mit den Variablen
BERATANZ und VERWBED.
85
Obwohl die Regressionskoeffizienten dieser Regression mit einem Bias behaftet sein können,
gibt das Gesamtbild der Regression mit den direkt messbaren Variablen weitere Hinweise für
die Interpretation des Wirkungszusammenhangs zwischen den Handlungsmustern kommunaler Wirtschaftsförderer und dem lokalen Gewerbeklima. Das Ergebnis ist mit nur sieben
erklärenden Variablen noch dichter als das Ergebnis der Regression mit den Faktorenwerten.
Interpretiert man beide Regressionsgleichungen im Zusammenhang (Tabelle 12) so zeigt sich,
dass rund zwei Drittel des lokalen Gewerbeklimas durch folgende drei Handlungsmuster
kommunaler Wirtschaftspolitik (mit etwa gleichgewichtiger Bedeutung) erklärt werden können: Erfolgreich sind solche Kommunen, die in ausgewählten traditionellen Maßnahmenbereichen kommunaler Wirtschaftspolitik (Consulting, Liegenschaftspolitik, Bearbeitungszeiten bei Genehmigungs- und Planfeststellungsverfahren, unternehmensnahe Infrastrukturinvestitionen und klassische Standortwerbung) überdurchschnittliche Leistungen erbringen,
kleinräumig kooperieren – sowohl öffentlich-öffentlich als auch öffentlich-privat - und in
Relation zu anderen Kommunen innovative Maßnahmen realisieren (Neue Steuerungsmodelle
in der Verwaltung, modernes Regionalmarketing usw.).
Tabelle 12: Erfolgsfaktoren kommunaler Wirtschaftspolitik in Ostdeutschland
I
In der Regression identifizierte Erfolgsfaktoren
Ø
Hochwertiges Angebot in den (traditionellen) Maßnahmenbereichen Consulting, Liegenschaftspolitik, Verwaltung, unternehmensnahe Infrastruktur und klassische Standortwerbung
Kooperationsklima innerhalb der Verwaltung und zwischen den Institutionen (Kammern, Verbänden, Kommunen etc.), Public-Private-Partnerships
Innovationsgrad der lokalen Politik z.B. in den Bereichen Neue Steuerungsmodelle, Regionalmarketing
Ø
Ø
II
Ubiquitäre Faktoren und erfolglose Anpassungsstrategien
Ø
Ø
Ø
Ø
Ø
Ø
Ø
Technologie- und Innovationsförderung
Informationsbeschaffung und –aufbereitung
Personelle und finanzielle Ausstattung der Wirtschaftsförderung
Organisationsform der kommunalen Wirtschaftsförderung
Mobilisierung von Fördermitteln
Clusterzentrierte Ansiedlungspolitik
Privatisierung/Outsourcing kommunaler Leistungen
III
In der Regression identifizierte "Killerfaktoren"
Ø
Ø
Maßnahmen der diskriminierenden Wirtschaftsförderung
Überdurchschnittlich hohe Investitionen im Bereich haushaltsnaher Infrastruktur
Quelle: Eigene Darstellung
86
Die Maßnahmenbereiche 'Informationsbeschaffung und -aufbereitung', 'Technologie- und
Qualifizierungspolitik' sowie die personelle und finanzielle Ausstattung der Wirtschaftsförderung sind dagegen in ihrer Ausprägung weitgehend ubiquitär zwischen den Kommunen
verteilt, so dass hier kein signifikanter Zusammenhang mit dem lokalen Gewerbeklima nachgewiesen werden konnte. Die Ausprägung der Kennziffern zur Organisationsform der kommunalen Wirtschaftsförderung, zur Mobilisierung von Fördermitteln, einer clusterzentrierten
Ansiedlungspolitik sowie dem Privatisierungsgrad der kommunalen Leistungen zeigen ebenfalls keinen messbaren Einfluss auf den Erfolg der kommunalen Wirtschaftspolitik, obwohl
sie sich in ihrer Ausprägung von Kommune zu Kommune z.T. erheblich unterscheiden.
Ein negativer Einfluss auf das lokale Gewerbeklima konnte für zwei Maßnahmenbündel
nachgewiesen werden: Für Maßnahmen der diskriminierenden Wirtschaftsförderung (kommunale Finanzhilfen, gezielte Vergabe öffentlicher Aufträge) und für überdurchschnittliche
Investitionen im Bereich haushaltsnaher Infrastruktur – wie insbesondere in Agglomerationen
der Fall. Beide Maßnahmenbündel sind unabhängige erklärende Faktoren für den Erfolg bzw.
Nichterfolg kommunaler Wirtschaftspolitik. Entsprechend erklären die oben erläuterten Erfolgsstrategien kommunaler Wirtschaftspolitik im interkommunalen Wettbewerb nur dann
zwei Drittel der Qualität des lokalen Gewerbeklimas, wenn diese beiden Negativstrategien
("Killerfaktoren") von den Kommunen vermieden werden.
9
Bewertung und Schlussfolgerungen
Im Gegensatz zu den theoretisch entwickelten Ausgangshypothesen ist das Erfolgsrezept
kommunaler Wirtschaftspolitik keine rein aus dem unternehmerischen Wettbewerb abgeleitete wettbewerbsorientierte Wirtschaftspolitik, sondern vielmehr ein ausgewogener Mix aus
traditionellen (Consulting, Liegenschaftspolitik, Verwaltungsdienste, Infrastrukturinvestitionen) und modernen (Public-Private-Partnerships, Einführung neuer Steuerungsmodelle,
Regionalmarketing) Maßnahmenbündeln. Zusammengenommen erklären diese erfolgreichen
Handlungsmuster kommunaler Wirtschaftspolitik rund zehn Prozent des standortbedingten
Beschäftigungswachstums vor Ort. Der Rest wird von anderen lokalen Standortbedingungen
erklärt, die nicht oder nur sehr indirekt von der lokalen Wirtschaftspolitik zu beeinflussen sind
wie die Verkehrsinfrastruktur, Zulieferer- und Abatzpotenzial, geographische Lage, Lohnkosten und der Zugang zu Fördermitteln.
87
Die aus den Analogien zum unternehmerischen Wettbewerb abgeleiteten Maßnahmenbereiche "Zielgruppenorientierte Ansiedlungspolitik" und "Privatisierung kommunaler Leistungen" gehören nicht zu den Erfolgsstrategien kommunaler Wirtschaftspolitik. Dies ist insofern von Interesse, als beide Maßnahmenbündel oft als Eckpunkte einer modernen Wirtschaftspolitik der Kommunen empfohlen werden. Geeigneter scheint hier zum einen eine Beteiligung privater Akteure unterhalb der Schwelle echter Privatisierungen in Form von PublicPrivate-Partnerships und zum anderen eine Ansiedlungspolitik, die sich nicht direkt an der
Definition bestimmter Wachstumsbranchen, d.h. am Output, orientiert, sondern stattdessen
über eine Beeinflussung des Inputs z.B. der Infrastruktur versucht, indirekt eine günstige
Sektoralstruktur vor Ort zu erreichen. Was die unendliche Debatte zur Organisationsform der
kommunalen Wirtschaftsförderung angeht, kann hier festgestellt werden, dass es keinen Königsweg in dieser Frage gibt, sondern unterschiedliche Aufgaben und unterschiedliche Kommunengrößen verschiedenartige Organisationsstrukturen verlangen.
Im Hinblick auf die volkswirtschaftlichen Konsequenzen des interkommunalen Wettbewerbs
ist zu bemerken, dass die Gefahr eines ruinösen Subventionswettlaufs bei der gegenwärtigen
Intensität des Standortwettbewerbs zwischen den Kommunen eindeutig nicht festzustellen ist.
In den Kommunen, in denen überhaupt noch Maßnahmen der diskriminierenden Wirtschaftsförderung (Finanzhilfen, Preissubventionen, gezielte Vergabe öffentlicher Aufträge) durchgeführt werden, haben diese sogar einen negativen Einfluss auf das lokale Gewerbeklima.
Dagegen gibt es sehr deutliche Anzeichen für zwei andere Folgen des Systemwettbewerbs:
Eine zunehmenden Dominanz des Ökonomischen über das Politische und eine Unterversorgung mit haushaltsnahen öffentlichen Gütern. Kommunen, denen es gelingt, unter Federführung der kommunalen Wirtschaftsförderung alle Fachpolitiken (Kommunale Stadtentwicklungs-, Kultur-, Arbeitsmarkt- und Umweltpolitik) an den Bedürfnissen der lokalen Wirtschaft auszurichten, sind im Sinne einer positiven Beeinflussung des lokalen Gewerbeklimas
erkennbar erfolgreicher als Kommunen, denen dies weniger gelingt. Kommunen, die ihre Anstrengungen im Bereich unternehmensnaher Infrastrukturinvestitionen konzentrieren und Investitionen im Bereich haushaltsnaher Infrastruktur zurückstellen, sind im Wettbewerb der
Kommunen erfolgreicher als solche Kommunen - insbesondere Städte mit ober- und mittelzentralen Aufgaben -, die ein hohes Niveau an haushaltsnaher Infrastruktur aufrechterhalten.
Geht man davon aus, dass die Zufriedenheit der Unternehmen mit dem Engagement der
Kommune für die Belange der lokalen Wirtschaft in der Tat ein strategischer Catch-AllFaktor für das lokale Gewerbeklima ist und entsprechend eine Schlüsselgröße zur Verbesse-
88
rung der lokalen Wirtschaftsstruktur, der Reduzierung der örtlichen Arbeitslosenquote und der
Erhöhung der Gewerbesteuereinnahmen, dann macht es für jede einzelne Kommune Sinn, im
zunehmenden Wettbewerb der Kommunen eben solch eine wirtschaftsorientierte Kommunalpolitik zu betreiben. Kommunen, die sich hier verweigern, werden vom Markt durch das Ausbleiben von Investitionen und die Abwanderung mobiler Produktionsfaktoren sehr viel stärker
sanktioniert als in der Vergangenheit. In der Summe aller einzelwirtschaftlichen Kalküle verschiebt sich das Paradigma kommunaler Politik weg von einer am fachpolitischen Bedarf z.B.
in den Bereichen Kultur, Verkehr und Umwelt orientierten Kommunalpolitik hin zu einer an
den Bedürfnissen der mobilen Produktionsfaktoren orientierten Kommunalpolitik.
Anhand der empirischen Ergebnisse für die ostdeutschen Kommunen über 20.000 Einwohner
in der Periode 1995-2000 konnte also gezeigt werden, dass beim jetzigen Stand der Mobilität
der Produktionsfaktoren (oder anders: auf dem gegenwärtigen Niveau des interkommunalen
Wettbewerbs) die behaupteten Vorteile des interkommunalen Wettbewerbs schon voll zur
Geltung kommen. Kommunen werden angeregt, innovative Strategien zu verfolgen, kleinräumig zu kooperieren und ihre Verwaltungs- und Beratungsdienstleistungen zu optimieren.
Gleichzeitig gibt es aber auch schon eine klare empirische Evidenz für Nachteile des interkommunalen Wettbewerbs wie die Tendenz zur Unterversorgung mit haushaltsnahen Clubgütern und einen abnehmenden fachpolitischen Handlungsspielraum. Zugespitzt formuliert
lässt sich hieraus eine Art "Plädoyer für den Status Quo" ableiten. Die wirtschaftspolitischen
Akteure der übergeordneten föderalen Ebenen sollten zumindest nichts tun, was den interkommunalen Wettbewerb noch verstärkt. Denn: Zum jetzigen Zeitpunkt scheint der Saldo aus
den Vor- und Nachteilen des interkommunalen Wettbewerbs noch positiv zu sein. Pläne, den
interkommunalen Finanzausgleich zu reduzieren, um den Wettbewerb der Kommunen weiter
zu erhöhen, oder auch eine weitere Senkung der Raumüberwindungskosten, könnten hier unerwünschte Folgen haben. Zudem sind wirtschaftspolitische Maßnahmen von Bedeutung, die
die positiven Impulse des interkommunalen Benchmarkings bewahren, aber gezielt gegen die
negativen Wirkungen des interkommunalen Wettbewerbs gerichtet sind. Ein Eckpfeiler ist
hier sicherlich die Beihilfenkontrolle auf supranationaler Ebene, aber auch an vertikale
zweckgebundene Zuweisungen für haushaltsnahe Infrastrukturprojekte und die Setzung flächendeckender Mindeststandards ist in diesem Zusammenhang zu denken. Dieses Instrument
darf jedoch nicht zu sehr strapaziert werden, da durch jede Form der Harmonisierung die Autonomie der lokalen Gebietskörperschaften ausgehöhlt wird und so die positiven Effekte des
Wettbewerbs schwinden. Ziel muss eine ausreichenden finanzielle Ausstattung der Kommu-
89
nen mit ungebundenen Mittelzuweisungen und einem kleinen Teil an zweckgebundenen Zuweisungen für haushaltsnahe Infrastruktur sein.
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