Minuszinsen durch die Hintertür - Wirtschaft Seite 1 von 3 WIRTSCHAFT 07.01.2015 (Aktualisiert 18:21 Uhr) Von Jürgen Lutz Minuszinsen durch die Hintertür Depotbanken wälzen Kosten auf Fondsgesellschaften ab – Kunden drohen höhere Kosten Bankenstandort Frankfurt: Minuszinsen werden Fonds mit ohnehin magerer Rendite bald zusetzen. (Foto: Daniel Reinhardt ) München / sz Mit der Einführung von Negativzinsen für Banken hat die Europäische Zentralbank (EZB) ein Tabu gebrochen: Im Juni verkündete Notenbankpräsident Mario Draghi, dass Banken für Einlagen bei der EZB einen Zins von 0,1 Prozent im Jahr zahlen müssen. Bereits im September wurde der Satz auf 0,2 Prozent erhöht. Mit diesem Strafzins will Draghi die Konjunktur ankurbeln. Hintergedanke: Wenn Banken für ihre EZBEinlagen bluten müssen, werden sie mehr Kredite ausgeben, um eben dies zu vermeiden – und das soll die Wirtschaft im Euroraum beleben. http://www.schwaebische.de/wirtschaft/aktuelle-nachrichten_artikel,-Minuszinsen-dur... 27.01.2015 Minuszinsen durch die Hintertür - Wirtschaft Seite 2 von 3 Sparern und Anlegern wurde von der Bankenlobby stets signalisiert, dass sie von diesem Strafzins nicht betroffen sein würden. Doch das stimmt so nicht: Zum einen trifft es Unternehmen, die ihre Liquidität parken müssen, sowie vermögende Privatkunden, die ab einer bestimmten Größenordnung Zinsen zahlen müssen, wenn sie ihrer Bank Geld leihen. Zum anderen leistet Otto Normalanleger seinen Obolus, wenn er eine Lebensversicherung bespart oder Investmentfonds kauft. Der Grund dafür: Von institutionellen Kunden wie Lebensversicherern und Fondsgesellschaften verlangen die Banken durchaus, dass sie sich an der Zahlung des EZB-Strafzinses beteiligen. „Wer glaubt, dass diese Kosten nicht an den Endkunden weitergegeben werden, ist naiv“, sagt Rolf Kazmaier von der bankenunabhängigen Vermögensverwaltung SVA Stuttgart GmbH mit Niederlassung in Ravensburg. Minuszinsen geplant In der Tat planen große Depotbanken, Minuszinsen, die sie selbst an die EZB zahlen, von den Fonds zu verlangen, wenn diese Eurobarmittel bei ihnen parken. So hat „Euro am Sonntag“ in einer Umfrage herausgefunden, dass etwa die Bank of New York (BNY) Mellon den Negativzins der EZB von minus 0,2 Prozent bereits an die Fonds weiterreicht, wenn diese Euro auf den BNY-Konten parken. Auch State Street will nach Angaben eines Sprechers bald Negativzinsen einführen. „Gut möglich, dass die anderen Platzhirsche unter den deutschen Depotbanken sich ähnlich entscheiden“, glaubt Vermögensverwalter Rainer Laborenz von Privatinvestor Vermögensmanagement GmbH in Offenburg. Dazu gehören etwa BNP Paribas, DZ Bank und JP Morgan. Auch Fondsanleger werden davon betroffen sein. Denn die anfallenden Zinsen dürften die Gesamtkostenquote – die Total Expense Ratio (TER) – der Fonds weiter erhöhen. Schon jetzt bewegt sich die jährlich anfallende TER vieler aktiv gemanagter Produkte zwischen 1,5 und zwei Prozent, wie die Fondsratingagentur Morningstar ermittelt hat. Das gilt vor allem für die bei Anlegern beliebten Mischfonds, die in Aktien, Anleihen und andere Anlageklassen investieren können. Die Gebühr muss erst einmal verdient werden, bevor einem Anleger der erste Euro an Gewinn zufließt. Geldmarktfonds gefährdet Finanzexperte Kazmaier geht davon aus, dass Fonds mit ohnehin magerer Rendite am meisten betroffen sein werden. Dazu zählen nach seiner Einschätzung Geldmarktfonds, schlechte Rentenfonds sowie Immobilienfonds, die zur Auszahlung von Kunden eine recht hohe Cash-Quote halten müssen. Treffen könnte der negative Einlagezins aber auch flexible Mischfonds, die damit werben, bei einer Baisse am Aktienmarkt bis zu 100 Prozent des Fondsvermögens im Geldmarkt zu parken, um Kursverluste zu vermeiden: „Entweder fallen dafür Zinsen bei den Depotbanken an – oder das Geld wird in sichere, kurzlaufende Anleihen investiert. Das drückt deren Rendite und senkt die Erträge“, so Kazmaier. Gleichwohl gibt es Alternativen für Anleger. Laborenz: „Eine Option sind aktiv gemanagte Mischfonds, die über Jahre hinweg ihre Vergleichsmärkte deutlich hinter sich gelassen haben – auch risikoadjustiert.“ Dazu zählt der Vermögensverwalter etwa den FvS-Multiple http://www.schwaebische.de/wirtschaft/aktuelle-nachrichten_artikel,-Minuszinsen-dur... 27.01.2015 Minuszinsen durch die Hintertür - Wirtschaft Seite 3 von 3 Opportunities oder den Ethna-Aktiv. Das Problem: Niemand weiß, ob diese Fonds künftig besser abschneiden werden als der breite Markt. Anleger, die auf aktiv gemanagte Fonds setzen wollen, sollten daher regelmäßig prüfen, wie ihre Fonds sich in der Vergleichsgruppe behaupten – etwa auf www.morningstar.de. URL: http://www.schwaebische.de/wirtschaft/aktuelle-nachrichten_artikel,-Minuszinsen-durch-dieHintertuer-_arid,10152263.html Copyright: Schwäbisch Media Digital GmbH & Co. KG / Schwäbischer Verlag GmbH & Co. KG Drexler, Gessler. 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