Research Collection Educational Material Halbleiterbauelemente physikalische Grundlagen und Simulation Author(s): Schenk, Andreas Publication Date: 2001 Permanent Link: https://doi.org/10.3929/ethz-a-004303105 Rights / License: In Copyright - Non-Commercial Use Permitted This page was generated automatically upon download from the ETH Zurich Research Collection. For more information please consult the Terms of use. ETH Library Halbleiterbauelemente Physikalische Grundlagen und Simulation Privat-Dozent Dr. rer. nat. Andreas Schenk Integrated Systems Laboratory, ETH Zurich December 18, 2001 Contents 1 Quanten-Transport 1.1 Quanten-Bauelemente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.2 Quanten-Transportgleichungen∗ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 2 19 2 Boltzmann-Gleichung 2.1 “Ableitung” . . . . . . . . . . . . 2.2 Methoden der direkten Lösung . . 2.2.1 Relaxationszeit-Näherung 2.2.2 Monte-Carlo-Methode . . . . . . 23 23 26 26 27 3 Momenten-Methode 3.1 Hydrodynamische Transportgleichungen, Drift-Diffusions-Modell . . . . . . . . 3.2 Thermodynamisches Modell∗ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32 32 43 4 Numerische Methoden für die Simulation von Bauelementen by Bernhard Schmithüsen 4.1 Skalierte Gleichungen und Lösungsprozedur . . . . . . . . 4.1.1 Die Physikalischen Gleichungen . . . . . . . . . . 4.1.2 Randwerte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.1.3 Die skalierten (stationären) Gleichungen . . . . . . 4.1.4 Wahl der Variablen . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.1.5 Die Lösungsprozedur . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2 Diskretisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2.1 Allgemeine Diskretisierungsverfahren . . . . . . . 4.2.2 Anforderung an Diskretisierung . . . . . . . . . . 4.2.3 Diskretisierung der Poissongleichung . . . . . . . 4.2.4 Diskretisierung der Kontinuitätsgleichungen . . . . 4.2.5 Die Diskretisierten Gleichungen . . . . . . . . . . 4.3 Gitter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.3.1 Anforderungen an Gitter . . . . . . . . . . . . . . 4.3.2 Gitter Adaption . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48 48 48 49 50 50 51 52 52 53 54 56 60 60 61 62 5 Silizium 5.1 Bandstruktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.2 Zustandsdichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.3 Fermi-Dirac-Verteilung∗ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.3.1 System mit konstanter Teilchenzahl (“kanonische Verteilung”) . . 5.3.2 System mit variabler Teilchenzahl (“grosskanonische Verteilung”) 5.3.3 Fermi-Dirac-Verteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63 63 79 82 82 86 87 i . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Contents 1 5.4 89 Ladungsträgerdichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 Streuprozesse 95 6.1 Skk am Beispiel der Streuung an ionisierten Störstellen . . . . . . . . . . . . . . 95 6.2 Die wichtigsten Streumechanismen in Silizium . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105 6.3 Die Matthiessen-Regel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 7 Beweglichkeit kalter und heisser Ladungsträger 7.1 µimp und µac . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.2 Modelle für die Beweglichkeit kalter Ladungsträger im bulk 7.3 Beweglichkeit im MOSFET-Kanal . . . . . . . . . . . . . . 7.4 Beweglichkeit heisser Ladungsträger . . . . . . . . . . . . . 7.4.1 Sättigung der Driftgeschwindigkeit . . . . . . . . . 7.4.2 Empirische Modelle für Bauelemente-Simulation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108 108 109 112 116 116 118 8 Strahlungslose Rekombination 8.1 Tiefe Störstellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.2 Generations-Rekombinationsraten für Band-Band- und Band-Trap-Übergänge 8.3 Raten-Gleichungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.4 SRH-Lebensdauern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121 121 125 127 129 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 Auger-Rekombination 10 Stossionisation 10.1 Ionisations-Schwellenenergien . . . . . . . . 10.2 Stossionisationsrate und -koeffizienten . . . . 10.3 Modelle für die Stossionisationskoeffizienten 10.4 Avalanche-Durchbruch . . . . . . . . . . . . 131 . . . . . . . . 135 135 138 140 141 11 Metall-Halbleiter (MS)-Kontakt 11.1 Energieniveau-Schema vor Einstellung des thermodynamischen Gleichgewichts 11.2 MS-Kontakt im Gleichgewicht, Schottky- und Bardeen-Modell . . . . . . . . . 11.3 MS-Kontakt im Nichtgleichgewicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11.4 Kontakt-Randbedingungen in der Bauelemente-Simulation . . . . . . . . . . . . . . . 144 144 145 151 154 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12 Metall-Isolator-Halbleiter (MIS) Struktur 156 12.1 Isolator-Halbleiter (IS)-Übergang im Gleichgewicht . . . . . . . . . . . . . . . . 156 12.2 MIS-Struktur bei angelegter Spannung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159 12.3 Ladungstransport durch dünne Oxide . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164 13 Hetero-Übergänge 13.1 Banddiskontinuitäten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13.2 Potentialverlauf nach Einstellung des Gleichgewichts . . . . . . . . . . . . . . . 13.3 Supergitter und Quantum Wells . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166 166 167 169 1 Quanten-Transport 1.1 Quanten-Bauelemente Definition Transport: Bewegung von Ladungsträgern (= Ströme) in einem Bauelement oder einer Halbleiterstruktur infolge äusserer Felder. dissipativer Transport im bulk: Energieverlust hauptsächlich im Innern des Bauelements, mittlere freie Weglänge klein gegen Abmessungen des Bauelements. ballistischer Transport: Mittlere freie Weglänge für dissipative und elastische Streuung ist von der Grössenordnung der Abmessungen des Bauelements. quanten-ballistischer Transport: Zusätzlich Quantisierungseffekte durch “confinement” Interferenz-Effekte infolge verschiedener möglicher Wege. und kohärenter ballistischer Transport: Kohärenzlänge von derselben Grössenordnung wie die Struktur, Phase der Elektronenwelle bleibt erhalten. Quanten-Transport kann man auch nach möglichen Anwendungen in der Nanoelektronik klassifizieren, wobei jeweils typische Quanten-Effekte ausgenutzt werden: A) Interferenz-Effekte in niedrig-dimensionalen Strukturen, wie Resonant-Tunnel-Dioden (resonant tunnel diodes, RTDs) und Resonant-Tunnel-Transistoren (resonant tunnel transistors, RTTs) 2 1.1 Quanten-Bauelemente 3 B) Coulomb-Blockade in Einzel-Elektron-Transistoren (single electron transistors, SETs) und Quanten-Punkten (quantum dots, QD) C) Mesoskopischer Transport in Quanten-Wellenleitern (quantum waveguides) A) Interferenz-Effekte single barriers resonant double barrier quantum well superlattice interferencedevices.ID.epsi 99 × 72 mm chirp superlattice camel transistor B) Quanten-Drähte und Quanten-Punkte epitaxial wire modulation-doped deep-etched wire split-gate wire modulation-doped shallow-etched wire confinementdevices.ID.epsi 107 × 60 mm quantum dot n-(Al,Ga)As GaAs quantum well 4 Quanten-Transport C) Quanten-Wellenleiter interference ring device tapered quantum waveguide stub device cross-talking wires waveguidedevices.ID.epsi 110 × 26 mm Quantenmechanik (QM): Ultra-Short Course I In QM werden Observablen (= Messgrössen) A durch Operatoren  beschrieben E −→ Ĥ Hamiltonoperator p −→ p̂ Impulsoperator x −→ x̂ Ortsoperator und die Zustände eines Systems (die in der klassischen Mechanik durch Angabe der Koordinaten und Impulse aller Teilchen eindeutig bestimmt sind) durch Wellenfunktionen ψ(x) (mathematisch: Vektoren im Hilbertraum). 1D : Ĥ = p̂2 ∂ +V (x̂) , p̂ = −i~ . 2m ∂x (1.1) V (x̂) ist der Operator der potentiellen Energie. Die fundamentale Gleichung zur Bestimmung von ψ(x) ist die Schrödinger-Gleichung: stationär : Ĥ ψ(x) = E ψ(x) , ∂ zeitabhängig : i~ Φ(x,t) = Ĥ Φ(x,t) . ∂t Beispiel: freies Elektron (V ≡ 0) In der klassischen Physik ist wegen F = ṗ = 0 v = const , E = m 2 v , 2 (1.2) (1.3) 1.1 Quanten-Bauelemente 5 in der QM dagegen muss man die Schrödinger-Gleichung Ĥ ψ = E ψ lösen. Einsetzen des Hamiltonoperators (es bleibt nur der Operator der kinetischen Energie in einer Dimension) ergibt die Eigenwertgleichung − ~2 ∂2 2m ∂x2 ψ(x) = Eψ(x) oder, mit Einführung der sogenannten Wellenzahl k = 2 ∂ 2 + k ψ(x) = 0 ∂x2 (1.4) √ 2mE/~ (1.5) Die allgemeine (von Null verschiedene) Lösung lautet ψ(x) = A eikx + B e−ikx (1.6) und beschreibt eine ebene Welle. =⇒ Der mathematische Formalismus der QM beschreibt die Wellennatur der Teilchen. Beispiel: Potentialtopf mit unendlich hohen Wänden V(x) V (x) = ∞ für x ≤ 0, x ≥ d well1.ID.epsi 45 × 40 mm V (x) = 0 für x im Innern 0 d x Mit diesem Potential erhält man ψ(x) = A eikx + B e−ikx im Innern ψ(0) = ψ(d) = 0 da das Elektron in die unendlich hohen Potentialwände nicht eindringen kann. Das Verschwinden der Wellenfunktion an den Rändern des Potentialtopfes führt auf zwei Bestimmungsgleichungen für die unbekannten Koeffizienten A und B A + B = 0, A eikd + B e−ikd = 0 und damit zur Quantisierungsbedingung für die Wellenzahl k: 6 Quanten-Transport sin(kd) = 0 nπ , n = 1, 2, ... quantisierter Impuls , d ~2 kn2 ~2 π2 2 En = = n quantisierte Energie . 2m 2md 2 Wegen A = −B und k = kn haben die Wellenfunktionen die Form ψn (x) = C sin(nπx/d). Die Konstante C wird so spezifiziert, dass die (gebundenen) Zustände auf Eins normiert sind, also kn = Z d 0 dx |ψn (x)|2 = 1 . Die Grösse |ψn heisst Aufenthaltswahrscheinlichkeitsdichte des Teilchens im Zustand mit der Quantenzahl n. Die Normierungsbedingung bedeutet damit nichts weiter, als dass sich das Teilchen mit Sicherheit innerhalb des Potentialtopfes befindet. Die Auswertung der Normierungsbedingung ergibt für die Wellenfunktionen nπ 2 ψn (x) = sin x stehende Wellen! (1.7) d d (x)|2 E n=3 diskretes Energiespektrum! 2d Wellenlänge λn = n well2.ID.epsi 43 × 42 mm n=2 n=1 0 d x Was passiert im Falle a) endlich hoher und b) endlich hoher und endlich dicker Potentialwände? a) Es gibt nur noch eine endliche Anzahl von gebundenen Zuständen. Wird der Potentialtopf zu flach, kann u.U. überhaupt kein Teilchen mehr gebunden werden (im Falle asymmetrischer Potentialtöpfe). b) Das Teilchen kann mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit aus dem Potentialtopf heraustunneln, d.h. die Lebensdauer des gebundenen Zustandes wird endlich. Wegen der Heisenbergschen Unschärferelation 1.1 Quanten-Bauelemente 7 ∆t ∆E ≥ ~2 werden die (für unendlich dicke Potentialwände) diskreten Energieniveaus En zu Resonanzen mit endlicher Linienbreite “verschmiert” (Lebensdauer-Verbreiterung). Die Maxima der Resonanzen verschieben sich gegenüber den En zu niedrigeren Energien. a) b) well3.ID.epsi 110 × 34 mm Bei den Resonanzenergien wird die Durchdringungswahrscheinlichkeit für die Doppel-Barriere gross. Je asymmetrischer die Doppel-Barriere, um so mehr wird die Resonanz gedämpft. Sind die stationären Zustände ψn (x) bekannt, kann man sofort die Lösungen der zeitabhängigen Schrödinger-Gleichung angeben: En Φn (x,t) = e−i ~ t ψn (x) . (Einsetzen, Probe!) Die zeitabhängigen Wellenfunktionen oszillieren mit der Frequenz ωn = En /~. Damit sich eine stehende Welle (bzw. scharfe Resonanz) ausbilden kann, muss die entsprechende Zeitkonstante tn = ~/En klein gegenüber einer charakteristischen mittleren Streuzeit τn sein. Zahlenbeispiel: E1 = 66 meV, ~ = 6.6 × 10−16 eVs =⇒ tn = 10−14 s Typisches τn bei Raumtemperatur ist τn ∼ 2 × 10−14 s (für Streuung von Elektronen an Phononen, den Quanten der Gitterschwingungen). =⇒ Interferenz-Bauelemente funktionieren nur bei genügend tiefen Temperaturen! (“genügend” ist dabei natürlich relativ und hängt von der Stärke der erreichbaren Energie-Quantisierung ab) Im folgenden werden die Bauelemente-Gruppen A) und B) an den wichtigsten Beispielen praktisch erläutert. 8 Quanten-Transport A) Resonant-Tunnel-Diode (RTD) and Resonant-Tunnel-Transistor (RTT) RTDbandscheme.epsi 124 × 103 A mm Band-Schema einer RTD. Die Potentialbarrieren werden durch Sprünge der Leitungsbandkante zwischen dem breitlückigeren Halbleiter AlAs und dem schmallückigeren Halbleiter GaAs erzeugt. Die Energie der Zustände im Potentialtopf ist quantisiert. Elektronen aus der hochdotierten Quelle, die alle Energieniveaus zwischen der Leitungsbandkante und dem Fermi-Niveau besetzen, können nur dann durch die Doppel-Barriere tunneln, wenn ihre Energien mit der der Resonanzniveaus übereinstimmen. Dazu muss an der Quelle eine Spannung angelegt werden. Die notwendige Energie für das Hinzufügen eines (N+1)-ten Elektrons setzt sich aus zwei Anteilen zusammen: der Additionsenergie A und der Anregungsenergie ∆ε. A wird gebraucht, um die elektrostatische Abstossung zwischen dem (N+1)-ten und den N Elektronen zu überwinden, die sich bereits im Quantentopf befinden. A ist proportional zum inversen mittleren Abstand 1/r der Elektronen im Quantentopf, wogegen ∆ε ∼ 1/d 2 (siehe Rechnung zum Potentialtopf). Senkrecht zur Quantisierungsrichtung können sich die Elektronen frei ausbreiten, was zu einem relativ grossen r und daher zu einem kleinen A führt. Für eine RTD gilt also A ∆ε. (Im Bild ist A übertrieben gross dargestellt.) 1.1 Quanten-Bauelemente 9 RTDoperation.ps 105 × 139 mm a) Schematischer Querschnitt einer RTD. b) Bei zu kleiner Source-Drain-Spannung kann kein resonanter Tunnelstrom in der RTD fliessen (“off-state”). Es fliesst lediglich ein Leckstrom, verursacht von thermisch angeregten Elektronen in der Quelle (um so grösser, je höher die Betriebstemperatur). c) Resonanz-Situation (“on-state”) . Es fliesst ein resonanter Tunnelstrom, dessen Stärke von der Durchdringungswahrscheinlichkeit der Doppelbarriere abhängt, d.h. von der Linienbreite der Resonanz. 10 Quanten-Transport RTDkennlinie.ps 101 × 64 mm A a) Band-Schema einer RTD bei steigender Source-Drain-Spannung. b) Strom-Spannungs-Charakteristik. Der Abstand der Peaks entspricht grob der Anregungsenergie ∆ε. Allerdings ist ∆ε selbst eine Funktion der Source-Drain-Spannung, da sich die Form des Potentials der Struktur ständig ändert. U.U. kann kein zweiter Peak auftreten, wenn der deformierte Potentialtopf keinen zweiten gebundenen Zustand mehr erzeugt. 1.1 Quanten-Bauelemente 11 RTToperation.ps 101 × 141 mm a) Schematischer Querschnitt eines Resonant-Tunnel-Transistors (lateraler Typ). b) Das Band-Schema ist ähnlich dem der RTD. c) Im Unterschied zur RTD existiert eine dritte Elektrode (Gate), mit der man die Lage der Energie-Niveaus relativ zum Fermi-Niveau in der Quelle verändern kann. Insbesondere kann man bei fester Source-Drain-Spannung durch kontinuierliche Änderung der Gate-Spannung die Energie-Niveaus des Quantentopfes in Resonanz mit den besetzten Zuständen in der Quelle bringen. Allerdings werden auch die Potentialbarrieren von der Gate-Spannung beeinflusst. 12 Quanten-Transport B) Quanten-Punkt (QD) und Einzel-Elektron-Transistor (SET) Quanten-Punkt: Dimensionalität ist in allen drei Richtungen reduziert. Elektronen sind völlig eingesperrt, d.h. sie haben keinen klassischen Freiheitsgrad mehr. Die elektronischen Zustände sind in allen drei Dimensionen quantisiert. Die Anregungsenergien ∆εx , ∆εy und ∆εz sind gross, ebenso die Additionsenergie A, da der mittlere Elektronenabstand r im Dot durch das einsperrende Potential klein gehalten wird. Die elektronische Struktur von Quanten-Punkten kann starke Ähnlichkeiten mit der von Atomen aufweisen, daher spricht man auch von künstlichen Atomen. Insbesondere liefern die Austausch-Wechselwirkung und die ElektronElektron-Korrelation starke Beiträge zur Gesamtenergie. Die Anregungsenergien representieren keine Einteilchen-Zustände mehr, sondern Vielteilchenzustände der N Elektronen im Dot. QDgate.epsi 98 × 43 mm GaAs 1 AlGaAs QD auf der Basis einer GaAs/AlGaAs Heterostruktur. Das einsperrende Potential wird durch planare metallische Gates erzeugt (Stanford University). QDox.epsi 90 × 49 mm QD auf der Basis einer Silicon-On-Insulator (SOI) Heterostruktur. Das einsperrende Potential wurde durch “pattern-dependent oxidation” eines Silizium-Quantendrahts erzeugt (Princeton University). 1.1 Quanten-Bauelemente 13 Gate QDflash.epsi 99 × 58 mm Dot Channel Oxide Drain Source QD flash memory: Das Speicher-Gate besteht aus einer poly-Si-Insel. Einzel-Elektron-Transistor: 3-Terminal-Bauelement analog zum gewöhnlichen MOSFET. Dimensionalität ist in keiner Richtung (wesentlich) reduziert. Die zentrale Insel des SETs enthält typischerweise Millionen von Elektronen. Am weitesten verbreitet sind SETs mit metallischen Inseln. Da der Quantisierungseffekt schwach ist oder gar nicht existiert, gilt für den SET: A ∆ε. Diesen Grenzfall nennt man Coulomb-Blockade, ein rein klassischer Effekt der elektrostatischen Abstossung der Elektronen untereinander, der verhindert, dass bei zu kleiner Source-Drain-Spannung ein zusätzliches Elektron auf die Insel tunneln kann (daher der Begriff “Blockade”). Ein Strom kann erst einsetzen, wenn die Source-Drain-Spannung die Additionsenergie erreicht. Den Spannungsbereich, wo kein Strom fliessen kann, nennt man Coulomb gap. Die Tunnel-Barrieren verhindern, dass sich Elektronen gleichzeitig über Source, Drain und Insel ausbreiten können. Deshalb ist der Tunnelprozess immer sequentiell: Ein Elektron muss aus der Insel ins Drain tunneln, bevor das nächste von der Source auf die Insel tunneln kann. Man spricht von (räumlich) korreliertem Tunneln. Dieser Vorgang wiederholt sich millionenmal pro Sekunde, so dass ein messbarer Strom durch die Insel fliesst. Bleibt die Source-Drain-Spannung kleiner als die Additionsenergie, spricht man vom Coulomb-Blockade-Regime. Durch Anlegen einer Spannung am Gate kann man die Coulomb-Blockade aufheben und die Zahl der Elektronen auf der Insel ändern, z.B. von N-1 zu N. Dies geschieht bei bestimmten kritischen Werten der Gate-Spannung, wo sich gleichzeitig N-1 oder N Elektronen auf der Insel befinden dürfen (Entartungspunkte) und bewirkt einen plötzlichen Strom von Source nach 14 Quanten-Transport (a) I − 2Ce Σ V e 2CΣ (b) I V e 2CΣ 3e 2CΣ 5e 2CΣ a) “Coulomb gap” und I-V-Kennlinie eines SETs mit symmetrischen Tunnel-Barrieren. Für Source-Drain-Spannungen betragsmässig kleiner als die halbe Additionsenergie e2 /2CΣ kann kein Strom fliessen. b) Schematische “Coulomb staircase”, die I-V-Kennlinie eines SETs mit stark asymmetrischen Tunnel-Barrieren bei T=0 K. Der Abstand der Stufen ist gleich der Additionsenergie e2 /CΣ . Drain, der bei weiterer Erhöhung der Gate-Spannung aber sofort wieder verschwindet (wegen der Coulomb-Blockade!). Die Elektronenzahl hat sich dabei auf den Wert N stabilisiert. Der Source-Drain-Strom wird also durch kleinste Änderungen der Gate-Ladung ein- und ausgeschaltet. Die dazu nötige Änderung der Gate-Ladung kann eine einzige, ja selbst nur einen Bruchteil der Elementarladung ausmachen, worauf der Name “Einzel-Elektron-Transistor” zurückgeht. Da der Strom auf einzelne Gate-Ladungen reagiert, kann der Verstärkungsfaktor (gain) des SETs extrem gross sein! Physik des SETs: Ultra-Short Course Um die Form der Kennlinien eines SETs besser zu verstehen, betrachten wir die charakteristischen Energien im einfachsten physikalischen Modell (dem sogenannten orthodoxen Modell). In diesem Modell werden sowohl Quantisierungseffekte als auch die Vielteilcheneffekte der 1.1 Quanten-Bauelemente 15 ivg.epsi 96 × 48 mm I-Vg -Kennlinie eines SETs im Coulomb-Blockade-Regime bei T > 0 K. Bei den GateSpannungen Vg = (N − 1/2)e/Cg treten Strom-Peaks auf, da die Coulomb-Blockade aufgehoben ist. Die Peaks sind umso schärfer, je tiefer die Temperatur ist. Ihr Abstand ist gleich e/Cg . Die Höhe hängt von der Source-Drain-Spannung und dem Widerstand der Tunnel-Barrieren ab. Austausch-Wechselwirkung und Korrelation vernachlässigt. Ein System aus N Elektronen hat die Coulomb-Energie Ucoul (N) = Z −eN 0 dQ Φ(Q) , (1.8) wobei Φ(Q) das elektrostatische Potential der Insel mit der Ladung Q unter dem Einfluss externer Gates ist: Q Cg + Vg . (1.9) Φ(Q) = CΣ CΣ CΣ ist die Summe aus Gate-Kapazität und Insel-Kapazität CΣ = Cisland + Cg . Nach Einsetzen erhält man Ucoul (N) = Cg (eN)2 − eN Vg . 2CΣ CΣ (1.10) Im thermodynamischen Sinne ist Ucoul (N) gleich der freien (Gibbs) Energie F(N) (im hier betrachteten orthodoxen Modell); der erste Term ist die elektrostatische Energie der Insel, der zweite Term ist die Arbeit, die die Spannungsquelle am Gate verrichtet. Die Differenz F(N) − F(N − 1) = µ(N) (1.11) heisst chemisches Potential und ist gleich der Energie, die aufgebracht werden muss, um dem (N-1)-Elektronen-System ein weiteres Elektron 16 Quanten-Transport zuzuführen. Man erhält Cg e2 1 µ(N) = N− − e Vg . CΣ 2 CΣ (1.12) Die Änderung des chemischen Potentials mit der Elektronenzahl haben wir oben als Additionsenergie A bezeichnet µ(N) − µ(N − 1) = A = e2 /CΣ . (1.13) Die Coulomb-Staircase der I-V-Kennlinie und die Strom-Peaks der I-Vg Kennlinie kann man nun folgendermassen verstehen: I-V-Kennlinie eines SETs mit stark asymmetrischen Tunnel-Barrieren (Einzel-Elektron-Box): Generell kann es nur dann zum Strom kommen (LadungsträgerAustausch zwischen Insel und Source/Drain), wenn die Wahrscheinlichkeit, dass die Insel N Elektronen enthält, gleich der Wahrscheinlichkeit ist, dass sie N - 1 Elektronen enthält. Die Elektronenzahl fluktuiert dann zwischen N und N - 1. Die Gleichheit dieser Wahrscheinlichkeiten führt auf die Bedingung µ(N) = EF , (1.14) wobei EF das Fermi-Niveau in Source/Drain ist. Sei EF,drain = 0, dann ist EF,source = eV . Die Gate-Spannung sei Null. Aus Eq. (1.12) und Eq. (1.14) erhält man 1 e N− V (N) = (1.15) CΣ 2 als diejenigen Spannungen, bei denen sich die Zahl der nichtkompensierten Elektronen auf der Insel um 1 ändert. N = 1 definiert das Coulomb gap. Die Zeitkonstante des korrelierten Tunnelns wird mit steigender Spannung V > V(1) kontinuierlich kleiner, was zu einem kontinuierlichen Anstieg des Stroms in diesem Spannungsbereich führt. Der Anstieg wird vom Widerstand der dicken Tunnel-Barriere bestimmt. I-Vg -Kennlinie eines SETs bei verschwindend kleiner Source-DrainSpannung: In diesem Fall ist EF,drain ≈ EF,source = 0 (wegen der Wahl des EnergieNullpunkts) und Eq. (1.12), Eq. (1.14) ergeben e 1 (1.16) N− Vg (N) = Cg 2 als diejenigen Spannungen, bei denen ein Strom-Peak auftritt. 1.1 Quanten-Bauelemente 17 Free energy F EF = 0 Vg = −(N − 1) Ceg Vg = −(N − 34 ) Ceg Vg = −(N − 12 ) Ceg Vg = −(N − 14 ) Ceg −Ne −(N − 1)e −Ne −(N − 1)e Charge Q −Ne −(N − 1)e −Ne −(N − 1)e µ(N) e− EF Gate voltage Vg Freie Energie als Funktion der Ladung auf der Insel für vier verschiedene GateSpannungen (oben). Bei Vg = −(N − 1/2)e/Cg existieren zum selben Wert der freien Energie zwei Ladungszustände (Entartung). Es kann ein Strom fliessen. In dieser Situation ist das chemische Potential µ(N) gleich dem äusseren Fermi-Niveau (unten). 18 Quanten-Transport (a) vertdotall.epsi 133 × 111 mm (c) a) Schematische Darstellung eines vertikalen QDs mit unterschiedlichen Barrieren. b) Energie-Quantisierung und Vielteilcheneffekte bestimmen wesentlich die Kennlinien. Man erkennt an der I-Vg -Kennlinie die Schalenstruktur des Energiespektrums, die Ähnlichkeit mit der eines zweidimensionalen harmonischen Oszillators aufweist. Gefüllte Schalen gibt es zu den Elektronenzahlen N = 2, 6, 12. c) Coulomb staircase (I-V-Kennlinie). Prinzipielle und praktische Hindernisse in der Nanoelektronik - Präzision und Uniformität der Strukturen (Tunnel-Barrieren, Inseln) auf einer Skala von wenigen Nanometern für zuverlässiges und gleichartiges Verhalten einer riesigen Zahl von Bauelementen. Besonders kritisch ist die exponentielle Sensivität des Tunnelstroms bzgl. Dickenvariationen der Tunnel-Barrieren. - Hintergrund-Ladungen akkumulieren sich bevorzugt in der Nähe 1.2 Quanten-Transportgleichungen∗ 19 von QDs und SETs und können ihre Funktion völlig ausschalten. - Auswahl des Halbleiter-Materials: III-V-Heterostrukturen haben glatte und saubere Grenzflächen, aber schwache Potential-Barrieren. Die Oberflächen lassen sich nicht passivieren und sind deshalb Träger von Ladungen hoher Dichte, die die Stabilität der Bauelemente stark beeinträchtigen. SiO2 als natürlicher Isolator auf Silizium ist eine hervorragende Barriere gegen Leckströme, ist jedoch amorph und hat deshalb eine hohe Defektdichte. - Betriebstemperatur: Für eine Anwendung von Si SETs bei Raumtemperatur müssen die Inseln Abmessungen von höchstens 10 nm haben. Heutige Quanten-Bauelemente funktionieren deshalb nur bei sehr tiefen Temperaturen. - Betriebsspannungs-Schwankungen können leicht dazu führen, dass SETs aus der “Resonanz” geraten und so unbeabsichtigt vom “onstate” in den “off-state” umschalten. 1.2 Quanten-Transportgleichungen∗ Beispiel: Wigner-Boltzmann-Gleichung Die allgemeinste Beschreibung eines quantenmechanischen Systems erfolgt mit Hilfe der sogenannten Dichtematrix ρ̂ = |ψψ| . ψ sei die Wellenfunktion eines abgeschlossenen Systems. (Zustände eines Systems, die durch Wellenfunktionen beschrieben werden können, heissen reine Zustände. Die Formulierung mittels Dichtematrix erlaubt auch die Beschreibung von gemischten Zuständen. Hier seien nur reine Zustände betrachtet.) Die triviale Zeitabhängigkeit der Wellenfunktionen gemäss Eq. (1.3) wird der Kürze halber nicht mitgeschrieben. Wendet man die zeitabhängige Schrödinger-Gleichung auf die Dichtematrix an, erhält man ihre Bewegungsgleichung i~ ∂ ρ̂ = Ĥ, ρ̂ . ∂t Dabei ist [a, b] = ab − ba der Kommutator. Zur sogenannten Ortsdarstellung gelangt man nach folgender Vorschrift: r2 |ρ̂|r1 = r2 |ψψ|r1 = ψ(r2 ) ψ∗ (r1 ) . def 20 Quanten-Transport Durch Übergang zu Schwerpunktskoordinaten r1 = R + r , 2 r2 = R − r 2 und anschliessende Fouriertransformation bzgl. r entsteht die WignerFunktion (Wigner, 1932) Z r i r 1 3 ∗ ψ R+ exp − p · r d rψ R − fW (p, R,t) = (2π~)3 2 2 ~ (1.17) Eigenschaften: 1) fW ist reell ( fW = fW∗ ), aber nicht positiv (eine Konsequenz der Heisenbergschen Unschärferelation, Wigner 1967). 2) R 3 d p fW (p, R,t) = |ψ(R,t)|2 ist die Aufenthaltswahrscheinlichkeit im Ortsraum (Dichte). 3) R 3 d R fW (p, R,t) = R R = (2π1~)3 d 3 r d 3 R ψ∗ R − r2 ψ R + r2 exp − ~i p · r R R = (2π1~)3 d 3 r1 d 3 r2 ψ∗ (r2 ) ψ (r1 ) exp − ~i p · (r1 − r2 ) = ψ(p,t) ψ∗(p,t) = |ψ(p,t)|2 ist die Wahrscheinlichkeitsdichte im Impulsraum. Ableitung der Bewegungsgleichung: Wir setzen abkürzend ψ+ = ψ(R + r/2) und ψ∗− = ψ∗ (R − r/2). Die explizite Zeitableitung der Wigner-Funktion ergibt ∗ Z + ∂ψ− 1 ∂ i 3 ∗ ∂ψ fW (p, R,t) = ψ+ + ψ− d r exp − p · r . ∂t (2π~)3 ∂t ∂t ~ Die Zeitableitungen auf der rechten Seite werden durch die jeweilige zeitabhängige Schrödinger-Gleichung ausgedrückt, d.h. ∂ψ∗− 1 ~2 2 = − ∇R +V (R − r/2) ψ∗− ∂t −i~ 2m 1 ∂ψ+ ~2 2 = − ∇R +V (R + r/2) ψ+ ∂t i~ 2m 1.2 Quanten-Transportgleichungen∗ 21 Nach dem Einsetzen wird die Ableitung bzgl. R auf eine Ableitung bzgl. r umgewälzt, z.B. 2 ∗ ∇R ψ− ψ+ → 4 ∇2r ψ∗− ψ+ , und eine partielle Integration nach r durchgeführt. Dabei verschwinden die Terme im Unendlichen wegen der Annahme, dass die Wellenfunktionen dort Null sind und es bleibt Z 2i~ ∂ 1 3 ∗ − ~i p·r fW (p, R,t) = ∇r ψ− ∇r ψ+ e d r − ∂t (2π~)3 m i i 2i~ ∗ − ~i p·r ∇r ψ+ ∇r ψ− e − (V+ −V− ) ψ∗− ψ+ e− ~ p·r . − m ~ Werden nun die Ableitungen bzgl. r ausgeführt und kehrt man danach wieder zur Ableitung nach R zurück, folgt p ∂ fW (p, R,t) = − · ∇R fW (p, R,t) − ∂t m Z i i 1 d 3 r (V+ −V− ) ψ∗− ψ+ e− ~ p·r . − 3 ~ (2π~) Um den letzten Term durch die Wigner-Funktion selbst ausdrücken zu können, wird das Potential V (R ± r/2) in eine Taylor-Reihe bzgl. r entwickelt: λ λ λ 1 λ1 +λ2 +λ3 ∂λ1 +λ2 +λ3V (R) r1 1 r2 2 r3 3 V (R ± r/2) = ∑ . (1.18) ± λ3 λ !λ !λ ! λ1 λ2 2 1 2 3 λ ∂R ∂R ∂R 1 2 3 Wegen der Differenz V+ − V− in der Bewegungsgleichung bleiben nur Glieder übrig, für die λ1 + λ2 + λ3 ungerade ist. Beschränkt man sich auf die ersten beiden Terme, also auf λ1 + λ2 + λ3 = 1 und λ1 + λ2 + λ3 = 3, folgt 1 (V+ −V− ) = ∇RV (R) · r + 4λ ∑ 1 +λ2 +λ3 λ λ λ ∂λ1 +λ2 +λ3 V (R) r1 1 r2 2 r3 3 . λ3 λ !λ !λ ! λ1 λ2 1 2 3 =3 ∂R ∂R ∂R 1 2 3 Nach Einsetzen in die Bewegungsgleichung und Generierung der Komponenten von r durch partielle Ableitung nach den Komponenten des Impulses p entsteht die endgültige Form der Wigner-Boltzmann-Gleichung 22 Quanten-Transport mit erstem nicht-verschwindenden Quanten-Korrekturterm: ∂ p (1.19) + · ∇R − ∇RV (R) · ∇p fW (p, R,t) + ∂t m ∂3 fW (p, R,t) ~2 ∂3V (R) 1 + =0. λ3 λ !λ !λ ! λ λ1 λ2 λ λ 4 λ +λ∑ 1 2 3 ∂p 1 ∂p 2 ∂p 3 +λ =3 ∂R ∂R ∂R 1 2 3 1 2 3 1 2 3 Die niedrigste Quantenkorrektur ist ∼ ~2 und verschwindet für Potentiale, die höchstens quadratisch von den Koordinaten abhängen (harmonische Potentiale). In diesem Fall reproduziert sich die klassische, stossfreie Liouville-Gleichung. Symbolisch schreibt man dafür ∂ ∂ ∂ +v· +F· f =0. (1.20) ∂t ∂R ∂p Der zweite Term beschreibt Diffusionsprozesse, der dritte Driftprozesse. Die rechte Seite ist Null wegen der Voraussetzung der Stossfreiheit (abgeschlossenes System). Das Auftreten eines Terms mit dritter Ableitung nach den Koordinaten in der Wigner-Boltzmann-Gleichung ist Ausdruck der Nicht-Lokalität der Quantenmechanik. Boltzmann-Gleichung 2 2.1 “Ableitung” dz out in dx x dy x + dx Streuung streuung.epsi 114 × 89 mm dvz dvx vz dvy v v’ vy vx Ziel ist die Aufstellung einer Bilanzgleichung im Phasenraum (drei Ortskoordinaten x, y und z, drei Geschwindigkeitskoordinaten vx , vy und vz ) für die Zahl der Elektronen (Löcher, allgemein: Teilchen), die sich zur Zeit t im Raumelement d 3 r am Ort r und im Geschwindigkeitselement 23 24 Boltzmann-Gleichung d 3 v zur Geschwindigkeit v befinden. Diese Zahl bezeichnen wir mit f (r, v,t) d 3r d 3 v . (2.1) f (r, v,t) ist die klassische Verteilungsfunktion, d.h. Ort und Impuls sind gleichzeitig scharf messbar. Die Teilchen bewegen sich auf klassischen Trajektorien. Bilanz im Ortsraum: Die Zahl der Elektronen, die in den infinitesimalen Würfel mit den Kantenlängen dx, dy, dz in x-Richtung an der Stelle x im Zeitintervall dt hineinfliegen (“in”) und an der Stelle x + dx in diesem Zeitintervall wieder herausfliegen (“out”), ist in : f (r, v,t) d 3v vx dt dy dz , out : f (x + dx, y, z, v,t) d 3v vx dt dy dz , weil sie in dt die Strecke dx = vx dt zurücklegen. Der Netto-Zuwachs an Elektronen am Ort r ist dann gleich in − out, d.h. − vx [ f (x + dx, y, z, v,t) − f (r, v,t)]d 3 v dy dz dt ∂f = −vx d 3 v d 3 r dt ∂x oder in 3D : = −v · ∇r f d 3 v d 3 r dt . (2.2) In analoger Weise betrachtet man die Bilanz im Geschwindigkeitsraum: Man erhält einen Netto-Zuwachs Geschwindigkeit v an Elektronen mit der − v̇x [ f (r, vx + dvx , vy , vz ,t) − f (r, v,t)]d 3 r dvy dvz dt ∂f 3 3 d v d r dt = −v̇x ∂vx (2.3) oder in 3D : = −v̇ · ∇v f d 3 v d 3 r dt . Die Elektronen werden im Zeitintervall dt unter dem Einfluss eines äusseren Feldes beschleunigt und ändern ihre Geschwindigkeit von v nach v + dv. Nach Newton gilt F0 −eE = , (2.4) m m wobei F0 die einwirkende Kraft ist, die im Falle eines elektrischen Feldes E den Wert −eE hat. v̇ = 2.1 “Ableitung” 25 Die Zahl der Elektronen mit der Geschwindigkeit v am Ort r kann aber auch auf andere Art geändert werden. Die Elektronen werden gestreut und ändern dadurch ihre Geschwindigkeit am Ort r von v nach v (wenn sie aus dem Geschwindigkeitswürfel bei v herausgestreut werden), bzw. von v nach v (wenn sie hineingestreut werden). Man erhält in : ∑ S(v , v) f (r, v,t) d 3r d 3v dt , v out : − ∑ S(v, v ) f (r, v,t) d 3r d 3 v dt , v (2.5) (2.6) für die Änderung der Elektronenzahl im Zeitintervall dt infolge von Stössen. Dabei ist S(v , v) die Streuwahrscheinlichkeit für die Streuung v → v (Dimension: s−1 ). S ist also ein Mass für die Häufigkeit der Streuung. Alles zusammen, d.h. die Ausdrücke (2.2), (2.3), (2.5) und (2.6), ergeben die explizite zeitliche Änderung der Elektronenzahl im Phasenraumelement d 3 r d 3 v während des Zeitintervalls dt, also ∂t∂ f (r, v,t) d 3r d 3 v dt F0 ∂ + v · ∇r + · ∇v f (r, v,t) = ∂t m = ∑ S(v , v) f (r, v ,t) − S(v, v ) f (r, v,t) (2.7) v (Ludwig Boltzmann, 1872). Die Boltzmann-Gleichung (BG) ist eine komplizierte Integro-Differentialgleichung. Die “Ableitung” zeigt, dass man implizit räumliche und zeitliche Lokalität annimmt. Zeitliche Lokalität bedeutet, dass die Stösse instantan sind, räumliche Lokalität bedeutet, dass die Stösse auf einer Ausdehnung der Länge Null stattfinden. In sehr grossen elektrischen Feldern (> 107 V /cm) sind diese Annahmen nicht mehr gerechtfertigt (intra-collisional field effect). In der Bauelemente-Modellierung werden folgende Erweiterungen gemacht: - Die Geschwindigkeit wird als Gruppengeschwindigkeit v = ∇k E(k)/~ verstanden. - E(k) ist durch die realistische Bandstruktur des Halbleiters gegeben. - Für die Streuwahrscheinlichkeiten S(v, v ) der einzelnen Streuprozesse werden die quantenmechanischen Übergangswahrscheinlichkeiten pro Zeiteinheit verwendet. 26 Boltzmann-Gleichung - Im Stossterm der BG (rechte Seite) wird f (r, v ,t) → [1 − f (r, v,t)] f (r, v ,t) und f (r, v,t) → [1 − f (r, v ,t)] f (r, v,t) ersetzt. Damit wird das Pauli-Prinzip berücksichtigt, d.h. die Endzustände dürfen beim Stossprozess nicht besetzt sein (Fermi-Statistik). 2.2 Methoden der direkten Lösung 2.2.1 Relaxationszeit-Näherung - Die Streuwahrscheinlichkeit S sei gerade in allen Geschwindigkeitskomponenten: S(v, v ) = S(−v, v ) = S(v, −v ) = S(−v, −v ). (Gilt nicht für alle Streuprozesse und für bestimmte nur näherungsweise.) - Man zerlegt die Verteilungsfunktion f in einen geraden Anteil f (0) und einen ungeraden Anteil f (1) f = f (0) + f (1) , f (0) (v) = f (0) (−v) mit f (1) (v) = − f (1) (−v) . - Einsetzen in den Stossterm der BG ergibt (0) (0) (1) ∑ S(v , v) f (r, v ,t) − S(v, v ) f (r, v,t) − S(v, v ) f (r, v,t) v Der Term mit f (1) (r, v ,t) verschwindet, weil f (1) eine ungerade und S eine gerade Funktion in der Geschwindigkeit v ist. - Im thermodynamischen Gleichgewicht ist f (0) die GleichgewichtsVerteilungsfunktion (Maxwell-Boltzmann-Verteilung). Die eckige Klammer verschwindet dann wegen des Prinzips der detaillierten Balance (Zahl der herausgestreuten gleich Zahl der hineingestreuten Teilchen). - Definition totale (mikroskopische) Relaxationszeit: τtot (v) = 1 ∑ S(v, v ) v - Damit wird der Stossterm symbolisch f (1) ∂ f (0) − . ∂t τtot (v) coll 2.2 Methoden der direkten Lösung 27 Beispiel: Stationäre, homogene BG, linearisiert im elektrischen Feld E Ist das elektrische Feld E hinreichend schwach, kann man die BG in E linearisieren, d.h. f (0) ist dann identisch mit der GleichgewichtsVerteilung und f (1) hängt nur linear von E ab. Beschränkt man sich weiter auf den räumlich und zeitlich homogenen Fall, reduziert sich die BG auf f (1) (v) eE · ∇v f (0) (v) = . m τtot (v) (2.8) Zur weiteren Vereinfachung ersetzen wir τtot (v) durch eine Konstante τtot und führen die Grösse Beweglichkeit µ = eτtot /m ein. Für die Stromdichte der Elektronen folgt jn = −ev = −e ∑ f (v)v = −e ∑ f (1) (v)v = −eµ ∑ v E · ∇v f (0) (v) . v v v Nach partieller Integration erhält man jn = eµ ∑ f (0) (v) E = eµ n E = σn E , (2.9) v also das Ohmsche Gesetz. Dazu wurde die Definition der Elektronendichte n = ∑v f (0) (v) und der Leitfähigkeit σn = eµ n benutzt. 2.2.2 Monte-Carlo-Methode - Man verfolgt Trajektorien der einzelnen Elektronen und lässt sie nach dem Zufallsprinzip streuen. - Alle zu betrachtenden Streumechanismen (Phononen, Störstellen, ...) werden durchindiziert. Die Streurate des α-ten Mechanismus ist 1 ∑ Sα(v, v ) = τα(v) . def v - Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Elektron bis zur Zeit t + dt nicht gestreut wurde, ist P(t + dt) = P(t) P(dt) = P(t) 1 − dt ∑ S(v, v ) . v (dt ∑v S(v, v ) = dt ∑α τ−1 α (v) ist die Wahrscheinlichkeit, dass das Elektron im Zeitintervall dt gestreut wurde.) 28 Boltzmann-Gleichung x(t) a) 〈x〉 y c) trajectory t v(t) trajectory.ID.epsi 111 × 78 mm b) x 〈v〉 t Schematische Darstellung der stochastischen Bewegung eines Elektrons im Falle reiner Diffusion (kein Feld). a) x(t)-Diagramm. b) v(t)-Diagramm: Nach jedem Stoss hat die Geschwindigkeit einen neuen, konstanten Wert. c) Trajektorie in der x-y-Ebene. - Daraus folgt die Differentialgleichung dP = −P ∑ S(v, v ) dt v mit der Lösung (man beachte, dass P(0) = 1) Z P(t) = exp − t 0 dt ∑ S(v, v ) v im Intervall [0, t] . (2.10) Die Zeit t ist also gleich der freien Flugzeit t f vom Anfangszeitpunkt t = 0 an gerechnet. P nimmt Werte zwischen 0 und 1 an, ist also eine echte Wahrscheinlichkeit. Sie kann durch Zufallszahlen r f zwischen 0 und 1 beschrieben werden. - Auf diese Weise kann die zufällige freie Flugzeit t f eines Elektrons aus Z tf 0 dt 1 = − ln r f τtot (v(t )) (2.11) 2.2 Methoden der direkten Lösung 29 berechnet werden. Die numerische Auflösung dieser Gleichung nach der oberen Integrationsgrenze t f verbietet sich jedoch geradezu wegen der komplizierten Gestalt von τtot (v(t )). Deshalb führt man eine fiktive Selbst-Streuung Γ − ∑ S(v, v ) δvv , v 1 ≥0, S f ict (v) = Γ − τtot (v) S f ict (v, v ) = ein, die wegen δvv offenbar den Zustand des Elektrons nicht verändert (daher der merkwürdige Name “Selbst-Streuung”). Das Hinzufügen von S f ict zur BG hat keine Wirkung, da sich inscattering- und out-scattering-Term kompensieren. Der Sinn der Einführung von S f ict wird sofort deutlich: Die Gesamt-Streurate ist −1 nun nämlich τtot (v) + S f ict (v) = Γ = const. und Gleichung (2.11) für die freie Flugzeit vereinfacht sich zu tf = − ln r f , Γ d.h. der numerische Aufwand reduziert sich auf die Berechnung des Logarithmus der Zufallszahl. In der Praxis nimmt man für Γ die obere Grenze der Streurate aller realen Prozesse. - Nach der Zeit t f wird das Elektron gestreut. Es muss ein bestimmter Streumechanismus ausgewürfelt werden. Der α-te Mechanismus (inclusive der Selbst-Streuung) wird mit Hilfe der Zufallszahl rs über die Ungleichung α−1 1 ∑ τ j < rs Γ < j=1 α 1 ∑ τj bestimmt. Veranschaulichung: z.B. α = 2 (iv), wenn (2.12) j=1 1 < rs Γ < τac 1 1 + τac τiv . Um so stärker ein bestimmter Streumechanismus, um so grösser 1/τα und um so grösser die Wahrscheinlichkeit, dass er ausgewürfelt wird. Die ganze Physik wird also in die Wichtung gesteckt. 30 Boltzmann-Gleichung j= Type = 1 ac Rate = τ ac 1 2 iv 1 3 imp τ iv 1 streumech.ID.epsi τ imp 100 × 33 mm 4 ee 5 self-scatt. 1 Sfict τ ee Γ 0 rs Γ - Der Endzustand nach der Streuung (v ) muss unter den Restriktionen der Energie- und Impulserhaltung für das Gesamtsystem der Stosspartner ausgewählt werden. Wenn eine Hyperfläche existiert, muss der konkrete v -Vektor ausgewürfelt werden, z.B. im Falle der elastischen Streuung (|v| = |v |) der Elektronen in Silizium ein bestimmtes Tal und ein bestimmter Winkel: v endzustand.ID.epsi 61 × 58 mm v’ - Die makroskopischen Grössen, wie mittlere Driftgeschwindigkeit, Stromdichte, Elektronentemperatur, ... werden nach gewissen (Beobachtungs-) Zeitintervallen ∆t durch Ensemble-Mittelung bestimmt. 2.2 Methoden der direkten Lösung 31 mc-flow.epsi 132 × 162 mm Fluss-Diagramm einer Monte-Carlo-Simulation für den Fall eines homogenen Halbleiters. 3 Momenten-Methode 3.1 Hydrodynamische Diffusions-Modell Transportgleichungen, Drift- Ziel ist die Ableitung von kinetischen Gleichungen für Mittelwerte einer Funktion Φ(v) R 3 d v Φ(v) f (r, v,t) = Φ = R 3 d v f (r, v,t) 1 n(r,t) Z d 3 v Φ(v) f (r, v,t) (3.1) aus der Boltzmann-Gleichung.1 Dabei geht ein beträchtlicher Teil an Information verloren (nämlich der über die Geschwindigkeiten der einzelnen Teilchen), aber die Gleichungen werden einfacher und numerisch schneller lösbar. Φ bleibt natürlich eine Funktion von r und t, was wir nicht explizit mitschreiben. Wir betrachten jetzt das Produkt aus Dichte n(r,t) und dem Mittelwert Φ und leiten dieses Produkt explizit nach der Zeit ab: ∂ ∂ (nΦ) = ∂t ∂t Z d v Φ(v) f (r, v,t) = 3 Z d 3 v Φ(v) ∂ f (r, v,t) . ∂t Für ∂ f /∂t setzen wir die Boltzmann-Gleichung (2.7) ein, wobei wir den länglichen Stossterm mit der Bezeichnung (∂ f /∂t)coll abkürzen: Z F0 ∂f ∂ 3 (nΦ) = · ∇v f + d v Φ(v) −v · ∇r f − ∂t m ∂t Z coll Z Z F0 ∂ 3 3 3 = −∇r d v Φ(v) v f − d v Φ(v) ∇v f + d vΦ f m ∂t coll 1 Diese Ableitung folgt der von K. Bløtekjær (IEEE TED 17, 38 (1970)) vorgeschlagenen Methode. 32 3.1 Hydrodynamische Transportgleichungen, Drift-Diffusions-Modell 33 Um alle Terme auf der rechten Seite wieder durch Mittelwerte ausdrücken zu können, darf keine Ableitung von f unter dem Integral stehen. Im zweiten Term muss daher eine partielle Integration durchgeführt werden Z d 3 v Φ(v) ∇v f = − Z d 3 v (∇v Φ(v)) f (man beachte, dass f für |v| → ∞ verschwindet). Benutzt man jetzt die Definition des Mittelwerts (3.1), folgt ∂ F0 ∂ (nΦ) + ∇r · (nv Φ) − n · ∇vΦ = nΦ , (3.2) ∂t m ∂t coll was man in verallgemeinerter Form als ∂ (nΦ) + ∇r · jΦ − n FΦ = ∂t ∂ nΦ ∂t coll (3.3) schreiben kann. Diese Gleichung ist eine Bilanzgleichung für die verallgemeinerte Dichte nΦ. Ihre explizite zeitliche Änderung ist mit der Divergenz einer verallgemeinerten Stromdichte jΦ = nv Φ und dem Auftreten einer verallgemeinerten treibenden Kraft FΦ = F0 · ∇vΦ/m verknüpft. Wählt man Φ(v) speziell als Potenz der Geschwindigkeit, d.h. vm , erhält man eine Hierarchie von Erhaltungssätzen für Teilchendichte (m=0), Teilchen-Stromdichte (m=1), Energiedichte (m=2) und EnergieStromdichte (m=3). Man nennt n vm das m-te Moment von v und die entsprechende Gleichung dafür das m-te Moment der Boltzmann-Gleichung. Sprechen von jetzt ab wieder von Elektronen (Index n). m=0 Φ = v0 = 1 jΦ = n v = −jn /e FΦ = 0 . Einsetzen in Gleichung (3.3) liefert den Erhaltungssatz für die Elektronendichte n (Kontinuitäts-Gleichung): ∂n ∂n 1 , (3.4) − ∇r · jn = ∂t e ∂t coll (jn ist die elektrische Stromdichte). 34 Momenten-Methode m=1 Betrachten zunächst nur die x-Komponente von v. Φ = v1x = vx jΦ = n v vx FΦ = F0,x . mn Um ∇r · jΦ zu berechnen, zerlegen wir die Geschwindigkeit in die Summe aus Mittelwert und Abweichung vom Mittelwert: v = v + δv . Offenbar gilt δv = 0. Der erste Term ist die mittlere Driftgeschwindigkeit, der zweite Term beschreibt die zufälligen Fluktuationen des einzelnen Elektrons um diesen Wert herum. Man könnte auch sagen, δv ist ein Mass für die chaotische Bewegung. Die Zerlegung führt auf jΦ = n v vx = n (v + δv)(vx + δvx ) = n vvx + n δv δvx . (3.5) Bei der Anwendung der Divergenz muss man beachten, dass sämtliche Mittelwerte Funktionen von r sind. Auf den ersten Term wird die Produktregel bzgl. der Faktoren nv und vx angewendet: ∇r · jΦ = vx ∇r · (n v) + n v · ∇r vx + ∇r · (n δvδvx ) . Geht man jetzt zum Vektor v über, erhält man für das 1. Moment der BG ∂ (nv) + v∇r · (n v) + (n v · ∇r ) v + ∇r · (n δv ⊗ δv) − ∂t ∂ F0 nv = (3.6) −n mn ∂t coll Wir definieren jetzt die mittlere Elektronen-Temperatur (am Ort r) über die mittlere kinetische Energie der chaotischen Bewegung: 1 mn kB T̂n = δv ⊗ δv . 2 2 (3.7) T̂n ist der Temperatur-Tensor, kB die Boltzmann-Konstante. Multipliziert man Gleichung (3.6) noch mit der Ladung des Elektrons (-e), folgt der Erhaltungssatz für die Elektronen-Stromdichte e e2 E ∂jn ∂ jn + v∇r · jn + (jn · ∇r ) v − ∇r · nkB T̂n − n = . ∂t mn mn ∂t coll (3.8) 3.1 Hydrodynamische Transportgleichungen, Drift-Diffusions-Modell 35 m=2 Berechnen zuerst den Mittelwert Φ für diesen Fall. Φ = v2 = (v + δv)2 = v2 + 2v · δv + |δv|2 Φ = v2 + |δv|2 . Wegen kB T̂n = mn δv ⊗ δv ist der letzte Term 1 |δv|2 = Sp kB T̂n , mn wobei Sp die Spur des Tensors bedeutet (Summe der Diagonalelemente der “Matrix”). Die mittlere Energie der Elektronen wird als Summe aus einem Driftanteil und einem Wärmeanteil geschrieben: wn = mn 2 1 v + Sp kB T̂n . 2 2 (3.9) Wir erhalten also für Φ im Falle m = 2: Φ = 2 wn . mn Für die verallgemeinerte Stromdichte ergibt sich jΦ = n v v2 = n (v + δv) v2 + 2vδv + |δv|2 = n v3 + v |δv|2 + 2vδv ⊗ δv + δv |δv|2 2 mn 2 mn v + |δv|2 + mn δv ⊗ δv + n δv |δv|2 = nv mn 2 2 1 2 1 = nv wn − Sp kB T̂n + Sp kB T̂n + kB T̂n + mn 2 2 2 + n δv |δv| 2 wn + kB T̂n + n δv |δv|2 . (3.10) = nv mn Der letzte Term ist ein Term dritter Ordnung in der Geschwindigkeit, dessen Berechnung nur mit Hilfe des 3. Moments der BG erfolgen kann. Wir wollen die Hierarchie jedoch bei m = 2 abbrechen. Dazu 36 Momenten-Methode muss der Term dritter Ordnung durch Grössen niedrigerer Ordnung ausgedrückt werden. Physikalisch beschreibt dieser Term offenbar den chaotischen (diffusiven) Transport von Wärme. Man macht deshalb den phänomenologischen Ansatz Qn ≡ mn ! nδv|δv|2 = −κn ∇r Tn 2 (3.11) und nennt Qn die konduktive Wärme-Stromdichte, sowie κn die thermische Leitfähigkeit der Elektronen. Dabei ist Tn = Sp(T̂n )/3. Man darf die thermische Leitfähigkeit der Elektronen nicht mit der thermischen Leitfähigkeit des Halbleiters verwechseln. Letztere tritt in der Wärmeleitungs-Gleichung für das Gitter auf und ist um Grössenordnungen grösser als κn (d.h., das Elektronengas ist ein schlechter Wärmeleiter). Anwendung der Divergenz auf jΦ ergibt dann 2 ∇r · v un + n kB T̂n v + Qn ∇r · jΦ = mn mit der Definition für die Energiedichte un = n wn . Das 2. Moment der BG kann man nun hinschreiben. Es liefert den Erhaltungssatz für die Energiedichte der Elektronen. ∂un ∂ , (3.12) un + ∇r · Sn − jn · E = ∂t ∂t coll mit der Energie-Stromdichte Sn = vun + nkB T̂n v + Qn . (3.13) Sie setzt sich aus einem konduktiven Anteil (Qn ) und einem konvektiven Anteil zusammen. Letzteren erkennt man daran, dass er proportional zu nv ist, also zur elektrischen Stromdichte jn . Die Elektronen tragen bei ihrer gerichteten Bewegung Energie mit sich, und zwar ihre mittlere Energie wn und Wärme-Energie kB Tn . Der dritte Term auf der linken Seite von Gleichung (3.12) ist die bekannte Joulesche Wärme. Behandlung der Stossterme Der Stossterm in seiner allgemeinen Form wird geschrieben als ∂Φ ∂n ∂ nΦ = n + Φ . ∂t ∂t ∂t coll coll coll (3.14) 3.1 Hydrodynamische Transportgleichungen, Drift-Diffusions-Modell 37 Der erste Anteil beschreibt Stösse, bei denen die Elektronen in den Leitungsbändern verbleiben (Intra-Term), der zweite beschreibt Stösse, die zu einer expliziten Änderung der Elektronenzahl in den Leitungsbändern führen (Inter-Term oder Generations-RekombinationsTerm). Die explizite zeitliche Änderung von n durch Stösse ist gleich der Netto-Generationsrate G − R: ∂n = G−R . ∂t coll Für den Intra-Term machen wir die Relaxationszeit-Näherung: Φ − Φeq ∂Φ = −n . n ∂t τΦ coll Hier bezeichnet τΦ eine makroskopische Relaxationszeit, die ein Mass dafür ist, wie schnell das System der Elektronen in den GleichgewichtsZustand Φeq zurückkehrt, wenn es im Nichtgleichgewichts-Zustand Φ war. Das Ergebnis für die ersten drei Momente lautet: ∂ = G−R da Φ = 1 , m=0: nΦ ∂t coll ∂ v nΦ = −n + v(G − R) da veq = 0 , m=1: ∂t τ p,n coll wn − wn eq mn ∂ nΦ = −n + wn (G − R) , m=2: 2 ∂t τE,n coll τ p,n heisst Impuls-Relaxationszeit (der Elektronen), τE,n heisst EnergieRelaxationszeit (der Elektronen). Die mittlere Energie eines Elektrons im thermodynamischen Gleichgewicht ist natürlich wn eq = 3kB TL /2 mit der Gittertemperatur TL . (Thermische Energie pro Freiheitsgrad = kB TL /2.) Im Gleichgewicht sind die Elektronen thermalisiert und haben die Temperatur des Kristallgitters. Hydrodynamisches Modell Die endgültige Form des hydrodynamischen Transport-Modells folgt unter Benutzung folgender Relationen. µn = e τ p,n , mn (3.15) 38 Momenten-Methode µn ist die Beweglichkeit der Elektronen. kB Tn µn (3.16) Dn = e heisst Einstein-Relation zwischen Diffusions-Koeffizient und Beweglichkeit. E(r) = −∇r ϕ(r) (3.17) ist die Beziehung zwischen elektrischer Feldstärke und elektrostatischem Potential ϕ(r). Alle Ladungen im Bauelement erzeugen ein D-Feld, das Lösung der makroskopischen Maxwell-Gleichung 1 (3.18) ∇r · D(r) = ρ(r) ε0 ist. In dieser Gleichung ist ρ(r) die lokale Dichte sämtlicher “Überschuss”ladungen, d.h. (3.19) ρ(r) = −e n(r) − p(r) − ND+ (r) + NA− (r) mit der Löcherdichte p(r), der Dichte ionisierter Donatoren ND+ (r), und der Dichte ionisierter Akzeptoren NA− (r). Elektrisches Feld und D-Feld sind über die statische Dielektrizitätskonstante εs miteinander verknüpft: D(r) = εs E(r) , (3.20) wobei εs im allgemeinen Falle ein Tensor ist (wovon wir absehen wollen). Kombination der letzten drei Gleichungen führt auf die PoissonGleichung, die zu jedem Transport-Modell dazugehört: (3.21) ∇r · ε0 εs ∇r ϕ(r) = e n(r) − p(r) − ND+ (r) + NA− (r) . Der Temperatur-Tensor T̂n wird noch wie folgt vereinfacht: T̂n → Tn Î , mit dem Einheits-Tensor Î und der skalaren (ortsabhängigen) ElektronenTemperatur Tn . Wir setzen das 1. Moment des Stossterms in das 1. Moment der BG ein, gehen zur skalaren Temperatur Tn über und benutzen die Definition der Beweglichkeit. ∂ µn µn E jn + v∇r · jn + (jn · ∇r ) v − ∇r (nkB Tn ) − en = ∂t τ p,n τ p,n j (3.22) = − n − ev(G − R) . τ p,n 3.1 Hydrodynamische Transportgleichungen, Drift-Diffusions-Modell Nun ist 39 ∂ ∂ ∂v ∂n j = −e (nv) = −e n + v = ∂t n ∂t ∂t ∂t ∂ = −en v − v∇r · jn − ev(G − R) . ∂t Im letzten Schritt wurde die Kontinuitäts-Gleichung (3.4) für ∂n/∂t eingesetzt. Man sieht, dass die beiden letzten Terme zwei identische Terme in (3.22) kompensieren. Es bleibt −en µn µn E j ∂ v + (jn · ∇r ) v − ∇r (nkB Tn ) − en =− n . ∂t τ p,n τ p,n τ p,n Multipliziert man die letzte Gleichung mit −τ p,n , wendet die Produktregel bzgl. ∇r (nkB Tn ) an, benutzt die Einstein-Relation im ∇r n-Term, ersetzt die Feldstärke durch den Gradienten des elektrostatischen Potentials und drückt v wieder durch jn aus, folgt τ p,n jn kB Tn ∂ jn jn + nτ p,n − (j · ∇r ) = −eµn n∇r ϕ − + eDn ∇r n . ∂t n e n n e (3.23) Zusammenfassend seien alle Gleichungen des hydrodynamischen Transport-Modells noch einmal aufgeführt: (3.24) ∇r · ε0 εs ∇r ϕ = e n − p − ND+ + NA− , ∂n 1 − ∇r · jn = G − R , (3.25) ∂t e wn − 3kB TL /2 ∂ (nwn ) + ∇r · Sn − jn · E = −n + wn (G − R) , ∂t τE,n (3.26) τ p,n jn kB Tn ∂ jn (j · ∇r ) − = −eµn n∇r ϕ − + eDn ∇r n , jn + nτ p,n ∂t n e n n e (3.27) 1 Sn = Qn − (wn + kB Tn ) jn . (3.28) e Da wir nur die Elektronen behandelt haben, kommen jetzt noch die entsprechenden Bilanz-Gleichungen für die Löcher hinzu. Man bekommt sie einfach durch die Ersetzungen n → p, −e → e und Vertauschung der 40 Momenten-Methode Indizes n→p . Der Term, der beide Teilchensorten am stärksten koppelt, ist der Generations-Rekombinations-Term (G − R), aber auch die Beweglichkeiten µn , µ p sind von der Elektron-Loch-Streuung beeinflusst. Dass man überhaupt separate Momentengleichungen für Elektronen einerseits und Löcher andererseits betrachten darf, setzt voraus, dass beide Ladungsträgersorten nur hinreichend schwach gekoppelt sein dürfen. Dazu muss die Relaxation innerhalb der Subsysteme viel schneller ablaufen als Interband-Prozesse. Unter “normalen” Betriebsbedingungen ist dies der Fall. Die Variablen des hydrodynamischen Transport-Modells sind ϕ, n, p, wn und w p . Alle sind Funktionen von r und t. Die Poisson-Gleichung ist stark nicht-linear, da die Dichten exponentiell vom elektrostatischen Potential ϕ abhängen. Die Gleichungen für jn,p und Sn,p nennt man konstituierende Gleichungen. Alle Gleichungen sind untereinander stark gekoppelt. Besondere numerische Probleme bereiten die Terme, die quadratisch in jn,p sind. Die Gleichungen sind durch Randbedingungen zu komplettieren. Man unterscheidet künstliche und natürliche Randbedingungen. Erstere sind erforderlich, weil das Simulationsgebiet immer nur einen Teil des gesamten Bauelements umfasst. Sie müssen so formuliert werden, dass sie keinen Einfluss auf die berechneten Kennlinien haben. Natürliche Randbedingungen braucht man an äusseren und inneren Grenzflächen, an den Grenzen zu Metall-Kontakten und zu Gate-Oxiden. Diese Randbedingungen werden selbst oft als physikalische Modelle formuliert. In den Gleichungen treten eine Reihe von Transport-Koeffizienten auf. Für diese braucht man physikalische Modelle als Funktion der Betriebsbedingungen (Temperatur, Dotierung, ...). Diese Modelle müssen die Physik möglichst gut beschreiben, andererseits aber auch analytisch möglichst einfach sein, um keine numerischen Probleme zu erzeugen. Konkret benötigt man Modelle für • die Abhängigkeit der Dichten n und p vom Potential ϕ (PoissonGleichung), weil in diese Beziehung (direkt oder indirekt) die Energielücke eingeht. Die Energielücke hängt von der Gittertemperatur, der Dotierung und den Dichten selbst ab. • den Ionisationsgrad der Dotierung NA− − ND+ . Nicht alle elektrisch aktivierbaren (d.h. substitutionell eingebauten) Dotieratome sind auch ionisiert. Der Ionisationsgrad hängt von der DotierungsKonzentration und der Gittertemperatur ab. Er kann sogar eine explizite Funktion der Zeit sein (dynamische Umladungsprozesse). • die Generations-Rekombinations-Raten. Beispiele sind die Shock- 3.1 Hydrodynamische Transportgleichungen, Drift-Diffusions-Modell 41 ley-Read-Hall-Rekombination, Stossionisation, Interband-Tunneln, Auger-Rekombination und defekt-assistiertes Tunneln. • die Beweglichkeiten µn , µ p als die entscheidenden TransportParameter für MOSFET-Kennlinien. Sie sind Funktionen der Gittertemperatur, der Dotierung, der Feldstärke in Stromrichtung und in MOSFETs auch Funktionen der Feldstärke senkrecht zur Si-SiO2 Grenzfläche. • die Impuls- und Energie-Relaxationszeiten. • die thermischen Leitfähigkeiten der Elektronen und Löcher. etemp-hyd.epsi 103 × 66 mm T-e K +5.496e+03 +4.196e+03 +2.897e+03 +1.597e+03 +2.971e+02 Verteilung der Elektronen-Temperatur in einem 0.25µm-MOSFET bei 2 V SourceDrain-Spannung und 1.5 V Gate-Spannung. Simulation im Energie-Balance-Modell. Energie-Balance-Modell Für praktische Anwendungen wird das hydrodynamische TransportModell weiter vereinfacht. Man macht folgende Näherungen: j • nτ p,n ∂t∂ nn → 0 • τ p,n e • ∂ ∂t (jn · ∇r ) jn n (nwn ) → 0 →0 42 Momenten-Methode • wn = mn 3 2 2 v + 2 kB Tn → 32 kB Tn Damit reduziert sich das Transport-Modell zum sogenannten EnergieBalance-Modell. Anstelle der Gleichungen (3.26), (3.27) und (3.28) erhält man 3nkB 3 (Tn − TL ) + kB Tn (G − R) , 2τE,n 2 kB Tn jn = −eµn n∇r ϕ − + eDn ∇r n , e 5kB Sn = −κn ∇r Tn − Tn jn . 2e ∇r · Sn = jn · E − (3.29) (3.30) (3.31) Die System-Variablen sind ϕ, n, p, Tn und Tp . In allen Fällen, in denen man Effekte heisser Ladungsträger vernachlässigen kann, setzt man Tn = Tp = TL , und Gleichung (3.30) reduziert sich auf die sogenannte DriftDiffusions-Gleichung jn = −eµn n∇r ϕ + eDn ∇r n . (3.32) Zusammen mit Poisson- und Kontinuitäts-Gleichung ergibt (3.32) das Drift-Diffusions-Modell. Der Name weist natürlich auf die beiden Bestandteile “Drift” und “Diffusion” in (3.32) hin. Die Näherungen, die vom hydrodynamischen Transport-Modell zum Energie-Balance-Modell führen, bedürfen noch einer physikalischen Interpretation. Die beiden vernachlässigten Terme in der StromdichteGleichung muss man gegen jn selbst abschätzen (erster Term). Betrachtet man nur die Beträge und geht zu Differenzen über, folgt ∆|v| |v| ∆t τ p,n und ∆|v| 1 . ∆r τ p,n (3.33) Die erste Bedingung bedeutet, dass von aussen induzierte zeitliche Änderungen von v klein sein müssen gegen die totale Streurate. (Die mittlere Driftgeschwindigkeit relaxiert sehr schnell auf einer Zeitskala, die z.B. durch Schaltvorgänge gegeben ist.) Ein typischer Wert von τ p,n ist 10−13 s. Damit wäre eine Picosekunde etwa die untere Grenze für die Zeitkonstante äusserer Störungen. Die zweite Bedingung bedeutet, dass die örtliche Änderung von v klein sein muss gegen die totale Streurate. Nimmt man für ∆|v| die Sättigungs-Driftgeschwindigkeit der Elektronen in Silizium bei Raumtemperatur vn,sat = 107 cm/s, ergibt sich als Bedingung ∆r 10 nm. Diese Bedingung ist in Kurz-Kanal-MOSFETs bereits verletzt. 3.2 Thermodynamisches Modell∗ 43 Die Vernachlässigung der expliziten Zeitableitung der Energiedichte ist dann gerechtfertigt, wenn un ∆un ∆t τE,n (3.34) angenommen werden kann, d.h. die Energie-Relaxationszeit muss immer noch klein gegen die Zeitkonstante äusserer Störungen bleiben. Ein typischer Wert für τE,n ist 0.3 Picosekunden. Die Vernachlässigung des Driftanteils der mittleren Energie gegenüber der mittleren thermischen Energie kann ebenfalls über die SättigungsDriftgeschwindigkeit begründet werden. Mit mn = 0.3 m0 ergibt sich 5.7 meV kB Tn , d.h. selbst “kalte” Elektronen (bei 300 K Gittertemperatur) erfüllen noch knapp die Voraussetzung. (Bei 77 K nicht mehr.) 3.2 Thermodynamisches Modell∗ Dieses Transport-Modell basiert auf den Prinzipien der irreversiblen Thermodynamik. Man sieht das Bauelement als thermodynamisches System aus Elektronen, Löchern und Gitter an. Die Subsysteme seien durch Gleichgewichts-Variablen Tp , µcp , TL (Tn , µcn ) , charakterisierbar. (µcn,p sind die chemischen Potentiale.) Die Dichte der inneren Energie utot des Gesamt-Systems ist eine Erhaltungsgrösse, folglich gilt die Kontinuitäts-Gleichung ∂utot + ∇r · ju,tot = 0 (3.35) ∂t mit der totalen Energie-Stromdichte ju,tot . (Wir benutzen hier nicht das Symbol S, um Verwechslungen mit der Entropie S zu vermeiden.) Zur inneren Energie gehört auch das elektrostatische Potential ϕ(r), das von der Ladungsdichte ρ(r) = −e n(r) − p(r) − ND+ (r) + NA− (r) erzeugt wird. Die Änderung der Energiedichte des elektrischen Feldes ergibt sich wegen Z Ω d r E · δD = − 3 Z Ω ! d r ∇r ϕ · δD = 3 Z Ω d r ϕ∇r · δD = 3 Z Ω d 3 r δρ(r)ϕ 44 Momenten-Methode zu E · δD = ϕδρ = −e dn − d p − dND+ + dNA− . (3.36) Der Beitrag der Donatoren und Akzeptoren wird im folgenden der Einfachheit halber weggelassen, womit lediglich das System auf die drei oben genannten Subsysteme beschränkt bleibt. Die totale Änderung der Entropiedichte aller drei Subsysteme ist dstot = EF,p dun du p duL EF,n + + − dn + dp . Tn Tp TL Tn Tp (3.37) Der Grund, warum hier anstelle der chemischen Potentiale die Grössen EF,n und EF,p auftreten, ist, dass wir wegen Gleichung (3.36) die elektrostatische Energie −eϕ zu den chemischen Potentialen dazugeschlagen haben. Man nennt EF,{n,p} elektro-chemische Potentiale oder auch quasiFermi-Energien: EF,{n,p} (r) = µcn,p (r) − eϕ(r) . (3.38) Oft werden auch quasi-Fermi-Potentiale verwendet: (0) φn,p = −EF,{n,p}/e + Ei /e , (0) wobei das intrinsische Energieniveau Ei Dichte ni,eff des Halbleiters definiert ist: (0) (0) Ei − Ec (3.39) über die effektive intrinsische ni,eff = kB Tn ln Nc . (3.40) Im totalen Differential der Entropiedichte (3.37) ist das letzte Vorzeichen “+”, weil “System plus Loch” äquivalent ist zu “System minus Elektron”. Aus (3.37) erhält man sofort die totale Entropie-Stromdichte js,tot = EF,n EF,p 1 1 1 jnu + j pu + jLu + jn + j , Tn Tp TL eTn eTp p (3.41) die der Kontinuitäts-Gleichung Πs,tot = ∇r · js,tot + ∂stot ∂t (3.42) 3.2 Thermodynamisches Modell∗ 45 genügt. Hier bezeichnet Πs,tot die Erzeugungsrate der totalen Entropiedichte. Einsetzen von js,tot und ∂stot ergibt 1 1 1 Πs,tot = ∇r · jnu + ∇r · j pu + ∇r · jLu + Tn Tp TL EF,p EF,n (3.43) · jn + ∇r · jp + + ∇r eTn eTp ∂u p 1 ∂un ∂uL 1 1 + + + + ∇r · jnu + ∇r · j pu + ∇r · jLu + Tn ∂t Tp ∂t TL ∂t EF,p EF,n ∂n EF,p ∂p EF,n + . ∇r · jn + ∇r · j p − + eTn eTp Tn ∂t Tn ∂t Benutzt man den Erhaltungssatz der totalen Energie und die KontinuitätsGleichungen für n und p, folgt 1 1 1 Πs,tot = ∇r · jnu + ∇r · j pu + ∇r · jLu + Tn Tp TL EF,p EF,n 1 1 − · jn + ∇r · jp + Πnu + + ∇r qTn qTp Tn TL EF,p EF,n 1 1 − − Π pu + (G − R) , (3.44) + Tp TL Tp Tn mit den Energie-Erzeugungsraten Π{n,p}u der Subsysteme der Elektronen und Löcher. Die letzte Gleichung kann man formal als Πs,tot = ∑ ∇FX · jX (3.45) X schreiben, mit treibenden Kräften, oder Affinitäten ∇FX , und Flüssen jX . Die Grundannahme besteht nun darin, dass alle Flüsse jX von allen Affinitäten ∇FX getrieben werden und dass dies mittels des linearen Ansatzes ∂jX ∂IX ∇FY , IX = ∑ ∆FY (3.46) jX = ∑ Y ∂(∇FY ) Y ∂(∆FY ) ausgedrückt werden kann (linear response). Die Proportionalitätsfaktoren heissen kinetische Koeffizienten 1. Ordnung L̂XY = ∂jX ∂IX and Λ̂XY = . ∂(∇FY ) ∂(∆FY ) (3.47) 46 Momenten-Methode Sie sind Tensor-Funktionen der lokalen intensiven Parameter. Das Onsager-Theorem (L. Onsager, 1931) besagt, dass L̂XY = L̂Y X , wenn kein Magnetfeld existiert. Für die fünf Stromdichten ergibt sich das Gleichungssystem L̂11 L̂12 L̂13 L̂14 L̂15 jn ∇r (EF,n/eTn ) L̂21 L̂22 L̂23 L̂24 L̂25 jp ∇ (E /eTp ) r F,p · jnu = L̂31 L̂32 L̂33 L̂34 L̂35 . ∇r (1/Tn) j (1/T ) ∇ r p L̂41 L̂42 L̂43 L̂44 L̂45 pu ∇r (1/TL ) jLu L̂51 L̂52 L̂53 L̂54 L̂55 (3.48) Für praktische Zwecke ist es notwendig, die Matrix L̂XY zu reduzieren, indem bestimmte Elemente durch 0 ersetzt werden (“minimales Kopplungsschema”). Z.B. vernachlässigt man die Koeffizienten L̂12 (electronhole drag) und L̂15 (phonon drag). Um das Prinzip zu demonstrieren, betrachten wir jetzt nur dasjenige minimale Kopplungsschema für jn , bei dem die einzigen treibenden Kräfte die Gradienten von elektrochemischem Potential EF,n und inverser Elektronen-Temperatur Tn sind. jn = L̂11 · ∇r EF,n 1 + L̂13 · ∇r . eTn Tn (3.49) ˆ Mit den DeVom Tensor-Charakter sei ebenfalls abgesehen, d.h L̂ → IL. finitionen L11 = σn Tn , L13 = −σn Tn (EF,n/e − Pn Tn ) , (3.50) (3.51) worin σn die elektrische Leitfähigkeit und Pn die absolute thermoelektrische Kraft sind, ergibt sich für jn : jn = σn (∇r EF,n/e − Pn ∇r Tn ) . (3.52) Das entsprechende minimale Kopplungsschema für jnu führt auf die Gleichung jnu = L31 ∇r (EF,n/eTn ) + L33 ∇r (1/Tn ) , (3.53) Nutzt man das Onsager-Theorem aus (L31 = L13 ), kann man (3.53) auf die Form σn L33 2 (Pn Tn − EF,n/e) − 2 ∇r Tn jnu = (Pn Tn − EF,n/e) jn + Tn Tn 3.2 Thermodynamisches Modell∗ 47 bringen. Da die eckige Klammer gleich −κn sein muss (κn = thermische Leitfähigkeit der Elektronen), folgt L33 = κn Tn2 + σn Tn (EF,n/e − Pn Tn )2 . (3.54) Somit ergibt sich für die Energie-Stromdichte der Elektronen jnu = −κn ∇r Tn − (EF,n/e − Pn Tn ) jn , (3.55) bestehend aus einem konduktiven und einem konvektiven Term. Vergleich mit Drift-Diffusions-Modell Wenn ein nichtentarteter Halbleiter mit parabolischer Bandstruktur vorausgesetzt wird, sieht man durch direkte Berechnung von ∇r n(EF,n, Tn ), dass jTn D = jDD n = genau dann gilt, wenn kB n (0) Ei = 0 , sowie Pn = (3.56) ln − 5/2 . e Nc Die erste Bedingung entspricht einer speziellen Wahl des EnergieNullpunkts, die zweite kann man als Modell der absoluten thermoelektrischen Kraft auffassen. Vergleich mit Energie-Balance-Modell Die Energie-Stromdichten werden gleich (jTnuD = Sn ), wenn wn = 32 kB Tn angenommen wird und im Energie-Balance-Modell die mittlere thermische Energie durch (0) (0) ∗ wn = wn + Ec (r) − Ec − Ei (3.57) ersetzt wird. Neben der Verschiebung des Energie-Nullpunkts muss man im Energie-Balance-Modell auch noch die potentielle Energie addieren. Die zu (3.57) äquivalente Ersetzung der Energie-Stromdichte lautet S∗n = Sn − Ei (r)jn /e. 4 Numerische Methoden für die Simulation von Bauelementen by Bernhard Schmithüsen 4.1 Skalierte Gleichungen und Lösungsprozedur 4.1.1 Die Physikalischen Gleichungen Die grundlegenden van Roosbroeck’s Gleichungen des Ladungsträgertransports in Halbleitern sind die Poisson-Gleichung und die beiden Kontinuitätsgleichungen (im folgenden wird die Netto-Rekombinationsrate R − G einfach mit R bezeichnet): −∇ · (ε∇ϕ) = e (p − n +C) (4.1) ∂n (4.2) e − ∇jn = −e R ∂t ∂p e + ∇j p = −e R (4.3) ∂t vervollständigt durch die Stromgleichungen (unter Benutzung der Einstein Relation D = UT µ) jn = = jp = = −eµn n∇φn eµn (UT ∇n − n∇ϕ) −eµ p p∇φ p −eµ p (UT ∇p + p∇ϕ) (4.4) (4.5) Für MOS-Bauelemente wird in Isolatoren (z.B. SiO2 ) die Poissongleichung (unter Vernachlässigung mobiler und fixer Ladungen) gelöst: −∇ · (ε∇ϕ) = 0. (4.6) Die Metallregionen gehören nicht zum (elektrischen) Simulationsgebiet, auch wenn einfache Modelle integriert werden könnten. Die eigentliche 48 4.1 Skalierte Gleichungen und Lösungsprozedur 49 Physik besteht in den Voraussetzungen der Gültigkeit der Gleichungen und steckt in den Parametern Beweglichkeit µ und Rekombination R: µ = µ(x, ∇ϕ) > 0 R = R(x, n, p, ∇ϕ) Mathematisch handelt es sich im stationären Fall um ein gekoppeltes System elliptischer Gleichungen. 4.1.2 Randwerte Versehen mit Anfangswerten und Randbedingungen ist das ein ”wohl gestelltes” Problem. Die Existenz und Eindeutigkeit der Lösung ist mathematisch unter restriktiven Anforderungen nachgewiesen. A Artifizielle Randwerte Diese treten an künstlich eingeführten Begrenzungen des Simulationsgebietes auf, und sollten so gewählt werden, dass sie das Modell nicht signifikant stören: ∇ϕ · ν = jn · ν = j p · ν = 0. B Physikalische Randwerte Physikalische Randwerte treten an Materialgrenzen und Kontakten auf. (a) Kontakte (i) Ohmsche Kontakte: Normalerweise werden np = n2i p − n +C = 0 thermodynamisches Gleichgewicht Ladungs-Neutralität für die Dichten, und verschwindender Strom im thermodynamischen Gleichgewicht gefordert, resultierend in Dirichlet-Randwerten für alle Lösungsvariablen. (ii) Schottky Kontakte C Halbleiter-Isolator Grenzflächen Im allgemeinen fordert man εsemi ∇ϕsemi = εins ∇ϕins jn · ν = j p · ν = 0. Numerische Methoden für die Simulation von Bauelementen 50 by Bernhard Schmithüsen 4.1.3 Die skalierten (stationären) Gleichungen Um dimensionslose Grössen zu erhalten und die Werte in numerisch behandelbare Grössenordnungen zu bringen skaliert man die Gleichungen (de Mari Skalierung): −∇ · (ε∇ϕ) = (p − n +C) −∇jn = −R ∇j p = −R jn = = jp = = −µn n∇φn µn (∇n − n∇ϕ) −µ p p∇φ p −µ p (∇p + p∇ϕ) (4.7) (4.8) (4.9) (4.10) (4.11) 4.1.4 Wahl der Variablen Die Wahl der Variablen bestimmt die Gestalt der Gleichungen und damit das numerische Verhalten: Potential und Dichten ϕ, n, p - n, p > 0 ist numerisch nicht zu erwarten während der Iteration - Kontinuitätsgleichungen linear in n, p (falls Beweglichkeit unabhängig von den Dichten) Potential und Quasi-Fermi Potentiale ϕ, φn , φ p - Dichten automatisch positiv (n = exp(ϕ − φn )). - Nichtlinear in n, p (auch für konstante Dichten). Potential und Slotboom-Variablen ϕ, u, v - Dichten n = u exp(ϕ), p = v exp(−ϕ) nicht automatisch positiv. Konvektiver Term verschwindet. Stark variierende Diffusivität. Explizite Berechnung von exp(±ϕ) erforderlich. mathematisch interessant, da Kontinuitätsgleichungen selbstadjungiert werden (ausgebaute Theorie). 4.1 Skalierte Gleichungen und Lösungsprozedur 51 4.1.5 Die Lösungsprozedur A. Diskretisierung Das kontinuierliche Problem ist formuliert in (nicht-endlich-dimensionalen) Funktionenräumen. Diskretisierung heisst, das Problem endlich dimensional zu machen. Wir erhalten eine (nichtlineare) Gleichung in IRn : Fϕ (x) F(x) = Fn (x) = 0 Fp (x) B. Lösen der nichtlinearen diskreten Gleichung Nichtlineare Gleichungen können nur iterativ gelöst werden: Gummel-Iteration Dies ist das klassische Verfahren (kleine Computer). Iterativ löst man Fϕ (·, nk , pk ) → ϕk+1 Fn (ϕk+1 , ·, pk ) → nk+1 Fp (ϕk+1 , nk+1 , ·) → pk+1 (4.12) Es ist offensichtlich, dass ein solches Verfahren nur bei geringer Kopplung der Gleichungen konvergieren kann. Newton-ähnliche Verfahren Die bekannte Newton-Iteration: F (xn )(xn+1 − xn ) = −F(xn ) . (4.13) Man weiss, dass für hinreichend gute Anfangswerte x0 die Konvergenz quadratisch ist, falls F hinreichend glatt und die Nullstelle isoliert ist. Dies kann man in 1D leicht einsehen: F(xn+1 ) = F(xn ) + F (xn ) (xn+1 − xn ) +O(|xn+1 − xn |2 ) !" # =0 und −1 xn+1 − xn = −F (xn ) F(xn ) Numerische Methoden für die Simulation von Bauelementen 52 by Bernhard Schmithüsen also |F(xn+1 )| = O(|xn+1 − xn |2 ) = O(|F(xn )|2 ) |xn+1 − xn | = O(|F(xn )|) = O(|xn − xn−1 |2 ) In mehrerenen Dimensionen ist das nicht so einfach zu beweisen. Multigrid-Verfahren Basiert auf der Idee, niedrig-frequente Anteile der Lösung auf groben Gittern und die hoch-frequenten Anteile auf feinen Gittern zu bestimmen. Die ineinander geschachtelten Strukturen werden auf der geometrischen (Gitter) oder algebraischen Ebene (Matrix) benutzt. C. Lösen der auftretenden linearen Gleichungen Ax = b (4.14) Es gibt eine riesige Literatur über die Numerik der linearen Gleichungen: Direkte Verfahren Basieren auf Gauss-Algorithmus. Iterative Verfahren Approximieren gegebene Matrix A durch einfacher zu invertierende Matrizen: A = M −N (splitting) −1 xn+1 = M (Nxn + b) = (1 − M −1 A)xn + M −1 b Jacobi-Verfahren ( M = diag(A)) Gauss-Seidel-Verfahren ( M = diag(A) + loweroffdiag(A) ) Successive Overrelaxation (SOR) Krylow-Methoden (GMRES, CG, etc.) Memory-Bedarf klein, schnell, wenig robust, Konvergenz hängt stark von Eigenschaften der Matrizen ab. 4.2 Diskretisierung 4.2.1 Allgemeine Diskretisierungsverfahren Es gibt verschiedene allgemeine Verfahren. Die technisch relevanten erfordern ein Gitter auf dem Definitionsgebiet. 4.2 Diskretisierung 53 - Finite Differenzen (FD): Substitution der Differentialoperatoren durch Differenzen: ui+1 − ui−1 + O(h2 ) . Du = h e Einfach zu implementieren, RW technisch, schwierig in der Analyse des Konvergenzverhaltens. - Finite Elemente Methode (FEM): Basiert auf schwacher For1 , dann ergibt Integration der mulierung des Problems: Sei ξ ∈ H0,D Poissongleichung: Z Ω ε∇ϕ · ∇ξ = Z (p − n −C)ξ + Ω Z ε∇ϕξν ∂ΩN Vorteile: Ausgedehnte Theorie (Fehleranalyse, etc.) - Box Methode (BM): Basiert auf Divergenz-Form der Gleichungen: ∇F = g 4.2.2 Anforderung an Diskretisierung Um vernünftige Approximationen der kontinuierlichen Lösung zu erhalten, sollte das diskretisierte Problem wesentliche Eigenschaften des kontinuierlichen Problems aufweisen: Teilchen-Erhaltung Lokale Gültigkeit des Gausschen Satzes. Die BM erfüllt diese Bedingung automatisch. Strom-Erhaltung Der diskrete Strom durch eine Fläche sollte nur von der Fläche abhängen. Maximum-Eigenschaft der elliptischen Operatoren Das diskrete Maximumprinzip (genauer ”Comparison” Theoreme) elliptischer Operatoren ist die M-Matrix Eigenschaft: Definition 1 Eine reelle n × n Matrix A heisst M-Matrix, falls (i) Ai j ≤ 0 für alle i = j (ii) A ist invertierbar Numerische Methoden für die Simulation von Bauelementen 54 by Bernhard Schmithüsen (iii) A−1 ≥ 0 (d.h. (A−1 )i j ≥ 0 für alle i, j ) Hinreichende (notwendige?) Bedingung für diskrete Comparison Theoreme und Stabilität. Positivität der lokalen Dissipation Das kontinuierliche System ist lokal dissipativ (z.B. für Auger und SRH Rekombination); die zu diskutierende SG-BM erhält diese Eigenschaft und zeichnet sich dadurch aus. d (ϕ, n, p) = Z µn n| ∇φn |2 + µ p p| ∇φ p |2 + R · log (np) dx Ω Weitere Anforderungen ergeben sich aus der Praxis: Konvergenz Aussagen über Diskretisierungsfehler sind wünschenswert (p Ordnung der Approximation) u − uh = O(h p ) Anzahl der Gitterpunkte sollte möglichst gering sein 2d-Gitter ≈10000 Punkte, 3d-Gitter erheblich grösser. Zwang zu iterativen Techniken. Verschlechterung der Kondition der Matrizen. ”dünn besetzte” Matrizen (sparse matrices) geringerer Lösungsaufwand. Physikaliche Modelle: nur lokale Abhängigkeiten erlaubt (typischerweise nur von nächsten Nachbarn im Gitter). Andererseits ”dichte” Matrizen oder keinen exakten Newton. 4.2.3 Diskretisierung der Poissongleichung Wir diskretisieren die Poissongleichung entsprechend der Box Methode auf dem dualen Voronoi-Gitter (mid-perpendicular box method), welche auf der lokalen Anwendung des Gauss’schen Satzes beruht. Das Voronoi-Gitter entsteht durch die Mittelsenkrechten (in 2D eine Linie, in 3D eine Ebene) jeder Kante (edge), deren Schnittpunkte die Voronoi-Zentren bilden; die Voronoi-Boxen Bi werden durch die Mittelsenkrechten (Voronoi-Flächen) begrenzt. Notwendig und hinreichend für eine überlappungsfreie Konstruktion ist die sogenannte 4.2 Diskretisierung 55 Delaunay Eigenschaft Der Umkreis eines jeden Gitter-Elementes enthält im Inneren keinen Gitterpunkt. In 2D kann man Delaunay-Gitter aus Dreiecken und Rechtecken konstruieren. In 3D können zum Beispiel Tetraeder, Quader, Prismen und Pyramiden verwendet werden. E Bi E Bi } xi E si,j ei,j xj Figure 4.1: Gitter und duales Voronoi-Gitter Die Poissongleichung ist vom Typ −∇ (a(x)∇u(x)) + g(x) = 0 Lokal auf jeder Box Bi integrieren wir und wenden den Gauss’schen Satz an: Z Z u j − ui si j a(x)∇u(x)ν(x)dS(x) ≈ − ∑ ai j − ∇ (a(x)∇u(x)) dx = − |x j − xi | Bi ∂Bi j(i) Z Bi g(x)dx ≈ |Bi | · gi also erhalten wir für die Poissongleichung si j (ϕi − ϕ j ) − |Bi | (pi − ni +Ci ) = 0 Fϕ i = ∑ εi j |x j − xi | j(i) (4.15) Numerische Methoden für die Simulation von Bauelementen 56 by Bernhard Schmithüsen In 2D stimmen die Diskretisierungen der Standard-FE und Box-Methode für den Laplace-Operator überein; in 3D sind sie (ausser auf gleichseitigen Tetraedern, die aber den Raum nicht ausfüllen) verschieden. Stumpfe Winkel Dreiecke mit stumpfen (obtuse) Winkeln (α > π2 ) erfordern eine gewisse Aufmerksamkeit, da das Voronoi Zentrum ausserhalb des entsprechenden Elements liegt. Falls man, wie man das bei FEM tut, jedes Element einzeln betrachtet, erhält man s̃Ei j1 = sEi j1 < 0 , s̃Ei j2 = sEi j1 − sEi j2 Die Delaunay Eigenschaft garantiert eine positive Voronoifläche für jede Kante, d.h. si j ≥ 0 , was auf jeden Fall gewünscht ist, da sich andererseits das Vorzeichen umkehrt. Um weiter elementweise assemblieren zu können, setzt man s$Ei j1 = 0 , s$Ei j2 = sEi j2 Falls der stumpfe Winkel einer Interface-Kante gegenüberliegt, würden sich die Volumina der einzelnen Regionen verändern, folglich verlangt man ”constrained Delaunay” Gitter. 4.2.4 Diskretisierung der Kontinuitätsgleichungen Die Kontinuitätsgleichungen sind Konvektions-Diffusions-ReaktionsGleichungen. Man weiss, dass auf nicht hinreichend feinen Gittern die standard FE Diskretisierung unstabil ist. Ausserdem können stumpfe Winkel in Delaunay Gittern die Stabilität bei nicht konstanter Diffusivität stören. Viele Diskretisierungen sind erfunden worden, um dieses Stabilitätsproblem zu reduzieren (Stichworte: upwinding, numerical and artificial diffusivity, SUPG, streamline diffusion, etc.). Die Scharfetter-Gummel Box Methoden Diskretisierung ist auf allen Delaunay-Gittern stabil ! Die singuläre Störungsanalyse beschäftigt sich mit dem Fall, dass der Diffusionsterm gänzlich vernachlässigbar wird. Sie kann das Phänomen von ”Layern” (starke Variationen der Lösungen) erklären, indem sie das reduzierte Problem betrachtet, welches sich durch Streichen des Diffusionsterms ergibt. 4.2 Diskretisierung 57 xk E1 xi E E1 Bk Bi 1 E Bi 2 } E s i,j1 xj } s i,jE 2 E2 Figure 4.2: Box method Ein einfaches Modelproblem Wir demonstrieren die Instabilität der FD-Methode anhand eines Modellproblems, einer Vereinfachung der Kontinuitätsgleichung auf dem Interval [0, 1] : −(n − ϕ n) = 0 n(0) = 0 n(1) = 1 und nehmen an ϕ = β sei konstant. Die exakte Lösung ist n(x) = exp(βx) − 1 exp(β) − 1 (x ∈ [0, 1]) Einfache FD-Diskretisierung: Wir legen ein äquidistantes Gitter zugrunde (h = xi+1 − xi ) und erhalten − ni+1 − 2ni + ni−1 ni+1 − ni−1 =0 +β 2 h 2h Numerische Methoden für die Simulation von Bauelementen 58 by Bernhard Schmithüsen Seien nun s− = ni −nh i−1 und s+ = dienten. Dann erhalten wir − ni+1 −ni h die (approximierten) Dichtegra- s+ − s− β + (s+ + s− ) = 0 h 2 also hβ s+ 1 + 2 = s− 1 − hβ 2 In Worten: Die Lösung oszilliert falls |hβ| > 2 ! Die Gleichung stellt also Anforderungen an das Gitter oder die Diskretisierung! Für die standard FEM erhalten wir die gleiche Diskretisierung. Die resultierende Matrix ist keine M-Matrix. Die charakteristische Grösse P = 2/β heisst mesh peclet number. 1D Scharfetter-Gummel Diskretisierung Wir betrachten nun ein Interval [xi , xi+1 ] mit der Stromdichte J. Wir können schreiben J = −µnφ = µ exp (ϕ) u wobei u = exp (−φ) die Slotboom-Variable ist. Also ist u = J exp (−ϕ) µ Unter der Annahme, dass µ, J konstant sind und ϕ linear ist folgt also u (xi+1 ) − u (xi ) ϕi+1 − ϕi = exp −ϕi − (t − xi ) dt µ xi+1 − xi xi xi+1 ϕi+1 − ϕi J xi+1 − xi = − exp (−ϕi ) exp − (t − xi ) µ xi+1 − xi ϕi+1 − ϕi t=xi J xi+1 − xi exp (−ϕi ) [exp (ϕi − ϕi+1 ) − 1] − = µ ϕi+1 − ϕi Z xi+1 J 4.2 Diskretisierung 59 also haben wir für die konstante Stromdichte J auf dem Interval J = µ (ui+1 − ui ) exp (ϕi ) ϕi − ϕi+1 xi+1 − xi exp (ϕi − ϕi+1 ) − 1 µ (ϕi − ϕi+1 ) [exp (−ϕi+1 ) ni+1 − exp (−ϕi ) ni ] × xi+1 − xi exp (ϕi ) × exp (ϕi − ϕi+1 ) − 1 µ = [B (ϕi+1 − ϕi ) ni+1 − B (ϕi − ϕi+1 ) ni ] xi+1 − xi = wobei wir die Bernoulli function B (x) = x exp(x)−1 benutzt haben. Für unser Modellproblem erhalten wir (mit B+ = B(βh), B− = B(−βh)) die Matrix tridiag(−B− , B− + B+ , −B+ ) und die Lösung des resultierenden diskreten Systems stimmt mit der exakten Lösung in den Gitterpunkten überein. Die Matrix ist eine MMatrix, also eine stabile Diskretisierung unseres Modellproblems. Der Gewinn an Stabilität wird mit einem Verlust an Konsistenz bezahlt, der sich in der Approximations-Ordnung auswirkt: Theorem 1 (Miller-Wang, Roos-Stynes-Tobiska) 1 ||uh − uI ||MW ≤ Ch 2 wobei die diskrete Norm vom Gitter abhängt. Die Konstante C hängt von dem singulären Parameter ε ab, das heisst, die Konvergenz ist nicht gleichmässig. Neue Diskretisierung von Xu und Zikatanov (1999): FE-ähnliche Diskretisierung mit garantierter Stabilität, Delaunay-Eigenschaft wird durch andere Gittereigenschaft ersetzt (praktisch meshbar?). Numerische Methoden für die Simulation von Bauelementen 60 by Bernhard Schmithüsen 4.2.5 Die Diskretisierten Gleichungen Zusammenfassend erhalten wir also die folgenden diskretisierten Gleichungen si j ∑ εi j di j (ϕ j − ϕi ) − |Bi|(pi − ni +Ci) = 0 (Fϕ )i = j(i) si j ∑ {µnij di j (B(ϕi − ϕ j )ni − B(ϕ j − ϕi)n j )} + |Bi|Ri = 0 (Fn )i = j(i) si j ∑ {µipj di j (B(ϕ j − ϕi)pi − B(ϕi − ϕ j )p j )} + |Bi|Ri = 0 (Fp )i = j(i) Bemerkungen: - Elementweise Assemblierung Zur Optimierung des Codes (Parallelisierung, Cache-Memory) will man elementweise assemblieren. D.h. man muss z.B. schreiben: (Fn )i = + sEij n { {µi j,E (B(ϕi − ϕ j )ni − B(ϕ j − ϕi )n j )} + di j E(i)) j(i,E) |BEi |REi } = 0 ∑ ∑ Um die schönen Eigenschaften auch für Delaunay-Gitter zu behalten, ist es zwingend erforderlich, dass die Beweglichkeit µnij,E nicht wirklich vom Element abhängt, sondern vorher gemittelt wird. Eine andere Möglichkeit ist die Voronoi-Kompensation vorher auszuführen (?). - Integration der Ladungen: Die Integration der Ladungen scheint zu ungenau (konstante Ladungsdichte per Box). Für die nichtlineare Poissongleichung (d.h. Quasi-Fermi-Potentiale konstant und nicht die Ladugsträgerer-Dichten) hat dies allerdings den Vorteil, dass die resultierende Matrix weiterhin M-Matrix bleibt. 4.3 Gitter Häufig wird in Praxis der Einfluss des Gitters auf das Simulationsergebnis unterschätzt. Die Gittereigenschaften werden nicht nur durch technische und geometrische Anforderungen bestimmt, sondern vor allem durch die darauf zu lösenden Gleichungen und die benutzte Diskretisierung. 4.3 Gitter 61 4.3.1 Anforderungen an Gitter Approximation des Gebietes Akurate Beschreibung der Geometrie (Ränder, Interfaces, etc.) leichter möglich, wenn Elemente beliebige Formen annehmen können. Element-Formen Tensorproduktgitter für FD, mixed-element meshes für FEM und BM Punktdichte Sollte möglichst gering sein (bestimmt nämlich Grösse der linearen Gleichungen), aber hinreichend in ”signifikanten” Teilen des Gebietes. Winkelbedingungen Mythos ”obtuse angle” in 2D. Aus der numerischen Analysis weiss man Theorem 2 Für eine reguläre Familie von Simplex-Gittern (Th )h is der Diskretisierungsfehler (in der Energie-Norm) einer hinreichend regulären Lösung von der Ordnung 1 ||u − uh|| = O(h) Daraus leitet man in 2D ein Winkel-Kriterium ab, da die StabilitätsKonstante sich verbessert. Die technischen Anforderungen sagen noch nichts über die Qualität der Gitter. Erfahrungstatsachen: Langsame Variation der Punktdichte, gute Approximation der Ladungsdichte ρ und Rekombination R, Edges parallel und orthogonal zur Stromdichte. Gittergeneration ist eine schwierige Aufgabe, wenn man sowohl die technischen als auch die qualitativen Anforderungen erfüllen will: OCTREE 1D,2D und 3D. PARALLEL OFFSETTING Variante von Advancing Front. 2D. Numerische Methoden für die Simulation von Bauelementen 62 by Bernhard Schmithüsen Figure 4.3: Octree und Normal-Offsetting Gitter mit Elektronen-Stromdichte 4.3.2 Gitter Adaption Die Gitter sollten im Idealfall von der Lösung des diskreten Problems abhängen. Gitter-Adaption ist daher generell wünschenswert, doch muss man sich klar machen, wozu diese dienen soll und was sie leisten kann. Goal Equations Discretization Final Mesh Grid Adaptation Criteria Strategy Figure 4.4: Komponenten der Gitter-Adaption Silizium 5 5.1 Bandstruktur Entstehung von Bändern qualitativ Die Atomrümpfe eines Kristalls kann man sich in erster Näherung als Potentialtöpfe vorstellen. Solange Potentialtöpfe hinreichend isoliert voneinander sind, hat jeder von ihnen eine Serie von diskreten EnergieNiveaus (sh. a)). Bei Annäherung wächst die Wahrscheinlichkeit, dass Elektronen von einem Topf in die benachbarten Töpfe tunneln können. Die diskreten Energie-Niveaus spalten auf, bei N Töpfen in N Niveaus (sh. b)). Bei sehr vielen Töpfen und weiterer Annäherung wird der a) b) bandentstehung.ID.epsi 113 × 57 mm c) Abstand zwischen den aufgespaltenen Niveaus sehr klein - es entstehen Bänder. Diese können zusammenwachsen (sh. c)), wie es bei Metallen der Fall ist. In Halbleitern, wie Silizium, entstehen jedoch Energielücken (“gaps”), weil es zwei Arten von Zuständen gibt - bindende und antibindende. Die Aufenthaltswahrscheinlichkeit zwischen den Poten63 64 Silizium a) Ψ b) Ψ gapentstehung.ID.epsi 110 × 42 mm Schematische Darstellung der Wellenfunktion Ψ zweier gekoppelter Potentialtöpfe. Links: antibindender Zustand, rechts: bindender Zustand. tialtöpfen ist bei bindenden Zuständen besonders gross, während sie bei antibindenden Zuständen dort sehr klein wird (Knoten der Wellenfunktion). Die Aufenthaltswahrscheinlichkeit innerhalb der Töpfe ist jedoch in beiden Fällen ähnlich gross. Bindende Zustände sind für das Zusammenhalten der positiven Ionenrümpfe in Molekülen verantwortlich. Quantenmechanik: Ultra-Short Course II Quasiklassische Näherung Wird die de-Broglie-Wellenlänge klein gegenüber den Abmessungen des Problems, kann man die quasiklassische Näherung für die Wellenfunktion benutzen (WKB-Näherung, Wentzel-Kramers-Brillouin). Sie entspricht in der Optik dem Übergang von der Wellenoptik zur geometrischen Optik. Sei ψ(x) Lösung der (hier ein-dimensional betrachteten) Schrödinger-Gleichung ~2 2m ψ (x) + [E −V (x)]ψ(x) = 0 . (ψ (x) bedeutet die zweite Ableitung nach x.) ψ(x) wird in der Form ψ(x) = e ~ σ(x) i ~ mit σ = σ0 + σ1 + i 2 ~ i σ2 + ... (5.1) geschrieben. Die Reihenentwicklung der Phase nach Potenzen von ~ liefert separate Gleichungen in jeder Ordnung von ~. Wegen ψ = 5.1 Bandstruktur 65 −ψσ 2 /~2 + iψσ /~ geht die Schrödinger-Gleichung in σ − i~σ = 2m [E −V (x)] 2 (5.2) über. In der nullten Ordnung verbleibt nur σ0 = 2m [E −V (x)] 2 mit der Lösung σ0 (x) = ± Z x dx % 2m [E −V (x )] = ± Z x dx p(x ) . Dabei ist p der klassische Impuls, der mit dem +-Zeichen vor der Wurzel definiert wird. Diese Näherung ist dann gut, wenn man den zweiten Term auf der linken Seite von Gleichung (5.2) gegen den ersten vernachlässigen kann, also wenn ~|σ /σ 2 | 1 gilt. Da in nullter Ordnung σ ≈ σ0 = p(x) ist, bedeutet die Bedingung & & & & & p & &d − & λ ~ && 2 && = && && 1 p dx wie man durch differenzieren von − λ(x) = λ(x)/2π = ~/p(x) sofort sieht. Die de-Broglie-Wellenlänge darf sich also über Abmessungen von der Grössenordnung der Wellenlänge selbst nur wenig ändern. In der Ordnung ~1 erhält man 1 ~ i~ 2σ0 σ1 − σ = 0 2m i 2m 0 σ σ0 σ1 + 0 = 0 . 2 Auflösung nach σ1 ergibt σ1 = −σ0 /2σ0 = −p /2p, so dass bis auf eine Konstante 1 σ1 ∼ − ln p . 2 Setzt man σ0 + ~σ1 /i in den Ansatz (5.1) für die Wellenfunktion ein, folgt C1 i ψ(x) = √ e ~ p Rx p(x )dx + C2 e− ~i √ p Rx p(x )dx . (5.3) 66 Silizium √ Das Auftreten von 1/ p bedeutet, dass die Aufenthaltswahrscheinlichkeit |ψ(x)|2 des Teilchens im Intervall [x, x + dx] umgekehrt proportional zum Impuls p(x) ist. Dies spiegelt das klassische Verhalten wieder, denn bei einer klassischen Bewegung ist die Zeit, die ein Teilchen in dx verbringt, umgekehrt proportional zu seiner Geschwindigkeit. Die Näherungslösung (5.3) kann man auch in Gebieten anwenden, die klassisch verboten sind, d.h. in denen der Impuls rein imaginär wird. Der Punkt, der klassisch erlaubtes von klassisch verbotenem Gebiet trennt, heisst klassischer Umkehrpunkt. Im klassisch verbotenen Gebiet x > x0 V(x) klassischer Umkehrpunkt E x umkehrpunkt.ID.epsi 0 63 × 56 mm x (genügend weit entfernt vom Umkehrpunkt x0 ) hat die Wellenfunktion die Gestalt C −1 ψ(x) = % e ~ 2 |p| Rx x0 |p(x )|dx , (5.4) mit neuer Normierungskonstante C. Die quasiklassische Lösung im klassisch erlaubten Gebiet x < x0 (genügend weit entfernt von x0 ) lautet (Kramers, 1926) Z x C π 1 0 ψ(x) = √ cos p(x )dx − . (5.5) 2 p ~ x 4 Kronig-Penney-Modell (1930) Wir betrachten jetzt ein ein-dimensionales, periodisches Modellpotential, das aus einer unendlichen Folge von Quantentöpfen der Breite d besteht, die durch Potential-Barrieren der Dicke b und der “Höhe” V0 getrennt sind. Wenn b genügend gross ist, sind die Wellenfunktionen in einem 5.1 Bandstruktur 67 solchen Topf praktisch gleich denjenigen im Potentialtopf mit endlich hohen aber unendlich dicken Wänden (sh. Kapitel 1). Wegen der Periodizität des Potentials mit der Periode b + d = a können wir die gesuchte Wellenfunktion für die Bewegung eines Teilchens in diesem Potential als Fourier-Reihe (n) ψk (x) = ∞ A ∑ eikla ψn (x − la) (5.6) l=−∞ darstellen. Der Index n kennzeichnet den n-ten Zustand des isolierten (n) (n) Quantentopfs. Offenbar gilt ψk (x + a) = exp(ika)ψk (x), d.h. beim Durchgang durch eine Periode “sammelt” die Welle eine Phase ka “auf”. Wir schreiben die beiden Schrödinger-Gleichungen V(x) V0 periodpot.ID.epsi Ψ(x) 88 × 47 mm -b 0 (n) ψk d + 2m ~2 d+b (n) [En (k) −V (x)] ψk ψn + 2m ~2 x = 0, [En −V (x)] ψn = 0 , (n) auf, multiplizieren die erste mit ψn , die zweite mit ψk , subtrahieren gliedweise und integrieren über x in den Grenzen von −b/2 bis d + b/2 d+b/2 Z dx (n) (n) ψk ψn − ψn ψk + −b/2 2m (n) [En (k) − En ] ψk ψn 2 ~ =0. Nach partieller Integration erhält man [En (k) − En ] d+b/2 Z (n) dx ψk ψn −b/2 = ~2 2m (n) (n) ψn ψk − ψk ψn d+b/2 −b/2 . 68 Silizium Für das Integral auf der linken Seite folgt nach Einsetzen von (5.6) d+b/2 Z (n) dx ψk ψn = A ∞ ∑ l=−∞ −b/2 d+b/2 Z eikla dx ψn (x)ψn (x − la) −b/2 !" ≈δl0 ≈ A # (5.7) da die Überlappungsbeiträge von den nächsten Nachbarn verschwindend gering sind und ψn (x) normiert ist (die Beiträge zur Normierung ausserhalb des Intervalls [−b/2, d + b/2] können ebenfalls vernachlässigt werden). Die Energiebänder En (k), zu denen die diskreten Niveaus En verbreitern, nehmen damit die Form En (k) = En + ~2 2mA (n) (n) ψn ψk − ψk ψn d+b/2 −b/2 an. Bei x = d + b/2 tragen von der Summe (5.6) nur die Glieder mit l = 0 und l = 1 bei, d.h. ψn (d +b/2) und ψn (−b/2) exp(ika), alle anderen sind verschwindend klein. Somit (n) ψk (d + b/2) = A ψn (d + b/2) + ψn (−b/2)eika = ika . = A ψn (d + b/2) 1 ± e Das +-Zeichen steht, wenn ψn symmetrisch ist, das −-Zeichen für antisymmetrische Zustände des isolierten Potentialtopfes. Bei x = −b/2 tragen von der Summe (5.6) nur die Glieder mit l = 0 und l = −1 bei, d.h. ψn (−b/2) und ψn (d + b/2) exp(−ika), (n) ψk (−b/2) = A ψn (−b/2) + ψn (d + b/2)e−ika = −ika . = A ψn (−b/2) 1 ± e Für die ersten Ableitungen erhält man (n) ψk (d + b/2) = A ψn (d + b/2) 1 ∓ eika (n) ψk (−b/2) = A ψn (−b/2) 1 ∓ e−ika . 5.1 Bandstruktur 69 (Statt ± steht jetzt ∓, da bei Bildung der ersten Ableitung symmetrische Zustände in antisymmetrische Funktionen übergehen und umgekehrt.) Nach Einsetzen und Zusammenfassen aller Terme wird En (k) 2 ~2 (5.8) ψn (d + b/2)ψn (d + b/2) cos(ka) . m Um für ψn die oben eingeführten quasiklassischen Näherungen (5.4) benutzen zu dürfen, gelte b ~/|pn |. Wir benötigen noch einen expliziten Ausdruck für die Normierungskonstante C in (5.4). Da C auch in der quasiklassischen Lösung im Innern des Potentialtopfes auftritt, kann man diese zur Bestimmung von C verwenden: Z d Z d Z d 1 π (i) 2 2 2 1 dx|ψn (x)| = C dx (i) cos p (x )dx − 1= ~ x n 4 0 0 pn (x) En (k) = En ± Die Beiträge der exponentiell abklingenden Anteile in den BarrierenGebieten sind nach Voraussetzung klein gegen 1 und wurden vernachlässigt. Ausserdem muss für die quasiklassische Näherung im In(i) nern pn d/~ 1 gelten, d.h. die Wellenfunktion hat dort viele Knoten. √ (i) Wegen der Konstanz von pn = 2mEn folgt dann (cos2 kann durch den Mittelwert 1/2 ersetzt werden) Z (i) (d − x) d C2 d p π n ≈ C2 (i) , 1 = (i) dx cos2 − ~ 4 pn 0 2pn ' (i) also C = 2pn /d. Wir können nun die Werte von ψ und ψ in der Mitte der Barriere berechnen: ( ( ) (i) ) (i) (a) R ) pn ) (a) 1 d+b/2 − − bp2~n , dx p * n = * pn ~ d exp exp ψn (d + b/2) = (a) (a) 2d pn 2d pn ψn (d + b/2) (a) mit pn = (a) = − pn ~ ψn (d + b/2) , % 2m(V0 − En ). Einsetzen in (5.8) ergibt En (k) = En ∓ ~ p(i) n (a) bpn exp− ~ cos(ka) = dm √ 2√ E1 En Dn cos(ka) , = En ∓ π (5.9) 70 Silizium wobei E1 = ~2 π2 /(2md 2) (sh. Kapitel 1) und der Durchgangskoeffizient für eine Rechteck-Barriere % 2b − 2m(V0 − En ) ~ Dn = e benutzt wurde. Die Bandweite ist in dem betrachteten Modell der starken Lokalisation √ 4√ E 1 E n Dn . Wn = π Da nach Voraussetzung Dn 1 sein muss, sind die Bänder sehr schmal. E n (k) En cos-baender.ID.epsi 50 × 47 mm π 2a 0 π 2a E n-1 k In der Nähe von k = 0 kann man den cos entwickeln: 1 Wn a2 2 En (k) ≈ En ∓ Wn ± k . 2 4 Ersetzt man den Faktor vor k2 durch ~2 /(2m∗), erhält man eine Dispersionsrelation wie für freie Teilchen, mit dem Unterschied, dass die Masse m0 durch eine effektive Masse m∗ m∗ = 2 ~2 Wn a2 ersetzt ist. Dieser Relation kann man auch ablesen, dass die Bandweite umgekehrt proportional zum Quadrat der Periode des Potentials ist. In Halbleiter-Kristallen entspricht a dem Gitterabstand! Bandstruktur von Silizium Silizium kristallisiert in der Diamantstruktur. Die Atome befinden sich auf den Plätzen zweier ineinander verschachtelter f.c.c.-Gitter (kubischflächenzentriert, face-centered cubic). Fasst man das Zentralatom der 5.1 Bandstruktur 71 schwarz hervorgehobenen tetraedrischen Struktur (bestehend aus fünf Atomen) mit einem der anderen fünf Atome zusammen, erhält man die sogenannte Basis des Kristalls. Die Basis ist auf einem einfachen f.c.c.-Gitter periodisch fortgesetzt. In III-V-Halbleitern, die in dersel- a=5.43 Å diamond.ID.epsi 107 × 79 mm . ben Struktur kristallisieren (“Zinkblende”), besteht die Basis aus zwei verschiedenartigen Atomen, z.B. in GaAs aus Ga und As. Den Würfel, der die schwarz hervorgehobene tetraedrische Struktur enthält, nennt man primitive Einheitszelle. Es gibt zwei Atome pro primitive Einheitszelle, da die vier äusseren Atome jeweils von vier Nachbar-Zellen “geteilt” werden. Jedes Si-Atom steuert vier Valenz-Elektronen bei, d.h. es gibt 8 Valenz-Elektronen pro primitive Einheitszelle. Unter Berücksichtigung der Spin-Entartung ergeben sich also 4 Valenzbänder, die bei T = 0 K vollständig besetzt sind und die aus bindenden Zuständen aufgebaut sind. Die antibindenden Zustände bilden die Leitungsbänder. Die untersten vier Leitungsbänder entstehen aus den sp3 -Hybridorbitalen, die höher liegenden Leitungsbänder aus höheren Orbitalen. Der Kristall besteht also ganz allgemein aus einer Basis und dem sogenannten Bravais-Gitter, das im Falle von Silizium ein f.c.c.-Gitter mit der Gitterkonstanten a = 5.43 Å ist. Das Bravais-Gitter ist eine Menge 72 Silizium von Punkten {Rl } (Gitter-Vektoren), die durch drei nicht-koplanare Translationen a1 , a2 und a3 erzeugt werden, welche Vektoren im dreidimensionalen Raum sind {Rl } = l1 a1 + l2 a2 + l3 a3 . mit ganzen Zahlen l j . Als a j kann man die primitiven Gittervektoren a a a a1 = (0, 1, 1) , a2 = (1, 0, 1) , a3 = (1, 1, 0) 2 2 2 wählen. Jede Translation {Rl } überführt den Kristall in sich selbst. Des- x abasisvect.ID.epsi 3 69 × 72 mm a2 a1 y z halb muss jede physikalische Grösse f (r) vor und nach der Translation dieselbe sein f (r + Rl ) = f (r) , (5.10) d.h. f (r) ist eine auf dem Bravais-Gitter periodische Funktion. Wir können sie also in eine Fourier-Reihe entwickeln: Z 1 · r iK h mit AKh = d 3 r f (r)e−iKh · r . f (r) = ∑ AKh e Ω 0 K h Ω0 Als Periodizitätsvolumen nehmen wir das Volumen der primitiven Einheitszelle Ω0 = a1 · [a2 × a3 ]. Man kann aber auch andere Zellen mit 5.1 Bandstruktur 73 demselben Volumen verwenden. Als besonders günstig erweist sich die sogenannte Wigner-Seitz-Zelle, die dadurch erhalten wird, dass man alle nächsten Nachbaratome durch Linien (a1 , − a1 , a2 , − a2 , ...) verbindet und diese mittels senkrecht dazu stehender Ebenen halbiert. Die geometrische Figur, die von allen diesen Ebenen begrenzt wird, heisst Wigner-Seitz-Zelle. Unter Benutzung der Translations-Invarianz (5.10) folgt f (r + Rl ) = ∑ AKh eiKh · (r + Rl ) = f (r) , Kh und somit eiKh · Rl = 1 . Dies kann nur erfüllt werden, wenn Kh · Rl = 2π×(ganze Zahl) gilt. Die Vektoren Kh , die diese Bedingung erfüllen, heissen reziproke Gittervektoren. Man kann sie in einer Basis {b1 , b2 , b3 } des reziproken Gitters darstellen: Kh = h1 b1 + h2 b2 + h3 b3 . Z.B. kann man reziproke primitive Gittervektoren (ai ·b j = 2πδi j ) als eine solche Basis nehmen b1 = 2π 2π 2π (1̄, 1, 1) , b2 = (1, 1̄, 1) , b3 = (1, 1, 1̄) , a a a wobei der Strich einfach “minus” bedeutet. Die Menge aller Kh erzeugt das sogenannte reziproke Kristall-Gitter, das zum Kristall-Gitter komplementär ist. Kubische Gitter haben reziproke kubische Gitter. Aber, man beachte, dass das reziproke Gitter eines f.c.c.-Gitters ein kubisch raumzentriertes Gitter (b.c.c., body-centered cubic) ist. Auch im reziproken Gitter erweist es sich als günstig, die primitive Zelle als Wigner-SeitzZelle zu wählen. Die Konstruktionsvorschrift bleibt die gleiche. Man konstruiert also die Wigner-Seitz-Zelle des b.c.c.-Gitters, d.h. des zum f.c.c.-Gitter komplementären reziproken Gitters mit dem reziproken Gittervektor Kh = 0 als Ursprung. Diese Zelle hat den Namen 1. Brillouin Zone (abgekürzt 1. BZ). Ihre geometrische Gestalt ist ein “gekappter” Oktaeder (sh. Abb.). Die praktische Bedeutung der 1. BZ folgt aus der Tatsache, dass in ihr alle Energiebänder Eν (k) stetige Funktionen sind. Nur an den Rändern können Unstetigkeiten auftreten. Die Ränder sind mit den sogenannten Braggschen Reflexionsebenen identisch. Um das einzusehen, betrachten wir das Kristall-Potential V (r) als Störung zur 74 Silizium Kz W X U K W L U Kx Γ brillzone.ID.epsi 93 × 85 mm X W K Ky 1. BZ des f.c.c.-Gitters mit symmetrischen Punkten. Der hervorgehobene Bereich ist der irreduzible Teil der BZ (1/48), der für die Berechnung der Bandstruktur relevant ist. freien Bewegung der Elektronen. Da V (r) periodisch ist, kann man es in eine Fourier-Reihe entwickeln: V (r) = ∑ BKh eiKh · r . h Das Übergangs-Matrixelement muss man mit ebenen Wellen bilden (die ungestörten Zustände, freie Elektronen!), so dass k |V (r)|k = ∑ BKh δk −k, Kh . h Es verschwindet, ausser für k = k + Kh . (5.11) Die Stösse der leichten Elektronen mit dem schweren Kristall-Gitter sind elastisch: |k | = |k|. Quadriert man (5.11), erhält man −2 k · Kh = |Kh |2 . (5.12) 5.1 Bandstruktur 75 Das ist genau die Bedingung für Bragg-Reflexion. In den Lehrbüchern zur Halbleiter-Theorie wird üblicherweise die (entartete) Störungstheorie explizit durchgeführt und damit das Aufreissen von Energielücken an den Bragg-Ebenen demonstriert (sh. z.B. Enderlein/Schenk Seite 81 ff.). Wir haben stattdessen an obigem Beispiel die Entstehung von Bändern plausibel gemacht. In diesem Beispiel sind die Energielücken von vornherein vorhanden, und zwar durch den Abstand der diskreten Energie-Niveaus des isolierten Potentialtopfes. Eine wichtige Folge der Translationssymmetrie des Kristalls ist die Periodizität der Energie E(k + Kh ) = E(k) (5.13) ψν,k (r) = ψν,k+Kh (r) . (5.14) und der Wellenfunktionen Der Impuls der Elektronen ist im Kristall keine Erhaltungsgrösse, wie man aus (5.11) ersieht. Aber alle Impulse k + Kh und damit alle Wellenfunktionen mit Wellenvektoren k + Kh sind äquivalent. Deshalb kann man sich bei der Berechnung physikalischer Grössen auf die 1. BZ beschränken. Liegt k ausserhalb der 1. BZ, findet man immer einen reziproken Gittervektor Kh , der k in die 1. BZ verschiebt (“falten”). Man bezeichnet k auch als Quasiwellenvektor. Die Translationssymmetrie ist jedoch nicht die einzige Symmetrie des f.c.c.-Gitters. Als Punktgruppe des Kristalls bezeichnet man die Menge aller geometrischen Operationen (Drehungen, Spiegelungen), die das direkte Gitter (und damit auch das reziproke Gitter) in sich selbst überführen. 48 solcher Operationen bilden einen Würfel in sich selbst ab. Die entsprechende Gruppe nennt man Oh . Ohne Inversion verbleiben 24 Operationen, die die Gruppe Td bilden (die Basis ist nur gegen diese Untergruppe invariant). Die k-Vektoren der 1. BZ kann man in Punkte in symmetrischer Lage und Punkte in allgemeiner Lage einteilen. k ist in symmetrischer Lage, wenn es ausser der Translation noch ein Element α der Punktgruppe Oh gibt, das k in einen dazu äquivalenten Vektor überführt. (Äquivalenz bedeutet Gleichheit bis auf einen additiven reziproken Gittervektor Kh .) Andernfalls ist k in allgemeiner Lage. Wendet man die Elemente der Punktgruppe auf einen Vektor k der 1. BZ an, dann bilden alle αk, die nicht äquivalent zu k sind, den sogenannten Stern von k. Ist k in allgemeiner Lage, hat der Stern soviel “Zacken”, wie die Punktgruppe Elemente hat. Ist k in symmetrischer Lage, so ist die Anzahl der Zacken nur 76 Silizium ein Bruchteil der Ordnung der Punktgruppe. (Z.B. hat der Mittelpunkt der 1. BZ, der Punkt mit der höchsten Symmetrie überhaupt, nur noch eine Sternzacke.) Alle k-Vektoren, die die gleiche Symmetrie haben, also von den gleichen α invariant gelassen werden, bilden ein Symmetrieelement in der 1. BZ. Für die Diamantstruktur gibt es 4 Symmetriepunkte (Γ; X; L; W), 5 Symmetriegeraden und 2 Symmetrieebenen. Die Punktsymmetrie des Kristalls überträgt sich unmittelbar auf die Bandstruktur: Eν (k) = Eν (αk) . (5.15) Diese Form der Entartung nennt man Sternentartung. Wegen der Sternentartung genügt die Kenntnis der Energieband-Funktionen Eν (k) in einem Ausschnitt der 1. BZ, der den Raum zwischen benachbarten Sternzacken ausfüllt (der in der Abb. hervorgehobene Bereich). Man bezeichnet einen solchen Ausschnitt als irreduziblen Bestandteil der 1. BZ. Alle inneren Punkte und die meisten Randpunkte sind k-Vektoren in allgemeiner Lage, also mit 48 Sternzacken. Deshalb ist dieses Gebiet 1/48 der 1. BZ. Die Energie-Eigenwerte über dem Rest der 1. BZ erhält man durch symmetrische Fortsetzung der Werte über dem irreduziblen Bestandteil mit Hilfe der Gleichung (5.15). Eine weitere Form der Entartung ist die symmetrie-bedingte Bandentartung. Gilt nämlich für bestimmte k-Vektoren, dass αk äquivalent ist und dass die zugehörigen Eigenfunktionen im Band ν, ψν,k (r) und ψν,k (α−1 r), linear unabhängig sind, so laufen an der Stelle k zwei Bänder zusammen. Für Punkte in allgemeiner Lage kann eine solche symmetrie-bedingte Bandentartung nicht auftreten. Den Grad möglicher Bandentartungen in Symmetriepunkten und auf Symmetriegeraden kann man mittels gruppentheoretischer Methoden bestimmen (was hier zu weit gehen würde). Nachstehend sind für die Punkte Γ, X und L die möglichen Entartungen aufgeführt. X-Punkt: L-Punkt: Γ-Punkt: 3-, 2-, 1-fache nur 2-fache 2-, 1-fache L3 , L3 = 2-fach Γ15 , Γ25 = 3-fach Γ2 = 1-fach L1 = 1-fach Eine nicht durch die Symmetrie bedingte, wie man sagt “zufällige” Entartung, ist die Bandüberlappung. Ein Beispiel ist die Überschneidung der obersten drei Leitungsbänder auf der ∆-Geraden. Wie man der dargestellten Bandstruktur entnimmt, ist Silizium ein indirekter Halbleiter. Das Minimum des untersten Leitungsbandes in [100]-Richtung (Γ → X) liegt bei 0.85 |ΓX|. Das Maximum der obersten Valenzbänder liegt bei Γ. Der Wert der indirekten Energielücke (das 5.1 Bandstruktur | | | 6.0 77 L3 Γ2 | Γ15 Γ15 | 2.0 L1 | Γ25’ X1 Sibandst.ID.epsi 99 × 71 mm Γ25’ | 0.0 | L3’ -2.0 | -4.0 | | Energy (eV) Γ2’ | 4.0 X4 | | ∆1 L Λ Γ ∆ X K Σ Γ Wave Vector k Bandstruktur von Silizium berechnet mit empirischem nicht-lokalen Pseudopotential (Chelikowsky und Cohen, 1974). “fundamentale gap”) beträgt bei Raumtemperatur Eg = 1.12 eV . Wegen der Spin-Bahn-Wechselwirkung wird die zweifache Entartung der beiden obersten Valenzbänder bei Γ in Wirklichkeit aufgehoben. Ein Band, das sogenannte split-off band, spaltet nach unten ab. Sein Extremum hat den Wert Eso (Γ) = −0.044 eV . Deshalb wird es oft vernachlässigt und nur die beiden Bänder der leichten und schweren Löcher, die bei Γ zusammenlaufen, werden bei Berechnungen mit einbezogen. Für viele Anwendungen, bei denen nur kleine k in der Nähe der Bandextrema eine Rolle spielen, genügt es, Ec (k) und Elh,hh (k) quadratisch zu entwickeln. Da der lineare Term an den Extrema natürlich verschwindet, erhält man eine Dispersionsrelation wie für freie Elektronen, mit dem Unterschied, dass man andere Massen, sogenannte effektive Massen einführen muss, um die Krümmung der Bänder in der Nähe der Extrema richtig zu reproduzieren. Die Wirkung des komplizierten periodischen Kristall-Potentials ist dann nur noch über diese effektiven Massen parametrisiert. Die Bandstruktur Eν (k) kann man auch dadurch graphisch darstellen, dass man Flächen Eν (k) = const im k-Raum, bzw. deren Schnittkurven mit bestimmten Ebenen konstruiert. In der Abbildung sind die Isoenergie-Flächen Ec (k) = const (rechts) und Elh,hh (k) = const (links) in Effektivmassen-Näherung veranschaulicht. Für die Löcher ergeben sich in Wahrheit keine Kugeln, sondern (wegen der Spin-Bahn- 78 Silizium Ec = Eg + h2 (k -k )2 + h2 (k -k )2 2m l 0 2m t 0⊥ ⊥ Kz = h2 k 2 2m lh,hh = E lh,hh = - Kz effmass.ID.epsi 121 × 63 mm Kx Kx Ky Ky . Kopplung) “warped surfaces”. Die Kugeln sind also Approximationen mit richtungsgemittelten effektiven Massen. Man findet mhh ≈ 0.5 m0 und mlh ≈ 0.17 m0. Die Isoenergie-Flächen der Elektronen sind Rotationsellipsoide. Man bezeichnet sie auch als Täler. Wegen der Sternentartung der Symmetriegeraden ∆ sind auf allen sechs Zacken dieses Sterns Minima vorhanden, es gibt also sechs äquivalente Täler. Deshalb nennt man Silizium auch einen Vieltal-Halbleiter. Die sogenannte longitudinale effektive Masse (parallel zu den Hauptachsen) hat den Wert ml ≈ 0.92 m0 , während die sogenannte transversale effektive Masse (senkrecht zu den Hauptachsen) den Wert mt ≈ 0.19 m0 hat. Dies erscheint verwunderlich, denn Silizium muss als kubischer Kristall eine isotrope (Ohmsche) Leitfähigkeit haben. Die Lösung ist, dass der Mittelwert über alle sechs Täler eine isotrope Leitfähigkeitsmasse 1 1 = mσ 3 ergibt. 2 1 + ml mt 5.2 Zustandsdichte 79 5.2 Zustandsdichte Die stationären Wellenfunktionen der Kristall-Elektronen haben folgende Form (Bloch-Theorem, Beweis in Lehrbüchern): 1 ψν,k (r) = √ eikr uν,k (r) Ω Bloch − Funktionen . (5.16) Sie sind in einem Grundgebiet Ω normiert und stellen modulierte ebene Wellen dar. Der Modulationsfaktor heisst Bloch-Faktor und ist eine gitterperiodische Funktion: uν,k (r) = uν,k (r + Rl ). Wir stellen jetzt periodische Randbedingungen mit Ω als Periodizitätsvolumen (Born-von Karmansche Randbedingungen). Dazu wählen wir Ω = G3 Ω0 , wobei Ω0 = a1 · [a2 × a3 ] das Volumen der primitiven Einheitszelle und G eine grosse ganze Zahl ist. Periodische Randbedingung bzgl. des Grundgebietes Ω bedeutet nun, dass sich eine Grösse nicht ändert, wenn man vom Punkt r zum Punkt r + Ga j geht. Da ein Vektor im k-Raum mittels der reziproken Gittervektoren bm dargestellt werden kann (k = ∑m km bm ), wird die periodische Randbedingung von den Bloch-Funktionen genau dann erfüllt, wenn km = 1 lm , m = 1, 2, 3, ... , G lm = ganze Zahl . (5.17) Wegen der Gitterperiodizität des Bloch-Faktors ist nämlich ψν,k (r) = ψν,k (r + Ga j ) genau dann, wenn eikGa j = 1 . Dass der Phasenfaktor tatsächlich 1 ist, kann man leicht überprüfen: eikGa j = ei ∑m km bm Ga j = ei ∑m lm bm a j = = ei ∑m lm 2πδ jm = ei2πl j = 1 . Die neuen Basisvektoren im k-Raum bm /G, mit denen jeder k-Vektor als k = ∑m lm bm /G dargestellt wird (lm ganze Zahl), bilden ein feinmaschiges Gitter (sh. Abbildung). Durch die periodische Randbedingung wird der k-Raum also diskretisiert. Der Vorteil dieser Prozedur wird im folgenden klar werden. Die Abzählung der erlaubten elektronischen Zustände kann nun dadurch erfolgen, dass man über alle Bänder ν und alle Maschen innerhalb der 1. Brillouin-Zone summiert. Hinzu kommt ein Faktor 2 von der Spin-Entartung (jeder Zustand kann zweifach besetzt werden, mit einem 80 Silizium b2 feinmasch.ID.epsi 69 × 51 mm 1 b G 2 1 b G 1 b1 Elektron “spin-up” | ↑ und einem Elektron “spin-down” | ↓ .) Für die mittlere Elektronenzahl im Grundgebiet ergibt sich daher N = 2∑ ∑ ν k∈1.BZ mit der Fermi-Dirac-Verteilung fν (k) = fν (k) (5.18) −1 Eν (k)−EF 1 + e kB T . (5.19) Die totale Elektronen-Dichte erhält man durch Division mit dem Volumen Ω des Grundgebietes. Da das Volumen der 1. BZ gleich 8π3 /Ω0 beträgt, ist das Volumen einer feinmaschigen Zelle gleich 8π3 /Ω. Die Zahl G ist sehr gross, also darf man die Summation durch eine Integration ersetzen: Z d 3k = 8π3 Ω ∑ k (5.20) (man vergleiche z.B. den R Übergang von der Riemann-Summe zum Riemann-Integral in 1D: dx f (x) ← ∑l (∆x)l f (xl )). ntotal 2 N 1 = = ∑ ∑ fν (k) = 3 ∑ Ω Ω ν k∈1.BZ 4π ν Z d 3 k fν (k) . (5.21) k∈1.BZ Schreibt man stattdessen ntotal = Z ∞ −∞ dE D(E) f (E) , (5.22) 5.2 Zustandsdichte 81 dann definiert der Vergleich der letzten beiden Formeln die energetische Zustandsdichte D(E): 1 D(E) = 3 ∑ 4π ν Z d 3 k δ (E − Eν (k)) . (5.23) k∈1.BZ Ein Summand der ν-Summe heisst partielle Zustandsdichte des ν-ten Bandes. Beispiel: parabolisches, isotropes Leitungsband Die Dispersionsrelation für diesen einfachsten Fall lautet Ec (k) = ~2 k2 /(2mc ) und ist bis auf die effektive Masse mc identisch wie für freie Elektronen. Einsetzen in (5.23) ergibt Z ~2 k2 1 3 d kδ E − . Dc (E) = 3 4π 2mc k∈1.BZ Da das Bandmodell nur für kleine Energien sinnvoll ist (zu denen kleine maximale k gehören), kann die δ-Funktion bereits für kleine k innerhalb der 1. BZ erfüllt werden. Dc (E) gilt am Ende natürlich nur für kleine E. Man kann dann die Integration ins Unendliche erstrecken und Dc (E) sofort ausrechnen: 3 Z∞ Z∞ √ 1 1 2mc 2 ~2 k2 2 dε ε δ(E − ε) = 2 Dc (E) = 2 dk k δ E − 2 π 2mc 2π ~ 0 0 3/2 √ 2mc 1 Dc (E) = E Θ(E) . (5.24) 2π2 ~2 Im Silizium ist folgende Modifikation zu machen: 1/2 def 3/2 3/2 = mdn für ein Tal . mc → mt2 ml Nimmt man den Faktor 6 für die sechs äquivalenten Täler hinzu, dann 3/2 def 3/2 3/2 2/3 = m̃dn für sechs Täler . mdn → 6 mdn Zahlenwerte: mdn ≈ 0.32 m0 und m̃dn ≈ 1.06 m0 . Wie gut (bzw. schlecht) das Zustandsdichte-Modell (5.24) die realistische Zustandsdichte (engl.: DOS, density of states) von Silizium beschreibt, kann der Abbildung entnommen werden. 82 Silizium alpha=0.5 0.04 3 DOS (1/(eV*A )) 0.05 0.03 full band DOSnew.eps 91 × 71 mm 0.02 parabolic 0.01 0.00 0.0 1.0 2.0 3.0 4.0 5.0 6.0 Electron Energy (eV) Zustandsdichte von Silizium berechnet mit realistischer Bandstruktur (“full band”), in der parabolischen Näherung (5.24) mit mc = mdn (“parabolic”) und in nichtparabolischer Näherung Ec (k)[1 + αEc(k)] = ~2 k2 /(2mdn ) mit α = 0.5/eV. 5.3 Fermi-Dirac-Verteilung∗ 5.3.1 System mit konstanter Teilchenzahl (“kanonische Verteilung”) Medium E’ dΓ’ Körper E dΓ bath.ID.epsi 85 × 53 mm Gesamtsystem (0) E dΓ (0) = dΓ’ dΓ Wir betrachten ein abgeschlossenes System mit der Energie E (0) (Gesamtsystem). Das Gesamtsystem sei in zwei Teilsysteme aufge- 5.3 Fermi-Dirac-Verteilung∗ 83 spalten: Körper und Medium (oder “Bad”). Der Körper muss im Vergleich zum Gesamtsystem sehr klein aber immer noch makroskopisch gross sein. Die gesamte innere Energie E (0) ist die Summe aus Energie des Mediums E und Energie des Körpers E, da die WechselwirkungsEnergie sehr klein gegenüber E ist. Letzteres folgt daraus, dass nur Teilchen in der Nähe der Oberfläche des Körpers mit dem Bad wechselwirken und deren relative Zahl im Vergleich zur Zahl aller Teilchen des Körpers sehr klein ist (Körper ist makroskopisch gross!). Natürlich ist andererseits die Wechselwirkung die Ursache und Bedingung dafür, dass Körper und Bad ins statistische Gleichgewicht kommen können. dΓ(0) sei die Zahl der Quantenzustände des Gesamtsystems, die zu einem bestimmten infinitesimalen Energie-Intervall dE (0) gehören. dw(0) sei die Wahrscheinlichkeit, das Gesamtsystem in irgendeinem der dΓ(0) Zustände zu finden. Diese Wahrscheinlichkeit ist proportional zur Zahl aller möglichen Zustände des Gesamtsystems dw(0) = const · δ(E + E − E (0) ) dΓ(0) = const · δ(E + E − E (0) ) dΓ dΓ . (dw(0) heisst mikrokanonische Verteilung). Die δ-Funktion drückt dabei die Energieerhaltung aus (Summe der Energien von Körper und Medium muss gleich der Gesamtenergie sein). Die Zahl der möglichen Zustände des Gesamtsystems ist natürlich gleich dem Produkt von Zahl der möglichen Zustände des Körpers und Zahl der möglichen Zustände des Bades. Diese statistische Unabhängigkeit folgt wiederum aus der begründeten Annahme der schwachen Wechselwirkung zwischen Körper und Bad. Man fragt nun nach der Wahrscheinlichkeit dwn für denjenigen Zustand des Gesamtsystems, bei dem sich der Körper in einem bestimmten (mikroskopischen) Quantenzustand mit der Energie En befindet (also muss dΓ = 1 gesetzt werden): dwn = const · δ(En + E − E (0) ) dΓ . Die totale Wahrscheinlichkeit für die Realisierung des Zustandes, in dem der Körper die Energie En hat, erhält man durch Integration über alle mikroskopischen Zustände des Bades dΓ , die die Energieerhaltung nicht 84 Silizium verletzen: wn = const · = const · Z Z δ(En + E − E (0) ) dΓ = δ(En + E − E (0) ) dΓ ! dE = wn (En ) . (5.25) dE Der nächste Schritt ist die Berechnung von dΓ /dE . Dazu bezeichnen wir mit Γ (E ) die Zahl der Quantenzustände des Mediums, deren Energie kleiner oder gleich E ist. Dann kann man die Zahl der Zustände des Mediums mit Energien zwischen E und E + dE in der Form dΓ = dΓ (E ) dE dE schreiben. Um nun die Wahrscheinlichkeit W (E )dE dafür zu erhalten, dass die Energie des Mediums im Intervall [E , E + dE ] liegt, muss man die Wahrscheinlichkeit w(E ) für die Realisierung eines bestimmten Zustands des Mediums mit der Energie E mit der Zahl der Quantenzustände multiplizieren, deren Energie in diesem Intervall liegt: W (E )dE = w(E )dΓ = w(E ) W (E ) = dΓ (E ) w(E ) . dE dΓ (E ) dE , dE (5.26) W (E ) hat ein extrem scharfes Maximum beim Mittelwert E wegen der riesengrossen Teilchenzahl im Bad. (Ganz allgemein gilt ' (E − E )2 1 ∼√ E N für die relative Fluktuation der Energie E . Beispiel: Die Wahrscheinlichkeit für eine relative Abweichung von 10−6 der Energie eines Hun15 dertstel Mols irgendeines Gases beträgt 10−3×10 .) Die Verteilung W (E ) ist normiert. Die Normierungsbedingung lautet Z W (E )dE = 1 . Man ersetzt die Kurve W (E ) durch ein Rechteck mit der Breite ∆E und der Höhe W E . Wegen der Normierungsbedingung muss ∆E = 5.3 Fermi-Dirac-Verteilung∗ 85 1/W E gelten. Anwendung auf (5.26) ergibt dΓ (E ) W E ∆E = ∆E w(E ) = ∆Γ w(E ) = 1 . dE ∆Γ ist die Zahl der Quantenzustände des Bades, die dem EnergieIntervall ∆E entspricht. Diese Grösse charakterisiert den “Grad der Verschmierung” des makroskopischen Zustandes des Mediums über seine mikroskopischen Zustände. Man sagt auch statistisches Gewicht des makroskopischen Zustandes dazu. Seinen Logarithmus nennt man Entropie S = kB ln ∆Γ . (5.27) Wegen der ungeheuren Schärfe der Verteilung W (E ) kann man dΓ ∆Γ exp [S (E )/kB ] ≈ = dE ∆E ∆E ersetzen. Nach Einsetzen in Gleichung (5.25) erhält man Z exp [S (E )/kB ] wn (En ) = const · δ(En + E − E ) dE ∆E 0 exp S (E − En )/kB = const · ∆E |E =E 0 −En (0) Da der Körper nach Voraussetzung klein gegen das Medium ist (also auch En E 0 ), kann man im Nenner En vernachlässigen und im Zähler die Taylor-Entwicklung S (E 0 − En ) ≈ S (E 0 ) − dS En dE (0) anwenden. Somit ergibt sich dS En . wn (En ) = A exp − (0) dE kB (5.28) An dieser Stelle wird die Thermodynamik ins Spiel gebracht. Aus ihr ist bekannt, dass dE = T dS − P dV + µc dN (5.29) 86 Silizium gilt. Im hier vorliegenden Fall ist dV = dN = 0, also dS/dE = 1/T im Körper wie im Medium wegen der Voraussetzung des thermodynamischen Gleichgewichts. Damit erhält man endgültig die Gibbssche Verteilung (oder kanonische Verteilung) (Gibbs, 1901) En wn (En ) = A exp − . (5.30) kB T Die Normierungskonstante folgt aus ∑n wn = 1. Gleichung (5.30) gibt die Wahrscheinlichkeit dafür an, dass ein Körper die Energie En hat, wenn er sich im thermodynamischen Gleichgewicht mit einem Medium befindet, das die Temperatur T hat. 5.3.2 System mit Verteilung”) variabler Teilchenzahl (“grosskanonische N (0) sei die Zahl der Teilchen im Gesamtsystem, N die Zahl der Teilchen im Medium und N die Zahl der Teilchen im Körper. Zwischen Körper und Medium können Teilchen ausgetauscht werden. Die durch den Teilchen-Austausch bedingten Fluktuationen von N und N sind wegen der grossen Teilchenzahlen (makroskopische Systeme!) im selben Sinne klein wie die Fluktuationen der Energie (sh. (5.3.1)). Was ändert sich an der obigen Ableitung? • Die Wahrscheinlichkeits-Verteilung wn verallgemeinert sich zu wn → wnN = const · exp S E (0) − EnN , N (0) − N . wnN ist die Wahrscheinlichkeit, dass der Körper N Teilchen enthält und sich im n-ten Zustand befindet. Die Energien EnN des Körpers hängen jetzt natürlich von der Teilchenzahl N im Körper ab. • Die Taylor-Entwicklung der Entropie bzgl. der kleinen Grössen EnN und N ergibt jetzt E µc N nN + . S E (0) − EnN , N (0) − N ≈ S E (0) , N (0) − T T Dabei fallen die chemischen Potentiale (wie die Temperaturen) des Körpers und des Mediums wegen der Gleichgewichtsbedingungen zusammen. 5.3 Fermi-Dirac-Verteilung∗ 87 Damit erhält man die grosskanonische Verteilung c µ N − En . wnN = A exp kB T (5.31) Die Normierungskonstante folgt aus ∑ wnN = 1. nN 5.3.3 Fermi-Dirac-Verteilung Teilchenzahl N und Energie EnN des Körpers werden in der sogenannten Besetzungszahl-Darstellung aufgeschrieben: N= ∞ (nN) ∑ nl , EnN = l=0 ∞ (nN) ∑ nl εl . l=0 (nN) nl gibt die Zahl der Teilchen an, die einen Einteilchen-Zustand |ψl > mit der Energie εl besetzen. Der Wertevorrat der Besetzungszahlen unterscheidet Fermionen von Bosonen (nN) ∈ (0, 1, 2, 3, ...) , (nN) ∈ (0, 1) . Bosonen : nl Fermionen : nl Fermionen haben halbzahligen Spin, Bosonen ganzzahligen. Die Vielteilchen-Wellenfunktion der Fermionen ändert ihr Vorzeichen, wenn zwei Teilchen vertauscht werden, die der Bosonen nicht. Unter Verwendung der grosskanonischen Verteilung (5.31) erhält man für die mittlere Zahl von Teilchen im Körper N = ∑ wnN N = nN ∞ (nN) ∑ ∑ wnN nl l=0 nN = ∞ ∑ nl . l=0 Der letzte Schritt, d.h. die Einführung der mittleren Besetzungszahl n̄l , ist nichttrivial, bedeutet er doch, dass jetzt u.U. ein einziges Teilchen die Rolle des Körpers übernimmt. Bei der Ableitung der Gibbs-Verteilung wurde gefordert, dass der Körper immer noch makroskopisch gross sein muss, um zu garantieren, dass die Wechselwirkung zwischen Körper und Bad vernachlässigbar ist (Quasi-Abgeschlossenheit des Körpers). Die Quasi-Abgeschlossenheit eines einzelnen Teilchens ergibt sich hier aus der Voraussetzung, dass die direkte dynamische Wechselwirkung zwischen den Teilchen vernachlässigbar klein gegen die Einteilchen-Energien εl ist. Die Ausnahme ist die Austausch-Wechselwirkung, die bei höheren 88 Silizium Dichten zu einer anderen Statistik (Fermi-Statistik) führt. Sie ist jedoch nur für Teilchen in ein und demselben Zustand wichtig. Nur wenn die direkte dynamische Wechselwirkung vernachlässigbar bleibt, ist die Energie EnN die einfache Summe der Einteilchen-Energien. Gase, bei denen die Wechselwirkung zwischen den Molekülen vernachlässigt werden kann, nennt man ideale Gase. Wir betrachten also hier ideale (Quanten-) Gase. (Wie im Falle makroskopischer Körper darf natürlich die Wechselwirkung nicht völlig fehlen, da sich sonst kein Gleichgewicht zwischen den Teilchen einstellen könnte.) Die mittlere Besetzungszahl wird explizit c n exp µ N−E kB T c µ N−E ∑ exp kB T n (nN) nl = (nN) ∑ wnN nl = ∑ nl nN nN = (nN) ∑ nl exp nN ∑ exp nN nN ∞ ∑ l=0 ∞ ∑ l=0 (µc −εl ) nnN l kB T (µc −εl ) nnN l kB T = (nN) ∑ nl ∏ nN k µc −ε n(nN) k k e kB T µc −ε n(nN) k k ∑ ∏ e kB T . nN k Den Nenner nennt man grosse Zustandssumme Z , aus der man nl generieren kann: n̄l = Z −1 ∑ µc −ε n(nN) µc −ε n(nN) l k l k = e kB T ∏ e kB T (nN) nl k=l nN µc −ε n(nN) k k ∂ −1 e kB T = = Z (−kB T ) ∑ ∏ ∂εl nN k = Z −1 (−kB T ) ∂ ∂ Z = − kB T ln Z ∂εl ∂εl Für Elektronen und Löcher ist ∑= nN 1 ∑ (nN) (nN) n1 ,n2 ,...=0 (5.32) 5.4 Ladungsträgerdichten 89 wegen des Pauli-Prinzips. Die grosse Zustandssumme wird dann µc −ε n(nN) k k Z = ∑ ∏ e kB T = (nN) ∑ ∏ Bnk nN k 1 ∑ = (nN) (nN) (nN) n1 ,n2 ,...=0 ∏ Bnk = nN k = (1 + B1 ) (1 + B2 ) · · · (1 + Bl ) · · · = k µc −εk = ∏ (1 + Bk ) = ∏ 1 + e kB T ∞ ∞ k ∞ k µc −εk ln Z = ∑ ln 1 + e kB T (5.33) k=0 und schliesslich mit (5.32) (Fermi, Dirac, 1926) nl = 1 1+e εl −µc kB T . (5.34) nl kann nur Werte zwischen 0 und 1 annehmen, wie es wegen des PauliPrinzips sein muss. Im Falle der Nichtentartung, nl 1, geht die Fermi-Dirac-Verteilung in die Boltzmann-Verteilung über. Dazu muss offenbar εl > µc und |εl − µc | kB T gelten. nl = e µc −εl kB T wenn nl 1 . (5.35) In der Bauelemente-Physik benutzt man folgende Bezeichnungen: εl → E, nl → f (E), µc → EF und nennt EF Fermi-Niveau. f (E) = 1 1+e E−EF kB T . (5.36) 5.4 Ladungsträgerdichten A) Intrinsisches Silizium Wir definieren Ev (k = 0) als Energie-Nullpunkt. Eg ist die Energie des 90 Silizium distribution function 1.5 T=1K T=77K T=300K T=700K Boltzmann 300K 1.0 fermifunc.eps 86 × 72 mm 0.5 0.0 −0.2 −0.1 0.0 0.1 energy E − EF (eV) 0.2 Die linierten Kurven zeigen die Fermi-Dirac-Verteilung für vier verschiedene Temperaturen als Funktion von E − EF . Zum Vergleich ist die Boltzmann-Verteilung bei 300 K dargestellt. Der Unterschied zur Fermi-Verteilung verschwindet mit wachsender Energie und ist bei E − EF ≈ 2kB T bereits vernachlässigbar. indirekten gaps. Nach den Vorbereitungen der vorangegangenen Abschnitte können wir jetzt die Gleichgewichts-Dichten der Elektronen und Löcher hinschreiben: 1 n = 2π2 1 p = 2π2 3/2 2m̃dn dE ~2 3/2 2m̃d p % E − Eg 3/2 Z∞ Eg E−EF 1 + e kB T √ 3/2 Z0 ~2 dE −∞ −E EF −E 1 + e kB T Elektronendichte (5.37) Löcherdichte (5.38) 3/2 mit m̃d p = m̃d,lh + m̃d,hh . Beide Ausdrücke enthalten ein Fermi-Integral F1/2 2 F1/2 (η) = √ π Z∞ 0 x1/2 dx x − η . e +1 (5.39) 5.4 Ladungsträgerdichten 91 Deshalb kann man die Dichten auch in der Form EF − Eg −EF n = Nc F1/2 , p = Nv F1/2 kB T kB T (5.40) schreiben. Die Vorfaktoren nennt man effektive Zustandsdichten des Leitungs- und Valenzbandes: 3/2 m̃dn,p kB T 3/2 T 3/2 −3 19 m̃dn,p = 2.541 × 10 cm . Nc,v = 2 2π~2 m0 300 Im Falle der “Nichtentartung”, d.h. wenn Eg − EF kB T für Elektronen und EF kB T für Löcher gilt, wird F (η) → eη (Boltzmann − Näherung) 1/2 und die Dichten nehmen die Form EF − Eg n = Nc exp , kB T −EF p = Nv exp kB T an. Im intrinsischen Silizium lautet die Neutralitätsbedingung n = p (keine Dotierung). Andererseits ist −Eg def n p = n2i = Nc Nv e kB T . Diese Beziehung kann man als Massenwirkungsgesetz einer “chemischen Reaktion” n p = C(T ) Nc Nv auffassen. n und p spielen dabei die Rolle der Endprodukte (freie Ladungsträger), während Nc,v die Rolle der Ausgangsprodukte spielen (gebundene Elektronen und Löcher). C(T ) ist die Massenwirkungskonstante (thermodynamisch betrachtet ist Eg die Summe der freien Enthalpien von Elektron und Loch). Man erhält also als Eigenleitungsdichte n = p = ni . Auflösung nach dem entsprechenden Fermi-Niveau ergibt, da E % EF − Eg − g n = Nc exp = ni = Nc Nv e 2kB T , kB T EF ni = EF,i = Eg + kB T ln N c m̃d p 3 1 Eg + kB T ln = . 2 4 m̃dn Nv kB T 1 ln = Eg + = 2 2 Nc (5.41) 92 Silizium Die Zustandsdichte-Massen sind allerdings selbst temperaturabhängig (m̃dn (300 K) = 1.090 m0 , m̃d p (300 K) = 1.152 m0 ). Wegen des geringen Massen-Unterschieds ist EF,i(300 K) = Eg /2 + 1 meV ! Bei Raumtemperatur liegt das Eigenleitungs-Niveau also praktisch in der Mitte der Energielücke (“midgap”). Die intrinsische Dichte ni ist schwierig zu messen. Der momentan beste Wert ist ni (300 K) = 9.97 × 109 cm−3 . B) Dotiertes Silizium Wir betrachten n-dotiertes Silizium und setzen voraus, dass die Donatoren genau einen gebundenen Zustand mit dem Energieniveau ED erzeugen und das dieses Niveau auch nur einfach besetzbar ist. Das Einbringen von Elementen der 5. Hauptgruppe des PSE, wie Phosphor oder Arsen, auf reguläre Plätze des Silizium-Kristallgitters führt dazu, dass das “überschüssige” fünfte Valenzelektron nur noch schwach an den Donator gebunden ist und leicht thermisch ins Leitungsband aktiviert werden kann. Die Bindungsenergie im Grundzustand, d.h. Eg − ED , ist nur von der Grössenordnung 50 meV . Die Statistik für solche an sogenannten flachen Störstellen gebundene Elektronen unterscheidet sich etwas von der Statistik der freien Ladungsträger. Das gebundene Elektron kann sich in zwei Zuständen befinden: “spinup” oder “spin-down”, wir bezeichnen diese Zustände mit |D↑ , |D↓ . Der einfach besetzte Zustand hat also zwei Realisierungsmöglichkeiten, der unbesetzte nur eine! nD bezeichne die Besetzungszahl (also hier 0 oder 1). Man führt Gewichtsfaktoren gnD ein (also hier g0 = 1, g1 = 2), so dass die verallgemeinerte Besetzungswahrscheinlichkeit des Niveaus ED : c (µ −ED )nD ∑ gnD nD exp kB T nD =0,1 c fD = (µ −ED )nD ∑ gnD exp kB T nD =0,1 fD = g0 g1 exp 1 ED −µc kB T +1 . (5.42) Der Unterschied zu den freien Ladungsträgern besteht also im Auftreten eines Faktors g0 /g1 vor der e-Funktion. Dieser Faktor ist 1/2 für Donatoren und 2 für Akzeptoren. Die physikalische Ursache liegt in der vorausgesetzten Beschränkung der nur einfachen Besetzbarkeit von ED . Ein zweites Elektron kann nicht gebunden werden, da die starke CoulombWechselwirkung in der Umgebung des Donators (Bohr-Radius!) dies verhindert. Im Gegensatz dazu sind die Elektronen in den Bändern re- 5.4 Ladungsträgerdichten 93 lativ weit voneinander entfernt, jedes Energie-Niveau kann dort zweifach besetzt werden (Spin-Entartung). Die Neutralitätsbedingung für (homogen) dotiertes Silizium lautet n = ND+ + p = ND+ + n2i . n Man beachte, dass ND+ die Dichte der ionisierten Donatoren, also der unbesetzten Niveaus ist. ND+ = ND (1 − fD ) = mit n1 ND def = ND n + n1 D 1 + 2 exp EFk−E BT (5.43) Eg − ED 1 n1 = Nc exp − . 2 kB T Setzt man dies in die Neutralitätsbedingung ein, folgt ND n1 n2i − =0, n n + n1 n2 (n + n1 ) − (n + n1)n2i − n n1 ND = 0 . n− (5.44) Man hat also bereits eine kubische Gleichung in n erhalten. Die kann man zwar noch lösen, wir betrachten hier aber nur den wichtigen Fall ND ni . Unter dieser Voraussetzung ist auch n ni und der mittlere Term in (5.44) kann vernachlässigt werden. Dann n2 + n n1 − n1 ND = 0 , 4ND 1 n = n1 +1−1 . 2 n1 (5.45) ND n1 (nicht zu hohe Dotierung, ausreichend hohe Temperaturen, das Fermi-Niveau liegt noch einige kB T unterhalb von ED ) ⇒ n ≈ ND , vollständige Ionisation ⇒ EF = Eg + kB T ln NNDc ND n1 94 Silizium (sehr hohe Dotierung, tiefe Temperaturen) √ ⇒ n ≈ n1 ND ND , Ausfrieren der freien Ladungsträger an den Störstellen ND ⇒ EF = Eg + kB2T ln 2N − 12 (Eg − ED ) c EF (T → 0) = 12 (Eg + ED ), d.h. das Fermi-Niveau kommt genau in der Mitte zwischen Donator-Niveau und Bandkante zu liegen. Band Gap Narrowing ∆Eg [eV] Alle diese Betrachtungen sind stark vereinfacht. Mit steigender Dichte wird das Coulomb-Potential der ionisierten Störstellen abgeschirmt. Die Bindungsenergie wird eine Funktion der Dichte: ED = ED (n). Bei etwa n ≈ 2 × 1018 cm−3 können in Si überhaupt keine Elektronen mehr an den Donatoren gebunden werden und der Ionisationsgrad wird 1. Diese Situation nennt man Mott-Übergang. Eine Folge der immer höheren Dotierung ist, dass die diskreten Störstellen-Niveaus ED zu einem schmalen Störstellen-Band verbreitern, das schliesslich mit dem Leitungsband verschmilzt. Ein weiterer wichtiger Effekt hängt mit der VielteilchenWechselwirkung zusammen. Werden die Bänder stark besetzt, wie das bei hohen Dotierungen der Fall ist, verändert sich die Bandstruktur: Die Energielücke schrumpft (band gap narrowing) und Eg = Eg (ND+ , n). Der Grund sind Energie-Beiträge der Austausch- und KorrelationsWechselwirkung. Die Stärke des Effektes kann man der Abbildung entnehmen. del Alamo et al. Ghannam Mertens et al. Neugroschel et al. Possin et al. Slotboom et al. Swirhun et al. Wieder Schenk model (n−type) Schenk model (p−type) CompElKlaassNEW.eps Klaassen (unified) 0.15 0.10 72 × 70 mm 0.05 0.00 16 17 18 19 20 −3 Log( Density [cm ] ) 21 Streuprozesse 6 6.1 Übergangswahrscheinlichkeit am Beispiel der Streuung an ionisierten Störstellen Vorbetrachtung Überlagert man dem Potential des idealen Kristalls ein konstantes elektrisches Feld E, wächst der Elektronen-Impuls linear an: e kt = k0 − Et . ~ (6.1) Dabei wurde die Anfangsbedingung k(t = 0) = k0 angenommen und die Newtonsche Bewegungsgleichung gelöst. Für symmetrische Feldrichtungen gibt es einen Zeitpunkt t = T (E), an dem der Vektor kT − K(T ) mit dem Vektor kt=0 zum Zeitpunkt 0 erstmalig wieder zusammenfällt. Das bedeutet, dass der Bloch-Zustand zum Zeitpunkt T in den Bloch-Zustand zum Zeitpunkt 0 zurückkehrt. Für ganzzahlige Vielfache von T gilt das gleiche. Die Bewegung von Bloch-Zuständen im elektrischen Feld ist also periodisch. Man nennt diese Bewegung Bloch-Zener-Oszillationen. Die Periode T dieser Oszillationen ergibt sich aus Gleichung (6.1): T= ~ |K| e |E| . Für E = 104 V /cm und primitive reziproke Gittervektoren K = b j ist T etwa 10−10 s. Kehren wir zu den Bändern zurück, wie wir sie im letzten Kapitel für das 1D-Modellpotential erhalten hatten: E(k) ∼ E0 cos(ka). Berechnet man daraus die Gruppengeschwindigkeit vg = aE0 1 dE =− sin(ka) ~ dk ~ 95 96 Streuprozesse und setzt für k die Beziehung (6.1) ein, so ergibt sich vg = − aE0 ~ sin(k0 a − aeEt/~) . Die Gruppengeschwindigkeit oszilliert also in den Grenzen ±aE0 /~ mit der Frequenz f = aeE/h, die genau dem Kehrwert von T im eindimensionalen Fall entspricht. Da die Stromdichte j = envg ist, sieht man also, dass ein Gleichfeld E einen Wechselstrom j generiert. Das zeitliche Mittel ist Null, d.h. es fliesst kein Gleichstrom. Dass man trotzdem einen Gleichstrom misst, liegt an der Streuung. Nach Zeiten von etwa 10−13 s werden die Bloch-Elektronen durch Stösse mit Phononen und Störstellen aus der Bahn geworfen, so dass sie niemals einen Impulszuwachs von K während der periode T schaffen können. Die Streuung sorgt also bei Bloch-Elektronen nicht wie bei völlig freien Elektronen dafür, dass ein sonst unendlich grosser stationärer Strom endlich bleibt, sondern dafür, dass ein sonst verschwindender Strom nicht Null wird! Bloch-ZenerOszillationen wurden vor einigen Jahren erstmals an Supergittern, die eine viel grössere Gitterperiode als a haben, anhand der emittierten TerraHertz-Strahlung nachgewiesen. Quantenmechanik: Ultra-Short Course III Goldene Fermi-Regel der QM Wir betrachten V (t) = einen zeitabhängigen W (t) 0 < t < τ 0 sonst Störoperator 0 Wt.ID.epsi 53 × 13 mm der τ Form t wobei die Ortsabhängigkeit von W (t) nicht explizit mitgeschrieben wird. Die zeitabhängige Schrödinger-Gleichung ∂ Ψ(t) = [Ĥ0 +V (t)] Ψ(t) ∂t hat keine stationären Lösungen im Zeitintervall [0, τ]. Wir entwickeln Ψ(t) nach den stationären Zuständen φn von Ĥ0 . Die zugehörigen Eigenenergien sind En . (Eine solche Entwicklung ist möglich, da die φn eine orthonormierte Basis im Hilbert-Raum bilden.) i (6.2) Ψ(t) = ∑ an (t) φn exp − Ent . i~ n ~ 6.1 Skk am Beispiel der Streuung an ionisierten Störstellen 97 Zu Zeitpunkten t ≤ 0 hat sich das System in einem Eigenzustand von Ĥ0 befunden, z.B. φi (“i” steht für “initial”). Daher muss i für t ≤ 0 Ψa = φi exp − Ei t ~ sein. Daraus folgt an (t) = δni für t ≤ 0. Nachdem die Störung vorbei ist, d.h. für t ≥ τ, haben die Koeffizienten wieder konstante Werte ani (τ). Sie hängen vom Anfangszustand (deshalb der Index i) und von der Dauer der Störung τ ab. Für Zeiten t ≥ τ lautet also die Wellenfunktion i Ψe = ∑ ani (τ) φn exp − En t . ~ n Die Wahrscheinlichkeit, dass sich das System nun in einem bestimmten Zustand f (“ f ” steht für “final”) befindet, wird durch das Betragsquadrat & & &a f i (τ)&2 Bez. = M f i (τ) (6.3) gegeben. M f i heisst Übergangswahrscheinlichkeit (von i nach f ). Ziel ist die Berechnung von M f i . Dazu setzt man die Entwicklung (6.2) in die Schrödinger-Gleichung ein und erhält im Zeitintervall [0, τ] ∂an (t) i i φn exp − En t = W (t) ∑ an (t)φn exp − En t . i~ ∑ ∂t ~ ~ n n Um eine Gleichung für die Entwicklungskoeffizienten an (t) zu erhalten, multipliziert man diese Gleichung mit φ∗f und integriert über den IR3 : i i ∂an (t) φ f |φn exp − En t = ∑ an (t)φ f |W (t)|φn exp − En t i~ ∑ !" # ∂t ~ ~ n n δfn ȧ f (t) = 1 f |W (t)|nan(t)eiω f nt i~ ∑ n mit def φ f |W (t)|φn = f |W (t)|n = Z (6.4) d 3 r φn (r) φ∗f (r)W (t) . ω f n = (E f − En )/~ nennt man Übergangsfrequenz. Gleichung (6.4) ist eine Differentialgleichung 1. Ordnung in der Zeit mit der Anfangsbedingung a f (0) = δ f i , wie man durch Einsetzen in (6.2) sofort sieht. Wir 98 Streuprozesse nehmen nun an, dass W (t) nur eine “kleine Störung” ist, bzw. dass die Dauer τ der Störung nicht zu lang ist. Dann kann man (6.4) iterativ lösen und im ersten Schritt die Anfangsbedingung in die rechte Seite anstelle (0) von an (t) einsetzen, also an (t) → δni : 1 f |W (t)|ieiω f i t . i~ Integration im Intervall [0, τ] unter Beachtung, dass die Zustände | f und |i verschieden sein sollen, liefert (1) ȧ f i (t) = (1) a f i (τ) = 1 i~ Z τ 0 dt f |W (t)|ieiω f i t . Damit erhält man für die Übergangswahrscheinlichkeit in 1. Ordnung Störungstheorie &Z &2 & & & 1 && τ & (1) &2 (1) iω t f i & . dt f |W (t)|i e (6.5) M f i (τ) = &a f i (τ)& = 2 & & ~ 0 Wir betrachten jetzt zwei wichtige Fälle für die Zeitabhängigkeit des Störoperators W (t): 1.) W (t) = W0 = W0 (r) keine Zeitabhängigkeit (1) &2 | f |W0|i|2 && iω f i τ & e − 1 & & 2 2 ~ ωfi | f |W0|i|2 2 ω f iτ = 4 sin 2 ~2 ω2f i 2 ωfi sin 2 τ π = 2 | f |W0 |i|2 τ 2 ~ ω π 2f i τ !" # τ→∞ ω −→ δ 2f i M f i (τ) = (6.6) Der letzte Schritt folgt aus einer der möglichen Darstellungen der δ-Funktion: 1 sin2 xε lim = δ(x) . ε→0 πε (x/ε)2 6.1 Skk am Beispiel der Streuung an ionisierten Störstellen 99 Wir definieren die Übergangswahrscheinlichkeit pro Zeiteinheit als (1) S f i = lim τ→∞ M f i (τ) τ = 2π ~ | f |W0 |i|2 δ(E f − Ei ) (6.7) Man nennt sie oft “Fermi’s Goldene Regel der Quantenmechanik”. Sie ist die wohl wichtigste Formel für Anwendungen der QM. Man bedenke, dass mit ihr die Berechnung von (mikroskopischen) Streuraten auf die Berechnung eines einzigen ÜbergangsMatrixelements, gebildet mit Zuständen des ungestörten Systems, reduziert wird. 2.) W (t) = W0 eiω0t + e−iω0t periodische Störung z.B. Phonon, Photon, ... Die Rechnung ist analog. Es treten lediglich Frequenzverschiebungen ω f i ± ω0 auf und man erhält Sfi = 2π ~ | f |W0 |i|2 δ(E f − Ei + ~ω0 ) + δ(E f − Ei − ~ω0 ) . Die erste δ-Funktion beschreibt die Emission eines Quants der Energie ~ω0 , die zweite die Absorption eines solchen Quants. Wir betrachten jetzt zwei wichtige Fälle für die Ortsabhängigkeit des Störoperators W0 . Anfangs- und Endzustände seien Bloch-Funktionen der Kristall-Elektronen. 1 |i = √ eik · r uk ν (r), Ω 1 f | = √ e−ik · r u∗kν (r) Ω Wir fragen also nach der Wahrscheinlichkeit für die Streuung aus einem Zustand mit dem Wellenzahlvektor k aus der 1. BZ in einen Zustand mit dem Wellenzahlvektor k aus der 1. BZ. Da in der QM der Zusammenhang p = ~k zwischen Impuls und Wellenzahlvektor gilt, ist die Frage gleichbedeutend mit der Frage nach den zu erwartenden Impulsänderungen p − p . 1.) W0 (r) = const 100 Streuprozesse Z W0 d 3 re−ir · (k − k ) uk ν (r)u∗kν (r) Ω Ω = W0 δνν δkk f |W0 |i = wegen der Orthonormierung der Bloch-Funktionen. Das Matrixelement liefert also nur von Null verschiedene Beiträge, wenn k = k gilt, d.h. eine räumlich konstante Störung ändert den Impuls eines Elektrons nicht. 2.) W0 (r) beliebig. Fourierzerlegung: W0 (r) = ∑ W0 (q) eiq · r q 1 f |W0 |i = ∑ W0 (q) Ω q Z Ω d 3 re−ir · (k − k − q) uk ν (r)u∗kν (r) . Wenn |q| klein ist, dann gilt die Orthonormiertheit wenigstens noch näherungsweise. Im Rahmen der Effektivmassen-Näherung werden die Bloch-Faktoren von vornherein durch 1 ersetzt. Dann erhält man f |W0 |i ≈ ∑ W0 (q) δk−k,qδνν = δννW0(k − k ) . ! q Die Fouriertransformation des Potentials W0 (r) führt also direkt auf das Matrixelement. Bemerkung: Die Goldene Regel zeichnet sich durch eine grosse Allgemeingültigkeit aus. Dies obwohl ein offensichtlicher Widerspruch besteht. Um die δ-Funktion zu erhalten, musste man den Limes τ → ∞ nehmen. Bei bestimmten Wechselwirkungsprozessen wirkt jedoch die Störung nur während sehr kurzer Zeiten. Für Stosszeiten von der Grössenordnung 10−14 s und kleiner kann der Ausdruck (6.6) typischerweise nicht mehr in eine δ-Funktion übergehen, die Energie-Erhaltung wird verletzt. Dies ist eine Konsequenz der Heisenbergschen Unschärferelation. Zu kurze Wechselwirkungen, d.h. mit zu grosser Zeitschärfe, sind unweigerlich mit einer gewissen Energie-Unschärfe verbunden. Die im folgenden betrachteten Streuprozesse der Elektronen in Silizium-Bauelementen sind jedoch derart, dass die Goldene Regel mit grosser Genauigkeit gilt. 6.1 Skk am Beispiel der Streuung an ionisierten Störstellen 101 A) Anwendung auf Streuung an ionisierten Störstellen Die ionisierten Dotieratome erzeugen ein Coulomb-Potential, das dem eines Protons sehr ähnlich ist. Die Einbettung der Ionen-Rümpfe im Silizium hat jedoch zwei Konsequenzen: 1.) Wegen des relativ grossen Bohrschen Radius “spürt” das gebundene Elektron ein Gebiet des Kristalls vom Volumen mehrerer hundert Wigner-Seitz-Zellen. Die Polarisierbarkeit der Silizium-Atomrümpfe führt dazu, dass das Orbital nur den εs -ten Teil des “nackten” Coulomb-Potentials spürt. εs ist die statische Dielektrizitätskonstante (εs = 11.7 in Silizium). 2.) Die frei beweglichen Ladungsträger reagieren auf die zusätzliche Ionen-Ladung durch eine gewisse Umordnung. Resultat dieser Umordnung ist ein zusätzliches Potential, das jedes Elektron im System spürt, also auch das an der Störstelle gebundene. In einfachster Näherung kann man diesen Effekt mittels einer q-abhängigen dielektrischen Funktion der Gestalt q2s ε(q) = 1 + 2 q beschreiben (der Index “s” steht für “screening”). Die Wellenzahl qs ist umgekehrt proportional zur sogenannten Abschirmlänge Ls : Ls = 2π/qs. Man findet in 1. Ordnung Störungstheorie 0.0 Potential (eV) Screening Length (nm) 1000 100 lambda.eps 63 × 55 mm 10 1 14 10 10 15 10 16 10 17 10 18 10 19 10 20 −0.1 −0.2 yukawa.eps 62 × 57 mm 0 −3 Density (cm ) 5 14 10 16 10 18 10 20 10 10 15 Distance (nm) Realistisch berechnete Abschirmlänge als Funktion der Elektronendichte in n-Silizium bei 300 K (links). Yukawa-Potential bei verschiedenen Elektronendichten (rechts). q2s = 4πe2 (n + p) , εs kB T 102 Streuprozesse √ d.h. die Abschirmlänge ist ∼ 1/ n + p. Je grösser die Dichten der frei beweglichen Ladungsträger, um so stärker wird das CoulombPotential abgeschirmt. Dies geht soweit, dass ab einer bestimmten Dichte überhaupt kein Elektron mehr an der Störstelle gebunden werden kann. Dies ist der bereits im vorangegangenen Kapitel erwähnte MottÜbergang. Er findet in Silizium bei Dichten von etwa 2 × 1018 cm−3 statt. Darüber sind alle Dotieratome ionisiert. Das effektive Potential, das von den ionisierten Dotieratomen erzeugt wird, nimmt nach dem oben Diskutierten die Form des sogenannten Yukawa-Potentials an W0 (r) = − e2 −r/Ls e εs r (6.8) an. Um die Übergangswahrscheinlichkeit für Streuungen an diesem Potential zu finden, müssen wir also nur die Fourier-Transformierte berechnen: W0 (q) = 1 Ω Z Ω d 3 r e−iq·rW0 (r) . Dies sollte man als Übung tun (Kugelkoordinaten!), das Ergebnis ist W0 (q) = − 4π e2 . Ω εs(q2 + L−2 s ) Damit erhält man als Übergangswahrscheinlichkeit Skk für die Streuung an einer ionisierten Störstelle 2 2 2π 4πe δ (Ek − Ek ) . (6.9) Skk = ~ Ω εs (k − k )2 + L−2 s Wir betrachten ionisierte Donatoren mit einer mittleren Dichte ND+ . Nach Prozess-Schritten wie Implantation, Eindiffusion und Ausheilung sind die Donatoren regellos auf dem Kristall-Gitter verteilt. Ist der Abschirmradius kleiner als der halbe mittlere Abstand zwischen den Donatoren, kann man die Streuung an verschiedenen Donatoren als unabhängig voneinander ansehen. Dies ist für Dotierungskonzentrationen (und damit Dichten), die die Beweglichkeit der Ladungsträger tatsächlich beeinflussen, gut erfüllt. Da wir alle Berechnungen auf das Grundgebiet 6.1 Skk am Beispiel der Streuung an ionisierten Störstellen 103 Ω beziehen wollen, ist der letzte Ausdruck noch mit der Zahl der Donatoren im Grundgebiet ΩND+ zu multiplizieren, um zur totalen Streurate zu kommen (wegen der vorausgesetzten Unabhängigkeit der Donatoren) Skk 2 ND+ 2π 4πe2 = 2 δ (Ek − Ek ) ~Ω ε2s −2 2 (k − k ) + Ls (6.10) (Brooks, Herring, 1951). Der Fall geringer Dotierungskonzentrationen, bei dem der Abschirmradius grösser als der halbe mittlere Abstand zwischen den Donatoren werden kann, erfordert eine gesonderte Behandlung der dabei auftretenden Mehrfach-Streuung (Conwell, Weisskopf). B) Impuls-Streurate Gemäss Gleichung (3.15) ist die Beweglichkeit direkt proportional zur makroskopischen Impuls-Relaxationszeit: µn = eτ p,n /mn . Das 1. Moment der Boltzmann-Gleichung liefert den Zusammenhang zwischen τ p,n und dem Stossterm der BG v ∂v = −n (6.11) n ∂t coll τ p,n (sh. Kap.3). Wir schreiben beide Seiten explizit aus, wobei nach (5.20) k-Summation durch k-Integration ersetzt wird. Z ∂v = d 3 k ∑ [Sk k (1 − fk ) fk − Skk (1 − fk ) fk ] v n ∂t coll k Z −n v τ p,n Z ~k Ω = d 3 k d 3 k Skk ( fk − fk ) 3 8π mn Z Z Ω 3 3 ~ k − k /mn = d k f d k S k kk 8π3 Z 1 = − d 3 k fk ~k/mn . τ p,n Dabei wurde ein einfaches, parabolisches Leitungsband Ec (k) = ~2 k2 /(2mn ) angenommen, was ausreicht, weil nur kleine |k| in der Umgebung des Bandminimums zur Übergangswahrscheinlichkeit beitragen. Um (6.11) nach 1/τ p,n auflösen zu können, betrachten wir o.B.d.A. 104 Streuprozesse die z-Komponente der Geschwindigkeit und erhalten R 3 Ω R 3 d k f d k S − k k 1 z k 3 kk z R = 8π . τ p,n d 3 k fk kz Für die k -Integration wird kz als Polarachse benutzt. Da die Stösse elastisch sind, haben die Vektoren k und k die gleiche Länge, so das kz = kz cos Θ mit dem Streuwinkel Θ. Dies führt auf 1 τ p,n R 3 d k fk kz τ−1 p,n (k) R = 3 d k fk kz mit der Impuls-Streurate τ−1 p,n (k) = Ω 8π3 Z d 3 k Skk (1 − cos Θ) . (6.12) Vergleicht man den letzten Ausdruck mit der totalen (mikroskopischen) Streurate aus Kap.2, die dort für symmetrische (“randomizing”) Übergangswahrscheinlichkeiten Skk = S−k,k = Sk,−k = S−k,−k definiert wurde, so tritt hier ein Faktor 1 − cos Θ auf, der Streuungen mit Θ ≈ 0, die zu keinerlei Impulsänderung führen, herausfiltert. Die Übergangswahrscheinlichkeit Skk wird für Θ = 0 maximal, da Θ 2 in dem Fall verschwindet. Die Streuung an ionisierten Störstellen ist also nicht “randomizing”, sondern führt bevorzugt zur Vorwärts-Streuung. Setzt man den Ausdruck (6.10) für Skk in die Impuls-Streurate ein und nutzt die δ-Funktion aus, ergibt sich 1/τ p,n als Funktion nur der Energie: |k − k|2 = k2 + k − 2kk cos Θ = 2k2 (1 − cos Θ) = 4k2 sin2 2 πe4 ND+ Φ(η) (E ) = τ−1 k √ p,n 3/2 2mn ε2s Ek mit Φ(η) = ln(1 + η) − 8mn Ek η und η = 1+η ~2 L−2 s (Brooks, Herring, 1951). Mit wachsender Energie nimmt die ImpulsStreurate sehr schnell ab, was nachträglich nochmal die Verwendung der Effektivmassen-Approximation rechtfertigt. 6.2 Die wichtigsten Streumechanismen in Silizium 105 6.2 Die wichtigsten Streumechanismen in Silizium Der wichtigste Streumechanismus ist die Streuung an Phononen, den Quanten der Gitterschwingungen. Während die Streuung an ionisierten Störstellen elastisch ist, liefert die Phononstreuung einen Energieverlust-Mechanismus (Emission von optischen Phononen). Die Beweglichkeit der Ladungsträger in Silizium (und damit auch die Temperaturabhängigkeit der Beweglichkeit) ist für Ndop < 1016 cm−3 völlig von der Phononstreuung dominiert. Der Störoperator ist das sogenannte Deformationspotential. Man erhält es, wenn man die EnergieÄnderung infolge der Gitterdeformation (Änderung der Gitterkonstanten a) störungstheoretisch berechnet. Eine relativ einfache Darstellung findet sich im Buch von Hess (S. 89 ff.). Wir geben hier nur die ImpulsStreuraten der wichtigsten Prozesse als Funktion der Energie an, wobei wieder eine parabolische Dispersion der Bänder vorausgesetzt wurde. I NNERTAL -S TREUUNG AN AKUSTISCHEN P HONONEN ( ELASTISCHE N ÄHERUNG ) √ % D2ac 2 mt2 ml kB T √ 1 E = τac π~4 c2l ρ p,n (E) (Dac - Deformationspotential-Konstante, ρ - Massen-Dichte, cl - longitudinale Schall-Geschwindigkeit). Der Ausdruck für die Löcher ist ähnlich, Deformationspotential-Konstante und effektive Massen sind anders. Z WISCHENTAL -S TREUUNG AN AKUSTISCHEN UND NICHT- POLAR OPTISCHEN P HONONEN (E LEKTRONEN ) % 2 2 1 − f (E ± ~ωα ) Zα mt ml Div,α √ × Θ(E ± ~ ω ) α ∑ 1 − f (E) 2π~3 ωα ρ α=Täler 1 1 % E ± ~ωα × fB,α + ∓ 2 2 1 = iv τ p,n (E) (ωα - effektive Phonon-Frequenz, Div,α - effektive DeformationspotentialKonstante, f (E) - Fermi-Dirac-Verteilung, fB,α - Bose-Einstein-Verteilung ( fB,α = [exp (~ωα /kB T ) − 1]−1 ), Θ - Stufenfunktion). 106 Streuprozesse S TREUUNG AN NICHT- POLAR OPTISCHEN P HONONEN (L ÖCHER ) 3/2 % D2nop md p 1 √ f (E − = ~ ω ) f 0 B,0 E − ~ω0 Θ(E − ~ω0 ) + nop τ p,p (E) 2ρω0 π~3 f (E) % + f (E + ~ω0 ) ( fB,0 + 1) E + ~ω0 (Dnop - nicht-polar optische Deformationspotential-Konstante, ω0 effektive Phonon-Frequenz, fB,0 - Bose-Einstein-Verteilung ( fB,0 = [exp (~ω0 /kB T ) − 1]−1 )). S TREUUNG AN IONISIERTEN S T ÖRSTELLEN (B EISPIEL EINFACHE D ONATOREN ) πe4 ND+ Φ(η) =√ imp 2mn ε2s E 3/2 τ p,n (E) 1 Mit geänderter effektiver Masse gilt dieser Ausdruck auch für Löcher. Allerdings versagt die 1. Ordnung Störungstheorie bei diesem Streumechanismus relativ schnell. Man entnimmt diesen Formeln folgende allgemeine Charakteristika: √ Die Phonon-Streuraten sind proportional zur Zustandsdichte ∼ E und zu den Phonon-Besetzungswahrscheinlichkeiten fB . Sie sind ausserdem monoton wachsende Funktionen der Temperatur T , denn im Fall ~ω kB T geht fB = 1 ~ω −→ e kB T − 1 kB T . ~ω 6.3 Die Matthiessen-Regel Wenn man voraussetzt, dass die einzelnen Streuprozesse unabhängig voneinander sind, dann ist die totale Streurate die Summe der partiellen Streuraten 1 1 ∑ τα(k) = τtot (k) α wegen der Additivität der quantenmechanischen Übergangswahrscheinlichkeiten. Die partiellen Beweglichkeiten ergeben sich durch gewisse 6.3 Die Matthiessen-Regel 107 Mittelwerte über die mikroskopischen Relaxationszeiten (sh. nächstes Kap.) µα = τα . Näherungsweise gilt 1 1 =∑ µtot α µα Matthiessen-Regel (6.13) (Additivität der Teilwiderstände). Diese Regel ist deshalb eine Näherung, weil + , 1 1 1 1 1 −1 = ∼∑ ∼ = ∑ . 1 µtot τtot ∑τ α τα α µα α α dieselbe Energieabhängigkeit haben, gilt die Nur wenn alle τ−1 α Matthiessen-Regel exakt, wie man leicht überprüfen kann. Andersherum, s je unterschiedlicher die Energieabhängigkeit τ−1 α ∼ E der einzelnen Impuls-Streuraten, desto grösser der Fehler. In der BauelementeSimulation verwendet man oft empirische Modelle für die einzelnen partiellen Beweglichkeiten µα . Dann ist die Matthiessen-Regel die einzige Möglichkeit, daraus eine totale Beweglichkeit zu konstruieren. 7 Beweglichkeit kalter und heisser Ladungsträger 7.1 Partielle Beweglichkeiten für Streuung an ionisierten Störstellen und an akustischen Phononen∗ Mit den Impuls-Streuraten aus dem letzten Kapitel kann man die partiellen Beweglichkeiten leicht berechnen: R e d 3 k fk kz . µn = R mn d 3 k fk kz τ−1 p,n (Ek ) Würde man hier die Gleichgewichtsverteilung f0 (k) einsetzen, so würde ein Ausdruck Null/Null entstehen. Deshalb benutzen wir f (1) (k) von Gleichung (2.8) als Abweichung vom Gleichgewicht in niedrigster Ordnung eE f (1) (k) = τ p,n (Ek ) · ∇k f0 (Ek ) ~ und erhalten unter Auszeichnung der z-Richtung R µn ∂ 3 e d k kz τ p,n (Ek ) ∂kz f0 (Ek ) = R mn d 3 k kz ∂k∂ z f0 (Ek ) R ∂f 2 e dE ∂E0 E 3/2 τ p,n (E) √ = − . R 3 mn dE E f0 (E) Partielle Beweglichkeit für Streuung an ionisierten Störstellen Setzt man die Impuls-Relaxationszeit aus dem letzten Kapitel √ 2mn ε2 E 3/2 imp τ p,n (E) = 4 + s , πe ND Φ(η) 108 7.2 Modelle für die Beweglichkeit kalter Ladungsträger im bulk 109 hier ein, beschränkt sich auf Maxwell-Boltzmann-Statistik, benutzt Z ∞ √ n 3 −x dx e xx = Γ n+ 2 0 und zieht η(E) am Maximum des restlichen Integranden (Emax = 3 kB T ) aus dem Integral, folgt √ 8 2ε2s (kB T )3/2 24mn kB T imp mit η = . (7.1) µn = 3 3/2 √ + e π mn ND Φ(η) ~2 L−2 s Partielle Beweglichkeit für Streuung an akustischen Phononen Setzt man die Impuls-Relaxationszeit in elastischer Näherung aus dem letzten Kapitel τac p,n (E) = π~4 c2 ρ √ % 2l √ D2ac 2 mt ml kB T E ein, so folgt mit Maxwell-Boltzmann-Statistik √ 2 e 2π~4 c2l ρ ac µn = . 3 D2 m5/2 3/2 n (kB T ) (7.2) ac Für die effektive Masse mn hat man in (7.1) und (7.2) jeweils die Zustandsdichte-Masse mdn = (mt2 ml )1/3 zu benutzen. 7.2 Modelle für die Beweglichkeit kalter Ladungsträger im bulk Dotierung bis 1019 cm−3 Empirisches Grundmodell (Caughey, Thomas, 1967): µ(Nimp, T ) = µmin + µL (T ) − µmin α N 1 + Nimp re f (7.3) • µL (T ) ist “lattice mobility” mit empirischer Temperaturabhängigkeit, z.B. für Elektronen µL,n (T ) = 1417 (T /300)−2.5 cm2 /(V s) 110 Beweglichkeit kalter und heisser Ladungsträger 5 2 Mobility (cm /Vs) 10 inter−valley 4 10 munTfull.eps 72 × 72 mm Norton et al. Long Rauch et al. Logan et al. power law (Dessis) Schenk model 3 10 2 ac 10 20 30 50 100 200 Temperature (K) 500 1000 Temperaturabhängigkeit der bulk-Beweglichkeit thermalisierter (kalter) Elektronen in Silizium. Die relativen Anteile von Zwischental-Streuung an nicht-polar optischen und akustischen Phononen (inter-valley) und Innertal-Streuung an akustischen Phononen (ac) sind als gestrichelte Kurven dargestellt. 500 1.4 Mobility (cm /Vs) 400 1.0 3 2 2 Mobility (10 cm /Vs) 1.2 0.8 0.6 0.4 0.2 0.0 impn.eps 63 × 59 mm theory (Fermi) theory (Boltzmann) data Masetti et al. 300 200 impp.eps 64 × 64 mm 100 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 −3 Log(Nimp (cm )) 0 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 −3 Log(Nimp (cm )) Abhängigkeit der bulk-Beweglichkeit thermalisierter (kalter) Elektronen (links) und Löcher (rechts) von der Dotierungskonzentration. Experimentelle Kurven sind mit offenen Kreisen dargestellt, die theoretischen Ergebnisse in Bornscher Näherung mit durchgezogenen Kurven (Fermi-Dirac-Statistik) und gepunkteten Kurven (MaxwellBoltzmann-Statistik). 7.2 Modelle für die Beweglichkeit kalter Ladungsträger im bulk • Nimp → 0 =⇒ 111 µ(Nimp, T ) → µL (T ) • Nimp Nre f =⇒ µ(Nimp, T ) → µmin = const, z.B. für Elektronen µmin = 50...70 cm2/(V s) • zwei empirische Parameter, mit denen die Position und die Steilheit der Flanke eingestellt wird, z.B. für Elektronen Nre f = 9.7 × 1016 cm−3 und α = 0.7 Starke Dotierung 1019 cm−3 bis 1021 cm−3 Modifiziertes Caughey-Thomas-Modell (Masetti, 1983): µ(Nimp, T ) = µmin + µL (T ) − µmin µ1 α1 − Nre f ,2 α2 N 1 + Nreimp 1 + Nimp f ,1 (7.4) • Anpassung des “second drop” mit drei zusätzlichen Parametern 700 500 Dziewior and Silber Tang et al. Swirhun et al. 1986 Swirhun et al. 1988 Leu and Neugroschel majority carrier mob. nminority.eps 63 × 67 mm 500 400 300 2 600 Hole Minority Mobility [cm /Vs] 2 Electron Minority Mobility [cm /Vs] Unterschied zwischen Minoritäts- und Majoritätsladungsträger-Beweglichkeit 200 100 0 17 18 19 −3 Log(NA [cm ]) 20 Dziewior and Silber Burk et al. Mertens et al. del Alamo et al. Wang et al. Wang and Neugroschel majority carrier mob. pminority.eps 63 × 67 mm 400 300 200 100 0 17 18 19 −3 Log(ND [cm ]) Symbole zeigen gemessene Minoritätsladungsträger-Beweglichkeiten, Elektronen in pSi (links) und Löcher in n-Si (rechts). Zum Vergleich sind mit den durchgezogenen Kurven die Majoritätsladungsträger-Beweglichkeiten dargestellt. 20 112 Beweglichkeit kalter und heisser Ladungsträger • Messungen deuten darauf hin, dass MinoritätsladungsträgerBeweglichkeit grösser als Majoritätsladungsträger-Beweglichkeit ab Dotierung von etwa 1017 cm−3 • Erklärung über Versagen der Störungstheorie 1. Ordnung (Bornsche Näherung) =⇒ repulsive Streuung schwächer als attraktive 7.3 Beweglichkeit im MOSFET-Kanal Was ändert sich physikalisch für die Ladungsträger im Kanal eines MOSFETs? • Streuung an den Mikro-Rauhigkeiten der Si-SiO2 -Grenzfläche (“surface roughness scattering”) SiO2 L ∆ roughness.ID.epsi 83 × 39 mm silicon Mikro-Rauhigkeiten der Si-SiO2 -Grenzfläche führen zu lateralen Fluktuationen des Oberflächenpotentials, an denen die Ladungsträger gestreut werden. Zwei empirische Parameter dienen zur Modellierung: eine Korrelationslänge L und eine mittlere Rauhigkeit ∆. • Streuung an geladenen Grenzflächen-Zuständen und festen OxidLadungen (“fixed oxide charges”) zusätzlich zur Streuung an den ionisierten Störstellen im Silizium. Im Inversionsfall ist jedoch jede Coulomb-Streuung wegen der grossen Ladungsträgerdichte im Kanal so stark abgeschirmt, dass die Oberflächenstreuung überwiegt. • Modifikation der Phonon-Streuung durch Oberflächen-Phononen • 2D-Quantisierungseffekte =⇒ ändern sich. Zustandsdichte und Streuraten Welche Mechanismen dominieren, hängt vor allem von der Feldstärke E⊥ senkrecht zur Grenzfläche ab. 7.3 Beweglichkeit im MOSFET-Kanal 113 starke Inversion nahe Gleichgewicht NA besetzte Grenzflächenzustände oxidecharges.ID.epsi 84 × 63 mm positive Oxidladungen Coulomb-Streuung und Phonon-Streuung surface roughness und Phonon-Streuung Im subthreshold-Bereich des MOSFETs dominiert neben der Phonon-Streuung die Coulomb-Streuung an geladenen Grenzflächen-Zuständen, an festen Oxid-Ladungen und an den ionisierten Störstellen im Silizium. Bei starker Inversion sind die CoulombStreuzentren abgeschirmt, und es überwiegt neben der Phonon-Streuung die Streuung an den Mikro-Rauhigkeiten der Si-SiO2 -Grenzfläche. ϕ 0 ϕ 1 0.1 ϕ’ 1 E F,g energy (eV) E F,Si mosfigures.ID.epsi 129 × 51 mm 0 ϕ’ 0 E’1 E’0 E1 E0 E F,Si 0.002 0.003 0.004 distance (µm) 5 nm Quantisierung im MOSFET-Kanal senkrecht zur Si-SiO2 -Grenzfläche. Links: Bandverbiegung in einer nMOS-Struktur mit 2 nm Oxiddicke (Vg = 0.4V ). Die Leitungsbandkante rutscht unter das Si-Ferminiveau. Mitte: Die untersten vier Energieniveaus in Relation zum Si-Ferminiveau. Ungestrichene Energien beziehen sich auf die quantisierten Zustände mit longitudinaler effektiver Masse (2-fach entartet), die gestrichenen auf Zustände mit transversaler effektiver Masse (4-fach entartet). Numerische Rechnungen zeigen, dass das Ferminiveau unabhängig von der Gate-Spannung zwischen den untersten beiden Niveaus liegt. Deshalb ist die thermische Besetzung der höheren Subbänder schwach und die Verwendung der Effektivmassen-Approximation gerechtfertigt. Rechts: z-Komponente der Wellenfunktionen der untersten vier Zustände. 114 Beweglichkeit kalter und heisser Ladungsträger Beispiel eines physikalisch motivierten empirischen Modells (Schwarz, Russek, 1983) 1 1 3.2 × 10−9 p T 1/2 = + µtot µL (T ) z 300 !" # !" # bulk (7.5) Kanal−Effekte Dies ist ein Beispiel für die Verwendung der Matthiessen-Regel: 1/µtot = 1/µbulk + 1/µsur f . Im Kanal-Term bedeutet z die Ausdehnung des Kanals in Richtung senkrecht zur Si-SiO2 -Grenzfläche. Der Faktor p ist der sogenannte Fuchs-Streufaktor. Die Herkunft des Kanal-Terms kann folgendermassen motiviert werden: e e l µsur f = ∗ τ p,sur f = ∗ . m m vth Hier ist die Impuls-Relaxationszeit τ p,sur f durch das Verhältnis einer Streulänge l und der mittleren thermischen Geschwindigkeit vth = % 3kB T /m∗ ausgedrückt worden. Die Streulänge wird mit der Ausdehnung des Kanals in Richtung senkrecht √ zur Si-SiO2 -Grenzfläche identifiziert. Damit erhält man 1/µsur f ∼ T /z. Der Ausdruck für z lautet in diesem Modell 0.039 T 1.24 × 10−5 z= + . (7.6) 1/3 E⊥,av 300 E ⊥,av E⊥,av ist die mittlere Feldstärke senkrecht zur Si-SiO2 -Grenzfläche gebildet mit der Ladungsdichte n(z): Z zp 1 E⊥,av = dz E⊥(z) n(z) . ninv 0 ninv ist die 2D Inversionsladungsdichte und z p der Rand des neutralen Gebietes. Die Form (7.6) für z erklärt sich wie folgt. z wird als Summe aus klassischer und quantenmechanischer Kanalweite angesetzt. Klassischer Term: Nach dem Virialtheorem gilt für eine beschränkte Bewegung T = V , d.h. der Mittelwert der kinetischen Energie ist gleich dem Mittelwert der potentiellen Energie. Deshalb ist 3 m∗ 2 ! vth = kB T = eE⊥,av zkl 2 2 3kB T =⇒ zkl = . 2eE⊥,av 7.3 Beweglichkeit im MOSFET-Kanal 115 Quantenmechanischer Term: Nach der Heisenbergschen Unschärferelation ist p⊥ z ∼ ~ und nach dem Virialtheorem 1 2 p 2m∗ ⊥ ≈ =⇒ eE⊥,av zqm zqm = ~3/2 1/3 (2em∗ )1/3 E⊥,av . In Abhängigkeit von der Feldstärke E⊥,av , d.h. von der angelegten Gate-Spannung, dominiert entweder der klassische Term (subthresholdBereich) oder der quantenmechanische Term (starke Inversion). Der Fuchs-Streufaktor p beschreibt den Anteil an diffuser Streuung, denn der reflexive Anteil trägt nicht zur Impuls-Streurate bei. Oberflächenstreuung: Das Potential wird linear in der mittleren Fluktuation ∆ entwickelt: V (x, y, z) = V (x, y, z0) +∆ ∂V /∂z |z=z0 und der letzte Term als Störoperator genommen. Das Quadrat des Übergangsmatrixelements (Goldene 2. Regel!) wird dann ∼ ∆2 E⊥ Bemerkungen: • Zur Anpassung der einzelner Parameter muss MOSFET unter solchen Bedingungen betrieben werden, bei denen ein bestimmter Streumechanismus dominiert. • Modell als Funktion der mittleren Feldstärke E⊥,av zu aufwendig für BE-Simulation. • In Simulatoren oft Modelle als Funktion der lokalen Feldstärke E⊥ , z.B. 1 1 + = µtot µL (T ) (Lombardi et al., 1988) T BT E⊥ + C (Nimp /N0 )λ 1/3 E⊥ + 2 E⊥ . δ 116 Beweglichkeit kalter und heisser Ladungsträger 3 10 −0.96 2 Effective Mobility [cm /Vs] ~ Eav ohne300K.eps 80 × 68 mm theoretical experimental 2 10 5 6 10 10 Effective field [V/cm] Effektive Beweglichkeit als Funktion der mittleren Feldstärke im Dotierungsbereich 1015 cm−3 bis 1019 cm−3 und für verschiedene Oxiddicken zwischen 3 nm und 13 nm. Man erhält eine “universelle” Kurve, solange Streuung an geladenen Störstellen vernachlässigbar ist. 7.4 Beweglichkeit heisser Ladungsträger 7.4.1 Sättigung der Driftgeschwindigkeit Betrachten homogenes n-Si. Vom hydrodynamischen Transportmodell (3.26) erhält man, wenn man die räumlichen Gradienten weglässt 1 wn − 3kB TL /2 ∂ wn = jn · E − . ∂t n τE,n Setzt man wn = 3kB Tn /2 wie im Energie-Balance-Modell, folgt ∂ 2 Tn − TL Tn = jn · E − . ∂t 3kB n τE,n Im stationären Zustand ist demnach Tn = TL + τE,n 2 j ·E . 3kB n n (7.7) Die Elektronentemperatur steigt unter dem Einfluss des elektrischen Feldes E an, man spricht von heissen Elektronen. Effekte heisser Elektronen werden bei höheren Feldern merklich, wo man die Diffusion 7.4 Beweglichkeit heisser Ladungsträger 117 gegenüber der Drift vernachlässigen kann. Deshalb setzen wir jn = eµn n E in Gleichung (7.7) ein: Tn = TL + 2e τE,n µn (E) E 2 . 3kB (7.8) A) “Warme” Elektronen Für nicht zu grosse Feldstärken kann man zeigen, dass die EnergieRelaxationszeit und die Beweglichkeit in folgender Form von der Temperatur der Elektronen abhängen: Tn Tn −12 s = const , τE,n ≈ 4 × 10 TL TL TL µn ≈ µ0 . Tn Einsetzen in (7.8) ergibt 2e µ0 E 2 , d.h. Tn ∼ E 2 . 3kB Tn = TL + const Die Elektronentemperatur steigt mit dem Quadrat der Feldstärke an. Setzt man andererseits Tn in den Ausdruck für die Beweglichkeit ein, so folgt µn = ' µ0 1 + const 3k2e µ0 E 2 B TL . B) “Sehr heisse” Elektronen Für sehr grosse Feldstärken kann man annehmen, dass τE,n ≈ µn −→ const , vsat,n , E d.h die Driftgeschwindigkeit der Elektronen vD = µn E sättigt beim Wert der Sättigungs-Driftgeschwindigkeit vsat,n . Einsetzen in (7.8) ergibt dann Tn = TL + const 2e vsat,n E , d.h. Tn ∼ E . 3kB 118 Beweglichkeit kalter und heisser Ladungsträger 4.0 4.0 3.8 3.6 3.4 3.2 TnofF1.eps 59 × 62 mm 3.0 3.4 3.2 2.8 2.6 2.6 3.5 4.0 4.5 TpofF.eps 61 × 62 mm 3.0 2.8 2.4 3.0 Monte Carlo analytical 3.6 Log(Tp [K]) Log(Tn [K]) 3.8 Monte Carlo analytical 2.4 3.0 5.0 3.5 4.0 Log(E [V/cm]) 4.5 5.0 5.5 Log(E [V/cm]) Abhängigkeit der Ladungsträger-Temperatur von der Feldstärke, Elektronen (links) und Löcher (rechts). Die Elektronentemperatur steigt linear mit der Feldstärke an. Für die Driftgeschwindigkeit der Elektronen ergibt sich µ0 E A) vD = ' B) vD = vsat,n . 1 + const 3k2e µ0 E 2 B TL , 7.4.2 Empirische Modelle für Bauelemente-Simulation Mit A) und Ersetzen der Konstanten durch const → 3kB TL µ0 /(2ev2sat,n ) erhält man eine feldabhängige Beweglichkeit der Form µlow µ(E) = 2 1/2 . µlow E 1 + vsat Diese wird zum Fit-Modell verallgemeinert (Caughey, Thomas, 1967) µ(E) = 1+ µlow µlow E vsat β 1/β . (7.9) 7.4 Beweglichkeit heisser Ladungsträger 119 Log( Hole Drift Velocity [cm/s] ) Log( Electr. Drift Velocity [cm/s] ) 7.6 7.4 7.2 7.0 6.8 vsat.eps 62 × 59 mm 6.6 6.4 6.2 6.0 5.8 5.6 T=100K T=200K T=300K T=400K T=450K 7.0 6.8 6.6 6.4 6.0 5.8 5.6 5.4 3 4 5 Log( Field Strength [V/cm] ) 6 vsatpdop.eps 62 × 60 mm 6.2 3 4 pure 16 −3 10 cm 17 −3 10 cm 18 −3 10 cm 19 −3 10 cm 5 Log( Field Strength [V/cm] ) Sättigung der Driftgeschwindigkeit bei verschiedenen Gitter-Temperaturen (Elektronen, links) und bei verschiedenen Dotierungskonzentrationen (Löcher, rechts). Im Energie-Balance-Modell verwendet man auch Modelle als Funktion der Ladungsträger-Temperatur. Aus (7.9) erhält man sofort ein temperaturabhängiges Modell, wenn man die Feldstärke durch Tn − TL ausdrückt, z.B. für “sehr heisse” Elektronen: E= 3kB Tn − TL . 2e τE,n vsat,n 120 Beweglichkeit kalter und heisser Ladungsträger drift velocity (arb. units) Veranschaulichung “velocity overshoot” overshoot.ID.epsi 85 × 61 mm time (arb. units) Veranschaulichung “velocity overshoot”. Die zufälligen Geschwindigkeiten der Elektronen sind durch die Pfeile symbolisiert. Zur Zeit t = 0 wird ein starkes elektrisches Feld eingeschaltet. Die Elektronen werden beschleunigt und für eine kurze Zeit so gut wie nicht gestreut (Tn = TL ). Deshalb bleiben die zufälligen Geschwindigkeiten klein. Da alle Elektronen in dieselbe Richtung fliegen, kann jedoch eine grosse mittlere Driftgeschwindigkeit erreicht werden. Nachdem die Streuung einsetzt, werden Impulse und Energien immer mehr zufällig verteilt und die mittlere Driftgeschwindigkeit nimmt ab. Gleichzeitig wachsen die zufälligen Geschwindigkeiten immer weiter an, d.h. Tn TL . Die Zeitskala ist typischerweise in Picosekunden, die maximale Driftgeschwindigkeit beträgt einige 107 cm/s bis 108 cm/s. Strahlungslose Rekombination 8 8.1 Tiefe Störstellen Quantenmechanik: Ultra-Short Course IV Energieniveau einer tiefen Störstelle Punktförmige Defekte wie Vakanzen, Si-Atome auf Zwischengitterplatz oder Metallatome auf Gitterplatz bezeichnet man als tiefe Störstellen. Das Störpotential solcher Zentren ist stark lokalisiert (“δ-förmig”) und führt zu gebundenen Zuständen, die ebenfalls in einem Gebiet weniger Elementarzellen lokalisiert sind. Wir bezeichnen den Operator des Störpotentials mit U (r). Die Lösung der Schrödinger-Gleichung Ĥ0 +U (r) Φ(r) = E Φ(r) , wobei Ĥ0 der Kristall-Hamiltonoperator ist, liefert die Eigenenergien, d.h. die Bindungsenergien der an solchen Störstellen gebundenen Elektronen oder Löcher. Wir stellen die gesuchten Wellenfunktionen in der Basis der Bloch-Zustände dar (den Eigenfunktionen von Ĥ0 ): Φ(r) = ∑ k ν |Φ ψν,k (r) k ν mit k ν |Φ = Z d 3 r ψ∗ν ,k (r ) Φ(r ) . (8.1) Einsetzen in die Schrödinger-Gleichung ergibt zunächst ∑ k ν|Φ kν Eν (k ) − E ψν ,k (r) +U (r) ∑ k ν |Φ ψν ,k (r) = 0 . k ν 121 122 Strahlungslose Rekombination Nach Multiplikation mit ψ∗ν,k (r) und räumlicher Integration folgt ν + ∑ k ν |Φ kν|U (r)|k ν = 0 ∑ k ν |Φ Eν (k ) − E kν|k !" # kν kν δkk δνν [Eν (k) − E] kν|Φ + ∑ k ν |Φ kν|U (r)|k ν = 0 k ν Zur Vereinfachung beschränken wir uns auf ein Band (ν = ν = ν0 , Einband-Näherung) und approximieren das Matrixelement mit U (r) durch eine Konstante U0 : kν0 |U (r)|k ν0 ≈ U0 . Dies ist für sehr stark lokalisierte Störpotentiale gerechtfertigt, weil in dem Fall alle k-Vektoren aus der 1. BZ gleichermassen beitragen. Die Eigenwertgleichung vereinfacht sich damit zu kν0 |Φ = ∑kν0|Φ k = U0 k ν0 |Φ , E − Eν0 (k) ∑ k U0 ∑ E − Eν (k) ∑ k ν0|Φ . k 0 k In der letzten Zeile wurde über alle k summiert. Wenn Φ ein Eigenzustand zur Eigenenergie E ist, dann ist Φ = 0 und man darf durch die linke Seite dividieren. Das Ergebnis ist eine Säkulargleichung für das Energieniveau E der tiefen Störstelle: 1 1 =∑ U0 k E − Eν0 (k) (8.2) (0) Sei ν0 = v (Valenzband) und der Energie-Nullpunkt Ev = 0. Die (0) graphische Lösung der Gleichung (13.6) für E > Ev liefert einen Schnittpunkt bei E = Et . Das “tiefe Niveau” liegt um so tiefer im Gap, je grösser U0 ist (siehe Abb.). Allerdings ist die Einband-Näherung meist nicht gerechtfertigt, da das Potential tiefer Störstellen die Bänder koppelt. 8.1 Tiefe Störstellen 123 inverse energy Σk E 1 E v (k) 1 U0 deeplev.ID.epsi 65 × 47 mm 0 Et Eg E Graphische Lösung der Säkulargleichung (13.6). Vakanz in Silizium anti-bindende Zustände vakanz.ID.epsi 117 × 82 mm V0- T2 sp3 bindende Zustände + V2+ Dehybridisierung (bindende Linearkombinationen von sp3 Hybridorbitalen) V+0 (Aufhebung der Linearkombination) V+0 A1 Gitterrelaxation + Elektron-Elektron-WW vor der Ionisation nach der Ionisation • Tiefe Störstellen spielen entscheidende Rolle für die Rekombination in Halbleitern. Einfang eines Elektrons und eines Lochs = Rekombination genrecschema.ID.epsi 40 × 22 mm Erzeugung eines Elektrons und eines Lochs = Generation 124 Strahlungslose Rekombination • Wo bleibt die bei der Rekombination freiwerdende Energie? - Strahlung: Emission eines Photons (im indirekten Halbleiter Silizium jedoch geringe Wahrscheinlichkeit) - Anregung eines zweiten Elektrons oder Lochs (AugerRekombination, nur bei grossen Ladungsträgerdichten) - Phononen (Wärme) - andere (z.B. Defekt-Reaktionen) total energy • Bei Umwandlung in Wärme ergibt sich folgendes Problem: Et ≈ Eg /2 ≈ 0.56 eV aber (!!) ~ω ph ≈ 0.06 eV . =⇒ Die Rekombination eines Elektron-Loch-Paares kann nur unter gleichzeitiger Emission vieler Phononen erfolgen. Man spricht von MultiphononRekombination. Ec confcoord.ID.epsi 109 × 72 mm Et hωph Ev | | | Qc,p Qt 0 Qc,n configuration coordinate Multiphonon-Rekombination im Konfigurations-Koordinaten-Diagramm. Im linken Teil ist der elektronische Anteil der Gesamtenergie dargestellt, rechts die totale Energie (elektronischer Anteil plus potentielle Energie des harmonischen Oszillators). Die Gitterschwingungen sind durch eine representative Auslenkung Q des Oszillators und eine effektive Phononenergie ~ω ph beschrieben. Ein Elektron rekombiniert mit einem Loch durch den Übergang c → t → v. Dabei relaxiert das Gitter, was mit einer Verschiebung der Gleichgewichtslage des Oszillators einhergeht: 0 → Qt → 0. Infolge der starken Elektron-Phonon-Kopplung sind Übergänge an den Schnittpunkten Qc,n und Qc,p der Potentialparabeln möglich. In der Nähe der Schnittpunkte befindet sich das System in einem vibronisch hochangeregten Zustand und relaxiert unter Emission vieler Phononen. 8.2 Generations-Rekombinationsraten für Band-Band- und Band-Trap-Übergänge 125 8.2 Generations-Rekombinationsraten für Band-Band- und Band-Trap-Übergänge Die Rate kann mit dem 0. Moment des Stossterms der BoltzmannGleichung berechnet werden. Das Nichtgleichgewicht wird durch ortsabhängige Quasi-Fermi-Niveaus für Elektronen und Löcher beschrieben. Dahinter steckt die Annahme, dass sich die Ladungsträger in ihren jeweiligen Bändern untereinander (lokal) im thermodynamischen Gleichgewicht befinden. Solange die Impuls-Relaxationszeiten der Intra-Prozesse klein gegen die Zeitkonstanten der Generation/Rekombination bleiben, ist diese Annahme gerechtfertigt. Sie ist im übrigen die Voraussetzung dafür, dass man separate Transportgleichungen für Elektronen und Löcher aufschreiben darf. Band-Band-Übergänge Da die Anfangs- und Endzustände in den Bändern liegen, lautet der Stossterm Z ∂n = d 3 k ∑ Sk k fv (k ) [1 − fc (k)] − Skk fc (k) 1 − fv (k ) . ∂t coll k Unter Benutzung parabolischer Bänder kann man von der k-Integration zur Energie-Integration übergehen. Dabei entstehen ZustandsdichteFaktoren (vgl. (5.24)), allerdings ohne den Faktor 2 vom Spin, da der Spin erhalten bleibt. Man erhält ∂n ∂t = coll (0) Z∞ Ev Z dEc (0) Ec dEv S̃(Ec , Ev ) Dc (Ec ) Dv (Ev ) × −∞ × { fv (Ev ) [1 − fc (Ec )] − fc (Ec) [1 − fv (Ev )]} = G − R Rekombinationsterm: R = n p S̃ mit R R dEc dEv S̃ Dc Dv fc (1 − fv ) . S̃ = R R dEc dEv Dc Dv fc (1 − fv ) Wir betrachten im folgenden Maxwell-Boltzmann-Statistik, d.h. fc (Ec ) 1 und 1 − fv (Ev ) 1. Dann kürzen sich im Ausdruck für S̃ alle Exponential-Funktionen, die von den Quasi-Fermienergien EF,n 126 Strahlungslose Rekombination und EF,p abhängen, heraus. S̃ ist deshalb eine dichte-unabhängige Konstante. Generationsterm: G = const , denn fv (Ev) [1 − fc (Ec )] ≈ 1. Im Gleichgewicht gilt G = R. Daraus kann man die Konstante bestimmen: G = Req = n2i,e f f S̃ da n p = n2i,e f f im thermodyn. Gleichgewicht. Die Netto-Rate für Band-Band-Rekombination wird damit R − G = n p − n2i,e f f S̃ . (8.3) Die konkrete Form von S̃ hängt vom jeweiligen RekombinationsMechanismus ab (strahlende Rekombination, Band-Band-AugerRekombination, ...). Band-Trap-Übergänge Betrachten identische, nicht wechselwirkende tiefe Störstellen mit einem Energieniveau Et . Die Dichte der besetzten Traps ist nt = Nt ft , wobei Nt die Trap-Dichte und ft die Besetzungswahrscheinlichkeit ist. Die Zustandsdichte der Traps hat die Form Dt (E) = Nt δ(E − Et ). (Es existiert nur ein diskretes Energieniveau, das besetzt werden kann.) Wegen der δFunktion kann ein Energie-Integral ausgewertet werden. Für Übergänge zwischen Leitungsband und Trapniveau erhält man Rekombinationsterm: R = Nt Z∞ dEc S̃(Ec , Et ) Dc (Ec ) fc (Ec )(1 − ft ) bzw. (0) Ec R = Nt (1 − ft ) n S̃ mit R∞ (0) dEc S̃(Ec , Et ) Dc (Ec ) f c (Ec ) def Ec R∞ . S̃ = cn = (0) dEc Dc (Ec ) f c (Ec ) Ec cn heisst Einfang-Koeffizient (für Elektronen), Masseinheit ist cm3 /s. 8.3 Raten-Gleichungen 127 Generationsterm: G = Nt Z∞ dEc S̃(Et , Ec ) Dc (Ec ) [1 − fc(Ec )] ft (0) Ec = Nt ft const(Et ) für Maxwell-Boltzmann-Statistik G = Nt ft en . (8.4) en heisst Emissionsrate (für Elektronen), Masseinheit ist 1/s. Im Gleichgewicht gilt G = R. Daraus kann man en bestimmen: R − G |eq = Nt 1 − ft0 n0 cn − Nt ft0 en = 0 =⇒ def en = cn n1 mit n1 = n0 1 − ft0 . ft0 Die Netto-Rate für Trapping (von Elektronen) wird damit R − G = (Nt − nt ) n cn − nt n1 cn . (8.5) Der Ausdruck für das Trapping von Löchern ist analog. 8.3 Raten-Gleichungen für Trapping und Shockley-ReadHall (SRH)-Rekombination Die totale zeitliche Änderung der Dichte besetzter Traps ist ∂ nt = R(n) − G(n) − R(p) + G(p) . ∂t (8.6) Die ersten beiden Terme beschreiben den Einfang und die Emission von Elektronen (Trapping-Rate für Elektronen), die letzten beiden Terme den Einfang und die Emission von Löchern (Trapping-Rate für Löcher). Trapping Sind die Traps Elektronen-Traps, d.h. cn c p , en e p , reduziert sich Gleichung (8.6) auf ∂ nt = (Nt − nt ) n cn − nt en . ∂t 128 Strahlungslose Rekombination Diese Gleichung ist zusätzlich zu und selbstkonsistent mit den TransportGleichungen des benutzten Transport-Modells zu lösen. Die neue (zusätzliche) Variable ist nt (oder äquivalent dazu ft ). Solange die von aussen induzierten zeitlichen Änderungen viel langsamer sind als (n cn )−1 bzw. e−1 n , kann man ∂nt /∂t vernachlässigen (stationärer Fall) und ft explizit angeben: 1 . ft = 1 + necnn Die Rekombinationsrate wird damit im stationären Fall Nt en n n1 R(n) = Nt (1 − ft ) n cn = en = 1 + n cn τn (n + n1 ) mit der Lebensdauer τn = 1 . Nt cn Shockley-Read-Hall-Rekombination Handelt es sich bei den tiefen Störstellen um sogenannte Rekombinationszentren, d.h. gilt cn ≈ c p und en ≈ e p , erhält man im stationären Fall aus Gleichung (8.6) 1 ft = en +c p p . 1 + e p +cn n Da im Gleichgewicht auch die Netto-Rate für Löcher Null sein muss, hat man zusätzlich eine Beziehung zwischen e p und c p e p = c p p0 ft0 ft0 def = c p mit p = p . p 1 1 0 1 − ft0 1 − ft0 Die Elektronen-Netto-Rekombinationsrate im stationären Fall wird Nt cn c p (n p − n1 p1 ) . R(n) − G(n) |stat = cn (n + n1 ) + c p (p + p1 ) Wegen n1 p1 = n0 p0 = n2i,e f f und mit Einführung von Minoritätsladungsträger-Lebensdauern τn,p = (Nt cn,p )−1 wird daraus R(n) − G(n) |stat = (Shockley, Read, Hall, 1952). n p − n2i,e f f τ p(n + n1 ) + τn (p + p1 ) (8.7) 8.4 SRH-Lebensdauern 129 Spezialfälle: A) schwaches Nichtgleichgewicht: n = n0 + δn, p = p0 + δp. Für pdotiertes Silizium (n0 p0 ) wird dann R = ≈ (n0 + δn)(p0 + δp) − n0 p0 n0 δp + p0 δn = τ p(n0 + n1 ) + τn (p0 + p1 ) τ p (n0 + n1 ) + τn (p0 + p1 ) δn p0 δn ≈ . τn (p0 + p1 ) τn =⇒ Die Lebensdauern der Minoritäten bestimmen die Rekombinationsrate! B) gesperrter pn-Übergang: n p n2i in Raumladungszone. Sei τn ≈ τ p ≡ τ =⇒ R=− Eg n2i ni ≈− falls Et ≈ . τ(n1 + p1 ) 2τ 2 C) Elektron-Loch-Plasma: n p = n2 n2i =⇒ R= n δn ≈ für δn n0 (Hoch-Injektion.) τ p + τn τ p + τn 8.4 SRH-Lebensdauern Dotierungsabhängigkeit Die SRH-Lebensdauern τn,p sind technologie-abhängige Parameter. Sie hängen insbesondere von der Defektdichte Nt ab, die räumlich variiert. Dies folgt aus der Definition τn,p = (Nt cn,p )−1 . Für die BauelementeSimulation bedeutet dies, dass es eigentlich keine “default-Werte” der Lebensdauern gibt. Man findet jedoch empirisch eine Korrelation zwischen Dotierung (flache Störstellen!) und SRH-Lebensdauern (tiefe Störstellen). Grund ist, dass Technologie-Schritte wie Implantation oder Eindiffusion immer auch zu einer Erhöhung der Dichte von Punktdefekten führen. Eine einfache empirische Beziehung, die diesen Effekt wiedergibt, lautet τn0 τn (NA ) = A 1 + NN A,re f mit z.B. τn0 = 3 × 10−5 s und NA,re f = 1017 cm−3 . 130 Strahlungslose Rekombination Feldabhängigkeit: “trap-assisted tunneling” Die SRH-Rekombination ist besonders effektiv in Raumladungszonen, in denen die elektrische Feldstärke gross werden kann. Dann führt der Tunneleffekt zu einer Erhöhung der Übergangswahrscheinlichkeit. Die Rekombination/Generation ist nicht mehr lokal, sondern kann im Limes sehr hoher Felder sogar zum resonanten Tunneln über das tiefe Niveau “entarten” (sh. Abb.). Solange der thermische Einfang (bzw. die thermielectric field tat.ID.epsi 82 × 38 mm trap-assisted tunneling E=0 resonant tunneling sche Emission) gegenüber dem Tunneleffekt dominiert, ist das Konzept von field-enhancement-Faktoren sinnvoll, d.h. −1 τ−1 ν (E) = τν0 γν (E) , ν = n, p | | | | | | | || 10-4 | wobei E die lokale Feldstärke ist. | 10-10 | | | 10-9 | | | | 10-8 lifetimevsfield.epsi 62<100> × 50 mm defect-assisted tunneling break.epsi 65 × 50 mm <110> | | 10-7 <111> | 10-6 | 0.2 | 0.4 | 0.6 | 0.8 | 1.0 | 1.2 | | | Electron Lifetime τn [s] Si:Au 10-5 1.4 Electric Field [MV/cm] Links: Abhängigkeit der Lebensdauer von der Feldstärke am Beispiel der GoldStörstelle in Silizium. Rechts: Simulierte Dioden-Kennlinien. Der Avalanche-Durchbruch bei etwa 9 V setzt nicht abrupt ein, sondern der Sperrstrom steigt wegen des trapassistierten Tunnelns stetig an. Auger-Rekombination 9 • Elektron-Elektron-Stösse (bzw. Loch-Loch-Stösse) induzieren Rekombination von Elektron-Loch-Paaren. Die bei der Rekombination freiwerdende Energie wird nicht direkt, wie im Fall der SRHRekombination, in Wärme umgewandelt, sondern zur Anregung eines Elektrons oder Lochs in einen Zustand hoher Energie verbraucht. • Auger-Rekombination ist ein Drei-Teilchen-Prozess, entweder “eeh” oder “hhe”. • Die Rate wird vom Produkt aus allen drei Besetzungswahrscheinlichkeiten bestimmt. • Die Zahl der möglichen Übergänge wird durch die Restriktionen der Energie- und Impulserhaltung stark eingeschränkt. Für eine direkte, parabolische Bandstruktur können die Ladungsträger wegen der Impulserhaltung nicht aus der energetisch tiefsten Lage an der Bandkante heraus rekombinieren. Es ist eine zusätzliche Aktivierungsenergie erforderlich, die für den eeh-Prozess Ea = mc /(mc + mv )Eg beträgt. • In indirekten Halbleitern, wie Silizium, erhöht sich die Zahl der möglichen Übergänge. Infolge des hohen Impulsaustausches sind jedoch die quantenmechanischen Übergangswahrscheinlichkeiten um ca. 5 Grössenordnungen kleiner als in direkten Halbleitern. In Silizium verschwindet die Aktivierungsenergie für den eeh-Prozess wegen der besonderen Leitungsbandstruktur. • Auger-Rekombination kann ein reiner Band-Band-Prozess sein, unter Beteiligung von Phononen ablaufen, oder auch über Zwischenzustände, die an tiefen Störstellen lokalisiert sind (trap-assisted Auger recombination). 131 132 Auger-Rekombination E E E 2’ 1 2 augertransitions.ID.epsi 2’ 121 1’ × 56 mm 2 k 1’ 2’ k 1 eeh (n-type) 1 2 k 1’ hhe (n-type) hhe (p-type) Auger-Übergänge bei direkter, parabolischer Bandstruktur. Links: Stoss zweier Leitungsband-Elektronen (1 und 2), Anregung von 2 nach 2’ und gleichzeitige Rekombination von 1 mit dem Loch 1’. Mitte: Stoss eines Leitungsband-Elektrons 2 mit einem energetisch tiefliegenden Valenzelektron 1, das angeregt wird. Rechts: Loch-LochStoss mit Anregung eines heissen Lochs. In n-dotiertem Material sind die Rekombinationsraten proportional zum Produkt der Dichten der drei beteiligten Teilchensorten, also Reeh,n = Cn p n2 Rhhe,n = C p p2 n , mit Auger-Koeffizienten Cn,p . Die Gesamtrate wird damit Auger Rn−type = Cn p n2 +C p p2 n (9.1) • Bei phonon-assistierter Auger-Rekombination starke Aufhebung der Beschränkungen bzgl. Energie- und Impulserhaltung, aber dafür Vier-Teilchen-Prozess (Übergangswahrscheinlichkeit 2. Ordnung). phonassauger.ID.epsi 74 × 38 mm • Bei ausreichender Dichte von Rekombinationszentren konkurriert die trap-assistierte Auger-Rekombination mit der SRHRekombination. 133 • Die Auger-Koeffizienten Cn,p sind nur solange als unabhängig von den Ladungsträgerdichten anzusehen, wie die CoulombWechselwirkung zwischen Elektronen und Löchern vernachlässigt werden kann. In Elektron-Loch-Plasmen, wie z.B. bei starker Injektion in Bipolar-Transistoren, beobachtet man ein excitonic enhancement der Auger-Rekombination. Die physikalische Ursache ist eine durch die Anziehung von Elektron und Loch bedingte Lokalisation der Wellenfunktionen, die zu einer Erhöhung der quantenmechanischen Übergangswahrscheinlichkeiten führt. Auger-Lebensdauern Minoritätsladungsträger-Lebensdauern: δp δp 1 ≈ −→ bei Hoch-Injektion , Au 2 R Cn p n Cn n2 δn δn 1 = ≈ bei Hoch-Injektion . −→ Au 2 R Cp p n C p p2 τn−type = τ p−type Ambipolare Lebensdauern: n = p im Plasma =⇒ RAu = (Cn +C p ) n3 = Ca n3 τa = 1 Ca n2 da im Plasma natürlich die Hoch-Injektions-Bedingung gilt. Gemessene Werte für die Auger-Koeffizienten Cn,p kann man der Tabelle entnehmen. Die Abbildung zeigt gemessene ambipolare Auger-Koeffizienten Ca als Table 9.1: Auger-Koeffizienten bei verschiedenen Temperaturen (Dziewior und Schmid, 1977). T Cn / cm6 s−1 C p / cm6 s−1 77 K 2.3 × 10−31 7.8 × 10−32 300 K 2.8 × 10−31 9.9 × 10−32 400 K 2.8 × 10−31 1.2 × 10−31 Funktion der Dichte der freien Ladungsträger. Die Kurve deutet das erwartete Verhalten aufgrund des excitonic enhancement an. Auger-Rekombination Ambipolar Auger coefficient [ cm 6 s -1 ] 134 1x10-29 2 17 16 15 19 14 10 -30 8 11 1x10 5 13 4 18 7 3 1 auger-mess.epsi 89 × 79 mm 12 6 9 room temperature 1x10-31 15 10 16 10 17 10 18 10 19 10 10 20 Injection density [ cm- 3 ] Messungen des ambipolaren Auger-Koeffizienten als Funktion der Plasma-Dichte. Stossionisation 10 10.1 Ionisations-Schwellenenergien E E E i (k i ) impact.ID.epsi E (k ) c 3 102 × 53 mm E c(k2 ) k E v(k1 ) k vor dem Stoss nach dem Stoss Stossionisation initiiert durch ein “heisses” Elektron der Energie Ei (ki ). Beim Stoss wird ein Valenzelektron herausgeschlagen und ins Leitungsband gehoben, wodurch ein Loch im Valenzband zurückbleibt. Das initiierende Elektron verliert dabei die Ionisations-Schwellenenergie. Nach dem Stoss verbleiben zwei “kalte” Elektronen und ein “kaltes” Loch. Energie-Bilanz: Ei (ki ) − Ec (k3 ) = Ec (k2 ) − Ev (k1 ) + ∑ a j ~ω ph (q j ) j Impuls-Bilanz: ki − k3 = k2 − k1 + ∑ a j q j a j ganze Zahlen, auch Null j Die Ionisations-Schwellenenergie ergibt sich durch Minimierung von 135 136 Stossionisation Ei (ki ). Dabei genügt es, Phonon-Absorption zu betrachten, d.h. a j ≤ 0 für alle j. dki = 0 =⇒ dk1 = dk3 + dk2 + ∑ a j dq j , (10.1) j dEi = 0 =⇒ dk1 · ∇k1 Ev (k1 ) = dk3 · ∇k3 Ec (k3 ) + dk2 · ∇k2 Ec (k2 ) + + ∑ a j dq j · ∇q j ~ω ph (q j ) . (10.2) j Benutzt man die Definition der Gruppengeschwindigkeit vg = ~−1 ∇k E(k) und w j = ∇q ω ph (q j ), wird aus der letzten Gleichung 0 = −dk1 · v1 + dk3 · v3 + dk2 · v2 + ∑ a j dq j · w j . j Setzt man hier für dk1 die Gleichung (10.1) ein, so erhält man 0 = dk3 · (v3 − v1 ) + dk2 · (v2 − v1 ) + ∑ a j dq j · (w j − v1 ) . j Wegen der linearen Unabhängigkeit von dk2 , dk3 und dq j folgt v1 = v2 = v3 = w j für alle j. (10.3) Alle resultierenden Teilchen müssen dieselbe Gruppengeschwindigkeit haben! Prozesse mit Phononen-Beteiligung sind stark erschwert, da die w j klein sind und die Elektronen bzw. Löcher daher auf eine kleine Umgebung der Bandextrema eingeschränkt werden. Wir betrachten im folgenden nur Stossionisation ohne Phononen-Beteiligung. Die Bedingung (10.3), die dann v1 = v2 = v3 lautet, ist jedoch noch nicht hinreichend. Sie sichert die Existenz einer minimalen Energie Emin (ki ), die aber nicht automatisch eine erlaubte Energie in irgendeinem Leitungsband zu sein braucht! Beispiel: Zwei direkte, parabolische Bänder mit effektiven Massen mc und mv − kv kc2 kc3 Bez. kc = = = mv mc mc mc da v1 = ~−1 ∇k Ev (k) = − oder kv = −γ kc mit γ = mv . mc ~kv mv , 10.1 Ionisations-Schwellenenergien 137 An der Ionisationsschwelle ist dann wegen des Energie- und Impulserhaltungssatzes (mit dem Energie-Nullpunkt Ec (k = 0) = 0) ki = 2 kc − kv = kc (2 + γ) , ~2 kc2 Emin (ki ) = Eg + (2 + γ) . 2mc Emin (ki ) muss ein erlaubter Energiewert im Leitungsband sein Ec (ki ) = ~2 ki2 2mc = ~2 kc2 2mc (2 + γ)2 . (10.4) Aus der Bedingung Emin (ki ) = Ec (ki ) erhält man kc : ~2 kc2 2mc = Eg . (2 + γ)(1 + γ) Einsetzen in (10.4) ergibt die Schwellenenergie Eth,n für den elektroneninduzierten Prozess: Eth,n = Eg 2+γ . 1+γ (10.5) Bei gleichen Massen (γ = 1) ergibt sich Eth,n = 3Eg /2. Für den löcherinduzierten Prozess hat man γ durch 1/γ zu ersetzen und erhält Eth,p = Eg (1 + 2γ)/(1 + γ). Unabhängig von γ ist Eth,n + Eth,p = 3Eg . Table 10.1: Schwellenenergien (in eV) in Silizium für Stossionisation ohne PhononenBeteiligung, berechnet für verschiedene kristallographische Richtungen auf der Basis einer realistischen Bandstruktur (Anderson, Crowell, 1972). N - Normal-Prozess, U Umklapp-Prozess, ∗ - initialisierendes Teilchen kommt aus einem höheren Band. electrons holes 100 1.1 U 1.5 N 1.6 U∗ 1.8 N 2.1 N∗ 111 3.1 U∗ 3.3 U∗ 3.5 U∗ 2.9 N∗ 4.4 N∗ 4.7 N∗ 110 2.1 U 4.0 N∗ 4.2 U∗ 1.8 N 4.0 N∗ 4.1 N∗ 138 Stossionisation 10.2 Stossionisationsrate und -koeffizienten • Für die Stossionisationsrate macht man folgenden heuristischen Ansatz: GII = αn n vn + α p p v p . (10.6) (“II” steht dabei für “Impact Ionization”.) Die Koeffizienten αn,p heissen Stossionisations-Koeffizienten (Masseinheit: 1/cm). Anschaulich interpretiert man sie als reziproke mittlere freie Weglängen zwischen zwei Stössen, die zur Generation eines Elektron-Loch-Paars führen. • Die mikroskopische Definition der Streurate (1/s) lautet für den elektronen-induzierten Prozess 1 τII,n 1 = n Z∞ dE Eth,n 1 Dc (E) fc (E) , τII,n(E) womit man αn gemäss αn = 1/(τII,nvn ) berechnen kann. Dazu braucht man neben der Schwellenenergie Eth,n die Energie-Abhängigkeit der Streurate 1/τII,n(E) und die korrekte Nichtgleichgewichts-Verteilungsfunktion fc (E). Dabei ist die “Vorgeschichte” der Elektronen, bevor sie die Schwellenenergie Eth,n erreichen, entscheidend, denn diese bestimmt den hochenergetischen Ausläufer der Verteilungsfunktion. • Modelle für die Energie-Abhängigkeit von τ−1 II (E): −1 τ−1 Stufenfunktion II (E) = τII (Eth ) Θ(E − Eth ) p E − Eth −1 (Keldysh, 1960) τ−1 II (E) = B τII (Eth ) Eth (i) 2 3 E − E (i) (i) th τ−1 (Cartier et al., 1993) II (E) = ∑ Θ(E − Eth ) P (i) Eth i=1 (i) mit folgenden Parametern für Silizium: Eth = 1.2 eV, 1.8 eV, 3.45 eV ; P(i) = 6.25 × 1010 s−1 , 3.0 × 1012 s−1 , 6.8 × 1014 s−1 . 10.2 Stossionisationsrate und -koeffizienten 139 15 IONIZATION RATE (s -1) 10 14 10 quyield.epsi 65 × 71 mm 13 10 12 10 11 10 rate.ID.epsi///PS 53 × 51 mm 10 10 9 10 1 2 3 4 5 KINETIC ENERGY (eV) Links: Stossionisationsrate nach dem Modell von Cartier. Rechts: Mit der Technik der Ladungsträger-Separation gemessener quantum yield für Elektronen ( = Zahl der generierten Elektronen pro Zahl der Initial-Elektronen). • Ansätze für die Verteilungsfunktion fc (E): (Wolff, 1954) Heated Maxwellian für fc (E), aber const Annahme, dass Energie-Relaxation nur durch αi ∼ exp − 2 |E | Stossionisation erfolgt (τII τ ph ). (Shockley, 1961) “Lucky Electron”-Modell. Ge genteilige Annahme, d.h. zu f (E) tragen nur c αi ∼ exp − const solche Elektronen wesentlich bei, die nicht mit |E| Phononen gestossen haben (“lucky”), die also Eth ballistisch erreichen. • Physikalische Erläuterung des “Lucky Electron”-Modells Die Beschleunigungsstrecke LI , die gebraucht wird, um Eth ballistisch zu erreichen, ergibt sich aus Eth = Z LI 0 dx F(x) . F(x) ist die auf das Elektron einwirkende elektrische Kraft. Im konstanten elektrischen Feld ist dann LI = Eth /F. Die tatsächliche freie Weglänge L∗I ist grösser, da Elektron-Phonon-Stösse die Ladungsträger ständig wieder zurückwerfen: L∗I = LI /P, wobei 140 Stossionisation P die Wahrscheinlichkeit ist, dass auf der Strecke LI kein Stoss passiert. P ist in Gleichung (2.10) (Monte-Carlo-Methode) schon einmal angegeben worden: Z t 1 . P(t) = exp − dt ph 0 τtot (k) Mit der Transformation F dt dE dE k̇ = ~vg = vg F = dt → dE ; dE dt dk ~ da nach Newtonschem Grundgesetz ~k̇ = F und ausserdem dE/dk = ~vg gilt, folgt Z Eth 1 1 dE . P = exp − ph F vg τtot E0 (E) Shockley benutzte E0 = 0 und eine konstante mittlere freie Wegph länge für Stösse mit optischen Phononen lop = vg τtot , so dass Eth . P = exp − F lop Zur Startzeit des ballistischen Fluges t = 0 ist jedoch k = k0 , da k(t) = k0 + F t/~. Daher nimmt man besser an, dass die Teilchen mit einer mittleren thermischen Energie E0 = 3kB Tc /2 starten. Setzt man weiterhin das elektrische Feld als räumlich konstant voraus, erhält man für den Stossionisations-Koeffizienten P F Eth − 3kB Tc /2 1 = exp − . (10.7) α= ∗ = LI LI Eth F lop 10.3 Modelle für die Stossionisationskoeffizienten Lokal-Feld-Modell Das am meisten benutzte Modell (Chynoweth-Modell) ist die aus Gleichung (10.7) abgeleitete Fitformel − b α = α∞ e | E | (10.8) (Chynoweth, 1958). Parameter für den elektronen-induzierten Prozess: α∞,n = 7 × 105 cm−1 , bn = 1.23 × 106 V /cm. 10.4 Avalanche-Durchbruch 141 Lokal-Temperatur-Modell Ersetzt man das lokale elektrische Feld durch die lokale Temperatur der Ladungsträger, erhält man mit (7.8) für “sehr heisse” Elektronen − Tcrit αn = α∞,n e Tn −TL . Die Modellierung der Stossionisationsrate mit der phänomenologischen Relation (10.6) und lokalen Modellen für α ist nur bedingt tauglich. Literatur-Parameter stammen meist von Dioden mit weiten Raumladungszonen. In Kurzkanal-MOSFETs sind die Feldstärke-Peaks beim Drain so scharf, dass trotz des grossen Wertes der Feldstärke die Beschleunigungsstrecke zu kurz sein kann (der sogenannte “dark space”-Effekt). Dann wird die Rate in der Simulation überschätzt und der Substratstrom kann u.U. um Grössenordnungen zu gross herauskommen. 10.4 Avalanche-Durchbruch Betrachten 1D Kontinuitätsgleichungen für Elektronen und Löcher mit Stossionisationsrate als einziger Generationsrate: dJn = (αn − α p ) Jn + α p J ; dx J = Jn + J p = const . dJ p = (αn − α p ) J p + αn J , dx Die formale Lösung lautet (Beweis durch Differentiation) Rx Jn (x) = Jn0 e dx (αn − α p ) + J 0 Rx J p (x) = J p0 e W dx (αn − α p ) + J Z x 0 Rx dx α p e Z W x x dx (αn − α p ) , Rx dx αn e x dx (αn − α p ) mit den Randbedingungen Jn (0) = Jn0 und J p (W ) = J p0 . An den Rändern der Raumladungszone wird der Gesamtstrom R0 J(0) = Jn0 + J p0 e W RW J(W ) = J p0 + Jn0 e 0 dx (αn − α p ) + J dx (αn − α p ) + J Z W 0 Z W 0 R0 x dx (αn − α p ) dx αn e RW dx α p e x , dx (αn − α p ) . In der Nähe des Durchbruchs kann man in der 1. Gleichung den (thermisch generierten) Sperrstrom J p0 gegen den (stark vervielfachten) 142 Stossionisation p RLZ avalanche.ID.epsi 91 × 52 mm n 0 W x Elektronenstrom Jn0 vernachlässigen, in der 2. Gleichung den (thermisch generierten) Sperrstrom Jn0 gegenüber dem (stark vervielfachten) Löcherstrom J p0 . Man definiert Multiplikationsfaktoren Mn = J , Jn0 Mp = J , J p0 so dass Z R x W 1 − = dx αn e 0 dx (αn − α p ) , 1− Mn 0 Z W R W 1 = dx α p e x dx (αn − α p ) . 1− Mp 0 (10.9) (10.10) Der Avalanche-Durchbruch ist durch den Limes Mn,p → ∞ definiert. Aus den Gleichungen (10.9) und (10.10) folgt die Durchbruch-Bedingung 1= 1 ln(αn /α p) Z W 0 dx (αn − α p ) . Falls αn = γ α p mit γ = const, wird daraus γ−1 ln γ Z W 0 dx α p = 1 . Diese Bedingung bedeutet im wesentlichen, dass α ∼ 1/W , d.h. die mittlere freie Weglänge zwischen zwei ionisierenden Stössen muss kleiner sein als die Weite der Raumladungszone. 10.4 Avalanche-Durchbruch 1e−02 143 x x 4 3 1e−04 current (A) 1e−06 1e−08 1e−10 1e−12 durchbr.eps 74 × 67 mm 1e−14 1e−16 x 2 1e−18 1e−20 −20 1 x −15 −10 −5 0 voltage (V) Strom-Spannungs-Kennlinie einer pn-Diode mit Avalanche-Durchbruch. 12 1e+20 4 band edge energy (eV) −3 density (cm ) 10 3 1e+15 electrons holes 1e+10 1e+05 densities.eps 62 × 56 mm 2 1 1e+00 4 8 6 3 4 2 2 bandedges.eps 57 × 57 mm 0 −2 1 −4 1e−05 0.1 0.2 position (µm) 0.3 −6 0.1 0.2 0.3 position (µm) Links: Elektronen- und Löcherverteilung für die in obigem Bild markierten Spannungen. Rechts: Verlauf der Bandkanten bei diesen Spannungen. 11 Metall-Halbleiter (MS)-Kontakt 11.1 Energieniveau-Schema vor Einstellung des thermodynamischen Gleichgewichts M a) HL χ Φ b) E0 HL E0 E FM Ec E FS ΦB M Ec E FS E FM Ev Ev 0 c) M x 0 MSequ.ID.epsi 124 × 88 mm HL d) E0 M x HL E0 Ec Ec E FM ΦB E FS Ev E FS Ev 0 E FM 0 x x Räumlicher Verlauf der Fermi-Niveaus von Metall und Halbleiter sowie der Bandkanten des Halbleiters in einem Metall-Halbleiter-Übergang unmittelbar nach seiner Herstellung, also vor der Einstellung des Gleichgewichts. Fall a): n-Halbleiter mit EFS > EFM , Fall b): n-Halbleiter mit EFS < EFM , Fall c): p-Halbleiter mit EFS < EFM , Fall d): p-Halbleiter mit EFS > EFM . χ ist die Elektronen-Affinität, Φ die Austrittsarbeit der Elektronen im Metall. 144 11.2 MS-Kontakt im Gleichgewicht, Schottky- und Bardeen-Modell 145 • EFM < EFS ist der typische Fall für Metall-n-HL-Übergang (Fall a)) • EFM > EFS ist der typische Fall für Metall-p-HL-Übergang (Fall c)) • ΦB = Φ − χ heisst Schottky-Barriere 11.2 MS-Kontakt im Gleichgewicht, Bardeen-Modell Schottky- und Energieniveau-Schema (Potentialverlauf) • Zur Einstellung des thermodynamischen Gleichgewichts müssen Elektronen (Löcher) aus dem Halbleiter ins Metall (und umgekehrt) diffundieren. • An der Grenzfläche entsteht eine Raumladung und damit ein veränderliches elektrostatisches Potential ϕ(x). ρ(x) M HL x rhox.ID.epsi 79 × 50 mm • Wie gross ist die Ausdehnung der Raumladungsschicht im Metall? Eine Abschätzung liefert die Abschirmlänge Ls , die in Kap. 6 im Zusammenhang mit der Abschirmung des Coulomb-Potentials flacher Störstellen diskutiert wurde. Man erhält √ π aB,e f f Ls = ≈ 0.5 Å 2 kF mit dem effektiven Bohrradius aB,e f f und dem Fermi-Impuls kF im Metall. (Dazu muss man den Thomas-Fermi-Ausdruck L−2 s = 4πe2 d n εs d EFM 146 Metall-Halbleiter (MS)-Kontakt für die Abschirmung und die Dichteformel im Grenzfall vollständiger Entartung der Elektronen ∗ 3/2 2m 1 E n= 2 3π ~2 FM benutzen.) Die Eindringtiefe der Raumladung ins Metall ist also extrem klein, so dass man das Potential ϕ(x) im Metall praktisch als konstant ansehen kann. • Wenn sich an der Grenzfläche eine Dipolschicht ausbildet, dann erleidet das Potential dort einen Sprung ϕ(+0) − ϕ(−0). Wir nehmen zunächst an, dass keine Dipolschicht existiert. In diesem Fall bleibt die Höhe der Schottky-Barriere ΦB = Φ − χ unverändert, weil EFM und Ec um denselben Energiebetrag −eϕ(0) angehoben werden. • Die Konsequenz daraus, dass bei x = 0 der energetische Abstand EFM − Ec “festgepinnt” bleibt, ist die Ausbildung einer Potentialbarriere im Halbleiter. Es entsteht eine Kontaktspannung UK = (EFS − EFM )/e. • Wie gross ist die Ausdehnung der Raumladungsschicht im Halbleiter? Der Potentialverlauf kann √ leicht berechnet werden, wenn die √ Schottky-Näherung eUK kB T (depletion approximation) gilt, was wir hier annehmen wollen. Für einen n-Halbleiter lautet die zu lösende Poisson-Gleichung (n = p = 0 in der Verarmungsschicht, d.h. im Intervall x = [0, xB ] mit xB als Rand der Barriere) ε0 εs d2ϕ = −eND+ 2 dx mit der Lösung ϕ(x) = − e ND+ x2 +C1 x +C2 . 2ε0 εs Die Randbedingungen im Unendlichen lauten ϕ(∞) = 0 und dϕ(x)/dx|x=∞ = 0. Weil UK = ϕ(∞) − ϕ(0) ist, folgt ϕ(0) = C2 = −UK . Das Verschwinden der ersten Ableitung von ϕ am Rand der Barriere ergibt die zweite Integrationskonstante: C1 = eND+ xB /(ε0 εs ). Führt man noch eine quadratische Ergänzung durch, folgt für das Potential im Intervall x = [0, xB ]: e e ND+ (x − xB )2 + N + x2 . ϕ(x) = −UK − 2ε0 εs 2ε0 εs D B 11.2 MS-Kontakt im Gleichgewicht, Schottky- und Bardeen-Modell 147 E 0 - e ϕ(x) M a) HL b) E 0 - e ϕ(x) Φ E c - e ϕ(x) EF E c - e ϕ(x) ΦB M HL EF E v - e ϕ(x) E v - e ϕ(x) 0 x 0 MSnonequ.ID.epsi 115 × 98 mm x E 0 - e ϕ(x) c) E c - e ϕ(x) M d) M HL E 0 - e ϕ(x) HL E c - e ϕ(x) EF ΦB E v - e ϕ(x) 0 EF E v - e ϕ(x) 0 x x Räumlicher Verlauf der Bandkanten des Halbleiters und des Vakuum-Niveaus in einem Metall-Halbleiter-Übergang nach Einstellung des thermodynamischen Gleichgewichts. Die Fälle a) und c) bezeichnet man als Schottky-Kontakt, die Fälle b) und d) als Ohmschen Kontakt. Das Verschwinden des Potentials am Rand der Barriere ergibt den Zusammenhang zwischen Kontaktpotential und Barrierenweite: UK = e N + x2 . 2ε0 εs D B Die charakteristische Längenskale des Problems ist die sogenannte Debye-Länge LD = ε0 εsUT . eND+ Mit ihrer Hilfe kann man den Ausdruck für das elektrostatische Po- 148 Metall-Halbleiter (MS)-Kontakt tential kompakt in der Form UT ϕ(x) = − 2 (x − xB )2 , 2LD xB = √ 2LD schreiben. Weil die Schottky-Approximation muss, muss auch xB LD sein. UK UT (11.1) % UK /UT 1 gelten Schottky- und Bardeen-Modell des MS-Kontakts 1.0 Pt barrier height (eV) 0.8 Pb 0.6 Pd Ag Au Al W Mo Cu 0.4 Mg Ni phiBvsPhi.eps 69 × 68 mm 0.2 0.0 3 4 5 6 metal work function (eV) Barrierenhöhe als Funktion der Austrittsarbeit für verschiedene Metall-n-Si-Kontakte. Die Gerade entspricht der Mott’schen Beziehung ΦB = Φ − χ mit dem Wert der Elektronen-Affinität in Si (χ = 4.05 eV ). In der Abbildung ist die Barrierenhöhe ΦB als Funktion der Austrittsarbeit im Metall für verschiedene Metall-n-Si-Kontakte dargestellt. Die Gerade entspricht der Mott’schen Beziehung ΦB = Φ − χ mit dem Wert der Elektronen-Affinität in Si (χ = 4.05 eV ). Das Schottky-Modell des MS-Kontaktes ist also so gut wie nicht erfüllt, eher ist ΦB noch unabhängig von Φ (etwa gleich 0.6 - 0.8 eV für die meisten Metalle). Um dieses Verhalten zu verstehen, lassen wir jetzt einen Potentialsprung and der Grenzfläche zu, dann ändert sich die Barrierenhöhe um diesen Sprung, d.h. ΦB = Φ − χ − e[ϕ(+0) − ϕ(−0)]. Ursache dafür ist eine Dipolschicht, die von geladenen Grenzflächen-Zuständen herrührt. Wir nehmen an, dass die Dichte dieser Grenzflächen-Zuständen so gross 11.2 MS-Kontakt im Gleichgewicht, Schottky- und Bardeen-Modell 149 ist, dass praktisch alle Elektronen aufgenommen werden können. Als Modell benutzen wir eine δ-Funktion, wie sie auch schon bei den tiefen Störstellen verwendet wurde, Dit (E) = D0it δ(E − Es ) , die Zustände sind also bei der Energie E = Es in der Energielücke des Halbleiters konzentriert. Für die Elektronendichte in diesen Zuständen folgt dann n(+0) = Z ∞ −∞ dE Dit (E) f (E) = D0it f (Es ) . In Wirklichkeit ist die δ-Funktion zu einer Glockenkurve verbreitert. Die Einstellung des thermodynamischen Gleichgewichts im MS-Kontakt zerlegen wir in Gedanken in zwei Teilschritte, erstens die Einstellung des Gleichgewichts im Halbleiter, nachdem die glockenförmige Grenzflächen-Zustandsdichte “eingeschaltet” wurde, zweitens die Einstellung des Gleichgewichts über die Grenzfläche hinweg zwischen Metall und HalbM E FM ∆E S HL bardeen.ID.epsi 72 × 57 mm E S ≈ E FS x leiter, nachdem beide in Kontakt gebracht wurden. Im ersten Teilschritt gehen Elektronen aus dem Innern des Halbleiters in die GrenzflächenNiveaus über , wobei diese von unten her bis zu einer gewissen Energiegrenze aufgefüllt werden. Diese Grenze ist per definitionem gleich dem Fermi-Niveau im Halbleiter (bei T = 0). Nach obiger Voraussetzung (weil praktisch alle Elektronen aufgenommen werden können), fällt diese Grenze letztendlich mit dem Niveau Es zusammen. Eine Vergrösserung oder Verkleinerung der Elektronenkonzentration im Halbleiter durch Änderung der Dotierung erhöht oder verkleinert zwar die Zahl der Elektronen in den Grenzflächen-Niveaus, wegen der grossen 150 Metall-Halbleiter (MS)-Kontakt Zustandsdichte bleibt aber die Lage des Fermi-Niveaus praktisch unverändert (pinning des Fermi-Niveaus). Im zweiten Teilschritt werden Elektronen über die Grenzfläche hinweg, zwischen den Grenzflächen-Zuständen des Halbleiters und einer dünnen Randschicht des Metalls, ausgetauscht. Dadurch entsteht an der Grenzfläche eine Dipolschicht, die einen Potentialsprung ϕ(+0) −ϕ(−0) zwischen Metall und Halbleiter erzeugt, der im Gleichgewicht gerade so gross ist, dass das Fermi-Niveau des Metalls auf das des Halbleiters angehoben oder abgesenkt wird. Es gilt also EFM − Es = −e[ϕ(+0) − ϕ(−0)] . Damit wird die Barrierenhöhe ΦB = Φ − χ + EFM − Es . (11.2) Wir beziehen jetzt alle Energien auf die Valenzbandkante des Halbleiters. Wegen E0 −χ −Eg = Ev und Es = Ev +∆Es (sh. Abb.) ist (man eliminiere Ev ) −χ − Es = Eg − E0 − ∆Es , was nach Einsetzen in Gl. (11.2) auf den Zusammenhang ! ΦB = Φ + EFM + Eg − E0 − ∆Es = Eg − ∆Es führt, weil ja Φ + EFM = E0 ist. Also ΦB = Eg − ∆Es (11.3) (Bardeen’sches Modell). ΦB ist im Bardeen’schen Modell unabhängig von der Austrittsarbeit im Metall! Dieses Modell trifft für Silizium besser zu als das Schottky-Modell. Man kann nun beide Modelle zu einem verallgemeinerten Modell kombinieren. Mit zwei Parametern, S und Φ0 , schreibt man ΦB = S (Φ + EFS − E0 ) + Φ0 . Der Grenzfall des Schottky-Modells ergibt sich mit S = 1 und Φ0 = 0, da E0 = Ec +χ ≈ EFS +χ für einen n-Halbleiter. Der Grenzfall des BardeenModells ergibt sich mit S = 0 und Φ0 = Eg − ∆Es . Der Abbildung kann man entnehmen, dass S mit steigender Elektronegativitätsdifferenz des Halbleiters wächst. Bei den kovalenten Halbleitern dominieren die Grenzflächen-Eigenschaften (S sehr klein). S 11.3 MS-Kontakt im Nichtgleichgewicht 151 1.1 AlN ZnO SrTiO 3 1.0 ZnS SiO2 Al2O3 0.9 GaS KTaO 3 0.8 0.7 CdS 0.6 GaSe SvsAff.ID.epsi ZnSe 0.5 77 × 67 mm 0.4 SiC GaTe CdSe 0.3 CdTe GaP 0.2 Ge GaAs 0.1 Si InSbInP 0.0 0.0 0.5 1.0 1.5 2.0 2.5 electronegativity difference (eV) 11.3 MS-Kontakt im Nichtgleichgewicht Betrachten Schottky-Übergang im n-Halbleiter. Legt man eine Spannung U an, so verändert sich das Kontaktpotential gemäss UK → UK − U , % √ und damit z.B. die Weite der Barriere: xB = 2LD (UK −U )/UT . Der Strom im Bahngebiet des Halbleiters wird durch die Majoritätsladungsträger getragen (hier Elektronen). Die Netto-Stromdichte über die Schottky-Barriere hinweg ist jn (U ) = jMS (U ) − jSM (U ) , mit der Konvention “MS” = Metall → HL, “SM” = HL → Metall. Es gilt jMS (U ) = jMS (0), weil für alle Spannungen U die Schottky-Barriere thermisch überwunden werden muss. Also jn (U ) = jMS (0) − jSM (U ) . Berechnen zuerst jMS (0). Nach der Definition des 1. Moments der Boltzmann-Gleichung kann man schreiben: 2e jMS (0) = − (2π)3 Z 1.BZ d 3 k Θ(kx ) 1 ∂ E (k) fM (Ec (k)) . ~ ∂kx c (11.4) In dieser Gleichung berücksichtigt der Faktor 2 die Spin-Entartung und die Theta-Funktion den Umstand, dass nur Elektronen, die vom Metall in den Halbleiter fliessen, gezählt werden dürfen. Die restlichen Faktoren sind die Gruppengeschwindigkeit und die Fermi-Dirac-Verteilung 152 Metall-Halbleiter (MS)-Kontakt a) U = 0 M n-HL ΦB Ec E FM E FS 0 xB x MSvsU.ID.epsi 123 × 93 mm c) U < 0 b) U > 0 M Ec E FS ΦB E FM M n-HL x x x x x x n-HL ΦB E FM x x 0 xB Ec E FS x x x x x x x x xB 0 x Veranschaulichung des Stromflusses in einem Schottky-Übergang. a) ohne Spannung, b) Durchlassrichtung, c) Sperrrichtung. Die Kreuze in b) und c) deuten an, dass das Fermi-Niveau im Raumladungsgebiet nicht definiert ist. der Elektronen im Metall. Letztere bestimmt die Zahl der vorhandenen Elektronen, die über die Barriere hinweg in den Halbleiter übertreten können. Die Integrationsgrenzen kann man ins Unendliche verschieben. Als Energie-Nullpunkt wählen wir die Energie des Vakuum-Niveaus: E0 = 0. Dann ist EFM = −Φ. Wegen Ec (k) + Φ kB T kann man Boltzmann-Statistik benutzen, − Φ − Ec (k) fM (Ec (k)) = e kB T e kB T . In Effektivmassen-Näherung für Ec (k) erhält man dann (0) e − Φ+Ec jMS (0) = − 3 e kB T 4π Z ∞ −∞ dky Z ∞ −∞ dkz Z ∞ 0 ~kx − 2m~ kk T c B 2 2 dkx (0) mc e . Aufgrund der Wahl des Energie-Nullpunkts ist Ec = −χ, also ist Φ + (0) Ec = Φ − χ = ΦB gleich der Schottky-Barriere. Die Berechnung der 11.3 MS-Kontakt im Nichtgleichgewicht 153 Integrale ist trivial, man erhält endgültig e − ΦB jMS (0) = − vth,n Nc e kB T 4 (11.5) % mit der mittleren thermischen Geschwindigkeit vth,n = 8kB T /(πmc ) der Elektronen und der Leitungsbandkanten-Zustandsdichte Nc . Die berechnete Stromdichte jMS (0) kann benutzt werden, um auf jSM (U ) zu schliessen. Im Gleichgewicht gilt jMS (0) = jSM (0). Legt man eine Span(0) (0) nung U an, geht Ec in die neue Lage Ec − eU über, also jSM (U ) = jSM (0) exp(U /UT ). Damit ergibt sich für die Netto-Stromdichte U jn (U ) = jMS (0) 1 − e UT . Der Schottky-Kontakt wirkt demnach, genau wie die Diode, als Gleichrichter. Wegen des Faktors exp(−ΦB /kB T ) kann die Sperrwirkung jedoch grösser sein, nämlich dann, wenn die Barrierenhöhe ΦB grösser ist als die built-in-Spannung der Diode. Noch zwei abschliessende Bemerkungen: Da in der Raumladungszone praktisch keine Elektronen vorhanden sind, müssen sie aus dem Bahngebiet (bulk) kommen. Ungehinderte Emission kann nur stattfinden, wenn sie beim Durchfliegen der Raumladungszone keine Stösse erleiden. Deshalb muss die mittlere freie Weglänge l grösser als die Barrierenweite xB sein. l > xB bedeutet aber, das sich in der Raumladungszone kein auch nur angenähertes thermodynamisches Gleichgewicht ausbilden kann. Deshalb ist ein Fermi-Niveau auch nicht mehr im lokalen Sinne definiert. Der Fall l xB kann mit der sogenannten Diffusionstheorie behandelt werden (sh. Übungen zu den Bipolar-Bauelementen) und liefert qualitativ dasselbe. Wird die Potential-Barriere sehr schmal, kann sie durchtunnelt werden. Dann hat man einen Ohmschen Kontakt. In der Mikroelektronik werden Ohmsche Kontakte durch eine hohe Dotierung des Siliziums im Kontaktgebiet erreicht. 154 Metall-Halbleiter (MS)-Kontakt 11.4 Kontakt-Randbedingungen Simulation in der Bauelemente- Idealer Ohmscher Kontakt • thermodynamisches Gleichgewicht: n p = n2i,e f f Zwei Annahmen: • Ladungsneutralität: n − p = NA− − ND+ = C . Die erste Bedingung entspricht einer unendlich grossen OberflächenRekombinationsgeschwindigkeit. Setzt man beide Bedingungen ineinander ein, ergeben sich Dirichlet-Randbedingungen für die Dichten: 1 ' 2 2 C + 4 ni,e f f +C n = 2 ' 1 2 2 p = C + 4 ni,e f f −C . 2 Schottky-Kontakt Die Formel (11.5) für die Netto-Stromdichte wird umgeschrieben. Es ist U ΦB ! Nc exp − + = n(xB ) = n(x = 0) kB T UT ΦB ! Nc exp − = neq (xB ) = neq (x = 0) kB T wegen der Voraussetzung der Emissionstheorie (keine Stösse in der RLZ). Als Strom-Randbedingung bei x = 0 erhält man also & e jn (U ) = − vth,n n − neq &x=0 . 4 Das Auftreten der mittleren thermischen Geschwindigkeit ist das Ergebnis der Emissionstheorie. In der Diffusionstheorie erhält man stattdessen & jn (U ) = −e vrec,n n − neq & x=0 oder allgemein in der Bauelemente-Simulation 1 ' 2 2 C + 4 ni,e f f +C , jn · en = −e vrec,n n − 2 wobei vrec,n die Oberflächen-Rekombinationsgeschwindigkeit ist. 11.4 Kontakt-Randbedingungen in der Bauelemente-Simulation 155 Nicht-idealer MS-Kontakt • Das Argument, dass dünne Potentialbarrieren durchtunnelt werden und Ohmsche Kontakte liefern, kann benutzt werden, um ein Modell des nicht-idealen MS-Kontakts aufzustellen. • Bei xT gilt: jDD = jtunnel • Der Bereich [0, xT ] wird in der BE-Simualtion zu Null “geschrumpft”. • Die Wahl von xT erfolgt nach einem Tunnel-Kriterium. • Die Gleichung jDD = jtunnel |x=xT wird iteriert und liefert den Wert für das quasi-Fermi-Niveau bei xT . • Die Grenzfälle des Ohmschen und Schottky-Kontakts werden über die dotierungsabhängige Barrierenweite reproduziert. Hohe Dotierung (> 1018 cm−3 ) =⇒ schmale Barriere = Ohmscher Kontakt. Schwache Dotierung (< 1016 cm−3 ) =⇒ breite Barriere = Schottky-Kontakt. Anschluss-Punkt zwischen diffusivem und ballistischem Transport E F,M qUappl xT.ID.epsi 97 × 46 mm Ec -q ϕn(x T) xT xB 12 Metall-Isolator-Halbleiter (MIS) Struktur 12.1 Isolator-Halbleiter (IS)-Übergang im Gleichgewicht a) Isolator HL b) Isolator HL E cI E FI EISequ.ID.epsi cS E120 FS × 65 mm EF E vS E cS E vS E vI Räumlicher Verlauf der Bandkanten und der Fermi-Niveaus an einem IsolatorHalbleiter-Übergang vor (a) und nach (b) Einstellung des Gleichgewichts. Der in der Abbildung dargestellte IS-Übergang entspricht einem pnÜbergang aus zwei unterschiedlichen Materialien mit einer sehr kleinen Akzeptor-Konzentration NAI im Isolator. Da EFS > EFI ist, gehen Elektronen vom Halbleiter in den Isolator über, der sich dadurch negativ auflädt. Wegen des grossen Dotierungsunterschieds reichen bereits wenige Elektronen aus, um die Fermi-Niveaus anzugleichen. Die Raumladungszonenweite im Isolator wird sehr gross, während im Halbleiter die Raumladung vernachlässigbar bleibt. Ist der Isolator nicht dick genug, kann der Sprung des chemischen Po156 12.1 Isolator-Halbleiter (IS)-Übergang im Gleichgewicht 157 tentials nicht vollständig elektrisch abgeschirmt werden (man erhält andere Randbedingungen). Aufgrund der geringen Raumladung im Halbleiter ist die Feldstärke dort praktisch Null und EF ≈ EFS . Dies bedeutet, dass der Halbleiter vom Isolator praktisch überhaupt nicht beeinflusst wird. Auch das Feld im (hinreichend dicken) Isolator ist klein und kann vernachlässigt werden. Somit erhält man im Schottky-Modell des ISÜbergangs einen horizontalen Bandkanten-Verlauf. In Wirklichkeit existieren jedoch Grenzflächenzustände. Ist die Grenzflächen-Ladungsdichte negativ (eingefangene Elektronen), entsteht im Halbleiter unter der Grenzfläche ein Verarmungsgebiet (positive Raumladung). In Schottky-Näherung ist wegen der Erhaltung der Elektronenzahl + xB ns = NDS (ns = Grenzflächen-Zustandsdichte [cm−2 ], xB = Barrierendicke). Die Grenzflächen-Zustandsdichte ns ist mit einem Sprung der Feldstärke verbunden: εs E(+0) − εI E(−0) = − e s n . ε0 Da man E(−0) vernachlässigen kann, ergibt sich auf der Halbleiterseite Isolator HL E cI EF ISinterface.ID.epsi 58 × 64 mm E cS E vS E vI Räumlicher Verlauf der Bandkanten an einem Isolator-Halbleiter-Übergang im Gleichgewicht bei Vorhandensein von Grenzflächen-Zuständen. 158 Metall-Isolator-Halbleiter (MIS) Struktur der Grenzfläche Es = − e s n . ε0 εs Der Wert des Potentials an der Grenzfläche ist ϕ(0) = U s . In völliger Analogie zum MS-Kontakt erhält man als Lösung der Poisson-Gleichung in Schottky-Näherung . UT 2 in [0, x ] − 2L B 2 (x − xB ) ϕ(x) = D 0 sonst mit xB = √ 2LD |U s | , UT LD = ε0 εsUT + . eNDS + ein, folgt für die Grenzflächen-Zustandsdichte Setzt man xB = ns /NDS ns = 2ε0 εs + s NDS |U | e (12.1) und die Grenzflächen-Feldstärke E s wird e + 2e + s s E =− NDS xB = − N |U | . ε0 εs ε0 εs DS Für eine Abschätzung der Grössen betrachten wir folgendes Zahlen+ = 1016 cm−3 , εs = 10. Dann wird beispiel: e |U s | = 1 eV , NDS ns = 3 × 1011 cm−2 E s = 6 × 104 V /cm xB = 0.3 µm . (12.2) Damit es zum Fermi level pinning kommen kann, muss die GrenzflächenZustandsdichte grösser sein als das berechnete ns (etwa 1012 cm−2 ), was an der Si-SiO2 -Grenzfläche aber gerade nicht der Fall ist! Dies macht die Funktionsweise von MOSFETs möglich, denn wäre dem nicht so, könnte man durch Variation der Gate-Spannung die Lage des Fermi-Niveaus unter der Grenzfläche nicht ändern und damit auch nicht die Leitfähigkeit im Kanal. Die heutige Mikroelektronik basiert also im wesentlichen auf den guten Eigenschaften der Si-SiO2 -Grenzfläche. 12.2 MIS-Struktur bei angelegter Spannung 159 12.2 MIS-Struktur bei angelegter Spannung U<0 n p ISnonequ.ID.epsi 75 × 88 mm U>0 n p Bildung von Verarmungs- bzw. Anreicherungsschichten an einem Isolator-HalbleiterÜbergang bei angelegter Spannung. Der Isolator sei bei x = −d kontaktiert, der Halbleiter bei x = ∞. ϕ(∞) − ϕ(−d) = −U U = angelegte Spannung. Die Randbedingungen lauten: ϕ(∞) = 0 und dϕ/dx|x=∞ = 0. Im Halbleiter wird Ladung influenziert. Diesen Effekt nennt man Feldeffekt, der dem Transistor seinen Namen gibt (FET). Die influenzierte Ladungsmenge ist der εI /εs -te Teil der Ladungsmenge, die auf den Isolator aufgebracht werden muss (εI ist die Dielektrizitätskonstante des Isolators). Voraussetzung für das Funktionieren des Feldeffekt-Transistors ist die Kleinheit der Grenzflächen-Zustandsdichte. Wir vernachlässigen sie im folgenden völlig und betrachten einen p-Halbleiter bei U > 0. Die (0) Leitungsbandkante an der Grenzfläche zum Isolator Ec − eϕ(0) wird heruntergezogen, bis sie bei einer bestimmten Spannung U0 das FermiNiveau trifft 1 (0) U0 ≡ [Ec − EF ] . e 160 Metall-Isolator-Halbleiter (MIS) Struktur E eU0 inversion.ID.epsi eUs EF 105 × 71 mm -d 0 xi xp x Erhöht man die Spannung U weiter (U > U0 ), so ergibt sich ein Punkt xi , an dem gilt (0) Ec − eϕ(xi ) = EF (xi ist die Breite der Inversionsschicht). Die Elektronenkonzentration ist hier von der Grössenordnung der effektiven Zustandsdichte Nc (1019 cm−3 ). Wir wollen annehmen, dass die Dotierung des p-Halbleiters − Nc gilt. Im Inversionsgebiet wird nicht zu gross ist, so dass noch NAS die Verteilungsfunktion der Elektronen als Stufenfunktion genähert: f (E) ≈ Θ(EF − E) , 0 ≤ x ≤ xi . Für das Gebiet zwischen xi und der Raumladungszonen-Grenze x p nehmen wir an, dass die Schottky-Näherung möglich ist, also eU s kB T gilt. Damit erhält man ein einfaches Modell für die Elektronendichte im Halbleiter. R∞ 0 ≤ x ≤ xi (0) dE Dc (E) Θ(EF + eϕ(x) − E) Ec n(x) = 0 xi ≤ x ≤ ∞ Die Löcher werden in Schottky-Näherung behandelt: 0 0 ≤ x ≤ xp p(x) = N x ≤ x ≤ ∞ (vollständige Ionisation) . AS p 12.2 MIS-Struktur bei angelegter Spannung 161 Eine analytische Lösung der Poisson-Gleichung wird nur dann möglich, wenn man den Ausdruck für n(x) noch weiter vereinfacht. Dazu wird die Zustandsdichte Dc (E) durch einen Mittelwert Dc ersetzt, der im Energie(0) Intervall [Ec − eU s, EF ] gebildet wird: 1 Dc = 2 2π 2mc 3/2 ~2 Z EF γ (0) EF − Ec + eU s de f (0) Ec −eU s dE (0) E − Ec − eU s (0) (Mittlung bei x = 0). Da eU0 = Ec − EF ist, erhält man γ Dc = 2 3π 2mc ~2 3/2 % eU s − eU0 . (12.3) Der Korrekturfaktor γ < 1 berücksichtigt, dass das bei x = 0 berechnete Dc zu einer Überschätzung der mittleren Elektronenkonzentration in der gesamten Inversionsschicht führt. Benutzt man Gleichung (12.3) in n(x), so folgt Nc [ϕ(x) −U0 ] n(x) = s U −U0 mit 3/2 γ 2mc s Nc = 2 (eU − eU0 ) . 3π ~2 Die Elektronenkonzentration nimmt also im Inversionsgebiet vom Wert N c auf den Wert 0 ab (da ϕ(xi ) = U0 ). Das Modell (12.3) führt zur Unterschätzung von n im linken Teil und zur Überschätzung von n im rechten Teil der Inversionsschicht. Die Poisson-Gleichung vereinfacht sich zu 0 −d ≤ x ≤ 0 −1 s e d 2ϕ N c (U −U0 ) [ϕ(x) −U0 ] 0 ≤ x ≤ xi = × −N x dx2 ε0 εs i ≤ x ≤ xp AS 0 xp ≤ x ≤ ∞ . Die Randbedingungen lauten ϕ(∞) − ϕ(−d) = −U und ϕ (∞) = 0. Wegen der Wahl des Energie-Nullpunkts in der Form ϕ(∞) = 0 folgt auch ϕ(x p ) = 0 und ϕ (x p ) = 0. Im Isolator ist die Feldstärke konstant −EI = ϕ (−d). Also hat man folgende Randbedingungen: ϕ(−d) = U , ϕ (−d) = −EI , ϕ(x p ) = 0 , ϕ (x p ) = 0 . 162 Metall-Isolator-Halbleiter (MIS) Struktur Man erhält als Lösung der Poisson-Gleichung U − EI (x + d) s sinh x + (U s −U ) cosh x − L E U 0 u 0 ϕ(x) = Lu Lu UT (x − x p )2 2L2 −d ≤ x ≤ 0 0 ≤ x ≤ xi xi ≤ x ≤ x p D mit L2u ε0 εs (U s −U0 ) = , eN c L2D = ε0 εsUT . eNAS Wegen ϕ(0) = U s folgt U s = U − EI d. Weil E s = εI EI /εs ist, wird U s folgende Funktion von E s : Us = U − εs s E d. εI Es bleiben drei Grössen zu bestimmen: xi , x p und E s . 1.) Aus der Stetigkeit von ϕ (x) bei x = xi folgt xi xi U s −U0 UT s sinh − E cosh = 2 (xi − x p ) . Lu Lu Lu LD 2.) Aus dem Wert von ϕ(x) bei x = x− i (ϕ(xi ) = U0 !) folgt xi U s −U0 = tanh . s Lu E Lu 3.) Aus dem Wert von ϕ(x) bei x = x+ i folgt UT U0 = 2 (xi − x p )2 2LD =⇒ x p = xi + LD 2U0 . UT 1) und 2) sind implizite Gleichungen zur Bestimmung von xi und E s . Setzt man 2) in 1) ein, so folgt 2 xi s 2 s 2 s Lu (U −U0 ) − (Lu E ) = UT E cosh (xi − x p ) . Lu LD 12.2 MIS-Struktur bei angelegter Spannung 163 Unter der Voraussetzung L2u L2D , d.h. NAS N c kann man die rechte Seite der letzten Gleichung näherungsweise Null setzen und erhält mit U s −U0 eine implizite Gleichung für E s . (12.4) Lu Die in der Inversionsschicht gespeicherte Ladung wird wegen x x Nc Lu E s [ϕ(x) −U0 ] = N c cosh sinh − s n(x) = s U −U0 Lu U −U0 Lu Es = gleich n = s Z xi 0 xi x x −1 xi − tanh cosh dx n(x) = N c Lu sinh Lu Lu Lu 0 xi 1 + cosh Lu = N c Lu sinh Lxui ≈ N c Lu . Einsetzen der expliziten Ausdrücke ergibt 3/2 1/2 2m ε0 εs % s γ c s ns = (eU − eU ) U −U0 0 3π2 ~2 e also ns = α (U s −U0 )5/4 . (12.5) Setzt man Gleichung (12.4) in U s (E s ) = U − εs E s d/εI ein, so folgt εI U −U s U −U0 s U −U0 = Lu . = εs d 1 + εεsLd I u Damit wird die gespeicherte Ladung als Funktion der äusseren Spannung U: 5/4 U −U 0 . ns (U ) = α 1 + εεIsLdu Um die gespeicherte Ladung über U möglichst wirksam steuern zu können, muss d Lu sein. Lu ist von der Grössenordnung 500 Å (für U s −U0 ∼ 1V ), also muss gelten: d 50 nm! 164 Metall-Isolator-Halbleiter (MIS) Struktur 12.3 Ladungstransport durch dünne Oxide Tunneling mechanisms Fowler-Nordheim direct resonant (multi)phonon-assisted "cavity" defects E (x ) t Typical characteristics single oxide, tox= 2.5 nm direct Fowler-Nordheim single oxide, tox = 10 nm multiphonon-assisted resonant direct -15 -2 –2 Log [J (Acm )] 0 Log [J (Acm )] tunnelmech.ID.epsi 121 × 94 mm -10 –5 -20 -25 -30 -35 –10 -40 0 2 4 6 8 gate voltage (V) 10 0 1 2 3 E (MV/cm) 4 Die Stromdichte für den Mechanismus des direkten Tunnelns durch dünne Oxide wird auf ähnliche Weise berechnet wie beim MetallHalbleiter-Übergang. Bei dünnen Oxiden (d < 3 nm), die durchtunnelt werden, kann kein lokales quasi-Fermi-Niveau innerhalb der Oxidbarriere definiert werden. Im Falle extrem dünner Oxide (d ≈ 1 nm, “native E FM x x x dirtun.ID.epsi x 74 × x48xmm x x E FS x = -d x=0 12.3 Ladungstransport durch dünne Oxide 165 oxides”) stellt sich zwischen Metall und Halbleiter ein näherungsweises thermodynamisches Gleichgewicht ein. Der MIS-Übergang wird dann quasi-Ohmsch. Die Elektronen-Stromdichte kann nach der Formel EFS (0)−Ec (0)−E Z ∞ exp + 1 kB T emc kB T dE T (E) ln jn = exp EFM (0)−Ec (0)−E + 1 2π2 ~3 0 kB T berechnet werden. Dabei ist T (E) die Transmissionswahrscheinlichkeit (auch Durchgangskoeffizient genannt, sh. Kap.5) für die Oxidbarriere. Die Abbildung zeigt gemessene und simulierte Tunnelstrom-Kennlinien von MOS-Kapazitäten mit SiO2 -Dicken von 15 Å bzw. 30 Å. 1E0 Gate Currents of MOS capacitor Cu r r en t (A ) 1E-5 1E -10 1E -15 iv15-30-comp.ID.epsi 80 × 77 mm ex p 15A ex p 30A sim 30A sim 15A 1E -20 -4 -2 0 Vo l t ag e (V) 2 4 13 Hetero-Übergänge 13.1 Banddiskontinuitäten Material 1 E c1 E F1 Material 2 E c2 ∆E c E g1 hetero1.ID.epsi 81 × 55 mm E v1 E g2 ∆E v E F2 E v2 x 0 Die Abbildung zeigt die Situation vor Einstellung des Gleichgewichts. Auch wenn keine freien Ladungsträger vorhanden sind, fliesst Valenzladung aus dem Material 1 mit der höher liegenden Valenzbandkante ins Material 2. Es bildet sich eine Dipolschicht aus. Wegen des damit verbundenen Potentialsprungs ergibt sich für die tatsächliche Lage der Valenzbandkanten am Hetero-Übergang: (0) (0) Ev1 = Ev1 − eϕ− ; Ev2 = Ev2 − eϕ+ . Damit folgt für die Valenzband-Diskontinuität: ∆Ev = Ev1 − Ev2 = (0) (0) Ev1 − Ev2 − e (ϕ− − ϕ+ ) . !" # !" # Volumenbeitrag Dipolbeitrag 166 13.2 Potentialverlauf nach Einstellung des Gleichgewichts 167 Der Dipolbeitrag hängt allerdings auch von den Eigenschaften der Grenzfläche ab. Für die Leitungsband-Diskontinuität erhält man: ∆Ec = Ec2 − Ec1 = Ev2 + Eg2 − Ev1 − Eg1 = −∆Ev + ∆Eg . ∆Eg kann experimentell leicht bestimmt werden, ∆Ev ist dagegen schwierig zu messen. 13.2 Potentialverlauf nach Einstellung des Gleichgewichts E c2 E F2 a) E c1 E F1 b) hetero2.ID.epsi 84 × 72 mm c) -e ϕ(x) Ec -e ϕ(x) EF 0 x Verlauf der Leitungsbandkante an einem Hetero-Übergang vom n-Typ vor Einstellung des Gleichgewichts a) und danach c). Der Verlauf des Potentials ist in b) dargestellt. Wir beziehen jetzt auch die freien Ladungsträger mit in die Betrachtung ein. Durch Umverteilung an der Hetero-Grenze bildet sich eine Raumladungszone aus. Zum Zwecke einer vereinfachten Analyse beschränken wir uns auf das System GaAs-AlAs, für das Ec2 > Ec1 gilt, und machen folgende Annahmen: Nc1 = Nc2 , n-Dotierung mit p = NA = 0, gleiche Dielektrizitätskonstanten ε1 = ε2 . Dann lautet die PoissonGleichung e d2ϕ =− [ND (x) − n(x)] . 2 dx ε0 εs Nimmt man noch an, dass die n-Dotierung in beiden Materialien identisch ist, so gilt EF2 − EF1 = Ec2 − Ec1 . Aufgrund der Voraussetzung Ec2 > Ec1 168 Hetero-Übergänge muss auch EF2 > EF1 sein. Deshalb diffundieren Elektronen aus dem Material 2 in das Material 1. Es entsteht eine Anreicherungsschicht in Material 1 und eine Verarmungsschicht in Material 2. In Material 2 kann man die Schottky-Näherung anwenden, in Material 1 dagegen nicht. Nach dem Schottky-Modell des Kontakts muss die Differenz der Fermi-Niveaus gerade durch die Bandverbiegung kompensiert werden, d.h. 1 (EF2 − EF1 ) = ϕ(+∞) − ϕ(−∞) . e In Material 1 kann man folgendermassen vorgehen: Die Elektronendichte ist (0) EF − Ec + eϕ(x) , n(x) = Nc exp kB T wenn man Boltzmann-Statistik voraussetzt. Führt man die Gleichgewichts-Konzentration n01 im unendlichen Volumen des Materials 1 ein, folgt ϕ(x) − ϕ(−∞) n(x) = n01 exp . UT Die Poisson-Gleichung im Gebiet von Material 1 lautet dann ϕ(x) − ϕ(−∞) e d 2ϕ =− ND (x) − n01 exp . dx2 ε0 εs UT Das erste Integral kann mit der Randbedingung dϕ/dx|x=−∞ = 0 und für konstante Dotierung ND (x) = ND = const exakt angegeben werden: 6 . 2 ϕ(x)−ϕ(−∞) dϕ 2e UT =− −1 . ND [ϕ(x) − ϕ(−∞)] −UT n01 e dx ε0 εs Im Sinne einer qualitativen Diskussion setzen wir ND = 0 (bzw. machen die Annahme ND n in der Anreicherungsschicht). Der Potentialsprung ist von der Grössenordnung der Banddiskontinuität und wird durch ∆Ec ersetzt. Mit e dϕ/dx ≈ ∆Ec /wA , wobei wA die Dicke der Anreicherungsschicht bezeichnet, erhält man LD ∆Ec − 12 k∆ETc B wA ≈ √ e . 2 kB T 13.3 Supergitter und Quantum Wells 169 % LD ist die Debye-Länge in Material 1: LD = ε0 εsUT /(e n01 ) . Hier ist also wA LD ! Mit ∆Ec = 0.4 eV ist wA ≈ 0.14 LD . Die Debye-Länge beträgt für n01 = 1018 cm−3 und εs = 12 etwa 0.2 µm, somit wird wA etwa 20 nm. Dieser Wert wird durch numerische Rechnungen bestätigt. Im Potentialtrichter bildet sich ein 2D-Elektronengas aus. 13.3 Supergitter und Quantum Wells In Kap. 5 hatten wir zur Veranschaulichung der Entstehung von Bändern ein eindimensionales Modell aus einer unendlichen Abfolge von Quantentöpfen und Barrieren betrachtet (Kronig-Penney-Modell). In der Realität werden solche Systeme als Supergitter realisiert. Auf ein Substrat werden dazu epitaktisch Halbleiterschichten aus abwechselndem Material aufgewachsen. Mittels MBE oder MOCVD gelingt die Herstellung von nahezu idealen Hetero-Grenzflächen. Liegen die Schichtdicken im Nanometer-Bereich, ergeben sich neuartige elektronische Eigenschaften, die denen ähnlich sind, die durch die natürliche Kristallstruktur verursacht werden (Energie-Lücken, negative effektive Massen, etc.). Im fola) d d1 Substrat b) superlatt1.ID.epsi d2 92 × 64 mm Supergitter y x z E c (z) z Halbleiter-Supergitter (a) und zugehöriger Verlauf der Leitungsbandkante (b). genden wird die elektronische Struktur von Supergittern noch einmal genauer betrachtet, wobei eine etwas andere Methode als in Kap. 5 benutzt wird (hier jetzt das eigentliche “Kronig-Penney-Modell” ohne WKB-Näherung). Wir beschränken uns wieder auf die Elektronen im Leitungsband, die Löcher können analog behandelt werden. Die Schicht- 170 Hetero-Übergänge dicke von Material 1 (z.B. GaAs) sei d1 , die von Material 2 (z.B. Ga1−x Alx As sei d2 und die Gitterkonstante des Supergitters in z-Richtung (Wachstumsrichtung) sei d = d1 + d2 . Parallel zu den Schichten in xund y-Richtung liegt die natürliche Gitterperiodizität vor. Die elektronische Struktur von Supergittern kann bereits mittels der EffektivmassenMethode recht gut beschrieben werden. Voraussetzung dafür ist insbesondere, dass die Leitungsband-Minima der beiden Materialien im selben Punkt des k-Raumes liegen. Bei der Kombination GaAs/Ga1−x Alx As ist das im direkten Bereich der Legierung (x ≤ 0.42) der Fall, beide Bandkanten liegen im Punkt Γ. Die Gesamt-Wellenfunktion eines Elektrons im Supergitter wird in der Effektivmassen-Näherung als Produkt aus einem Blochfaktor uc0 (r) und einer Enveloppen-Funktion Fc (r) dargestellt. Wir schreiben die Effektivmassen-Gleichung für Fc (r) in den beiden Materialien einzeln auf: ~2 ∆ + Ec1 Fc (r) = E Fc (r) r in Material 1 , − 2mc1 ~2 ∆ + Ec2 Fc (r) = E Fc (r) r in Material 2 . − 2mc2 Der Einfachheit halber seien die effektiven Massen gleich (mc1 = mc2 = mc ), was für das System GaAs/Ga1−x Alx As näherungsweise erfüllt ist. Durch Einführung einer ortsabhängigen Leitungsbandkante Ec (z) lassen sich beide Gleichungen zu einer zusammenfassen: ~2 ∆ + Ec (z) Fc (r) = (E − Ec1 ) Fc (r) (13.1) − 2mc mit Ec (z) = 0 ∆Ec ≡ Ec2 − Ec1 für n d < z < n d + d1 für n d + d1 < z < (n + 1) d und n als Nummer der Supergitter-Einheitszelle (−∞ < n < ∞). Die Funktion Ec (z) lässt sich als äusseres Potential interpretieren und Gleichung (13.1) als Schrödinger-Gleichung in diesem Potential. Ec (z) besitzt die Periodizität des Supergitters, d.h. Ec (z + d) = Ec (z) . Da das Potential Ec (z) nur von z, aber nicht von x, y abhängt, kann die Lösung der Schrödinger-Gleichung als Produkt aus einer parallel zu den 13.3 Supergitter und Quantum Wells 171 Schichten laufenden ebenen Welle mit einem gewissen Wellenvektor k , und einer nur von z abhängigen Funktion χc (z) geschrieben werden: Fc (r) = Fck (r) = 1 i k · x e χc (z) . Ω1/3 Für χc (z) ergibt sich die Schrödinger-Gleichung ~2 d 2 ~2 2 + E (z) χ (z) = E χ (z) mit E = E − E − k . − c c c c1 2mc dz2 2mc (13.2) Diese Gleichung gilt für alle z mit Ausnahme der Sprungstellen n d und n d + d1 zwischen den beiden Materialien. Um die Grenzflächen zu überbrücken, benötigt man Anschlussbedingungen für χc (z) und dχc (z)/dz. Normalerweise sind Wellenfunktionen und deren erste Ableitung überall im Raum stetig. Bei χc (z) handelt es sich aber nicht um eine vollständige Wellenfunktion, sondern nur um deren langsam veränderliche Enveloppe, die noch mit dem Blochfaktor uc0 (r) multipliziert werden muss. Der Blochfaktor hängt vom Material ab und hat i.a. links und rechts von der Grenzfläche unterschiedliche Werte. Das gleiche gilt für die Ableitungen. Wir nehmen diese Grössen im Sinne einer Näherung als gleich an (gilt für GaAs/AlAs-Supergitter tatsächlich näherungsweise). Dann ist also 6 χc (z − 0) = χc (z + 0) für z = n d und z = n d + d1 . (13.3) χc (z − 0) = χc (z + 0) Als weitere Bedingung fordern wir die Periodizität und Normierung von χc (z) bezüglich des 1-dimensionalen Grundgebietes Ω1/3 = M d (M bezeichnet die Anzahl der Supergitter-Einheitszellen pro Grundgebiet). Gemäss Bloch-Theorem kann dann χc (z) als gitterperiodische modulierte ebene Welle χc (z) = χck (z) = 1 ikz e Uck (z) Ω1/6 geschrieben werden mit k als Komponente des Gesamtwellenvektors des Bloch-Zustandes Fck (r) = Fck k (r) in z-Richtung und Uck (z) als Supergitter-Blochfaktor. Letzterer ist von den Blochfaktoren uc0 (r) der beiden Volumenkristalle zu unterscheiden. Das Auftreten von zwei verschiedenen Bloch-Faktoren spiegelt den Umstand wieder, dass bei einem 172 Hetero-Übergänge Supergitter zwei verschiedene periodische Potentiale vorliegen, nämlich das der natürlichen Kristallstruktur und das der künstlichen Überstruktur. Die Gesamtwellenfunktion ψc (r) ≡ ψck (r) enthält das Produkt der beiden Bloch-Faktoren. Sie lautet 1 ψck (r) = √ uc0 (r)Uck (z)ei k · r . Ω Die z-Komponente k des Wellenvektors k muss von der Form (2π/M d) · (0, ±1, ±2, ...) sein, damit die geforderte Grundgebietsperiodizität vorliegt. Der Variationsbereich von k ist die (1-dimensionale) erste BZ des Supergitters zwischen −π/d und π/d. Zur Lösung der SchrödingerGleichung (13.2) beschränken wir uns auf Energien 0 < E < ∆Ec , d.h. auf Energien, die unterhalb der niedrigsten erlaubten Energie eines Elektrons in Material 2 liegen. Der Blochfaktor Uck (z) der Wellenfunktion χck (z) wird in den beiden Materialschichten durch unterschiedliche Ausdrücke beschrieben. Für die Quantum Wells folgt aus der Schrödinger-Gleichung Uck (z) = a1 ei(K − k)z + b1 e−i(K + k)z , 0 < z < d1 mit K als reeller Zahl, die mit der Energie E durch die Beziehung E = ~2 2mc K2 (13.4) verknüpft ist, und a1 , b1 als noch zu bestimmenden Koeffizienten. In den Barrieren gilt dagegen Uck (z) = a2 e(κ − ik)z + b2 e−(κ + ik)z , d1 < z < d , wobei κ2 = 2mc ~2 ∆Ec − E (13.5) gesetzt wurde. Für die vier Koeffizienten a1 , b1 , a2 , b2 ergibt sich aus den vier Anschlussbedingungen (13.3) das homogene Gleichungssystem e−iKd1 −eκd1 −e−κd1 eiKd1 0 a 1 ikd e−ikd −eκd −e−κd b1 0 e = 0 . iK eiKd1 −iK e−iKd1 −κ eκd1 κ e−κd1 a2 b2 0 iK eikd −iK e−ikd −κ eκd κ e−κd 13.3 Supergitter und Quantum Wells 173 Damit dieses Gleichungssystem eine nichttriviale Lösung besitzt, muss seine Determinante verschwinden. Die Bedingung dafür lautet κ2 − K 2 sin (Kd1 ) sinh (κd2 ) = cos(kd) . cos (Kd1 ) cosh (κd2 ) + 2κK (13.6) Nur solche K und κ sind erlaubt, die dieser Beziehung genügen. Dabei sind K und κ aber nicht unabhängig voneinander, sondern durch die Energie E über Gleichungen (13.4) und (13.5) miteinander verknüpft. Die Gleichung (13.6) stellt also letztlich eine Bedingung für die Energie E dar. Sie ist identisch mit der des Kronig-Penney-Problems. Man erhält eine bestimmte Anzahl diskreter Energieeigenwerte En , die, wenn k variiert, zu Bändern En (k) auffächern, die durch Energielücken voneinander getrennt sind. Um die Energieeigenwerte E des Supergitters zu erhalten, muss gemäss (13.2) zu En (k) noch Ec1 + (~2 /2mc )k2 addiert werden: En (k) = En (k) + Ec1 + ~2 2mc k2 . Im Unterschied zum Kronig-Penney-Problem besitzen die Energiebänder des Supergitters also eine zusätzliche Dispersion bzgl. der WellenvektorKomponente k parallel zu den Schichten. Die Bänder und Lücken, die sich bei festem k und Variation von k ergeben, bezeichnet man als Minibänder und Minilücken. Die bei festem k und variablem k entstehenden Bänder bezeichnet man als Subbänder. Die Subband-Dispersion resultiert aus der natürlichen Kristallstruktur, während die MinibandDispersion die Folge der künstlichen periodischen Überstruktur ist. In der Abbildung sind auch die Grenzfälle sehr dicker Barrieren (links) und sehr dünner Barrieren (rechts) dargestellt. Im ersten Fall dominieren die hyperbolischen Terme in (13.6) und der die Dispersion verursachende Term cos(kd) auf der rechten Seite kann vernachlässigt werden. Die Minibänder entarten zu den diskreten Niveaus des isolierten Quantentopfes. Das Supergitter zerfällt in einzelne Quantum Wells, die untereinander nicht gekoppelt sind (Multi-Quantum-Well-Struktur). Im zweiten Fall liefert die Säkulargleichung (13.6) in nullter Näherung k = K. Damit verschwinden die Minilücken überhaupt, und die Überstruktur ist unwirksam. Die bisherigen Betrachtungen gelten mit gewissen Modifikationen auch für Löcher. Die Löcher-Wells können sich im selben Material befinden wie die Elektronen-Wells, aber auch im andern Material. Im 174 Hetero-Übergänge π a superlatt2.ID.epsi 95 × 82 mm k || π d k π d z Mini- und Subbänder eines Supergitters. Dargestellt sind auch die beiden Grenzfälle sehr dünner und sehr dicker Barrieren. Der untere Bildteil veranschaulicht die Wellenfunktionen. ersten Fall spricht man von Typ-I-Supergittern, im zweiten Fall von TypII-Supergittern. In Typ-II-Supergittern halten sich Elektronen und Löcher in verschiedenen Materialschichten auf, sind also räumlich separiert, was zu ungewöhnlichen Eigenschaften führt. Es kommt sogar vor, dass die Löcher-Niveaus in dem einen Material höher liegen als die ElektronenNiveaus in dem andern. Sie sind dann nicht mehr durch eine Energielücke voneinander getrennt, und das Supergitter ist ein Metall. Typ I Typ II Ec ∆Ec superlattTyp.ID.epsi 123 × 41 mm E g1 Ev E g2 ∆Ev Supergitter vom Typ I und Typ II.