Elektronstreuung am He-Kern - Deutsche Digitale Bibliothek

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Elektronstreuung am 3He-Kern
Dissertation
zur
Erlangung des Grades eines
Doktors der Naturwissenschaften
in der
Fakultät für Physik
und Astronomie
an der
Ruhr-Universität Bochum
von
Gernot Ziemer
aus
Essen
Bochum 2004
Dissertation eingereicht am:
Tag der mündlichen Prüfung:
Referent:
Korreferent:
21.10.2004
15.12.2004
Prof. Dr. W. Glöckle
Prof. Dr. K. Goeke
Meiner Frau Ana
und unserem Sohn Maximilian gewidmet
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
1 Der
1.1
1.2
1.3
1.4
differentielle Wirkungsquerschnitt
Allgemeine Ableitung . . . . . . . . . . . . . . .
Der elektronische Tensor . . . . . . . . . . . . .
Strukturfunktionen . . . . . . . . . . . . . . . .
Der sechsfach-differentielle Wirkungsquerschnitt
in nichtrelativistischer Näherung . . . . . . . . .
3
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. . . . . . . . . . . . . . .
9
10
15
18
. . . . . . . . . . . . . . .
23
2 Ableitung der Kernmatrixelemente
2.1 Der nukleonische Stromoperator . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.2 Allgemeine Form . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.3 Der Drei-Nukleonen-Streuzustand . . . . . . . . . . . . . . . .
2.4 Partialwellendarstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.5 Kernmatrixelemente für beliebige Kernpolarisationsrichtungen
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27
28
33
40
46
54
3 Die quasi-freie Streuung
3.1 Wirkungsquerschnitt und Spektralfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3.2 Partialwellendarstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
59
59
67
4 Der
4.1
4.2
4.3
3
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He-Kern als Neutronentarget
Irreduzible Darstellungen der Permutationsgruppe . . . . . . . . . . . . . .
Der dominante S-Zustand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Quasi-freie Streuung am Neutron . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
5 Numerische Methoden
73
73
81
83
91
1
Inhaltsverzeichnis
~ (~e,e’n)
6 Numerische Untersuchung des Prozesses 3 He
6.1 Kinematik und Konventionen . . . . . . . . . . . .
6.2 Die quasi-freie Streuung . . . . . . . . . . . . . . .
6.3 Einfluß des Antisymmetrisierungs-Operators . . . .
6.4 Der Einfluß der Endzustandswechselwirkung . . . .
6.5 Die helizitätsunabhängigen Strukturfunktionen . . .
6.6 Die helizitätsabhängigen Strukturfunktionen . . . .
6.7 Wirkungsquerschnitte und Asymmetrieverhältnisse
~ (~e,e’n)-Experimentes
7 Analyse des Mainzer 3 He
7.1 Beschreibung des experimentellen Aufbaus .
7.2 Durchführung der Rechnungen . . . . . . . .
7.3 Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
7.3.1 Bestimmung von GnE . . . . . . . . .
7.3.2 Analyse der Resultate . . . . . . . .
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8 Analyse des Mainzer 3 He (e,e’p)-Experimentes
8.1 Experimentelle Daten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
8.2 Numerische Berechnung der gemittelten Wirkungsquerschnitte
8.2.1 Das Phasenraumvolumen . . . . . . . . . . . . . . . . .
8.2.2 Der integrierte Wirkungsquerschnitt . . . . . . . . . . .
8.3 Ergebnisse und Vergleich mit dem Experiment . . . . . . . . .
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101
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189
189
191
201
201
215
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229
230
233
236
247
258
Zusammenfassung und Ausblick
275
A Koordinatensysteme
279
B Die relativistische Form des Wirkungsquerschnittes
283
C Die Formfaktorparametrisierungen nach Gari und Krümpelmann
287
Literaturverzeichnis
297
Danksagung
301
Lebenslauf
303
2
Einleitung
Diese Arbeit befaßt sich mit der theoretischen Untersuchung der inelastischen Elektronstreuung am 3 He-Kern, wobei wir uns auf den Fall des Drei-Nukleonen-Aufbruches (häufig
auch als 3N-Aufbruch bezeichnet) beschränken. Hierbei führt die elektromagnetische Wechselwirkung zwischen dem einlaufenden Elektron und dem anfänglichen Kern zu einem
Aufbruch des Kernes, und man beobachtet ein gestreutes Elektron und drei Nukleonen im
Ausgangskanal.
Die inelastische Streuung an leichten Kernen, wie dem Deuteron, dem 3 He-Kern oder
dem Triton, ist seit langem ein vielbeachtetes Forschungsgebiet, da hier die Möglichkeit
besteht, die innere Struktur der Kerne und Eigenschaften der Nukleonen zu untersuchen.
Dies verdankt man insbesondere der Tatsache, daß die elektromagnetische Wechselwirkung
sich mit sehr hoher Genauigkeit berechnen läßt, da die zugrunde liegende Quantenelektrodynamik eine der etabliertesten Theorien der Physik darstellt. Begünstigt wird dies
dadurch, daß der Austausch virtueller Photonen sich durch eine Entwicklung nach der
elektromagnetischen Kopplungskonstanten beschreiben läßt. Da diese wiederum eine sehr
kleine Größe darstellt, genügt es in der Regel, sich auf den ersten nichtverschwindenden
Term zu beschränken, der gerade den Austausch eines Photons beschreibt. Dies bezeichnet
man im allgemeinen als die Bornsche Näherung. Um den Streuprozeß theoretisch behandeln
zu können, bedarf es allerdings nicht nur der Kenntnis der elektromagnetischen Wechselwirkung, sondern man muß natürlich auch über Werkzeuge verfügen, mit denen sich der
anfängliche Kern, die Absorption des Photons am Kern und letztendlich auch die Zustände
der auslaufenden Nukleonen beschreiben lassen.
Die Gegebenheiten innerhalb des Kernes werden bestimmt durch die starke Wechselwirkungen der Nukleonen untereinander. Die allgemein anerkannte Theorie über die starke
Wechselwirkung ist gegeben durch die Quantenchromodynamik (QCD), die sich allerdings
nur für sehr hohe Energien störungstheoretisch behandeln läßt. Im Nieder- und Mittelenergiebereich bietet sie bisher keine Möglichkeit, die Kernkräfte quantitativ zu bestimmen.
Hier bedient man sich daher gewöhnlich einer mesonentheoretischen Behandlung des Pro-
3
Einleitung
blems, die letztendlich in dem sogenannten Ein-Boson-Austauschpotential mündet, welches die paarweise Wechselwirkung über den Austausch mehrerer Mesonen einschließlich
eines fiktiven σ-Mesons beschreibt. In dieser Arbeit wird das sogenannte Bonn-B-Potential
([Mac89]) verwendet, welches sich in der Vergangenheit bei der Beschreibung der NukleonNukleon-Streuung bewährt hat. Dreiteilchenkräfte, die z. B. in [Hüb93] eingehend untersucht wurden, werden nicht berücksichtigt.
Wie die Wechselwirkung der Nukleonen im Kern, stellt auch die Absorption des Photons ein sehr komplexes Thema dar. Beschränkt man sich auf eine mesonentheoretische
Beschreibung, so kann das Photon z.B. nicht nur von einem Nukleon, sondern auch von
einem virtuellen Meson, welches zwischen zwei Nukleonen ausgetauscht wird, absorbiert
werden. Letzteres führt dann zu den sogenannten Mesonenaustausch-Stromoperatoren, die
jedoch in dieser Arbeit nicht behandelt werden. Stattdessen beschränken wir uns auf den
Fall des Einteilchen-Stromoperators, der die Absorption an einem Nukleon beschreibt,
wobei angenommen wird, daß sich das Nukleon im Kern genauso verhält wie ein freies
Nukleon. Aber auch in diesem vereinfachten Bild gilt es zu beachten, daß ein Nukleon kein
einfaches Punktteilchen darstellt, sondern eine komplexe Struktur besitzt. Dies bedingt
die Einführung der nukleonischen Formfaktoren, welche aufgrund ihrer elementaren Bedeutung für die Teilchenphysik Gegenstand zahlreicher experimenteller und theoretischer
Untersuchungen sind. In den meisten numerischen Berechnungen dieser Arbeit werden für
die Formfaktoren die Parametrisierungen von Gari und Krümpelmann ([Gar92]) zugrunde
gelegt; teilweise werden aber auch die bekannten Dipol-Parametrisierungen verwendet.
Ein weiterer wesentlicher Aspekt bei der Analyse des Streuprozesses besteht in der Frage, ob die auslaufenden Nukleonen miteinander in Wechselwirkung stehen oder nicht. Im
einfachsten Fall hat man es mit drei freien Teilchen zu tun, die völlig unabhängig voneinander propagieren. Darüber hinaus besteht natürlich die Möglichkeit, daß entweder zwei
auslaufende Nukleonen miteinander wechselwirken oder alle drei. Letzteres bezeichnet man
als die vollständige Endzustandswechselwirkung oder abgekürzt als FSI (abgeleitet vom
englischen Begriff Final State Interaction). Die Behandlung der FSI erfolgt durch die sogenannten Faddeev-Gleichungen ([Fad61], siehe auch [Glö83]) und erfordert einen ungleich
höheren numerischen Aufwand. Ihr Einfluß hat sich aber in der Vergangenheit als wesentlich bei der Beschreibung von Streuprozessen erwiesen. Erstmalig wurde dies für die
Nukleon-Deuteron Streuung unter Verwendung von Nukleon-Nukleon-Wechselwirkungen
in ihrer vollen Komplexität in [Wit88] und [Wit89] untersucht. In [Gol93] wurde, basierend
auf den gleichen Methoden, der Einfluß der FSI bei der Elektronenstreuung am 3 He-Kern
nachgewiesen1 ; die weitergehende Untersuchung der Endzustandswechselwirkung bei die1
4
Weitere Arbeiten zu diesem Thema aus dieser Zeit sind z. B.[Ish94] und [Gol95].
sem Prozeß ist ein zentrales Thema dieser Arbeit. Bei der numerischen Berechnung wurde
teilweise auf Algorithmen von [Hüb93] und [Gol93] zurückgegriffen.
Ausgerüstet mit den bisher beschriebenen Werkzeugen ist man nun in der Lage, theoretische Berechnungen zu Streuexperimenten durchzuführen und diese mit experimentellen
Daten zu vergleichen. Hierzu dient in der Regel der differentielle Wirkungsquerschnitt, der
ein Wahrscheinlichkeitsmaß für eine Reaktion bei einer gegebenen kinematischen Konfiguration darstellt. In dieser Arbeit betrachten wir hauptsächlich den Fall, in dem jeweils
Energie und Richtung des gestreuten Elektrons und eines auslaufenden Nukleons in Koinzidenz gemessen werden; dies bezeichnet man als semi-exklusive Streuung. Insbesondere
untersuchen wir dabei die Unterschiede zwischen der sogenannten quasi-freien Streuung
(hier wird das Photon von dem nachgewiesenen Nukleon absorbiert, welches anschließend
frei propagiert) und dem allgemeinen Fall, der auch die vollständige Endzustandswechselwirkung mit einschließt.
Ein weiteres zentrales Thema dieser Arbeit ist die Untersuchung der Frage, ob die Elektronenstreuung am 3 He-Kern ein probates Mittel zur Bestimmung des elektrischen Formfaktors des Neutrons darstellt. Hierzu wurden in der Vergangenheit eine Reihe von Experimenten durchgeführt (siehe z. B. [Mey94], [Bec97], [Roh98] und [Ber01]), bei denen
longitudinal polarisierte Elektronen an polarisierten 3 He-Kernen gestreut wurden. Diese Experimente beruhen auf der Annahme, daß der Spin des Kernes vollständig durch
den Spin des Neutrons gegeben ist. Betrachtet man dann den quasi-freien Fall, in dem
das Neutron, das experimentell nachgewiesen wird, das Photon absorbiert hat, so verhält
sich ein polarisierter 3 He-Kern im wesentlichen wie ein polarisiertes Neutron. Durch die
Messung von Asymmetrieverhältnissen (die aus Wirkungsquerschnitten für verschiedene
Elektron- und Kernpolarisationen gebildet werden) ist man dann in der Lage, Aussagen
über den elektrischen Formfaktor des Neutrons zu tätigen. Letzterer ist heutzutage immer
noch nur unzureichend bekannt, da einerseits beim Neutron der magnetische Formfaktor
stark dominiert und andererseits keine Neutronen-Targets mit hinreichender Teilchendichte existieren; er wird aber allgemein als wesentlicher Baustein zum Verständnis der inneren
Struktur der Nukleonen betrachtet.
Diese Arbeit gliedert sich wie folgt:
• In Kapitel 1 wird der differentielle Wirkungsquerschnitt abgeleitet. Dies beginnt mit
einer allgemeinen Ableitung, umfaßt die Herleitung der elektronischen Matrixelemente und der nukleonischen Strukturfunktionen und endet mit der Berechnung des
sechsfach-differentiellen Wirkungsquerschnittes, der den semi-exklusiven Streuprozeß
beschreibt.
5
Einleitung
• Im zweiten Kapitel befassen wir uns mit der analytischen Behandlung der Kernmatrixelemente, die in den nukleonischen Strukturfunktionen (und mithin auch im
Wirkungsquerschnitt) auftauchen. Hierzu leiten wir zuerst den nukleonischen Stromoperator, der die Absorption eines Photons am Nukleon beschreibt, ab. Es folgt die
Herleitung des Drei-Nukleonen-Streuzustandes, wobei insbesondere die vollständige Endzustandswechselwirkung berücksichtigt wird. Schließlich wenden wir uns der
Partialwellendarstellung der Kernmatrixelemente, die den numerischen Berechnungen zugrunde liegt, und dem Fall eines polarisierten Target-Kernes zu. Letzteres
bedeutet, daß der Kernspin in eine beliebige, aber festdefinierte Richtung weist.
• Kapitel 3 befaßt sich mit der quasi-freien Streuung (siehe weiter oben). In diesem Fall
läßt sich der Wirkungsquerschnitt, bis auf kinematische Größen, auf die sogenannte Spektralfunktion zurückführen, welche die anfängliche Impulsverteilung innerhalb
des Kernes beschreibt. Für die Spektralfunktion führen wir die Partialwellenentwicklung durch, die in den numerischen Berechnungen verwendet wird.
• In Kapitel 4 befassen wir uns mit der Fragestellung, unter welchen Umständen ein polarisiertes 3 He-Target als polarisiertes Neutron-Target angesehen werden kann. Dies
führt zunächst auf den Begriff des dominanten S-Zustandes als denjenigen Teil der
Kernwellenfunktion, bei dem der Spin des Kerns durch den des Neutrons gegeben ist.
Darüber hinaus betrachten wir den Fall der quasi-freien Streuung; dies liefert wiederum eine Darstellung des sechsfach-differentiellen Wirkungsquerschnittes vermöge
einer Spektralfunktion und weiterhin eine direkte Proportionalität des Asymmetrieverhältnisses zum elektrischen Formfaktor des Neutrons.
• Kapitel 5 enthält eine Übersicht über die in dieser Arbeit verwendeten numerischen
Methoden und Aussagen zur numerischen Genauigkeit.
• Im sechsten Kapitel werden umfangreiche numerische Berechnungen zum Streuprozeß
vorgestellt. Im Hinblick auf das in Kapitel 7 analysierte Experiment betrachten wir
hier den Fall eines nachgewiesenen Neutrons. Dabei geht es insbesondere um den
Einfluß der verschiedenen Endzustandsmodelle auf den Wirkungsquerschnitt und
das Asymmetrieverhältnis.
• Kapitel 7 beinhaltet die Analyse eines am Mainzer Elektronenbeschleuniger MAMI
~ e,e’n)-Experimentes zur Bestimmung des elektrischen Formfakdurchgeführten 3 He(~
tors des Neutrons ([Bec97]). Hierbei wird unter Annahme verschiedener Endzustandsmodelle der Formfaktor an das experimentell ermittelte Asymmetrieverhältnis angepaßt. Die Ergebnisse werden eingehend analysiert und abschließend mit Resultaten
anderer Arbeiten verglichen.
6
• In Kapitel 8 werden Rechnungen zu einem anderen MAMI-Experiment ([Flo98])
vorgestellt. Bei diesem Experiment wurden gestreute Elektronen und Protonen in
Koinzidenz nachgewiesen und anschließend experimentelle Wirkungsquerschnitte ermittelt. Wir entwickeln zunächst ein Verfahren zur Berechnung von Wirkungsquerschnitten, die sich über bestimmte Phasenraumvolumina erstrecken, und wenden uns
dann dem Vergleich mit den experimentellen Daten zu. Auch hierbei wird besonderes
Gewicht auf den Einfluß verschiedener Endzustandsmodelle gelegt.
• Im Anschluß daran erfolgt eine Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse dieser
Arbeit. Den Abschluß bilden drei Anhänge, die sich mit Koordinatensystemen, der relativistischen Form des Wirkungsquerschnittes und den Formfaktor-Parametrisierungen nach Gari und Krümpelmann befassen.
7
Einleitung
8
1 Der differentielle Wirkungsquerschnitt
In diesem Kapitel entwickeln wir den allgemeinen Formalismus zur theoretischen Beschreibung der inelastischen Elektronenstreuung am 3 He-Kern.
Dies beginnt mit der Ableitung der allgemeinen Form des differentiellen Wirkungsquerschnittes und des dazu benötigten S-Matrixelementes, wobei wir uns in der Wechselwirkung zwischen dem einfallenden Elektron und dem Kern auf den Ein-Photonaustausch,
der sogenannten Bornschen Näherung, beschränken. Dies ist aufgrund der kleinen Kopplungskonstanten der elektromagnetischen Wechselwirkung und der kleinen Kernladungszahl ausreichend. Der Wirkungsquerschnitt wird sich im wesentlichen als die Kontraktion
zweier Tensoren, nämlich des elektronischen und des hadronischen, herausstellen.
Es folgt die Berechnung des elektronischen Tensors für polarisierte, extrem relativistische
Elektronen, welche dem Experiment zugrunde liegen. Anschließend führen wir die Kontraktion der Tensoren durch, was uns die allgemeine Darstellung des Wirkungsquerschnittes
mittels der Strukturfunktionen liefert.
Im Hinblick auf die zu analysierenden Experimente wenden wir uns schließlich dem
konkreten Fall des semiexklusiven Drei-Nukleonen-Aufbruchs zu, bei dem die Impulse des
auslaufenden Elektrons und eines auslaufenden Nukleons gemessen werden. Dies führt auf
einen sechsfach-differentiellen Wirkungsquerschnitt. Basierend darauf werden die Asymmetrien eingeführt, welche eine wichtige Rolle bei der Analyse von Experimenten mit
polarisierten Teilchen spielen. Insbesondere liefern sie eine Möglichkeit zur Bestimmung
des elektrischen Formfaktors des Neutrons.
Wir beschränken uns in der gesamten Arbeit auf nichtrelativistische Drei-Nukleonenzustände sowohl im Eingangs- als auch im Ausgangskanal. Diese Einschränkung ist unumgänglich, da bis heute kein geeigneter, allgemein akzeptierter Formalismus existiert,
mit dem sich 3N-Zustände relativistisch berechnen ließen. Daraus ergibt sich zwangsläufig,
daß den in dieser Arbeit verwendeten Methoden bei der Analyse von Experimenten natürliche Grenzen vorgegeben sind: die Impulsbeträge der auslaufenden Nukleonen müssen klein
gegen deren Masse sein.
9
1 Der differentielle Wirkungsquerschnitt
1.1 Allgemeine Ableitung
Anschaulich betrachtet ist der Wirkungsquerschnitt σ im klassischen Sinne nichts anderes
als die effektive Fläche eines Targetteilchens. Hat man einen Strahl einfallender Projektilteilchen, dessen Querschnittsfläche A sei, so ist die Wahrscheinlichkeit eines Treffers
offenbar σ/A. Für die Übergangsrate pro Targetteilchen R, also die Anzahl der Treffer pro
Zeiteinheit, ergibt sich dann
R = φe · σ ,
(1.1)
wobei
1 dNein
(1.2)
A dt
die Stromdichte der einfallenden Teilchen darstellt. Für den Fall, daß nicht nur ein sondern
NT Targetteilchen, deren Querschnitte sich nicht überlagern, vorliegen, bezeichnen wir die
Gesamtübergangsrate mit R∗ . Dann gilt
φe =
σ=
R∗
R
=
.
φe
N T · φe
(1.3)
Dies kann man formal als Definitionsgleichung für den klassischen Wirkungsquerschnitt
auffassen. In der Literatur findet sich auch häufig die Bezeichnung geometrischer Wirkungsquerschnitt.
Zur Berechnung des quantenmechanischen Analogons zu (1.1) beschränkt man sich
natürlich stets auf ein einziges einfallendes Teilchen und ein Targetpartikel. Dann reduziert sich die Übergangsrate auf die Form Übergangswahrscheinlichkeit pro Zeiteinheit“.
”
Außerdem denken wir uns zunächst die experimentelle Anordnung in einen Würfel der
Kantenlänge L mit dem zugehörigen Volumen V = L3 eingesperrt. Dies bedeutet, daß die
Impulse der ein- bzw. auslaufenden Teilchen diskretisiert sind. Zu einem späteren Zeitpunkt wird diese Beschränkung wieder fallengelassen, aber bis dahin bietet sie eine erhebliche Vereinfachung des Problems1 . Die Übergangswahrscheinlichkeit ist nun gegeben
durch das Betragsquadrat des S-Matrixelementes, welches für asymptotisch freie Anfangsund Endzustände |i i bzw. |f i definiert ist als
Sf,i ≡ f Ŝ i .
Dabei ist der S-Operator (auch: Dyson-Operator) gegeben durch
Z
4
Ŝ ≡ T exp −i
d x Lint (x) .
1
(1.4)
(1.5)
Das sich hieraus ergebende Resultat entspricht demjenigen, welches sich bei einer mathematisch
korrekteren, aber aufwendigeren Behandlung des Problems mit Hilfe von Wellenpaketen ergeben würde.
10
1.1 Allgemeine Ableitung
Das Symbol T bedeutet das zeitgeordnete Produkt, Lint (x) steht für die Lagrange-Dichte
der Wechselwirkung zwischen den am Prozeß beteiligten Feldern.
Die Übergangsrate ist bei der hier getroffenen Wahl der Randbedingungen gegeben durch
R=
|Sf,i |2
.
T
(1.6)
Die Größe T bezeichnet das Zeitintervall, in dem der physikalische Prozeß abläuft. Genauer
gesagt ist T diejenige Zeitspanne, die vergeht, um vom Zustand |i i zum Zustand |f i zu
gelangen. Diese läßt man - wie auch das Volumen V - am Ende der Rechnung gegen
unendlich laufen.
Liegt der Endimpuls p innerhalb des Intervalles [p, p + dp], dann ist die Zahl der möglichen Zustände in diesem Intervall
dp
dN =
3 .
(2π)
V
Für n Teilchen in n Endzuständen gilt entsprechend
n Y
V
dN =
.
3 dpj
(2π)
j=1
(1.7)
Ferner soll die Übergangswahrscheinlichkeit innerhalb der kleinen Impulsintervalle nicht
variieren. Dies führt auf die Definition des differentiellen Wirkungsquerschnittes dσ, der
von den jeweiligen Anfangs- und Endzuständen abhängt2 :
n V
1 |Sf,i |2 Y
dpj .
(1.8)
dσ ≡
nT φe V T j=1 (2π)3
Hier haben wir noch die Targetteilchendichte nT eingeführt. Für ein Teilchen lautet sie
nT =
1
.
V
(1.9)
Die Lagrange-Dichte der elektromagnetischen Wechselwirkung ergibt sich nach der üblichen Kopplungsvorschrift der minimalen Substitution zu
Lint (x) = jµe (x) + jµh (x) Aµ (x) ,
(1.10)
wobei jµe (x) und jµh (x) die Stromoperatoren des Elektrons bzw. der Hadronen sind und
Aµ (x) das Vektorpotential des Photons darstellt.
Für die im folgenden bei der Beschreibung des Streuprozesses benutzten Vierervektoren
und die später auftretenden γ-Matrizen verwenden wir die Notation von [Bjo66]. Weiterhin
2
Streng genommen dürften an dieser Stelle noch keine differentiellen Größen auftauchen, solange das
Volumen V endlich ist. Dies ändert aber nichts am Resultat.
11
1 Der differentielle Wirkungsquerschnitt
k0
P0
q = k − k0
PSfrag replacements
k
P
Abbildung 1.1: Schematische Darstellung des Streuprozesses
Die Viererimpulserhaltung in beiden Vertizes liefert P 0 = q +P . Man beachte, daß das Photon
hier von links nach rechts propagiert.
treffen wir folgende Konventionen (vergleiche Abbildung 1.1): Viererimpuls und Polarisation des ein- bzw. auslaufenden Elektrons seien k = (k0 , k) und s bzw. k 0 = (k00 , k0 ) und
s0 . Das virtuelle Photon trage den Viererimpuls q = (ω, Q). Der anfängliche Bindungszustand Ψb werde charakterisiert durch P = (P0 , P ) und die magnetische Quantenzahl M ,
der nukleonische Endzustand Ψf durch den Gesamtviererimpuls P 0 und einen Satz magnetischer Quantenzahlen {Mf }. Die Viererimpulserhaltung in beiden Vertizes liefert die
häufig benötigten Beziehungen für Energie- und Impulserhaltung:
ω ≡ k0 − k00 = P00 − P0
Q ≡ k − k0 = P 0 − P
(1.11)
(1.12)
Unter Verwendung der Raum-Zeittranslationen für die Stromoperatoren
jµ (x) = ei P̂ ·x jµ (0) e−i P̂ ·x
(1.13)
und der Annahme, daß sowohl der 3N-Bindungszustand als auch der Endzustand Eigenzustände des Viererimpulsoperators P̂ µ sind, also
P̂ µ Ψb M P = P µ Ψb M P
P̂ µ Ψf {Mf }P 0 = P 0 µ Ψf {Mf }P 0 ,
(1.14)
12
1.1 Allgemeine Ableitung
erhält man mit den bekannten Regeln der QED (siehe zum Beispiel [Bjo66] oder [Itz85])
als ersten nichtverschwindenden Term das S-Matrixelement in 2. Ordnung:
0 0 e 1
k , s jµ (0) k, s
Sf,i = i 2 (2π)4 δ (4) k + P − k 0 − P 0 2
q +iε
0 hµ
Ψf {Mf }P j (0) Ψb M P .
(1.15)
Dies ist gerade der Ausdruck für den Ein-Photonaustausch. Der Term in 0. Ordnung verschwindet wegen der Orthogonalität von Anfangs- und Endzustand, der in 1. Ordnung,
weil bei dem hier betrachteten Streuprozeß keine freien Photonen vorkommen.
Zur Berechnung des elektronischen Matrixelementes verwenden wir den Dirac-Feldoperator
in der Box-Normierung
X 1 r me √
Ψ̂(x, t) =
b̂(l, m) u(l, m) e−i l·x + dˆ† (l, m) v(l, m) e+i l·x
(1.16)
l
V
0
l,m
sowie den Stromoperator
ˆ (0)γ Ψ̂(0)
jµe (0) = −e Ψ̄
µ
r r
X
X
e
me me
= −
ū(l0 , m0 )γµ u(l, m) b† (l0 , m0 )b(l, m) .
0
V
l
l
0
0
0
0
(1.17)
l,m l ,m
Da die Positronenanteile des Feldoperators (1.16) nicht zu den Matrixelementen beitragen,
wurden sie im letzten Schritt weggelassen. Mit
k, s = b† (k, s) 0
(1.18)
und der Antikommutatorrelation
0 0 †
b(k , s ), b (k, s) = δk,k0 δm,m0
(1.19)
(1.20)
folgt
k
0
, s0 jµe (0) k, s
Die im letzten Schritt eingeführte Größe
e
=−
V
r
me
k0
r
me
Lµ .
k00
Lµ ≡ ū(k0 , s0 )γµ u(k, s)
(1.21)
bezeichnet man gewöhnlich als leptonisches bzw. elektronisches Matrixelement
Mit Hilfe der Beziehung
δ (4) k + P − k 0 − P 0
2
= δ (4) (k + P − k 0 − P 0 ) δ (4) (0)
VT
= δ (4) (k + P − k 0 − P 0 )
(2π)4
(1.22)
13
1 Der differentielle Wirkungsquerschnitt
ergibt sich die in (1.8) enthaltene Übergangsrate pro Volumen:
e2 1 1
|Sf,i | 2
m2
= (2π)4 δ (4) (k + P − k 0 − P 0 ) 4 2
VT
q V k0 k00 e
2
0 hµ
Lµ Ψf {Mf }P j (0) Ψb M P .
(1.23)
Die Stromdichte der einfallenden Teilchen (1.2) ist quantenmechanisch definiert als
1 (1.24)
φe ≡ k, s j e (x) k, s .
e
Mit (1.13) und (1.20) folgt daraus
1 φe = k, s j e (0) k, s e
1 me =
(1.25)
ū(k, s)γu(k, s) .
V k0
Zu weiteren Berechnung benötigen wir die Dirac-Spinoren


r
1
l0 + m N 
u(l, m) =
(1.26)
l · σ  χm
2mN
l0 + m N
r
l0 + m N t
−l · σ
ū(l, m) =
χm 1,
(1.27)
2mN
l0 + m N
und die übliche Darstellung der γ-Matrizen:
γ=
0 σ
−σ 0
!
.
(1.28)
Es folgt schließlich für relativistische Elektronen
1 1 t
χm (σ σ · k + σ · k σ) χm φe =
V 2k0
1
1 |k|
'
.
(1.29)
=
V k0
V
Man beachte, daß aufgrund der hier verwendeten natürlichen Einheiten die Stromdichte
die Form Teilchen pro Volumen“ annimmt.
”
Hinsichtlich der im weiteren Verlauf dieser Arbeit zu analysierenden Experimente interessieren wir uns nur für den Fall, in dem die Polarisationen der Endzustände experimentell
nicht festgelegt sind, d. h. über diese wird summiert. Zu diesem Zweck führen wir noch
das hadronische Matrixelement3
n s
3 Y
V
(2π)
0 hµ
µ
Ψb M P ,
N ≡
Ψ
{M
}P
j
(0)
(1.30)
f
f
e
(2π)3
j=1
3
Diese Definition unterscheidet sich von der allgemein üblichen durch die zusätzlichen Faktoren V und
(2π)3 . Diese fallen jedoch beim später erfolgenden Grenzübergang V → ∞ wieder weg (s. Abschnitt 2.2).
14
1.2 Der elektronische Tensor
den hadronischen Tensor
N µν ≡
X
N µ N ν∗
(1.31)
X
Lµ L∗ν
(1.32)
{Mf }
und den elektronischen Tensor
Lµν ≡
ein. Mit der zusätzlichen Definition
s0
|Mf,i | 2 ≡ 4m2e Lµν N µν
(1.33)
erhalten wir schließlich aus (1.8) unter Verwendung von (1.23)-(1.33) den differentiellen
Wirkungsquerschnitt für polarisierte Teilchen im Eingangskanal4 .
dσ = δ
(4)
n
Y
e4
1
2
(k + P − k − P )
|Mf,i |
dpj .
16π 2 k0 k00 q 4
j=1
0
0
(1.34)
An dieser Stelle läßt man das Volumen unendlich groß werden, so daß man einerseits
kontinuierlich verteilte Impulse und andererseits differentielle Größen auf beiden Seiten
der Gleichung erhält.
Die wesentliche Schwierigkeit bei der praktischen Bestimmung des Ausdrucks (1.34)
besteht in der Berechnung der hadronischen Matrixelemente. Diese lassen sich nur unter
erheblichem numerischen Aufwand errechnen, was hauptsächlich an der Endzustandswechselwirkung der Nukleonen liegt. Hiermit werden wir uns ausführlich in den Kapiteln 2 und
5 befassen. Zunächst beschäftigen wir uns jedoch im folgenden Abschnitt mit der (vergleichsweise trivialen) Ableitung des elektronischen Tensors.
1.2 Der elektronische Tensor
Mit Hilfe des Spinprojektionsoperators für Dirac-Spinoren
P (s) ≡
1 + γ5 /s
,
2
(1.35)
der auf eine gegebene Spinrichtung s projiziert, läßt sich der elektronische Tensor (1.32)
unter Verwendung des elektronischen Matrixelementes (1.21) schreiben als
4
Man beachte, daß bisher die Polarisationsrichtungen des einlaufenden Elektrons und des anfänglichen Kernes noch nicht genauer spezifiziert wurden. Im weiteren Verlauf dieses Kapitels werden wir uns
zwar auf longitudinal polarisierte Elektronen festlegen, aber die Kernpolarisationsrichtung bleibt weiterhin
unbestimmt. Den Fall des polarisierten 3 He-Kerns werden wir erst in Abschnitt 2.5 eingehend behandeln.
15
1 Der differentielle Wirkungsquerschnitt
Lµν =
X
s0 ,s00
=
X
n
o∗
ū(k0 , s0 )γµ P (s)u(k, s00 ) ū(k0 , s0 )γν u(k, s00 )
ū(k0 , s0 )γµ P (s)u(k, s00 )ū(k, s00 )γν u(k0 , s0 )
s0 ,s00
=
X
ū(k0 , s0 )
γµ
α
s0 ,s00
X
0 0
=
ū(k , s )
γµ
α
s0
"
X
u(k, s00 )
β
=
=
=
P (s)
ασ
δ
#
P (s)
σβ
u(k, s00 )
ū(k, s00 )
γν
u(k0 , s0 )
β
δ
ε
σβ
γν
u(k0 , s0 )
δε
δε
σβ
Λ(+) (k)
βδ
ε
γν
u(k0 , s0 )
δε
s
Λ(+) (k 0 )
γµ P (s)Λ(+) (k)γν
(+) εα
αε
0
(+)
Sp Λ (k )γµ P (s)Λ (k)γν
1
Sp (/k 0 + m)γµ (1 + γ5 /s)(/k + m)γν
2
8me
n
o
1
0
0
Sp
(/
k
+
m)γ
(/
k
+
m)γ
+
(/
k
+
m)γ
γ
/
s
(/
k
+
m)γ
µ
ν
µ
5
ν
{z
} |
{z
}
|
8m2e
0
=
α
ασ
P (s)
ū(k, s00 )
s
X
=
ū(k0 , s0 )
γµ
00
ασ
≡Xµν
ε
(1.36)
≡Yµν
In der obigen Rechnung wurde der Energieprojektionsoperator
Λ+ (p) ≡
/p + me
2me
(1.37)
benutzt. Zur Auswertung der Spur greifen wir auf die bekannten Regeln für die Spurbildung
mit γ-Matrizen (siehe z. B. [Bjo66]) zurück:
Sp /a1 · · · /an = 0 , wenn n ungerade
(1.38)
Sp /a1 /a2 /a3 /a4 = 4 (a1 ·a2 a3 ·a4 + a1 ·a4 a2 ·a3 − a1 ·a3 a2 ·a4 )
(1.40)
Sp /a/b = 4 a·b
Sp γ5 /a1 /a2 /a3 /a4 = 4i
εαβγδ aα1 aβ2 aγ3 aδ4
(1.39)
(1.41)
Zusätzlich führen wir noch folgenden Trick ein: es seien zwei Vierervektoren a und b gegeben
durch aκ = gκµ und bρ = gρν ; dann gilt
/a = aκ γ κ = γµ
/b = bρ γ ρ = γν .
16
1.2 Der elektronische Tensor
Es folgt
Sp (Xµν ) = Sp /k0 /a/k /b + me Sp (/a/k /b) +me Sp /k 0 /a/b +m2e Sp (/a/b)
| {z }
| {z }
=0
0
=0
= 4 (k ·a k·b − k ·k a·b + k ·b a·k) + 4m2e a·b
= 4 kµ0 kν − k 0 ·k gµν + kν0 kµ + m2e gµν
mit
0
0
= 2qµ qν + 2Kµ Kν − 4k 0 ·k gµν + 4m2e gµν
= 2 qµ qν + Kµ Kν + q 2 gµν ,
(1.42)
K ≡ k + k0
(1.43)
q ≡ k − k0 .
(1.44)
und
Zur Berechnung der Spur von Yµν verwenden wir
γ5 = i γ 0 γ 1 γ 2 γ 3
(1.45)
γ5 γµ = −γµ γ5
(1.46)
sowie
und erhalten
Sp (Yµν ) = Sp /k0 γµ γ5 /s/k γν +me Sp /k 0 γµ γ5 /sγν
{z
}
|
=0
+me Sp (γµ γ5 /s/k γν ) + m2e Sp (γµ γ5 /sγν )
{z
}
|
=0
= me Sp γ5 /k0 /a/s/b − γ5 /a/s/k /b
= i 4me εαβγδ k 0 α aβ sγ bδ − aα sβ k γ bδ
= −i 4me εµναβ sα q β .
(1.47)
Da in den Experimenten gewöhnlich mit sehr energiereichen Elektronen gearbeitet wird,
ist es durchaus legitim, an dieser Stelle den extrem relativistischen Grenzfall (ERL) zu
betrachten. Es ist offensichtlich, daß bei Elektronenenergien von mehreren hundert MeV
die Ruheenergie des Elektrons me c2 = 0, 511 MeV vernachlässigbar klein wird. Weiterhin
betrachten wir nur longitudinal polarisierte Elektronen, beschrieben durch die Helizitäten
h = ±1. Diese Polarisationsrichtung wird experimentell so festgelegt, weil sie von großer
praktischer Bedeutung ist. Für den Viererspin gilt im relativistischen Limes
1 h
s=h
k.
(1.48)
|k|, k0 k̂ '
me
me
17
1 Der differentielle Wirkungsquerschnitt
Zusammen mit (1.42) und (1.47) liefert dies den endgültigen Ausdruck für den elektronischen Tensor im ERL:
Lµν =
1
Kµ Kν + qµ qν + gµν q 2 − 2i h εµναβ k α q β .
2
4me
(1.49)
1.3 Strukturfunktionen
Bevor wir zur endgültigen Form des Wirkungsquerschnittes gelangen, gilt es zunächst, die
Kontraktion der beiden Tensoren in Gleichung (1.33) auszuführen. Zur Vereinfachung der
Rechnung begeben wir uns in das im Anhang A definierte Koordinatensystem KQ , welches
wie folgt definiert ist5 : Die z-Achse weise in Richtung des Photonenimpulses, d. h.
Q = Q ez ,
(1.50)
und die Impulse des ein- sowie des auslaufenden Elektrons sollen in der x-z-Ebene liegen
und miteinander den Winkel ϑe bilden. In diesem Fall liefert die aus der Eichinvarianz der
Theorie resultierende Stromerhaltung für den hadronischen Strom,
∂µ j h µ = 0 ,
(1.51)
zusammen mit (1.30) die wichtige Beziehung
qµ N µ = 0 = ωN 0 − QNz .
(1.52)
Diese gestattet es, Nz zugunsten von N0 zu eliminieren. Damit erhält man aus (1.33) unter
Verwendung von (1.49)
|Mf,i | 2 =
X
{Mf }
q 2 N · N ∗ + (K · N ) (K · N )∗ − 2i h εµναβ k α q β N µ N ν∗ .
(1.53)
Zur Berechnung dieses Ausdruckes zerlegen wir den Raumanteil des hadronischen Matrixelementes N µ in seine sphärischen Komponenten, da dies bei der späteren Partialwellenzerlegung erhebliche Vorteile mit sich bringt. Unter Verwendung der sphärischen
Einheitsvektoren
−1
e+1 ≡ √ (ex + i ey )
2
1
e−1 ≡ √ (ex − i ey )
2
5
18
Zur graphischen Veranschaulichung sei hier auf Anhang A verwiesen.
(1.54)
(1.55)
1.3 Strukturfunktionen
schreiben wir
N = N+1 e∗+1 + N−1 e∗−1 +
ω
N0 e z ,
Q
(1.56)
wobei
N+1 = N · e+1
N−1 = N · e−1 .
(1.57)
Dann gilt zunächst
2
∗
q N ·N =q
2
Mit den Vierervektoren
K
µ
N
µ
=
=
k0 +
k00
2 2
q 2 2 − 2 N0 − N+1 + N−1 Q
0
, 2kx , 0, kz + kz
.
i ω
1 N0 , − √ N+1 − N−1 , √ N+1 + N−1 , N0
Q
2
2
(1.58)
(1.59)
(1.60)
folgt weiterhin
(K · N ) (K · N )
∗
=
2
2
ω
N0 K0 − Kz
Q
√
ω
∗
∗
+ 2 2kx K0 − Kz < N0 N+1
− N−1
Q
2
2
∗
+ 2kx2 N+1 + N−1 − 4kx2 < N+1 N−1
.
(1.61)
Zur Berechnung des helizitätsabhängigen Anteils von |Mf,i | 2 bedient man sich der Eigenschaften des total antisymmetrischen Tensors εµναβ . Es gilt
εµναβ k α q β N µ N ν∗ = ε0ναβ k α q β N 0 N ν∗ + εµ0αβ k α q β N µ N 0∗
+ εµν0β k 0 q β N µ N ν∗ + εµνα0 k α q 0 N µ N ν∗
= ε0lmn k m q n N 0 N l∗ − ε0lmn k m q n N l N 0∗
+ ε0lmn k 0 q n N l N m∗ + ε0lmn k n q 0 N m N l∗
= N0 N ∗ · (k × Q) − N0∗ N · (k × Q)
+ k0 N · (N ∗ × Q) + ωN ∗ · (N × k)
= −N0 N ∗ · (k × k0 ) + N0∗ N · (k × k0 )
− k0 N · (N ∗ × k0 ) − k00 N ∗ · (N × k)
= −2i = (N0 N ∗ · ey ) k × k0 − (k0 k0 − k00 k) N × N ∗ . (1.62)
19
1 Der differentielle Wirkungsquerschnitt
Setzt man hier wieder die sphärischen Komponenten für N und N ∗ ein, so folgt nach
einigen trivialen Umformungen
√
q02
0
∗
∗
α β µ ν∗
+ N−1
εµναβ k q N N
= i 2 − k × k + kx
< N0 N+1
Q
2
2 .
(1.63)
+ i k0 kz0 − k00 kz N+1 − N−1 Damit erhält man als Zwischenergebnis für (1.53)
(
2
X 2
ω
q 4 2
Mf,i =
N+1 2 + N−1 2
K0 − Kz − 2 N0 + 2kx2 − q 2
Q
Q
{ Mf }
√
ω
2
∗
∗
∗
+ 2kx K0 − Kz 2< N0 N+1 − N−1 − 2kx 2< N+1 N−1
Q
√
ω2
0
∗
∗
2 − k × k + kx
2< N0 N+1
+h
+ N−1
Q
)
2
2
N+1 − N−1 + 2 k0 kz0 − k00 kz
.
(1.64)
Zur Auswertung der kinematischen Faktoren beschränken wir uns wieder auf relativistische Elektronen. Dann gelten folgende Beziehungen:
q 2 = ω 2 − Q2
2
= (k0 − k00 ) − (k − k0 )
Kz
K02
' −2k0 k00 (1 − cos ϑe )
ϑe
= −4k0 k00 sin2
2
1
=
(k + k0 ) · Q
Q
1 2
k − k02
=
Q
K0 ω
'
Q
2
= ω + 4k0 k00
= q 2 + Q2 + 4k0 k00
ϑe
' 4k0 k00 cos2
+ Q2
2
q
k02 − kz2
s
2
k
·
Q
k02 −
=
Q
kx =
20
2
(1.65)
(1.66)
(1.67)
1.3 Strukturfunktionen
=
'
=
kx2 '
q
2
1
2
k02 (k − k0 ) − k2 − k · k0
Q
k0 k00 p
1 − cos2 ϑe
Q
ϑe
ϑe
2k0 k00
sin cos
Q
2
2
2
q
ϑe
− 2 k0 k00 cos2
.
Q
2
(1.68)
(1.69)
Unter Verwendung dieser Relationen sowie einiger trigonometrischer Identitäten ergibt sich
schließlich der endgültige Ausdruck für die Kontraktion der Tensoren (1.33)
Mf,i 2 = 4k0 k00 cos2 ϑe
2
(
4 X
q 2
q2
2 ϑe
N+1 2 + N−1 2
N
+
−
+
tan
0
Q4
2Q2
2
{ Mf }
s
2
q
q2
q2
∗
∗
∗
2 ϑe
√
N
−
N
2<
N
N
−
+
tan
2<
N
+
−
+1 −1
0
+1
−1
2Q2
Q2
2
2Q2
q2
ϑe
∗
∗
+h − √
2< N0 N+1
tan
+ N−1
2
2Q2
s
)
2
q
ϑe ϑe
2
2
N+1 − N−1 tan
.
(1.70)
+ − 2 + tan2
Q
2
2
An dieser Stelle ist es günstig, einige Abkürzungen einzuführen. Wir folgen dabei der
Notation von [Don90] und definieren die Elektron-Photon-Faktoren
vL ≡
q4
Q4
ϑe
q2
+ tan2
2
2Q
2
2
q
≡
2Q2
s
ϑe
q2
q2
− 2 + tan2
≡ √
Q
2
2Q2
s
ϑe
ϑe
q2
≡
tan
− 2 + tan2
Q
2
2
vT ≡ −
vTT
vTL
vT’
ϑe
q2
tan
vTL’ ≡ √
2
2
2Q
(1.71)
(1.72)
(1.73)
(1.74)
(1.75)
(1.76)
21
1 Der differentielle Wirkungsquerschnitt
sowie die Strukturfunktionen
RL =
X 2
N 0 (1.77)
{Mf }
R
T
=
X N+1 2 + N−1 2
{Mf }
R
TT
=
X
{Mf }
R
TL
R
T’
= −
=
X
{Mf }
R
= −
∗
N+1 N−1
2< N0
∗
N+1
−
∗
N−1
X N+1 2 − N−1 2
{Mf }
TL’
2<
X
{Mf }
2< N0
∗
N+1
+
∗
N−1
(1.78)
(1.79)
(1.80)
(1.81)
(1.82)
Die Indizes L und T stehen für longitudinal“ bzw. transversal“. Damit ist die Orien”
”
tierung der in den Strukturfunktionen auftretenden Komponenten des Stromoperators in
Bezug auf die Richtung des Photonimpulses gemeint. Die Nullkomponente des Stromoperators wird als longitudinal bezeichnet, da sie nach (1.52) proportional zur z-Komponente
ist. Aus (1.34) erhalten wir in der neuen Schreibweise als vorläufigen Ausdruck für den
differentiellen Wirkungsquerschnitt
!
n
Y
cos2 ϑ2e e4 (4)
δ (k + P − k 0 − P 0 )
dpj
dσ =
2
4
(2π) q
j=1
h
i
L
T
TT
TL
TL’
T’
vL R + vT R + vTT R + vTL R + h vTL’ R + vT’ R
.
(1.83)
Der verbliebene kinematische Faktor läßt sich schreiben als
2 2
cos2 ϑ2e
cos2 ϑ2e e4
1
e
=
2
4 ϑe 0 2
4
2
4π
4k0 sin 2 k0
(2π) q
1
≡ σM 0 2 .
k0
(1.84)
Hierbei ist σM der Mottsche Wirkungsquerschnitt, den man für die Coulomb-Streuung
eines relativistischen Elektrons erhält. Damit resultiert für (1.83) die Form
!
n
Y
1 (4)
dσ = σM 0 2 δ (k + P − k 0 − P 0 )
dpj
k0
j=1
h
i
L
T
TT
TL
TL’
T’
vL R + vT R + vTT R + vTL R + h vTL’ R + vT’ R
.
(1.85)
22
1.4 Der sechsfach-differentielle Wirkungsquerschnitt in nichtrelativistischer Näherung
1.4 Der sechsfach-differentielle Wirkungsquerschnitt in
nichtrelativistischer Näherung
k0
p1 p2 p3
PSfrag replacements
q = k − k0
k
P
Abbildung 1.2: Schematische Darstellung des 3N-Aufbruchs von 3 He
Die Viererimpulserhaltung in beiden Vertizes liefert P 0 = p1 + p2 + p3 = q + P . Man beachte,
daß das Photon hier von links nach rechts propagiert.
Wir wenden uns nun konkret dem 3N-Aufbruch zu, der in Abbildung 1.2 schematisch
dargestellt ist. Insbesondere gehen wir ins Laborsystem, d. h. der Impuls des anfänglichen 3 He-Kernes sei P = 0. In diesem Fall lautet die vierdimensionale δ-Funktion für
nichtrelativistische Nukleonen6
p22
p23
p21
(4)
0
0
(3)
−
−
. (1.86)
δ (k + P − k − P ) = δ
Q− p1 +p2 +p3 δ ω +E3 −
2mN 2mN 2mN
Die pi kennzeichnen die Endimpulse der asymptotisch freien Nukleonen, die wir hier im
Vorgriff auf den im Kapitel 2 verwendeten Isospinformalismus als Teilchen gleicher Masse
behandeln. Die in dieser Arbeit verwendete mittlere Nukleonenmasse hat den Wert
mN = 938, 926 MeV/c2 .
(1.87)
E3 ist die Bindungsenergie des 3 He-Kerns:
E3 = −7, 718 MeV .
6
(1.88)
Die relativistische Form des Wirkungsquerschnittes wird in Anhang B abgeleitet.
23
1 Der differentielle Wirkungsquerschnitt
Weiterhin gilt
n
Y
dpj = dp1 dp2 dp3 dk0 .
(1.89)
j=1
Hiermit erhalten wir für (1.85) mit (1.84), (1.86) und der relativistischen Näherung k00 ' k 0
den Ausdruck
1 02 0 0 2
k dk dk̂ p1 dp1 dp̂1 dp2 dp3
k0 2
p22
p23
p21
(3)
−
−
δ
Q − p1 + p 2 + p 3 δ ω + E 3 −
2mN 2mN 2mN
h
i
L
T
TT
TL
TL’
T’
vL R + vT R + vTT R + vTL R + h vTL’ R + vT’ R
.
dσ = σM
(1.90)
Wir beschränken uns auf den sechsfach-differentiellen Wirkungsquerschnitt, der die Messung der Dreierimpulse des auslaufenden Elektrons und eines Nukleons beschreibt. Dieser
lautet:
d6 σ
dk 0 dk̂ 0 dp̂1 dp1
=
σM p21
Z
p22
p23
p21
−
−
dp2 dp3 δ
Q − p1 + p 2 + p 3 δ ω + E 3 −
2mN 2mN 2mN
h
i
L
T
TT
TL
TL’
T’
vL R + vT R + vTT R + vTL R + h vTL’ R + vT’ R
.
(1.91)
(3)
Zur Auswertung des Integrals führen wir bezüglich der nicht nachgewiesenen Nukleonen
den Relativimpuls
1
(1.92)
p ≡ (p2 − p3 )
2
und den Gesamtimpuls
p23 ≡ p2 + p3
(1.93)
ein. Gemäß der Transformationsformel schreiben wir unter dem Integral
∂p2 ∂p3 ∂p
∂p dp2 dp3 = dp dp23
∂p2 ∂p3 ∂p
∂p 23
23
= dp dp23 .
Damit lassen sich die Integrationen wie folgt durchführen:
24
(1.94)
1.4 Der sechsfach-differentielle Wirkungsquerschnitt in nichtrelativistischer Näherung
Z
o
p2
p223 n
p21
−
−
dp dp23 δ
···
Q − p1 + p23 δ ω + E3 −
2mN mN 4mN
Z
o
2
2
2 n
p
1
p1
−
−
=
dp δ ω + E3 −
Q − p1
···
2mN mN 4mN
Z
n
o
p mN
dp̂ · · ·
(1.95)
=
2
(3)
Es ergibt sich als endgültiges Resultat für den sechsfach-differentiellen Wirkungsquerschnitt
d6 σ
dk 0 dk̂ 0 dp̂1 dp1
Z
i
h
2 p mN
L
T
TT
TL
TL’
T’
.
= σM p1
dp̂ vL R + vT R + vTT R + vTL R + h vTL’ R + vT’ R
2
(1.96)
Man beachte, daß hier nur noch über die Richtung des Relativimpulses des nicht beobachteten Nukleonenpaares integriert wird. Der Betrag p des Relativimpulses ist durch die
δ-Funktion festgelegt:
s
2
1
p21
p = mN ω + E 3 −
−
Q − p1 .
(1.97)
2mN
4
Zusätzlich zum Wirkungsquerschnitt stellt die Asymmetrie eine weitere experimentell bestimmbare Größe dar. Sie wird allgemein definiert als
dσ h=+1 − dσ h=−1
(1.98)
A≡
dσ + dσ h=+1
h=−1
und nimmt offenbar im Falle der Messung von sechsfach-differentiellen Wirkungsquerschnitten die Form
Z
TL’
T’
dp̂ vTL’ R + vT’ R
A(6) = Z
(1.99)
L
T
TT
TL
dp̂ vL R + vT R + vTT R + vTL R
an. Die Asymmetrie spielt die zentrale Rolle bei der experimentellen Bestimmung des
elektrischen Formfaktors des Neutrons. Hiermit werden wir uns ausführlich in Abschnitt
4.3 sowie in den Kapiteln 6 und 7 befassen.
25
1 Der differentielle Wirkungsquerschnitt
26
2 Ableitung der Kernmatrixelemente
In diesem Kapitel werden wir die durch (1.30) definierten hadronischen Matrixelemente
berechnen, wobei wir im Rahmen des Isospinformalismus ([Hei32]) Proton und Neutron als
identische Teilchen ansehen. Wir beschränken uns bei den darin enthaltenen Stromoperatoren auf reine Einteilchenströme, d. h. wir betrachten nur solche Prozesse, bei denen das
virtuelle Photon an einem Nukleon innerhalb des 3 He-Kernes absorbiert wird. In Anbetracht dessen werden aus den hadronischen Matrixelementen nukleonische, die, dem allgemeinen Sprachgebrauch folgend, im weiteren oft auch als Kernmatrixelemente bezeichnet
werden. Es soll an dieser Stelle nicht verschwiegen werden, daß man bei Nichtberücksichtigung von Mehrteilchenströmen, wie zum Beispiel der Mesonenaustauschströme, die
Eichinvarianz der Theorie verletzt, da es allein mit Einteilchenoperatoren nicht möglich
ist, die Kontinuitätsgleichung (1.51) zu erfüllen, die eine Folge der Eichinvarianz ist.
Wir beginnen unsere Betrachtungen mit der Herleitung des nukleonischen Stromoperators in nichtrelativistischer Näherung. Dabei werden zu Beginn die in der Elementarteilchenphysik eine bedeutende Rolle spielenden nukleonischen Formfaktoren eingeführt. Der
folgende Abschnitt beschäftigt sich mit der Herleitung der allgemeinen Form der Kernmatrixelemente für beliebige, total antisymmetrische Endzustände.
Danach wenden wir uns der Berechnung des Streuzustandes im Rahmen der FaddeevTheorie zu. Letztere erlaubt eine exakte Behandlung der vollständigen Endzustandswechselwirkung, die einen großen Einfluß auf den Streuprozeß ausübt. In diesem Zusammenhang werden verschiedene Endzustandsmodelle für die auslaufenden Nukleonen eingeführt,
nämlich PWIA, PWIAS, FSI23 und FSI. Der Vergleich zwischen diesen Annahmen ist ein
wesentlicher Bestandteil der numerischen Rechnungen in dieser Arbeit.
Anschließend wird die Partialwellendarstellung der Matrixelemente, wie sie den numerischen Berechnungen zugrunde liegt, vorgestellt. Zu guter Letzt betrachten wir noch den
Fall, in dem der anfängliche Bindungszustand in beliebiger Richtung polarisiert ist.
27
2 Ableitung der Kernmatrixelemente
2.1 Der nukleonische Stromoperator in
nichtrelativistischer Näherung
Eine realistische Beschreibung der elektromagnetischen Wechselwirkung von Protonen und
Neutronen verlangt die Berücksichtigung ihrer komplexen Struktur. Im Rahmen einer mesonentheoretischen Behandlung der starken Wechselwirkung gilt es, durch virtuelle Mesonen bedingte Vertexkorrekturen mit in die Rechnungen einzubauen. Ferner sind die Beiträge zu berücksichtigen, die sich aus der inneren Struktur der Nukleonen ergeben. All dies
bewirkt bekanntlich das Auftreten der elektromagnetischen Formfaktoren. Die allgemeine
Form des Einteilchen-Stromoperators, die der Forderung nach Kovarianz und Stromerhaltung genügt, erhält man durch die Ersetzung1
σµν (l0 − l)ν p,n 2 p,n 2
0
0
0
0
ū(l , m ) γµ u(l, m) −→ ū(l , m ) γµ F1 q̃ + i
u(l, m) ,
(2.1)
F2 q̃
2mp,n
mit
q̃ 2 ≡ (l0 − l)2 .
(2.2)
Die hier auftretenden skalaren Funktionen F1p,n und F2p,n sind der Dirac- und der PauliFormfaktor des Protons bzw. Neutrons. Analog zu (1.17) führt dies auf die Stromoperatoren für Proton und Neutron
s
X X m2
i
e
p,n 2 p,n 2 0
0
0
ν
p,n
N
ū(l , m ) γµ F1 q̃ +
σµν (l − l) F2 q̃
u(l, m)
jµ
=
V l,m 0 0 l0 l00
2mN
l ,m
b† (l0 , m0 ) b(l, m) .
(2.3)
Von nun an behandeln wir im Rahmen des Isospinformalismus Proton und Neutron als
identische Teilchen der Masse mN , charakterisiert durch ihre magnetischen Isospinquantenzahlen τ :
(
+ 21 für Protonen
(2.4)
τ=
− 12 für Neutronen .
Die vierkomponentigen Dirac-Spinoren (1.26)-(1.27) gehen dann durch Bildung des direkten Produktes mit den Spinoren im Isospinraum über in achtkomponentige. Wir definieren
U (l, m, τ ) ≡ u(l, m) ⊗ Θτ
Ū (l0 , m0 , τ 0 ) ≡ Θtτ 0 ⊗ ut (l0 , m0 ) .
1
(2.5)
Ausführungen zu diesem Thema findet man in den meisten Standardwerken zur Elementarteilchenphysik und zur Quantenfeldtheorie. Exemplarisch seien hier [Bjo66], [Käl74] und [Itz85] genannt.
28
2.1 Der nukleonische Stromoperator
Damit erhalten wir den nukleonischen Stromoperator
s
X
X
m2N
e
i
0
0
ν
N
0
0
2
2
σµν (l − l) F̂2 q̃
U (l, m, τ )
jµ =
Ū (l , m , τ ) γµ F̂1 q̃ +
V l,m,τ 0 0 0 l0 l00
2mN
l ,m ,τ
b† (l0 , m0 , τ 0 ) b(l, m, τ ) .
(2.6)
Die verallgemeinerten Formfaktoren F̂1,2 stellen jetzt Operatoren im Isospinraum dar, welche die Projektionsoperatoren für Protonen und Neutronen enthalten:
(1 + τ̂z ) p 2 (1 − τ̂z ) n 2 F1,2 q̃ +
F1,2 q̃ .
F̂1,2 q̃ 2 ≡
2
2
(2.7)
Da sie nur auf die Θ-Spinoren wirken, kann man die Projektionsoperatoren direkt auswerten. Dies liefert
τ
Θtτ 0 F̂1,2 q̃ 2 Θτ = δτ,τ 0 F1,2
q̃ 2 ,
(2.8)
wobei
τ
F1,2
≡
p
F1,2
für τ = + 12
n
F1,2
für τ = − 12 .
(2.9)
Mit der bekannten Gordon-Zerlegung
i
h
1
0
0
0
0
ν
ū(l , m ) γµ u(l, m) =
ū(l , m ) (l + l )µ + i σµν (l − l) u(l, m)
2mN
0
0
(2.10)
führen wir den Stromoperator (2.6) über in die übliche Form
s
X
X
X
m2N 1
e
0
0
0
τ
N
2
0
ν τ
2
ū(l
,
m
)
(l
+
l
)
F
jµ =
q̃
+
i
σ
(l
−
l)
G
q̃
u(l, m)
µ
µν
1
M
V l,m l0,m0 τ
l0 l00 2mN
b† (l0 , m0 , τ ) b(l, m, τ ) .
(2.11)
Hier wurde noch der magnetische Formfaktor
eingeführt.
GτM q̃ 2 ≡ F1τ q̃ 2 + F2τ q̃ 2
(2.12)
Im folgenden werden wir die nichtrelativistische Form dieses Ausdruckes (2.11) herleiten;
dabei berücksichtigen wir zunächst alle Beiträge bis zur Ordnung Impulsquadrat/m2N“.
”
Wir benutzen die Dirac Spinoren (1.26)-(1.27) sowie die nichtrelativistischen Näherungen
s
mN mN l0 + mN l00 + mN
l2
l0 2
l2
l0 2
'
1−
1−
1+
1+
l0 l00
2mN
2mN
4m2N
4m2N
8m2N
8m2N
' 1−
l2 + l0 2
,
8m2N
(2.13)
29
2 Ableitung der Kernmatrixelemente
und
l0 − l
2
2
+ l00 − l0
2
2
l0 2
l2
0
' − l − l + mN +
− mN −
2mN
2mN
2
0
' − l −l .
= − l0 − l
2
(2.14)
Zur Abkürzung setzen wir noch
Q̃ ≡ l0 − l .
(2.15)
Damit schreiben wir für die Summanden der Null-Komponente des Stromes (ohne die
Erzeugungs- und Vernichtungsoperatoren und den Faktor e/V )


0
1
2
02
l +l
1
−l · σ
2
 l · σ  χm
X0 ≡
1−
l + l0 0 F1τ Q̃
χtm0 1, 0
2
8mN
l0 + m N
2mN
l0 + m N


0
1
2
02
ν
1
l +l
−l · σ
2
 l · σ  χm
χtm0 1, 0
σ0ν l0 − l GτM Q̃
i
+ 1−
2
8mN
l0 + m N
2mN
l0 + m N
≡ X0,1 + X0,M .
(2.16)
Der Anteil mit F1τ ergibt sich unter Verwendung der Relation
σ ·a σ ·b = a ·b+iσ · a× b
zu
X0,1 =
F1τ
2
Q̃
2
' F1τ Q̃
χtm0
χtm0
(2.17)
l2 + l 0 2
1 0
0
1+
−
l ·l +iσ · l × l
χm
4m2N
4m2N
!
2
Q̃
1
0
1+
−i
σ · l × l χm .
(2.18)
8m2N
4m2N
l 2 + l0 2
1−
8m2N
Zur Berechnung des magnetischen Anteils verwenden wir
σ0ν (l0 − l)ν = i γ0 γi (l0 − l)i
0 1
= i σi (l0 − l)i γ0
−1 0
!
0 1
= −i σ · Q̃
1 0
und erhalten
X0,M
30
1
2
GτM Q̃ χtm0
'
2
4mN
0
0
!
− l · Q̃ − i σ · l × Q̃ + Q̃ · l + i σ · Q̃ × l
(2.19)
χm
2.1 Der nukleonische Stromoperator
1
2 t
2
0
τ
G Q̃ χm0 − Q̃ + 2i σ · l × l χm
=
4m2N M
1 τ 2
2
2
0
t
τ
F1 Q̃ + F2 Q̃
− Q̃ δm,m0 + 2i χm0 σ · l × l χm .
=
4m2N
(2.20)
Insgesamt gilt dann
X0 =
!
2
2
Q̃
Q̃
2
2
F1τ Q̃ −
F τ Q̃ −
F τ Q̃
δm,m0
4m2N 2
8m2N 1
1 τ 2
2
τ
F
Q̃
+
2F
Q̃
+i
χtm0 σ · l0 × l χm .
1
2
2
4mN
2
(2.21)
Da wir bei den numerischen Berechnungen im weiteren Verlauf dieser Arbeit typischerweise mit Impulsüberträgen von 650 MeV/c konfrontiert werden, stellt der dritte Summand in der ersten Zeile von (2.21) lediglich eine kleine Korrektur gegenüber dem ersten
dar, weswegen wir ihn von nun an vernachlässigen werden. Dies gilt jedoch nicht uneingeschränkt für den zweiten Summanden, da im Falle des Neutrons bei den betrachteten
Impulsüberträgen der Formfaktor F1n aufgrund der verschwindenden elektrischen Ladung
klein gegen F2n ist (vgl. hierzu die in Anhang C vorgestellten Formfaktorparametrisierungen). Unter Berücksichtigung der bekannten Tatsache, daß die Wahrscheinlichkeit, ein
Nukleon mit dem Impulsbetrag l innerhalb des 3 He-Kerns zu finden, für l = 0 am größten
ist und mit wachsendem l rapide abnimmt, stellt der Term in der zweiten Zeile von (2.21)
nur eine kleine Korrektur dar und wird ebenfalls nicht weiter betrachtet. Mit diesen Näherungen lautet (2.21)
!
2
Q̃
2
2
X0 = F1τ Q̃ −
F τ Q̃
δm,m0 .
(2.22)
4m2N 2
Hier führen wir den elektrischen Formfaktor ein:
GτE
q̃
2
≡
F1τ
q̃
Im nichtrelativistischen Limes folgt
GτE
q̃
Damit erhalten wir
2
−→
GτE
Q̃
2
2
=
(l0 − l)2 τ 2 +
F q̃ .
4m2N 2
F1τ
X0 = GτE Q̃
Q̃
2
2
(2.23)
2
Q̃
2
τ
F
Q̃
.
−
4m2N 2
δm,m0
(2.24)
(2.25)
und entsprechend für die Nullkomponente des Stromoperators
j0 =
e XXX τ
2
GE Q̃ b† (l0 , m, τ ) b(l, m, τ ) .
V 0 m τ
(2.26)
l,l
31
2 Ableitung der Kernmatrixelemente
Diese Form wird im weiteren Verlauf dieser Arbeit sowohl für das Proton als auch für das
Neutron verwendet.
Den Raumanteil von (2.11) zerlegen wir wie üblich in Konvektions- und Spinstromanteil,
die mit F1τ bzw. GτM einhergehen. Für den Konvektionsstrom betrachten wir zunächst
wieder nur den Ausdruck


0
0
1
2
02
l +l
l + l τ 2 
−l · σ
χtm0 1, 0
F Q̃
XK ≡
1−
l · σ  χm
2
8mN
l0 + m N
2mN 1
l0 + m N
!
l2 + l 0 2 l + l 0 τ 2 t
1
=
1−
F Q̃ χm0 1 −
l · l0 + i σ (l × l0 )
χm
8m2N
2mN 1
4m2N
l + l0 τ 2 F Q̃ δm,m0 .
2mN 1
'
(2.27)
Dann lautet der Konvektionsstromoperator
jK =
e 1 XXX
2
(l + l0 ) F1τ Q̃ b† (l0 , m, τ ) b(l, m, τ ) .
V 2mN 0 m τ
(2.28)
l,l
Zur Berechnung des Spinstromes gehen wir aus von
(XS )i

1
0
0
l +l
−l · σ
σi0 (l − l) τ
2
t

≡
1−
χ
1,
i
G
Q̃
0
l·σ
m
M
8m2N
l00 + mN
2mN
l + mN
 0
1
l2 + l 0 2
σij (l0 − l)j τ
−l0 · σ
2
t

+ 1−
i
G
χ
1,
Q̃
0
l
·
σ
M
m
8m2N
l00 + mN
2mN
l0 + m N
2
02
0

 χm

 χm
(2.29)
In der nichtrelativistischen Näherung gilt
l2 − l 0 2
σi0 (l0 − l)0
'
σi0
2mN
4m2N
l 2 − l0 2
= −i
σi
4m2N
0 1
1 0
!
.
(2.30)
Damit ergeben sich nach Ausmultiplizieren für den ersten Summanden von (2.29) nur
Beiträge verschwindender Ordnung. Zur Berechnung des 2. Summanden benutzen wir die
Relation
!
1 0
σij = εijk σk
.
(2.31)
0 1
32
2.2 Allgemeine Form
Hieraus folgt
σij (l0 − l)j =
=
X
j,k
X
j,k
=
1 0
0 1
εijk σk (l0 − l)j
εijk σj (l0 − l)k
σ × Q̃
i
1 0
0 1
1 0
0 1
!
!
!
(2.32)
und weiter
XS =
'
2
1−
02
l +l
8m2N
χtm0 1,
0
−l · σ
l00 + mN
"
i
σ × Q̃ τ
GM
2mN
i
2
GτM Q̃ χtm0 σ χm × Q .
2mN
#
2

Q̃

1
l · σ  χm
l0 + m N
(2.33)
Die Komponenten des Vektors
σ m0 ,m ≡ χtm0 σ χm
sind die zu m0 und m gehörigen Einträge der Pauli-Matrizen
!
!
0 1
0 −i
σx =
σy =
σx =
1 0
i
0
Es gilt demnach
σ m0 ,m
(2.34)
1
0
0 −1
!
.


δm0 ,−m


=  2mi δm0 ,−m  .
2m δm0 ,m
Damit lautet der Vektoranteil des Spinstromes
e XXX i
2
GτM Q̃
σ m0 ,m × Q̃ b† (l0 , m0 , τ ) b(l, m, τ ) .
jS =
V l,m 0 0 τ 2mN
(2.35)
(2.36)
(2.37)
l ,m
2.2 Allgemeine Form der Kernmatrixelemente
In diesem Abschnitt werden wir die Kernmatrixelemente (1.30) für beliebige Endzustände
im nichtrelativistischen Limes berechnen. Dazu verwenden wir die oben abgeleiteten Ausdrücke für die Stromoperatoren (2.26), (2.28) und (2.37).
Wir lassen an dieser Stelle – wie bereits in Kapitel 1 angedeutet – das Volumen V , in
dem der physikalische Prozeß stattfindet, gegen unendlich gehen. Dann gehen die diskreten
33
2 Ableitung der Kernmatrixelemente
Impulseigenzustände über in Kontinuumseigenzustände und sind dementsprechend auf δFunktionen normiert. Formal erreicht man dies durch folgende Ersetzung:
s
3 p −→ (2π) p .
(2.38)
d
k
V
Die Indizes d und k stehen für diskret“ beziehungsweise kontinuumsnormiert“. Damit
p ”
”
verschwinden alle Faktoren V /(2π)3 in (1.30), und die Kernmatrixelemente gehen über
in
(2π)3 Ψf {Mf }P 0 j µ Ψb M P .
(2.39)
Nµ =
e
Die Antikommutatorrelationen für die Operatoren b, b† werden ebenfalls mit Hilfe von
δ-Funktionen ausgedrückt, während diese im diskreten Fall nur Kronecker-Symbole enthalten. Daher ersetzt man auch hier formal
s
(2π)3
bd , b†d −→
bk , b†k .
(2.40)
V
Darüber hinaus gehen die in den Stromoperatoren enthaltenen Summen über die Impulse
l, l0 über in Integrale:
Z
X
V
V
dl dl0 .
(2.41)
−→
3
3
(2π)
(2π)
0
l,l
Damit gilt also
Z
1
1 X † 0 0 0
bd (l , m , τ ) bd (l, m, τ ) −→
dl dl0 b†k (l0 , m0 , τ 0 ) bk (l, m, τ ) .
3
V 0
(2π)
(2.42)
l,l
Wir beginnen die Berechnung der Kernmatrixelemente (2.39) mit der Evaluierung des
Ausdruckes
(2.43)
M ≡ Ψf {Mf }P 0 b†k (l0 , m0 , τ 0 ) bk (l, m, τ ) Ψb M P ,
wobei die Zustände auf beiden Seiten total antisymmetrisch sein sollen. Weiterhin definieren wir die total antisymmetrischen Zustände für drei freie Nukleonen2
k 1 m1 τ 1 , k 2 m2 τ 2 , k 3 m3 τ 3
= b† (k1 , m1 , τ1 )b† (k2 , m2 , τ2 )b† (k3 , m3 , τ3 ) 0
A
0 0 0 0 0 0 0 0 0
k1 m1 τ1 , k2 m2 τ2 , k3 m3 τ3 = 0 b(k 01 , m01 , τ10 )b(k 02 , m02 , τ20 )b(k03 , m03 , τ30 ) . (2.44)
A
Unter Verwendung der Antikommutatorrelation
2
b(k1 , m1 , τ1 ), b† (k2 , m2 , τ2 ) = δ(k1 − k2 ) δm1 ,m2 δτ1 ,τ2
(2.45)
Den Index k lassen wir im folgenden weg, da wir von jetzt an nur noch mit kontinuumsnormierten
Zuständen arbeiten werden.
34
2.2 Allgemeine Form
sowie der Tatsache, daß ein Vernichtungsoperator angewendet auf das Vakuum Null ergibt:
b(k, m, τ ) 0 = 0 ,
(2.46)
leitet man leicht die Normierungsbedingung
A
k01 m01 τ10 , k02 m02 τ20 , k03 m03 τ30 k1 m1 τ1 , k2 m2 τ2 , k3 m3 τ3 A
= δ110 δ220 δ330 − δ110 δ230 δ320 − δ120 δ210 δ330 − δ130 δ220 δ310 + δ120 δ230 δ310 + δ130 δ210 δ320
und die Vollständigkeitsrelation
X Z
1 X
dk 1 dk2 dk3
1 =
6 m ,m ,m τ ,τ ,τ
1
2
3 1 2 3
k 1 m1 τ 1 , k 2 m2 τ 2 , k 3 m3 τ 3
k 1 m1 τ 1 , k 2 m2 τ 2 , k 3 m3 τ 3 AA
(2.47)
(2.48)
ab. In der oberen Gleichung wurde die Abkürzung
δij ≡ δ(ki − kj ) δmi ,mj δτi ,τj
(2.49)
eingeführt.
Unter Verwendung der Vollständigkeitsrelation schreiben wir für (2.43)
X Z
X
1
dk01 dk02 dk03 Ψf {Mf }P 0 k01 m01 τ10 , k02 m02 τ20 , k03 m03 τ30 A ·
M =
36
m01 ,m02 ,m03 τ10 ,τ20 ,τ30
Z
X
X
dk1 dk2 dk3 A k01 m01 τ10 , k02 m02 τ20 , k03 m03 τ30 b† (l0 , m0 , τ 0 ) b(l, m, τ )
m1 ,m2 ,m3 τ1 ,τ2 ,τ3
k 1 m1 τ 1 , k 2 m2 τ 2 , k 3 m3 τ 3
AA
k1 m1 τ1 , k2 m2 τ2 , k3 m3 τ3 Ψb M P .
(2.50)
Das mittlere der drei Matrixelemente berechnen wir durch Einsetzen von (2.44) und wiederholte Anwendung der Antikommutatorrelation (2.45). Nach einigen trivialen Umformungen
lautet das Ergebnis
k01 m01 τ10 , k02 m02 τ20 , k03 m03 τ30 b† (l0 , m0 , τ 0 ) b(l, m, τ ) k1 m1 τ1 , k2 m2 τ2 , k3 m3 τ3
h
i
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
= δl1 δl 1 (δ2 2 δ3 3 − δ2 3 δ3 2 ) − δl 2 (δ1 2 δ3 3 − δ1 3 δ3 2 ) + δl 3 (δ1 2 δ2 3 − δ1 3 δ2 2 )
h
i
− δl2 δl0 10 (δ20 1 δ30 3 − δ20 3 δ30 1 ) − δl0 20 (δ10 1 δ30 3 − δ10 3 δ30 1 ) + δl0 30 (δ10 1 δ20 3 − δ10 3 δ20 1 )
h
i
+ δl3 δl0 10 (δ20 1 δ30 2 − δ20 2 δ30 1 ) − δl0 20 (δ10 1 δ30 2 − δ10 2 δ30 1 ) + δl0 30 (δ10 1 δ20 2 − δ10 2 δ20 1 ) .
(2.51)
35
2 Ableitung der Kernmatrixelemente
Setzt man (2.51) in (2.50) ein, so stellt man fest, daß die in den eckigen Klammern stehenden Kombinationen von δ-Funktionen und Kronecker-Symbolen jeweils den gleichen
Ausdruck liefern, wenn man die Antisymmetrie des links stehenden Endzustandes und des
rechts stehenden Anfangszustandes ausnutzt. Es folgt
Z
1 X X
dk 2 dk3 Ψf {Mf }P 0 l0 m0 τ 0 , k2 m2 τ2 , k3 m3 τ3 A
M =
6 m ,m τ ,τ
2
3 2 3
lmτ, k2 m2 τ2 , k3 m3 τ3 Ψb M P
A
Z
1 X X
+
dk 1 dk3 Ψf {Mf }P 0 k1 m1 τ1 , l0 m0 τ 0 , k3 m3 τ3 A
6 m ,m τ ,τ
1
3 2 3
Ψb M P
k
m
τ
,
lmτ,
k
m
τ
1
1
1
3
3
3
A
Z
X
X
1
dk 1 dk2 Ψf {Mf }P 0 k1 m1 τ1 , k2 m2 τ2 , l0 m0 τ 0 A
+
6 m ,m τ ,τ
1
2 2 3
Ψb M P
k
m
τ
,
k
m
τ
,
lmτ
1
1
1
2
2
2
A
Z
X
X
1
=
dk 2 dk3 Ψf {Mf }P 0 l0 m0 τ 0 , k2 m2 τ2 , k3 m3 τ3 A
2 m ,m τ ,τ
2
3 2 3
Ψb M P .
lmτ,
k
m
τ
,
k
m
τ
(2.52)
2
2
2
3
3
3
A
Im letzten Schritt wurden außerdem die Integrationsvariablen umbenannt.
Wir wollen nun die total antisymmetrischen 3N-Zustände zurückführen auf EinteilchenProduktzustände. Hierzu definieren wir den i-ten Zustand eines freien Nukleons formal
durch
1
i = pi , mi 1 , τ i .
(2.53)
2
2
Darüber hinaus beschreibe der Produktzustand
123 ≡ 1 2 3
3
2
1
≡ p1 p2 p3 m1 m2 m3 τ1 τ2 τ3
(2.54)
die Situation, in der sich Teilchen i jeweils im Zustand i befindet. Hieraus ergibt sich
durch Anwendung des Antisymmetrisierungsoperators A der total antisymmetrische Zustand dreier Nukleonen
1 123
123
√
≡
1
−
P
−
P
−
P
+
P
P
+
P
P
12
13
23
12
23
13
23
A
6
≡ A 123 .
(2.55)
Die Operatoren Pij bewirken die Tanspositionen (i ↔ j). Man überzeugt sich leicht, daß
die so definierten Zustände die gleiche Normierung und die gleiche Vollständigkeitsrelation
besitzen wie diejenigen aus Gleichung (2.44).
36
2.2 Allgemeine Form
Für (2.52) schreiben wir nun
Z
3 X X
dk2 dk3 Ψf {Mf }P 0 A l0 k2 k3 m0 m2 m3 τ 0 τ2 τ3
M =
6 m ,m τ ,τ
2
3 2 3
τ τ2 τ3 mm2 m3 lk2 k3 A Ψb M P .
(2.56)
Die Anwendung des Antisymmetrisierungsoperators auf den Anfangs- bzw. Endzustand
√
liefert jeweils den Faktor 6. Mithin gilt
X XZ
M = 3
dk2 dk3 Ψf {Mf }P 0 l0 k2 k3 m0 m2 m3 τ 0 τ2 τ3
m2 ,m3 τ2 ,τ3
τ τ2 τ3 mm2 m3 lk2 k3 Ψb M P .
(2.57)
Unter Verwendung dieser Beziehung, von (2.42) und der Nullkomponente des Stromoperators (2.26) lautet das zugehörige Kernmatrixelement
X X Z
2 dl dl0 dk2 dk3 Ψf {Mf }P 0 l0 k2 k3 mm2 m3 GτE Q̃ τ τ2 τ3
N0 = 3
m,m2 ,m3 τ,τ2 ,τ3
X
= 3
X Z
m,m2 ,m3 τ,τ2 ,τ3
= 3
Z
τ τ2 τ3 mm2 m3 lk2 k3 Ψb M P
τ τ2 τ3 mm2 m3 lk2 k3 Ψb M P
2 dl dl0 dk2 dk3 Ψf {Mf }P 0 l0 k2 k3 mm2 m3 ĜE Q̃ τ τ2 τ3
2 dl dl0 dk 2 dk3 Ψf {Mf }P 0 l0 k2 k3 ĜE Q̃ lk2 k3 Ψb M P
(2.58)
Hier wurde zunächst analog zu (2.24) der Isospinoperator
2
ĜE Q̃
≡ F̂1 Q̃
2
2
Q̃
2
F̂
Q̃
−
2
4m2N
(2.59)
eingeführt, der nun explizit auf Teilchen 1 wirkt. Anschließend wurden die Vollständigkeitsrelationen der Spin- und Isospinzustände ausgenutzt.
Für die Raumanteile des Stromoperators (2.28) und (2.37) erhält man analog
Z
3
2 dl dl0 dk2 dk3 l + l0 Ψf {Mf }P 0 l0 k2 k3 F̂1 Q̃ lk2 k3 Ψb M P
NK =
2mN
(2.60)
Z
X
3i
NS =
dl dl0 dk 2 dk3 Ψf {Mf }P 0 l0 k2 k3 12 m0 21 m σ m0 ,m × Q̃
2mN
m,m0
2 ĜM Q̃ lk2 k3 Ψb M P
Z
3i
2 =
dl dl0 dk2 dk3 Ψf {Mf }P 0 l0 k2 k3 σ × Q̃ ĜM Q̃
lk2 k3 Ψb M P .
2mN
(2.61)
37
2 Ableitung der Kernmatrixelemente
Der in der letzten Zeile auftretende Operator σ sowie F̂1 und ĜM wirken wiederum ausschließlich auf den Spin bzw. Isospin von Teilchen 1. Der Operator für den magnetischen
Formfaktor ist dabei analog zu (2.12) gegeben durch
ĜM Q̃
2
2
≡ F̂1 Q̃
2
+ F̂2 Q̃
.
(2.62)
Im Hinblick auf die später erfolgende Partialwellenentwicklung führen wir an dieser Stelle
die Jacobi-Impulse ein. Für drei Teilchen mit den Impulsen k1 , k2 und k3 werden diese
definiert als
P = k1 + k2 + k3
1
k3 − k2
p =
2
2
1
q =
k1 − k2 + k3
.
3
2
(2.63)
(2.64)
(2.65)
Bei dieser Definition wird vorausgesetzt, daß der Impuls k i zu Teilchen i gehört. Dann
bezeichnet p den Relativimpuls der Teilchen 2 und 3 und q den Impuls von Teilchen 1
relativ zum Schwerpunkt des Subsystems (23). P ist offensichtlich der Schwerpunktimpuls
der drei Nukleonen. Die zugehörigen Zustände werden festgelegt durch die Vorschrift
k1 k2 k3 p q P
1
2
1
= δ p − k3 − k2 δ q −
k1 − k2 + k3
δ P − k1 + k2 + k3 . (2.66)
2
3
2
Exemplarisch betrachten wir das Kernmatrixelement des Ladungsdichteoperators (2.58).
Die beiden darin auftretenden Matrixelemente lassen sich vermöge (2.66) im Laborsystem
(dort gilt P = 0) schreiben als
Ψf {Mf }P 0 l0 k2 k3
0
0
= δ P − l + k2 + k3
Ψf {Mf } p = 12 (k3 −k2 ), q = 32 l0 − 12 (k2 +k3 )
l k2 k3 Ψb M P
= δ 0 − l + k2 + k3
p = 12 (k3 −k2 ), q = 32 l− 12 (k2 +k3 ) Ψb M .
(2.67)
(2.68)
Nach Einsetzen von Q̃ = l0 − l und anschließender Eliminierung der Integrale über l und
l0 mit Hilfe der δ-Funktionen folgt zunächst
Z
N0 = 3 dk 2 dk3 Ψf {Mf } p = 12 (k3 −k2 ), q = 23 P 0 −(k2 +k3 ) ĜE (P 0 2 )
p = 1 (k3 −k2 ), q = − (k2 +k3 ) Ψb M .
(2.69)
2
38
2.2 Allgemeine Form
Das Argument des elektrischen Formfaktors identifizieren wir anhand der Gesamtimpulserhaltung (1.12) im Laborsystem, P 0 − P = P 0 = Q, als den Impuls des Photons. Durch
die hier getroffene Wahl der Jacobi-Impulse haben wir festgelegt, daß das Photon von
Teilchen 1 absorbiert wird. Dementsprechend wirkt der Isospinoperator immer auf dieses
Teilchen. Führen wir hier wieder Relativ- und Schwerpunktimpuls der Teilchen 2 und 3
unter dem Integral ein (vergleiche Abschnitt 1.4), so erhalten wir mit k 23 ≡ k2 + k3
Z
N0 = 3 dp dk23 Ψf {Mf } p, 32 P 0 −k23 ĜE (Q2 ) p, −k23 Ψb M
Z
= 3 dp dq Ψf {Mf } p q ĜE (Q2 ) p, q− 23 Q Ψb M .
(2.70)
Dabei wurde im zweiten Schritt die Integration über k23 ersetzt durch die Integration über
den Jacobi-Impuls
(2.71)
q = 32 P 0 − k23 = 32 Q − k23 .
Durch analoge Vorgehensweise erhält man die entsprechenden Ausdrücke für Konvektionsund Spinstrom (2.60 und 2.61):
Z
1
3
dp dq 2q − Q Ψf {Mf } p q F̂1 (Q2 ) p, q− 23 Q Ψb M
NK =
2mN
3
(2.72)
Z
3
dp dq Ψf {Mf } p q σ × Q ĜM (Q2 ) p, q− 23 Q Ψb M .
NS = i
2mN
(2.73)
Diese führen wir noch in ihre sphärischen Komponenten über, wie sie in den Strukturfunktionen (siehe Abschnitt 1.3) auftauchen. Da der Impulsvektor des Photons Q in z-Richtung
weisen soll, besitzt er keine sphärischen Anteile und es folgt
1
2q − Q
= 2q±1 .
(2.74)
3
±1
Außerdem erhält man unter Verwendung von (2.36) und der sphärischen Einheitsvektoren
(1.54) und (1.55)
1 σy ∓ i σ x
σ×Q
= Q ∓√
±1
2
√
1
= i 2Q
σx ± i σ y
2
√
≡ i 2 Q σ (±) .
(2.75)
In der letzten Zeile wurde die übliche Definition des Auf- bzw. Absteigeoperators σ (±) verwendet. Dieser wirkt natürlich ebenfalls nur auf den Spin von Teilchen 1. Für die sphäri-
39
2 Ableitung der Kernmatrixelemente
schen Komponenten von (2.72) und (2.73) folgt dann
Z
3
(2.76)
NK,±1 =
dp dq q±1 Ψf {Mf } p q F̂1 (Q2 ) p, q− 23 Q Ψb M
mN
Z
3Q
NS,±1 = − √
dp dq Ψf {Mf } p q ĜM (Q2 ) σ (±) p, q− 23 Q Ψb M . (2.77)
2mN
Abschließend führen wir noch die formale Schreibweise
N ≡ Ψf {Mf } J Ψb M
(2.78)
ein, die sich in den folgenden Abschnitten als hilfreich erweisen wird. J stellt dabei den
jeweiligen Operator im Impuls- und Spin-Isospinraum dar. Im einzelnen lauten die Operatoren
Z
J0 = 3 dp dq ĜE (Q2 ) p q p, q− 23 Q (2.79)
Z
3
dp dq q±1 F̂1 (Q2 ) p, q p q− 23 Q JK,±1 =
(2.80)
mN
Z
3Q
dp dq ĜM (Q2 ) σ (±) p q p, q− 23 Q .
(2.81)
JS,±1 = − √
2mN
Man beachte, daß es sich hierbei um Einteilchenoperatoren handelt, da sie nicht auf das
durch p beschriebene Zweiteilchensubsystem wirken.
2.3 Der Drei-Nukleonen-Streuzustand
Nachdem wir nun die allgemeine Form der nukleonischen Matrixelemente vorliegen haben,
ist der nächste Schritt die Bestimmung des darin auftretenden Endzustandes. Es ist offensichtlich, daß nach dem Aufbruch des Kernes die Nukleonen miteinander wechselwirken.
Im allgemeinen Fall werden alle drei Nukleonen daran beteiligt sein. Man spricht dann von
der vollständigen Endzustandswechselwirkung oder kurz FSI (vom englischen Final State
Interaction). Diese werden wir zuerst ableiten. Im Anschluß daran betrachten wir noch
den Spezialfall, in dem die Wechselwirkung nur zwischen zwei Nukleonen stattfindet. Zur
Behandlung der FSI benutzen wir die Faddeev-Theorie ([Fad61]), was im wesentlichen die
Aufsummation der Nukleon-Nukleon-Wechselwirkung in die 2-Teilchen-t-Matrizen bedeutet. Als Konsequenz daraus ergibt sich die Aufteilung des Streuzustandes in drei durch
Permutationen ineinander überführbare Anteile.
Ausgangspunkt der folgenden Abhandlungen ist der total antisymmetrische 3N-Produktzustand (2.55). Mit Hilfe des Antisymmetrisierers bezüglich des Paares (2,3)
1 (2.82)
A23 ≡ √ 1 − P23
2
40
2.3 Der Drei-Nukleonen-Streuzustand
schreiben wir
Den Operator
123 = √1 1 + P12 P23 + P13 P23 A23 123 .
A
3
P ≡ P12 P23 + P13 P23
(2.83)
(2.84)
bezeichnen wir im folgenden als den Permutationsoperator.
Anstelle der drei Einteilchenimpulse in (2.54) führen wir wieder die Jacobi-Impulse
(2.63), (2.64) und (2.65) ein:
Dann beschreibt
123 = p q m1 m2 m3 τ1 τ2 τ3 P 0 .
φ1 ≡ A23 p q m1 m2 m3 τ1 τ2 τ3
(2.85)
(2.86)
den Zustand der drei Nukleonen im Schwerpunktsystem, der allein antisymmetrisch unter Vertauschung der Teilchen 2 und 3 ist. Entsprechend (2.83) definieren wir den total
antisymmetrischen Zustand im Schwerpunktsystem
φA ≡ √1 1 + P φ1 .
3
(2.87)
Unser Hauptinteresse gilt dem total antisymmetrischen 3N-Streuzustand, der die Wechselwirkung der Nukleonen untereinander beschreibt. Dieser ergibt sich durch Anwendung
des Møller-Operators auf den freien Zustand (siehe z.B. [Glö83]):
(−)
ΨA
= Ω(−) φA
lim e+i Ht e−i H0 t φA
t→+∞
= −i lim ε G(−) φA .
≡
ε&0
(2.88)
G(−) bezeichnet man als Resolventenoperator; er ist definiert als
G(±) ≡ lim G(E ± i ε)
ε&0
≡ lim (E − H ± i ε)−1
ε&0
= lim (E − H0 − V ± i ε)−1 ,
ε&0
(2.89)
wobei E die kinetische Energie der 3 Nukleonen im Schwerpunktsystem darstellt:
E=
3q 2
p2
+
.
mN 4mN
(2.90)
41
2 Ableitung der Kernmatrixelemente
Das Potential V denken wir uns zusammengesetzt aus Paarwechselwirkungen, d. h. wir
berücksichtigen keine Drei-Teilchen-Kräfte. Dann läßt es sich als Summe dreier 2-TeilchenPotentiale darstellen:
3
X
V =
Vi .
(2.91)
i=1
Dabei stellt für ein Tupel (ijk) der Ausdruck Vi die Wechselwirkung der Teilchen j und k
dar. Mit dem freien Propagator
(±)
G0
≡ lim (E − H0 ± i ε)−1
(2.92)
ε&0
und der Resolventenidentität
(±)
G(±) = G0
(±)
+ G0 V G(±)
(2.93)
folgt dann unter Verwendung von (2.91)
G
(−)
=
(−)
G0
+
3
X
(−)
G0 Vi G(−) .
(2.94)
i=1
Die einzelnen Komponenten unter dem Summenzeichen lassen sich durch Umformung ineinander überführen:
(−)
Gi ≡ G0 Vi G(−)
3
X
(−)
(−)
j
= G 0 Vi G 0 +
G .
(2.95)
j=1
Auflösen nach Gi liefert
G
i
=
=
1−
(−)
G 0 Vi
1+
(−)
G 0 Vi
(−) (−)
= G 0 ti
−1
+
(−)
G0
(−)
G 0 Vi
(−)
G0
j6=i
(−)
(−)
G 0 Vi G 0 Vi
+
X
Gj
j6=i
+
X
+
G
j
(−)
(−)
(−)
G 0 Vi G 0 Vi G 0 Vi
X (−)
(−)
+ · · · G 0 Vi G 0 +
Gj
j6=i
.
(2.96)
Im letzten Schritt wurde die Lippmann-Schwinger-Gleichung für die 2-Teilchen-t-Matrix
(−)
ti
42
(−) (−)
= V i + V i G 0 ti
(−)
(−)
(−)
(−)
(−)
(−)
= Vi + V i G 0 Vi + V i G 0 Vi G 0 Vi + V i G 0 Vi G 0 Vi G 0 Vi + · · ·
(2.97)
2.3 Der Drei-Nukleonen-Streuzustand
eingesetzt. Für den Streuzustand (2.88) erhalten wir mit (2.94) und (2.95)
(−)
ΨA
= −i lim ε G(−) φA
ε&0
= −i lim ε
ε&0
(−)
G0
3
X
φA − i lim ε
G i φA
= φA − i lim ε
ε&0
ε&0
3
X
i=1
i=1
G i φA .
An dieser Stelle führen wir die Faddeev-Komponenten des Streuzustandes ein:
ξi ≡ −i lim ε Gi φA
ε&0
(−)
(−)
.
= G 0 Vi Ψ A
(2.98)
(2.99)
Diese lassen sich durch Anwendung von Permutationen ineinander überführen. Es gilt
zunächst
P12 P23 V1 P23 P12 = V2
(2.100)
P13 P23 V1 P23 P13 = V3 .
(2.101)
Daraus folgt zum Beispiel für die erste Faddeev-Komponente
(−)
(−)
P12 P23 ξ1 = P12 P23 G0 V1 ΨA
und entsprechend
(−)
(−)
= G0 P12 P23 V1 P23 P12 P12 P23 ΨA
(−)
(−)
= G 0 V2 Ψ A
= ξ2
P12 P23 ξ1 = ξ3 .
Mithin läßt sich der total antisymmetrische Streuzustand
und (2.103) schreiben als
r
(−)
1 ΨA
= 1+P
φ1 +
3
(2.102)
(2.103)
(2.98) mit (2.87), (2.99), (2.102)
ξ1
.
(2.104)
Setzt man diesen in den formalen Ausdruck (2.78) für die Kernmatrixelemente ein, so
lautet das Ergebnis
N FSI = (−) ΨA J Ψb M
r
1 φ1 1 + P J Ψb M + ξ1 1 + P J Ψb M
=
3
PWIAS
≡ N
+ NR .
(2.105)
43
2 Ableitung der Kernmatrixelemente
Der Index FSI deutet an, daß dieser Ausdruck die vollständige Endzustandswechselwirkung
beinhaltet. Der PWIAS-Term (vom englischen Symmetrised Plane Wave Impuls Approximation) beschreibt den Fall, in dem der Endzustand ein antisymmetrischer Produktzustand, bestehend aus ebenen Wellen im Impulsraum, ist, der keine Endzustandswechselwirkung enthält. Der Rückstreuterm N R beschreibt alle Prozesse, bei denen nach dem
Aufbruch die drei Nukleonen paarweise über die starke Wechselwirkung miteinander in
Verbindung stehen.
Der nächste Schritt besteht im Aufstellen einer Integralgleichung für die Faddeevkomponente. Hierzu setzen wir (2.96) in (2.99) ein und verwenden anschließend (2.102) und
(2.103):
ξ1 = −i lim ε G0(−) t1(−) G0(−) + G0(−) t1(−) G2 + G0(−) t1(−) G3 φA
ε&0
(−) (−)
(−) (−)
(−) (−)
= G0 t1 φA − i lim ε G0 t1 G2 φA − i lim ε G0 t1 G3 φA
ε&0
ε&0
(−) (−) (−) (−) (−) (−) = G 0 t 1 φA + G 0 t 1 ξ 2 + G 0 t 1 ξ 3
r
1 (−) (−)
(−) (−) G 0 t 1 1 + P φ1 + G 0 t 1 P ξ 1 .
(2.106)
=
3
Dies ist die Faddeev-Gleichung für ξ1 , deren Integralkern nach einer Integration zusammenhängend und kompakt ist ([Fad65]). Mit ihrer Hilfe läßt sich eine weitere Integralgleichung für das Matrixelement N R ableiten, deren Integralkern ebenfalls diese Kompaktheitseigenschaft aufweist. Durch Iterieren folgt für (2.106)
r 1
(−) (−)
(−) (−)
(−) (−)
ξ1 =
G 0 t1 + G 0 t1 P G 0 t1
3
(−) (−)
(−) (−)
(−) (−)
(2.107)
+ G 0 t 1 P G 0 t 1 P G 0 t 1 + · · · 1 + P φ1 .
Der entsprechende ket-Vektor lautet dann
r
(+) (+)
1 (+) (+)
(+) (+)
ξ1 =
φ1 1 + P t 1 G 0 + t 1 G 0 P t 1 G 0
3
(+)
(+)
(+)
(+)
(+)
(+)
+ t 1 G 0 P t1 G 0 P t1 G 0
Einsetzen in N R liefert
r
(+) (+)
1 (+) (+)
(+) (+)
NR =
φ1 1 + P t 1 G 0 + t 1 G 0 P t 1 G 0
3
+
=
r
(+) (+)
(+) (+)
(+) (+)
t 1 G 0 P t1 G 0 P t1 G 0
1 (+) (+)
φ1 1 + P 1 + t 1 G 0 P
3
+··· .
(2.108)
+ · · · 1 + P J Ψb M
(+) (+)
(+) (+)
(+) (+)
+ t1 G0 P t1 G0 P + · · · t1 G0 1 + P J Ψb M .
(2.109)
44
2.3 Der Drei-Nukleonen-Streuzustand
Wir definieren die Rückstreuamplitude U durch die Integralgleichung
(+)
(+) (+)
U = t(+)
1 + P J Ψb M + t1 G0 P U .
1 G0
Dann gilt
(2.110)
r
1 (2.111)
φ1 1 + P U ,
3
wie unmittelbar aus (2.109) abzulesen ist. Die Gleichung (2.110) ist von zentraler Bedeutung; durch sie werden systematisch Rückstreuprozesse in steigender Ordnung der
Zweinukleonen-t-Matrix generiert. Ihre numerische Lösung erfordert erheblichen Aufwand,
sie wird in Kapitel 5 vorgestellt.
NR =
Während bei der vollständigen FSI alle drei Teilchen untereinander beliebig oft miteinander wechselwirken, kann man sich als vereinfachte Näherung den Fall vorstellen, in dem
das Nukleon, welches das Photon absorbiert hat, sich schnell genug von den beiden übrigen entfernt, so daß nur noch diese sich gegenseitig beeinflussen. Diese Annahme gibt an
den Stellen, wo sie annähernd gültig ist, eine gute Einsicht in die physikalischen Vorgänge.
Hierauf wird in den Kapiteln 3 und 4 noch ausführlich eingegangen werden.
Zur Ableitung der Kernmatrixelemente im Rahmen dieses vereinfachten Modells gehen wir wieder aus von dem total antisymmetrischen, freien 3N-Zustand (2.87), wobei
wir jedoch die Beiträge des Permutationsoperators vernachlässigen. Wir betrachten also
stattdessen
φ23 ≡ √1 φ1
(2.112)
3
und den zugehörigen Streuzustand, der nur über die Wechselwirkung V1 ≡ V23 erzeugt
wird3
(−) Ψ23 (−) = −i lim ε G23
φ23 .
(2.113)
ε&0
Beide sind nach wie vor antisymmetrisch in Bezug auf das Paar (23). Für den Resolventenoperator
(±)
G23 ≡ lim (E − H0 − V1 ± i ε)−1
(2.114)
ε&0
erhalten wir analog zu (2.94)
(−)
(−)
(−)
(−)
(−)
(−)
G23
= G0
3
= G 0 + G 0 V1 G 0 + G 0 V1 G 0 V1 G 0 + G 0 V1 G 0 V1 G 0 V1 G 0
(−)
(−)
(−)
(−)
(−)
(−)
(−)
= 1 + G 0 V1 + G 0 V1 G 0 V1 + G 0 V1 G 0 V1 G 0 V1 + · · · G 0
(−) (−)
(−)
= 1 + G 0 t1
G0 .
(−)
+ G0 V1 G23
(−)
(−)
(−)
(−)
(−)
(−)
(−)
+···
(2.115)
Zur Erinnerung: in Abschnitt 2.2 wurde festgelegt, daß das Photon stets von Teilchen 1 absorbiert
wird.
45
2 Ableitung der Kernmatrixelemente
Damit lautet der Streuzustand
Ψ23 (−) = −i lim ε 1 + G0(−) t1(−) G0(−) φ23
ε&0
(−) (−) = 1 + G 0 t1
φ23 ,
und wir erhalten das Kernmatrixelement
N FSI23 ≡ (−) Ψ23 J Ψb M
r
r
1 1 (+) (+) φ1 J Ψb M +
φ1 t1 G0 J Ψb M
=
3
3
PWIA
R23
≡ N
+N
.
(2.116)
(2.117)
Der Index 23“ soll andeuten, daß eine Wechselwirkung nur zwischen den Teilchen 2 und
”
3 stattfindet. PWIA (vom englischen Plane Wave Impuls Approximation) beschreibt den
Fall dreier auslaufender ebener Wellen ohne eine vollständige Antisymmetrisierung. Dieses
einfachste Modell bezüglich des Endzustandes wird in der Literatur häufig bei der Analyse
von Streuexperimenten zu Rate gezogen; wir werden es daher später in die numerischen
Untersuchungen mit einbeziehen.
Den oberen Index (+)“ an den Operatoren t1 und G0 lassen wir von nun an weg, da
”
wir im weiteren ausschließlich diese Formen benutzen werden.
2.4 Partialwellendarstellung
Die grundsätzliche Idee, die hinter einer Partialwellenentwicklung steckt, ist die Entwicklung eines Impulsraumzustandes nach Eigenfunktionen des Drehimpulses. Für unsere
Zwecke ordnen wir den Jacobi-Impulsen p und q die Drehimpulse l und λ zu, die zum
Gesamtbahndrehimpuls L gekoppelt werden. Der zugehörige Partialwellenzustand wird
festgelegt durch die Gleichung ([Glö83])
0 0
δ(p − p0 ) δ(q − q 0 ) LM
p q p q (lλ)LM ≡
Ylλ (p̂q̂) ,
(2.118)
p2
q2
mit der Wellenfunktion des Gesamtbahndrehimpulses
X
LM
Ylλ
(p̂q̂) ≡
lλL, µ, M − µ Yl,µ (p̂) Yλ,M −µ (q̂) .
(2.119)
µ
Im Spinraum addieren wir zuerst die Spins der Teilchen 2 und 3 zu s und diesen anschließend mit dem des ersten Teilchens zum Gesamtspin S. Der zugehörige Zustand ist dann
gegeben durch
1
X 1
(s )SMS =
s 2 S, κ, MS −κ ( 12 21 )sκ 21 , MS −κ .
(2.120)
2
κ
46
2.4 Partialwellendarstellung
Analog konstruiert man den Isospinzustand
1
X 1
(t )T MT =
t 2 T, ν, MT −ν ( 21 12 )tν 21 , MT −ν .
2
(2.121)
ν
Abschließend koppelt man den Gesamtbahndrehimpuls L mit dem Gesamtspin S zum
Gesamtdrehimpuls J . Der innere 3N-Zustand läßt sich dann vollständig durch den Partialwellenzustand
pq (lλ)L (s 1 )S JM, (t 1 )T MT
2
X 2
LSJ, ML MS M pq (lλ)LM (s 12 )SMS (t 12 )T MT
≡
(2.122)
ML MS
beschreiben. Diese Form bezeichnet man als LS-Kopplungsschema oder auch einfach nur
LS-Kopplung.
Eine andere Möglichkeit, zum Gesamtdrehimpuls J zu gelangen, stellt folgendes Kopplungsschema dar: man koppelt zunächst Bahndrehimpuls l und Spin s zu j und λ mit s1
zu I, und addiert schließlich j und I zu J . Der entsprechende Partialwellenzustand hat
die Form
pq (ls)j (λ 1 )I JM, (t 1 )T MT .
2
2
Dies bezeichnet man als die jI-Kopplung. Sie bietet sich insbesondere dann an, wenn es
gilt, Matrixelemente von 2-Teilchen-Potentialen zu berechnen, weil diese diagonal in den
Quantenzahlen des dritten Teilchens sind. Um vom einen Kopplungsschema zum anderen
zu gelangen, verwendet man das 9j-Symbol, welches durch




j
j
j
q
1
2
12


(j1 j2 )j12 (j3 j4 )j34 j (j1 j3 )j13 (j2 j4 )j24 j ≡ ĵ12 ĵ34 ĵ13 ĵ24
(2.123)
j3 j4 j34




j13 j24 j
definiert ist. Dieses läßt sich für praktische Berechnungen auf Clebsch-Gordan-Koeffizienten
zurückführen (siehe zum Beispiel [Edm64]).
Bei allen zukünftigen Rechnungen werden wir die Abkürzungen
pqα ≡ pq (ls)j (λ 1 )I JM, (t 1 )T MT
2
2
pqβ ≡ pq (lλ)L (s 1 )S JM, (t 1 )T MT
2
2
(2.124)
(2.125)
benutzen. Dabei werden wir jedoch nur solche Partialwellen verwenden, die antisymmetrisch unter Vertauschung der Teilchen 2 und 3 sind. Dies wird notwendig gefordert bei der
in Kapitel 5 beschriebenen Berechnung des Bindungszustandes im Rahmen der FaddeevTheorie. Die gewünschte Symmetrieeigenschaft erreicht man durch die Bedingung
(−1)l+s+t = −1 .
(2.126)
47
2 Ableitung der Kernmatrixelemente
Häufig benötigt man die Vollständigkeitsrelation, die für beide Kopplungsschemata gleichermaßen
Z
XZ
2
dq q 2 pqγ pqγ 1=
dp p
(2.127)
γ
lautet, wobei γ = α oder β ist.
Wenden wir uns nun konkret den Kernmatrixelementen zu. Wir beginnen mit der Berechnung des PWIAS-Terms von (2.105). Unter Verwendung von (2.86) erhalten wir
r
1 φ1 1 + P J Ψb M
3
r
1
=
τ1 τ2 τ3 m1 m2 m3 p q A23 1 + P J Ψb M .
3
N PWIAS ≡
(2.128)
Da A23 (siehe Gleichung (2.82)) mit dem Permutationsoperator vertauscht, können wir
√
ihn nach rechts auf J Ψb M wirken lassen, was einen Faktor 2 liefert. Die Operatoren J
sind nämlich nach (2.79)-(2.81) symmetrisch unter Vertauschung der Teilchen 2 und 3, und
der vollkommen antisymmetrische Bindungszustand liefert ein Minuszeichen, so daß man
√
√
insgesamt den Faktor (1-(-1))/ 2 = 2 erhält. Den Operator (1+P ) hingegen wenden wir
auf den linken Zustand an und erhalten
r
2
PWIAS
N
=
τ1 τ2 τ3 m1 m2 m3 p q 1 + P J Ψb M
3
r
3
2 X (i) (i) (i) (i) (i) (i) (i) (i) ≡
τ1 τ2 τ3
m1 m2 m3
p q J Ψb M .
(2.129)
3 i=1
Der Index i deutet an, daß sich Teilchen 1 im i-ten Zustand befindet. Dabei entspricht
i = 1 der Identität von (1+P ). Die Fälle i = 2,3 erhält man durch die Permutationen
(123) −→ (312) beziehungsweise (123) −→ (231) bezüglich der Teilchen in (2.54). Es gilt
demnach
(2) (2) (2) (2) (2) (2) τ1 τ2 τ3 m1 m2 m3 p(2) q (2) ≡ τ1 τ2 τ3 m1 m2 m3 p q P13 P23
= τ2 τ3 τ1 m2 m3 m1 12 (p3 −p1 ), 23 (p2 − 12 (p3 +p1 )) (3) (3) (3) (3) (3) (3) (3) (3) τ 1 τ 2 τ 3 m1 m2 m3 p q ≡ τ1 τ2 τ3 m1 m2 m3 p q P12 P23
= τ3 τ1 τ2 m3 m1 m2 12 (p1 −p2 ), 23 (p3 − 12 (p1 +p2 )) .
(2.130)
(2.131)
Die Spin- und Isospinzustände, die bis jetzt reine Produktzustände darstellen, koppeln wir
entsprechend der oben angegebenen Vorschrift um zu Eigenzuständen des Gesamtspins
48
2.4 Partialwellendarstellung
bzw. Gesamtisospins. Hierzu betrachten wir explizit den Fall i = 1; die beiden anderen
Fälle ergeben sich dann durch Permutationen der magnetischen Quantenzahlen. Es gilt
X
m1 m2 m3 =
11
s, m2 , m3
22
s
=
X
11
s, m2 , m3
22
sS
1
2
mit
m1 s, m2 +m3 s 21 S, m2 +m3 , m1 (s 21 )SMS ,
(2.132)
MS = m 1 + m 2 + m 3 .
Allgemein schreiben wir
X
(i) (i) (i) m1 m2 m3 =
(i)
(i) (i)
(i) 1 (i) 11
s, m2 +m3 s, m2 , m3
m
22
2 1
s
=
X
(i)
(i) 11
s, m2 , m3
22
sS
(i)
(i) (i)
s 21 S, m2 +m3 , m1
Analog lautet der Eigenzustand zum Gesamtisospin
X
(i) (i) (i) τ1 τ2 τ3 =
tT
(i)
(i) 11
t,
τ
,
τ
2
3
22
(i)
(i)
(i) t 12 T, τ2 +τ3 , τ1
(s 12 )SMS .
(t 12 )T MT .
(2.133)
(2.134)
Wir betrachten nun das PWIAS-Matrixelement für die 0-Komponente des Stromes. Mit
(2.79) erhalten wir
N0PWIAS
= 3
r
3
2 X (i) (i) (i) (i) (i) (i) τ τ τ
m1 m2 m3
3 i=1 1 2 3
Z
dp0 dq 0 ĜE (Q2 ) p(i) q (i) p0 , q 0 p0 , q 0 − 23 Q Ψb M
3
X
√ X
=
6
i=1 s,S,t,T
(i)
(i) 11
s,
m
,
m
2
3
22
(i)
(i)
(i) s 21 S, m2 +m3 , m1
(s 12 )SMS (i)
(i) 1
(i)
(i)
(i) 1
11
t, τ2 , τ3
t 2 T, τ2 +τ3 , τ1
(t 2 )T, MT
22
(i) (i) 2 p , q − 3 Q Ψb M .
ĜE (Q2 )
(2.135)
An dieser Stelle fügen wir die Vollständigkeitsrelation in LS-Kopplung ein. Da für den
Bindungszustand J = 12 ist und dieser zudem positive Parität besitzt, definieren wir
0 0 0
p q β
≡ p0 q 0 (l0 λ0 )L0 (s0 12 )S 0 21 M 0 , (t0 12 )T 0 MT0
b
X
L0 S 0 21 , ML0 MS0 M 0 p0 q 0 (l0 λ0 )L0 M 0 (s0 21 )S 0 MS0 (t0 21 )T 0 MT0 ,
=
0 M0
ML
S
(2.136)
49
2 Ableitung der Kernmatrixelemente
wobei die Summe l0 + λ0 stets gerade ist. Damit modifizieren wir (2.127) bezüglich dieser
Restriktionen und schreiben
Z
XZ
0 02
dp p
1=
dq 0 q 0 2 p0 q 0 βb0 p0 q 0 βb0 .
(2.137)
βb0
Einsetzen liefert unter Berücksichtigung von (2.118)
N0PWIAS
3 X
√ X
6
=
i=1 t,T,βb0
(i)
(i) 11 0
s , m2 , m3
22
(i)
(i)
(i) s0 12 S 0 , m2 +m3 , m1
(i)
(i)
(i) t 12 T, τ2 +τ3 , τ1
ĜE (Q2 ) (t0 1 ) 1 MT0 L0 S 0 1 , M −MS, MS
2 2
2
(i) (i) 2 0 L0 ,M −MS
(i)
d
2
(i)
Y l 0 λ0
p̂ , q − 3 Q δM,M 0 p , q − 3 Q , βb Ψb M .
(i)
(i) 1
11
t,
τ
,
τ
(t 2 )T, MT
2
3
22
(2.138)
Die Summen über s, S und MS0 sind aufgrund der Orthogonalität der Eigenzustände des
Gesamtspins
1
(s 2 )SMS (s0 12 )S 0 MS0 = δs0 s δS 0 S δMS0 MS
(2.139)
verschwunden. Die Summe über ML0 verschwindet ebenfalls, weil der Clebsch-Gordan
Koeffizient L0 S 0 12 , ML0 MS0 M 0 nur Beiträge für ML0 = M 0 − MS0 liefert und außerdem
M 0 = M gilt. Als letzten Schritt haben wir noch das Isospinmatrixelement zu berechnen.
Dazu definieren wir unter Verwendung von (2.24) und (2.7)
I(t, T, MT , t0 , T 0 , MT0 , GE )
≡ (t 21 )T, MT ĜE (Q2 ) (t0 12 )T 0 MT0
= (t 1 )T, MT 1 (1 + τ̂z (1))Gp (Q2 ) + (1 − τ̂z (1))Gn (Q2 ) (t0 1 )T 0 M 0 .
2
2
E
E
T
2
(2.140)
Die Schreibweise τ̂z (1) soll andeuten, daß dieser Operator nur auf Teilchen 1 wirkt. Bei
der Berechnung dieses Ausdrucks macht man sich die Tatsache zunutze, daß τ̂z ein Tensoroperator vom Rang 1 ist. Mit Hilfe des Wigner-Eckart-Theorems erhält man nach einiger
Rechnung
I(t, T, MT , t0 , T 0 , MT0 , GE )
"
√
= δt0 t δMT0 MT 12 δT 1 (GEn + GEp ) + (GEn − GEp ) (−1) 2 3 1T 0 T, 0, Mt
2
= δt0 t δMT0 MT I(T, t0 , T 0 , MT0 , GE ) .
50
t0
(
t0 T 21
1 12 T 0
)#
(2.141)
2.4 Partialwellendarstellung
Die magnetische Isospinquantenzahl stellt also eine Erhaltungsgröße dar. Für den Fall,
daß der Bindungszustand einen 3 He-Kern repräsentiert, gilt MT = + 21 , für den 3 H-Kern
MT = − 12 . Mit der Abkürzung
2
(i)
(2.142)
q (i)
− Q
s ≡ q
3
erhalten wir schließlich die endgültige Form des nukleonischen Matrixelementes für den
Ladungsdichteoperator in der PWIAS-Näherung:
N0PWIAS
3 X
√ X
=
6
i=1 T,βb0
(i)
(i) 11 0
s
,
m
,
m
2
3
22
(i)
(i)
(i) s0 12 S 0 , m2 +m3 , m1
(i)
(i) 11 0
t
,
τ
,
τ
2
3
22
(i)
(i)
(i) t0 12 T, τ2 +τ3 , τ1 I(T, t0 , T 0 , MT0 , GE )
0 −MS (i) (i) L0 S 0 21 , M −MS, MS YlL0 λ,M
p̂ , q̂s δM,M 0 p(i) qs(i) βb0 Ψb M .
0
(2.143)
Die Rechnung für den Konvektionsstrom liefert mit dem Stromoperator (2.80) bei völlig
analoger Vorgehensweise das Resultat
r 3
3
2 X (i) (i) (i) (i) (i) (i) PWIAS
NK,±1
=
τ τ τ
m1 m2 m3
mN 3 i=1 1 2 3
Z
0
dp0 dq 0 q±1
F̂1 (Q2 ) p(i) q (i) p0 , q 0 p0 , q 0 − 23 Q Ψb M
3 X (i)
√ X
q±1
=
6
mN
0
i=1
T,βb
(i)
(i) 11 0
s , m2 , m3
22
(i)
(i) 11 0
t
,
τ
,
τ
2
3
22
(i)
(i)
(i) s0 12 S 0 , m2 +m3 , m1
(i)
(i)
(i) t0 12 T, τ2 +τ3 , τ1 I(T, t0 , T 0 , MT0 , F1 )
0 −MS (i) (i) L0 S 0 21 , M −MS, MS YlL0 λ,M
p̂ , q̂s δM,M 0 p(i) qs(i) βb0 Ψb M .
0
(2.144)
Zur Berechnung des Spinstrom-Matrixelementes geht man ebenfalls in gleicher Weise
vor; dabei tritt jedoch wegen des Operators σ (±) in (2.81) ein zusätzliches Matrixelement
im Spinraum auf. Es folgt
r 3
2 X (i) (i) (i) (i) (i) (i) (±)
3Q
PWIAS
τ1 τ2 τ3
m1 m2 m3 σ
NS,±1
= −√
2mN 3 i=1
Z
dp0 dq 0 ĜM (Q2 ) p(i) q (i) p0 , q 0 p0 , q 0 − 23 Q Ψb M
51
2 Ableitung der Kernmatrixelemente
= −
√
3
(i) (i) (i) 3Q X
(i) (i) (i) δm(i) ,± 1 τ1 τ2 τ3 −m1 m2 m3 mN i=1 1 2
Z
dp0 dq 0 ĜM (Q2 ) p(i) q (i) p0 , q 0 p0 , q 0 − 23 Q Ψb M .
(2.145)
Die übrigen Rechnungen verlaufen wiederum analog zur Nullkomponente; man muß ledig(i)
(i)
lich m1 durch –m1 ersetzen. Das Ergebnis lautet schließlich
PWIAS
NS,±1
=
3 X
√ X
(−Q)
(i)
(i) (i)
(i)
(i) √
6
δm(i) ,± 1 21 21 s0 , m2 , m3 s0 21 S 0 , m2 +m3 ,−m1
2mN 1 2
i=1 T,βb0
(i)
(i) 0 1
(i)
(i)
(i) 11 0
t , τ2 , τ3
t 2 T, τ2 +τ3 , τ1 I(T, t0 , T 0 , MT0 , GM )
22
0
S±1
p̂(i) , q̂s(i) δM,M 0 p(i) qs(i) βb0 Ψb M .
L0 S 0 21 , M −MS ±1, MS ∓1 YlL0 λ,M−M
0
(2.146)
Im Falle der PWIA-Näherung (2.117) genügt es offensichtlich, jeweils nur den Summanden
für i = 1 in den Ausdrücken (2.143), (2.144) und (2.146) zu verwenden.
Schließlich fehlt uns noch die Partialwellendarstellung der Rückstreumatrixelemente
(2.111) und (2.117). Wir beginnen mit der vollständigen Endzustandswechselwirkung, d. h.
√
mit dem Ausdruck (2.111). Auch hier liefert der Operator A23 einen Faktor 2, da er mit
allen in der Rückstreuamplitude U auftretenden Operatoren (siehe (2.110)) vertauscht
und mithin direkt auf J Ψb M angewendet werden kann. Analog zu (2.138) erhalten wir
zunächst durch Einfügen der Vollständigkeitsrelation in LS-Kopplung
r
1 R
N
=
φ1 1 + P U
3
r
3
2 XX 11
(i)
(i) (i)
(i)
(i) =
s, m2 , m3 s 21 S, m2 +m3 , m1
22
3 i=1 β
(i)
(i)
(i) 1
(i)
(i) 11
t, τ2 , τ3
t 2 T, τ2 +τ3 , τ1
22
L,M −MS
p̂(i) , q̂ (i) p(i) q (i) β U .
LSJ, M −MS, MS Ylλ
(2.147)
Bei der praktischen Berechnung ist es günstiger, U in der jI-Kopplung darzustellen. Um
dem Rechnung zu tragen, fügen wir hier die Vollständigkeitsrelation ein und benutzen die
52
2.4 Partialwellendarstellung
Definition des 9j-Symbols (2.123):
X
pqβ =
β α pqα α
=
Xq
j,I
Damit folgt
N
R
=
r
q
3
2XX
ĵ Iˆ
3 i=1 L,S,α




 l λ L 
1
ˆ
pqα .
L̂ Ŝ ĵ I
s 2 S




j I J
(i)
(i) 11
t, τ2 , τ3
22
(i)
(i)
(i) (2.148)
t 12 T, τ2 + τ3 , τ1


 l λ L
p
(i)
(i) (i)
(i)
(i) 11
1
L̂Ŝ 2 2 s, m2 , m3 s 2 S, m2 + m3 , m1
s 12 S


j I J
L,M −MS
p̂(i) , q̂ (i) p(i) q (i) α U .
LSJ, M − MS, MS Ylλ





(2.149)
Die Matrixelemente p(i) q (i) α U genügen der Faddeevgleichung (2.110). Mit ihrer numerischen Berechnung werden wir uns in Kapitel 5 eingehend befassen.
Die Berechnung der Matrixelemente (2.117) im Rahmen der FSI23-Näherung läuft analog. Allerdings entfällt hier die Summe über i, weil der Endzustand nicht antisymmetri siert ist, und an die Stelle von U tritt der erheblich leichter zu berechnende Ausdruck
t1 G0 J Ψb M :
N
R23
=
r
q
2 X
ĵ Iˆ
3 L,S,α
11
t, τ2 , τ3
22
t 12 T, τ2 + τ3 , τ1



l λ L 


1
11
1
L̂Ŝ 2 2 s, m2 , m3 s 2 S, m2 + m3 , m1
s 2 S




j I J
L,M −MS
LSJ, M − MS, MS Ylλ
(p̂, q̂) pqα t1 G0 J Ψb M .
p
(2.150)
53
2 Ableitung der Kernmatrixelemente
2.5 Kernmatrixelemente für beliebige
Kernpolarisationsrichtungen
Bei all unseren bisherigen Betrachtungen sind wir stillschweigend davon ausgegangen, daß
sowohl die auslaufenden Nukleonen als auch der anfängliche Kern bezüglich der z-Achse,
also der Richtung des Impulsübertrages Q, quantisiert sind. Weist der Kernspin jedoch in
eine beliebige Richtung, so muß man den entsprechenden physikalischen Zustand durch Anwendung einer Rotation in das System transformieren, das den Rechnungen zugrunde liegt.
Um dies zu erreichen, bedient man sich einer räumlichen Drehung und des entsprechenden
quantenmechanischen Rotationsoperators. Sei die Quantisierungsachse der Targetpolarisation gegeben durch die Winkel ϑ∗ und ϕ∗ und n sei der zugehörige Einheitsvektor, dann
gilt für den entlang dieser Achse polarisierten Bindungszustand
n · J Ψb M ϑ∗ ,ϕ∗ = M Ψb M ϑ∗ ,ϕ∗ .
(2.151)
Den Vektor n kann man sich durch Anwendung einer Rotation auf den Einheitsvektor in
z-Richtung erzeugt denken:
n = Rz (ϕ∗ )Ry (ϑ∗ ) ez
≡ R(ϑ∗ , ϕ∗ ) ez .
(2.152)
Dies bedeutet, man rotiert ez zunächst um den Winkel ϑ∗ um die y-Achse und anschließend
den daraus resultierenden Vektor um ϕ∗ um die z-Achse. Eine solche Drehung bezeichnet
man als aktive Drehung, da hier der Vektor transformiert wird. Dabei erhalten Drehungen
im Uhrzeigersinn ein positives Vorzeichen. Im Gegensatz dazu spricht man von einer passiven Drehung, wenn das Koordinatensystem entsprechend entgegengesetzt rotiert wird.
Mit (2.152) können wir die linke Seite von (2.151) unter Ausnutzung der Orthogonalität
der Matrix R weiter umformen:
n · J Ψb M ϑ∗ ,ϕ∗ = (R(ϑ∗ , ϕ∗ ) ez ) · J Ψb M ϑ∗ ,ϕ∗
= R−1 (ϑ∗ , ϕ∗ ) J · ez Ψb M ∗ ∗
ϑ ,ϕ
=
3
X
l=1
†
−1 ∗
(ϑ , ϕ∗ ) Jl Ψb M ϑ∗ ,ϕ∗
R3l
= U (R−1 ) Jz U (R−1 ) Ψb M ϑ∗ ,ϕ∗
= U (R) Jz U † (R) Ψb M ∗ ∗ .
ϑ ,ϕ
(2.153)
U (R) ist hierbei der zur räumlichen Drehung R gehörige Operator4
U (R) = exp (−i ϕ∗ Jz ) exp (−i ϑ∗ Jy ) .
4
54
(2.154)
Hier ist wieder h̄ = 1; ansonsten würde in den Exponenten jeweils noch ein Faktor 1/h̄ hinzukommen.
2.5 Kernmatrixelemente für beliebige Kernpolarisationsrichtungen
Aus (2.151) folgt dann zusammen mit (2.153) die Beziehung
Jz U † (R) Ψb M ϑ∗ ,ϕ∗ = M U † (R) Ψb M ϑ∗ ,ϕ∗ .
(2.155)
Diese sagt aus, daß U † (R) Ψb M ϑ∗ ,ϕ∗ Eigenzustand zur z-Komponente des Gesamtdrehimpulses ist. Bis auf eine Phase, die wir ohne Beschränkung der Allgemeinheit gleich eins
setzen können, gilt dann
(2.156)
U † (R) Ψb M ϑ∗ ,ϕ∗ = Ψb M
und umgekehrt
Ψb M
ϑ∗ ,ϕ∗
= U (R) Ψb M .
(2.157)
Der in beliebiger Richtung polarisierte Kern läßt sich also durch Anwendung einer Rotation
auf den in z-Richtung polarisierten Bindungszustand erzeugen, wobei der Rotationsoperator durch die Lage der neuen Quantisierungsachse eindeutig bestimmt ist. Dies ist natürlich
eine altbekannte Tatsache, die schon in [Wig31] zu finden ist.
Wie wirkt sich nun die Anwendung dieses Operators auf den 3N-Bindungszustand aus?
Zur Beantwortung dieser Frage nutzen wir aus, daß der Bindungszustand Eigenzustand
zum Gesamtdrehimpuls ist. Eine Drehung angewandt auf einen solchen Eigenzustand
ändert bekanntlich nur die magnetische Quantenzahl. Daher erhalten wir durch Einfügen
der entsprechenden Vollständigkeitsrelation:
Ψb M ∗ ∗ = U (R) Ψb M
ϑ ,ϕ
X
Ψb M 0 Ψb M 0 U (R) Ψb M .
=
(2.158)
M0
Das Matrixelement ist gerade die Wignersche Drehmatrix. Diese ist allgemein definiert als
(J)
(2.159)
DM 0 ,M (R) ≡ JM 0 τ U (R) JM τ ,
wobei τ einen beliebigen Satz sonstiger Quantenzahlen darstellt. Alle Matrixelemente dieser
Form sind - wie bereits erwähnt - diagonal in J und τ . In unserem speziellen Fall erhalten
wir mit (2.154)
(1)
DM20 ,M (R) = 21 M 0 exp (−i ϕ∗ Jz ) exp (−i ϑ∗ Jy ) 12 M
= exp (−i ϕ∗ M 0 ) 12 M 0 exp (−i ϑ∗ Jy ) 12 M .
(2.160)
Mit der zusätzlichen Definition5
5
(1)
dM20 ,M (ϑ∗ ) ≡ 12 M 0 exp (+i ϑ∗ Jy ) 12 M
(2.161)
In der Literatur findet sich auch häufig die Definition mit dem entsprechend konjugiert komplexen
Exponenten. Wir folgen hier jedoch der Notation von [Edm64].
55
2 Ableitung der Kernmatrixelemente
schreiben wir für (2.160)
(1)
(1)
DM20 ,M (R) = exp (−i ϕ∗ M 0 ) dM20 ,M (−ϑ∗ ) .
(2.162)
(1)
Zur Berechnung der Matrixelemente dM20 ,M (−ϑ∗ ) wählt man für den hier vorliegenden Fall
J = 12 zweckmäßigerweise als Darstellung der Drehimpulskomponenten die Paulischen
Spinmatrizen und für die Eigenzustände die 2-dimensionalen Einheitsvektoren. Nach kurzer Rechnung erhält man die bekannten Resultate (vergleiche zum Beispiel [Edm64] oder
[Mes90]):
ϑ∗
2 2
2
∗
ϑ
( 21 )
d 1 ,− 1 (−ϑ∗ ) = − sin
2
2
2
∗
ϑ
( 21 )
sin
d− 1 , 1 (−ϑ∗ ) =
2 2
2
∗
1
ϑ
( )
.
d−21 ,− 1 (−ϑ∗ ) =
cos
2
2
2
(1)
d 1 2, 1 (−ϑ∗ ) =
(2.163)
cos
(2.164)
(2.165)
(2.166)
Die Wignerschen Drehmatrizen (2.162) lauten dann:
∗
ϕ∗
ϑ
( 12 )
cos
exp −i
D 1 , 1 (R) =
2 2
2
2
∗
∗
1
ϑ
ϕ
(2)
D 1 ,−
sin
= − exp −i
1 (R)
2
2
2
2
∗
∗
1
ϑ
ϕ
( )
D−21 , 1 (R) =
sin
exp +i
2 2
2
2
∗
ϕ
ϑ∗
( 12 )
D− 1 ,− 1 (R) =
exp +i
cos
.
2
2
2
2
(2.167)
(2.168)
(2.169)
(2.170)
Ohne Beschränkung der Allgemeinheit wählen wir für den Bindungszustand M = + 12 ; dies
entspricht zum Beispiel einer Targetpolarisation entlang eines äußeren Magnetfeldes. Dann
gilt nach (2.158) für den gedrehten Zustand
∗
∗
Ψb M ∗ ∗ = exp −i ϕ cos ϑ
Ψb , + 1
2
ϑ ,ϕ
2
2
∗
∗
ϕ
ϑ
Ψb , − 1 .
sin
(2.171)
+ exp +i
2
2
2
Nun sind wir in der Lage, die Kernmatrixelemente für in beliebiger Richtung polarisierte
Targetkerne angeben zu können. Analog zu (2.78) sind sie von der Form
Ñ ≡ Ψf {Mf } J Ψb , + 12 ϑ∗ ,ϕ∗
= Ψf {Mf } J U (R) Ψb , + 1 .
(2.172)
2
56
2.5 Kernmatrixelemente für beliebige Kernpolarisationsrichtungen
Setzt man in der ersten Zeile den gedrehten Zustand (2.171) ein, so folgt
∗
ϑ ϕ∗
cos
Ψf {Mf } J Ψb , + 21
Ñ = exp −i
2
2
∗
∗
ϕ
ϑ + exp +i
sin
Ψf {Mf } J Ψb , − 21
2
2
∗
∗
∗
ϕ
ϑ
ϕ∗
ϑ
1
≡ exp −i
cos
N + 2 + exp +i
sin
N − 21 .
2
2
2
2
Hierin sind
N (M ) ≡ Ψf {Mf } J Ψb M
(2.173)
(2.174)
die Kernmatrixelemente, für welche der Bindungszustand parallel bzw. antiparallel zur zAchse polarisiert ist. Sie entsprechen also den Ausdrücken, die wir in den vorangegangenen
Abschnitten abgeleitet haben.
Bei den numerischen Berechnungen zur Streuung an polarisierten Kernen werden stets
die Kernmatrixelemente in der Form (2.173) zugrunde gelegt. In diesem Zusammenhang
spricht man auch von den polarisierten“ Kernmatrixelementen und Strukturfunktionen.
”
Letztere werden analog zu (1.77)-(1.81) definiert:
R̃L =
X 2
Ñ0 (2.175)
{Mf }
R̃T =
X Ñ+1 2 + Ñ−1 2
{Mf }
R̃TT =
X
{Mf }
R̃TL = −
R̃T’ =
X
{Mf }
∗
∗
2< Ñ0 Ñ+1
− Ñ−1
X Ñ+1 2 − Ñ−1 2
{Mf }
R̃TL’ = −
∗
2< Ñ+1 Ñ−1
X
{Mf }
∗
∗
2< Ñ0 Ñ+1
+ Ñ−1
.
(2.176)
(2.177)
(2.178)
(2.179)
(2.180)
57
2 Ableitung der Kernmatrixelemente
58
3 Die quasi-freie Streuung
Unter dem Begriff quasi-freie Streuung (QFS) versteht man den (idealisierten) Prozeß, in
dem das Nukleon, welches das virtuelle Photon absorbiert hat, nach dem Aufbruch frei
propagiert und schließlich im Detektor nachgewiesen wird. Das heißt also, es liegen weder
eine Antisymmetrisierung des 3N-Endzustandes noch eine Endzustandswechselwirkung des
aktiven Nukleons noch Mehrteilchenströme vor. Nach der Notation von Abschnitt 2.3 sind
bei der Berechnung des Wirkungsquerschnittes die Kernmatrixelemente in der PWIA bzw.
der FSI23-Näherung zu verwenden – je nachdem, ob man eine Paarwechselwirkung der
verbleibenden Nukleonen zuläßt oder nicht. Die QFS stellt natürlich eine starke Vereinfachung des tatsächlichen Streuprozesses dar, deren Anwendbarkeit auf die Analyse von
Experimenten es theoretisch zu untersuchen gilt. Sie sollte rein anschaulich um so besser
erfüllt sein, je höher der Impulsübertrag ist.
Wir beschränken uns in diesem Kapitel auf die unpolarisierte Streuung, d. h. weder die
Helizität des einlaufenden Elektrons noch die Polarisation des Kerns sind bekannt. Dafür
werden wir die Darstellung des sechsfach-differentiellen Wirkungsquerschnittes vermöge
der Spektralfunktion ableiten, die eine schöne Einsicht in den Streuprozeß ermöglicht. Der
Spezialfall der polarisierten Streuung wird in Abschnitt 4.3 behandelt.
Abschließend beschäftigen wir uns noch mit der Partialwellendarstellung der Amplitude
der Spektralfunktion, wie sie den numerischen Berechnungen zugrunde liegt. Damit zeigen
wir analytisch die Richtungsunabhängigkeit der Spektralfunktion.
3.1 Wirkungsquerschnitt und Spektralfunktion
Beginnen wollen wir mit der Berechnung der Kernmatrixelemente für den einfachsten Fall,
nämlich der PWIA. Diese ergeben sich aus (2.129), wenn man in der ersten Gleichung den
Permutationsoperator P ausschaltet. In der zweiten Gleichung entfällt dann die Summe
über i, und es bleibt
r
2
PWIA
N
=
τ1 τ2 τ3 m1 m2 m3 pq J Ψb M .
(3.1)
3
59
3 Die quasi-freie Streuung
Setzen wir für J den Ladungsdichteoperator (2.79) ein, so folgt
Z
√ 2
PWIA
N0
=
6 τ1 τ2 τ3 m1 m2 m3 ĜE (Q ) dp0 dq 0 pq|p0 q 0 p0 , q 0 − 32 Q Ψb M
√ (3.2)
=
6 τ1 τ2 τ3 m1 m2 m3 ĜE (Q2 ) p, q − 32 Q Ψb M .
Den in (2.59) definierten, hermiteschen Isospinoperator ĜE wenden wir der Einfachheit
halber auf den links stehenden Isospinzustand an. Unter Verwendung von (2.7) liefert dies
n 2 1 1 GE (Q ) 2 τ1 , für τ1 = − 12
ĜE =
τ
(3.3)
1
2
GpE (Q2 ) 12 τ1 , für τ1 = + 12 .
Solange τ1 nicht näher spezifiziert ist, lassen wir den oberen Index am Formfaktor weg.
Hier definieren wir die Funktion
√ PWIA
6
τ
τ
τ
m
m
m
pq
F{τ
(pq
)
≡
1
2
3
1
2
3
s Ψb M
s
i },{mi },M
PWIA
≡ Fm
(pq s ) .
1 ,M
(3.4)
Der Impuls qs ist nach (2.142) definiert als q s ≡ q − 32 Q. Mit der Definition (2.65) des
Jacobi-Impulses q und der Gesamtimpulserhaltung können wir diesen schreiben als
q s = p1 − Q .
(3.5)
Im folgenden wird aus Gründen der Bequemlichkeit die zweite Definition aus (3.4) verwendet. Diese Schreibweise impliziert natürlich stets auch eine Abhängigkeit der übrigen
magnetischen Quantenzahlen. Mit dieser Abkürzung lautet (3.2)
PWIA
N0PWIA = GE (Q2 ) · Fm
(pq s ) .
1 ,M
(3.6)
Für den Konvektionsstromoperator (2.80) läuft die Rechnung völlig analog:
√
Z
6
2
0
PWIA
τ1 τ2 τ3 m1 m2 m3 F̂1 (Q ) dp0 dq 0 q±1
pq|p0 q 0 p0 , q 0 − 23 Q Ψb M
NK,±1 =
m
√N
6 q±1 =
τ1 τ2 τ3 m1 m2 m3 F̂1 (Q2 ) p, q − 23 Q Ψb M
mN
q±1
PWIA
(pq s ) .
(3.7)
=
F1 (Q2 ) · Fm
1 ,M
mN
Das Matrixelement des Spinstromoperators (2.81) ergibt sich zu
√
3Q PWIA
NS,±1
= −
τ1 τ2 τ3 m1 m2 m3 ĜM (Q2 ) σ̂ (±)
Z mN
dp0 dq 0 pq|p0 q 0 p0 , q 0 − 32 Q Ψb M
60
3.1 Wirkungsquerschnitt und Spektralfunktion
√
3Q τ1 τ2 τ3 m1 m2 m3 ĜM (Q2 ) σ̂ (±) p, q − 23 Q Ψb M
m
√N
3Q
= −
GM (Q2 ) δm1 ,± 1 τ1 τ2 τ3 − m1 m2 m3 p, q − 32 Q Ψb M
2
mN
Q
PWIA
(pq s ) .
(3.8)
= −√
GM (Q2 ) δm1 ,± 1 · F−m
1 ,M
2
2mN
= −
Für die FSI23-Näherung brauchen wir nach (2.117) zusätzlich die Rückstreumatrixelemente N R23 . Analog zu den PWIA-Matrixelementen sind sie von der Art
r
2
N R23 =
τ1 τ2 τ3 m1 m2 m3 pq t1 G0 J Ψb M .
(3.9)
3
Das Matrixelement für die Nullkomponente des Stromoperators (2.79) ist dann
Z
√ R23
6 τ1 τ2 τ3 m1 m2 m3 dp0 dq 0 pq t1 G0 ĜE (Q2 ) p0 q 0 p0 , q 0 − 32 Q Ψb M
N0
=
Z
√ 2
=
6 τ1 τ2 τ3 m1 m2 m3 ĜE (Q ) dp0 dq 0 pq t1 G0 p0 q 0 p0 , q 0 − 32 Q Ψb M
Z
√ = G E 6 τ 1 τ 2 τ 3 m1 m2 m3
dp0 dq 0 pq t1 G0 p0 q 0 p0 , q 0 − 32 Q Ψb M .
(3.10)
Im ersten Schritt wurde ausgenutzt, daß ĜE mit t1 G0 vertauscht, weil beide Operatoren
diagonal in den magnetischen Quantenzahlen von Teilchen 1 sind. Zur Erinnerung: in
Abschnitt 2.3 wurde festgelegt, daß die Endzustandswechselwirkung zwischen den Teilchen
2 und 3 stattfindet. Außerdem sind G0 und damit nach (2.97) auch t1 diagonal in q.
Vermöge der Spektraldarstellung des Resolventenoperators
Z
00 00 mN
G0 = dp00 dq 00 p00 q 00
p q (3.11)
mN E − p00 2 − 43 q 00 2 + i ε
erhält man zunächst
pq t1 G0 p0 q 0 = δ(q − q 0 ) p t1 (E −
3q 2 0
) p
4mN
mN
.
mN E −
− p0 2 + i ε
3 2
q
4
(3.12)
2
3q
Damit folgt für (3.10) unter Verwendung der Abkürzung z ≡ E − 4m
und des Ausdrucks
N
(2.90) für die Energie E im Schwerpunktsystem
0
Z
√ m
N p t1 (z) p 0
R23
2
0
2
Ψb M .
N0 = GE (Q ) 6 τ1 τ2 τ3 m1 m2 m3 dp
p
,
q
−
Q
3
p2 − p 0 2 + i ε
(3.13)
Mit der Definition
Z
t1 (z) p0 √
m
p
N
R23
F{τ
(pq s ) ≡
6 τ1 τ2 τ3 m1 m2 m3 dp0
p0 q s Ψ b M
i },{mi },M
2
0
2
p − p +iε
R23
≡ Fm1 ,M (pq s )
(3.14)
61
3 Die quasi-freie Streuung
lautet dann das Matrixelement für den Ladungsdichteoperator
R23
N0R23 = GE (Q2 ) · Fm
(pq s ) ;
1 ,M
(3.15)
die beiden übrigen ergeben sich analog zu (3.7) und (3.8):
q±1
R23
F1 (Q2 ) · Fm
(pq s )
1 ,M
mN
Q
R23
= −√
GM (Q2 ) δm1 ,± 1 · F−m
(pq s ) .
1 ,M
2
2mN
R23
NK,±1
=
(3.16)
R23
NS,±1
(3.17)
Fassen wir die Ausdrücke (3.6)-(3.8) und (3.15)-(3.17) zusammen, so folgt
FSI23
N0FSI23 = GE (Q2 ) · Fm
(pq s )
1 ,M
q
±1
FSI23
FSI23
F1 (Q2 ) · Fm
(pq s )
NK,±1
=
1 ,M
mN
Q
FSI23
FSI23
NS,±1
= −√
(pq s ) ,
GM (Q2 ) δm1 ,± 1 · F−m
1 ,M
2
2mN
(3.18)
(3.19)
(3.20)
wobei
FSI23
PWIA
R23
Fm
(pq s ) ≡ Fm
(pq s ) + Fm
(pq s )
1 ,M
1 ,M
1 ,M
√ =
6 τ 1 τ 2 τ 3 m1 m2 m3 !
Z
t1 (z) p0
0 m
p
N
p q s Ψb M .
dp0 δ(p − p0 ) +
2
02
p −p +iε
(3.21)
Man beachte, daß
(−)
p ≡
Z
dp0
0 !
p
0
t
(z)
m
p
1
N
δ(p − p0 ) +
p
p2 − p02 + i ε
(3.22)
FSI23
gerade den Zweinukleonen-Streuzustand darstellt. Demnach wird in Fm
(pq s ) gegenüber
1 ,M
PWIA
Fm1 ,M (pq s ) der Impulszustand p durch den zugehörigen Streuzustand ersetzt.
An dieser Stelle wenden wir uns dem sechsfach-differentiellen Wirkungsquerschnitt zu.
Im unpolarisierten Fall wird (1.96) über die Helizitäten der einlaufenden Elektronen und
die Kernpolarisationen gemittelt:
d6 σ unp
dk 0 dk̂ 0 dp̂1 dp1
d6 σ
1 X 1X
2 h=±1 2 M dk 0 dk̂ 0 dp̂1 dp1
Z
o
1 Xn
2 p mN
= σM p1
dp̂
vL RL + vT RT + vTT RTT + vTL RTL .
2
2 M
=
(3.23)
62
3.1 Wirkungsquerschnitt und Spektralfunktion
Der nächste Schritt besteht in der Berechnung der über M summierten Strukturfunktionen (1.77)-(1.80) mit Hilfe der bisher abgeleiteten Kernmatrixelemente. Dabei gehen wir
davon aus, daß die magnetische Isospinquantenzahl τ1 des nachgewiesenen Teilchens bekannt ist. Die in den Strukturfunktionen enthaltenen Summen über die Quantenzahlen
im Ausgangskanal erstrecken sich demnach über die z-Komponenten der Spins aller drei
Nukleonen und der Isospins der beiden nicht nachgewiesenen. Demnach gilt
X
RL =
R
T
=
RTT =
M
X
X
X
τ2 ,τ3 m1 ,m2 ,m3 ,M
M
X
X
τ2 ,τ3 m1 ,m2 ,m3 ,M
M
X
X
τ2 ,τ3 m1 ,m2 ,m3 ,M
M
X
X
R
TL
=
X
X
2
N 0 (3.24)
N+1 2 + N−1 2
∗
2< N+1 N−1
∗
N+1
(−2)< N0
τ2 ,τ3 m1 ,m2 ,m3 ,M
−
∗
N−1
(3.25)
(3.26)
.
(3.27)
Hier führen wir noch die folgenden Abkürzungen ein:
q±1
F1 (Q2 )
mN
Q
GM (Q2 ) .
≡ −√
2mN
CK,±1 ≡
(3.28)
CS
(3.29)
Für CK,±1 erhält man mit der Definition des Jacobi-Impulses (2.65) q und unter Berücksichtigung der Tatsache, daß der in z-Richtung weisende Impuls des Photons keine sphärischen
Anteile besitzt, den Ausdruck
CK,±1 ≡
=
2
p
3 1
− 13 (k2 + k3 )
mN
1
p1 − 3 Q ±1
mN
±1
F1 (Q2 )
F1 (Q2 )
(p1 )±1
F1 (Q2 )
mN
p1
= ∓√
F1 (Q2 ) sin ϑ1 e±iϕ1 .
2 mN
=
(3.30)
Im allgemeinen Fall, d. h. sowohl für PWIA als auch für FSI23, schreiben wir
N0 = GE (Q2 ) · Fm1 ,M (pq s )
(3.31)
NS,±1 = δm1 ,± 1 CS · F−m1 ,M (pq s ) .
(3.33)
NK,±1 = CK,±1 · Fm1 ,M (pq s )
2
(3.32)
63
3 Die quasi-freie Streuung
Damit lauten die Summen über die magnetischen Spinquantenzahlen im einzelnen:
X
RL =
X
τ2 ,τ3 m1 ,m2 ,m3 ,M
M
X
X
= G2E (Q2 )
RT =
X
X
=
X
X
τ2 ,τ3 m1 ,m2 ,m3 ,M
X
τ2 ,τ3 m1 ,m2 ,m3 ,M
M
2
N0 X
τ2 ,τ3 m1 ,m2 ,m3 ,M
Fm1 ,M (pq s ) 2
(3.34)
N+1 2 + N−1 2
CK,+1 · Fm1 ,M (pq s ) + δm1 ,+ 1 CS · F−m1 ,M (pq s )
2
∗
∗
∗
1 CS · F
· CK,+1
· Fm
(pq
)
+
δ
(pq
)
s
s
m1 ,+
−m1 ,M
1 ,M
2
+ CK,−1 · Fm1 ,M (pq s ) + δm1 ,− 1 CS · F−m1 ,M (pq s )
·
=
X
X
τ2 ,τ3 m1 ,m2 ,m3 ,M
2
∗
CK,−1
·
∗
Fm
(pq s )
1 ,M
+ δm1 ,− 1 CS ·
2
∗
F−m
(pq s )
1 ,M
CK,+1 2 · Fm1 ,M (pq s ) 2
2
+ δm1 ,+ 1 CS2 · F−m1 ,M (pq s )
2
∗
(pq s )
+ δm1 ,+ 1 CK,+1 CS · Fm1 ,M (pq s )F−m
1 ,M
2
∗
∗
+ δm1 ,+ 1 CK,+1
CS · F−m1 ,M (pq s )Fm
(pq s )
1 ,M
2
2 2
+ CK,−1 · Fm1 ,M (pq s )
2
+ δm1 ,− 1 CS2 · F−m1 ,M (pq s )
2
∗
+ δm1 ,− 1 CK,−1 CS · Fm1 ,M (pq s )F−m
(pq s )
1 ,M
2
+
=
X
X
τ2 ,τ3 m1 ,m2 ,m3 ,M
+
X
X
τ2 ,τ3 m2 ,m3 ,M
+
X
X
τ2 ,τ3 m2 ,m3 ,M
64
∗
δm1 ,− 1 CK,−1
CS
2
·
∗
F−m1 ,M (pq s )Fm
(pq s )
1 ,M
2 2
2
2CK,+1 · Fm1 ,M (pq s ) + C 2 · Fm1 ,M (pq s )
S
∗
CK,+1 + CK,−1
CS · F+ 1 ,M (pq s )F−∗ 1 ,M (pq s )
2
2
∗
CK,+1
+ CK,−1 CS · F− 1 ,M (pq s )F+∗ 1 ,M (pq s )
2
2
3.1 Wirkungsquerschnitt und Spektralfunktion
X
M
RTT
X
Q2 2 2
p21 2 2
2
=
G (Q ) + 2 F1 (Q ) sin ϑ1
2m2N M
mN
τ2 ,τ3
X
X
∗
2< N+1 N−1
=
τ2 ,τ3 m1 ,m2 ,m3 ,M
=
X
X
2<
τ2 ,τ3 m1 ,m2 ,m3 ,M
·
=
X
X
τ2 ,τ3 m1 ,m2 ,m3 ,M
+
=
X
M
X
X
2<
X
τ2 ,τ3 m1 ,m2 ,m3 ,M
X
X
τ2 ,τ3 m1 ,m2 ,m3 ,M
m1 ,m2 ,m3 ,M
Fm1 ,M (pq s ) 2 (3.35)
CK,+1 · Fm1 ,M (pq s ) + δm1 ,+ 1 CS · F−m1 ,M (pq s )
2
∗
CK,−1
·
∗
Fm
(pq s )
1 ,M
+ δm1 ,− 1 CS ·
2
CK,+1 +
∗
CK,−1
ϑ1 cos(2ϕ1 )
X
·
∗
F−m
(pq s )
1 ,M
∗
∗
2< CK,+1 CK,−1 · Fm1 ,M (pq s )Fm1 ,M (pq s )
τ2 ,τ3 m2 ,m3 ,M
p2
− 12 F12 (Q2 ) sin2
mN
RTL = −
=
X
X
F− 1 ,M (pq s )F+∗ 1 ,M (pq s )
2
2
X
τ2 ,τ3 m1 ,m2 ,m3 ,M
∗
∗
2< N0 N+1
− N−1
Fm1 ,M (pq s ) 2
(3.36)
∗
∗
2< − GE (Q2 )CK,+1
· Fm1 ,M (pq s )Fm
(pq s )
1 ,M
∗
− δm1 ,+ 1 GE (Q2 )CS · Fm1 ,M (pq s )F−m
(pq s )
1 ,M
2
∗
∗
+ GE (Q2 )CK,−1
· Fm1 ,M (pq s )Fm
(pq s )
1 ,M
2
+ δm1 ,− 1 GE (Q )CS ·
2
=
X
X
τ2 ,τ3 m1 ,m2 ,m3 ,M
−
X
X
∗
Fm1 ,M (pq s )F−m
(pq s )
1 ,M
2
∗
∗
2GE (Q2 )< CK,−1
− CK,+1
· Fm1 ,M (pq s )
GE (Q )CS 2< F+ 1 ,M (pq s )F−∗ 1 ,M (pq s )
2
2
τ2 ,τ3 m2 ,m3 ,M
−
2
F+ 1 ,M (pq s )F−∗ 1 ,M (pq s )
2
2
X
√
p1
= 2 2GE (Q2 )F1 (Q2 )
sin ϑ1 cos ϕ1
mN
τ ,τ
2
3
X
m1 ,m2 ,m3 ,M
∗ Fm1 ,M (pq s ) 2 . (3.37)
Die vier helizitätsunabhängigen, über M summierten Strukturfunktionen besitzen also den
gemeinsamen Faktor
X
X
Fm1 ,M (pq s ) 2 .
τ2 ,τ3 m1 ,m2 ,m3 ,M
65
3 Die quasi-freie Streuung
Im Hinblick auf den Wirkungsquerschnitt (3.23) definieren wir daher die Spektralfunktion
als
Z
X
2
1 X
dp̂ F{τi },{mi },M (pq s ) .
(3.38)
S(p, qs ) ≡
2 τ ,τ m ,m ,m ,M
2
3
1
2
3
Sie hängt von keiner Richtung mehr ab, da einerseits über p̂ integriert und andererseits
über alle Quantisierungsachsen summiert wird. Anhand der Partialwellendarstellung kann
man die Richtungsunabhängigkeit auch explizit zeigen (vgl. den folgenden Abschnitt). Mit
(3.38) und den Elektron-Photon-Faktoren (1.71)-(1.74) schreiben wir den unpolarisierten
Wirkungsquerschnitt (3.23) in der Form
4
d6 σ unp
q
G2 (Q2 )
=
Q4 E
dk 0 dk̂ 0 dp̂1 dp1
2
q2
p21 2 2
Q
2 ϑe
2
2
2
+ − 2 + tan
G (Q ) + 2 F1 (Q ) sin ϑ1
2Q
2
2m2N M
mN
q 2 p21 2 2
−
F (Q ) sin2 ϑ1 cos(2ϕ1 )
2 1
2
2Q mN
s
q2
ϑe √
q2
2
2 p1
2
+√
2 2 GE (Q )F1 (Q )
sin ϑ1 cos ϕ1
− 2 + tan
Q
2
mN
2Q2
p mN 2
· σM
p1 S(p, qs ) .
(3.39)
2
In diesem Ausdruck tauchen neben der Spektralfunktion nur noch rein kinematische Größen
und die elektromagnetischen Formfaktoren des nachgewiesenen Nukleons auf. Für den Spezialfall, daß Teilchen 1 genau in Richtung des Impulsübertrages nachgewiesen wird – dann
ist sin ϑ1 = 0 –, folgt
4
2
d6 σ unp
Q
q
q2
2
2
2 ϑe
2
2
= σM
G (Q ) + − 2 + tan
G (Q )
Q4 E
2Q
2 2m2N M
dk 0 dk̂ 0 dp̂1 dp1 p1 kQ
p mN 2
·
p S(p, qs )
2 1
2k
p mN 2
unp
2 ϑe
= σeN 1 +
sin
p1 S(p, qs ) .
(3.40)
mN
2
2
unp
Dabei steht σeN
für die nichtrelativistische Form des unpolarisierten Elektron-NukleonWirkungsquerschnittes:
2
−1
4
2k
q2
Q
q
unp
2
2
2
2
2 ϑe
2 ϑe
G (Q )
1+
.
G (Q ) + − 2 + tan
sin
σeN ≡ σM
Q4 E
2Q
2 2m2N M
mN
2
(3.41)
Welche physikalische Bedeutung hat nun die Spektralfunktion? Betrachten wir speziell
die PWIA, so ist nach (3.4)
Z
√ X
2
1 X
PWIA
S
(p, qs ) =
dp̂ 6 τ1 τ2 τ3 m1 m2 m3 pq s Ψb M (3.42)
2 τ ,τ m ,m ,m ,M
2
66
3
1
2
3
3.2 Partialwellendarstellung
offensichtlich proportional zur Wahrscheinlichkeit, die Impulsbeträge p und qs – bei festgelegter Isospinquantenzahl τ1 – im 3 He-Kern zu finden. Nach (3.5) stellt qs gerade den
anfänglichen Impuls des Neutrons vor dem Streuprozeß dar; in der Literatur wird dieser
häufig als Missing Momentum bezeichnet. Sollten sich gemessene Daten mittels des stark
vereinfachten Modells PWIA hinreichend gut beschreiben lassen, hätte man eine Methode
zur Hand, experimentell Impulsverteilungen im 3N-Bindungszustand abzutasten – vorausgesetzt, die nukleonischen Formfaktoren sind bekannt. Umgekehrt lassen sich bei Kenntnis
der Spektralfunktion die Formfaktoren messen. Im Rahmen der FSI23-Näherung ist nach
(3.21) keine direkte Messung der Impulsverteilung mehr möglich; indirekt ließen sich aber
bei Kenntnis der t-Matrix nach wie vor Kerneigenschaften experimentell untersuchen. Die
Möglichkeit zur Bestimmung der Formfaktoren bleibt indes bestehen.
Es ist ein Anliegen dieser Arbeit zu klären, inwiefern sich experimentelle Daten mit
den hier getroffenen Annahmen beschreiben lassen. Wir werden dies ausführlich in den
Kapiteln 6, 7 und 8 diskutieren.
3.2 Partialwellendarstellung
Zur praktischen Berechnung der Spektralfunktion benötigt man im wesentlichen die Partialwellendarstellung der Amplitude F{τi },{mi },M (pq s ). Zur Ableitung des PWIA-Anteils
können wir weitestgehend auf Ergebnisse von Abschnitt 2.4 zurückgreifen. Zunächst erhalten wir aus (3.4) mit (2.132), (2.134) und (2.137)
√ 6 τ1 τ2 τ3 m1 m2 m3 pq s Ψb M
√ X 11
1
1
6
t,
τ
,
τ
t
T,
τ
+τ
,
τ
(t
)T
M
=
2
3
2
3
1
T
22
2
2
PWIA
F{τ
(pq s ) =
i },{mi },M
X
t,T
11
s, m2 , m3
22
s,S
X
pq s βb0
Z
0 02
dp p
s 21 S, m2 +m3 , m1 (s 21 )SMS Z
dq 0 q 02 p0 q 0 βb0 p0 q 0 βb0 Ψb M .
(3.43)
Wie in Abschnitt 2.4 gilt auch hier MS ≡ m1 + m2 + m3 und MT ≡ τ1 + τ2 + τ3 . Mit
(2.118), (2.136) und der Orthogonalität der Spin- und Isospinzustände folgt
√ X 11 0
01 0
PWIA
F{τ
(pq
)
=
6
t
,
τ
,
τ
t
T
,
τ
+τ
,
τ
2
3
2
3
1
s
i },{mi },M
22
2
βb0
s0 21 S 0 , m2 +m3 , m1
0 0 −MS
(p̂, q̂s ) pqs βb0 Ψb M
L0 S 0 12 , M 0 −MS , MS YlL0 λ,M
0
11 0
s , m2 , m3
22
67
3 Die quasi-freie Streuung
=
√ X
6
β̃b0
11 0
t , τ2 , τ3
22
t0 12 T 0 , τ2 +τ3 , τ1
s0 21 S 0 , m2 +m3 , m1
0 −MS
(p̂, q̂s ) pqs β̃b0 Ψb .
L0 S 0 12 , M −MS , MS YlL0 λ,M
0
11 0
s , m2 , m3
22
(3.44)
Im letzten Schritt wurden die Zustände
pqs β̃ 0 ≡ pqs (l0 λ0 )L0 (s0 1 )S 0 1 , (t0 1 )T 0 MT ,
b
2
2
2
die nicht mehr von der magnetischen Quantenzahl M abhängen, eingeführt.
Für den Rückstreuanteil (3.14) schreiben wir zunächst unter Verwendung der Vollständigkeitsrelationen für die Spin- und Isospinzustände
R23
F{τ
(pq s )
i },{mi },M
0
Z
√ m
N p t1 (z) p
0
=
6 τ1 τ2 τ3 m1 m2 m3 dp
p2 − p 0 2 + i ε
X
X m01 m02 m03 τ10 τ20 τ30 τ10 τ20 τ30 m01 m02 m03 p0 q s Ψb M
m01 ,m02 ,m03 τ10 ,τ20 ,τ30
√ X
6
=
Z
11
t, τ2 , τ3
22
t
X
t, τ2 +τ3 11
s, m2 , m3
22
s
mN
dp0 p t1 (z) p0 2
p − p0 2 + i ε
X XXX
0
0
0
0 0
11 0
s
,
m
+m
s
,
m
,
m
2
3
2
3
22
m02 ,m03 τ20 ,τ30 s0
s, m2 +m3 11 0
t , τ20 , τ30
22
t0
τ1 τ20 τ30 m1 m02 m03 p0 q s Ψb M .
0 0
t , τ2 +τ30
(3.45)
Zur weiteren Umformung des t-Matrixelementes ist es vorteilhaft, Spin und Bahndrehimpuls im Zweiteilchensubsystem zum Gesamtdrehimpuls j zu koppeln:
t, τ2 + τ3 s, m2 + m3 p t1 (z) p0 s0 , m02 + m03 t0 , τ20 + τ30
X
X
=
Yl,ν (p̂)
Yl∗0 ,ν 0 (p̂0 )
l,ν
l0 ,ν 0
l,ν
l0 ,ν 0
t, τ2 + τ3 s, m2 + m3 l, ν p t1 (z) p0 l0 , ν 0 s0 , m02 + m03 t0 , τ20 + τ30
X
X
X
X 0 0 0 0 0
=
Yl,ν (p̂)
Yl∗0 ,ν 0 (p̂0 )
lsj, ν, m2 + m3
l s j , ν , m2 + m03
j
j0
p(ls)jmj , t, τ2 + τ3 t1 (z) p0 (l0 s0 )j 0 m0j , t0 , τ20 + τ30 ,
(3.46)
wobei mj = m2 + m3 + ν und m0j = m02 + m03 + ν 0 . Hier können wir nun einige fundamentale Eigenschaften der Zweiteilchen-T-Matrix ausnutzen. Diese erhält bekanntlich folgende
68
3.2 Partialwellendarstellung
Größen: den Gesamtdrehimpuls und dessen magnetische Quantenzahl, den Spin, sowie den
Isospin und dessen magnetische Quantenzahl1 . Das liefert uns
t, τ2 + τ3 s, m2 + m3 p t1 (z) p0 s0 , m02 + m03 t0 , τ20 + τ30
= δs,s0 δt,t0 δτ2 +τ3 ,τ20 +τ30
X
X
X
Yl∗0 ,ν 0 (p̂0 )
lsj, ν, m2 + m3 l0 sj, ν 0 , m02 + m03 δm2 +m3 +ν,m02 +m03 +ν 0
Yl,ν (p̂)
l,ν
j
l0 ,ν 0
p(ls)j, t, τ2 + τ3 t1 (z) p0 (l0 s)j, t, τ2 + τ3 .
(3.47)
Damit folgt für (3.45)
R23
F{τ
(pq s )
i },{mi },M
√ X 11
X
t,
τ
,
τ
6
=
2
3
22
X
t
Yl,ν (p̂)
dp0 Yl∗0 ,ν
s
lsj, ν, m2 + m3
j
l,ν
Z
X
11
s, m2 , m3
22
X
l0 ,ν 0
X
11 0
s , m02 , m03
22
m02 ,m03
X
11 0
t , τ20 , τ30
22
τ20 ,τ30
l0 sj, ν 0 , m02 + m03 δm2 +m3 +ν,m02 +m03 +ν 0
0 0
0
0 (p̂ ) p(ls)j, t, τ2 + τ3 t1 (z) p (l s)j, t, τ2 + τ3
τ1 τ20 τ30 m1 m02 m03 p0 q s Ψb M .
p2
δτ2 +τ3 ,τ20 +τ30
mN
− p0 2 + i ε
(3.48)
Den Term in der letzten Zeile identifizieren wir als die PWIA-Amplitude. Setzt man hierfür
den zu (3.44) analogen Ausdruck (mit den entsprechenden magnetischen Quantenzahlen)
ein, so ergibt sich nach einigen Umformungen
R23
F{τ
(pq s )
i },{mi },M
√ X 11 0
=
6
t , τ2 , τ3 t0 12 T 0 , τ2 +τ3 , τ1
22
X
l,ν
Z
β̃b0
Yl,ν (p̂)
XX
ν0
j
11 0
s , m2 , m3
22
ls0 j, ν, m2 +m3 l0 s0 j, ν 0 , m2 +m3 +ν −ν 0
s0 21 S 0 , m2 +m3 +ν −ν 0 , m1
L0 S 0 12 , M −MS −ν +ν 0 , MS +ν −ν 0
l0 λ0 L0 , ν 0 , M −MS −ν Yλ0 ,M −m1 −m2 −m3 −ν (q̂s )
dp0 p0 2 p(ls0 )j, t0 , τ2 + τ3 t1 (z) p0 (l0 s0 )j, t0 , τ2 + τ3
p2
0 0 mN
p qs β̃b Ψb .
0
2
− p +iε
(3.49)
1
Spin- und Isospinerhaltung sind streng genommen Näherungen, aber die sehr geringe Beimischung
ist für unsere Zwecke gänzlich zu vernachlässigen.
69
3 Die quasi-freie Streuung
Wir wenden uns nun dem Beweis der im vorangegangenen Abschnitt behaupteten Richtungsunabhängigkeit der Spektralfunktion zu, wobei wir uns jedoch auf die PWIA-Näherung beschränken. Unter Verwendung von (3.44) folgt zunächst
Z
√ X
2
1X
PWIA
dp̂ 6 τ1 τ2 τ3 m1 m2 m3 pq s Ψb M S
(p, qs ) =
2 τ ,τ m ,m ,m ,M
2 3
1
2
3
X
X
X
01 0
11 0
t
t
,
τ
,
τ
T
,
τ
+τ
,
τ
= 3
2
3
2
3
1
22
2
τ2 ,τ3 m1 ,m2 ,m3 ,M β̃ 0
b
s0 21 S 0 , m2 +m3 , m1
L0 S 0 21 , M −MS , MS pqs β̃b0 Ψb
X
l0 λ0 L0 , µ0 , M −MS −µ0 Yλ0 ,M−MS−µ0 (q̂s )
11 0
s , m2 , m3
22
X
β̃b00
µ0
1 1 00
t , τ2 , τ3
22
t00 12 T 00 , τ2 +τ3 , τ1
s00 12 S 00 , m2 +m3 , m1
∗
L00 S 00 21 , M −MS , MS pqs β̃b00 Ψb
X
l00 λ00 L00 , µ00 , M −MS −µ00 Yλ∗00 ,M −MS −µ00 (q̂s )
1 1 00
s , m2 , m3
22
µ00
Z
dp̂ Yl0 ,µ0 (p̂) Yl∗00 ,µ00 (p̂)
Die Winkelintegration läßt sich direkt ausführen; sie liefert
Z
dp̂ Yl0 ,µ0 (p̂) Yl∗00 ,µ00 (p̂) = δl0 ,l00 δµ0 ,µ00 .
(3.50)
(3.51)
Die beiden verbleibenden Kugelfunktionen fassen wir wie folgt zusammen:
Yλ0 ,M−MS−µ0 (q̂s ) Yλ∗00 ,M−MS−µ0 (q̂s )
0
= (−1)M −MS −µ Yλ0 ,M−MS−µ0 (q̂s ) Yλ00 ,−M+MS+µ0 (q̂s )
X
0
= (−1)M −MS −µ
λ0 λ00 g, M −MS −µ0 , −M +MS +µ0 Yλg00 λ00 (q̂s q̂s ) .
(3.52)
g
Mit
Xβ̃ 0 ,β̃ 00 ≡
b
b
X
µ0 ,m1 ,m2 ,m3 ,M
11 0
s , m2 , m3
22
s0 21 S 0 , m2 +m3 , m1 L0 S 0 12 , M −MS , MS
s00 21 S 00 , m2 +m3 , m1 L00 S 00 21 , M −MS , MS
0
(−1)M −MS −µ l0 λ0 L0 , µ0 , M −MS −µ0 l00 λ00 L00 , µ0 , M −MS −µ0
X
λ0 λ00 g, M −MS −µ0 , −M +MS +µ0 Yλg00 λ00 (q̂s q̂s )
(3.53)
1 1 00
s , m2 , m3
22
g
70
3.2 Partialwellendarstellung
lautet dann die Spektralfunktion
S PWIA (p, qs ) = 3
X X
δl0 ,l00
11 0
t , τ2 , τ3
22
τ2 ,τ3 β̃ 0 ,β̃ 00
b b
1 1 00
t , τ2 , τ3
22
t0 12 T 0 , τ2 +τ3 , τ1 pqs β̃b0 Ψb
∗
t00 12 T 00 , τ2 +τ3 , τ1 pqs β̃b00 Ψb · Xβ̃ 0 ,β̃ 00 .
b
b
(3.54)
Der Term Xβ̃ 0 ,β̃ 00 – und damit auch die Spektralfunktion – ist genau dann richtungsunb b
abhängig, wenn g = 0 ist. Dies zeigt man durch Ausführen der einzelnen Summen, wobei
man wiederholt die Beziehung (siehe zum Beispiel [Edm64])
(abe, α, β) (edc, α+β, γ)
(
)
Xp
a b e
a+b+c+d
=
(2e + 1)(2f + 1)(−1)
(af c, α, β +γ) (bdf, β, γ)
d c f
f
(3.55)
anwendet. Da diese Rechnung recht schreibintensiv ist, wird hier auf die Angabe der einzelnen Schritte verzichtet. Man erhält als Zwischenergebnis
p
√
0
00
0
0
00
0
00
Xβ̃ 0 ,β̃ 00 = 2 2 Yλ000 λ00 (q̂s q̂s )(−1)L +L +l −S +S +s +s +1 L̂0 L̂00 Ŝ 0 Ŝ 00 ŝ0 ŝ00
b b
)(
(
)(
)(
)
1
1
L0 0 L00
L0 0 L00
s00 0 s0
0
2
2
.
S 00 21 S 0
λ00 l0 λ0
S 0 12 S 00
s0 21 s00
(3.56)
Zur Abkürzung wurde hier die Schreibweise â ≡ 2a + 1 eingeführt. Mit den Relationen
([Edm64])
(
)
j1 0 j12
1
= δj1 ,j12 δj3 ,j23 q
(−1)j1 +j3 +J
(3.57)
j3 J j23
ĵ ĵ
1 3
und
s
λ̂0 λ̂0 0 0
(λ λ 0, 0, 0) Y00 (q̂s )
4π
p
λ̂0
0
= (−1)λ
4π
Yλ000 λ0 (q̂s q̂s ) =
(3.58)
erhalten wir schließlich
Xβ̃ 0 ,β̃ 00 =
b
b
1
δs0 ,s00 δS 0 ,S 00 δλ0 ,λ00 δL0 ,L00 .
2π
(3.59)
71
3 Die quasi-freie Streuung
Für die Spektralfunktion (3.54) folgt entsprechend
S PWIA (p, qs ) =
3 X X
δs0 ,s00 δS 0 ,S 00 δλ0 ,λ00 δl0 ,l00 δL0 ,L00
2π τ ,τ 0 00
2
3
β̃b ,β̃b
1 1 00
t , τ2 , τ3
22
11 0
t , τ2 , τ3
22
t00 12 T 00 , τ2 +τ3 , τ1
t0 12 T 0 , τ2 +τ3 , τ1
∗
pqs β̃b0 Ψb pqs β̃b00 Ψb .
(3.60)
Damit ist die Richtungsunabhängigkeit für die PWIA gezeigt. Für das FSI23-Modell ist
die Vorgehensweise analog. Allerdings ist der Rechenaufwand wesentlich größer, da hier
nach (3.49) noch einige zusätzliche Quantenzahlen auftauchen.
Abschließend führen wir noch die Summe über τ2 und τ3 aus. Dabei berücksichtigen wir,
daß für den 3N-Aufbruch des 3 He-Kerns stets τ1 + τ2 + τ3 = +21 gilt. Damit folgt
X
11 0
t , τ2 , τ3 t0 12 T 0 , τ2 +τ3 , τ1 12 12 t00 , τ2 , τ3 t00 12 T 00 , τ2 +τ3 , τ1
22
τ2 ,τ3
=
X
τ2
11 0
t , τ2 , 12 −τ1 −τ2
22
= δt0 ,t00 t0 12 T 0 , 21 −τ1 , τ1
Einsetzen in (3.60) liefert
S PWIA (p, qs ) =
t0 21 T 0 , 12 −τ1 , τ1
t0 12 T 00 , 12 −τ1 , τ1 .
1 1 00 1
t , 2 −τ1 −τ2
22
t00 21 T 00 , 12 −τ1 , τ1
S
72
PWIA
(3.61)
3 X
δs0 ,s00 δS 0 ,S 00 δλ0 ,λ00 δl0 ,l00 δL0 ,L00 δt0 ,t00 t0 12 T 0 , 12 −τ1 , τ1
2π 0 00
β̃b ,β̃b
∗
t0 12 T 00 , 12 −τ1 , τ1 pqs β̃b0 Ψb pqs β̃b00 Ψb .
Betrachtet man nur diejenigen Anteile der Wellenfunktion, für die T =
Kapitel 5), so vereinfacht sich dieser Ausdruck zu
1
2
2
2 3 X 01 0 1
0
(p, qs ) =
t 2 T , 2 −τ1 , τ1 pqs β̃b Ψb .
2π 0
β̃b
(3.62)
ist (vgl. hierzu
(3.63)
4 Der 3He-Kern als Neutronentarget
Eine Vielzahl moderner Streuexperimente beruhen auf der Annahme, daß ein polarisierter
3
He-Kern sich im wesentlichen wie ein polarisiertes Neutron verhält, d. h. daß der Spin
des Kerns einzig vom Neutron getragen wird. Diese Aussage ergibt sich zunächst aus dem
einfachen Schalenmodell. Um sie unter Verwendung einer realistischen Kernwellenfunktion
numerisch überprüfen zu können, bedarf es jedoch einer geeigneten Darstellung der Wellenfunktion, welche zunächst hier vorgeführt werden soll. Diese führt auf den dominanten
S-Zustand, der gerade die gewünschte Eigenschaft im Hinblick auf den Spin aufweist und
– wie der Name schon sagt – erheblichen Anteil an der Gesamtwellenfunktion hat.
Für diesen speziellen Fall leiten wir die Darstellung des sechsfach-differentiellen Wirkungsquerschnittes vermöge der Spektralfunktion im Rahmen der quasi-freien Streuung
ab. Damit ergibt sich eine einheitliche Darstellung aller sechs Strukturfunktionen. Insbesondere wird gezeigt, wie man – im Rahmen dieses vereinfachten Modells – durch Messung
von Asymmetrien einen direkten Zugang zum elektrischen Formfaktor des Neutrons erhält.
4.1 Irreduzible Darstellungen der Permutationsgruppe für
drei Spin-Isospin- 12 -Teilchen
Im folgenden wollen wir uns mit der Ableitung solcher Darstellungen der Permutationsgruppe beschäftigen - allerdings nicht im streng mathematischen Sinn, sondern vielmehr
vom physikalischen Standpunkt aus, bei dem es hier insbesondere um die Beschreibung des
Drei-Nukleonen-Bindungszustandes im Hinblick auf seine Symmetrieeigenschaften geht.
Dabei genügt es, sich auf den Spin-Isospinanteil der Wellenfunktion zu beschränken, weil
durch dessen Symmetrieeigenschaft automatisch die des Impulsraumanteils festgelegt ist.
Insgesamt muß die Gesamtwellenfunktion für ein 3N-System natürlich total antisymmetrisch unter dem Austausch zweier beliebiger Teilchen sein. Die Idee, die Wellenfunktion
des 3N-Bindungszustandes anhand der Symmetrieeigenschaften des Spin-Isospinanteils zu
klassifizieren, geht zurück auf [Bla53]. Weitere Ausführungen zu diesem Thema findet man
in [Der58].
73
4 Der 3 He-Kern als Neutronentarget
Für die Verteilung dreier Teilchen auf drei physikalisch unterscheidbare Zustände gibt
es bekanntlich 3! = 6 verschiedene Möglichkeiten, welche durch Anwendung der Permutationsoperatoren ineinander überführt werden können. Die Operatoren sind im einzelnen:
die Identität, P12 , P13 , P23 , P231 ≡ P12 P23 und P312 ≡ P13 P23 . Man überzeugt sich leicht,
daß sie die Eigenschaften einer Gruppe erfüllen:
1. Für drei Gruppenelemente a, b, c gilt das Assoziativgesetz: a · (b · c) = (a · b) · c.
2. Es existiert ein neutrales Element e mit der Eigenschaft e · a = a · e = a.
3. Zu jedem Element a existiert ein Inverses a−1 , für das a · a−1 = e = a−1 · a.
Allgemein bilden die n! Permutationen von n Elementen eine Gruppe. Diese bezeichnet
man als symmetrische Gruppe vom Grad n, kurz S(n).
Wir beginnen unsere Betrachtungen mit den Eigenzuständen des Gesamtspins dreier
Spin- 12 -Teilchen. Die magnetische Quantenzahl kann dann die Werte MS = ± 21 , ± 32 annehmen. Zunächst interessiert uns die Frage, wie sich die Zustände als Linearkombinationen
von Einteilchen-Produktzuständen darstellen lassen. Für letztere verwenden wir analog zu
(2.54) folgende Konvention: der Zustand
αβγ ≡ |αi1 |βi2 |γi3
(4.1)
beschreibe die Situation, in der sich Teilchen 1 im Zustand |αi, Teilchen 2 im Zustand |βi
und Teilchen 3 im Zustand |γi befindet. Im Falle der Spin- 21 -Teilchen existieren natürlich
nur zwei unterscheidbare Einteilchenzustände, die wir wie folgt definieren:
α ≡ 1 , ± 1
(4.2)
2
2
1 1
β ≡ , ∓ .
(4.3)
2
2
Die Zustände α und β besitzen demnach entgegengesetzte z-Komponenten.
Zu Ms = ± 32 gehört trivialerweise nur ein einziger Zustand, nämlich
χ0 ≡ (s = 1, 12 ) S = 32 , Ms = ± 23 .
(4.4)
Ausgedrückt durch die Einteilchenzustände lautet er
χ0 = ααα .
(4.5)
Offensichtlich ist dieser Zustand total symmetrisch und läßt sich demnach auch nicht durch
Anwendung irgendeiner Permutation in einen anderen, physikalisch unterscheidbaren Zustand überführen. Man sagt dann, χ0 ist irreduzibel, und der zugehörige eindimensionale
Unterraum ist invariant unter den Transformationen der Permutationsgruppe.
74
4.1 Irreduzible Darstellungen der Permutationsgruppe
Für MS = ± 12 existieren drei verschiedene Zustände:
χ1 ≡ (s = 1, 12 ) S = 32 , MS = ± 21
χ2 ≡ (s = 1, 12 ) S = 12 , MS = ± 21
χ3 ≡ (s = 0, 12 ) S = 12 , MS = ± 21 .
(4.6)
(4.7)
(4.8)
Diese lassen sich unter Verwendung der Clebsch-Gordan-Koeffizienten auf EinteilchenProduktzustände zurückführen. Dabei behalten wir die in Abschnitt 2.4 eingeführte Konvention bei, zuerst die Spins der Teilchen 2 und 3 zu koppeln. Wir betrachten exemplarisch
den Zustand χ1 für MS = 12 :
X
1 3
1 , µ, 21 −µ 12 , µ 1 s = 1, 12 −µ 23
χ1 =
2 2
µ
=
X
µ
=
1 3
1 , µ, 21 −µ
2 2
1 X
,µ
2
1
κ
11
1, κ, 21 −µ−κ
22
1 1 1
, κ , −µ−κ
2
2 2 2
3
1 3
1 , − 21 , 1 12 12 1, 12 , 21 12 , − 21 1 21 , + 12 2 21 , + 21 3
2 2
+ 12 1 32 , 12 , 0 12 12 1, − 12 , 12 12 , + 21 1 21 , − 21 2 12 , + 21 3
+ 21 1 32 , 12 , 0 12 12 1, 12 , − 21 12 , + 21 1 21 , + 21 2 12 , − 21 3
1
1
1
= √ ααβ + √ αβα + √ βαα .
3
3
3
(4.9)
Analog ergeben sich die beiden übrigen Zustände zu
1
χ2 = √ ααβ +
6
1
χ3 = √ ααβ −
2
1
2
√ αβα − √ βαα
6
6
1
√ αβα .
2
(4.10)
(4.11)
Offensichtlich ist χ1 total symmetrisch, χ2 symmetrisch unter Vertauschung der Teilchen 2
und 3 und χ3 antisymmetrisch unter P23 . Daß gerade P23 hier eine Sonderstellung einnimmt,
liegt an der gewählten Kopplungsvorschrift. Koppelte man zum Beispiel zuerst die Spins
der Teilchen 1 und 2, so würde entsprechend P12 diese Rolle einnehmen. Schließlich wollen
wir noch zeigen, daß (χ0 , χ1 , χ2 , χ3 ) eine irreduzible Basis bilden. Dies läuft darauf hinaus,
die Invarianz des 2-dimensionalen Unterraumes, der von χ2 und χ3 aufgespannt wird,
nachzuweisen, da χ0 und χ1 bereits irreduzibel sind. Das bedeutet: ein durch Anwendung
einer Permutation auf irgendeinen Zustand dieses Unterraumes erzeugter Zustand muß
sich wieder als Linearkombinationen von χ2 und χ3 darstellen lassen. Um dies zu zeigen,
genügt es, die Existenz der von Null verschiedenen Konstanten A und B sowie C und D
nachzuweisen, welche die Gleichungen
P... χ2 = Aχ2 + Bχ3
(4.12)
75
4 Der 3 He-Kern als Neutronentarget
P12
P13
P23
P12 P23
P13 P23
A
B
C
D
− 21
− 21
√
3
2
√
− 23
√
3
2
√
− 23
1
2
1
2
1
− 12
− 12
0
√
3
2
√
− 23
0
−
√
3
2
√
3
2
Tabelle 4.1: Permutationen von χ2 und χ3
Aufgelistet sind die Konstanten aus (4.12) und (4.13),
welche sich durch Anwendung der Permutationen auf
die Zustände χ2 und χ3 ergeben.
−1
− 12
− 12
beziehungsweise
P... χ3 = Cχ2 + Dχ3
(4.13)
erfüllen. Die jeweiligen Rechnungen sind trivial, erfordern aber einige Schreibarbeit, weshalb wir hier darauf verzichten. Tabelle 4.1 faßt die Ergebnisse zusammen.
Analog zu den Spinzuständen (4.4)-(4.8) führt man die entsprechenden Isospinzustände,
die natürlich ebenfalls eine irreduzible Basis bilden, ein:
η0 ≡ (t = 1, 21 ) T = 23 , MT = ± 23
(4.14)
(4.15)
η1 ≡ (t = 1, 12 ) T = 23 , MT = ± 21
η2 ≡ (t = 1, 12 ) T = 21 , MT = ± 21
(4.16)
(4.17)
η3 ≡ (t = 0, 12 ) T = 21 , MT = ± 21 .
Mit den (4.2) und (4.3) entsprechenden Einteilchenzuständen im Isospinraum
γ ≡ 1 , ± 1
2
2
δ ≡ 1 , ∓ 1
2
2
(4.18)
(4.19)
lassen sich diese darstellen als
η0 = γγγ
1
η1 = √ γγδ +
3
1
η2 = √ γγδ +
6
1
η3 = √ γγδ −
2
(4.20)
1
√ γδγ +
3
1
√ γδγ −
6
1
√ γδγ .
2
1
√ δγγ
3
2
√ δγγ
6
(4.21)
(4.22)
(4.23)
Im folgenden leiten wir eine irreduzible Darstellung der Permutationsgruppe für drei
Spin-Isospin- 12 -Teilchen ab. Wir beginnen mit der Bildung des direkten Produktes
{χ0 , χ1 , χ2 , χ3 } ⊗ {η0 , η1 , η2 , η3 } .
76
(4.24)
4.1 Irreduzible Darstellungen der Permutationsgruppe
Aus den sich hieraus ergebenden 16 Spin-Isospinzuständen soll nun eine irreduzible Basis
abgeleitet werden. Man erkennt unmittelbar, daß die Kombinationen χ0 η0 , χ0 η1 , χ1 η0 und
χ1 η1 jeweils irreduzibel sind, weil aufgrund der totalen Symmetrie der Spin- und Isospinzustände auch die Produktzustände total symmetrisch sind. Des weiteren lassen sich direkt
vier jeweils 2-dimensionale, invariante Unterräume ausmachen, nämlich diejenigen, welche
durch (χ0 η2 , χ0 η3 ), (χ1 η2 , χ1 η3 ), (χ2 η0 , χ3 η0 ) und (χ2 η1 , χ3 η1 ) aufgespannt werden. Hierbei
ist entweder der Spin- oder der Isospinzustand total symmetrisch und der verbleibende
Anteil bildet gerade eine irreduzible, zweidimensionale Basis.
Von den 16 Kombinationen verbleiben also die 4 Zustände χ2 η2 , χ2 η3 , χ3 η2 und χ3 η3 ,
die wir noch weiter reduzieren wollen. Durch Bildung von Linearkombinationen erhält
man einen total symmetrischen und einen total antisymmetrischen Zustand sowie eine
2-dimensionale Darstellung. Wir versuchen zunächst, den vollkommen symmetrischen Zustand φs abzuleiten. Dabei beginnen wir zweckmäßigerweise mit der Anwendung von P23
auf eine beliebige Linearkombination, da die Spin- und Isospinzustände bezüglich dieser
Operation festgelegte Symmetrieeigenschaften aufweisen. Sei also
φs = a χ 2 η 2 + b χ 2 η 3 + c χ 3 η 2 + d χ 3 η 3 ,
(4.25)
dann liefert die Vertauschung der Teilchen 2 und 3
P23 φs = a χ2 η2 − b χ2 η3 − c χ3 η2 + d χ3 η3 .
(4.26)
Aus der Forderung P23 φs = φs folgt dann b = c = 0. Normierung auf eins liefert außerdem
√
b = c = 1/ 2. Daß φs symmetrisch unter allen Permutationen ist, sieht man sofort,
wenn man ihn unter Verwendung von (4.10) und (4.11) sowie (4.22) und (4.23) durch die
Einteilchen-Produktzustände in Spin- und Isospinraum darstellt. Man erhält
1
φs = √ (χ2 η2 + χ3 η3 )
2
1 h
2 (ααβ) (γγδ) − (ααβ) (γδγ) − (ααβ) (δγγ)
= √
18
− (αβα) (γγδ) + 2 (αβα) (γδγ) − (αβα) (δγγ)
i
− (βαα) (γγδ) − (βαα) (γδγ) + 2 (βαα) (δγγ) .
(4.27)
Den total antisymmetrischen Zustand φa ermittelt man völlig analog; man geht jedoch
dabei aus von der Forderung P23 φa = −φa . Das Ergebnis lautet dann
1
φa = √ (χ2 η3 − χ3 η2 )
2
1 h
= √ −(ααβ) (γδγ) + (ααβ) (δγγ) + (αβα) (γγδ)
6
i
− (αβα) (δγγ) − (βαα) (γγδ) + (βαα) (γδγ) .
(4.28)
77
4 Der 3 He-Kern als Neutronentarget
Der letzte Schritt besteht nun darin, zwei Linearkombinationen zu finden, die einerseits
orthogonal zu φs und φa und andererseits ebenfalls auf eins normiert sind. Man findet
leicht die beiden Zustände
1
φ1 = √ (χ2 η2 − χ3 η3 )
2
1 h
−(ααβ) (γγδ) + 2 (ααβ) (γδγ) − (ααβ) (δγγ)
= √
18
+ 2 (αβα) (γγδ) − (αβα) (γδγ) − (αβα) (δγγ)
− (βαα) (γγδ) − (βαα) (γδγ) + 2 (βαα) (δγγ)
1
φ2 = √ (χ2 η3 + χ3 η2 )
2
1 h
= √ (ααβ) (γγδ) − (ααβ) (δγγ) − (αβα) (γδγ)
6
i
(4.29)
i
+ (αβα) (δγγ) − (βαα) (γγδ) + (βαα) (γδγ) .
(4.30)
Etwas mehr Schreibarbeit erfordert es hingegen zu zeigen, daß diese beiden einen invarianten Unterraum aufspannen. Hierzu wendet man wieder die Permutationsoperatoren auf
φ1 und φ2 an und ermittelt anschließend die Konstanten A0 , B 0 , C 0 und D 0 , welche die
Gleichungen
P... φ1 = A0 φ1 + B 0 φ2
(4.31)
P... φ2 = C 0 φ1 + D 0 φ2
(4.32)
beziehungsweise
erfüllen. Exemplarisch betrachten wir die Anwendung von P12 auf φ2 :
1 h
P12 φ2 = √ (ααβ) (γγδ) − (ααβ) (γδγ) − (αβα) (γγδ)
6
i
+ (αβα) (δγγ) + (βαα) (γδγ) − (βαα) (δγγ)
C0 h
= √
−(ααβ) (γγδ) + 2 (ααβ) (γδγ) − (ααβ) (δγγ)
18
+ 2 (αβα) (γγδ) − (αβα) (γδγ) − (αβα) (δγγ)
− (βαα) (γγδ) − (βαα) (γδγ) + 2 (βαα) (δγγ)
D0 h
+ √ (ααβ) (γγδ) − (ααβ) (δγγ) − (αβα) (γδγ)
6
i
+ (αβα) (δγγ) − (βαα) (γγδ) + (βαα) (γδγ) .
i
(4.33)
Alle unterstrichenen Ausdrücke müssen verschwinden, da die Zustände in der oberen Glei√
chung nicht auftreten. Daraus folgt zunächst C 0 = − 3D 0 . Eingesetzt ergibt sich daraus
78
4.1 Irreduzible Darstellungen der Permutationsgruppe
A’
P12
P13
P23
P12 P23
P13 P23
− 21
− 21
1
− 12
− 12
B’
C’
D’
√
− 23
√
3
2
√
− 23
√
3
2
1
2
1
2
0
0
√
− 23
√
3
2
√
3
2
√
− 23
Tabelle 4.2: Permutationen von φ1 und φ2
Aufgelistet sind die Konstanten aus (4.31) und (4.32),
welche sich durch Anwendung der Permutationen auf
die Zustände φ1 und φ2 ergeben.
−1
− 12
− 12
√
D 0 = 1/2 und C 0 = − 3/2. Die übrigen Rechnungen verlaufen analog. Die Ergebnisse
sind in Tabelle 4.2 angegeben.
Damit haben wir nun irreduzible Darstellungen der Permutationsgruppe für drei SpinIsospin- 21 -Teilchen gefunden. Das hier vorgestellte Verfahren ist zwar etwas mühselig, wenn
man alle Rechnungen durchführt – es hat aber den entscheidenden Vorteil, daß es keinerlei
zusätzlicher Annahmen bedarf. Wir fassen noch einmal alle Zustände zusammen, wobei
wir sie durch die Schreibweise W P (S, MS , T, MT ) nach ihren Quantenzahlen und Symmetrieeigenschaften charakterisieren:
WS
WS
W+
W−
WS
WS
W
+
W
−
W+
W−
W+
W−
WS
WA
W+
W−
3
, ± 23 ,
2
3
, ± 23 ,
2
3
, ± 23 ,
2
3
, ± 23 ,
2
3
, ± 21 ,
2
3
, ± 21 ,
2
3
, ± 21 ,
2
3
, ± 21 ,
2
1
, ± 21 ,
2
1
, ± 21 ,
2
1
, ± 21 ,
2
1
, ± 21 ,
2
1
, ± 21 ,
2
1
, ± 21 ,
2
1
, ± 21 ,
2
1
, ± 21 ,
2
3
, ± 23
2
3
, ± 21
2
1
, ± 21
2
1
, ± 21
2
3
3
,
±
2
2
3
1
,
±
2
2
1
1
,
±
2
2
1
1
,
±
2
2
3
3
,
±
2
2
3
3
,
±
2
2
3
, ± 21
2
3
, ± 21
2
1
, ± 21
2
1
, ± 21
2
1
, ± 21
2
1
, ± 21
2
= χ 0 η0
(4.34)
= χ 0 η1
(4.35)
= χ 0 η2
(4.36)
= χ 0 η2
(4.37)
= χ 1 η0
(4.38)
= χ 1 η1
(4.39)
= χ 1 η2
(4.40)
= χ 1 η2
(4.41)
= χ 2 η0
(4.42)
= χ 3 η0
(4.43)
= χ 2 η1
(4.44)
= χ 3 η1
(4.45)
=
=
=
=
√1
2
1
√
2
1
√
2
√1
2
(χ3 η3 + χ2 η2 )
(4.46)
(χ2 η3 − χ3 η2 )
(4.47)
(χ3 η2 + χ2 η3 ) .
(4.49)
(χ2 η2 − χ3 η3 )
(4.48)
79
4 Der 3 He-Kern als Neutronentarget
Der obere Index gibt die Symmetrieeigenschaft an. Es bedeuten hierbei A“ total antisym”
metrisch, S“ total symmetrisch, +“ symmetrisch unter Vertauschung der Teilchen 2 und
”
”
3 und −“ antisymmetrisch unter 2 ↔ 3. In den beiden letzten Fällen spricht man von
”
gemischter Symmetrie. Zwei gemischt symmetrische Zustände mit gleichen Quantenzahlen
bilden jeweils eine 2-dimensionale Darstellung.
Besonderes Augenmerk wollen wir an dieser Stelle noch auf den einzigen antisym
metrischen Zustand W A 21 , ± 21 , 12 , ± 21 richten. Betrachtet man dessen Zerlegung in die
Einteilchen-Produktzustände (4.28), so erkennt man, daß dort die beiden Teilchen mit
gleichem Isospin – hier charakterisiert durch γ – genau entgegengesetzten Spin tragen. Mit
den anschaulichen Notationen1 α ≡ + , β ≡ − , γ ≡ p und δ ≡ n ergibt sich
1 A 1
1 1
1
n,+ 2 − p,+ 1 p,− 3 + p,− 1 p,+ 3
W 2, ±2, 2, ±2 ≡ √
6
+ n,+ 1 + p,+ 2 p,− 3 − p,− 2 p,+ 3
+ n,+ 3 + p,+ 1 p,− 2 − p,− 1 p,+ 2
1 n,+ 2 p 1 p 3 ( 21 12 )00 31
≡ √
3
+ n,+ 1 p 2 p 3 ( 12 21 )00 23
11 + n,+ 3 p 1 p 2 ( 2 2 )00 12 .
(4.50)
Demnach koppeln die beiden Protonen stets zum Spin 0. Anders formuliert: der gesamte
Spin des Kerns wird in diesem speziellen Zustand vom einzelnen Neutron getragen. Fordert
man zusätzlich das Verschwinden des Gesamtbahndrehimpulses, so ist offensichtlich wegen
~ +L
~ der Gesamtdrehimpuls des Kerns gleich dem Spin des Neutrons. Im nächsten
J~ = S
Abschnitt wollen wir uns diesen speziellen Fall näher anschauen.
1
80
Die Wahl der Spinzustände ist rein willkürlich; man kann natürlich auch α ≡ − , β ≡ + definieren.
4.2 Der dominante S-Zustand
4.2 Der dominante S-Zustand
Bei den folgenden Betrachtungen nutzen wir aus, daß für den 3 He-Kern in guter Näherung
T = 12 gilt (vgl. Kapitel 5). Mit Hilfe der Vollständigkeitsrelation in LS-Kopplung schreiben
wir dann den Bindungszustand in der Form
Z
X Ψb M =
pq(lλ)L(s 1 )S 1 M, (t 1 ) 1 1
p2 dp q 2 dq
2
2
2 22
=
Z
lλLsSt
pq(lλ)L(s 12 )S 21 M, (t 21 ) 12 12
p2 dp q 2 dq
Ψb M
X X pq(lλ)LML (s 1 )S, M−ML (t 1 ) 1 1
lλLsSt ML
LS 21 , ML , M−ML
2
2 22
pq(lλ)L(s 12 )S 21 M, (t 21 ) 12 21 Ψb M .
(4.51)
Betrachtet man hier speziell die S-Wellenanteile mit Gesamtbahndrehimpuls L = 0, so gilt
l = λ, S = 21 und der entsprechende Clebsch-Gordan-Koeffizient ist gleich 1. Sei außerdem
Z
X
pq(ll)00 pq(ll)0(s 1 ) 1 1 M, (t 1 ) 1 1 Ψb M ,
(4.52)
φ(s, t) ≡ p2 dp q 2 dq
2 22
2 22
l
dann kann man mit Hilfe der 3-Teilchen-Spin- und Isospinzustände (4.7), (4.8), (4.16) und
(4.17) schreiben:
L=0 Ψb M = χ3 η3 φ(0, 0) + χ3 η2 φ(0, 1) + χ2 η3 φ(1, 0) + χ2 η2 φ(1, 1) .
Dies wiederum läßt sich umformen zu
L=0 Ψb M = √1 χ3 η3 + χ2 η2 · √1 φ(0, 0) + φ(1, 1)
2
2
1
1 √
√
χ2 η 3 − χ 3 η 2 ·
φ(1, 0) − φ(0, 1)
+
2
2
1 1 + √ χ2 η2 − χ3 η3 · √ φ(1, 1) − φ(0, 0)
2
2
1 1 + √ χ3 η2 + χ2 η3 · √ φ(0, 1) + φ(1, 0)
2
2
≡ W S ΦA + W A ΦS + W + Φ− + W − Φ+ .
(4.53)
(4.54)
Hierbei sind die Funktionen W ··· die Spin-Isospinzustände (4.46)-(4.49) für S = T = 12 .
Die Φ··· sind Impulsraumzustände mit den entsprechend entgegengesetzten Symmetrieeigenschaften, was die Antisymmetrie für L = 0 garantiert. Diese Zerlegung läßt sich leicht
auf die P- und D-Wellenanteile verallgemeinern (siehe [Har72]), die jeder für sich genommen
wiederum total antisymmetrisch sind, da der Gesamtbahndrehimpuls invariant gegenüber
81
4 Der 3 He-Kern als Neutronentarget
L
0
0
0
1
2
Symm.
S
A
m
P/%
91,60
0,00
1,18
0,05
7,17
Tabelle 4.3: Anteile der Wellenfunktionskomponenten
Aufgelistet sind die prozentualen Anteile der Wellenfunktionskomponenten mit verschiedenem Gesamtbahndrehimpuls L. Die SWellenanteile wurden dabei nach ihren Symmetrieeigenschaften im
Spin-Isospin-Raum unterteilt. Dabei bedeutet m“ gemischte Sym”
metrie; dieser Anteil wird häufig mit S’-Anteil bezeichnet.
Die aufgelisteten Zahlen gelten für das Bonn B-Potential.
Permutationen ist. Die P- und D-Anteile sind jedoch für die folgenden Betrachtungen
nicht von Bedeutung, so daß hier auf ihre Darstellung verzichtet wird. Wie bereits im
vorangegangenen Abschnitt erwähnt, konzentrieren wir uns nun insbesondere auf denjenigen S-Anteil der Wellenfunktion, dessen Spin-Isospinbeitrag vollkommen antisymmetrisch
unter Vertauschung zweier beliebiger Teilchen ist, was einen vollkommen symmetrischen
Impulsraumanteil zur Folge hat. Diesen bezeichnen wir als den dominanten S-Zustand,
abgekürzt PSS (vom englischen Principle S-State), und definieren
PSS Ψ b M ≡ W A ΦS
1
χ2 η3 − χ3 η2 φ(1, 0) − φ(0, 1) .
(4.55)
=
2
Mit (4.52), (4.7), (4.8), (4.16) und (4.17) lautet die Projektion auf die Partialwellenzustände in LS-Kopplung
PSS Ψ M
b
Z
1X
=
p2 dp q 2 dq pq(ll)00 (s = 1, 12 ) 21 M (t = 0, 12 ) 21 12
2 l
n
o
pq (ll)0 (1 12 ) 12 12 M, (0 21 ) 21 12 Ψb M − pq (ll)0 (0 12 ) 21 12 M, (1 21 ) 21 12 Ψb M
Z
1X
+
p2 dp q 2 dq pq(ll)00 (s = 0, 12 ) 21 M (t = 1, 12 ) 12 12
2 l
n
o
1 1 1
1 11
1 1 1
1 11
pq (ll)0 (0 2 ) 2 2 M, (1 2 ) 2 2 Ψb M − pq (ll)0 (1 2 ) 2 2 M, (0 2 ) 2 2 Ψb M
(4.56)
Dieser Zustand entspricht genau dem Teil der Wellenfunktion, in dem der Gesamtspin
des 3 He-Kerns vom Spin des Neutrons getragen wird, da einerseits L = 0 ist und sich andererseits die Spins der beiden Protonen gegenseitig absättigen. Numerische Rechnungen
zeigen (siehe Tabelle 4.3), daß die Wahrscheinlichkeit für diesen Zustand über 90% beträgt,
wobei die genaue Zahl geringfügig vom verwendeten Potential abhängt. Mit anderen Worten: der polarisierte 3 He-Kern stellt mit sehr großer Wahrscheinlichkeit ein polarisiertes
Neutronentarget dar.
82
4.3 Quasi-freie Streuung am Neutron
4.3 Quasi-freie Streuung am Neutron
Wie bereits in Kapitel 3 angekündigt, werden wir in diesem Abschnitt die Darstellung des
polarisierten, sechsfach-differentiellen Wirkungsquerschnittes vermöge der Spektralfunktion ableiten, wobei für die Kernwellenfunktion der dominante S-Zustand zugrunde gelegt
wird. Notwendigerweise beschränken wir uns auch hier beim 3N-Endzustand auf die PWIA
und die FSI23-Näherung. Die magnetischen Isospinquantenzahlen werden so festgelegt, daß
Teilchen 1 (konventionsgemäß greift dort das virtuelle Photon an) gerade das experimentell
nachgewiesene Neutron ist, d. h. es gilt für die magnetischen Isospinquantenzahlen τ1 = − 12
und τ2 = τ3 = + 12 .
Ausgangspunkt der folgenden Abhandlung sind die Gleichungen (3.31)-(3.33). Mit ihnen
lauten die Kernmatrixelemente für beliebige Kernpolarisationsrichtungen (2.173):
Ñ0
Ñ+1
Ñ−1
∗
ϑ
ϕ∗
cos
GnE (Q2 ) · Fm1 ,+ 1 (pq s )
= exp −i
2
2
2
∗
∗
ϕ
ϑ
+ exp +i
sin
GnE (Q2 ) · Fm1 ,− 1 (pq s )
2
2
2
∗
∗
ϕ
ϑ
n
= exp −i
cos
CK,+1
· Fm1 ,+ 1 (pq s )
2
2
2
∗
∗
ϕ
ϑ
n
+ exp +i
sin
CK,+1
· Fm1 ,− 1 (pq s )
2
2
2
ϕ∗
ϑ∗
+ exp −i
cos
δm ,+ 1 CSn · F−m1 ,+ 1 (pq s )
2
1
2
2
2
ϕ∗
ϑ∗
+ exp +i
sin
δm ,+ 1 CSn · F−m1 ,− 1 (pq s )
2
1
2
2
2
ϕ∗
ϑ∗
n
= exp −i
cos
CK,−1
· Fm1 ,+ 1 (pq s )
2
2
2
ϕ∗
ϑ∗
n
+ exp +i
sin
CK,−1
· Fm1 ,− 1 (pq s )
2
2
2
∗
∗
ϕ
ϑ
+ exp −i
cos
δm ,− 1 CSn · F−m1 ,+ 1 (pq s )
2
1
2
2
2
∗
∗
ϕ
ϑ
+ exp +i
sin
δm ,− 1 CSn · F−m1 ,− 1 (pq s ) .
2
1
2
2
2
(4.57)
(4.58)
(4.59)
Der obere Index n“ deutet an, daß bei unserer Wahl der Isospinquantenzahlen jeweils die
”
Formfaktoren des Neutrons in den einzelnen Ausdrücken auftauchen.
Um die speziellen Eigenschaften des PSS ausnutzen zu können, sehen wir uns die Partialwellendarstellung der Amplitude Fm1 ,M (pq s ) an. Im Rahmen der PWIA lautet diese
83
4 Der 3 He-Kern als Neutronentarget
nach (3.44)
PWIA,PSS
Fm
(pq s ) =
1 ,M
√ X
6
βb0
11 0 1 1
t , 2, 2
22
t0 21 T 0 , 1, − 21
s0 21 S 0 , m2 +m3 , m1
0 0 −MS
L0 S 0 12 , M 0 −MS , MS YlL0 λ,M
M .
(p̂, q̂s ) pqs βb0 ΨPSS
0
b
11 0
s , m2 , m3
22
(4.60)
Wegen
t0 12 T 0 , 1, − 21 = δt0 ,1 1 12 T 0 , 1, − 21
tragen zur Summe nur die Beiträge mit t0 = 1 bei. Nach (4.56) gilt dann
M
δt0 ,1 pqs β 0 ΨPSS
b
X
L0 S 0 12 , ML0 , M 0 −ML0 pqs (l0 λ0 )L0 ML0 (s0 21 )S 0 , M 0 −ML0 (1 21 ) 21 MT0 ΨPSS
= δt0 ,1
M
b
0
ML
=
1
δs0 ,0 δl0 ,λ0 δL0 ,0 δS 0 , 1 δt0 ,1 δT 0 , 1 δM,M 0
2
2
2
n
o
pqs (l0 l0 )0 (0 21 ) 21 12 , (1 21 ) 21 12 Ψb − pqs (l0 l0 )0 (1 12 ) 12 21 , (0 21 ) 12 12 Ψb .
(4.61)
Für die Wellenfunktionskomponenten führen wir noch eine Abkürzung ein:
Ψlst (pqs ) ≡ pqs (ll)0 (s 12 ) 12 21 , (t 12 ) 21 12 Ψb .
(4.62)
Damit schreiben wir (4.60) als
r
3 1 1 1 1 1 1
PWIA,PSS
Fm
(pq s ) =
1, 2 2 1 2 2 , 1, − 21 12 12 0, m2 , m3 0 21 12 , m2 +m3 , m1
22
1 ,M
2
X 00
0 12 12 , M −MS , MS
Yl0 l0 (p̂, q̂s ) Ψl0 01 (pqs ) − Ψl0 10 (pqs )
l0
= (−1)
wobei
1
−m2
2
δm1 ,M δm2 ,−m3 · H PWIA (p, q s ) ,
1 X 00
H PWIA (p, q s ) ≡ √
Yl0 l0 (p̂, q̂s ) Ψl0 01 (pqs ) − Ψl0 10 (pqs ) .
2 l0
(4.63)
(4.64)
Offensichtlich steckt die Abhängigkeit der Amplitude von den magnetischen Quantenzahlen
1
einzig in den beiden Kronecker-Symbolen und dem Faktor (−1) 2 −m2 . Aus der Symmetrieeigenschaft (2.126) im Zweiteilchensubsystem ergibt sich, daß die Summe nur über gerade
l0 -Werte läuft, da stets s0 + t0 = 1 gilt.
84
4.3 Quasi-freie Streuung am Neutron
Setzt man (4.61) in das Rückstreumatrixelement (3.49) ein, so folgt unmittelbar nach
Auswertung der Clebsch-Gordan-Koeffizienten
1
1
R23,PSS
Fm
(pq s ) = √ (−1) 2 −m2 δm1 ,M δm2 ,−m3
1 ,M
2
Z
X
00
Yl0 l0 (p̂, q̂s ) dp0 p0 2 p(l0 0)l0 , 1, 1 t1 p0 (l0 0)l0 , 1, 1
l0
· Ψl0 01 (p0 qs ) − Ψl0 10 (p0 qs ) .
p2
mN
− p0 2 + i ε
(4.65)
Zusammen mit (4.63) ist dann nach (3.21)
1
FSI23,PSS
Fm
(pq s ) = (−1) 2 −m2 δm1 ,M δm2 ,−m3 · H FSI23 (p, q s ) ,
1 ,M
(4.66)
wobei
1 X 00
H FSI23 (p, q s ) ≡ √
Yl0 l0 (p̂, q̂s )
2 l0
Z
0 0 0
δ (p − p0 ) 0 0
m
N
0 02
dp p
+ p(l 0)l , 1, 1 t1 p (l 0)l , 1, 1 2
p2
p − p0 2 + i ε
· Ψl0 01 (p0 qs ) − Ψl0 10 (p0 qs ) .
(4.67)
Mit (4.63) und (4.66) erhalten wir für die polarisierten Kernmatrixelemente (4.57)-(4.59)
im allgemeinen Fall (d. h. für PWIA und FSI23)
∗
∗
ϕ∗
ϑ
ϕ∗
ϑ
Ñ0 = exp −i
cos
δm1 ,+ 1 + exp +i
sin
δm1 ,− 1 GnE (Q2 )
2
2
2
2
2
2
1
Ñ+1
(4.68)
(−1) 2 −m2 δm2 ,−m3 · H(p, q s )
∗
∗
ϕ∗
ϑ
ϕ∗
ϑ
n
n
=
exp −i
cos
CK,+1 δm1 ,+ 1 + exp +i
sin
CK,+1
δm1 ,− 1
2
2
2
2
2
2
ϕ∗
ϑ∗
+ exp +i
sin
CSn δm1 ,+ 1
2
2
2
1
Ñ−1
(4.69)
(−1) 2 −m2 δm2 ,−m3 · H(p, q s )
ϕ∗
ϑ∗
ϕ∗
ϑ∗
n
n
=
exp −i
cos
CK,−1
sin
CK,−1
δm1 ,+ 1 + exp +i
δm1 ,− 1
2
2
2
2
2
2
ϑ∗
ϕ∗
cos
CSn δm1 ,− 1
+ exp −i
2
2
2
1
(−1) 2 −m2 δm2 ,−m3 · H(p, q s ) .
(4.70)
Mit diesen Ausdrücken lassen sich nun die polarisierten Strukturfunktionen (2.175)(2.180) sehr einfach berechnen. Dabei ist zu beachten, daß die darin auftauchenden Sum-
85
4 Der 3 He-Kern als Neutronentarget
men sich nur über die z-Komponenten der Nukleonenspins erstrecken, da die entsprechenden Isospinquantenzahlen bereits festgelegt wurden. Exemplarisch gilt für die longitudinale
Strukturfunktion:
R̃L =
X
m1 ,m2 ,m3
=
X
m1 ,m2 ,m3
2
Ñ0 ∗
∗
ϕ∗
ϑ
ϑ
ϕ∗
cos
δm1 ,+ 1 + exp +i
sin
δm1 ,− 1 GnE (Q2 )
exp −i
2
2
2
2
2
2
1
(−1) 2 −m2 δm2 ,−m3 · H(p, q s )
∗
∗
ϕ∗
ϕ∗
ϑ
ϑ
exp +i
cos
δm1 ,+ 1 + exp −i
sin
δm1 ,− 1 GnE (Q2 )
2
2
2
2
2
2
1
=
(−1) 2 −m2 δm2 ,−m3 · H ∗ (p, q s )
2
2 GnE (Q2 ) · 2 H(p, q s ) .
(4.71)
Die übrigen Strukturfunktionen berechnen sich analog; dabei gilt es lediglich, einige
trigonometrische Identitäten auszunutzen. Im einzelnen lauten die Ergebnisse:
2
2
Q
p21
T
n
2 2
n
2 2
2
R̃ =
(4.72)
GM (Q ) + 2 F1 (Q ) sin ϑ1 · 2 H(p, q s )
2
2mN
mN
2
2
p21
TT
R̃
= − 2 F1n (Q2 ) sin2 ϑ1 cos(2ϕ1 ) · 2 H(p, q s )
(4.73)
mN
√
2
p1
R̃TL = 2 2GnE (Q2 )F1n (Q2 )
sin ϑ1 cos ϕ1 · 2 H(p, q s )
(4.74)
mN
Q2
∗
n
2
n
2 Q p1
n
2 2
∗
∗
T’
R̃ =
− 2 GM (Q ) cos ϑ + F1 (Q )GM (Q ) 2 sin ϑ1 sin ϑ cos(ϕ − ϕ1 )
2mN
mN
2
· 2 H(p, q s )
(4.75)
√
Q
2
R̃TL’ =
2GnE (Q2 )GnM (Q2 )
sin ϑ∗ cos ϕ∗ · 2 H(p, q s ) .
(4.76)
mN
2
Somit haben alle sechs Strukturfunktionen den gemeinsamen Faktor 2 H(p, q s ) . Ansonsten beinhalten sie lediglich die Formfaktoren des Neutrons und rein kinematische Größen.
Es ist offensichtlich, daß man diese Form nur für den dominanten S-Zustand ableiten
kann, da nur für diesen der gesamte Kernspin vom Spin des Neutrons aufgebracht wird.
Eine Beimischung des Protonenspins würde automatisch zu einer anderen Form der beiden
polarisierten Strukturfunktionen RT’ und RTL’ führen. Im Klartext: es ist nicht möglich,
eine einheitliche Form aller sechs Strukturfunktionen abzuleiten, wenn man die vollständige 3 He-Wellenfunktion zugrunde legt. Allerdings gelingt dies für die vier unpolarisierten“
”
Anteile – auch wenn man nicht wie in Kapitel 3 über die Anfangspolarisationen des Kerns
86
4.3 Quasi-freie Streuung am Neutron
mittelt.2
Hier definieren wir analog zu (3.38) die polarisierte“ Spektralfunktion
”
X Z
2
PSS
(pq s )
dp̂ F{τ
S̃(p, qs ) ≡
i },{mi },M
m1 ,m2 ,m3
= 2
Z
2
dp̂ H(p, q s ) .
(4.77)
Diese hängt ebenfalls von keiner Richtung mehr ab, wie sich leicht zeigen läßt. Der Impuls
qs stellt nach (3.5) den anfänglichen Impuls des Neutrons im Kern dar. Mit obiger Definition, den polarisierten Strukturfunktionen (4.71)-(4.76) und den Elektron-Photon-Faktoren
(1.71)-(1.74) erhalten wir für den sechsfach-differentiellen Wirkungsquerschnitt (1.96) den
Ausdruck
d6 σ
dk 0 dk̂ 0 dp̂1 dp1
(
2
p21
q4
q2
Q
n
2 2
n
2 2
2
n
2 2
2 ϑe
=
GM (Q ) + 2 F1 (Q ) sin ϑ1
GE (Q ) + − 2 + tan
Q4
2Q
2
2m2N
mN
q 2 p21
n
2 2
F
(Q
)
sin2 ϑ1 cos(2ϕ1 )
1
2
2
2Q mN
s
q2
ϑe √ n 2 n 2 p 1
q2
+√
2 2 GE (Q ) F1 (Q )
sin ϑ1 cos ϕ1
− 2 + tan2
Q
2
mN
2Q2
s 2
ϑe
ϑe
q
+h·
tan
− 2 + tan2
Q
2
2
Q2
n
2 2
∗
n
2
n
2 Q p1
∗
∗
− 2 GM (Q ) cos ϑ + F1 (Q ) GM (Q ) 2 sin ϑ1 sin ϑ cos(ϕ −ϕ1 )
2mN
mN
)
q2
ϑe √ n 2 n 2 Q
+√
2 GE (Q ) GM (Q )
tan
sin ϑ∗ cos ϕ∗
2
2
m
2Q
N
p mN 2 ˜
p1 S(p, qs ) .
(4.78)
· σM
2
−
2
Auf den Beweis der Aussagen verzichten wir hier, da er einerseits recht schreibintensiv ist und andererseits keine neuen Erkenntnisse liefert. Wir werden jedoch später (in Kapitel 6) sehen, daß sie durch die
numerischen Befunde bestätigt werden.
87
4 Der 3 He-Kern als Neutronentarget
Für den Spezialfall der parallelen Kinematik, d. h. für sin ϑ1 = 0, folgt dann
(
2
q2
d6 σ
q4
Q
n
2 2
n
2 2
2 ϑe
GM (Q )
GE (Q ) + − 2 + tan
=
Q4
2Q
2
2m2N
dk 0 dk̂ 0 dp̂1 dp1
s
ϑe
q2
Q2
n
2 2
∗
2 ϑe
+h·
tan
− 2 + tan
− 2 GM (Q ) cos ϑ
Q
2
2
2mN
)
ϑe √ n 2 n 2 Q
q2
tan
sin ϑ∗ cos ϕ∗
+√
2 GE (Q ) GM (Q )
2
2
m
2Q
N
p mN 2
· σM
p1 S̃(p, qs )
2
2k
p mN 2
pol
2 ϑe
= σeN 1 +
sin
p1 S̃(p, qs ) .
(4.79)
mN
2
2
Dabei steht
pol
σeN
(
2
Q
q2
q4
n
2 2
2 ϑe
n
2 2
GE (Q ) + − 2 + tan
GM (Q )
≡ σM
Q4
2Q
2
2m2N
s
Q2
ϑe
q2
n
2 2
∗
2 ϑe
− 2 + tan
− 2 GM (Q ) cos ϑ
tan
+h·
Q
2
2
2mN
)
q2
ϑe √ n 2 n 2 Q
+√
tan
2 GE (Q ) GM (Q )
sin ϑ∗ cos ϕ∗
2
2
m
2Q
N
−1
ϑe
2k
(4.80)
sin2
· 1+
mN
2
für die nichtrelativistische Form des polarisierten Elektron-Neutron-Wirkungsquerschnittes.
Die hier abgeleitete Form (4.79) gilt nur für die Näherungen PWIA bzw. FSI23 bei
gleichzeitiger Reduktion des 3 He-Bindungszustandes auf den dominanten S-Zustand. Sie
stellt daher ein stark vereinfachtes Bild der tatsächlichen Vorgänge dar. Nehmen wir einmal an, daß sich experimentelle Daten hinreichend gut mit den hier gemachten Annahmen
beschreiben ließen, so ergäbe sich ein direkter experimenteller Zugang zum elektrischen
Formfaktor des Neutrons durch Messung von Asymmetrien für verschiedene Polarisationsrichtungen. Wir betrachten dazu die Fälle, in denen der Kernspin parallel bzw. senkrecht
zum Impuls des Photons ausgerichtet ist:
ϑ∗k = 0◦ , ϕ∗k = 0◦
ϑ∗⊥ = 90◦ , ϕ∗⊥ = 0◦ .
Bildet man das Verhältnis der Asymmetrien (1.99) für senkrechte und parallele Polarisation,
(6)
A⊥
(4.81)
V ≡ (6) ,
Ak
88
4.3 Quasi-freie Streuung am Neutron
so kürzen sich offenbar die Nenner weg, da die Strukturfunktionen RL , RT , RTT und RTL
nicht von der Polarisationsrichtung abhängen. Für parallele Kinematik folgt dann unter
Verwendung der kinematischen Faktoren (1.75) und (1.76) sowie der Strukturfunktionen
(4.75) und (4.76)
Z
dp̂ (vT’ RT’ + vTL’ RTL’ )⊥
V = Z
dp̂ (vT’ RT’ + vTL’ RTL’ )k
Z
ϑe √ Q n 2 n 2
q2
˜ qs )
√
2
tan
G (Q ) GM (Q ) dp̂ S(p,
2
mN E
2Q2
= s
Z
Q2
ϑe
q2
n
2 2
2 ϑe
− 2 + tan
− 2 GM (Q )
tan
dp̂ S̃(p, qs )
Q
2
2
2mN
= s
−
q2
Q2
ϑe Q
q2
− 2 + tan2
Q
2 2mN
GnE (Q2 )
.
GnM (Q2 )
(4.82)
Dieses Ergebnis entspricht genau dem, welches sich für die Streuung an einem freien Neutron ergibt. Die Abhängigkeit von Kerneigenschaften ist dabei völlig herausgefallen – dies
gilt natürlich auch für die Asymmetrien. Die Gültigkeit der hier verwendeten extremen
Vereinfachungen vorausgesetzt, ermöglicht die Messung des Asymmetrieverhältnisses die
unmittelbare Bestimmung des elektrischen Formfaktors, wenn man GnM kennt.
Bereits die Verwendung der vollständigen 3 He-Wellenfunktion führt dazu, daß sich für
das Asymmetrieverhältnis V eine von (4.82) abweichende Form ergibt, die von der Kernwellenfunktion und (für FSI23) von der Zweiteilchen-T-Matrix abhängt. Der Grund hierfür
ist die weiter oben erwähnte Tatsache, daß keine einheitliche Spektralfunktion für alle sechs
Strukturfunktionen mehr existiert. Außerdem führt die Antisymmetrisierung des Endzustandes zu einer Beimischung protonischer Anteile, die sich experimentell nicht mehr separieren lassen. Dieser Effekt wird durch das Vorhandensein der vollständigen Endzustandswechselwirkung noch verstärkt. Hier lassen sich erst recht keine Aussagen mehr darüber
treffen, an welchem Nukleon das Photon absorbiert wurde – man ist bei der Analyse experimenteller Daten völlig auf die Verläßlichkeit der theoretischen Rechnungen angewiesen. In
Kapitel 7 werden wir uns ausführlich mit der Frage befassen, inwieweit die hier angenommenen Vereinfachungen sich auf reale Experimente anwenden lassen bzw. ob es überhaupt
möglich ist, den elektrischen Formfaktor des Neutrons anhand von Asymmetrieverhältnissen zu bestimmen.
89
4 Der 3 He-Kern als Neutronentarget
90
5 Numerische Methoden
Dieses Kapitel gibt eine kurze Übersicht über die bei den numerischen Berechnungen verwendeten Methoden. Da diese Arbeit eingebettet war in langjährige Forschungsaktivitäten
auf dem Gebiet der Wenig-Teilchen-Physik (in der Regel als Few-Body Physics bezeichnet),
konnte vielfach auf bereits ausgearbeitete Methoden und teilweise auch auf existierende
Computer-Programme zurückgegriffen werden. Daher werden wir uns im folgenden auf
einige wesentliche Punkte beschränken.
Wie bereits im vorangegangenen mehrfach angedeutet, stellt die Behandlung der vollständigen Endzustandswechselwirkung das numerisch anspruchvollste Problem bei der Berechnung der Wirkungsquerschnitte dar. Insbesondere gilt dies für die Rückstreuamplitude
U , die in Gleichung (2.110) definiert wurde und die nach (2.149) zur Berechnung des
Kernmatrixelemente N R (diese beschreiben gerade den Rückstreuanteil der hadronischen
Matrixelemente) benötigt wird.
Elementare Voraussetzung zur Berechnung – und dies gilt für alle Kernmatrixelemente, unabhängig vom jeweiligen Endzustandsmodell – ist natürlich die Kenntnis des DreiNukleonen-Bindungszustandes. Präziser formuliert, benötigen wir die Partialwellendarstellung der 3 He-Kernwellenfunktion. Wir beginnen zunächst mit der Schrödinger-Gleichung
für den Bindungszustand, wobei wir jedoch keine Dreiteilchenkräfte betrachten, sondern
nur die paarweise Wechselwirkung zwischen den Nukleonen1 :
!
3
X
H0 +
Vi Ψb M = E Ψb M .
(5.1)
i=1
Wie bereits in Kapitel 2 beschreibt auch hier für ein gegebenes Tupel (ijk) der Ausdruck
Vi die Wechselwirkung zwischen den Teilchen j und k. Obige Gleichung läßt sich direkt
überführen in
Ψb M =
3
X
1
Vi Ψb M
E − H0 i=1
= G0
3
X
i=1
1
Vi Ψb M .
(5.2)
Die nachfolgende Ableitung orientiert sich an [Glö83] und [Saa92].
91
5 Numerische Methoden
Man beachte, daß hier im Gegensatz zu (2.89) kein imaginärer Term im Nenner des Resolventenoperators auftaucht. Dies liegt daran, daß für den Bindungszustand stets E < 0
gilt. Wir definieren die sogenannte Faddeev-Komponente
ψi ≡ G0 Vi Ψb M ,
(5.3)
die sich mit (5.2) schreiben läßt als
X ψj
ψi = (1 − G0 Vi )−1 G0 Vi
X ψj .
= G 0 ti
j6=i
(5.4)
j6=i
Gemäß Kapitel 2 wurde im zweiten Schritt die Zwei-Teilchen-T-Matrix eingeführt, die
wiederum der Lippmann-Schwinger-Gleichung (2.97) genügt.
Wie sich leicht zeigen läßt, kann man die einzelnen Faddeev-Komponenten durch einfache
Permutationen ineinander überführen:
ψ2 = P12 P23 ψ1
ψ3 = P13 P23 ψ1 .
(5.5)
(5.6)
Die Operatoren Pij bewirken dabei jeweils die Vertauschung der Teilchen i und j (vgl. Kapitel 2). Unter Verwendung dieser Gleichungen, der Definition des Permutationsoperators
(2.84) sowie (5.4) erhalten wir dann für die erste Faddeev-Komponente
ψ
= G 0 t1 ψ2 + ψ3
1
= G0 t1 (P12 P23 + P13 P23 ) ψ1
= G 0 t1 P ψ1 .
(5.7)
Dies ist die bekannte Faddeev-Gleichung; sie stellt offensichtlich eine Integralgleichung für
ψ1 dar, die es numerisch zu lösen gilt. Hierzu verwenden wir wiederum die Partialwellendarstellung. Nach einer etwas längeren Rechnung (dies gilt insbesondere für die Ableitung
der Matrixelemente des Permutationsoperators) erhält man schließlich (siehe z.B. [Glö83]
oder [Saa92]):
pqα ψ1 =
1
E−
X
α00
92
p2
mN
G
−
α0 ,α00
3q 2
4mN
XZ
l0
02
q dq 0
Z
+1
dx
−1
0 00 ψ1
π
q
α
2
.
(q, q 0 , x)
l00
π2
p(ls)j, tmt t1 (E −
3q 2 ) π1 (l0 s)j, tmt
4mN
π1l
0
(5.8)
Der Satz von Quantenzahlen α0 stimmt, bis auf l0 , mit α überein; dies ergibt sich aus den
fundamentalen Eigenschaften der T-Matrix (vgl. hierzu Abschnitt 3.2). In obiger Gleichung
wurden folgende Abkürzungen verwendet:
r
1 2
q + q 0 2 + qq 0 x
(5.9)
π1 ≡
4
r
1
(5.10)
π2 ≡
q 2 + q 0 2 + qq 0 x
4
X
X
X
0
l +l0
l +l0 α,α0
q 2 2 q 0 1 1 gk,l
(5.11)
Gα,α (q, q 0 , x) ≡
Pk (x)
,l ,l0 ,l0 .
1 2 1 2
k
l1 +l2 =l l10 +l20 =l0
Die in der letzten Zeile auftretenden Größen Pk (x) stellen die bekannten Legendre-Polynome
k,l ,l0
dar. Die Geometriekoeffizienten gα,α10 1 hängen ausschließlich von den jeweiligen Quantenzahlen ab. Da ihre Ableitung hinsichtlich der in diesem Kapitel zu behandelnden numerischen Methoden keine Erkenntnisse liefert, verzichten wir hier darauf, und es sei wiederum
auf [Glö83] verwiesen.
Der nächste Schritt zur Lösung der Faddeev-Gleichung (5.7) besteht darin, die in Gleichung (5.8) auftretenden Integrale in diskrete Summen zu überführen. Hierzu bedient man
sich der Gauß-Legendre-Quadratur (siehe z. B. [Sto94] oder [Pre97]). Dies bedeutet, man
sucht sich für eine Integration einen Satz von Stützstellen xi und berechnet für diese die
zugehörigen Gauß-Gewichte wi ; dann gilt
Z
X
dx f (x) ≈
wi f (xi ) .
(5.12)
i
Die Wahl der Stützpunkte kann entscheidenden Einfluß auf die Güte dieser Näherung haben. Sie erfordert daher besondere Sorgfalt, und in der Regel gilt es, für jede Funktion f (x)
einen zugehörigen Satz zu ermitteln. In Gleichung (5.8) wählt man zweckmäßigerweise die
Punkte, an denen die Faddeev-Komponente berechnet wird, gleich den Stützpunkten der
Integrationen. Allerdings besteht dann noch das Problem, daß unter den Integralen die Variablen π1 und π2 auftreten, die man ebenfalls auf die gewählten Stützpunkte zurückführen
möchte. Dazu bedient man sich einer Interpolation mittels der in [Glö82] beschriebenen
verallgemeinerten Spline-Methode, deren Besonderheit es ist, daß die Spline-Koeffizienten
nicht von der zu interpolierenden Funktion abhängen. Seien die Spline-Koeffizienten gegeben durch S(x0 , xi ), so gilt für die Funktion f an der Stelle x0
X
f (x0 ) ≈
S(x0 , xi )f (xi ) .
(5.13)
i
Es sei hier vermerkt, daß sowohl die Integration vermöge der Gauß-Legendre-Methode
als auch die Spline-Interpolation bei nahezu allen numerischen Berechnungen im Rahmen
93
5 Numerische Methoden
dieser Arbeit verwendet wurden. Durch Anwendung beider Verfahren erhalten wir die
diskretisierte Form vom (5.8):
p µ q ν α ψ1 =
1
p2µ
3qν2
XX
qζ2 w(qζ )
X
w(xξ )
X
S π1 (qν , qζ , xξ ), pρ
E − m − 4m l0 ζ
ρ
ξ
N
N
2
3qν pµ (ls)j, tmt t1 (E − 4m
) pρ (l0 s)j, tmt
N
l0
π1 (qν , qζ , xξ )
X 0 00
X
pτ qζ α00 ψ1
α ,α
G
(qν , qζ , xξ )
S π2 (qν , qζ , xξ ), pτ
l00 . (5.14)
π2 (qν , qζ , xξ )
τ
α00
Diese Gleichung läßt sich nun prinzipiell numerisch lösen; allerdings taucht hier ein
zusätzliches Problem auf – man kennt nämlich zunächst die Bindungsenergie E nicht. Diese
hängt vom jeweils verwendeten Nukleon-Nukleon-Potential ab und ergibt sich letztendlich
aus der numerischen Lösung der Integralgleichung. Diese Schwierigkeit läßt sich jedoch
umgehen, indem man (5.14) überführt in eine Eigenwertgleichung der Form:
λ(E) x = K(E) x .
(5.15)
In unserem Fall bedeutet dies: man multipliziert die linke Seite von (5.14) mit einem Faktor λ(E) und ermittelt dann den Eigenvektor (sprich: die Faddeev-Komponente ψ1 ), für
den λ(E) = 1 gilt. Dies ist offensichtlich genau dann der Fall, wenn E gleich der Bindungsenergie ist. Die Lösung der Eigenwertgleichung geschieht mit Hilfe des Verfahrens
der iterierten, orthonormierten Vektoren. Die Vorgehensweise wird detailliert in [Saa92]
beschrieben; dort findet man auch umfangreiche Untersuchungen hinsichtlich der numerischen Stabilität. Bei den Berechnungen im Rahmen der vorliegenden Arbeit wurden die
folgenden Bedingungen gewählt:
• Als Stützpunkte für die p-Integration wurden 34 Punkte zwischen 0 und 60 fm−1
verwendet.
• Als Stützpunkte für die q-Integration wurden 20 Punkte zwischen 0 und 8 fm−1
verwendet.
• Für die x-Integration wurden 30 Punkte benutzt.
• Bei der Partialwellenentwicklung wurden Beiträge bis zu jmax = 4 berücksichtigt und
weiterhin nur Anteile für T = 21 betrachtet2 . Dies entspricht 34 Partialwellenkanälen
(sprich: 34 verschiedene Kombinationen von Quantenzahlen).
Die Beiträge für T = 32 sind in der Regel vernachlässigbar. Sie bewirken bei der Bindungsenergie
lediglich Korrekturen in der vierten Nachkommastelle (siehe [Wit91])
2
94
Hat man auf diese Weise die gesuchte Faddeev-Komponente ermittelt, so erhält man
schließlich für die vollständige Wellenfunktion nach (5.2) unter Verwendung von (5.5) und
(5.6)
Ψb M = (1 + P ) ψ1 .
(5.16)
Bei der numerischen Berechnung der Wellenfunktion verwendet man gewöhnlich die gleichen Stützpunkte und Partialwellen wie bei der Faddeev-Komponente.
Nachdem man die Wellenfunktion für den Bindungszustand berechnet hat, ist das nächste
Etappenziel auf dem Weg zur Rückstreuamplitude die Berechnung des inhomogenen Terms3
der Integralgleichung (2.110). Dieser lautet in der Partialwellendarstellung:
dαµ (p, q) ≡ pqα t1 G0 1 + P Jµ Ψb M ,
(5.17)
wobei der Index µ gemäß den Gleichungen (2.78)-(2.81) für die jeweilige sphärische Komponente steht, d. h. es gilt µ = −1, 0, 1. Vermöge der Vollständigkeitsrelation (2.127) sowie
der Gleichungen (3.12) und (3.47) erhält man für obige Gleichung
XZ 2
1
α
t1 (E − 3q2 ) p0 (l0 s)j, tmt
dµ (p, q) =
p0 dp0
p(ls)j,
tm
t
02
2
4mN
p
3q
E−m
− 4m
+iε
l0
N
N
Z
XZ
2
00 2
00
q 00 dq 00 p0 qα0 1 + P p00 q 00 α00 p00 q 00 α00 Jµ Ψb M . (5.18)
p dp
α00
Die Quantenzahlen α0 sind, bis auf l0 6= l, identisch mit α. Die Berechnung der Matrixele mente des Stromoperators, p00 q 00 α00 Jµ Ψb M ist recht zeitraubend; wir verzichten daher
auf ihre Ableitung und verweisen hinsichtlich der Ergebnisse auf [Gol93]. Für die zweite
Zeile von (5.18) erhält man durch Anwendung des Permutationsoperators auf den rechts
stehenden Ket-Vektor den Ausdruck
Z
XZ
2
00 2
00
α0 0
q 00 dq 00 p0 qα0 1 + P p00 q 00 α00 p00 q 00 α00 Jµ Ψb M
p dp
bµ (p , q) ≡
α00
=
X
p qα Jµ Ψb M +
0
0
α00
Z
0 00
G̃α ,α (p0 , q, x) 00 Ψb M . (5.19)
dx
π̃
π̃
α
J
1
2
µ
0
0
π̃1l π̃2λ
Hierbei wurden folgende Abkürzungen verwendet:
r
9 2 3
1 2
p +
q + pqx
π̃1 ≡
4
16
4
r
1
π̃2 ≡
p2 + q 2 − pqx
4
X
X
X
α,α0
Pk (x)
G̃ (p, q, x) ≡
k
l1 +l2 =l0
(5.20)
(5.21)
p
l1 +l10
q
l2 +l20
0
α,α
g̃k,l
,l
0 0
1 2 ,l1 ,l2
.
(5.22)
l10 +l20 =λ0
3
Dieser Term wird in der Literatur gewöhnlich als Störungsfunktion bezeichnet (englisch: Driving
Term); siehe z. B. [Cou68], [Ham49] oder [Smi73]. Jedes dieser hervorragenden Lehrbücher liefert einen
Einstieg in die Theorie der Integralgleichungen.
95
5 Numerische Methoden
Für die Störungsfunktion (5.17) gilt dann
XZ 2
1
α
t1 (E − 3q2 ) p0 (l0 s)j, tmt bαµ 0 (p0 , q).
dµ (p, q) =
p0 dp0
p(ls)j,
tm
t
02
2
4m
p
3q
N
E−m
− 4m
+iε
l0
N
N
(5.23)
q
Hier weist der Integrand offensichtlich für ein beliebiges q ≤ q̃ ≡ 34 mN E eine Singularität
q
0
bei p = p̃ ≡ mN E − 43 q 2 auf, die es numerisch gesondert zu behandeln gilt. Hierzu
bedient man sich der bekannten Subtraktionsmethode; in unserem Fall gilt formal
Z p̄
Z p̄
0
p̃ + p̄ f (p0 )
f (p̃)
0
0 f (p ) − f (p̃)
dp 2
=
+
ln +iπ .
(5.24)
dp
p̃ − p02 + i ε
p̃2 − p02
2p̃
p̃ − p̄ 0
0
Diese Form ist gültig, solange p̃ innerhalb der Integrationsgrenzen liegt (ansonsten entfällt
der Term i π); dies wird durch die Wahl der Integrationspunkte sichergestellt. Zur Durchführung der p0 -Integration wurden 32 Punkte zwischen 0 und 40 fm−1 gewählt; für die
x-Integration wurden 25 Gaußpunkte verwendet. Im Hinblick auf die folgende Berechnung
der Rückstreuamplitude gilt es, die q-Punkte der Störungsfunktion q
sorgfältig auszusuchen.
4m
N (E − E ), wobei
Insbesondere benötigt man dort die Punkte q = 0, q̃ und q0 ≡
2
3
E2 = −2, 225 MeV die Bindungsenergie des Deuterons darstellt. Insgesamt wurden 37 qPunkte gewählt – 18 davon im Bereich zwischen 0 und q̃, der Rest im Bereich zwischen q̃
und q̄ = 30 fm−1 .
Nachdem die Störungsfunktion berechnet worden ist, besteht der letzte Schritt bei der
Berechnung der Rückstreuamplitude U nach Gleichung (2.110) in der iterativen Anwendung des Kernes t1 G0 P . Dies liefert eine Neumannsche Reihe, welche in Partialwellendarstellung folgende Form annimmt:
∞
X
pqα U =
pqα (t1 G0 P )n t1 G0 1 + P Jµ Ψb M .
(5.25)
n=0
Zur Lösung dieser Gleichung werden die einzelnen Glieder berechnet und mittels der
Padé-Methode (siehe zum Beispiel [Bak75], zur Anwendung auf Streuprobleme siehe auch
[Glö83]) aufsummiert. Die Reihe wird abgebrochen, wenn folgendes Kriterium erfüllt ist:
X (n)
(n−1) U i − U i
i
<ε.
(5.26)
X (n) U i i
Hierbei erstreckt sich die Summe über i alle diskreten p- und q-Punkte sowie über alle
Partialwellenkanäle. Der Parameter ε wurde gleich 10−4 gewählt. Grundsätzlich treten bei
der Berechnung der Glieder für n ≥ 1 in (5.25) einige numerische Schwierigkeiten auf,
96
die im wesentlichen durch eine logarithmische Singularität im Propagator G0 sowie durch
quantitative Eigenschaften der Zweiteilchen-T-Matrix hervorgerufen werden. Letztere weist
nämlich im Deuteronkanal eine Polstelle bei q = q0 auf und besitzt im 1 S0 -Kanal einen
weiteren Pol bei q ' q̃ im zweiten, unphysikalischen Blatt, dessen Wirkung auch im physikalischen erlaubten Bereich spürbar ist. Diese Probleme und ihre numerische Behandlung
sind im Detail in [Wit88], [Wit89], [Cor90] und [Hüb93] beschrieben worden; wir werden
daher an dieser Stelle nicht genauer darauf eingehen.
Bei der Berechnung der Rückstreumatrixelemente wurde stets der Gesamtimpuls im
Zweinukleonen-Subsystem auf jmax = 2 begrenzt. Wie bereits in vorangegangenen Arbeiten
(z. B. [Hüb93] und [Gol93]) bestätigt wurde, reicht dies in der Regel aus. Bedingt durch die
in dieser Arbeit durchweg betrachteten hohen Photon-Impulsüberträge mußten allerdings
– im Gegensatz zu den zitierten Arbeiten – deutlich höhere Werte für den DreiteilchenGesamtdrehimpuls J berücksichtigt werden; hier wurde Jmax = 31/2 verwendet. Damit
konnte für die in Kapitel 6 dargestellten sechsfach-differentiellen Wirkungsquerschnitte
und die Asymmetrieverhältnisse eine Genauigkeit von 3 bis 5 Prozent erreicht werden.
97
5 Numerische Methoden
98
6 Numerische Untersuchung des
~ (~e,e’n)
Prozesses 3He
~ e,e’n), bei dem polarisierte Elektronen an
In diesem Kapitel werden wir den Prozeß 3 He(~
polarisierten 3 He-Kernen gestreut und anschließend die Impulsbeträge und Richtungen
eines gestreutes Elektrons sowie eines Neutrons gemessen werden, detailliert untersuchen.
Bei unseren Betrachtungen berücksichtigen wir insbesondere die experimentellen Gege~ e,e’n)-Experimentes. Im Rahmen
benheiten des in Kapitel 7 beschriebenen Mainzer 3 He(~
der Analyse dieses Experimentes werden wir des öfteren auf die hier gewonnenen Erkenntnisse zurückgreifen.
Um einen möglichst tiefen Einblick zu erlangen, konzentrieren wir uns im wesentlichen
auf die im sechsfach differentiellen Wirkungsquerschnitt (1.96) auftretenden Strukturfunktionen, da diese die Dynamik des Streuprozesses festlegen. Dabei verwenden wir stets die
polarisierten“ Formen (2.175)-(2.180).
”
Besonderes Augenmerk legen wir dabei auf die Unterschiede, die sich unter Verwendung
der Endzustandsmodelle PWIA, PWIAS, FSI23 und FSI ergeben. Wir beginnen mit den
quasi-freien Prozessen, untersuchen im nächsten Schritt den Einfluß des Antisymmetrisierungs-Operators und wenden uns dann der vollständigen Endzustandswechselwirkung
zu. Im Anschluß daran beschäftigen wir uns zunächst mit den helizitätsunabhängigen und
danach ausführlich mit den helizitätsabhängigen Strukturfunktionen.
Abschließend wenden wir uns den meßbaren Größen des Streuprozesses zu, nämlich dem
sechsfach-differentiellen Wirkungsquerschnitt und insbesondere den sich hieraus ergebenden Asymmetrieverhältnissen. Letztere sind maßgeblich bei der in Kapitel 7 durchgeführten
Analyse des Experimentes.
99
~ (~e,e’n)
6 Numerische Untersuchung des Prozesses 3 He
6.1 Kinematik und Konventionen
Zur Festlegung der Flugbahnen des gestreuten Elektrons und des Neutrons sowie der Polarisationsrichtungen verwenden wir das in Anhang A definierte Koordinatensystem KD ,
dessen x-z-Ebene durch den einlaufenden Elektronenstrahl und die Mittelpunkte der Detektoren festgelegt ist. Der Koordinatenursprung liegt in der Mitte der Target-Zelle, die
z-Achse weist in die verlängerte Richtung des Elektronenstrahls, die x-Achse in die Halbebene, in welcher der Elektronendetektor steht.
Die Richtungen des gestreuten Elektrons und des Neutrons im System KD bezeichnen wir
mit k̂ 0 und p̂1 . Entsprechend der experimentellen Anordnung (vgl. Abschnitt 7.1) definieren
wir die beiden Kernpolarisationsrichtungen ŝk und ŝ⊥ durch ihre Raumwinkelkoordinaten
ϑk = 50, 6◦ und ϕk = 180◦ sowie ϑ⊥ = 39, 4◦ und ϕ⊥ = 0◦ . Je nachdem, welche dieser
Richtungen gewählt wird, sprechen wir von paralleler“ bzw. senkrechter“ Polarisation.
”
”
Die Transformation vom System KD in das System KQ , welches gemäß Kapitel 1.3 den
praktischen Berechnungen der Kernmatrixelemente zugrunde liegt, wird in Anhang A abgeleitet. Zur Erinnerung: das System KQ ist so festgelegt, daß die z-Achse in Richtung des
Photonimpulses weist und der Vektor k 0 in der x-z-Ebene liegt, wobei seine x-Komponente
positiv ist.
Für die graphische Darstellung der über den Raumwinkel des Relativimpulses p integrierten Strukturfunktionen1 tragen wir deren Beträge für jeweils festgelegte Werte k 0 , k̂ 0
und p̂1 als Funktion des Neutronimpulsbetrages p1 in halblogarithmischer Darstellung auf.
Der Impulsbetrag des Neutrons überdeckt den Bereich von p1 = 0 bis zu einer oberen
Grenze pmax
1 . Letztere folgt aus der Beziehung (1.97), wenn man dort den Relativimpuls p
der beiden nicht nachgewiesenen Protonen gleich Null setzt:
r
1
1
4
1
max
(Q · p̂1 )2 − Q2 + mN (ω + E3 ) .
(6.1)
p1 = Q · p̂1 +
3
9
3
3
In den Diagrammen wird auf die explizite Angabe der Einheiten verzichtet. Es gilt stets
hZ
i fm6
dp̂ R··· =
.
(6.2)
sr
Tabelle 6.1 gibt eine Übersicht über die in diesem Kapitel verwendeten kinematischen
Konfigurationen. Die dort angegebenen Winkel ϑe = 40◦ und ϑe = 58◦ entsprechen ungefähr dem minimalen bzw. maximalen Wert des experimentellen Wertebereichs. Darüber
hinaus wurden bei konstantem Wert für ϑe der Winkel ϕe und der Impuls k 0 innerhalb der
1
Zur
R sprachlichen Abgrenzung von den eigentlichen Strukturfunktionen werden im weiteren die Integrale dp̂ R··· als integrierte Strukturfunktionen“ bezeichnet.
”
100
6.2 Die quasi-freie Streuung
K
I
II
III
IV
V
VI
VII
VIII
IX
X
Winkel im System KD
ϑ e ϕe
ϑQ
ϑ p1
40
40
40
40
40
40
58
58
58
58
0
12
0
12
0
0
0
0
0
0
49,48
49,48
49,48
49,48
53,44
55,20
36,33
37,66
40,93
43,07
49,48
49,48
55,48
55,48
53,44
55,20
36,33
37,66
40,93
43,07
Impulse
k
Q
0
650
650
650
650
688
705
508
525
560
595
549,61
549,61
549,61
549,61
550,58
551,86
727,16
728,64
732,92
738,84
ϑ1
0
0
6
6
0
0
0
0
0
0
Winkel im System KQ
ϕ1
ϑ∗k
ϕ∗k
ϑ∗⊥
ϕ∗⊥
0 1,12 180,00 88,88 0,00
90 9,26 93,04 88,28 -7,59
180 1,12 180,00 88,88 0,00
180 9,26 93,04 88,28 -7,59
0 2,84
0,00 92,84 0,00
0 4,60
0,00 94,60 0,00
0 14,27 180,00 75,73 0,00
0 12,99 180,00 77,06 0,00
0 10,21 180,00 79,79 0,00
0 7,53 180,00 82,47 0,00
Tabelle 6.1: Kinematische Konfigurationen
Aufgelistet sind die Konfigurationen, zu denen in diesem Kapitel exemplarische Kurvenverläufe diskutiert werden. Im System K D gilt stets ϕp1 = 180◦ + ϕe . Das System KQ ist
dasjenige, in dem die z-Achse gleich der Photonrichtung ist (vgl. Anhang A). Alle Winkel
sind in Grad angegeben, die Impulse k 0 und Q in MeV/c.
experimentellen Meßbereiche variiert. Hinsichtlich der experimentellen Gegebenheiten sei
hier nochmals auf die Abschnitte 7.1 und 7.2 verwiesen.
6.2 Die quasi-freie Streuung
In diesem Abschnitt konzentrieren wir uns auf die in den Kapiteln 3 und 4 ausführlich
behandelte quasi-freie Streuung. Dies bedeutet: das nachgewiesene Neutron absorbiert das
virtuelle Photon und propagiert anschließend frei. Je nachdem, ob wir eine Paarwechselwirkung der beiden Protonen zulassen oder nicht, bezeichnen wir dies mit FSI23 bzw. PWIA.
Mit Hilfe dieser einfachen Annahmen sind wir in der Lage, einige grundsätzliche Eigenschaften der Strukturfunktionen – und damit auch der Wirkungsquerschnitte – analytisch
zu begründen, indem wir auf die Darstellung vermöge der Spektralfunktion zurückgreifen.
Darüber hinaus befassen wir uns mit der Frage, welchen Einfluß die Wellenfunktion auf den
Streuprozeß nimmt. Präziser formuliert: wir untersuchen die integrierten Strukturfunktionen, die sich unter Zugrundelegung der vollen Wellenfunktion, der S-Wellenanteile und des
dominanten S-Zustandes (PSS) ergeben.
Bei den im folgenden diskutierten Diagrammen wählen wir die kinematische Konfiguration I aus Tabelle 6.1. Das bedeutet: die Neutronrichtung entspricht exakt der des Photons.
101
~ (~e,e’n)
6 Numerische Untersuchung des Prozesses 3 He
Vermöge der Ausdrücke (4.71)-(4.76) für die Strukturfunktionen sowie der Definition der
Spektralfunktion (4.77) erhalten wir in diesem speziellen Fall:
Z
2
dp̂ R̃L = GnE (Q2 ) · S̃(p, qs )
(6.3)
Z
2
Q2
˜ qs )
GnM (Q2 ) · S(p,
(6.4)
dp̂ R̃T =
2
2mN
Z
dp̂ R̃TL = 0
(6.5)
Z
dp̂ R̃TT = 0
(6.6)
Z
Q2
T’
n
2 2
∗
˜ qs )
dp̂ R̃ =
− 2 GM (Q ) cos ϑ · S(p,
(6.7)
2mN
Z
√ n 2 n 2 Q
˜ qs ) .
2GE (Q )GM (Q )
dp̂ R̃TL’ =
sin ϑ∗ cos ϕ∗ · S(p,
(6.8)
mN
Dies sind die speziellen Formen, die sich für den dominanten S-Zustand ergeben. Unter
Verwendung der vollständigen 3 He-Wellenfunktion gelten nur die ersten vier Gleichungen,
da in diesem Fall keine einheitliche Strukturfunktion für alle sechs Strukturfunktionen
existiert (vergleiche hierzu die Bemerkung auf Seite 87).
Bevor wir uns den Strukturfunktionen im Detail zuwenden, schauen wir uns den Verlauf
der Spektralfunktionen für verschiedene Annahmen hinsichtlich der 3 He-Wellenfunktion
als Funktion der Jacobi-Impulse p und qs an (Abbildungen 6.2 - 6.4). Alle Spektralfunktionen haben ihr Maximum bei p = qs = 0 und fallen anschließend in alle Richtungen
steil ab. Dieser Abfall ist bei den Flächen, die sich für FSI23 ergeben (vgl. Abbildungen
6.5 - 6.7), wesentlich stärker zu beobachten als in der PWIA. Vergleichen wir zunächst die
Flächen für L = 0 und den PSS in Abbildung 6.2 miteinander, so sehen wir, daß diese
unterhalb des Maximums deutliche Unterschiede aufweisen, die unmittelbar den Einfluß
des gemischt-symmetrischen Anteils S’ repräsentieren2 . Insbesondere gilt dies bei hohen
p- und kleinen qs -Werten. Demgegenüber fällt der Einfluß des D-Anteils (Abbildung 6.3)
im Bereich p, qs ≤ 100 MeV/c kaum ins Gewicht; außerhalb dieses Gebietes wächst er
zu großen p- und qs -Werten hin spürbar an. Beide Effekte sind in Abbildung 6.4 deutlich
erkennbar, wo die Spektralfunktion für die gesamte Wellenfunktion und den dominanten
S-Zustand gegenübergestellt sind. Da die D-Beiträge zur Spektralfunktion im Bereich des
Maximums bei p = qs = 0 bis zu einem Abfall um mehrere Größenordnungen verschwindend gering sind, können wir daraus folgern, daß hier die Unterschiede wiederum auf den
Anteil S’ zurückzuführen sind.
2
Zur Erinnerung: nach Abschnitt 4.2 besteht die Wellenfunktion im wesentlichen aus S- und DBeiträgen, wobei sich der S-Anteil zusammensetzt aus dem PSS und dem S’-Anteil, der durch seinen
gemischt-symmetrischen Spin-Isospinzustand charakterisiert ist.
102
6.2 Die quasi-freie Streuung
Die Kurvenverläufe für die Beträge der integrierten Strukturfunktionen sind in den Abbildungen 6.8 - 6.10 dargestellt. Dabei sind für R̃T’ und R̃TL’ jeweils beide Polarisationsrichtungen berücksichtigt; die Funktionen R̃L und R̃T hängen nicht vom Polarisationswinkel
ab. Hinsichtlich der Vorzeichen sei angemerkt, daß R̃L und R̃T stets positiv sind. Für die
helizitätsabhängigen Anteile gilt für p1 = pmax
1 :
R̃kT’ < 0
(6.9)
R̃kTL’ > 0
(6.10)
T’
R̃⊥
< 0
(6.11)
TL’
R̃⊥
< 0.
(6.12)
Legt man für die Wellenfunktion den dominanten S-Zustand zugrunde, so läßt sich dies unmittelbar auf die kinematischen Faktoren in den Ausdrücken (6.7) und (6.8) zurückführen,
da einerseits die Sinus- und Cosinus-Terme nach Tabelle 6.1 alle positiv sind und andererseits GnE > 0 sowie GnM < 0 gilt. In diesem Fall gelten die Vorzeichen für den gesamten
T’
TL’
p1 -Bereich; unter Verwendung der gesamten Wellenfunktion weisen R̃⊥
und R̃⊥
jeweils
Nulldurchgänge auf.
Beim Betrachten der Diagramme fällt zunächst auf, daß alle Kurven bei p1 = pmax
ihr
1
Maximum aufweisen, welches gewöhnlich als quasi-freier Peak“ bezeichnet wird. Dieses
”
Verhalten läßt sich leicht erklären, wenn man sich einerseits den Verlauf der Impulse p
nach Gleichung (1.97) und qs = |p1 − Q| als Funktion des Impulses p1 und andererseits
die Spektralfunktion als Funktion dieser Impulse anschaut. Bei Annäherung an den Wert
fällt p sehr steil gegen Null ab, während qs sich relativ wenig ändert. Der Anstieg der
pmax
1
Wirkungsquerschnitte beschreibt also im wesentlichen das Anwachsen der Spektralfunktion
im Bereich kleiner p-Werte3 . Vergleicht man in den einzelnen Diagrammen die Kurven
für PWIA und FSI23 miteinander, so beobachtet man, daß diese teilweise um mehrere
Größenordnungen voneinander abweichen. Insbesondere im Bereich des quasi-freien Peaks
fallen die FSI23-Kurven deutlich steiler ab. Dies ist bereits ein erstes Indiz dafür, daß
die PWIA zur Beschreibung experimenteller Daten wenig geeignet ist, wenn man davon
ausgeht, daß eine einzige Paarwechselwirkung im Endzustand realistischer ist als gar keine.
–
Deutliche Unterschiede lassen sich auch – abgesehen von dem Bereich p1 → pmax
1
zwischen den Kurven für die vollständige Wellenfunktion und den PSS erkennen. Für
die helizitätsunabhängigen Strukturfunktionen R̃L und R̃T läßt sich dies unmittelbar mit
den unterschiedlichen Spektralfunktionen erklären, wenn man die Ausdrücke (6.3) bzw.
(6.4) zugrunde legt. Bei den helizitätsabhängigen Strukturfunktionen R̃T’ und R̃TL’ zeigt
3
Streng genommen gilt dies für die helizitätsabhängigen Strukturfunktionen R̃T’ und R̃TL’ nur, wenn
man den PSS zugrunde legt, da sonst keine einheitliche Spektralfunktion existiert. Dies ändert aber nichts
an der qualitativen Aussage.
103
~ (~e,e’n)
6 Numerische Untersuchung des Prozesses 3 He
500
p(p1 )
qs (p1 )
p, qs / MeV
c
400
300
200
100
0
0
100
200
300
400
500
600
p1 / MeV
c
Abbildung 6.1: Relativimpulse als Funktion des Neutronenimpulses
Das Diagramm zeigt die in den Spektralfunktionen auftauchenden Relativimpulse p und q s
als Funktion des Neutronimpulses p 1 .
sich im wesentlichen das gleiche Verhalten. Im Gegensatz zu den PWIA-Kurven treten im
Rahmen des FSI23-Modells die durch die Wellenfunktion bedingten Unterschiede unterhalb
des Peaks erkennbar stärker zutage. Dies ist offensichtlich auf die Integration über den
Relativimpuls p0 in Gleichung (3.21) zurückzuführen, da die dort aufgeführte Funktion im
wesentlichen die Spektralfunktion (3.38) bestimmt.
Vergleichen wir die einzelnen Strukturfunktionen – bei jeweils gleichen p1 -Werten und
unter Betrachtung des gleichen Endzustandsmodelles sowie der gleichen Kernwellenfunktion untereinander – so gelten, abgesehen von den Nulldurchgängen einzelner Funktionen,
stets folgende Ungleichungen:
Z
Z
T’ dp̂ R̃⊥ dp̂ R̃kT’ (6.13)
und
Z
Z
TL’ TL’ dp̂ R̃k dp̂ R̃⊥
.
(6.14)
Andererseits stellen wir fest, daß sowohl im Bereich des quasi-freien Peaks als auch bei
p1 = 0 stets
Z
Z
Z
Z
TL’ L
(6.15)
dp̂ R̃ < dp̂ R̃⊥ dp̂ R̃kT’ < dp̂ R̃T .
104
6.2 Die quasi-freie Streuung
gilt. Die beiden ersten Relationen (6.13) und (6.14) können wir unter Annahme der Ausdrücke (6.7) und (6.8) unmittelbar auf die Abhängigkeit vom Polarisationswinkel ϑ∗ zurückführen. Die Ungleichung (6.15) hingegen läßt sich mit dem Auftreten der elektromagnetischen Formfaktoren des Neutrons begründen, da die übrigen kinematischen Faktoren
ungefähr von derselben Größenordnung sind. Bei allen in diesem Kapitel behandelten Impulsüberträgen ist nämlich stets GnE (Q2 ) klein gegen |GnM (Q2 )|, wie sich anhand der in
Anhang C gezeigten Kurven leicht verifizieren läßt.
Die in Abschnitt 4.3 getroffene Aussage, daß unter Zugrundelegung der vollen Wellenfunktion keine einheitliche Spektralfunktion für alle sechs Strukturfunktionen mehr existiert, findet ihre Bestätigung in den unterschiedlichen Nulldurchgängen von R̃T’ und R̃TL’ .
Dies gilt sowohl in der PWIA als auch in der FSI23-Näherung. Besonders deutlich wird
dies, wenn man das in Gleichung (4.81) definierte Asymmetrieverhältnis V betrachtet. Sein
Verlauf ist in Abbildung 6.11 dargestellt. Hier ist gut zu erkennen, daß das Verhältnis für
den PSS über den gesamten p1 -Bereich konstant ist, wie man es nach (4.82) erwartet. Für
die volle Wellenfunktion ergeben sich im Bereich p1 → pmax
nur geringfügige Abweichun1
gen von diesem Wert, die bei kleiner werdendem Impuls p1 immer mehr anwachsen. Dies
kann man wie folgt deuten: in der Nähe des quasi-freien Peaks lassen sich R̃T’ und R̃TL’
näherungsweise durch eine einheitliche Spektralfunktion darstellen.
Zur quantitativen Untermauerung der letzten Aussage können wir noch einen Schritt
weiter gehen und analog zu den Ausdrücken (6.7) und (6.8) im Fall der vollständigen
Wellenfunktion die Pseudo-Spektralfunktionen“
”
Z
1
T’
e
· dp̂ R̃T’
(6.16)
S (p, qs ) ≡
2
Q2
− 2m2 GnM (Q2 ) cos ϑ∗
N
Z
1
TL’
e
· dp̂ R̃TL’
(6.17)
S (p, qs ) ≡ √ n
2GE (Q2 )GnM (Q2 ) mQ sin ϑ∗ cos ϕ∗
N
definieren. Die zugehörigen Kurven sind in Abbildung 6.12 dargestellt; zum Vergleich ist
dort auch die Spektralfunktion der helizitätsunabhängigen Wirkungsquerschnitts-Anteile
aufgetragen. Alle drei Funktionen liegen im Bereich des Peaks sehr eng zusammen und
laufen erst nach einem Abfall um mehrere Größenordnungen signifikant auseinander. In
Zahlen ausgedrückt: innerhalb des Bereiches, in dem die Funktionen um 2 Größenordnungen abfallen, betragen die Unterschiede deutlich weniger als 1 %. Demnach können wir im
Rahmen der PWIA und des FSI23-Modells die Strukturfunktionen für die volle Wellenfunktion im Bereich des quasi-freien Peaks in guter Näherung vermöge einer einheitlichen
Spektralfunktion beschreiben. Mit anderen Worten: die Relationen (6.3) - (6.8) können zur
quantitativen Analyse der Strukturfunktionen herangezogen werden.
105
~ (~e,e’n)
6 Numerische Untersuchung des Prozesses 3 He
L=0
PSS
1000
100
10
1
0.1
0.01
0.001
0
50
100
150
p/ MeV
c
200
250 0
50
100
150
200
250
qs / MeV
c
0.2
0
-0.2
-0.4
-0.6
-0.8
-1
-1.2
-1.4
0
50
100
p/ MeV
c
150
200
250 0
50
100
150
200
250
qs / MeV
c
Abbildung 6.2: Verlauf der Spektralfunktion in PWIA (I)
Das obere Bild zeigt die Spektralfunktion als Funktion der Jacobi-Impulse p und q s sowohl für
den S-Anteil (L = 0) als auch für den dominanten S-Zustand (PSS) in logarithmischer Darstellung. Im unteren Bild sind die relativen Abweichungen, bezogen auf den jeweiligen Wert
für den S-Anteil, aufgetragen. Diese lassen sich unmittelbar auf den gemischt-symmetrischen
Anteil S’ zurückführen.
106
6.2 Die quasi-freie Streuung
L=0
ges. WF
1000
100
10
1
0.1
0.01
0.001
0
50
100
150
p/ MeV
c
200
250 0
50
100
150
200
250
qs / MeV
c
0.4
0.35
0.3
0.25
0.2
0.15
0.1
0.05
0
0
50
100
p/ MeV
c
150
200
250 0
50
100
150
200
250
qs / MeV
c
Abbildung 6.3: Verlauf der Spektralfunktion in PWIA (II)
Die Flächen entsprechen denen aus Abbildung 6.2; allerdings sind hier die Ergebnisse f ür die
vollständige Wellenfunktion und den S-Anteil abgebildet. Die relativen Abweichungen sind
bezogen auf den jeweiligen Wert für die Gesamtwellenfunktion dargestellt; sie beschreiben
den Einfluß der D-Beiträge zur Gesamt-Wellenfunktion. Merkliche Unterschiede treten erst
nach einem Abfall um mehrere Größenordnungen auf.
107
~ (~e,e’n)
6 Numerische Untersuchung des Prozesses 3 He
ges. WF
PSS
1000
100
10
1
0.1
0.01
0.001
0
50
100
150
p/ MeV
c
200
250 0
50
100
150
200
250
qs / MeV
c
0.6
0.4
0.2
0
-0.2
-0.4
-0.6
-0.8
-1
-1.2
-1.4
0
50
100
p/ MeV
c
150
200
250 0
50
100
150
200
250
qs / MeV
c
Abbildung 6.4: Verlauf der Spektralfunktion in PWIA (III)
Die Flächen entsprechen denen aus Abbildung 6.2; allerdings sind hier die Ergebnisse f ür die
vollständige Wellenfunktion und den dominanten S-Zustand (PSS) abgebildet. Die relativen
Abweichungen sind bezogen auf den jeweiligen Wert für die Gesamtwellenfunktion dargestellt.
108
6.2 Die quasi-freie Streuung
L=0
PSS
100000
10000
1000
100
10
1
0.1
0.01
0.001
0.0001
0
50
100
150
p/ MeV
c
200
250 0
50
100
150
200
250
qs / MeV
c
2
0
-2
-4
-6
-8
-10
-12
-14
-16
-18
0
50
100
p/ MeV
c
150
200
250 0
50
100
150
200
250
qs / MeV
c
Abbildung 6.5: Verlauf der Spektralfunktion in der FSI23-Näherung (I)
Das obere Bild zeigt die Spektralfunktion als Funktion der Jacobi-Impulse p und q s sowohl für
den S-Anteil (L = 0) als auch für den dominanten S-Zustand (PSS) in logarithmischer Darstellung. Im unteren Bild sind die relativen Abweichungen, bezogen auf den jeweiligen Wert
für den S-Anteil, aufgetragen. Diese lassen sich unmittelbar auf den gemischt-symmetrischen
Anteil S’ zurückführen.
109
~ (~e,e’n)
6 Numerische Untersuchung des Prozesses 3 He
L=0
ges. WF
100000
10000
1000
100
10
1
0.1
0.01
0.001
0.0001
0
50
100
150
p/ MeV
c
200
250 0
50
100
150
200
250
qs / MeV
c
0.9
0.8
0.7
0.6
0.5
0.4
0.3
0.2
0.1
0
0
50
100
p/ MeV
c
150
200
250 0
50
100
150
200
250
qs / MeV
c
Abbildung 6.6: Verlauf der Spektralfunktion in der FSI23-Näherung (II)
Die Flächen entsprechen denen aus Abbildung 6.5; allerdings sind hier die Ergebnisse f ür die
vollständige Wellenfunktion und den S-Anteil abgebildet. Die relativen Abweichungen sind
bezogen auf den jeweiligen Wert für die Gesamtwellenfunktion dargestellt; sie beschreiben
den Einfluß der D-Beiträge zur Gesamt-Wellenfunktion. Merkliche Unterschiede treten erst
nach einem Abfall um mehrere Größenordnungen auf.
110
6.2 Die quasi-freie Streuung
ges. WF
PSS
100000
10000
1000
100
10
1
0.1
0.01
0.001
0.0001
0
50
100
150
p/ MeV
c
200
250 0
50
100
150
200
250
qs / MeV
c
2
0
-2
-4
-6
-8
-10
-12
-14
-16
-18
0
50
100
p/ MeV
c
150
200
250 0
50
100
150
200
250
qs / MeV
c
Abbildung 6.7: Verlauf der Spektralfunktion in der FSI23-Näherung (III)
Die Flächen entsprechen denen aus Abbildung 6.5; allerdings sind hier die Ergebnisse f ür die
vollständige Wellenfunktion und den dominanten S-Zustand (PSS) abgebildet. Die relativen
Abweichungen sind bezogen auf den jeweiligen Wert für die Gesamtwellenfunktion dargestellt.
111
~ (~e,e’n)
6 Numerische Untersuchung des Prozesses 3 He
10−02
10
PWIA
PWIA (L=0)
PWIA (PSS)
FSI23 (PSS)
FSI23
−04
dp̂ R̃L
10−08
Z
10−06
10−10
10−12
10−14
0
100
200
300
400
500
600
400
500
600
p1 / MeV
c
10−02
PWIA
PWIA (L=0)
PWIA (PSS)
FSI23 (PSS)
FSI23
10−04
dp̂ R̃
10−08
Z
T
10−06
10−10
10−12
10−14
0
100
200
300
p1 / MeV
c
Abbildung 6.8: Strukturfunktionen für die QFS (I)
Dargestellt sind die helizitätsunabhängigen, integrierten Strukturfunktionen im Rahmen der
PWIA und des FSI23-Modells, jeweils für die volle Wellenfunktion und den PSS. Außerdem
sind die Resultate, die sich unter Verwendung des S-Anteils der Wellenfunktion in der PWIA
ergeben, eingezeichnet. Die kinematischen Parameter entsprechen der Konfiguration I aus
Tabelle 6.1.
112
6.2 Die quasi-freie Streuung
10−02
PWIA
PWIA (L=0)
PWIA (PSS)
FSI23 (PSS)
FSI23
10−04
dp̂ R̃kT’ 10−06
Z
10−08
10−10
10−12
10−14
0
100
200
300
400
500
600
400
500
600
p1 / MeV
c
10−02
PWIA
PWIA (L=0)
PWIA (PSS)
FSI23 (PSS)
FSI23
10−04
T’ dp̂ R̃⊥
10−06
Z
10−08
10−10
10−12
10−14
0
100
200
300
p1 / MeV
c
Abbildung 6.9: Strukturfunktionen für die QFS (II)
Dargestellt sind die zu Abbildung 6.8 analogen Kurven für die Strukturfunktion R̃T’ . Das obere
Diagramm zeigt die Ergebnisse für parallele, das untere für senkrechte Polarisationsrichtung.
Die Knicke“ in den Kurven für FSI23 deuten Nulldurchgänge in den betreffenden Bereichen
”
an.
113
~ (~e,e’n)
6 Numerische Untersuchung des Prozesses 3 He
10−02
PWIA
PWIA (L=0)
PWIA (PSS)
FSI23 (PSS)
FSI23
10−04
dp̂ R̃kTL’ 10−06
Z
10−08
10−10
10−12
10−14
0
100
200
300
400
500
600
400
500
600
p1 / MeV
c
10−02
PWIA
PWIA (L=0)
PWIA (PSS)
FSI23 (PSS)
FSI23
10−04
TL’ dp̂ R̃⊥
10−06
Z
10−08
10−10
10−12
10−14
0
100
200
300
p1 / MeV
c
Abbildung 6.10: Strukturfunktionen für die QFS (III)
Dargestellt sind die zu Abbildung 6.8 analogen Kurven für R̃TL’ . Das obere Diagramm zeigt
die Ergebnisse für parallele, das untere für senkrechte Polarisationsrichtung. Die Resultate
unter Verwendung der vollständigen Wellenfunktion weisen jeweils einen Nulldurchgang auf.
114
6.2 Die quasi-freie Streuung
60
PWIA
PSS
FSI23
40
20
V /%
0
-20
-40
0
100
200
300
400
500
600
p1 / MeV
c
-21
PWIA
PSS
FSI23
-21.2
-21.4
V /%
-21.6
-21.8
-22
-22.2
-22.4
460
480
500
520
540
560
580
600
p1 / MeV
c
Abbildung 6.11: Asymmetrieverhältnis für die QFS
Dargestellt ist das aus den Kurven der Abbildungen 6.9 und 6.10 gebildete Asymmetrieverhältnis in Prozent; das untere Bild zeigt einen Ausschnitt des oberen. Bei Zugrundelegung
des PSS ist das Asymmetrieverhältnis eine Konstante, die für PWIA und FSI23 den gleichen
Wert annimmt.
115
~ (~e,e’n)
6 Numerische Untersuchung des Prozesses 3 He
10−02
˜ qs )
S(p,
SeT’ (p, qs )
10−04
SeTL’ (p, qs )
10−06
10−08
10−10
10−12
0
100
200
300
400
500
600
400
500
600
p1 / MeV
c
10−02
˜ qs )
S(p,
SeT’ (p, qs )
10−04
SeTL’ (p, qs )
10−06
10−08
10−10
10−12
0
100
200
300
p1 / MeV
c
Abbildung 6.12: Pseudo-Spektralfunktionen für die QFS
Dargestellt sind die Kurven für PWIA (oberes Diagramm) und FSI23 (unteres Diagramm).
Alle Funktionen tragen die Einheit fm 6 /sr.
116
6.3 Einfluß des Antisymmetrisierungs-Operators
6.3 Einfluß des Antisymmetrisierungs-Operators
Geht man von dem bisher betrachteten – stark vereinfachten – Bild der quasi-freien Streuung aus, so stellt die Antisymmetrisierung der auslaufenden Nukleonen einen nächsten
Schritt im Hinblick auf eine realistische Beschreibung des Streuprozesses dar. Die hierdurch bedingten Änderungen des Wirkungsquerschnittes wollen wir in diesem Abschnitt
untersuchen. Bei der Diskussion verzichten wir auf die Untersuchung des Einflusses der Wellenfunktion, da insbesondere der dominante S-Zustand nur dann von Interesse ist, wenn
man erwartet, daß sich der polarisierte 3 He-Kern wie ein polarisiertes Neutron verhält und
demnach das Photon ausschließlich vom Neutron absorbiert wird. Im Fall der Antisymmetrisierung wird das Photon auch von den beiden Protonen absorbiert, und die Verwendung
der vollen Wellenfunktion ist dann angemessen.
Zusätzlich zur PWIAS, welche den korrekten (d. h. total antisymmetrischen) Zustand
dreier frei propagierender Nukleonen darstellt, berücksichtigen wir auch den Fall eines symmetrisierten Endzustandes dreier Teilchen, von denen zwei miteinander in Wechselwirkung
stehen. Letzteres bezeichnen wir mit FSI23S; die zugehörigen Kernmatrixelemente ergeben
sich aus der Definition der FSI23-Ausdrücke (2.117) durch Einfügen des Operators (1 + P ):
Ñ FSI23S ≡
=
(−)
r
Ψ23 (1 + P )J Ψb M ϑ∗ ,ϕ∗
1 φ1 (1 + P )J Ψb M ϑ∗ ,ϕ∗ +
3
r
1 φ1 (1 + P ) t1 G0 J Ψb M ϑ∗ ,ϕ∗ .
3
(6.18)
Per definitionem findet die Wechselwirkung, hier dargestellt durch die T-Matrix, stets zwischen den Teilchen 2 und 3 statt. Der Permutationsoperator sorgt dafür, daß alle Nukleonen
paarweise miteinander wechselwirken. Den ersten Summanden in (6.18) identifizieren wir
als das PWIAS-Matrixelement aus (2.105):
r
1 PWIAS
Ñ
≡
φ1 1 + P J Ψb M ϑ∗ ,ϕ∗ .
(6.19)
3
Analog zu (2.117) definieren wir weiterhin
r
1 R23S
φ1 (1 + P ) t1 G0 J Ψb M ϑ∗ ,ϕ∗ .
Ñ
≡
3
(6.20)
Man beachte, daß in den Gleichungen (6.18) bis (6.20) jeweils die polarisierten Kernmatrixelemente gemäß (2.172) auftauchen. Damit wird die feste Polarisationsrichtung der
Targetkerne zum Ausdruck gebracht.
117
~ (~e,e’n)
6 Numerische Untersuchung des Prozesses 3 He
Die Strukturfunktionen, die sich unter Verwendung der Modelle PWIAS und FSI23S
ergeben, sind in den Abbildungen 6.14 - 6.19 wiederum als Funktion des Neutronimpulsbetrages aufgetragen; dabei verwenden wir – wie im vorangegangenen Abschnitt – die
kinematische Konfiguration I aus Tabelle 6.1. Um den Einfluß des Antisymmetrisierungsoperators unmittelbar erkennbar zu machen, sind auch jeweils die nicht symmetrisierten
Strukturfunktionen (PWIA und FSI23) mit dargestellt.
Vergleicht man zunächst die Kurvenverläufe für PWIA und PWIAS miteinander, so erkennt man, daß diese sich im Bereich des Peaks nur geringfügig voneinander unterscheiden.
Dabei fallen die Unterschiede bei den Strukturfunktionen R̃L und R̃TL’ jeweils größer aus
als bei R̃T und R̃T’ . Ein Beispiel: im Maximum beträgt der Unterschied für R̃L zwischen
PWIA und PWIAS 3,0 % und für R̃T lediglich 0,5 %. Je nachdem, welche Strukturfunktion man gerade betrachtet, laufen die Kurven im Bereich zwischen p1 = 390 MeV/c bis
p1 = 450 MeV/c deutlich auseinander. Im Anschluß daran weisen die PWIAS-Kurven jeweils ein Minimum auf, um zu kleiner werdenden Impulsen p1 wieder anzuwachsen; bei
p1 = 0 besitzen die beiden helizitätsunabhängigen Strukturfunktionen R̃L und R̃T jeweils
R
ein lokales Maximum, wobei der Wert von dp̂ R̃L nur um ca. eine Größenordnung unter
dem Maximalwert bei p1 = pmax
liegt. Im Bereich zwischen p1 = 0 bis zu den Minima
1
der PWIAS-Kurven kommt es zu Abweichungen von mehreren Größenordnungen zwischen
PWIA und PWIAS.
Ein ähnliches Bild ergibt sich, wenn man die einzelnen Anteile, die sich im Rahmen
der Modelle FSI23 und FSI23S ergeben, miteinander vergleicht. Allerdings erfolgt hier das
Auseinanderlaufen der Kurven unterhalb des quasi-freien Peaks wesentlich früher, wobei
die Unterschiede bei den Strukturfunktionen R̃L und R̃TL’ wiederum besonders deutlich
ausfallen. Die symmetrisierten Strukturfunktionen steigen betragsmäßig zu p1 = 0 hin an
und nehmen dort ein lokales Maximum an. Wir beobachten auch hier deutliche Unterschiede von mehreren Größenordnungen zwischen den symmetrisierten (FSI23S) und den nicht
symmetrisierten (FSI23) Kurven.
Faßt man das bisher Gesagte zusammen, so besteht ein wesentlicher Effekt der Antisymmetrisierung in einem massiven Anwachsen der Strukturfunktionen zu kleinen Neutronimpulsbeträgen. Aber auch im Bereich des quasi-freien Peaks lassen sich bereits Antisymmetrisierungseffekte ausmachen. Darüber hinaus beobachten wir – wie bereits im
vorangegangenen Abschnitt –, daß auch bei den symmetrisierten Strukturfunktionen die
Berücksichtigung der Paarwechselwirkung im Endzustand einen erheblich steileren Abfall
im Bereich des quasi-freien Peaks bewirkt. Dies gilt jedoch nicht für R̃L .
Der Vergleich der einzelnen antisymmetrisierten Anteile untereinander (vergleiche Abbildungen 6.20 und 6.21) liefert uns zunächst die Erkenntnis, daß die Ungleichung (6.15)
118
6.3 Einfluß des Antisymmetrisierungs-Operators
im Bereich kleiner Impulsbeträge p1 nicht länger erfüllt ist. Insbesondere sind die Strukturfunktionen, die das Matrixelement Ñ0 enthalten (R̃L und R̃TL’ ), nicht mehr klein gegen die
rein transversalen. Hingegen sind die Ungleichungen (6.13) und (6.14) im gesamten kinematischen Bereich weiterhin erfüllt. Weiterhin stellen wir fest, daß die Strukturfunktionen
R̃T und R̃kT’ sich im quasi-freien Peak, bis zu einem Abfall um ca. 3 Größenordnungen, in
der graphischen Darstellung nicht voneinander unterscheiden lassen. Dies gilt sowohl für
PWIAS als auch für FSI23S. Im Rahmen der PWIAS läßt sich dies darauf zurückführen,
daß einerseits der Einfluß des Antisymmetrisierungs-Operators klein ist und andererseits
beide PWIA-Strukturfunktionen in guter Näherung die gleiche Spektralfunktion besitzen
(vgl. hierzu die Diskussion am Ende von Abschnitt 6.2). Dann gelten die Beziehungen (6.4)
und (6.7), die sich nur in dem Faktor cos ϑ∗ voneinander unterscheiden, der jedoch hier
ungefähr eins ist. Dies gilt natürlich nur solange, wie die parallele Polarisationsrichtung
nicht wesentlich von der Richtung des Photons abweicht.
Zur physikalischen Interpretation der bisher aufgeführten Sachverhalte betrachten wir
die Ausdrücke (6.19) und (6.18), wobei wir jedoch den hermiteschen Operator (1 + P )
entgegen der üblichen Vorgehensweise (siehe Kapitel 2) statt auf den links stehenden 3NZustand genau so gut nach rechts anwenden können. Dann folgt
r
1 PWIAS
(6.21)
Ñ
=
φ1 J1 + J2 + J3 Ψb M ϑ∗ ,ϕ∗
3
r
1 Ñ R23S =
φ1 t1 G0 J1 + t2 G0 J2 + t3 G0 J3 Ψb M ϑ∗ ,ϕ∗ .
(6.22)
3
Hierin beschreibt der Operator Ji das Angreifen des Photons am Teilchen i; nach der bisher
verwendeten Konvention bezeichnen wir das auslaufende Neutron wieder als Teilchen 1. In
vielen Fällen ist es hilfreich, die Kernmatrixelemente in dieser Form graphisch darzustellen.
Als Art der Darstellung verwenden wir die in Abbildung 6.13 beschriebene, die offenbar
die Gleichungen (6.21) und (6.22) wiederspiegelt. Es sei betont, daß es sich hierbei nicht
um Feynman-Graphen handelt.
Beschränken wir uns zunächst auf den Fall der PWIAS, dann können wir aus der graphischen Darstellung unmittelbar folgende Proportionalitäten für die einzelnen Summanden
aus (6.21) ablesen
φ1 J1 Ψb M ϑ∗ ,ϕ∗ ∝ p, p1 −Q Ψb M ϑ∗ ,ϕ∗
(6.23)
(6.24)
φ1 J2 Ψb M ϑ∗ ,ϕ∗ ∝ p− 12 Q, p1 Ψb M ϑ∗ ,ϕ∗
(6.25)
φ1 J3 Ψb M ϑ∗ ,ϕ∗ ∝ p+ 12 Q, p1 Ψb M ϑ∗ ,ϕ∗ .
Dabei beschreibt φ1 nach (2.86) den Zustand dreier freier Nukleonen, der allein antisymmetrisch unter Vertauschung der Teilchen 2 und 3 ist. Der jeweils zweite Jacobi-Impuls auf
119
~ (~e,e’n)
6 Numerische Untersuchung des Prozesses 3 He
n
N PWIAS =
p
n
p
N
=
+
p
+
p
n
R23S
n
p
p
n
n
p
p
+
+
p
p
p
p
Abbildung 6.13: Graphische Darstellung der Kernmatrixelemente
Die Halbkreise stellen jeweils den anfänglichen Bindungszustand dar, die waagerechten Linien die auslaufenden Nukleonen. Die geschlängelten Linien beschreiben das Angreifen des
Photons am jeweiligen Nukleon, die gestrichelten die Wechselwirkung der beiden übrigen Nukleonen untereinander. In allen Figuren trage das Neutron den Impuls p 1 und die magnetische
Spinquantenzahl m1 . Die Protonen tragen die Impulse p2 und p3 sowie die Quantenzahlen
m2 und m3 .
der rechten Seite, d. h. p1 −Q bzw. p1 , stellt den anfänglichen Impuls des Neutrons im Kern
dar. Die Proportionalitäten lassen sich natürlich auch analytisch herleiten. Ausgehend von
(2.58) und (2.61) erhält man für die einzelnen Komponenten des Stromoperators
Ñ0PWIAS =
√ 6 τ 1 τ 2 τ 3 m1 m2 m3 h
GnE (Q2 ) p, p1 −Q + GpE (Q2 ) p− 12 Q, p1 i
p
2
1
+ GE (Q ) p+ 2 Q, p1 Ψb M ϑ∗ ,ϕ∗
√
3Q PWIAS
τ 1 τ 2 τ 3 − m 1 m2 m3 ѱ1
= −
mN
h
GnM (Q2 ) δm1 ,± 1 p, p1 +Q + GpM (Q2 ) δm2 ,± 1 p− 12 Q, p1 2
2
i
p
2
1
+ GM (Q ) δm3 ,± 1 p+ 2 Q, p1 Ψb M ϑ∗ ,ϕ∗ .
2
(6.26)
(6.27)
Bei den sphärischen Komponenten wurde hier nur der Spinstromanteil berücksichtigt, da
die entsprechenden Konvektionsstromanteile in paralleler Kinematik keinen Beitrag zu den
120
6.3 Einfluß des Antisymmetrisierungs-Operators
Kernmatrixelementen liefern4 .
Gehen wir von der Tatsache aus, daß die Wellenfunktion pq Ψb M ϑ∗ ,ϕ∗ für p = q = 0
ihr Maximum erreicht und anschließend schnell abfällt, so liegt es auf der Hand, daß die
ersten Terme in (6.26) und (6.27) in der Nähe des quasi-freien Peaks dominieren. Dementsprechend sind die Unterschiede zwischen den PWIA- und den PWIAS-Matrixelementen
recht gering und für die Strukturfunktionen ergeben sich annähernd die gleichen Werte.
Weiter oben hatten wir jedoch festgestellt, daß die Übereinstimmung für die Anteile R̃T
und R̃T’ jeweils besser ist als für R̃L und R̃TL’ . Da die beiden letztgenannten proportional zu
Ñ02 bzw. Ñ0 sind, läßt sich dies auf den durch GpE charakterisierten protonischen Anteil in
(6.26) zurückführen. Denn einerseits dominiert zwar die Amplitude p, p1 −Q Ψb M ϑ∗ ,ϕ∗
gegenüber den beiden anderen, andererseits gilt aber auch GnE GpE . Mithin tragen auch
der zweite und dritte Term zu Ñ0 bei, und es kommt zu der beschriebenen Abweichung
in der Nähe des Peaks. Geht man über zu kleineren Impulsbeträgen, so dominieren mehr
und mehr die protonischen Beiträge in den Kernmatrixelementen, weil die entsprechenden
Wahrscheinlichkeitsamplituden an Bedeutung gewinnen. Damit ergeben sich die beobachteten, massiven Unterschiede zwischen den PWIA- und PWIAS-Kurven. Gleichzeitig sind
in diesem Bereich Ñ0 und ѱ1 von der gleichen Größenordnung, so daß die Ungleichung
(6.15) nicht weiter erfüllt ist.
Will man die bisherige Argumentation auf die FSI23S-Ergebnisse übertragen, ergeben
sich einige Schwierigkeiten. Erstens existieren keine zu (6.26) bzw. (6.27) analoge Ausdrücke mehr, die sich unmittelbar auf die anfängliche Impulsverteilung im Kern zurückführen lassen; zweitens bestehen die Strukturfunktionen im Rahmen des FSI23S-Modells
aus nunmehr 21 Termen. Zwar können wir hinsichtlich des ersten Punktes davon ausgehen,
daß in der Nähe des quasi-freien Peaks auch in den Rückstreumatrixelementen jeweils der
erste Term (siehe Abbildung 6.13) dominiert, da die beiden übrigen den Fall beschreiben,
in dem das wechselwirkende Neutron-Proton-Paar eine hohe Energie innerhalb des 3 HeKernes besitzt. Gleichzeitig liefern die Terme, welche die Kopplung des Photons an ein Proton beschreiben, im Bereich kleiner Neutronimpulse den maßgeblichen Beitrag. Allerdings
wissen wir nicht, wie sich die PWIAS-Matrixelemente zu den Rückstreuanteilen verhalten.
Dies hat natürlich zur Folge, daß man über die einzelnen Terme der Strukturfunktion erst
recht keine quantitativen Aussagen mehr treffen kann.
Um also die spürbaren protonischen Beiträge der FSI23S-Strukturfunktionen, die bereits
im Bereich des quasi-freien Peaks deutlich zu Tage treten, im Detail verstehen zu können,
ist man auf zusätzliche, umfangreiche numerische Studien angewiesen. Da dies sicherlich
den Rahmen dieser Arbeit sprengen würde, begnügen wir uns an dieser Stelle mit der
4
Dies ist der numerische Befund; auf einen analytischen Beweis wurde hier verzichtet.
121
~ (~e,e’n)
6 Numerische Untersuchung des Prozesses 3 He
Aussage, daß das Auftreten der Wechselwirkungsterme in den Kernmatrixelementen zu
einem wachsenden protonischen Anteil der Strukturfunktionen führt. Dies ist unmittelbar
ersichtlich, wenn man die Resultate für PWIA und PWIAS einerseits und FSI23 und
FSI23S andererseits vergleicht. Insbesondere gilt dies wiederum für die Strukturfunktionen,
welche Ñ0 enthalten, d. h. wir beobachten auch hier einen sehr starken protonischen Beitrag
bei der elektrischen Kopplung des Photons.
122
6.3 Einfluß des Antisymmetrisierungs-Operators
10−02
PWIA
10
−04
PWIAS
FSI23S
FSI23
10−08
Z
dp̂ R̃L
10−06
10−10
10−12
10−14
0
100
200
300
400
500
600
p1 / MeV
c
10−02
PWIA
PWIAS
10−04
FSI23S
10−06
Z
dp̂ R̃
L
FSI23
10−08
10−10
510
520
530
540
550
560
570
580
590
600
p1 / MeV
c
Abbildung 6.14: Einfluß des Antisymmetrisierungs-Operators (I)
Beide Diagramme zeigen den Verlauf der integrierten Strukturfunktion R̃L in logarithmischer
Darstellung. Neben den Kurven für PWIA und FSI23 sind auch diejenigen, welche sich bei
Antisymmetrisierung des Endzustandes ergeben, eingezeichnet. Der Ausschnitt des unteren
Teils überdeckt das bei den Rechnungen zu Kapitel 7 verwendete Integrationsgebiet in p 1 .
123
~ (~e,e’n)
6 Numerische Untersuchung des Prozesses 3 He
10−02
PWIA
10
−04
10
−06
PWIAS
FSI23
10−08
Z
dp̂ R̃T
FSI23S
10−10
10−12
10−14
0
100
200
300
400
500
600
p1 / MeV
c
10−02
PWIA
PWIAS
10−04
FSI23S
10−06
Z
dp̂ R̃
T
FSI23
10−08
10−10
510
520
530
540
550
560
570
580
590
600
p1 / MeV
c
Abbildung 6.15: Einfluß des Antisymmetrisierungs-Operators (II)
Wie in Abbildung 6.14; jedoch für die transversale Strukturfunktion R̃T .
124
6.3 Einfluß des Antisymmetrisierungs-Operators
10−02
PWIA
10
−04
10
−06
PWIAS
FSI23S
dp̂ R̃kT’ FSI23
Z
10−08
10−10
10−12
10−14
0
100
200
300
400
500
600
p1 / MeV
c
10−02
PWIA
PWIAS
10−04
FSI23S
10−06
Z
k
dp̂ R̃T’ FSI23
10−08
10−10
510
520
530
540
550
560
570
580
590
600
p1 / MeV
c
Abbildung 6.16: Einfluß des Antisymmetrisierungs-Operators (III)
Wie in Abbildung 6.14; jedoch für den Betrag von R̃T’ bei paralleler Polarisationsrichtung.
125
~ (~e,e’n)
6 Numerische Untersuchung des Prozesses 3 He
10−02
PWIA
10
−04
10
−06
PWIAS
FSI23S
T’ dp̂ R̃⊥
FSI23
Z
10−08
10−10
10−12
10−14
0
100
200
300
400
500
600
p1 / MeV
c
10−02
PWIA
PWIAS
10−04
FSI23S
10−06
Z
⊥
dp̂ R̃T’ FSI23
10−08
10−10
510
520
530
540
550
560
570
580
590
600
p1 / MeV
c
Abbildung 6.17: Einfluß des Antisymmetrisierungs-Operators (IV)
Wie in Abbildung 6.14; jedoch für den Betrag von R̃T’ bei senkrechter Polarisationsrichtung.
126
6.3 Einfluß des Antisymmetrisierungs-Operators
10−02
PWIA
10
−04
10
−06
PWIAS
FSI23S
dp̂ R̃kTL’ FSI23
Z
10−08
10−10
10−12
10−14
0
100
200
300
400
500
600
p1 / MeV
c
10−02
PWIA
PWIAS
10−04
FSI23S
10−06
Z
k
dp̂ R̃TL’ FSI23
10−08
10−10
510
520
530
540
550
560
570
580
590
600
p1 / MeV
c
Abbildung 6.18: Einfluß des Antisymmetrisierungs-Operators (V)
Wie in Abbildung 6.14; jedoch für den Betrag von R̃TL’ bei paralleler Polarisationsrichtung.
127
~ (~e,e’n)
6 Numerische Untersuchung des Prozesses 3 He
10−02
PWIA
10
−04
10
−06
PWIAS
FSI23S
TL’ dp̂ R̃⊥
FSI23
Z
10−08
10−10
10−12
10−14
0
100
200
300
400
500
600
p1 / MeV
c
10−02
PWIA
PWIAS
10−04
FSI23S
10−06
Z
⊥
dp̂ R̃TL’ FSI23
10−08
10−10
510
520
530
540
550
560
570
580
590
600
p1 / MeV
c
Abbildung 6.19: Einfluß des Antisymmetrisierungs-Operators (VI)
Wie in Abbildung 6.14; jedoch für den Betrag von R̃TL’ bei senkrechter Polarisationsrichtung.
128
6.3 Einfluß des Antisymmetrisierungs-Operators
10−02
Z
Z
10−04
10
dp̂ R̃L
Z
Z
−06
dp̂ R̃T
dp̂ R̃kT’ TL’ dp̂ R̃⊥
10−08
10−10
0
100
200
300
400
500
600
p1 / MeV
c
10−02
Z
Z
Z
10−04
Z
10−06
10−08
510
520
530
dp̂ R̃L
dp̂ R̃T
dp̂ R̃kT’ TL’ dp̂ R̃⊥
540
550
560
570
580
590
600
p1 / MeV
c
Abbildung 6.20: Einfluß des Antisymmetrisierungs-Operators (VII)
Zum Vergleich der symmetrisierten Anteile untereinander sind hier die PWIAS-Kurven noch
einmal gemeinsam aufgetragen. In der unteren Darstellung sind keine Unterschiede zwischen
den Kurven für R̃T und R̃kT’ zu erkennen.
129
~ (~e,e’n)
6 Numerische Untersuchung des Prozesses 3 He
10−02
Z
Z
10−04
10
dp̂ R̃L
Z
Z
−06
dp̂ R̃T
dp̂ R̃kT’ TL’ dp̂ R̃⊥
10−08
10−10
0
100
200
300
400
500
600
p1 / MeV
c
10−02
Z
Z
Z
10−04
Z
10−06
10−08
510
520
530
dp̂ R̃L
dp̂ R̃T
dp̂ R̃kT’ TL’ dp̂ R̃⊥
540
550
560
570
580
590
600
p1 / MeV
c
Abbildung 6.21: Einfluß des Antisymmetrisierungs-Operators (VIII)
Zum Vergleich der symmetrisierten Anteile untereinander sind hier die FSI23S-Kurven noch
einmal gemeinsam aufgetragen. In der unteren Darstellung lassen sich die Kurven f ür R̃T und
R̃kT’ ab p1 = 560 MeV/c nicht mehr voneinander unterscheiden.
130
6.4 Der Einfluß der Endzustandswechselwirkung
6.4 Der Einfluß der Endzustandswechselwirkung
Wir wenden uns nun der vollständigen Endzustandswechselwirkung (FSI) zu, welche die
Vielfachstreuung der auslaufenden Nukleonen beschreibt. Sie stellt von allen in dieser Arbeit vorgestellten Modellen die realistischste Beschreibung des Streuprozesses dar. Neben
dem quantitativen Verhalten der Strukturfunktionen interessiert uns hier natürlich auch die
Fragestellung, inwieweit die übrigen, bisher untersuchten Endzustandsmodelle zur näherungsweisen Beschreibung von Streuexperimenten geeignet sind. Dabei nehmen wir an,
daß das FSI-Modell der Wahrheit“ am nächsten kommt.
”
In diesem Abschnitt beschränken wir uns zunächst auf die grundlegenden Eigenschaften
der FSI; dabei verwenden wir – wie in den vorangegangenen Abschnitten – die kinematische Konfiguration I aus Tabelle 6.1. Dies bedeutet: der Neutronimpuls ist parallel zum
Impuls des Photons, und sämtliche Impulse sowie beide Polarisationsrichtungen liegen in
einer Ebene. Die entsprechenden Strukturfunktionen sind in den Abbildungen 6.24 - 6.29
dargestellt. Auf weitere Besonderheiten im Zusammenhang mit der vollständigen Endzustandswechselwirkung wird in den folgenden Abschnitten eingegangen.
Vergleicht man die Strukturfunktionen, die sich unter Verwendung der verschiedenen
Endzustandsmodelle ergeben, miteinander, so läßt sich als grundsätzliche Aussage festhalten, daß die vollständige Endzustandswechselwirkung einen massiven Einfluß auf den
Streuprozeß ausübt. Anders ausgedrückt: über den gesamten p1 - Bereich gesehen, bieten
die vereinfachten Modelle PWIA, PWIAS, FSI23 und FSI23S nur eine unzureichende Beschreibung des Streuprozesses. Zwar gibt es einige Punkte, in denen sich die FSI-Kurven
mit den übrigen schneiden – dies ist jedoch rein zufällig und darf nicht zu der Aussage verleiten, daß dort die physikalischen Prozesse durch die vereinfachten Modelle beschrieben
werden können. Insbesondere hängt die Lage dieser Schnittpunkte stark von der kinematischen Konfiguration ab. Lediglich im Bereich des quasi-freien Peaks lassen sich die
FSI-Resultate für R̃T und R̃T’ näherungsweise durch diejenigen für FSI23 beschreiben.
Allerdings treten hier bereits im Maximum bei p1 = pmax
Abweichungen von ca. 10 %
1
(numerischer Befund) auf, die zu kleineren Impulsbeträgen immer weiter anwachsen; nach
einem Abfall um 2 Größenordnungen – dies entspricht einem Neutronimpuls von ungefähr
p1 = 595 MeV/c – betragen diese ca. 20 %.
Betrachten wir ausschließlich die FSI-Kurven, so beobachten wir im Bereich des quasifreien Peaks einen steilen Abfall sämtlicher Strukturfunktionen5 . Bei kleineren Impulsbeträgen läßt sich wiederum für alle Strukturfunktionen ein starkes betragsmäßiges Anwach5
Präziser formuliert gilt dies für die Beträge der integrierten Strukturfunktionen. Hinsichtlich der Vorzeichen gelten im Bereich des Peaks wiederum die Beziehungen (6.9)-(6.12) für die helizitätsunabhängigen
Anteile; die helizitätsabhängigen sind stets positiv.
131
~ (~e,e’n)
6 Numerische Untersuchung des Prozesses 3 He
sen bis zu p1 = 0 feststellen. Der Vergleich der helizitätsabhängigen Strukturfunktionen
untereinander zeigt, daß die Ungleichungen (6.13) und (6.14) weiterhin Gültigkeit besitzen.
Mit dieser Thematik werden wir uns in Abschnitt 6.6 noch einmal ausführlicher beschäftigen.
Darüber hinaus erkennen wir anhand von Abbildung 6.30, daß im Bereich des quasifreien Peaks die Relationen (6.15) ebenfalls gelten. Dies ist jedoch bei p1 = 0 nicht mehr
TL’
den betragsmäßig größten Wert aller Strukturfunkder Fall; insbesondere liefert hier R̃⊥
tionen. Bemerkenswert ist schließlich noch das bereits bei den übrigen Endzustandsmodellen beobachtete Verhalten der Strukturfunktionen R̃T und R̃kT’ unterhalb von p1 = pmax
–
1
auch hier lassen sich bis zu einem Abfall um ca. 3 Größenordnungen in der logarithmischen
Darstellung keine signifikanten Unterschiede ausmachen. Die numerischen Resultate liefern
hier Abweichungen von ungefähr 2 %.
Das Vorhaben, das quantitative Verhalten der FSI-Resultate analytisch zu begründen,
ist von vornherein zum Scheitern verurteilt! Bereits am Ende des vorangegangenen Abschnittes hatten wir festgestellt, daß dies selbst für das vergleichsweise simple Modell
FSI23S nicht mehr möglich ist. Entsprechend gilt dies natürlich auch für die vollständige
Endzustandswechselwirkung. Denn einerseits bestehen die Kernmatrixelemente aus unendlich vielen Termen (vergleiche hierzu Kapitel 2), und andererseits besitzen die Strukturfunktionen dementsprechend eine unendliche Anzahl von Mischtermen. (Zur Veranschaulichung sind in den Abbildungen 6.22 und 6.23 die Kernmatrixelemente bis zur ersten
bzw. in der zweiten Ordnung der Zweinukleonen-T-Matrix schematisch dargestellt.) Selbst
wenn man die führenden Terme der Kernmatrixelemente analytisch kennen würde, wäre es
unmöglich, das Verhalten der Strukturfunktionen vorherzusagen. Aufgrund der Ergebnisse
aus den Abschnitten 6.2 und 6.3 können wir jedoch annehmen, daß erstens das Anwachsen
der Strukturfunktionen im Bereich kleiner Neutronimpulse im wesentlichen auf den Antisymmetrisierungsoperator und der damit einhergehenden Absorption des Photons an einem
der beiden Protonen zurückzuführen ist und daß zweitens die Endzustandswechselwirkung
der Nukleonen untereinander für den beobachteten steilen Abfall der Strukturfunktionen
im Bereich des quasi-freien Peaks verantwortlich ist. Allerdings lassen sich auch diese beiden Effekte nicht mehr streng auseinanderhalten.
Anmerkung: Das Modell FSI23S werden wir im verbleibenden Teil dieser Arbeit nicht
weiter berücksichtigen, da die entsprechenden Resultate sich einerseits nicht zur vereinfachten Beschreibung der FSI-Ergebnisse eignen und wir andererseits hieraus keine weiteren
Erkenntnisse mehr ziehen können.
132
6.4 Der Einfluß der Endzustandswechselwirkung
n
p
N FSI =
p
n
+
n
+
p
+
p
p
n
n
p
+
p
+
p
p
p
n
n
n
p
+
p
+
p
p
p
p
n
+
p
p
+
n
n
n
p
+
p
+
p
p
p
p
Abbildung 6.22: Graphische Darstellung der FSI-Kernmatrixelemente (I)
Dargestellt sind alle Terme der Kernmatrixelemente bis zur ersten Ordnung der
Zweinukleonen-T-Matrix. Die drei Terme der ersten Reihe stellen die PWIASKernmatrixelemente dar; die der zweiten Reihe entsprechen den R23S-Anteilen (vgl. Abbildung 6.13). Zusätzlich zu den FSI23-Termen treten hier auch solche auf, bei denen das
Nukleon, welches das Photon absorbiert, an der Endzustandswechselwirkung teilnimmt.
133
~ (~e,e’n)
6 Numerische Untersuchung des Prozesses 3 He
n
FSI
N(2)
p
=
p
n
+
+
p
+
p
p
n
n
p
n
p
p
n
+
p
p
+
p
p
+ 12 weitere Terme
Abbildung 6.23: Graphische Darstellung der FSI-Kernmatrixelemente (II)
Dargestellt sind exemplarisch 6 Terme der Kernmatrixelemente in der zweiten Ordnung der
Zweinukleonen-T-Matrix. Die fehlenden 12 Terme ergeben sich aus den ersten sechs, wenn
man die Photonlinie jeweils am mittleren bzw. am unteren Nukleon angreifen läßt.
134
6.4 Der Einfluß der Endzustandswechselwirkung
10−02
10
PWIA
PWIAS
FSI23S
FSI
FSI23
−04
10−08
Z
dp̂ R̃L
10−06
10−10
10−12
10−14
0
100
200
300
400
500
600
p1 / MeV
c
10−02
PWIA
PWIAS
FSI23S
FSI
FSI23
10−06
Z
dp̂ R̃
L
10−04
10−08
10−10
510
520
530
540
550
560
570
580
590
600
p1 / MeV
c
Abbildung 6.24: Einfluß der Endzustandswechselwirkung (I)
Beide Diagramme zeigen den Verlauf der integrierten Strukturfunktion R̃L in logarithmischer
Darstellung. Neben den Kurven für die vollständige Endzustandswechselwirkung sind auch
die Resultate für die übrigen Endzustandsmodelle eingezeichnet. Der Ausschnitt des unteren
Teils überdeckt das bei den Rechnungen zu Kapitel 7 verwendete Integrationsgebiet in p 1 .
135
~ (~e,e’n)
6 Numerische Untersuchung des Prozesses 3 He
10−02
10
PWIA
PWIAS
FSI23S
FSI
FSI23
−04
10−08
Z
dp̂ R̃T
10−06
10−10
10−12
10−14
0
100
200
300
400
500
600
p1 / MeV
c
10−02
PWIA
PWIAS
FSI23S
FSI
FSI23
10−06
Z
dp̂ R̃
T
10−04
10−08
10−10
510
520
530
540
550
560
570
580
590
p1 / MeV
c
Abbildung 6.25: Einfluß der Endzustandswechselwirkung (II)
Wie in Abbildung 6.24; jedoch für den transversalen Anteil R̃T .
136
600
6.4 Der Einfluß der Endzustandswechselwirkung
10−02
10
PWIA
PWIAS
FSI23S
FSI
FSI23
−04
dp̂ R̃kT’ 10−06
Z
10−08
10−10
10−12
10−14
0
100
200
300
400
500
600
p1 / MeV
c
10−02
PWIA
PWIAS
FSI23S
FSI
FSI23
10−06
Z
k
dp̂ R̃T’ 10−04
10−08
10−10
510
520
530
540
550
560
570
580
590
600
p1 / MeV
c
Abbildung 6.26: Einfluß der Endzustandswechselwirkung (III)
Wie in Abbildung 6.24; jedoch für den Betrag des transversalen Anteils R̃T’ bei paralleler
Polarisationsrichtung.
137
~ (~e,e’n)
6 Numerische Untersuchung des Prozesses 3 He
10−02
10
PWIA
PWIAS
FSI23S
FSI
FSI23
−04
T’ dp̂ R̃⊥
10−06
Z
10−08
10−10
10−12
10−14
0
100
200
300
400
500
600
p1 / MeV
c
10−02
PWIA
PWIAS
FSI23S
FSI
FSI23
10−06
Z
⊥
dp̂ R̃T’ 10−04
10−08
10−10
510
520
530
540
550
560
570
580
590
600
p1 / MeV
c
Abbildung 6.27: Einfluß der Endzustandswechselwirkung (IV)
Wie in Abbildung 6.24; jedoch für den Betrag des transversalen Anteils R̃T’ bei senkrechter
Polarisationsrichtung.
138
6.4 Der Einfluß der Endzustandswechselwirkung
10−02
10
PWIA
PWIAS
FSI23S
FSI
FSI23
−04
dp̂ R̃kTL’ 10−06
Z
10−08
10−10
10−12
10−14
0
100
200
300
400
500
600
p1 / MeV
c
10−02
PWIA
PWIAS
FSI23S
FSI
FSI23
10−06
Z
k
dp̂ R̃TL’ 10−04
10−08
10−10
510
520
530
540
550
560
570
580
590
600
p1 / MeV
c
Abbildung 6.28: Einfluß der Endzustandswechselwirkung (V)
Wie in Abbildung 6.24; jedoch für den Betrag des transversal-longitudinalen Anteils R̃TL’ bei
paralleler Polarisationsrichtung.
139
~ (~e,e’n)
6 Numerische Untersuchung des Prozesses 3 He
10−02
10
PWIA
PWIAS
FSI23S
FSI
FSI23
−04
TL’ dp̂ R̃⊥
10−06
Z
10−08
10−10
10−12
10−14
0
100
200
300
400
500
600
p1 / MeV
c
10−02
PWIA
PWIAS
FSI23S
FSI
FSI23
10−06
Z
⊥
dp̂ R̃TL’ 10−04
10−08
10−10
510
520
530
540
550
560
570
580
590
600
p1 / MeV
c
Abbildung 6.29: Einfluß der Endzustandswechselwirkung (VI)
Wie in Abbildung 6.24; jedoch für den Betrag des transversal-longitudinalen Anteils R̃TL’ bei
senkrechter Polarisationsrichtung.
140
6.4 Der Einfluß der Endzustandswechselwirkung
10−02
Z
Z
10−04
10
Z
Z
−06
dp̂ R̃L
dp̂ R̃T
dp̂ R̃kT’ TL’ dp̂ R̃⊥
10−08
10−10
0
100
200
300
400
500
600
p1 / MeV
c
10−02
Z
Z
10−04
10
Z
Z
−06
dp̂ R̃L
dp̂ R̃T
dp̂ R̃kT’ TL’ dp̂ R̃⊥
10−08
10−10
510
520
530
540
550
560
570
580
590
600
p1 / MeV
c
Abbildung 6.30: Einfluß der Endzustandswechselwirkung (VII)
TL’
Zum Vergleich sind hier die integrierten Strukturfunktionen R̃L , R̃T , R̃kT’ und R̃⊥
, die sich
unter Berücksichtigung der FSI ergeben, gegeneinander aufgetragen. Der besseren ÜbersichtT’
lichkeit wegen wurden die Anteile R̃⊥
und R̃kTL’ weggelassen; diese sind vom Betrage her
wesentlich kleiner als die hier abgebildeten.
141
~ (~e,e’n)
6 Numerische Untersuchung des Prozesses 3 He
6.5 Die helizitätsunabhängigen Strukturfunktionen im
allgemeinen kinematischen Fall
Im folgenden wollen wir uns ausführlicher mit den helizitätsunabhängigen Strukturfunktionen6 R̃L , R̃T , R̃TL und R̃TT beschäftigen. Insbesondere geht es dabei um die Frage des
Einflusses der vollständigen Endzustandswechselwirkung, wenn – im Gegensatz zu den vorangegangenen Abschnitten – einerseits der Impuls des auslaufenden Neutrons nicht mehr
parallel zum Photonimpuls ist und andererseits der Impuls des auslaufenden Elektrons
nicht mehr in der x-z-Ebene des Systems KD liegt. Letzteres hat zur Folge, daß der Impuls
des Photons wegen
Qy = −ky0
(6.28)
ebenfalls nicht mehr in dieser Ebene liegt; mithin liegt die Polarisationsachse außerhalb
der x-z-Ebene des Systems KQ , in welchem der Impuls des Photons die z-Achse festlegt
(siehe Abschnitt 1.4 und Anhang A). Dementsprechend nimmt der Polarwinkel ϕ∗ nun von
0 bzw. π verschiedene Werte an.
Wir werden im folgenden die drei Fälle ϑ1 = 0 und ϕe 6= 0, ϑ1 6= 0 und ϕe = 0 sowie
ϑ1 6= 0 und ϕe 6= 0 der Reihe nach betrachten. Die kinematischen Konfigurationen sind
dabei so gewählt, daß ϑ1 ≤ 6◦ und ϕe ≤ 12◦ gilt. Dies geschieht im Hinblick auf die Rechnungen zu Kapitel 7, da die dort aufgrund der experimentellen Vorgaben durchgeführten
Winkelintegrationen sich im wesentlichen innerhalb dieser Bereiche bewegen (vergleiche
hierzu die ausführliche Beschreibung der Integrationen in Abschnitt 7.2).
Erster Fall: ϑ1 = 0 und ϕe 6= 0
Dies bedeutet, daß der Impuls des Neutrons parallel zu dem des Photons ist. Hier ergeben
sich die folgenden numerischen Befunde:
• Die Strukturfunktionen R̃L und R̃T hängen nicht von der Polarisationsrichtung ab.
• Für alle Endzustandsmodelle gilt
R
dp̂ R̃TT = 0.
• Unter Zugrundelegung der vollständigen Endzustandswechselwirkung ergeben sich
signifikante Beiträge für die Strukturfunktion R̃TL , während diese für die übrigen
Modelle gleich Null ist. Der Betrag von R̃TL wächst mit zunehmendem Winkel ϕe an;
darüber hinaus hängt R̃TL bei konstantem ϕe von den Polarisationswinkeln ϑ∗ und
ϕ∗ ab.
6
Damit sind diejenigen Strukturfunktionen gemeint, die im helizitätsunabhängigen Teil des Wirkungsquerschnittes (1.96) auftreten.
142
6.5 Die helizitätsunabhängigen Strukturfunktionen
Für die Modelle PWIA und FSI23 lassen sich diese Ergebnisse unmittelbar auf die analytischen Formen (4.71)-(4.74) zurückführen. Der letztgenannte Punkt verdient besondere Beachtung, da diese Aussage im krassen Gegensatz zu der weit verbreiteten Ansicht steht, daß
die helizitätsunabhängigen Anteile des Wirkungsquerschnittes grundsätzlich unabhängig
von der Polarisationsrichtung sind! Zur Verdeutlichung dieses Sachverhaltes sind in Abbildung 6.31 die integrierten Strukturfunktionen, die sich unter Berücksichtigung der FSI
ergeben, exemplarisch für die kinematische Konfiguration II aufgetragen. Hier ist deutlich
der signifikante Beitrag von R̃TL abzulesen; im Bereich des quasi-freien Peaks ist er vergleichbar mit R̃L . Weiterhin erkennt man, daß sich die Ergebnisse für R̃TL bei verschiedenen
Polarisationsrichtungen deutlich voneinander unterscheiden.
Zweiter Fall: ϑ1 6= 0 und ϕe = 0
Solange die Polarisationsachse innerhalb der x-z-Ebene des Systems KQ liegt, gelten folgende Aussagen:
• Die helizitätsunabhängigen Strukturfunktionen R̃L , R̃T , R̃TL und R̃TT hängen nicht
von der Polarisationsrichtung ab.
• Für kleine Winkel sin ϑ1 6= 0 ergeben sich bereits im Bereich des quasi-freien Peaks
sehr deutliche Unterschiede zwischen PWIA und PWIAS einerseits sowie zwischen
FSI23 und FSI andererseits bei den Strukturfunktionen R̃TL und R̃TT . Dies ist darauf
zurückzuführen, daß für PWIAS und FSI aufgrund der Antisymmetrisierung des
Endzustandes die analytische Abhängigkeit der Strukturfunktionen von sin ϑ1 , wie
sie in den Ausdrücken (4.73) und (4.74) für PWIA und FSI23 auftaucht, nicht länger
gegeben ist.
In Abbildung 6.32 sind die Beträge der integrierten Strukturfunktionen R̃TL und R̃TT für
verschiedene Endzustandsmodelle unter Verwendung der kinematischen Konfiguration III
aus Tabelle 6.1 gegeneinander aufgetragen. Abbildung 6.33 vergleicht die Ergebnisse, die
sich für die vollständige Endzustandswechselwirkung ergeben, miteinander.
Dritter Fall: ϑ1 6= 0 und ϕe 6= 0
Dies entspricht der allgemeinsten kinematischen Konfiguration. Hier ergeben sich folgende
numerische Befunde:
• Unter Berücksichtigung der vollständigen Endzustandswechselwirkung weisen alle
vier helizitätsunabhängigen Strukturfunktionen eine Abhängigkeit von der Polarisationsrichtung auf. Diese ist jedoch für R̃L und R̃T sehr schwach, während sich bei
R̃TL und R̃TT massive Unterschiede ergeben. Die Beträge von R̃TL und R̃TT wachsen
dabei mit zunehmendem Winkel ϕe an.
143
~ (~e,e’n)
6 Numerische Untersuchung des Prozesses 3 He
• Für die übrigen Endzustandsmodelle hängen R̃L , R̃T , R̃TL und R̃TT weder von der
Polarisationsrichtung ŝ noch vom Winkel ϕe ab.
• Für kleine Winkel sin ϑ1 6= 0 ergeben sich – wie im zweiten Fall – bereits im Bereich
des quasi-freien Peaks sehr deutliche Unterschiede zwischen PWIA und PWIAS einerseits sowie zwischen FSI23 und FSI andererseits bei den Strukturfunktionen R̃TL
und R̃TT .
Zur Verdeutlichung des erstgenannten Punktes sind in den Abbildungen 6.34 und 6.35
die FSI-Resultate der helizitätsunabhängigen Strukturfunktionen aufgetragen. Neben der
deutlich sichtbaren betragsmäßigen Variation von R̃TL und R̃TT in Abhängigkeit von der
TL
Polarisationsrichtung besitzen darüber hinaus R̃kTL und R̃⊥
im Bereich des quasi-freien
Peaks unterschiedliche Vorzeichen. Die entsprechenden Unterschiede für R̃L und R̃T betragen hier deutlich unter 0,1 %.
Die Tatsache, daß insbesondere R̃TL und R̃TT von der Polarisationsrichtung ŝ abhängen,
sobald die auslaufenden Nukleonen vollständig miteinander wechselwirken, hat natürlich
auch eine gewisse Auswirkung auf die Interpretation von experimentell gemessenen Asymmetrieverhältnissen. In diesem Fall heben sich nämlich die helizitätsunabhängigen Anteile
des Wirkungsquerschnittes nicht mehr auf, d. h. die in der ersten Zeile der Gleichung (4.82)
angegebene Form des Asymmetrieverhältnisses verliert ihre Gültigkeit. Wie wir gesehen
haben, läßt sich diese Schwierigkeit umgehen, solange man sich auf Messungen beschränkt,
in denen die Impulse des Photons und des gestreuten Elektrons sowie die Polarisationsachse
in einer Ebene liegen (dann gilt ϕe = 0). Dies ist allerdings experimentell nur sehr schwer zu
realisieren, da man es einerseits stets mit einer gewissen Unschärfe bei der Winkelmessung
zu tun hat und andererseits die Zählraten mit kleiner werdendem Phasenraumvolumen
abnehmen, was wiederum zu höheren statistischen Fehlern führt. Ein Ausweg ergibt sich
jedoch, wenn man bei der Messung dafür sorgt, daß die Integrationsbereiche für den Winkel ϕe symmetrisch um ϕe = 0 herum sind7 . Weitere numerische Untersuchungen haben
nämlich gezeigt, daß für alle helizitätsunabhängigen Strukturfunktionen für beliebige Winkel ϕe gilt
Z
Z
Z
Z
··· ··· '
dp̂ R̃⊥
dp̂ R̃k··· + dp̂ R̃k··· + dp̂ R̃⊥
−ϕe
ϕe
−ϕe
ϕe
Z
··· .
(6.29)
' 2 · dp̂ R̃k,⊥
ϕe =0
7
Dies gilt natürlich nur, solange die y-Komponenten der Polarisationsrichtungen im System KD gleich
Null sind; ansonsten erhält man auf diese Weise keine symmetrischen Wertebereiche für ϕ∗ .
144
6.5 Die helizitätsunabhängigen Strukturfunktionen
Dies liefert bei Integration über den Winkel ϕe für jede Strukturfunktion gleiche Beiträge
für die unterschiedlichen Polarisationsrichtungen. Demnach heben sich die helizitätsunabhängigen Anteile des Wirkungsquerschnittes bei der Bildung des Asymmetrieverhältnisses wieder auf. Gleichung (6.29) gilt in der Regel bis zur vierten Stelle absolut, solange
man die Nulldurchgänge der Strukturfunktionen unberücksichtigt läßt. Insbesondere besitzt sie Gültigkeit in der Nähe des quasi-freien Peaks, d. h. innerhalb des Bereiches, in
dem die einzelnen Funktionen um mindestens drei Größenordnungen abfallen. Diese Feststellung ist von großer Wichtigkeit für die in Kapitel 7 vorgestellte Analyse des Mainzer
3 ~
He(~e,e’n)-Experimentes.
145
~ (~e,e’n)
6 Numerische Untersuchung des Prozesses 3 He
10−02
Z
Z
10−04
Z
10−06
10−08
dp̂ R̃L
dp̂ R̃T
dp̂ R̃TL 10−10
10−12
10−14
0
100
200
300
400
500
600
p1 / MeV
c
10−02
10
Z
Z
−04
Z
Z
10−06
10−08
dp̂ R̃L
dp̂ R̃T
dp̂ R̃kTL TL dp̂ R̃⊥
10−10
510
520
530
540
550
560
570
580
590
600
p1 / MeV
c
Abbildung 6.31: Die helizitätsunabhängigen Strukturfunktionen (I)
Beide Diagramme zeigen den Verlauf der integrierten Strukturfunktionen R̃L , R̃T und R̃TL für
TL
besitzen hier entgegengesetzte
die kinematische Konfiguration II aus Tabelle 6.1. R̃kTL und R̃⊥
Vorzeichen; für p1 = pmax
gilt R̃kTL < 0. Der Ausschnitt des unteren Teils überdeckt das
1
bei den Rechnungen zu Kapitel 7 verwendete Integrationsgebiet in p 1 . Insbesondere dort
erkennt man deutlich die betragsmäßigen Unterschiede, die sich für R̃TL bei unterschiedlichen
Polarisationsrichtung ergeben.
146
6.5 Die helizitätsunabhängigen Strukturfunktionen
10−02
10
PWIA
PWIAS
FSI
FSI23
−04
dp̂ R̃TL 10−06
Z
10−08
10−10
10−12
10−14
0
100
200
300
400
500
600
500
600
p1 / MeV
c
10−02
PWIA
PWIAS
FSI
FSI23
10−04
dp̂ R̃TT 10−06
Z
10−08
10−10
10−12
10−14
0
100
200
300
400
p1 / MeV
c
Abbildung 6.32: Die helizitätsunabhängigen Strukturfunktionen (II)
Dargestellt sind die integrierten Strukturfunktionen R̃TL und R̃TT für die kinematische Konfiguration III aus Tabelle 6.1, die sich unter Verwendung der verschiedenen Endzustandsmodelle
ergeben. Solange ϕe = 0 ist, hängen diese nicht von der Polarisationsrichtung ŝ ab.
147
~ (~e,e’n)
6 Numerische Untersuchung des Prozesses 3 He
10−02
Z
Z
10−04
Z
Z
10−06
dp̂ R̃L
dp̂ R̃T
dp̂ R̃TL dp̂ R̃TT 10−08
10−10
0
100
200
300
400
500
600
p1 / MeV
c
10−02
Z
Z
10−04
10
Z
Z
−06
dp̂ R̃L
dp̂ R̃T
dp̂ R̃TL dp̂ R̃TT 10−08
10−10
510
520
530
540
550
560
570
580
590
600
p1 / MeV
c
Abbildung 6.33: Die helizitätsunabhängigen Strukturfunktionen (III)
Dargestellt sind wiederum die FSI-Resultate für die integrierten Strukturfunktionen R̃TL und
R̃TT aus Abbildung 6.32. Zum Vergleich der Strukturfunktionen untereinander wurden außerdem die entsprechenden Kurven für R̃L und R̃T mit eingezeichnet.
148
6.5 Die helizitätsunabhängigen Strukturfunktionen
10−02
Z
Z
10−04
Z
10−06
10−08
dp̂ R̃L
dp̂ R̃T
dp̂ R̃TL 10−10
10−12
10−14
0
100
200
300
400
500
600
p1 / MeV
c
10−02
10
Z
Z
−04
Z
Z
10−06
10−08
dp̂ R̃L
dp̂ R̃T
dp̂ R̃kTL TL dp̂ R̃⊥
10−10
510
520
530
540
550
560
570
580
590
600
p1 / MeV
c
Abbildung 6.34: Die helizitätsunabhängigen Strukturfunktionen (IV)
Beide Diagramme zeigen den Verlauf der integrierten Strukturfunktionen R̃L , R̃T und R̃TL
für die kinematische Konfiguration IV aus Tabelle 6.1, die sich unter Berücksichtigung der
vollständigen Endzustandswechselwirkung ergeben. Deutlich sichtbar ist die Abhängigkeit von
R̃TL von der Polarisationsrichtung. R̃L und R̃T hängen nur sehr schwach von dieser ab, so daß
hier auf eine Unterscheidung der Kurven verzichtet wurde.
149
~ (~e,e’n)
6 Numerische Untersuchung des Prozesses 3 He
10−02
Z
Z
10−04
Z
10−06
10−08
dp̂ R̃L
dp̂ R̃T
dp̂ R̃TT 10−10
10−12
10−14
0
100
200
300
400
500
600
p1 / MeV
c
10−02
10
Z
Z
−04
Z
Z
10−06
10−08
dp̂ R̃L
dp̂ R̃T
dp̂ R̃kTT TT dp̂ R̃⊥
10−10
510
520
530
540
550
560
570
580
590
600
p1 / MeV
c
Abbildung 6.35: Die helizitätsunabhängigen Strukturfunktionen (V)
Wie in Abbildung 6.34; jedoch für R̃TT statt R̃TL . Hier ist deutlich zu erkennen, daß auch
R̃TT stark von der Polarisationsrichtung abhängt.
150
6.6 Die helizitätsabhängigen Strukturfunktionen
6.6 Die helizitätsabhängigen Strukturfunktionen
In diesem Abschnitt beschäftigen wir uns ausschließlich mit den helizitätsabhängigen Strukturfunktionen8 R̃T’ und R̃TL’ . Diese sind maßgeblich für die in Kapitel 7 durchgeführte Extraktion des elektrischen Formfaktors GnE des Neutrons aus dem experimentell gemessenen
Asymmetrieverhältnis. Im Hinblick auf die experimentellen Gegebenheiten beschränken
wir uns ausschließlich auf den Bereich des quasi-freien Peaks. Wir wenden uns insbesondere zwei Fragestellungen zu, die es bei der Analyse des Experimentes zu beachten gilt.
Dies sind einerseits der protonische Anteil von R̃TL’ und andererseits die Zunahme von R̃T’
relativ zu R̃TL’ bei senkrechter Polarisationsrichtung, die sich bei Variation des Winkels
ϑ∗ ergibt. Letzterer ist der Winkel zwischen der Richtung des Photonimpulses und der
Polarisationsachse des 3 He-Kerns.
Wir wollen zunächst den protonischen Anteil von R̃TL’“ genauer spezifizieren. Hierzu
”
rufen wir uns in Erinnerung, daß nach (1.82) die zugehörige Strukturfunktion durch
X
∗
∗
R̃TL’ = −
2< Ñ0 Ñ+1
+ Ñ−1
(6.30)
{Mf }
gegeben ist. Das Matrixelement Ñ0 setzt sich – außer man betrachtet die quasi-freien
Modelle PWIA und FSI23 – linear aus einem protonischen und einem neutronischen Anteil
zusammen. Wir schreiben demnach formal
Ñ0 = c1 GnE + c2 GpE ,
(6.31)
wobei c1 und c2 komplexe Zahlen sind. Da die sphärischen Anteile ѱ1 in (6.30) von den
magnetischen Formfaktoren GpM und GnM dominiert werden, ist die Abhängigkeit von F1n
sehr schwach, und wir schreiben daher
R̃TL’ = (C1 GnE + C2 GpE )S
≡ R̃nTL’ + R̃pTL’ ,
(6.32)
wobei S für die sphärischen Anteile steht. Die Indizes n“ und p“ in der zweiten Zeile
”
”
bringen die jeweilige Abhängigkeit vom elektrischen Formfaktor des Neutrons bzw. des
Protons zum Ausdruck. Es sei ausdrücklich betont, daß die Terme R̃nTL’ und R̃pTL’ nicht
die ausschließliche Absorption des Photons am Neutron bzw. Proton beschreiben, da der
sphärische Anteil S sowohl neutronische als auch protonische Anteile enthält, was das
Auftreten von gemischten Termen zur Folge hat. Dies ist unmittelbar ersichtlich, wenn wir
analog zu (6.31) schreiben
∗
∗
Ñ+1
+ Ñ−1
= c3 GnM + c4 F1n + c5 GpM + c6 F1p .
(6.33)
8
Analog zur Nomenklatur des vorangegangenen Abschnitts sind damit diejenigen Strukturfunktionen
gemeint, die im helizitätsabhängigen Teil des Wirkungsquerschnittes (1.96) auftreten.
151
~ (~e,e’n)
6 Numerische Untersuchung des Prozesses 3 He
Auf die Frage, welcher der hier auftretenden Terme dominant ist, werden wir am Ende
dieses Abschnittes zurückkommen.
Zunächst wollen wir uns jedoch die quantitativen Verläufe der helizitätsabhängigen
Strukturfunktionen ansehen. Hierzu sind in den Abbildungen 6.36 bis 6.49 wiederum deren
Beträge für verschiedene kinematische Konfigurationen bei jeweils senkrechter und paralleler Polarisationsrichtung logarithmisch aufgetragen. Dabei wurden die p1 -Intervalle in
der Nähe des quasi-freien Peaks ausgewählt. Die neutronischen Anteile R̃nTL’ im Rahmen
des FSI-Modells sind dabei jeweils mit FSIn bezeichnet; die Differenz der Kurven FSI und
FSIn entspricht demnach dem protonischen Anteil R̃pTL’ . Auf die Darstellung von R̃nTL’ im
Rahmen des PWIAS-Modells wurde der Übersichtlichkeit wegen verzichtet; im Rahmen
der Zeichengenauigkeit lassen sich diese nicht von den PWIA-Kurven unterscheiden. Wir
halten die wesentliche Aussagen fest:
• Die protonischen Beiträge R̃pTL’ sind im Rahmen des PWIAS-Modells kaum zu erkennen; numerische Untersuchungen der Resultate zeigen, daß diese stets wenige Prozent
betragen.
• Die Kurvenverläufe von R̃T’ und R̃nTL’ , die sich für FSI23 und FSI ergeben, weisen
einen qualitativ sehr ähnlichen Verlauf auf. Allerdings sind die quantitativen Unterschiede gut erkennbar.
• Im Rahmen der vollständigen Endzustandswechselwirkung lassen sich teilweise sehr
deutliche Unterschieden zwischen R̃TL’ und R̃nTL’ erkennen, was auf nicht zu vernachlässigende, protonische Beiträge hinweist. Am auffälligsten treten diese in Abbildung 6.37 (kinematische Konfiguration I) zutage, während sie z.B. in Abbildung 6.49
(kinematische Konfiguration X) kaum zu erkennen sind. Für diese beiden Fälle sind
in Abbildung 6.50 die Verhältnisse R̃pTL’ /R̃nTL’ aufgetragen. Hier ist gut zu erkennen,
daß der protonische Anteil im allgemeinen zu kleineren Impulsen p1 hin zunimmt –
natürlich abgesehen von Vorzeichenwechseln. Darüber hinaus ist festzustellen, daß
man hinsichtlich des Vorzeichens von R̃pTL’ relativ zu R̃nTL’ auch im Bereich des Peaks
keine eindeutige Aussage treffen kann, vielmehr hängt dieses von der jeweiligen Konfiguration ab. In den Untersuchungen im Rahmen dieser Arbeit konnte hierfür keine
Gesetzmäßigkeit festgestellt werden.
• Das Verhältnis von R̃T’ /R̃TL’ nimmt bei senkrechter Polarisationsrichtung mit abnehmendem Winkel ϑ∗⊥ stark zu. Zur Verdeutlichung sind in Abbildung 6.51 die Verhältnisse für die kinematischen Konfigurationen I (ϑ∗⊥ = 88, 88◦ ) und VII (ϑ∗⊥ = 75, 53◦ )
dargestellt.
152
6.6 Die helizitätsabhängigen Strukturfunktionen
• Bei paralleler Polarisationsrichtung ist das Verhältnis R̃TL’ /R̃T’ stets klein.
Faßt man die Aussagen der Punkte 2 und 3 zusammen, lautet das Fazit: die vollständige
Endzustandswechselwirkung übt einen nicht zu vernachlässigenden Einfluß insbesondere
auf die Strukturfunktion R̃TL’ aus. Dieser läßt sich im wesentlichen – wenn auch nicht
ausschließlich – auf den Einfluß des protonischen Formfaktors GpE zurückführen. Dies hat
weitreichende Konsequenzen hinsichtlich der Bestimmung des Formfaktors GnE aus experimentell gemessenen Asymmetrieverhältnissen, da man nicht von der vereinfachten Hypothese ausgehen kann, der polarisierte 3 He-Kern verhalte sich bei der Streuung wie ein
polarisiertes Neutron. Diese Aussage gilt natürlich nur für die in dieser Arbeit verwendeten
kinematischen Konfigurationen. Die vielfach in der Literatur geäußerte Annahme, daß der
Einfluß der Endzustandswechselwirkung mit zunehmenden Photon-Viererimpulsbeträgen
abnimmt, kann an dieser Stelle jedoch nicht widerlegt werden, da zu diesem Thema keine
systematischen Untersuchungen durchgeführt wurden. Auf die hier dargelegten Sachverhalte werden wir bei der Diskussion der Ergebnisse in Kapitel 7 noch einmal zurückkommen.
Das im vorletzten Punkt erwähnte Anwachsen von R̃T’ relativ zu R̃TL’ bei senkrechter Polarisationsrichtung läßt sich zunächst leicht begründen, wenn man sich die analytischen Ausdrücke für die entsprechenden Strukturfunktionen im Rahmen der quasi-freien
Streuung (d. h. für PWIA und FSI23) unter Zugrundelegung des dominanten S-Zustandes
ansieht. Nach (4.75) und (4.76) gilt in paralleler Kinematik (sin ϑ1 = 0)
R̃TL’ ∼ sin ϑ∗ GnE GnM
R̃T’ ∼ cos ϑ∗ GnM 2 .
(6.34)
(6.35)
Bei exakt senkrechter Polarisationsrichtung (d. h. für ϑ∗ = 90◦ ) verschwindet offensichtlich R̃T’ . Entfernt man sich jedoch von dieser Richtung, so wächst cos ϑ∗ recht schnell an.
Da andererseits GnE GnM ist, gewinnt R̃T’ gegenüber R̃TL’ rasch an Bedeutung. Legt
man statt des PSS die vollständige Wellenfunktion zugrunde und betrachtet darüber hinaus die Endzustandsmodelle PWIAS und FSI, so gilt die obige Aussage natürlich nicht
mehr exakt, da hier auch protonische Beiträge ins Spiel kommen. Allerding bleibt, wie
die numerischen Befunde zeigen, die Abhängigkeit vom Winkel ϑ∗ weitestgehend erhalten.
Die hier getroffenen Aussagen lassen sich auch auf das Verhältnis R̃TL’ /R̃T’ bei paralleler
Polarisationsrichtung übertragen.
Abschließend wollen wir uns noch kurz mit dem weiter oben erwähnten sphärischen
Anteil S von R̃TL’ befassen, der in der ersten Zeile von (6.32) eingeführt wurde. Diesen
können wir unter Verwendung von (6.33) schreiben als
S = C3 GnM + C4 F1n + C5 GpM + C6 F1p ,
(6.36)
153
~ (~e,e’n)
6 Numerische Untersuchung des Prozesses 3 He
wobei die Ci komplexe Zahlen darstellen. Numerische Untersuchungen haben gezeigt, daß
hier eindeutig der Term C3 GnM dominiert. Dies gilt jedoch nur, solange man sich nicht allzu
weit von der parallelen Kinematik (dort ist die Neutronrichtung parallel zu der des Photons) entfernt, d. h. sin ϑ1 darf nicht zu groß werden. Dann nämlich erhält man spürbare
Konvektionsstromanteile insbesondere des Protons; hierauf werden wir jedoch nicht weiter
~ e,e’n)-Experimentes nicht auftritt.
eingehen, da dieser Fall bei der Analyse des Mainzer 3 He(~
Zur Verdeutlichung der Dominanz des Termes C3 GnM sind in Abbildung 6.52 exemplarisch
die Kurvenverläufe der Beträge von R̃TL’ einerseits und R̃TL’ C3 =0 (hier wurde C3 = 0
gesetzt) andererseits bei paralleler und senkrechter Polarisationsrichtung dargestellt. Der
Einfluß des GnM -Terms läßt sich unmittelbar aus der Differenz der Kurven ablesen. Es zeigt
sich, daß die Dominanz unter Berücksichtigung der vollständigen Endzustandswechselwirkung deutlich stärker ausgeprägt ist.
154
6.6 Die helizitätsabhängigen Strukturfunktionen
10−02
PWIA
PWIAS
FSI
FSI23
dp̂ R̃kT’ 10−04
Z
10−06
10−08
10−10
520
530
540
550
560
570
580
590
600
580
590
600
p1 / MeV
c
10−02
PWIA
PWIAS
FSI
FSI23
⊥
dp̂ R̃T’ 10−04
Z
10−06
10−08
10−10
520
530
540
550
560
570
p1 / MeV
c
Abbildung 6.36: Die helizitätsabhängigen Strukturfunktionen (I)
Dargestellt ist der Verlauf des Betrages von R̃T’ für parallele und senkrechte Polarisationsrichtung im Bereich des quasi-freien Peaks unter Annahme der verschiedenen Endzustandsmodelle. Zugrunde gelegt ist die kinematische Konfiguration I aus Tabelle 6.1. Insbesondere
gilt hier ϑ = 40◦ , k 0 = 650 MeV/c und ϑ∗⊥ = 88, 88◦ .
155
~ (~e,e’n)
6 Numerische Untersuchung des Prozesses 3 He
10−02
PWIA
PWIAS
FSI
FSI23
FSIn
dp̂ R̃kTL’ 10−04
Z
10−06
10−08
10−10
520
530
540
550
560
570
580
590
600
580
590
600
p1 / MeV
c
10−02
PWIA
PWIAS
FSI
FSI23
FSIn
TL’ dp̂ R̃⊥
10−04
Z
10−06
10−08
10−10
520
530
540
550
560
570
p1 / MeV
c
Abbildung 6.37: Die helizitätsabhängigen Strukturfunktionen (II)
Wie in Abbildung 6.36; jedoch für R̃TL’ . Die Kurven FSIn beschreiben den neutronischen
Anteil R̃nTL’ , der sich für die vollständige Endzustandswechselwirkung ergibt.
156
6.6 Die helizitätsabhängigen Strukturfunktionen
10−02
PWIA
PWIAS
FSI
FSI23
dp̂ R̃kT’ 10−04
Z
10−06
10−08
10−10
460
470
480
490
500
510
520
530
540
510
520
530
540
p1 / MeV
c
10−02
PWIA
PWIAS
FSI
FSI23
⊥
dp̂ R̃T’ 10−04
Z
10−06
10−08
10−10
460
470
480
490
500
p1 / MeV
c
Abbildung 6.38: Die helizitätsabhängigen Strukturfunktionen (III)
Wie in Abbildung 6.36; jedoch für die kinematische Konfiguration V. Insbesondere gilt hier
ϑ = 40◦ , k 0 = 688 MeV/c und ϑ∗⊥ = 92, 84◦ .
157
~ (~e,e’n)
6 Numerische Untersuchung des Prozesses 3 He
10−02
PWIA
PWIAS
FSI
FSI23
FSIn
dp̂ R̃kTL’ 10−04
Z
10−06
10−08
10−10
460
470
480
490
500
510
520
530
540
510
520
530
540
p1 / MeV
c
10−02
PWIA
PWIAS
FSI
FSI23
FSIn
⊥
dp̂ R̃TL’ 10−04
Z
10−06
10−08
10−10
460
470
480
490
500
p1 / MeV
c
Abbildung 6.39: Die helizitätsabhängigen Strukturfunktionen (IV)
Wie in Abbildung 6.38; jedoch für R̃TL’ .
158
6.6 Die helizitätsabhängigen Strukturfunktionen
10−02
PWIA
PWIAS
FSI
FSI23
dp̂ R̃kT’ 10−04
Z
10−06
10−08
10−10
430
440
450
460
470
480
490
500
510
480
490
500
510
p1 / MeV
c
10−02
PWIA
PWIAS
FSI
FSI23
⊥
dp̂ R̃T’ 10−04
Z
10−06
10−08
10−10
430
440
450
460
470
p1 / MeV
c
Abbildung 6.40: Die helizitätsabhängigen Strukturfunktionen (V)
Wie in Abbildung 6.36; jedoch für die kinematische Konfiguration VI. Insbesondere gilt hier
ϑ = 40◦ , k 0 = 705 MeV/c und ϑ∗⊥ = 94, 60◦ .
159
~ (~e,e’n)
6 Numerische Untersuchung des Prozesses 3 He
10−02
PWIA
PWIAS
FSI
FSI23
FSIn
dp̂ R̃kTL’ 10−04
Z
10−06
10−08
10−10
430
440
450
460
470
480
490
500
510
480
490
500
510
p1 / MeV
c
10−02
PWIA
PWIAS
FSI
FSI23
FSIn
⊥
dp̂ R̃TL’ 10−04
Z
10−06
10−08
10−10
430
440
450
460
470
p1 / MeV
c
Abbildung 6.41: Die helizitätsabhängigen Strukturfunktionen (VI)
Wie in Abbildung 6.40; jedoch für R̃TL’ .
160
6.6 Die helizitätsabhängigen Strukturfunktionen
10−02
PWIA
PWIAS
FSI
FSI23
dp̂ R̃kT’ 10−04
Z
10−06
10−08
10−10
720
730
740
750
760
770
780
790
770
780
790
p1 / MeV
c
10−02
PWIA
PWIAS
FSI
FSI23
⊥
dp̂ R̃T’ 10−04
Z
10−06
10−08
10−10
720
730
740
750
760
p1 / MeV
c
Abbildung 6.42: Die helizitätsabhängigen Strukturfunktionen (VII)
Wie in Abbildung 6.36; jedoch für die kinematische Konfiguration VII. Insbesondere gilt hier
ϑ = 58◦ , k 0 = 508 MeV/c und ϑ∗⊥ = 75, 73◦ .
161
~ (~e,e’n)
6 Numerische Untersuchung des Prozesses 3 He
10−02
PWIA
PWIAS
FSI
FSI23
FSIn
dp̂ R̃kTL’ 10−04
Z
10−06
10−08
10−10
720
730
740
750
760
770
780
790
770
780
790
p1 / MeV
c
10−02
PWIA
PWIAS
FSI
FSI23
FSIn
⊥
dp̂ R̃TL’ 10−04
Z
10−06
10−08
10−10
720
730
740
750
760
p1 / MeV
c
Abbildung 6.43: Die helizitätsabhängigen Strukturfunktionen (VIII)
Wie in Abbildung 6.42; jedoch für R̃TL’ .
162
6.6 Die helizitätsabhängigen Strukturfunktionen
10−02
PWIA
PWIAS
FSI
FSI23
dp̂ R̃kT’ 10−04
Z
10−06
10−08
10−10
700
710
720
730
740
750
760
770
750
760
770
p1 / MeV
c
10−02
PWIA
PWIAS
FSI
FSI23
⊥
dp̂ R̃T’ 10−04
Z
10−06
10−08
10−10
700
710
720
730
740
p1 / MeV
c
Abbildung 6.44: Die helizitätsabhängigen Strukturfunktionen (IX)
Wie in Abbildung 6.36; jedoch für die kinematische Konfiguration VIII. Insbesondere gilt hier
ϑ = 58◦ , k 0 = 525 MeV/c und ϑ∗⊥ = 77, 06◦ .
163
~ (~e,e’n)
6 Numerische Untersuchung des Prozesses 3 He
10−02
PWIA
PWIAS
FSI
FSI23
FSIn
dp̂ R̃kTL’ 10−04
Z
10−06
10−08
10−10
700
710
720
730
740
750
760
770
750
760
770
p1 / MeV
c
10−02
PWIA
PWIAS
FSI
FSI23
FSIn
⊥
dp̂ R̃TL’ 10−04
Z
10−06
10−08
10−10
700
710
720
730
740
p1 / MeV
c
Abbildung 6.45: Die helizitätsabhängigen Strukturfunktionen (X)
Wie in Abbildung 6.44; jedoch für R̃TL’ .
164
6.6 Die helizitätsabhängigen Strukturfunktionen
10−02
PWIA
PWIAS
FSI
FSI23
dp̂ R̃kT’ 10−04
Z
10−06
10−08
10−10
660
670
680
690
700
710
720
730
710
720
730
p1 / MeV
c
10−02
PWIA
PWIAS
FSI
FSI23
⊥
dp̂ R̃T’ 10−04
Z
10−06
10−08
10−10
660
670
680
690
700
p1 / MeV
c
Abbildung 6.46: Die helizitätsabhängigen Strukturfunktionen (XI)
Wie in Abbildung 6.36; jedoch für die kinematische Konfiguration IX. Insbesondere gilt hier
ϑ = 58◦ , k 0 = 560 MeV/c und ϑ∗⊥ = 79, 79◦ .
165
~ (~e,e’n)
6 Numerische Untersuchung des Prozesses 3 He
10−02
PWIA
PWIAS
FSI
FSI23
FSIn
dp̂ R̃kTL’ 10−04
Z
10−06
10−08
10−10
660
670
680
690
700
710
720
730
710
720
730
p1 / MeV
c
10−02
PWIA
PWIAS
FSI
FSI23
FSIn
⊥
dp̂ R̃TL’ 10−04
Z
10−06
10−08
10−10
660
670
680
690
700
p1 / MeV
c
Abbildung 6.47: Die helizitätsabhängigen Strukturfunktionen (XII)
Wie in Abbildung 6.46; jedoch für R̃TL’ .
166
6.6 Die helizitätsabhängigen Strukturfunktionen
10−02
PWIA
PWIAS
FSI
FSI23
dp̂ R̃kT’ 10−04
Z
10−06
10−08
10−10
610
620
630
640
650
660
670
680
660
670
680
p1 / MeV
c
10−02
PWIA
PWIAS
FSI
FSI23
⊥
dp̂ R̃T’ 10−04
Z
10−06
10−08
10−10
610
620
630
640
650
p1 / MeV
c
Abbildung 6.48: Die helizitätsabhängigen Strukturfunktionen (XIII)
Wie in Abbildung 6.36; jedoch für die kinematische Konfiguration X. Insbesondere gilt hier
ϑ = 58◦ , k 0 = 595 MeV/c und ϑ∗⊥ = 82, 47◦ .
167
~ (~e,e’n)
6 Numerische Untersuchung des Prozesses 3 He
10−02
PWIA
PWIAS
FSI
FSI23
FSIn
dp̂ R̃kTL’ 10−04
Z
10−06
10−08
10−10
610
620
630
640
650
660
670
680
660
670
680
p1 / MeV
c
10−02
PWIA
PWIAS
FSI
FSI23
FSIn
⊥
dp̂ R̃TL’ 10−04
Z
10−06
10−08
10−10
610
620
630
640
650
p1 / MeV
c
Abbildung 6.49: Die helizitätsabhängigen Strukturfunktionen (XIV)
Wie in Abbildung 6.48; jedoch für R̃TL’ .
168
6.6 Die helizitätsabhängigen Strukturfunktionen
-0.2
-0.3
dp̂ R̃nTL’
Z
-0.5
Z
dp̂ R̃pTL’
-0.4
-0.6
-0.7
-0.8
520
530
540
550
560
570
580
590
600
p1 / MeV
c
0.18
0.16
TL’
n
dp̂ R̃
Z
dp̂ R̃
Z
TL’
p
0.14
0.12
0.1
0.08
0.06
0.04
0.02
610
620
630
640
650
660
670
680
p1 / MeV
c
zu R̃TL’
Abbildung 6.50: Das Verhältnis von R̃TL’
n
p
Dargestellt ist das Verhältnis der integrierten Strukturfunktionen R̃pTL’ und R̃nTL’ . Es wurden die kinematischen Konfigurationen I (oberes Diagramm) und X (unteres Diagramm) aus
Tabelle 6.1 zugrunde gelegt. Die Unterschiede zwischen den Ergebnissen für parallele und
senkrechte Polarisationsrichtung lassen sich im Rahmen der Zeichengenauigkeit nicht voneinander unterscheiden.
169
~ (~e,e’n)
6 Numerische Untersuchung des Prozesses 3 He
0.22
0.2
0.18
TL’
dp̂ R̃⊥
Z
Z
T’
dp̂ R̃⊥
0.16
PWIA
PWIAS
FSI
FSIn
FSI23
0.14
0.12
0.1
0.08
0.06
0.04
520
530
540
550
560
570
580
590
600
p1 / MeV
c
0.64
0.62
0.6
dp̂ R̃⊥
TL’
Z
Z
dp̂ R̃⊥
T’
0.58
PWIA
PWIAS
FSI
FSIn
FSI23
0.56
0.54
0.52
0.5
0.48
0.46
0.44
720
730
740
750
760
770
780
790
p1 / MeV
c
TL’
Abbildung 6.51: Das Verhältnis von R̃T’
⊥ zu R̃⊥
Dargestellt ist das Verhältnis der integrierten Strukturfunktionen R̃T’ und R̃TL’ bei senkrechter Polarisationsrichtung. FSIn“ bedeutet, daß für R̃TL’ nur der neutronische Anteil berück”
sichtigt wurde. Es wurden die kinematischen Konfigurationen I (oberes Diagramm) und VII
(unteres Diagramm) aus Tabelle 6.1 zugrunde gelegt.
170
6.6 Die helizitätsabhängigen Strukturfunktionen
10−03
FSI
FSI (C3 = 0)
PWIAS
PWIAS (C3 = 0)
dp̂ R̃kTL’ 10−05
Z
10−07
10−09
10−11
10−13
0
100
200
300
400
500
600
400
500
600
p1 / MeV
c
10−03
FSI
FSI (C3 = 0)
PWIAS
PWIAS (C3 = 0)
Z
⊥
dp̂ R̃TL’ 10−05
10−07
10−09
10−11
10−13
0
100
200
300
p1 / MeV
c
Abbildung 6.52: Der Einfluß des Formfaktors GnM auf R̃TL’
Dargestellt ist die integrierte Strukturfunktionen R̃TL’ bei paralleler (oberes Diagramm) und
senkrechter (unteres Diagramm) Polarisationsrichtung. C3 = 0“ bedeutet, daß der in Glei”
chung
(6.36)
auftretende
Faktor
C
=
0
gesetzt
wurde.
Die Differenz der Kurven R̃TL’ und
3
TL’ R̃ C3 =0 beschreibt unmittelbar den Einfluß des Formfaktors G nM .
171
~ (~e,e’n)
6 Numerische Untersuchung des Prozesses 3 He
6.7 Wirkungsquerschnitte und Asymmetrieverhältnisse
Nachdem wir uns bisher in diesem Kapitel ausgiebig mit den Strukturfunktionen des
sechsfach-differentiellen Wirkungsquerschnittes beschäftigt haben, wollen wir uns nun den
meßbaren Größen zuwenden. Dies sind insbesondere der Wirkungsquerschnitt selbst und
das daraus abgeleitete Asymmetrieverhältnis, dem die zentrale Bedeutung bei der Bestimmung des elektrischen Formfaktors GnE zukommt.
Gemäß der Formel (1.96) unterscheiden sich die einzelnen Anteile des sechsfach-differentiellen Wirkungsquerschnittes lediglich durch einige zusätzliche kinematische Faktoren von
den bisher betrachteten integrierten Strukturfunktionen. Wir definieren zur Abkürzung
Z
L
2 p mN
vL dp̂ R̃L
(6.37)
Σ (p1 ) ≡ σM p1
2
Z
T
2 p mN
Σ (p1 ) ≡ σM p1
vT dp̂ R̃T
(6.38)
2
Z
p mN
vTL dp̂ R̃TL
(6.39)
ΣTL (p1 ) ≡ σM p21
2
Z
TT
2 p mN
Σ (p1 ) ≡ σM p1
vTT dp̂ R̃TT
(6.40)
2
Z
p mN
∆T (p1 ) ≡ σM p21
vT’ dp̂ R̃T’
(6.41)
2
Z
p mN
vTL’ dp̂ R̃TL’ .
(6.42)
∆TL (p1 ) ≡ σM p21
2
Die jeweiligen Kurvenverläufe sind in den Abbildungen 6.53 - 6.55 exemplarisch für die
kinematische Konfiguration I aus Tabelle 6.1 dargestellt. Da für diese spezielle Kinematik
die Anteile ΣTL (p1 ) und ΣTT (p1 ) im Rahmen aller Endzustandsmodelle verschwinden (vgl.
Abschnitte 6.2 bis 6.4) tauchen diese in den Abbildungen nicht auf. In den Diagrammen
wird auf die explizite Angabe der Einheiten verzichtet. Für alle Funktionen gilt
h
i
fm2
.
Σ (p1 ), ∆ (p1 ) =
sr2 (MeV/c)2
···
···
(6.43)
Für alle Kurven ist gut zu erkennen, daß diese bei Annäherung an den Wert p1 = 0 verschwinden, was nach (6.37)-(6.42) zu erwarten ist. Umgekehrt gilt dies auch bei Annähe, da hier der Relativimpuls p den Wert Null annimmt.
rung an die obere Grenze p1 = pmax
1
Das Abfallen geschieht hier jedoch mit nahezu unendlicher Steigung; es ist in den Diagrammen nicht zu erkennen. Dieser steile Abfall ist durch das gleichzeitige Anwachsen des
Terms p21 bedingt. Zum Vergleich ist in Abbildung 6.56 das Produkt p21 · p aufgetragen.
Wir wenden uns nun dem in (4.81) definierten Asymmetrieverhältnis zu. Dabei verwenden wir wiederum die in Abschnitt 6.1 definierten Polarisationsrichtungen ŝk und ŝ⊥ .
172
6.7 Wirkungsquerschnitte und Asymmetrieverhältnisse
Im allgemeinen ist dann der Impuls des Photons nicht exakt senkrecht bzw. parallel zur
Kernpolarisationsrichtung, wenn wir von den bisher verwendeten kinematischen Konfigurationen ausgehen.
Zur Vereinfachung betrachten wir nur den Fall, in dem der Impuls des gestreuten Elektrons und die Richtungsvektoren ŝ in einer Ebene liegen (dann gilt ϕe = 0). In diesem Fall
kürzen sich die in den Asymmetrien (1.99) auftauchenden helizitätsunabhängigen Anteile
des Wirkungsquerschnittes heraus (vgl. die Anmerkungen auf Seite 144). Dann gilt analog
zu (4.82)
Z
dp̂ vT’ R̃T’ + vTL’ R̃TL’
⊥
(6.44)
V = Z
.
dp̂ vT’ R̃T’ + vTL’ R̃TL’
k
Unter Verwendung der Zerlegung (6.32) für die Strukturfunktion R̃TL’ schreiben wir hierfür
V
=
Z
dp̂ vT’ R̃T’ + vTL’ R̃nTL’ + vTL’ R̃pTL’
⊥
Z
dp̂ vT’ R̃T’ + vTL’ R̃nTL’ + vTL’ R̃pTL’
≡ V T + VnTL + VpTL .
k
(6.45)
Dabei stehen die Indizes in der zweiten Zeile stellvertretend für die im Zähler der ersten
Zeile auftretenden Strukturfunktionen. Der Term VpTL verschwindet für die quasi-freien
Modelle PWIA und FSI23, da dort R̃pTL’ definitionsgemäß nicht existiert.
In den Abbildungen 6.57 - 6.63 sind exemplarisch für einige kinematischen Konfigurationen (dies sind die gleichen, die wir im vorangegangenen Abschnitt 6.6 betrachtet haben)
die Asymmetrieverhältnisse als Funktion des Relativimpulses p1 im Bereich des quasifreien Peaks aufgetragen. In den jeweils unteren Diagrammen sind die Anteile V T und V TL
getrennt dargestellt. Für die vollständige Endzustandswechselwirkung ist darüber hinaus
der Anteil VnTL ebenfalls mit eingezeichnet; die entsprechenden Kurven sind mit FSIn“
”
gekennzeichnet. Aus der Differenz der Kurven FSI und FSIn läßt sich demnach direkt der
Anteil VpTL ablesen. Auf die Darstellung des Beitrages VnTL für die PWIAS wurde verzichtet,
weil dieser sich in den Darstellungen nicht von den PWIA-Werten unterscheiden läßt.
Die mit PSS“ gekennzeichneten Geraden stellen diejenigen Werte dar, die sich für die
”
Modelle PWIA und FSI23 unter Verwendung des dominanten S-Zustandes ergeben. Als
Funktion von p1 betrachtet sind diese stets konstant. Sie lassen sich vermöge der Ausdrücke
(4.75) und (4.76) für die Strukturfunktionen R̃T’ und R̃TL’ analytisch berechnen, da die
dort auftauchenden Spektralfunktionen sich bei der Bildung des Asymmetrieverhältnisses
173
~ (~e,e’n)
6 Numerische Untersuchung des Prozesses 3 He
gegeneinander herauskürzen. Im Falle der parallelen Kinematik (ϑ1 = 0) folgt
√
2
Q
GnM (Q2 ) cos ϑ∗⊥ + vTL’ 2GnE (Q2 )GnM (Q2 ) sin ϑ∗⊥ cos ϕ∗⊥
2mN
.
V =
√ n 2 n 2
Q
∗
∗
n
2 2
∗
−vT’
G (Q ) cos ϑk + vTL’ 2GE (Q )GM (Q ) sin ϑk cos ϕk
2mN M
−vT’
(6.46)
Vergleicht man innerhalb der einzelnen Diagramme die Resultate für die einzelnen Endzustandsmodelle miteinander, so ergeben sich folgende Aussagen:
• Im Bereich des quasi-freien Peaks unterscheiden sich die Asymmetrieverhältnisse für
die Modelle PWIA und FSI23 nur unwesentlich voneinander; sie nehmen annähernd
den konstanten Wert der PSS-Rechnung an. Dies bestätigt die am Ende des Abschnittes 6.2 getroffene Feststellung, daß sich hier die Strukturfunktionen R̃T’ und
R̃TL’ in guter Näherung durch eine einheitliche Spektralfunktion darstellen lassen.
• Der Vergleich der Modelle PWIA und FSI23 einerseits und PWIAS andererseits zeigt,
daß sich hier bereits erkennbare Differenzen für den Anteil V TL ergeben. Nach den Untersuchungen aus Abschnitt 6.3 können wir dies im wesentlichen auf das Auftauchen
des protonischen Beitrages R̃pTL’ im Zähler von (6.45) zurückführen. Demgegenüber
lassen sich für V T keine Unterschiede erkennen.
• Für p1 → pmax
unterscheiden sich die FSI-Resultate für VnTL nur um wenige Prozent
1
von den PSS-Werten. Allerdings stellen wir für alle kinematischen Konfigurationen
auch in diesem Bereich einen spürbaren Beitrag VpTL fest. Besonders groß ist dieser
für die kinematische Konfiguration I (vgl. hierzu die Diskussion im vorangegangenen
Abschnitt 6.6). Der Betrag von V T unterscheidet sich im allgemeinen nur wenig von
den Werten der übrigen Endzustandsmodelle. Dies gilt jedoch nur für den Fall der
parallelen Kinematik; für von Null verschiedene Werte von ϑ1 ergeben sich deutlichere
Abweichungen. Als Beleg für diese Aussage möge Abbildung 6.64 dienen; dort sind
die entsprechenden Kurven für die kinematische Konfiguration III aus Tabelle 6.1
(dort ist ϑ1 = 6◦ ) abgebildet.
Die letztgenannte Feststellung zeigt, daß das Vorhandensein der vollständigen Endzustandswechselwirkung grundsätzlich den Wert des Asymmetrieverhältnisses stark beeinflußt. Dies gilt neben den hier besprochenen Bereichen in der Nähe des quasi-freien Peaks
natürlich auch für kleinere Neutronimpulse; dort lassen sich die Asymmetrieverhältnisse
in keinster Weise mehr mit den PSS-Werten beschreiben. Zusammengefaßt gelangen wir
zu dem Schluß, daß bei der theoretischen Analyse von experimentell gemessenen Asymmetrieverhältnissen stets die Endzustandswechselwirkung berücksichtigt werden muß. Dies
174
6.7 Wirkungsquerschnitte und Asymmetrieverhältnisse
gilt natürlich insbesondere dann, wenn man hieraus Rückschlüsse über den elektrischen
Formfaktor des Neutrons ziehen möchte.
~ e,e’n)-ExperiIm Hinblick auf die in Kapitel 7 durchgeführte Analyse des Mainzer 3 He(~
mentes sei abschließend noch vermerkt, daß insbesondere der Anteil V T des Asymmetrieverhältnisses sehr stark von der jeweiligen kinematischen Konfiguration abhängt. Nach der
Diskussion in Abschnitt 6.6 können wir dies im wesentlichen auf die Abhängigkeit der
Strukturfunktion R̃T’ vom Winkel ϑ∗⊥ zurückführen. Wir werden später sehen, daß hiermit
große Schwierigkeiten bei der Bestimmung des Formfaktors GnE verbunden sind.
175
~ (~e,e’n)
6 Numerische Untersuchung des Prozesses 3 He
10−08
PWIA
PWIAS
FSI
FSI23
ΣL (p1 )
10−10
10−12
10−14
10−16
10−18
0
100
200
300
400
500
600
400
500
600
p1 / MeV
c
10−08
PWIA
PWIAS
FSI
FSI23
ΣT (p1 )
10−10
10−12
10−14
10−16
10−18
0
100
200
300
p1 / MeV
c
Abbildung 6.53: Die einzelnen Anteile des Wirkungsquerschnittes (I)
Dargestellt sind die Kurvenverläufe für ΣL (p1 ) (oberes Diagramm) und ΣT (p1 ) (unteres Diagramm) für die Modelle PWIA, PWIAS, FSI23 und FSI. Die kinematischen Parameter entsprechen der Konfiguration I aus Tabelle 6.1.
176
6.7 Wirkungsquerschnitte und Asymmetrieverhältnisse
10−08
PWIA
PWIAS
FSI
FSI23
10−10
k
T
∆ (p1 )
10−12
10−14
10−16
10−18
0
100
200
300
400
500
600
400
500
600
p1 / MeV
c
10−08
PWIA
PWIAS
FSI
FSI23
10−10
⊥
T
∆ (p1 )
10−12
10−14
10−16
10−18
0
100
200
300
p1 / MeV
c
Abbildung 6.54: Die einzelnen Anteile des Wirkungsquerschnittes (II)
Dargestellt sind die zu Abbildung 6.53 analogen Kurven für |∆T (p1 )|. Das obere Diagramm zeigt die Ergebnisse für parallele, das untere für senkrechte Polarisationsrichtung.
Die Knicke“ in den Kurven für FSI23 und FSI deuten Nulldurchgänge in den betreffenden
”
Bereichen an; im Maximum besitzen alle Kurven ein negatives Vorzeichen.
177
~ (~e,e’n)
6 Numerische Untersuchung des Prozesses 3 He
10−08
PWIA
PWIAS
FSI
FSI23
TL
∆ (p1 )
10−10
k
10−12
10−14
10−16
10−18
0
100
200
300
400
500
600
400
500
600
p1 / MeV
c
10−08
PWIA
PWIAS
FSI
FSI23
TL
∆ (p1 )
10−10
⊥
10−12
10−14
10−16
10−18
0
100
200
300
p1 / MeV
c
Abbildung 6.55: Die einzelnen Anteile des Wirkungsquerschnittes (III)
Dargestellt sind die zu Abbildung 6.53 analogen Kurven für |∆TL (p1 )|. Das obere Diagramm
zeigt die Ergebnisse für parallele, das untere für senkrechte Polarisationsrichtung. Bei paralleler Polarisationsrichtung besitzen alle Kurven im Maximum ein negatives Vorzeichen und
im senkrechten Fall ein positives.
178
6.7 Wirkungsquerschnitte und Asymmetrieverhältnisse
6 · 107
5 · 107
p21 · p/
MeV 3
c
4 · 107
3 · 107
2 · 107
1 · 107
0
0
100
200
300
400
500
600
p1 / MeV
c
Abbildung 6.56: Das Produkt p21 · p
Das Diagramm zeigt das Produkt p21 · p, welches maßgeblich den Phasenraumfaktor bestimmt,
als Funktion des Neutronimpulses p 1 . Für p1 = pmax
nimmt der Relativimpuls p den Wert
1
Null an.
179
~ (~e,e’n)
6 Numerische Untersuchung des Prozesses 3 He
-2
-4
-6
-8
PSS
PWIA
PWIAS
FSI23
FSI
-10
V /% -12
-14
-16
-18
-20
-22
-24
510
520
530
540
550
560
570
580
590
600
p1 / MeV
c
5
0
VT
-5
V /%
PSS
PWIA
PWIAS
FSI23
FSI
FSIn
-10
-15
-20
V TL
-25
-30
510
520
530
540
550
560
570
580
590
600
p1 / MeV
c
Abbildung 6.57: Verlauf des Asymmetrieverhältnisses (I)
Dargestellt ist das Asymmetrieverhältnis V (oberes Diagramm) sowie die Anteile V T und V TL
(unteres Diagramm) als Funktion des Neutronimpulses p 1 für die kinematische Konfiguration
I aus Tabelle 6.1. Die mit FSIn“ gekennzeichnete Kurve stellt den Anteil V nTL für das FSI”
Modell dar.
180
6.7 Wirkungsquerschnitte und Asymmetrieverhältnisse
-14
-16
-18
-20
PSS
PWIA
PWIAS
FSI23
FSI
V /% -22
-24
-26
-28
-30
-32
460
470
480
490
500
510
520
530
PSS
PWIA
PWIAS
FSI23
FSI
FSIn
VT
540
p1 / MeV
c
0
-5
-10
V /%
-15
-20
V TL
-25
-30
460
470
480
490
500
510
520
530
540
p1 / MeV
c
Abbildung 6.58: Verlauf des Asymmetrieverhältnisses (II)
Wie in Abbildung 6.57; jedoch für die kinematische Konfiguration V aus Tabelle 6.1.
181
~ (~e,e’n)
6 Numerische Untersuchung des Prozesses 3 He
-16
-18
-20
PSS
PWIA
PWIAS
FSI23
FSI
-22
-24
V /%
-26
-28
-30
-32
-34
-36
430
440
450
460
470
480
490
500
510
p1 / MeV
c
-10
VT
PSS
PWIA
PWIAS
FSI23
FSI
FSIn
-15
V /%
-20
V TL
-25
430
440
450
460
470
480
490
500
510
p1 / MeV
c
Abbildung 6.59: Verlauf des Asymmetrieverhältnisses (III)
Wie in Abbildung 6.57; jedoch für die kinematische Konfiguration VI aus Tabelle 6.1.
182
6.7 Wirkungsquerschnitte und Asymmetrieverhältnisse
5
4
3
PSS
PWIA
PWIAS
FSI23
FSI
2
V /%
1
0
-1
-2
-3
720
730
740
750
760
770
780
790
p1 / MeV
c
30
20
VT
PSS
PWIA
PWIAS
FSI23
FSI
FSIn
10
V /%
0
-10
V TL
-20
-30
720
730
740
750
760
770
780
790
p1 / MeV
c
Abbildung 6.60: Verlauf des Asymmetrieverhältnisses (IV)
Wie in Abbildung 6.57; jedoch für die kinematische Konfiguration VII aus Tabelle 6.1.
183
~ (~e,e’n)
6 Numerische Untersuchung des Prozesses 3 He
2
1
0
PSS
PWIA
PWIAS
FSI23
FSI
-1
V /%
-2
-3
-4
-5
700
710
720
730
740
750
760
770
p1 / MeV
c
30
20
PSS
PWIA
PWIAS
FSI23
FSI
FSIn
10
V /%
VT
0
-10
V TL
-20
-30
700
710
720
730
740
750
760
770
p1 / MeV
c
Abbildung 6.61: Verlauf des Asymmetrieverhältnisses (V)
Wie in Abbildung 6.57; jedoch für die kinematische Konfiguration VIII aus Tabelle 6.1.
184
6.7 Wirkungsquerschnitte und Asymmetrieverhältnisse
-6
-7
-8
-9
V /% -10
-11
PSS
PWIA
PWIAS
FSI23
FSI
-12
-13
-14
-15
660
670
680
690
700
710
720
730
p1 / MeV
c
20
15
10
VT
PSS
PWIA
PWIAS
FSI23
FSI
FSIn
5
0
V /% -5
-10
-15
V TL
-20
-25
-30
-35
660
670
680
690
700
710
720
730
p1 / MeV
c
Abbildung 6.62: Verlauf des Asymmetrieverhältnisses (VI)
Wie in Abbildung 6.57; jedoch für die kinematische Konfiguration IX aus Tabelle 6.1.
185
~ (~e,e’n)
6 Numerische Untersuchung des Prozesses 3 He
-11
PSS
PWIA
PWIAS
FSI23
FSI
-12
-13
V /%
-14
-15
-16
-17
-18
610
620
630
640
650
660
670
680
p1 / MeV
c
15
10
PSS
PWIA
PWIAS
FSI23
FSI
FSIn
5
0
V /%
VT
-5
-10
-15
-20
V TL
-25
-30
610
620
630
640
650
660
670
680
p1 / MeV
c
Abbildung 6.63: Verlauf des Asymmetrieverhältnisses (VII)
Wie in Abbildung 6.57; jedoch für die kinematische Konfiguration X aus Tabelle 6.1.
186
6.7 Wirkungsquerschnitte und Asymmetrieverhältnisse
0
-10
-20
V /%
-30
PSS
PWIA
PWIAS
FSI23
FSI
-40
-50
-60
510
520
530
540
550
560
570
580
590
600
p1 / MeV
c
10
0
VT
-10
V /%
-20
V TL
-30
PSS
PWIA
PWIAS
FSI23
FSI
FSIn
-40
-50
-60
510
520
530
540
550
560
570
580
590
600
p1 / MeV
c
Abbildung 6.64: Verlauf des Asymmetrieverhältnisses (VII)
Wie in Abbildung 6.57; jedoch für die kinematische Konfiguration II aus Tabelle 6.1; insbesondere ist hier ϑ1 = 6◦ .
187
~ (~e,e’n)
6 Numerische Untersuchung des Prozesses 3 He
188
7 Analyse des Mainzer
3He
~ (~e,e’n)-Experimentes
Die in diesem Kapitel analysierten Messungen fanden im Rahmen der A3-Kollaboration
am Mainzer Beschleuniger MAMI statt. Ziel des Experimentes war die Bestimmung des
elektrischen Formfaktors GEn des Neutrons. Eine genaue Beschreibung des experimentellen Aufbaus sowie die Zusammenfassung der Meßergebnisse findet man bei [Bec97] und
[Bec99]. Ebenfalls sehr informativ sind die Veröffentlichungen zum Vorgängerexperiment:
[Mey94], [Mey94a] und [Hei95].
Die Analyse des Experimentes hatte im wesentlichen zwei Ziele, nämlich zum einen die
Extraktion des elektrischen Formfaktors des Neutrons aus dem experimentellen Asymmetrieverhältnis und zum anderen die Untersuchung der Frage, inwiefern sich unter Annahme
vereinfachter Modelle eine experimentelle Bestimmung des Formfaktors durchführen läßt.
Wir beginnen mit einer kurzen Beschreibung des Experimentes, einschließlich der für
diese Arbeit relevanten Meßresultate. Es folgen ein Abschnitt über die Durchführung der
theoretischen Berechnungen und abschließend die Präsentation der Ergebnisse.
7.1 Beschreibung des experimentellen Aufbaus
In der folgenden (sehr groben) Darstellung des experimentellen Aufbaus beschränken wir
uns auf diejenigen Aspekte, die zur theoretischen Analyse wichtig sind. Was die weiteren
Details, wie zum Beispiel Aufbau und Funktionsweise der Detektoren sowie die Polarisation
der Elektronen und des 3 He-Targets, anbelangt, sei an dieser Stelle nochmals auf [Bec97]
verwiesen.
Der Elektronendetektor hat eine quadratische Auffangfläche von 64 · 64 cm2 und steht in
1,85 m Entfernung vom Mittelpunkt der Target-Zelle unter einem zentralen Winkel von ϑ̄ =
49◦ . Der Neutronendetektor besteht aus zwei rechteckigen, hintereinander angeordneten
Wänden, die 4,30 m bzw. 5,60 m vom Ursprung entfernt sind und einen zentralen Winkel
von ϑ̄ = 50◦ aufweisen. Die Fläche der ersten Wand beträgt 240 · 180 cm2 , die der zweiten
189
~ (~e,e’n)-Experimentes
7 Analyse des Mainzer 3 He
320 · 300 cm2 .
Das Experiment wurde durchgeführt für zwei verschiedene Targetpolarisationsrichtungen, ŝk und ŝ⊥ . Die Richtung von ŝk ist im System KD (vergleiche hierzu die Definition
in Anhang A) gegeben durch ϑk = 50, 6◦ und ϕk = 180◦ und weist somit in die Richtung
des Neutronendetektors; ŝ⊥ steht senkrecht dazu in der x-z-Ebene und hat die Raumwinkelkoordinaten ϑ⊥ = 39, 4◦ und ϕ⊥ = 0◦ . Die hier verwendeten Bezeichnungen parallel“
”
und senkrecht“ sind strenggenommen nicht korrekt, weil sie nur dann zutreffen, wenn der
”
Impuls des ausgetauschten Photons exakt in Richtung der Polarisationsachse weist bzw.
senkrecht darauf steht (vgl. Abschnitt 4.3).
Es wurden die Richtung der gestreuten Elektronen sowie Richtung und Impulsbetrag
der auslaufenden Neutronen gemessen. Der Elektronendetektor erlaubte nur eine grobe
Bestimmung der Energie, die mit einem sehr großen Fehler behaftet war, aber wenigstens
pionische Prozesse auszuschließen erlaubte. Daher werden wir die Energie der gestreuten
Elektronen im weiteren als nicht nachgewiesen betrachten. Während der Messungen wurde
in bestimmten zeitlichen Abständen die Targetpolarisationsrichtung gewechselt, während
die Helizität der einlaufenden Elektronen mit einer Frequenz von 1 Hz statistisch variiert
wurde.
An der Datenmenge wurden einige Schnitte durchgeführt, die gewährleisten sollten, daß
zufällige Koinzidenzen sowie Ereignisse aus Sekundärprozessen weitestgehend ausgeschlossen werden können. Aus der bereinigten Datenmenge wurden die Asymmetrien für die
beiden Targetpolarisationsrichtungen ermittelt. Bezeichnet N (h = ±1) die Anzahl der Ereignisse, die für positive bzw. negative Helizität der Elektronen gemessen wurden, so lauten
diese
N (h = +1) − N (h = −1)
exp
.
(7.1)
Ak,⊥ =
N (h = +1) + N (h = −1) k,⊥
Hieraus bildet man analog zu (4.81) das Verhältnis von senkrechter“ zu paralleler“ Asym”
”
metrie,
V exp ≡
Aexp
⊥
.
Aexp
k
(7.2)
Für das Asymmetrieverhältnis wurde folgender Werte ermittelt:
V exp =
−7, 26% ± 1, 14% .
(7.3)
Die Zahlen stellen gewichtete Mittelwerte aus drei Meßphasen dar; die angegebenen Fehler
sind rein statistischer Natur.
190
7.2 Durchführung der Rechnungen
7.2 Durchführung der Rechnungen
In diesem Abschnitt beschäftigen wir uns mit der Vorgehensweise zur Berechnung des
Asymmetrieverhältnisses V . Ausgangspunkt ist dabei der sechsfach-differentielle Wirkungsquerschnitt (1.96). Da im Experiment die Impulsbeträge der gestreuten Elektronen nicht
gemessen werden, integrieren wir über diese und erhalten zunächst
d5 σ
dk̂ 0 dp̂1 dp1
Z
Z
h
i
mN
2
0
L
T
TT
TL
T’
TL’
=
σM p1 dk p dp̂ vL R̃ + vT R̃ + vTT R̃ + vTL R̃ + h vT’ R̃ + vTL’ R̃
.
2
(7.4)
Die Integration über die Energie des gestreuten Elektrons wird in der Praxis normalerweise
ersetzt durch eine Integration über den Relativimpuls p der beiden nicht nachgewiesenen
Nukleonen, da die Kernmatrixelemente als Funktion der Jacobi-Impulse p und q berechnet
werden (siehe Kapitel 2). Der funktionale Zusammenhang zwischen k 0 und p ergibt sich
durch Umformung der aus Energie- und Impulserhaltung folgenden Beziehung (1.97):
k 0 = k cos ϑe − p1 · k̂0 − 2mN
r
2
k cos ϑe − p1 · k̂0 − 2mN + 4mN (k + E3 ) − 4p2 − 3p21 − k 2 + 2 p1 · k .
+
(7.5)
Damit folgt
dk
0
0
∂k dp
= ∂p = r
4p dp
k cos ϑe − p1 · k̂0 − 2mN
2
+ 4mN (k + E3 ) − 4p2 − 3p21 − k 2 + 2 p1 · k
4p dp
.
= 0
0
k − k cos ϑe + p1 · k̂ + 2mN (7.6)
Mit der Abkürzung
ρ ≡ r
0
k cos ϑe − p1 · k̂ − 2mN
2
2mN
+ 4mN (k + E3 ) −
(7.7)
4p2
−
3p21
−
k2
+ 2 p1 · k
lautet dann der fünffach differentielle Wirkungsquerschnitt (7.4)
Z
h
i
d5 σ
2
L
T
TT
TL
T’
TL’
= σM p1 dp ρ vL R̃ + vT R̃ + vTT R̃ + vTL R̃ + h vT’ R̃ + vTL’ R̃
.
dk̂ 0 dp̂1 dp1
(7.8)
191
~ (~e,e’n)-Experimentes
7 Analyse des Mainzer 3 He
Die Hauptarbeit besteht nun darin, die den experimentellen Messungen entsprechenden,
integrierten Wirkungsquerschnitte
Z
Z
Z
Z
∆5 σ
2
0
dp1 p1
dk̂ σM
dp̂1 dp ρ
=
∆k̂ 0 ∆p̂1 ∆p1
∆p1
∆p̂1
∆k̂ 0
h
i
L
T
TT
TL
T’
TL’
vL R̃ + vT R̃ + vTT R̃ + vTL R̃ + h vT’ R̃ + vTL’ R̃
(7.9)
zu berechnen, wobei die Integrationsbereiche einerseits durch die Geometrie des Experimentes und andererseits durch die Schnitte an der Datenmenge vorgegeben sind. Letztere
sind maßgeblich für die Auswahl der Neutronenimpulse und -richtungen1 .
Die einzelnen Integrationen werden nun eingehender beschrieben. Dabei halten wir die
in (7.9) angegebene Reihenfolge ein und gehen von außen nach innen vor.
Die Richtung des gestreuten Elektrons wird nur durch die räumliche Lage des Detektors
begrenzt. Dabei spielt es keine Rolle, ob man zuerst über den Polarwinkel ϑe oder den
Azimutalwinkel ϕe integriert. Hier wurde jedoch bewußt ϑe als äußerer Parameter gewählt,
da dieser im wesentlichen den Impulsbetrag des Photons festlegt. Die Grenzen für ϕe
hängen dann vom jeweiligen Wert für ϑe ab. Zur Berechnung des Raumwinkelbereiches
des Elektronendetektors ist es günstig, ein Koordinatensystem K 0 zu betrachten, welches
sich durch Rotation um die y-Achse um den Winkel ϑ̄ = 49◦ gegen den Uhrzeigersinn aus
dem System KD ergibt (vgl. Abbildung 7.1a). Seine z-Achse weist offensichtlich auf den
Detektormittelpunkt, und für alle Punkte innerhalb der Detektorebene gilt
z 0 = R = const ,
wobei R den Abstand des Mittelpunktes zum Ursprung darstellt. Die zugehörige Koordinatentransformation lautet

  
cos ϑ̄ x0 − sin ϑ̄ R
x

  
(7.10)
r= y =
y0
 .
sin ϑ̄ x0 + cos ϑ̄ R
z
Hieraus folgt für die Elektronenwinkel im System KD
p
x2 + y 2
tan ϑe =
z
1
Experimentell wurden noch zwei weitere Schnitte an der Datenmenge vorgenommen, nämlich in den
Pulshöhenspektren beider Detektoren. Diese dienten zur Reduzierung von Zufallsereignissen sowie zur
Unterdrückung von Ereignissen aus Pionenproduktionen. Solche Effekte treten in den Rechnungen jedoch
nicht auf.
192
7.2 Durchführung der Rechnungen
...
........ z
...
...
...
0
z
...
........
...
........
......
...
......
...
......
.
.
.
.
.
.
.
.
. ..
......
.
.
.
.
.
.
.
.
.
...... .......
....
...........
.
......
...... ϑ̄e ....
.
......
...... ....
...... ..
................................................................................................
..
....
x
....
.
.
.
.
....
.....
.
.
.
...
....
.....
.
.
..
....
....
.
.
.
...
........ 0
(a)
x
... 0
........ y
..
...
..
...
...
...
....
...
....
..
...
.
..
...
....
...
...
.................................................................................................................................................... ....
..
... ...
.
....
... ...
...
....
... ...
......
...
... ...
......
... ...
.
.......
.
......
.
......
..
......
......
.
.
... ...
......
.
......
.
... ...
..
.....
... ...
.
.
... ...
...
..
... ...
...
.
... ...
...
.
.
.
.
.
.
.
.
..................................................................................................................................................................................................
.
... ..
....
.
... ...
..
....
.. ...
...
x0
... ..
.
.......
.
.
... ..
.
.....
... ...
.
.
.....
.......
.
..
......
......
.
......
........
.
.
.....
.. ...
.
......
.
.
... ...
.....
.
... ....
.
.
.....
.
.. ..
.
.
...
......................................................................................................................................................... ....
...
...
.
...
..
...
.
...
...
...
...
...
...
...
.
.
...
...
.
...
.
...
.
...
.
..
.
...
...
..
(b)
Abbildung 7.1: Bestimmung der Grenzwinkel
Abbildung (a) zeigt das im Text beschriebene Koordinatensystem K 0 .
In Abbildung (b) ist die Umrandung des Elektronendetektors dargestellt. Die beiden Kurven
gehörende Ellipse (rechte Kurve) bzw. Hyperbel (linke Kurve).
bzw. ϑmax
sind die zu ϑmin
e
e
p
cos2 ϑ̄ x02 − 2 cos ϑ̄ sin ϑ̄ x0 R + sin2 ϑ̄ R2 + y 02
=
sin ϑ̄ x0 + cos ϑ̄ R
y
tan ϕe =
x
y0
.
=
cos ϑ̄ x0 − sin ϑ̄ R
Gleichung (7.11) läßt sich umformen zu
0 = x02 cos2 ϑ̄ − sin2 ϑ̄ tan2 ϑe + y 02 − x0 2 cos ϑ̄ sin ϑ̄R tan2 ϑe + 1
+ R2 sin2 ϑ̄ − cos2 ϑ̄ tan2 ϑe .
(7.11)
(7.12)
(7.13)
Dies beschreibt den Kegelschnitt zwischen der Detektorebene und einem Kegel um die
z-Achse mit dem Öffnungswinkel ϑe . Letzterer legt fest, um welche Art Kegelschnitt es sich
handelt: für ϑe < 41◦ ergeben sich Ellipsen, für ϑe = 41◦ eine Parabel und für ϑe > 41◦
Hyperbelpaare. Zur Festlegung des Raumwinkelbereiches bestimmt man zunächst das ϑe Intervall gemäß Abbildung 7.1b; dies liefert die Grenzwinkel
ϑmin
= 39, 19◦ ; ϑmax
= 59, 31◦ .
e
e
(7.14)
Innerhalb diese Bereiches lassen sich dann mit Hilfe von (7.11) und (7.12) die zu jedem
ϑe -Wert gehörenden ϕe -Grenzen bestimmen. Diese Abhängigkeit ist in Abbildung 7.2 dargestellt.
193
~ (~e,e’n)-Experimentes
7 Analyse des Mainzer 3 He
70
65
60
55
ϑ/◦
50
45
40
35
30
-20
-15
-10
-5
0
5
10
15
20
185
190
195
200
ϕ/◦
70
65
60
55
ϑ/◦
50
45
40
35
30
160
165
170
175
180
ϕ/
◦
Abbildung 7.2: Raumwinkelverteilung der Detektoren
Dargestellt sind die Eingangsflächen im System KD . Das obere Diagramm zeigt den
Elektronen-, das untere den Neutronendetektor. Letzterer besteht tatsächlich aus zwei hintereinander stehenden Anordnungen, wovon hier jedoch nur die näherstehende dargestellt ist;
der Raumwinkelbereich der zweiten ist etwas größer.
194
7.2 Durchführung der Rechnungen
ϑe / ◦
MeV
pmin
1 / c
pmax
/ MeV
1
c
39
40
41
42
43
44
45
46
47
48
49
50
51
52
53
54
55
56
57
58
59
500.31
507.60
515.14
522.93
530.99
539.33
547.98
556.94
566.24
575.91
585.95
596.40
607.28
618.65
630.51
642.90
651.02
659.38
668.00
676.90
686.06
598.68
609.08
619.88
631.15
642.90
655.18
668.00
681.43
695.52
704.73
714.23
724.04
734.18
744.66
755.50
766.74
772.61
778.61
784.69
790.91
797.24
Tabelle 7.1: Intervalle für den Neutronenimpuls
Aufgeführt sind die jeweils untere bzw. obere Grenze für
den Neutronenimpuls als Funktion des Elektronenstreuwinkels. Im Experiment wurden diese Schnitte durch die
Flugzeit festgelegt. Daraus läßt sich bei bekannter Entfernung die Geschwindigkeit und damit auch der Impuls
berechnen. Die hier verwendeten Impulsintervalle entsprechen den 60-MeV-Schnitten aus [Bec97]
Die Bereiche für den Betrag des Neutronenimpulses sind experimentell vorgegeben. Obere und untere Grenze hängen dabei von ϑe ab; es wurden die in Tabelle 7.1 aufgeführten
Werte verwendet.
Die Richtung des Neutronenimpulses hängt wiederum in erster Linie von der Detektorgeometrie ab. Die Bestimmung des Raumwinkelbereiches läuft analog zur oben beschriebenen Vorgehensweise beim Elektronendetektor. Abbildung 7.2 zeigt das Resultat für die
erste (d. h. die näher zur Target-Zelle stehende) Wand“. Diese wurde ausschließlich in
”
den Rechnungen verwendet, da einerseits keine experimentellen Akzeptanzen der beiden
Schichten vorlagen und andererseits die Raumwinkelbereiche sich nur unwesentlich voneinander unterschieden. Zusätzlich wurden auf experimenteller Seite nur solche Ereignisse
ausgewählt, für welche die Neutronenrichtung innerhalb eines 6◦ -Kegels um eine für jedes
Ereignis konstruierte Photonrichtung lag. Da die Energie des Elektrons stark fehlerbehaftet war, konnte die tatsächliche Richtung des Photons nicht ermittelt werden. Stattdessen
wurde für jedes Ereignis – charakterisiert durch die gemessenen Größen k̂ 0 , p1 und p̂1 – per
Annahme diejenige Richtung Q̂0 des Photons gewählt, die sich für p = 0 ergäbe. Dabei ist
p der Relativimpuls der beiden Protonen. Nach (7.5) ist damit gleichzeitig die Elektronenergie festgelegt, und die Richtung Q̂0 läßt sich bestimmen (siehe weiter unten). Für jedes
195
~ (~e,e’n)-Experimentes
7 Analyse des Mainzer 3 He
Ereignis wurde schließlich geprüft, ob der Winkel zwischen dem Neutronimpuls und dem
(gedachten) Photonimpuls kleiner gleich 6◦ war. Wenn nicht, wurde es aus der Ereignismenge entfernt. Da der Wirkungsquerschnitt (7.9) für p = 0 wegen des verschwindenden
Phasenraumfaktors stets gleich Null ist, fallen die tatsächliche und die angenommene Photonrichtung niemals zusammen. Stattdessen liefert das verwendete Verfahren nur eine Beschneidung des Raumwinkelbereiches des Neutronimpulses; für die gemessenen Ereignisse
gilt stets p 6= 0. Dies ist jedoch für die theoretischen Berechnungen ohne Belang, solange
nur ein wohldefiniertes Auswahlverfahren für die Ereignismenge vorliegt.
Um dieses Verfahren bei den Rechnungen zu simulieren, wurde folgende Methode zur
Bestimmung der Integrationsgrenzen angewandt: man wählt einen Satz von (k̂ 0 , p1 , p̂1 )Werten sowie p = 0 und berechnet hierfür nach (7.5) die Energie des gestreuten Elektrons.
Damit ist über die Beziehungen
k − k 0 cos ϑe
ϑQ0 = arccos
(7.15)
Q
ϕ Q0 = ϕ e + π
(7.16)
die Richtung Q̂0 des (gedachten) Photons festgelegt. Dann wird überprüft, ob der Winkel
zwischen Q̂0 und dem Neutronimpuls p1 kleiner gleich 6◦ ist. Auf diese Weise läßt sich
für festgehaltene Parameter k̂ 0 und p1 bei hinreichend feiner Rasterung in p̂1 das Integrationsgebiet ∆p̂1 mit beliebiger Genauigkeit festlegen. In den Rechnungen wurde eine
Genauigkeit von 0, 01◦ verwendet; dies liegt deutlich unterhalb der Auflösung des Detektors. Es sei nochmals darauf hingewiesen, daß dieses Verfahren lediglich dazu dient, den
Integrationsbereich für ∆p̂1 bei der Berechnung des integrierten Wirkungsquerschnittes
(7.9) festzulegen, damit dieser den experimentellen Vorgaben entspricht. Die Integration
über p in (7.9) erstreckt sich über alle Werte von 0 bis zu dem jeweiligen Cutoff-Wert
p̄ (dieser wird weiter unten behandelt). In Abbildung 7.3 ist ein mit dem beschriebenen
Verfahren ermitteltes Gebiet ∆p̂1 für ϑe = 43◦ , ϕe = 0◦ und p1 = 530 MeV/c exemplarisch
dargestellt (die Wahl dieser Parameter ist natürlich rein willkürlich!). Um einen Einblick
zu geben, wie sich die Gebiete für die angenommene und die tatsächliche Photonrichtung
unterscheiden, sind dort ebenfalls diejenigen Kurven dargestellt, die sich für p = 80 MeV/c
und p = 160 MeV/c ergeben.
Die Richtung des Relativimpulses p ist gänzlich unbestimmt; daher wird stets über den
vollen Raumwinkel integriert. Die Integration über den Betrag läuft von p = 0 bis zu einer
oberen Grenze pmax , die man für k 0 = 0 aus (7.5) erhält. Da die Wirkungsquerschnitte
jedoch innerhalb dieses Bereiches um mehrere Größenordnungen abfallen, genügt es, bis
zu einem Cuttoff-Wert p̄ zu integrieren. Wie wir bereits im vorangegangen Kapitel gesehen
haben, hängt das qualitative Verhalten der Wirkungsquerschnitte sehr stark von dem ver-
196
7.2 Durchführung der Rechnungen
60
58
56
p=0
p = 80 MeV/c
p = 160 MeV/c
54
ϑ p1 / ◦
52
50
48
46
44
172
174
176
178
180
182
184
186
188
ϕ p1 / ◦
Abbildung 7.3: Festlegung der Integrationsgebiete in p̂1
Dargestellt sind die Gebiete für die Winkel ϑp1 und ϕp1 der Neutronrichtung im System KD ,
für die der zugehörige Impulsvektor innerhalb eines 6 ◦ -Kegels um die jeweilige Photonrichtung
liegt; die Kreuze stellen die jeweiligen Mittelpunkte dar. Von oben nach unten gehören die
Kurven zu p = 0, 80 und 160 MeV/c. Der Fall p = 0 liefert die im Text beschriebene Festlegung
des Integrationsgebietes.
wendeten Endzustandsmodell ab. Demzufolge erwartet man auch eine erhebliche Variation
bei p̄. Eine Vielzahl numerischer Untersuchungen hat die folgenden Werte ergeben:
(
160 MeV/c für FSI und FSI23
p̄ =
(7.17)
280 MeV/c für PWIA und PWIAS.
Hierbei kommt es nicht auf die Wahl der äußeren Parameter k̂ 0 und p1 an.
Zur Veranschaulichung sind in den Abbildungen 7.4 und 7.5 einige exemplarische Kurvenverläufe dargestellt. Dort werden die Abkürzungen
Z
n
o
L
T
TT
TL
2
(7.18)
Σ(p) ≡ N p ρ dp̂ vL R̃ + vT R̃ + vTT R̃ + vTL R̃
Ωp
2
∆(p) ≡ N p ρ
Z
Ωp
T
n
o
dp̂ vT’ R̃T’ + vTL’ R̃TL’
≡ ∆ (p) + ∆TL (p) .
(7.19)
197
~ (~e,e’n)-Experimentes
7 Analyse des Mainzer 3 He
verwendet. Der Faktor N ist so gewählt, daß die Kurven jeweils auf das Maximum von
Σ(p) normiert sind, d. h. also
1
.
(7.20)
N≡
(Σ(p))max
Die Funktionen Σ(p) und ∆(p) hängen natürlich nicht nur von p sondern auch von den übrigen äußeren Parametern k̂ 0 und p1 ab, die hier aus Gründen der Bequemlichkeit nicht explizit aufgeführt wurden. Für die Diagramme wurden folgende äußeren Parameter gewählt:
ϑe = 43◦ , ϕe = 0◦ , p1 = 530 MeV/c, ϑ1 = 53, 9◦ und ϕ1 = 180◦ .
198
7.2 Durchführung der Rechnungen
1
(a)
0.8
Σ(p)
0.6
∆T (p)
0.4
0.2
0
-0.2
-0.4
-0.6
-0.8
0
20
40
60
80
100
120
140
160
180
160
180
p/ MeV
c
0.08
(b)
0.07
∆TL (p)
0.06
∆T (p)
0.05
0.04
0.03
0.02
0.01
0
0
20
40
60
80
100
120
140
p/ MeV
c
Abbildung 7.4: Bestimmung der oberen Integrationsgrenze in p (FSI)
Dargestellt sind die Kurvenverläufe für Σ(p) und ∆(p) unter Berücksichtigung der vollen Endzustandswechselwirkung. Diagramm (a) zeigt Σ(p) und ∆ T (p) bei paralleler Polarisation; auf
die Darstellung von ∆TL (p) wurde verzichtet, da diese Werte extrem klein gegen die übrigen sind. Diagramm (b) zeigt die beiden Anteile von ∆(p) bei senkrechter Polarisation. Hier
wurde auf die Darstellung von Σ(p) verzichtet; die Kurve entspricht derjenigen bei paralleler
Polarisationsrichtung.
199
~ (~e,e’n)-Experimentes
7 Analyse des Mainzer 3 He
1
(a)
0.8
Σ(p)
0.6
∆T (p)
0.4
0.2
0
-0.2
-0.4
-0.6
-0.8
0
50
100
150
200
250
300
p/ MeV
c
0.08
(b)
0.07
∆TL (p)
0.06
∆T (p)
0.05
0.04
0.03
0.02
0.01
0
0
50
100
150
200
250
300
p/ MeV
c
Abbildung 7.5: Bestimmung der oberen Integrationsgrenze in p (PWIA)
Dargestellt sind die gleichen Kurvenverläufe wie in Abbildung 7.4 im Rahmen der PWIA.
Ebenso wie bei den in Kapitel 6 diskutierten Kurven, ist auch hier ein extrem langsamer
Abfall in p gegenüber den FSI-Rechnungen zu beobachten. Auch die Maxima der Kurven
sind um ca. 40 MeV/c verschoben.
200
7.3 Ergebnisse
7.3 Ergebnisse
Dieser Abschnitt besteht aus zwei Teilen. Zunächst befassen wir uns mit der Bestimmung
von GnE aus dem experimentell gemessenen Asymmetrieverhältnis, wobei sowohl unterschiedliche Annahmen hinsichtlich des Streuprozesses als auch der Parametrisierung des
Formfaktors berücksichtigt werden. Anschließend werden die gewonnenen Resultate einer
eingehenderen quantitativen Analyse unterworfen.
7.3.1 Bestimmung von GnE
Unter Verwendung des den experimentellen Messungen entsprechenden Wirkungsquerschnittes (7.9) lautet der Ausdruck für das Verhältnis von senkrechter zu paralleler Asymmetrie analog zu (4.81)
Z
Z
Z
Z
i
h
0
2
dk̂ σM
dp1 p1
dp̂1 dp ρ vT’ R̃T’ + vTL’ R̃TL’
∆p1
∆k̂ 0
V ≡ Z
dk̂ σM
∆k̂ 0
mit
Z
0
dk̂ σM
∆k̂ 0
Z
0
dk̂ σM
Z
∆p1
dp1 p21
∆p1
dp1 p21
∆p1
∆k̂ 0
VΣ ≡ Z
Z
0
∆p̂1
Z
∆p̂1
dp̂1
∆p̂1
dp1 p21
Z
∆p̂1
Z
dp̂1
Z
Z
dp̂1
Z
h
⊥
i · VΣ ,
h
dp ρ vT’ R̃T’ + vTL’ R̃TL’
k
L
T
dp ρ vL R̃ + vT R̃ + vTT R̃
h
(7.21)
L
T
dp ρ vL R̃ + vT R̃ + vTT R̃
TT
TT
+ vTL R̃
+ vTL R̃
TL
TL
i
k
i .
(7.22)
⊥
Für das Verhältnis der helizitätsunabhängigen Anteile des Wirkungsquerschnittes ergab
sich bei allen numerischen Rechnungen
VΣ ' 1
(7.23)
bei einer Genauigkeit bis zur vierten Nachkommastelle. Daher wird dieser Faktor nicht
weiter berücksichtigt, weil sein Einfluß ohnehin unterhalb der Genauigkeit der Rechnungen
liegt.
Da wir uns hauptsächlich für den elektrischen Formfaktor des Neutrons GnE interessieren,
zerlegen wir R̃TL’ analog zur Vorgehensweise in Kapitel 6 wieder in einen Neutron- und
einen Protonanteil. Darüber hinaus multiplizieren wir den neutronischen Teil mit einem
Faktor λ:
R̃TL’ = λR̃nTL’ + R̃pTL’ .
(7.24)
201
~ (~e,e’n)-Experimentes
7 Analyse des Mainzer 3 He
Letzteres entspricht dann einer Multiplikation von GnE mit λ. Der Fall λ = 1 bedeutet, daß
für die funktionale Abhängigkeit GnE (Q2 ) die jeweils gewählte Parametrisierung zugrunde
gelegt wird. Dabei verwenden wir die im Anhang C beschriebenen Modelle GK1-GK3
nach [Gar92]. Für die übrigen elektromagnetischen Formfaktoren verwenden wir stets die
Dipol-Parametrisierungen (siehe ebenfalls Anhang C). Zum einen liefern diese bekanntlich
eine gute Beschreibung der experimentellen Daten bei Impulsübertragen unterhalb von 1
GeV/c für das Proton und, wie neueste Messungen (siehe z. B. [Gol01], [Bru95], [Xu00]
und [Ank98]) belegen, auch hinreichend genaue Ergebnisse für GnM . Zum anderen ist damit
gewährleistet, daß Änderungen des Asymmetrieverhältnisses direkt auf GnE zurückzuführen
sind, wenn man verschiedene Parametrisierungen miteinander vergleichen will.
An dieser Stelle ist es günstig, folgende Abkürzungen einzuführen:
Z
Z
Z
Z
h
i
2
0
dp̂1 dp ρ vT’ R̃T’
dp1 p1
dk̂ σM
VT ≡
Z
0
dk̂ σM
V
≡
Z
∆k̂ 0
Z
dp1 p21
∆p1
∆k̂ 0
TL
n,p
∆p1
∆k̂ 0
Z
dk̂ σM
Z
∆p1
dp̂1
∆p̂1
0
dk̂ σM
Z
dp1 p21
Z
∆p̂1
Z
dp̂1
Z
h
T’
dp ρ vT’ R̃ + vTL’ λR̃
dp1 p21
∆p1
∆k̂ 0
0
Z
∆p̂1
Z
∆p̂1
dp̂1
h
Z
⊥
TL’
n
h
i
TL’
dp ρ vTL’ R̃n,p
T’
dp ρ vT’ R̃ + vTL’ λR̃
+ R̃
(7.25)
TL’
p
i
TL’
p
i . (7.26)
k
⊥
TL’
n
+ R̃
k
Mit diesen Definitionen sowie (7.21) und (7.24) schreiben wir das Asymmetrieverhältnis
als Funktion des Parameters λ:
V (λ) = V T + λVnTL + VpTL .
(7.27)
Aufgrund des Auftauchens von λ im Nenner der Gleichungen (7.25)-(7.26) hängen die
einzelnen Anteile V T , VnTL und VpTL ebenfalls von dieser Größe ab. Die numerischen Untersuchungen haben jedoch gezeigt, daß diese Abhängigkeit äußerst gering ist, da besagter
Nenner eindeutig von dem Term vT’ R̃T’ dominiert wird2 . Innerhalb der λ-Intervalle, in
denen wir arbeiten werden, können wir demnach davon ausgehen, daß V T , VnTL und VpTL
in sehr guter Näherung konstant sind, und erhalten somit einen linearen Zusammenhang
zwischen V und λ. Zur quantitativen Untermauerung dieser Aussage möge Abbildung 7.6
dienen. Es sei darauf hingewiesen, daß die Linearität keine notwendige Voraussetzung für
die Bestimmung des Formfaktors GnE ist – sie wird sich aber bei den anschließenden Diskussionen als nützlich erweisen.
2
202
Diese Aussage wird weiter unten (Seite 221) quantitativ belegt werden.
7.3 Ergebnisse
10
GK1
GK2
GK3
5
0
-5
V /%
-10
-15
-20
-25
-30
0
0.2
0.4
0.6
0.8
1
1.2
1.4
λ
Abbildung 7.6: Asymmetrieverhältnis als Funktion von λ
Dargestellt ist die Funktion V (λ) unter Berücksichtigung der vollen Endzustandswechselwirkung für die drei im Anhang C beschriebenen Parametrisierungen von G nE (Q2 ) nach [Gar92].
Im dargestellten λ-Intervall ergibt sich ein annähernd linearer Zusammenhang.
Um Aussagen über die Größe des elektrischen Formfaktors des Neutrons – innerhalb
der vorgegebenen kinematischen Grenzen – treffen zu können, wurde die Funktion V (λ)
zunächst für verschiedene Endzustandsmodelle berechnet. Dies ist in Abbildung 7.7 dargestellt. Anschließend wurden die zum experimentellen Wertebereich (7.3) gehörenden Parameter λ ermittelt. Hierzu wurden mittels des Sekantenverfahrens diejenigen λ-Werte
exp
exp
bestimmt, für die V (λ) die Werte Vmin
, V0exp (Mittelwert) bzw. Vmax
annimmt. Da V (λ)
exp
stets eine negative Steigung aufweist, gehört λmin zu Vmax und umgekehrt. Die numerischen
Ergebnisse sind in Tabelle 7.2 zusammengefaßt.
203
~ (~e,e’n)-Experimentes
7 Analyse des Mainzer 3 He
0
PWIA (PSS)
PWIA
PWIAS
FSI23 (PSS)
FSI23
FSI
-2
-4
V /%
-6
-8
-10
-12
-14
0.4
0.45
0.5
0.55
0.6
0.65
0.7
0.75
0.8
λ
Abbildung 7.7: Anpassung an den experimentellen Wert
Dargestellt ist die Funktion V (λ) für verschiedene Annahmen hinsichtlich des Endzustandes
unter Verwendung der Parametrisierungen GK1 für GnE . Die waagerechten Linien charakterisieren den experimentellen Wert und seinen Toleranzbereich. Mittels eines Sekantenverfahrens
wurden die Schnittpunkte mit den einzelnen Kurven berechnet.
GK1
λmin
λ0
GK2
λmax
λmin
λ0
GK3
λmax
λmin
λ0
λmax
PWIA (PSS)
0,557 0,602 0,647 0,547 0,591 0,636 0,931 1,006 1,082
PWIA
0,552 0,597 0,642 0,542 0,586 0,631 0,923 0,998 1,073
PWIAS
0,571 0,616 0,660 0,561 0,605 0,649 0,955 1,029 1,104
FSI23 (PSS)
0,510 0,554 0,600 0,501 0,545 0,590 0,852 0,928 1,004
FSI23
0,505 0,549 0,594 0,496 0,540 0,584 0,844 0,919 0,994
FSI
0,595 0,641 0,686 0,585 0,630 0,674 0,996 1,072 1,148
Tabelle 7.2: Ergebnisse der λ-Anpassung
Die Resultate sind für die drei verschiedenen Parametrisierungen von G nE nach [Gar92] zusammengefaßt. λ0 gehört zum mittleren experimentellen Wert, λ min und λmax zur oberen bzw.
unteren Grenze des experimentellen Toleranzbereiches V exp = (−7, 26 ± 1, 14) %.
204
7.3 Ergebnisse
Der Parameter λ selbst besitzt noch keine physikalische Bedeutung; vielmehr sind wir an
einer quantitativen Aussage über GnE (Q2 ) interessiert. Dabei gilt es zu beachten, daß wegen der im vorangegangenen Abschnitt beschriebenen Integrationsbereiche der Impuls des
Photons nicht konstant ist, sondern erheblich variiert. Mithin erfährt auch der elektrische
Formfaktor eine Variation. Der Betrag des Photonimpulses hängt ab vom Elektronenstreuwinkel und der Energie des gestreuten Elektrons:
Q=
p
k 2 + k 02 − 2kk 0 cos ϑe .
(7.28)
Numerische Untersuchungen haben ergeben, daß bei gegebenem Winkel ϑe der Photonimpuls innerhalb der zugehörigen k 0 -Bereiche nahezu konstant ist. Die Abweichungen vom
mittleren Wert betragen dabei maximal 1%. Für ϑe ∈ [40◦ , 58◦ ] ergibt sich jedoch
0,550 GeV/c ≤ Q ≤ 0,740 GeV/c .
(7.29)
Selbstverständlich beschränkt sich die Gültigkeit der λ-Anpassung nur auf diesen Bereich;
streng genommen gilt sie sogar nur für die speziellen kinematischen Bedingungen des Experimentes.
Die Abbildungen 7.8 bis 7.10 zeigen die drei Funktionen GnE (Q2 ) nach [Gar92], jeweils
multipliziert mit den Faktoren λmin , λ0 und λmax , die zu den verschiedenen Endzustandsmodellen gehören. Zunächst fällt auf, daß in allen Diagrammen die Kurven für die drei
Parametrisierungen sich nur geringfügig voneinander unterscheiden. Man erkennt Abweichungen bis zu 2% (bezogen auf das arithmetische Mittel zwischen dem kleinsten und dem
größten Wert bei gleichem λ und gleichem Q2 ), wobei die größten jeweils an der oberen
Grenze von Q2 auftreten. Dieses nahe Beieinanderliegen ist durch die geringe Variation
des Formfaktors im zugrunde liegenden Intervall bedingt. Ein gänzlich anderes Bild ergibt
sich zum Beispiel für Q2 ≤ 1 (GeV/c)2 , wie Abbildung 7.11 zeigt. Hier kommen die deutlichen Unterschiede zwischen den einzelnen Parametrisierungen – insbesondere zwischen
GK1 und GK2 auf der einen und GK3 auf der anderen Seite – zum Vorschein. Darüber
hinaus finden wir die oben getroffene Aussage bestätigt, daß die ermittelten Werte für den
Parameter λ keine universelle Gültigkeit besitzen.
Die Unschärfe für GnE , hervorgerufen durch die zugrunde gelegten Parametrisierungen, ist
mit maximal 2% sehr viel kleiner als die durch den experimentellen Fehler bedingte. Dem
letzteren entspricht die Variation des Parameters λ innerhalb des Intervalles [λmin , λmax ].
Für eine bestimmte Parametrisierung kann man direkt aus Tabelle 7.2 die Änderung von
λ · GnE (Q2 ) innerhalb des λ-Intervalles, bezogen auf den mittleren Wert, ablesen. Ein Beispiel: für FSI und GK1 ergibt sich ∆λ/λ0 = 0, 046/0, 641 = 7, 2%. Insgesamt liegen die
Variationen zwischen 7,1% und 8,3%.
205
~ (~e,e’n)-Experimentes
7 Analyse des Mainzer 3 He
PWIA (PSS)
0.065
0.06
0.055
λ0 · GnE
GK1
GK2
GK3
0.05
0.045
0.04
0.035
0.3
0.35
0.4
Q2 /
0.45
GeV 2
0.5
0.55
0.5
0.55
c
PWIA
0.065
0.06
0.055
λ0 · GnE
GK1
GK2
GK3
0.05
0.045
0.04
0.035
0.3
0.35
0.4
Q2 /
0.45
GeV 2
c
Abbildung 7.8: Variation von λ · GnE (Q2 ) über den Integrationsbereich (I)
Die Kurven für die einzelnen Parametrisierungen wurden jeweils mit den Werten λ min , λ0 und
λmax aus Tabelle 7.2 multipliziert. Daraus resultieren die drei, klar voneinander unterscheidbaren Kurvenbündel. Dargestellt sind die Ergebnisse für PWIA unter Verwendung des PSS
(oben) und der vollen 3 He-Wellenfunktion (unten).
206
7.3 Ergebnisse
FSI23 (PSS)
0.065
0.06
0.055
λ0 · GnE
GK1
GK2
GK3
0.05
0.045
0.04
0.035
0.3
0.35
0.4
Q2 /
0.45
GeV 2
0.5
0.55
0.5
0.55
c
FSI23
0.065
0.06
0.055
λ0 · GnE
GK1
GK2
GK3
0.05
0.045
0.04
0.035
0.3
0.35
0.4
Q2 /
0.45
GeV 2
c
Abbildung 7.9: Variation von λ · GnE (Q2 ) über den Integrationsbereich (II)
Dargestellt sind die gleichen Kurven wie in Abbildung 7.8, hier jedoch für FSI23. Wiederum
zeigt das obere Diagramm die Resultate unter Verwendung des PSS, während das untere für
die volle Wellenfunktion ermittelt wurde.
207
~ (~e,e’n)-Experimentes
7 Analyse des Mainzer 3 He
PWIAS
0.065
0.06
0.055
λ0 · GnE
GK1
GK2
GK3
0.05
0.045
0.04
0.035
0.3
0.35
0.4
Q2 /
0.45
GeV 2
0.5
0.55
0.5
0.55
c
FSI
0.065
0.06
0.055
λ0 · GnE
GK1
GK2
GK3
0.05
0.045
0.04
0.035
0.3
0.35
0.4
Q2 /
0.45
GeV 2
c
Abbildung 7.10: Variation von λ · GnE (Q2 ) über den Integrationsbereich (III)
Dargestellt sind die Kurven für PWIAS (oben) und FSI (unten), welche sich durch Multiplikation mit den Werten λmin , λ0 und λmax aus Tabelle 7.2 ergeben.
208
7.3 Ergebnisse
0.07
GK1
GK2
GK3
0.06
0.05
λ0 · GnE
0.04
0.03
0.02
0.01
0
0
0.2
0.4
Q2 /
0.6
GeV 2
c
0.8
1
Abbildung 7.11: Die Funktion λ0 · GnE (Q2 ) im Bereich Q2 ≤ 1 (GeV/c)
2
Dargestellt sind die Kurven, die sich für die einzelnen Formfaktorparametrisierungen bei Multiplikation mit λ0 aus den FSI-Rechnungen ergeben. Der Q 2 -Bereich zwischen ca.
0,30 (GeV/c)2 und 0,55 (GeV/c)2 entspricht unserem Integrationsbereich. Außerhalb dieser
Grenzen treten deutlich die Unterschiede zwischen den Parametrisierungen zu Tage.
Vergleicht man jeweils das obere und untere Diagramm in Abbildungen 7.8 und 7.9
miteinander, so fällt auf, daß die Ergebnisse nur unwesentlich davon abhängen, ob bei
den Rechnungen für PWIA bzw. FSI23 der dominante S-Zustand oder die volle 3 HeWellenfunktion benutzt wird. Für Q2 = const liegen die Abweichungen stets unter 1%.
Signifikante Abweichungen erhält man hingegen, wenn man die Resultate, die sich unter Annahme verschiedener Endzustandsmodelle ergeben, gegenüberstellt. Betrachtet man
zum Beispiel die Kurven λ0 · GnE , die sich für GK1 ergeben (siehe Abbildung 7.12), so läßt
sich klar erkennen, daß die FSI23-Kurven deutlich unter denen für FSI und PWIAS liegen. Quantitative Aussagen lassen sich auch hier anhand der Tabelle 7.2 treffen. So ergibt
sich zum Beispiel für λ0 zwischen den Resultaten für FSI23 und FSI eine Zunahme von
16,7%, während die Werte von PWIAS nach FSI nur um 4,0% zunehmen. Die Unterschiede zwischen den Endzustandsmodellen werden weiter unten noch ausführlich diskutiert
werden.
209
~ (~e,e’n)-Experimentes
7 Analyse des Mainzer 3 He
FSI
0.06
0.058
0.056
0.054
0.052
λ0 · GnE
0.05
0.048
0.046
0.044
0.042
0.04
0.3
FSI
FSI23
PWIA
PWIAS
0.35
0.4
Q2 /
0.45
GeV 2
0.5
0.55
c
Abbildung 7.12: Der Einfluß des Endzustandsmodells auf die λ -Anpassung
Dargestellt sind die jeweiligen Kurven λ 0 · GnE , die sich für die verschiedenen Endzustandsmodelle ergeben. Hier wurde jeweils die Parametrisierung GK1 verwendet.
Die bisher diskutierten Funktionen λ · GnE (Q2 ) stellen das Ergebnis der Anpassung des
elektrischen Formfaktors an das experimentell gemessene Asymmetrieverhältnis V exp dar.
In Tabelle 7.3 sind die entsprechenden Resultate für bestimmte Werte von Q2 , einschließlich der maximalen Unsicherheit, angegeben. Letztere berücksichtigen sowohl den Einfluß
der Formfaktor-Parametrisierungen als auch den experimentellen Fehler, der hauptsächlich
zum Tragen kommt. Wie bereits weiter oben vermerkt, weisen die mittleren Werte teilweise
deutliche Unterschiede auf, wenn man bei der Anpassung verschiedene Endzustandsmodelle zugrunde legt. Allerdings stellt man fest, daß die zugehörigen Toleranzbereiche sich
für sämtliche Modelle überschneiden, was hauptsächlich auf den experimentellen Fehler
zurückzuführen ist. Es sei aber ausdrücklich betont: die Werte für FSI stellen die besten“
”
Werte dar, da ihnen die realistischste Theorie zugrunde liegt. Bei dem weiter unten gezeigten Vergleich der theoretisch ermittelten Formfaktoren mit den Ergebnissen anderer
Arbeiten werden wir daher nur diese Werte betrachten.
210
7.3 Ergebnisse
Q2 /
0.30
PWIA (PSS)
PWIA
PWIAS
FSI23 (PSS)
FSI23
FSI
0.35
0.0441 ± 0.0035 0.0465 ± 0.0038 0.0484 ± 0.0038
0.0455 ± 0.0035 0.0480 ± 0.0038 0.0499 ± 0.0038
0.0410 ± 0.0035 0.0432 ± 0.0038 0.0450 ± 0.0038
0.0406 ± 0.0035 0.0428 ± 0.0037 0.0446 ± 0.0038
0.0474 ± 0.0036 0.0499 ± 0.0038 0.0520 ± 0.0038
0.45
PWIA
PWIAS
FSI23 (PSS)
FSI23
FSI
0.40
0.0445 ± 0.0036 0.0469 ± 0.0038 0.0488 ± 0.0038
Q2 /
PWIA (PSS)
GeV 2
c
GeV 2
c
0.50
0.55
0.0504 ± 0.0039 0.0517 ± 0.0043 0.0528 ± 0.0049
0.0500 ± 0.0039 0.0512 ± 0.0043 0.0523 ± 0.0049
0.0515 ± 0.0038 0.0529 ± 0.0043 0.0539 ± 0.0049
0.0465 ± 0.0039 0.0477 ± 0.0043 0.0487 ± 0.0048
0.0460 ± 0.0038 0.0472 ± 0.0043 0.0482 ± 0.0048
0.0536 ± 0.0039 0.0550 ± 0.0044 0.0561 ± 0.0050
Tabelle 7.3: Quantitative Ergebnisse für GnE (Q2 )
Aufgeführt sind die mittleren Werte der in den Abbildungen 7.8-7.10 dargestellten Bereiche.
Sie stellen das arithmetische Mittel aus dem jeweils kleinsten und größten Wert dar. Die
angegebenen Unsicherheiten berücksichtigen demnach sowohl die Unterschiede zwischen den
Parametrisierungen als auch den Einfluß des experimentellen Fehlers.
Eine zweite Methode, quantitative Aussagen über den elektrischen Formfaktor des Neutrons machen zu können, besteht in der Angabe eines einzigen, gemittelten Wertes für den
gesamten kinematischen Bereich. Dies verlangt nach einem geeigneten Mittelungsverfahren. Hierbei gilt es zu bedenken, daß die Abhängigkeit des Asymmetrieverhältnisses (7.21)
von GnE einzig durch den neutronischen Anteil von vTL’ R̃TL’ gegeben ist. Formal können wir
diesen darstellen als
vTL’ R̃nTL’ ≡ GnE (Q2 ) f TL’ ,
(7.30)
wobei die Funktion f TL’ von allen Integrationsvariablen aus (7.21), d. h. von k̂ 0 , p1 und p,
abhängt. Wie bereits erwähnt, ist der Einfluß des parallelen Beitrags vTL’ R̃nTL’ k äußerst
klein, wohingegen der entsprechende senkrechte Anteil von entscheidender Bedeutung ist.
Fordert man also eine möglichst große Sensitivität des Asymmetrieverhältnisses hinsichtlich des Mittelwertes von GnE , so ist es naheliegend, folgende Definition für den mittleren
211
~ (~e,e’n)-Experimentes
7 Analyse des Mainzer 3 He
Formfaktor einzuführen:
Z
0
G¯nE ≡ ∆k̂
0
dk̂ σM
Z
Z
dp1 p21
∆p1
0
dk̂ σM
Z
Z
dp̂1
∆p̂1
dp1 p21
∆p1
∆k̂ 0
Z
Z
dp ρ λGnE (Q2 ) f⊥TL’
dp̂1
∆p̂1
Z
.
(7.31)
TL’
dp ρ f⊥
Dies entspricht der üblichen Definition des Erwartungswertes für GnE (Q2 ), wenn man f⊥TL’
als Verteilungs- oder Gewichtsfunktion betrachtet3 . Sein Wert hängt natürlich von den
zugrunde liegenden Integrationsgrenzen ab, da durch die Funktion f⊥TL’ die Werte von
GnE (Q2 ) entsprechend gewichtet“ werden. Insbesondere spielt auch hier das Q2 -Intervall
”
eine entscheidende Rolle.
Um dem mittleren Wert einen bestimmten Photonimpuls zuordnen zu können, bedienen wir uns des Mittelwertsatzes der Integralrechnung. Dieser besagt bekanntlich, daß
innerhalb des Integrationsbereiches ein Q̄ existiert, für das gilt
Z
Z
Z
Z
2
0
dp̂1 dp ρ λvTL’ R̃nTL’ ⊥
dp1 p1
dk̂ σM
∆k̂ 0
=
Z
∆p1
0
dk̂ σM
∆p̂1
λGnE (Q̄2 )
Z
∆k̂ 0
Z
dp1 p21
∆p1
∆k̂ 0
=
Z
∆p̂1
0
dk̂ σM
Z
∆p1
dp̂1
Z
dp1 p21
dp ρ λGnE (Q2 ) f⊥TL’
(7.32)
Z
(7.33)
∆p̂1
dp̂1
Z
dp ρ f⊥TL’ .
Die Definition (7.31) bedeutet dann
ḠnE ≡ λGnE (Q̄2 ) .
(7.34)
Anschaulich gesprochen liefert also der Formfaktor für Q2 = Q̄2 den maßgeblichen Beitrag
zum Asymmetrieverhältnis. Die jeweiligen Werte Q̄2 für die verschiedenen Endzustandsmodelle lassen sich unmittelbar anhand der Abbildungen 7.8-7.10 ermitteln. Sie hängen leicht
von der verwendeten Formfaktor-Parametrisierung ab. In Tabelle 7.4 sind die mittleren
Formfaktoren, einschließlich ihrer Toleranzbereiche, und die zugehörigen Q̄2 aufgeführt.
Die numerischen Ergebnisse für ḠnE hängen im Rahmen der angegebenen Stellen nicht von
der jeweiligen Formfaktor-Parametrisierung ab.
3
TL’
Bei dieser Interpretation der Definition muß natürlich sichergestellt sein, daß die Funktion f⊥
stets
positiv ist. In den hier betrachteten Integrationsbereichen ist dies der Fall. Dennoch gibt es, wie wir in
Kapitel 6 gesehen haben, auch Bereiche, in denen die entsprechende Strukturfunktion negativ ist; der
numerische Beitrag ist aber vernachlässigbar.
212
7.3 Ergebnisse
PWIA (PSS)
PWIA
PWIAS
FSI23 (PSS)
FSI23
FSI
ḠnE ≡ λGnE (Q̄2 )
Q̄2 /
GeV 2
c
0,0486 ± 0,0036 0,394 ± 0,006
0,0482 ± 0,0036 0,394 ± 0,005
0,0498 ± 0,0036 0,396 ± 0,006
0,0448 ± 0,0036 0,395 ± 0,004
0,0444 ± 0,0036 0,395 ± 0,004
0,0518 ± 0,0036 0,395 ± 0,005
Tabelle 7.4: Erwartungswerte des elektrischen Formfaktors
Die Erwartungswerte für die unterschiedlichen Formfaktorparametrisierungen sind im Rahmen der angegebenen Nachkommastellen gleich; die Bereichsangaben für ḠnE beziehen sich
auf die Werte, welche sich für λmax bzw. λmin ergeben. Die angegebenen Abweichungen der
zugehörigen Q̄2 hingegen sind bedingt durch die unterschiedlichen Parametrisierungen des
elektrischen Formfaktors.
Abschließend wollen wir nun noch die anhand der FSI-Rechnungen ermittelten Werte
für den elektrischen Formfaktor des Neutrons mit den Ergebnissen anderer Arbeiten vergleichen. Dies ist in Abbildung 7.13 graphisch dargestellt. Die schraffierte Fläche stellt die
Ergebnisse dieser Arbeit gemäß Tabelle 7.3 dar, wobei die dort angegebenen Fehler die
vertikale Breite der Fläche bestimmen. Im Gegensatz zu der Tabelle wurde hier jedoch ein
feineres Raster in Q2 verwendet.
Bei dem hier durchgeführten Vergleich muß man sich jedoch darüber im klaren sein, daß
in der Abbildung der Formfaktor GnE als Funktion des Viererimpulsübertrages aufgetragen ist, während in dieser Arbeit die nichtrelativistische Näherung q 2 ' −Q2 verwendet
wurde (vergleiche hierzu die Ausführungen in Abschnitt 2.1). Daher sind die hier gewonnenen Daten nicht unmittelbar mit den übrigen vergleichbar. Die Korrekturen sind relativistischer Natur und werden in dieser Arbeit nicht berücksichtigt. Der Schwerpunkt der
durchgeführten Untersuchungen lag aber weniger darin, einen exakten quantitativen Wert
für GnE zu ermitteln, sondern vielmehr darin, den Einfluß der Endzustandswechselwirkung
bei der Analyse experimenteller Daten zu demonstrieren. Insbesondere haben wir gesehen,
daß diese gegenüber der häufig verwendeten FSI23-Näherung ein starkes Anwachsen des
ermittelten Formfaktors hervorruft.
213
~ (~e,e’n)-Experimentes
7 Analyse des Mainzer 3 He
0.1
0.075
GnE
0.05
[Her99]
[Pas99]
[Bec99]
0.025
Diese Arbeit
[Roh99]
[Ham04]
[Gar92]
0
0
0.1
0.2
0.3
−q 2 /
0.4
GeV 2
0.5
0.6
0.7
c
Abbildung 7.13: Experimentelle und theoretische Ergebnisse für GnE
Die durchgezogenen Linien stellen die Formfaktorparametrisierungen nach Gari und Kr ümpelmann dar, wobei in dem hier dargestellten Bereich stets gilt: GK2 > GK1 > GK3 (vgl. hierzu
Anhang C). Die gestrichelte Linie zeigt neueste theoretische Werte nach [Ham04]. Die punktierte Fläche spiegelt die Ergebnisse der FSI-Rechnungen dieser Arbeit wider; der innerhalb
dieser Fläche liegende Punkt (mit Diese Arbeit“ bezeichnet) stellt den Erwartungswert nach
”
Tabelle 7.4 dar. Der Wert [Bec99]“ beschreibt das Ergebnis, welches aus dem hier analysier”
ten Experiment gewonnen wurde.
214
7.3 Ergebnisse
7.3.2 Analyse der Resultate
Nachdem wir nun die Ergebnisse der Anpassung des elektrischen Formfaktors vorliegen
haben, soll im folgenden diskutiert werden, wie diese zu bewerten sind. Insbesondere stellt
sich die Frage, warum die Resultate, die unter Annahme der PWIAS bzw. der vollen Endzustandswechselwirkung gewonnen wurden, nur um wenige Prozente voneinander abweichen.
Dies ist zunächst verwunderlich, da wir im vorangegangenen Kapitel festgestellt haben,
daß die vereinfachten Annahmen PWIA und PWIAS zur Beschreibung des 3N-Aufbruches
kaum geeignet sind4 .
Darüber hinaus mag es auf den ersten Blick verwundern, daß die Ergebnisse für die
Modelle PWIA und FSI23 sich so stark voneinander unterscheiden, obwohl beide die ausschließliche Absorption des Photons am Neutron beschreiben. Naiverweise würde man hier
zunächst annehmen, die Paarwechselwirkung der beiden Protonen übe keinen nennenswerten Einfluß auf das Asymmetrieverhältnis aus. Dies entspräche den Ergebnissen aus
Kapitel 6; dort waren die Asymmetrieverhältnisse – zumindest im Bereich des quasi-freien
Peaks – annähernd gleich.
Allerdings wurde bisher lediglich eine Anpassung an das gesamte Asymmetrieverhältnis durchgeführt, ohne daß dessen Zusammensetzung genauer unter die Lupe genommen
wurde. Zur Bewertung reicht diese Vorgehensweise jedoch in keiner Weise aus; vielmehr
kommt es darauf an, die einzelnen Summanden von (7.27) für verschiedene Endzustandsmodelle miteinander zu vergleichen. Diese sind in Tabelle 7.5 angegeben. Während V T ,
λVnTL und VpTL im wesentlichen unabhängig von der Formfaktor-Parametrisierung sind,
gilt dies natürlich nicht für VnTL . Da es für eine qualitative Analyse jedoch ausreicht, sich
auf eine Parametrisierung zu beschränken, sind in der letzten Spalte der Tabelle die Werte
für GK1 angegeben. Zunächst fällt auf, daß die Anteile VnTL für alle Endzustandsmodelle
nahezu den gleichen Wert liefern, während sich für V T deutliche Abweichungen ergeben.
Hinzu kommt ein deutlicher protonischer Beitrag VpTL für FSI und ein zwar kleinerer, aber
dennoch zum Ergebnis beitragender Anteil VpTL für PWIAS.
Bei der Anpassung des Parameters λ sind wir stets von einem konstanten GesamtAsymmetrieverhältnis ausgegangen. Nach (7.27) gilt demnach
V (λ) = V T + λVnTL + VpTL = const .
(7.35)
4
Dies gilt zunächst unter der Annahme, daß die unter Berücksichtigung der vollständigen Endzustandswechselwirkung gewonnenen Resultate den tatsächlichen Streuprozeß am besten beschreiben. In Kapitel
8 wird diese Annahme eindrucksvoll untermauert. Dort werden theoretische Wirkungsquerschnitte mit
tatsächlich gemessenen verglichen.
215
~ (~e,e’n)-Experimentes
7 Analyse des Mainzer 3 He
V T /%
λVnTL /%
VpTL /%
VnTL /%
PWIA (PSS)
8,05
0,00
-25,43
PWIA
7,94
-15,31 ∓ 1,14
0,00
-25,46
PWIAS
7,96
0,53
-25,57
FSI23 (PSS)
6,94
-15.75 ∓ 1,14
0,00
-25,63
FSI23
6,85
-14,20 ∓ 1,14
0,00
-25,70
FSI
6,75
-16.14 ∓ 1,14
2,13
-25,18
-15,20 ∓ 1,14
-14,11 ∓ 1,14
Tabelle 7.5: Anteile des Asymmetrieverhältnisses
Die Anteile VpTL und V T des Asymmetrieverhältnisses sind im Intervall [λmin , λmax ] bis auf
eine absolute Abweichung von 0,01 % konstant und unabhängig von der Parametrisierung. In
der letzten Spalte sind die Werte für VnTL aufgetragen, die sich unter Verwendung von GK1
ergeben.
Mit den Daten aus Tabelle 7.5 gelangen wir zu folgenden Aussagen:
• Der deutlich höhere Beitrag V T , der sich für PWIA im Vergleich zu FSI23 ergibt,
bedingt ein Anwachsen von λ und mithin des elektrischen Formfaktors GnE .
• Der extreme Unterschied zwischen den λ-Werten für FSI23 und FSI läßt sich im
wesentlichen auf den Anteil VpTL zurückführen, der im FSI23-Modell per definitionem
nicht auftritt.
• Der im Vergleich zum PWIAS-Wert größere Beitrag VpTL , der sich für die FSIRechnungen ergibt, wird nahezu vollständig von der Differenz der V T -Anteile kompensiert. Da sich andererseits die Werte für VnTL nur unwesentlich voneinander unterscheiden, liefert die λ-Anpassung zwei sich nur um wenige Prozent unterscheidende
Werte für die beiden Modelle. Entsprechend gilt das auch für GnE .
Faßt man diese Aussagen zusammen, so kommt offensichtlich dem Anteil V T die entscheidende Bedeutung bei der Ermittlung des Formfaktors GnE zu. Wir wollen uns daher
im folgenden der Frage zuwenden, warum gerade dieser Beitrag so empfindlich vom jeweiligen Endzustandsmodell abhängt. Hierzu beschränken wir uns zunächst auf die einfachen Fälle PWIA und FSI23, wobei wir weiterhin den dominanten S-Zustand für die
3
He-Wellenfunktion zugrunde legen. Dies erlaubt nach Abschnitt 4.3 die Verwendung einheitlicher, analytischer Ausdrücke für die einzelnen polarisierten Strukturfunktionen. Insbesondere erhalten wir mit (4.74), (4.76) und (4.77) für die inneren Integrale im Zähler
von (7.25) bzw. (7.26)
Z
Z
2
Q2
T’
dp ρ vT’ R̃ = − dp p2 ρ vT’ 2 GnM (Q2 ) cos ϑ∗ · S̃(p, qs )
2mN
216
7.3 Ergebnisse
+
Z
dp ρ vTL’ R̃nTL’ =
Z
Q p1
˜ qs )
sin ϑ1 sin ϑ∗ cos(ϕ∗ −ϕ1 ) · S(p,
2
mN
(7.36)
Z
√
Q
sin ϑ∗ cos ϕ∗ · S̃(p, qs ) .
dp p2 ρ vTL’ 2GnE (Q2 )GnM (Q2 )
mN
(7.37)
dp p2 ρ vT’ F1n (Q2 )GnM (Q2 )
Bei paralleler Polarisationsrichtung ist der zweite Summand von (7.36) stets um mehrere
Größenordnungen kleiner als der erste, weil grundsätzlich
F1n (Q2 ) sin ϑ1 sin ϑ∗k GnM (Q2 ) cos ϑ∗k
(7.38)
2
Q
Qp1
gilt, während im gesamten Integrationsbereich die Terme m
2 und m2 von der gleichen
Größenordnung sind. Darüber hinaus lautet der numerische Befund, daß der zweite Term
zum Gesamt-Asymmetrieverhältnis nur einen Beitrag von unter 0,1 % absolut liefert. Demnach genügt es auch bei senkrechter Polarisationsrichtung, in erster Näherung nur den
ersten Summanden von (7.36) zu berücksichtigen. Dies gilt wohlbemerkt nur, solange man
den gesamten Integrationsbereich in (7.25) zugrunde legt5 . In Einzelfällen kann es durchaus vorkommen, daß beide Summanden von der gleichen Größenordnung sind (nämlich
dann, wenn cos ϑ∗ kleine Werte annimmt).
Weiterhin nehmen wir an, daß in erster Näherung bei paralleler Polarisationsrichtung
der Ausdruck (7.37) klein gegen (7.36) ist. Wie wir in Abschnitt 6.6 gesehen haben, gilt dies
zunächst immer für die in beiden Integralen enthaltenen Strukturfunktionen, solange man
sich auf den Bereich des quasi-freien Peaks beschränkt. Weiter unten in diesem Abschnitt
werden wir auf diese Fragestellung noch einmal zurückkommen.
Mit den hier beschriebenen Näherungen erhalten wir dann für V T nach (7.25) folgenden
Ausdruck:
Z
V T ' ∆Zk̂
Z
0
dk̂ σM
∆p1
0
∆k̂ 0
dp1
0
dk̂ σM
Z
∆p1
dp1
Z
Z
dp p2 ρ vT’
2
Q2
GnM (Q2 ) cos ϑ∗⊥ · S̃(p, qs )
2
2mN
2
Q2
dp p ρ vT’ 2 GnM (Q2 ) cos ϑ∗k · S̃(p, qs )
2mN
.
(7.39)
2
5
Es läßt sich mit etwas Aufwand zeigen, daß die Winkelintegrationen über ϕe und p̂1 in weiten Teilen des Integrationsbereiches verschwindende Beiträge liefern. Wir begnügen uns hier jedoch mit dem
numerischen Befund.
217
~ (~e,e’n)-Experimentes
7 Analyse des Mainzer 3 He
Nach zweimaliger Anwendung des Mittelwertsatzes erhalten wir hieraus
VT '
Z
dk̂ σM
0
dk̂ σM
cos ϑ∗⊥
cos ϑ∗k
Z
∆p1
∆k̂ 0
=
dp1 cos ϑ∗⊥
∆p1
∆k̂ 0
Z
Z
0
dp1 cos ϑ∗k
Z
Z
dp p2 ρ vT’
2
Q2
˜ qs )
GnM (Q2 ) · S(p,
2
2mN
2
Q2
˜ qs )
dp p ρ vT’ 2 GnM (Q2 ) · S(p,
2mN
(7.40)
2
.
In erster Näherung läßt sich also V T auf das Verhältnis der Mittelwerte des Cosinus der
Winkel ϑ∗⊥ und ϑ∗k zurückführen. Per definitionem (vgl. Abschnitt 2.5) sind dies gerade die
Winkel zwischen dem Photonimpuls und der jeweiligen Polarisationsrichtung. Da die Polarisationsrichtungen im Koordinatensystem KD stets konstant sind (vergleiche Abschnitt
7.1), hängen die Winkel ϑ∗ nach (7.15) von ϑe und k 0 ab. Solange die äußeren Parameter
fest sind, besteht der eindeutige Zusammenhang (7.5) zwischen k 0 und dem Relativimpuls
p; demnach läßt sich dann cos ϑ∗ als Funktion von p darstellen. Dies ist in Abbildung 7.14
für einige kinematische Konstellationen exemplarisch abgebildet.
Grundsätzlich gilt, daß einerseits cos ϑ∗⊥ monoton mit p wächst, wobei die Änderungen
im unteren ϑe -Bereich am größten sind, und andererseits cos ϑ∗k im gesamten kinematischen Bereich nur geringe Änderungen aufweist. Unsere Fragestellung, warum sich für die
Endzustandsmodelle PWIA und FSI23 so stark verschiedene V T -Werte ergeben, läßt sich
dann unmittelbar auf das Abklingverhalten der Spektralfunktion als Funktion des Relativimpulses p zurückführen. Wie wir in Abschnitt 6.2 gesehen haben, fällt diese für PWIA
wesentlich langsamer ab als für FSI23, woraus sich logischerweise der in (7.17) angegebene,
größere Cutoff-Wert für die p-Integration ergibt. Aus dem Abklingverhalten resultiert weiterhin, daß die Mittelwerte cos ϑ∗⊥ im Rahmen der PWIA stets größere Werte annehmen
als im FSI23-Modell. Das gleiche gilt dann auch für cos ϑ∗⊥ . Demgegenüber können wir
davon ausgehen, daß die Mittelwerte cos ϑ∗k sich nur unwesentlich voneinander unterscheiden. Zusammengefaßt hängt also das Verhältnis V T sehr empfindlich vom Verlauf der im
innersten Integral über p auftretenden Spektralfunktion ab6 .
Mit der gleichen Argumentation läßt sich auch begründen, warum sich die Anteile VnTL
für beide Modelle nur wenig voneinander unterscheiden. Anstatt der in Abbildung 7.14
gezeigten Funktionen muß man hierbei jedoch die Funktionen vT’ cos ϑ∗k und vTL’ sin ϑ∗⊥
6
Dies ist der entscheidende Unterschied zu den Ergebnissen von Abschnitt 6.7. Dort hatten wir die
Asymmetrieverhältnisse aus sechsfach-differentiellen Wirkungsquerschnitten berechnet, wobei sich nach
(4.82) die Spektralfunktionen in Zähler und Nenner kürzen lassen. Demnach ergeben sich stets die gleichen
Asymmetrieverhältnisse für die Modelle PWIA und FSI23.
218
7.3 Ergebnisse
betrachten und weiterhin davon ausgehen, daß der Betrag des Photonimpulses sich bei
konstantem Winkel ϑe als Funktion von p nur um wenige Prozent verändert.
Die bisherige Vorgehensweise läßt sich streng nur anwenden, wenn man den dominanten
S-Zustand für die 3 He-Wellenfunktion zugrunde legt. Wie wir in Abschnitt 6.2 gesehen haben, können wir jedoch im Bereich des quasi-freien Peaks (d. h. für kleine Relativimpulse p
und qs ) die näherungsweise Gültigkeit der Gleichungen (7.36) und (7.37) annehmen, wenn
wir die vollständige Wellenfunktion betrachten. Dann behalten die bisherigen Aussagen
ebenfalls ihre Gültigkeit. Darüber hinaus können wir nach den Ergebnissen aus Kapitel 6
davon ausgehen, daß sich die Strukturfunktionen RT’ und RnTL’ für die Modelle PWIA und
PWIAS im Bereich des Peaks kaum voneinander unterscheiden. In Zahlen ausgedrückt: die
Abweichungen innerhalb des Bereiches, in dem die Strukturfunktionen um sechs Größenordnungen abfallen, lagen stets unter 1 %. Mithin lassen sich auch die Resultate für V T
und VnTL im Rahmen der PWIAS erklären. Lediglich für die vollständige Endzustandswechselwirkung lassen sich die Ergebnisse nicht mehr analytisch begründen. Hier sind wir
ausschließlich auf die numerischen Befunde angewiesen.
Zur Bestätigung des bisher Gesagten und tieferen Einsicht betrachten wir abschließend
die Funktionen
T
∆ (ϑe ) ≡ N · sin ϑe σM
Z
dϕe
∆ϕe
TL
∆ (ϑe ) ≡ N · sin ϑe σM
dp1 p21
∆p1
Z
dϕe
Z
Z
dp̂1
∆p̂1
dp1 p21
∆p1
∆ϕe
TL
n
Z
TL
p
≡ λ · ∆ (ϑe ) + ∆ (ϑe ) ,
Z
∆p̂1
dp̂1
Z
Z
dp ρ vT’ R̃T’
(7.41)
dp ρ vTL’ R̃TL’
(7.42)
wobei der Normierungsfaktor N definiert ist als
N≡
1
max .
∆ (ϑe ) k
T
(7.43)
Die entsprechenden Kurven sind in den Abbildungen 7.15 - 7.19 graphisch dargestellt. Der
besseren Übersichtlichkeit wegen ist hier nur das Intervall ϑe ∈ [40, 18◦ , 58, 81◦ ] abgebildet.
Außerhalb dieses Bereiches fallen die Kurven zu den Grenzwinkeln ϑe = 39, 19◦ und ϑe =
59, 31◦ hin steil ab, da hier die Integrationsbereiche für den Winkel ϕe – bedingt durch die
Detektorgeometrie (vgl. Abbildung 7.2) – rapide kleiner werden.
Mit den obigen Definitionen (7.41) und (7.42) können wir die Verhältnisse (7.25) und
219
~ (~e,e’n)-Experimentes
7 Analyse des Mainzer 3 He
(7.26) darstellen als
V
T
=
Z
∆ϑe
V
TL
n,p
=
Z
∆ϑe
Z
h
T
dϑe ∆ (ϑe )
∆ϑe
i
⊥
h
i
TL
dϑe ∆T (ϑe ) + λ∆TL
(ϑ
)
+
∆
(ϑ
)
e
e
n
p
Z
∆ϑe
h
dϑe ∆
TL
n, p(ϑe )
i
(7.44)
k
⊥
h
i .
TL
dϑe ∆T (ϑe ) + λ∆TL
(ϑ
)
+
∆
(ϑ
)
e
e
n
p
(7.45)
k
Damit kann man alle im Asymmetrieverhältnis auftretenden Terme mit den Flächen unter
den Kurven in den Diagrammen identifizieren7 .
Hinsichtlich der verschiedenen Modelle lassen sich folgende Feststellungen treffen:
• Die Abbildungen 7.15 und 7.16 zeigen, daß der Einfluß der jeweils zugrunde gelegten
3
He-Wellenfunktion (PSS bzw. vollständige Kernwellenfunktion) in der Tat keinen
nennenswerten Einfluß auf die Funktionen ∆ ausübt. Demnach unterscheiden sich
die einzelnen Anteile des Asymmetrieverhältnisses im Rahmen des jeweiligen Endzustandsmodelles nur wenig voneinander.
• Die Funktion ∆T weist bei senkrechter Polarisationsrichtung massive Unterschiede
für die Modelle PWIA und FSI23 auf (Abbildung 7.17). Dies gilt in verstärktem
Maße für die Flächen unter den Kurven, da diese verschiedene Nulldurchgänge aufweisen. Letztere lassen sich unmittelbar auf die in (7.41 auftauchenden Mittelwerte
ϑ∗⊥ zurückführen (vgl. die Diskussion weiter oben). Demgegenüber fallen die Unterschiede zwischen den übrigen Kurven deutlich geringer aus. Nach 7.44 folgt dann
unmittelbar der extreme Unterschied für den Anteil V T .
• Der Vergleich der Funktionen ∆ für PWIA und PWIAS liefert die Erkenntnis, daß
bei
jeweils nahezu identisch sind. Dies sowie die Tatsache, daß ∆TL
∆T und ∆TL
p
n
paralleler Polarisationsrichtung vernachlässigbar ist, führt zu kaum verschiedenen
Werten für V T und VnTL . Lediglich der Anteil VpTL , der in PWIA nicht auftritt, führt
zu unterschiedlich Ergebnissen der λ-Anpassung und mithin für den elektrischen
Formfaktor GnE .
7
Korrekterweise müßten wir hier die Randgebiete außerhalb des Intervalls ϑe ∈ [40, 18◦ ; 58, 81◦ ] ebenfalls mit einbeziehen, die der besseren Übersichtlichkeit wegen nicht dargestellt worden sind. Für unsere
qualitativen Betrachtungen können wir deren Beiträge jedoch ohne Einschränkung außer acht lassen, da
sämtliche Funktionen zu den Grenzwinkeln ϑmin
= 39, 19◦ bzw. ϑmax
= 59, 31◦ hin sehr schnell auf Null
e
e
abfallen.
220
7.3 Ergebnisse
• Zu einer ähnlichen Feststellung gelangt man auch beim Vergleich der Kurven für
die Modelle FSI23 und FSI. Auch hier unterscheiden sich ∆T und ∆TL
nur wenig
n
TL
voneinander, und ∆p ist bei paralleler Polarisationsrichtung sehr klein gegen ∆T . Die
Folge ist auch hier, daß die Anteile V T und VnTL nur um wenige Prozent verschieden
sind. Allerdings bedingt der deutlich sichtbare Beitrag VpTL , hervorgerufen durch ∆TL
,
p
starke Unterschiede bei der λ-Anpassung.
Weiterhin stellen wir fest, daß für alle Endzustandsmodelle stets
Z
Z
h
i
h
i
TL
dϑe ∆ (ϑe ) dϑe ∆T (ϑe )
∆ϑe
k
∆ϑe
k
gilt. Für die FSI-Rechnung beispielsweise beträgt das Verhältnis beider Flächen
Z
h
i
dϑe ∆TL (ϑe )
k
Z
h
i = 0, 0091 .
dϑe ∆T (ϑe )
(7.46)
k
Dies bestätigt die auf Seite 217 aufgestellte Behauptung, daß in erster Näherung bei paralleler Polarisationsrichtung der Ausdruck (7.37) klein gegen (7.36) ist. Darüber hinaus
liefert dieser Sachverhalt die nachträgliche Begründung für die Parametrisierung (7.27)
des Asymmetrieverhältnisses in Abhängigkeit von λ.
Fazit: Die eingangs dieses Abschnittes gestellten Fragen, nämlich warum die Ergebnisse
der Formfaktor-Anpassung sich einerseits für die Modelle PWIA und FSI23 so stark unterscheiden und andererseits die Resultate für PWIAS und FSI nur um wenige Prozent
voneinander abweichen, konnten wir mit Hilfe einer analytischen Betrachtung beantworten. Insbesondere im Hinblick auf die letztgenannte Frage sei hier nochmals daran erinnert,
daß dies im wesentlichen auf das Anwachsen des Anteils V T des Asymmetrieverhältnisses
zurückzuführen ist. Dies liegt begründet im Abklingverhalten des Integranden des Integrals
über den Relativimpuls p. Daß die Anteile V T und VpTL sich gegenseitig nahezu kompensieren, wenn man sich deren Beiträge zum gesamten Asymmetrieverhältnis für PWIAS
und FSI anschaut, darf nicht darüber hinwegtäuschen, daß die PWIAS den Streuprozeß
nur ungenügend beschreibt. Vielmehr ist dies ein rein zufälliger Effekt, der stark von den
experimentellen Randbedingungen abhängt. Läge z.B. dem Experiment eine andere Wahl
der Polarisationsrichtung zugrunde, ergäbe sich mit Sicherheit ein anderes Ergebnis.
221
~ (~e,e’n)-Experimentes
7 Analyse des Mainzer 3 He
0.3
ϑe = 58◦
ϑe = 55◦
ϑe = 52◦
0.25
ϑe
ϑe
ϑe
ϑe
0.2
cos ϑ∗⊥ 0.15
0.1
= 49◦
= 46◦
= 43◦
= 40◦
0.05
0
-0.05
0
50
100
150
200
250
300
p/ MeV
c
1
ϑe = 40◦
ϑe = 43◦
0.99
ϑe = 46◦
cos ϑ∗k
0.98
ϑe = 49◦
ϑe = 52◦
0.97
ϑe = 55◦
0.96
0.95
ϑe = 58◦
0
50
100
150
200
250
300
p/ MeV
c
Abbildung 7.14: Exemplarische Darstellung von cos ϑ∗ (p)
Für alle Kurven wurde ϕe = 0 gesetzt; als Betrag des Neutronimpulses wurde jeweils der
mittlere Wert der in Tabelle 7.1 aufgeführten Intervalle gewählt. Die Richtung des Neutrons
entspricht der des Photons für p = 0 (vgl. hierzu die Beschreibung der Winkelintegration auf
Seite 196).
222
7.3 Ergebnisse
parallele Polarisationsrichtung
0.2
0
PWIA (PSS)
PWIA
-0.2
∆TL
n (ϑe )
-0.4
-0.6
∆T (ϑe )
-0.8
-1
40
42
44
46
48
50
52
54
56
58
60
senkrechte Polarisationsrichtung
0.25
0.2
0.15
PWIA (PSS)
PSS
0.1
(ϑe )
∆TL
n
0.05
0
∆T (ϑe )
-0.05
-0.1
40
42
44
46
48
50
52
54
56
58
60
Abbildung 7.15: Verlauf von ∆(ϑe ) (I)
Dargestellt sind die Funktionen für PWIA, welche sich bei Verwendung des PSS bzw. der
vollen Wellenfunktion ergeben. Das obere Diagramm zeigt die Verläufe bei paralleler, das
untere bei senkrechter Polarisationsrichtung.
223
~ (~e,e’n)-Experimentes
7 Analyse des Mainzer 3 He
parallele Polarisationsrichtung
0.2
0
FSI23 (PSS)
FSI23
-0.2
∆TL
n (ϑe )
-0.4
-0.6
∆T (ϑe )
-0.8
-1
40
42
44
46
48
50
52
54
56
58
60
senkrechte Polarisationsrichtung
0.25
0.2
0.15
FSI23 (PSS)
FSI23
0.1
(ϑe )
∆TL
n
0.05
0
∆T (ϑe )
-0.05
-0.1
40
42
44
46
48
50
52
54
56
58
60
Abbildung 7.16: Verlauf von ∆(ϑe ) (II)
Dargestellt sind die Funktionen für FSI23, welche sich bei Verwendung des PSS bzw. der
vollen Wellenfunktion ergeben. Das obere Diagramm zeigt die Verläufe bei paralleler, das
untere bei senkrechter Polarisationsrichtung.
224
7.3 Ergebnisse
parallele Polarisationsrichtung
0.2
0
∆TL
(ϑe )
n
PWIA
FSI23
-0.2
-0.4
-0.6
∆T (ϑe )
-0.8
-1
40
42
44
46
48
50
52
54
56
58
60
senkrechte Polarisationsrichtung
0.25
0.2
0.15
PWIA
FSI23
0.1
∆TL
n (ϑe )
0.05
0
∆T (ϑe )
-0.05
-0.1
40
42
44
46
48
50
52
54
56
58
60
Abbildung 7.17: Verlauf von ∆(ϑe ) (III)
Dargestellt sind die Funktionen für PWIA und FSI23. Das obere Diagramm zeigt die Verläufe
bei paralleler, das untere bei senkrechter Polarisationsrichtung.
225
~ (~e,e’n)-Experimentes
7 Analyse des Mainzer 3 He
parallele Polarisationsrichtung
0.2
0
∆TL
(ϑe )
n
PWIA
PWIAS
-0.2
-0.4
-0.6
∆T (ϑe )
-0.8
-1
40
42
44
46
48
50
52
54
56
58
60
senkrechte Polarisationsrichtung
0.25
0.2
0.15
PWIA
PWIAS
0.1
∆TL
n (ϑe )
0.05
∆TL
p (ϑe )
0
∆T (ϑe )
-0.05
-0.1
40
42
44
46
48
50
52
54
56
58
60
Abbildung 7.18: Verlauf von ∆(ϑe ) (IV)
Dargestellt sind die Funktionen für PWIA und PWIAS. Das obere Diagramm zeigt die
Verläufe bei paralleler, das untere bei senkrechter Polarisationsrichtung.
226
7.3 Ergebnisse
parallele Polarisationsrichtung
0.2
0
∆TL
(ϑe )
n
FSI23
FSI
-0.2
-0.4
-0.6
∆T (ϑe )
-0.8
-1
40
42
44
46
48
50
52
54
56
58
60
senkrechte Polarisationsrichtung
0.25
0.2
0.15
FSI23
FSI
0.1
∆TL
n (ϑe )
0.05
∆TL
p (ϑe )
0
∆T (ϑe )
-0.05
-0.1
40
42
44
46
48
50
52
54
56
58
60
Abbildung 7.19: Verlauf von ∆(ϑe ) (V)
Dargestellt sind die Funktionen für FSI23 und FSI. Das obere Diagramm zeigt die Verläufe
bei paralleler, das untere bei senkrechter Polarisationsrichtung.
227
~ (~e,e’n)-Experimentes
7 Analyse des Mainzer 3 He
228
8 Analyse des Mainzer
3He (e,e’p)-Experimentes
Das in diesem Kapitel analysierte Experiment fand im Rahmen der A1-Kollaboration am
Mainzer Elektronenbeschleuniger MAMI statt. Es wurden sowohl 4 He- als auch 3 He-Kerne
mit hochrelativistischen Elektronen beschossen, und mittels hochauflösender Spektrometer
wurden jeweils ein auslaufendes Elektron sowie ein Proton in Koinzidenz nachgewiesen. Der
einlaufende Elektronenstrahl sowie das Target waren unpolarisiert. Aus den gemessenen
Zählraten wurden Wirkungsquerschnitte berechnet und aus diesen anschließend Spektralfunktionen abgeleitet.
Bei der im folgenden durchgeführten Analyse des Experimentes beschränken wir uns
ausschließlich auf den Prozeß 3 He(e,e’p). Für diesen Prozeß werden entsprechend den experimentellen Vorgaben über bestimmte Phasenraumvolumina gemittelte Wirkungsquerschnitte für den Drei-Nukleonen-Aufbruch berechnet und mit den experimentell gewonnenen Wirkungsquerschnitten verglichen. Wie bei allen Rechnungen im Rahmen dieser
Arbeit werden die nukleonischen Anteile in nichtrelativistischer Näherung behandelt.
Wir beginnen mit einer kurzen Beschreibung des Experimentes, wobei nur diejenigen
Aspekte berücksichtigt werden, die für die Analyse relevant sind. Was die experimentellen Details anbelangt, sei hier auf [Flo98] und [Flo99] verwiesen; dort werden auch die
an den Daten durchgeführten Korrekturen (wie z.B. die Strahlungskorrektur) ausführlich
erläutert.
Im darauffolgenden Abschnitt wird die bei den theoretischen Berechnungen angewandte
Vorgehensweise beschrieben. Dies beginnt mit der Behandlung des Phasenraumvolumens
unter Berücksichtigung der kinematischen Gegebenheiten und wird fortgesetzt mit der
Berechnung der zugehörigen Wirkungsquerschnitte. Abschließend werden die theoretisch
gewonnenen Ergebnisse mit den experimentellen Daten verglichen. Insbesondere beschäftigen wir uns dabei mit dem Einfluß der Endzustandswechselwirkung im 3N-Ausgangskanal.
229
8 Analyse des Mainzer 3 He (e,e’p)-Experimentes
8.1 Experimentelle Daten
Im Experiment wurden die Dreierimpulse eines Elektrons und eines Protons im Ausgangskanal in Koinzidenz gemessen. Die Auflösung betrug dabei ca. 3 mrad absolut in den
Winkeln und 10−4 relativ in den Impulsbeträgen. Die Messungen wurden bei drei verschiedenen Elektroneneinschußenergien durchgeführt, wobei die Detektoren so plaziert wurden,
daß der mittlere Viererimpulsbetrag des Photons in allen Fällen ungefähr der gleiche blieb
und im wesentlichen quasi-freie Protonen nachgewiesen wurden. Tabelle 8.1 stellt die kinematischen Parameter zusammen. Für alle drei kinematischen Konfigurationen wurden nur
solche Ereignisse ausgewählt, für welche die Vertikal- und Horizontalwinkel (vgl. Abbildung
8.1) der Protonen- und Elektronenimpulse innerhalb der folgenden Intervalle lagen1 :
ᾱe − 75mrad
ᾱp − 20mrad
β̄e − 70mrad
β̄p − 60mrad
≤
≤
≤
≤
αe
αp
βe
βp
≤
≤
≤
≤
ᾱe + 75mrad
ᾱp + 20mrad
β̄e + 70mrad
β̄p + 60mrad .
(8.1)
Die Winkel ᾱ und β̄ stellen die Positionen der Mittelpunkte der Detektoren dar (vgl.
Tabelle 8.1). Die tatsächlichen Ausdehnungen der Spektrometer waren stets etwas größer
als die hier angegebenen Intervalle; die Schnitte in den Winkelkoordinaten dienten dazu,
Randeffekte in den Detektoren auszuschließen.
Aus den gemessenen Zählraten wurden, nach vorangegangener Datenbereinigung, differentielle Wirkungsquerschnitte ermittelt: fünffach-differentielle für den Proton-DeuteronAufbruch und sechsfach-differentielle für den Drei-Nukleonen-Aufbruch. Um den statistischen Fehler in Grenzen zu halten, wurden die Wirkungsquerschnitte über bestimmte
Phasenraumvolumina gemittelt.
K1
K2
K3
k/ MeV
/
c
ᾱe
ᾱp
855,1
675,1
540,1
52,36◦
72,05◦
103,85◦
-46,41◦
-38,34◦
-26,23◦
k 0 / MeV
c
p1 / MeV
c
567,3 - 686,7 612,4 - 710,3
405,2 - 490,5 612,4 - 710,3
282,8 - 342,3 612,6 - 710,6
Tabelle 8.1: Kinematische Konfigurationen
Aufgeführt sind die Impulsbeträge der einlaufenden Elektronen, die zentralen Horizontalwinkel Winkel ᾱ (vgl. die Definition in Abbildung 8.1) der beiden Detektoren sowie die jeweiligen
Akzeptanzbereiche für die Elektronen- und Protonenimpulsbeträge. In allen drei Fällen liegen
die Mittelpunkte der Detektoren in der x-z-Ebene, d. h. hier gilt β̄ = 0.
1
230
Diese Angaben stammen von [Flo98a]; in [Flo98] sind diese Intervalle nicht erwähnt.
8.1 Experimentelle Daten
y
r
α
β
x
z
Abbildung 8.1: Horizontal- und Vertikalwinkel
Das Koordinatensystem entspricht dem in Anhang A definierten System K D , d. h. die z-Achse
weist in die verlängerte Richtung des einlaufenden Elektronenstrahls. Der Horizontalwinkel
α beschreibt den Winkel zwischen der z-Achse und dem in die x-z-Ebene projizierten Vektor
r. Dabei gilt: ist die x-Komponente von r negativ, so ist α < 0. Der Vertikalwinkel β stellt
den Winkel zwischen dem Vektor r und seiner Projektion in die x-z-Ebene dar. Zwischen den
β
Winkeln α und β und den sphärischen Koordinaten gelten die Beziehungen tan ϕ = xy = tan
sin α
und cos ϑ = zr = cos α cos β.
Um die Vorgehensweise bei der Mittelwertbildung nachvollziehen zu können, müssen wir
uns zunächst mit der Kinematik des Streuprozesses auseinandersetzen. Die relativistischen
Ausdrücke für Energie- und Impulserhaltung (vergleiche hierzu Anhang B) lauten:
ω + M = E1 + E23
Q = p1 + p23 .
(8.2)
(8.3)
Hierbei sind E1 und p1 Energie und Impuls des nachgewiesenen Protons, E23 und p23
Gesamtenergie und Gesamtimpuls der beiden verbleibenden Nukleonen. Den Impuls p23
bezeichnen wir – wie bereits in Kapitel 3 geschehen – im folgenden als den fehlenden“ Im”
puls pm (englisch: Missing Momentum); dies bringt lediglich die Tatsache zum Ausdruck,
daß dieser nicht direkt gemessen wird.
Als weitere kinematische Größe führen wir die sogenannte fehlende“ Energie (englisch:
”
Missing Energy) ein:
Em ≡ ω − E1 + mN − (E23 − M23 ) ,
(8.4)
231
8 Analyse des Mainzer 3 He (e,e’p)-Experimentes
wobei M23 die in Gleichung (B.13) aus Anhang B definierte invariante Masse des ZweiNukleonen-Subsystems darstellt:
q
2
M23 ≡ E23
− p2m .
(8.5)
Diese ist im Falle des pd-Aufbruchs offensichtlich gleich der Masse md des Deuterons;
im Falle des 3N-Aufbruchs läßt sie sich nach Gleichung (B.17) aus Anhang B durch den
Relativimpuls p der Nukleonen 2 und 3 beschreiben. Zusammengefaßt gilt
(
md < 2mN
im pd-Kanal
p
(8.6)
M23 =
2 m2N + p2 ≥ 2mN im 3N-Kanal ,
Mit dieser Gleichung und (8.2) erhalten wir für (8.4)
(
E2 − E3 = 5, 493MeV
im pd-Kanal
p
Em = M23 − M + mN =
2
2
2 mN + p − 2mN − E3 ≥ 7, 718MeV im 3N-Kanal .
(8.7)
Hierbei sind E3 = −7.718 MeV und E2 = −2, 225 MeV die Bindungsenergien des 3 He-Kerns
und des Deuterons. Anhand der fehlenden Energie läßt sich also stets unterscheiden, ob
im Ausgangskanal drei Nukleonen oder ein Proton und ein Deuteron vorliegen. Im Falle
des 3N-Aufbruchs stellt Em – bis auf die Bindungsenergie – gerade die kinetische Energie
der Relativbewegung im 2N-Subsystem dar.
Experimentell wurden über bestimmte (Em , pm )-Intervalle gemittelte Wirkungsquerschnitte aus den Zählraten berechnet. Hierzu ermittelt man mit den zu jedem Ereignis
gehörenden Impulsen k0 und p1 nach (8.3) und (8.2) zunächst die Größen E23 und pm .
Aus diesen läßt sich dann nach (8.4) unter Verwendung von (8.5) die fehlende Energie
Em ableiten. Liegen pm und Em im vorgegebenen Intervall, so erhöht sich die Anzahl der
relevanten Ereignisse um eins.
Im Falle des Drei-Nukleonen-Aufbruchs wird dann der gemittelte, experimentelle Wirkungsquerschnitt definiert als
d6 σ
dk̂ 0 dk 0 dp̂
1 dp1
3N, exp
∆pm ,∆Em
≡
N (∆pm , ∆Em )
.
L · ∆V (∆pm , ∆Em )
(8.8)
Hierin sind N die Anzahl der Ereignisse, L (vom englischen Luminosity) ein Normierungsfaktor, der proportional zur Teilchendichte im einfallenden Strahl und zur Targetteilchendichte ist, und ∆V das zugehörige Phasenraumvolumen in den sechs gemessenen Größen.
Das Phasenraumvolumen wurde mittels der Monte-Carlo-Methode berechnet. Hierzu wählt
man eine hinreichend große Anzahl zufallsverteilter Werte in den sechs gemessenen Größen
innerhalb der von den Detektoren vorgegebenen Grenzen und überprüft für jedes Tupel
232
8.2 Numerische Berechnung der gemittelten Wirkungsquerschnitte
(d. h. für jedes Ereignis), ob die zugehörigen Werte für Em und pm innerhalb der vorgegebenen Intervallgrenzen liegen. Das Verhältnis der positiven“ Ereignisse, die diese Bedingung
”
erfüllen, zur Anzahl aller Versuche multipliziert mit dem gesamten Phasenraumvolumen
ergibt dann das gesuchte ∆V .
Im Falle des Proton-Deuteron-Aufbruchs erwartet man aus theoretischer Sicht nach (8.6)
einen konstanten Wert für Em . In der experimentellen Realität hat man es jedoch stets mit
einer durch Meßunschärfen bedingten Verteilung um diesen Wert herum zu tun, die es bei
der Bestimmung des gemittelten Wirkungsquerschnittes zu berücksichtigen gilt. Letzterer
wird daher definiert als
pd, exp
1 X N (∆pm , ∆Em,i )
d5 σ
≡
,
(8.9)
L i ∆V 0 (∆pm , ∆Em,i )
dk̂ 0 dk 0 dp̂1 ∆pm
wobei die Ausdrücke ∆Em,i kleine Intervalle im Bereich 5,5 MeV ≤ Em ≤ 7,7 MeV darstellen und N (∆pm , ∆Em,i ) die Zählraten innerhalb dieser Intervalle sind. Die Volumina
∆V 0 (∆pm , ∆Em,i ) werden ähnlich wie oben beschrieben bestimmt – allerdings mit dem
Unterschied, daß jedes positive“ Ereignis mit dem Faktor |∂Em /∂p1 | gewichtet wird. Zur
”
Begründung dieser Vorgehensweise sei hier nochmals auf [Flo98] verwiesen.
8.2 Numerische Berechnung der gemittelten
Wirkungsquerschnitte
Unter Verwendung des sechsfach-differentiellen Wirkungsquerschnittes (1.96) lautet der zu
(8.8) analoge Ausdruck2
3N
d6 σ
dk̂ 0 dk 0 dp̂1 dp1 ∆pm ,∆Em
Z
Z
Z
0
0
dEm dpm
dk dk̂
dp1 dp̂1 δ f1 (pm , k0 , p1 ) δ f2 (Em , k 0 , p1 )
≡
∆Em ,∆pm
Z
∆p1 ,∆p̂1
∆k 0 ,∆k̂ 0
dEm dpm
∆Em ,∆pm
Z
0
dk dk̂
∆k 0 ,∆k̂ 0
0
Z
0
d6 σ unp
dk̂ 0 dk 0 dp̂1 dp1
0
dp1 dp̂1 δ f1 (pm , k , p1 ) δ f2 (Em , k , p1 )
∆p1 ,∆p̂1
.
(8.10)
Die δ-Funktionen sorgen dafür, daß zum Integral nur diejenigen Anteile beitragen, für die
Em und pm innerhalb der vorgegebenen Intervalle liegen. Die impliziten Funktionen f1 und
2
Im Hinblick auf die experimentelle Situation verwenden wir hier den in Kapitel 3 eingeführten un”
polarisierten“ Wirkungsquerschnitt; hierauf werden wir in Abschnitt 8.2.2 noch einmal genauer eingehen.
233
8 Analyse des Mainzer 3 He (e,e’p)-Experimentes
f2 ergeben sich unmittelbar aus (8.3) und (8.4):
q
f1 (pm , k0 , p1 ) ≡
(k − k0 − p1 )2 − pm
q
k 2 + k 02 − 2k · k0 + p21 − 2k · p1 + 2k0 · p1 − pm
=
q
=
k 2 + k 02 − 2kk 0 cos ϑe + p21 − 2kp1 cos ϑp1 + 2k 0 p1 cos γ − pm
= 0
f2 (Em , pm , k 0 , p1 ) ≡ Em − k + k 0 + E1 − mN + (E23 − M23 ) = 0 .
(8.11)
(8.12)
Die Integrationsbereiche für die Impulsbeträge und Richtungen der Elektronen und Protonen sind primär durch die Energie-Akzeptanzbereiche und die im vorangegangenen Abschnitt aufgeführten Schnitte in den Flugbahnen vorgegeben. Die diesen Schnitten entsprechenden Raumwinkelbereiche der Detektoren lassen sich anhand der in der Beschreibung
von Abbildung 8.1 gegebenen Umrechnungsformeln zwischen Horizontal- und Vertikalwinkel einerseits und den sphärischen Winkeln ϑ und ϕ andererseits leicht ermitteln. Dies
ist in Abbildung 8.2 exemplarisch für die kinematische Konfiguration K1 aus Tabelle 8.1
dargestellt. Bei der Wahl der Integrationsreihenfolge in (8.10) hängen offensichtlich die
Grenzen der ϕ-Intervalle von den jeweiligen ϑ-Werten ab.
Innerhalb der durch die experimentelle Anordnung festgelegten Integrationsbereiche existieren kinematisch verbotene Gebiete, die es bei der Berechnung von (8.10) zu berücksichtigen gilt. Hierauf kommen wir weiter unten noch einmal ausführlich zurück.
Im nächsten Unterabschnitt werden wir uns zunächst der Berechnung des Phasenraumintegrals im Nenner von (8.10) zuwenden. Die hieraus gewonnenen Erkenntnisse lassen
sich unmittelbar auf die Berechnung des integrierten Wirkungsquerschnittes im Zähler
von (8.10) übertragen. Letzteren behandeln wir im darauf folgenden Unterabschnitt.
234
8.2 Numerische Berechnung der gemittelten Wirkungsquerschnitte
57
56
55
54
ϑe /◦ 53
52
51
50
49
48
-6
-4
-2
0
2
4
6
ϕe / ◦
48
47.5
47
ϑ p1 / ◦
46.5
46
45.5
45
175 176 177 178 179 180 181 182 183 184 185
ϕ p1 / ◦
Abbildung 8.2: Raumwinkelbereiche für die Winkelintegrationen
Dargestellt sind die den Schnitten in den Flugbahnen der Elektronen und Protonen entsprechenden Raumwinkelbereiche im System K D (vergleiche hierzu Anhang A) für die kinematische Konfiguration K1 aus Tabelle 8.1. Das obere Diagramm zeigt den Bereich f ür die
Elektronenrichtungen, das untere für die Protonenrichtungen.
235
8 Analyse des Mainzer 3 He (e,e’p)-Experimentes
8.2.1 Das Phasenraumvolumen
Gemäß (8.10) definieren wir das im Nenner stehende Phasenraumvolumen als
Z
Z
Z
Z
Z
Z
dϕp1
dϑp1 sin ϑp1
dϕe
dϑe sin ϑe
dpm
dEm
∆V (∆pm , ∆Em ) ≡
∆Em
Z
∆p1
dp1
Z
∆pm
∆k 0
∆ϑp1
∆ϕe
∆ϑe
∆ϕp1
dk 0 δ f1 (pm , k0 , p1 ) δ f2 (Em , pm , k 0 , p1 ) .
(8.13)
Bei den folgenden Betrachtungen beschränken wir uns ausschließlich auf den Fall der nichtrelativistischen Kinematik, da wir diesen auch bei der Berechnung der Wirkungsquerschnitte zugrunde legen. Im nichtrelativistischen Limes erhalten wir für die implizite Funktion
(8.12) näherungsweise
f2 (Em , pm , k 0 , p1 ) ' f20 (Em , pm , k 0 , p1 ) ≡ Em − k + k 0 +
p21
p2
+ m =0,
2mN 4mN
(8.14)
während die Gleichung (8.11) für f1 unverändert bleibt.
Wegen (8.14) liefert das innerste Integral in (8.13) nur Beiträge für
k 0 = k̄ 0 ≡ k − Em −
p21
p2
− m ,
2mN 4mN
(8.15)
und es gilt
Z
dk 0 δ f1 (pm , k0 , p1 ) δ f20 (Em , pm , k 0 , p1 ) = δ f1 (pm , k 0 = k̄ 0 , k̂ 0 , p1 ) .
(8.16)
∆k 0
Die Funktion f1 auf der rechten Seite hängt nun auch von Em ab; denn es folgt aus (8.11)
und (8.15)
f1 (pm , k 0 = k̄ 0 , k̂ 0 , p1 )
q
k 2 + k̄ 02 − 2k k̄ 0 cos ϑe + p21 − 2kp1 cos ϑp1 + 2k̄ 0 p1 cos γ − pm = 0
=
≡ f10 (Em , pm , k̂ 0 , p1 ) .
(8.17)
Hierbei ist γ der Winkel zwischen den Richtungen des gestreuten Elektrons und des nachgewiesenen Protons; für diesen gilt
cos γ = cos ϑe cos ϑp1 + sin ϑe sin ϑp1 cos(ϕe − ϕp1 ) .
(8.18)
Als Zwischenergebnis ergibt sich für (8.13)
Z
Z
Z
Z
Z
Z
∆V (∆pm , ∆Em ) ≡
dEm
dpm
dϑe sin ϑe
dϕe
dϑp1 sin ϑp1
dϕp1
∆Em
Z
∆p1
236
∆pm
∆ϑe
dp1 δ f10 (Em , pm , k̂ 0 , p1 )
∆ϕe
∆ϑp1
∆ϕp1
(8.19)
8.2 Numerische Berechnung der gemittelten Wirkungsquerschnitte
Zur weiteren Vereinfachung führen wir anstelle der Winkel ϕe und ϕp1 die Variablen
ρ ≡ ϕ p1 − ϕ e
(8.20)
1
(ϕp + ϕe )
(8.21)
τ ≡
2 1
ein. Unter dem Integral substituieren wir dann mit Hilfe der Jacobi-Determinante
∂ϕe ∂ϕe dϕe dϕp1 = ∂ϕ∂ρp1 ∂ϕ∂τp1 dρ dτ
∂ρ
∂τ
= dρ dτ .
Die Integration über τ läßt sich direkt ausführen, da f10 wegen (8.18) nur von ρ abhängt.
max
Hierbei muß man lediglich berücksichtigen, daß für gegebene Intervalle ϕe ∈ ϕmin
e , ϕe
max
und ϕp1 ∈ ϕmin
die zugehörigen Werte ρ und τ innerhalb eines Parallelogramms
p1 , ϕ p1
mit den Eckpunkten
min
P1 = ϕmin
− ϕmax
+ ϕmax
e
p1 , ϕ e
p1
max
P2 = ϕmax
− ϕmax
+ ϕmax
e
p1 , ϕ e
p1
max
P3 = ϕmax
− ϕmin
+ ϕmin
e
p1 , ϕ e
p1
min
P4 = ϕmin
− ϕmin
+ ϕmin
e
p1 , ϕ e
p1
liegen. Bei gegebenem ρ kann man dann
g(ρ) ≡
τ max
Z (ρ)
dτ
(8.22)
τ min (ρ)
leicht berechnen. Innerhalb der in Abbildung 8.3 definierten Bereiche erhält man

max
min

im Bereich A,
 2ρ − 2(ϕp1 − ϕe )
g(ρ) =
const
im Bereich B,


max
min
−2ρ − 2(ϕe − ϕp1 ) im Bereich C.
(8.23)
Für das Phasenraumvolumen (8.19) erhalten wir unter Verwendung von (8.22)
Z
Z
Z
Z
Z
∆V (∆pm , ∆Em ) ≡
dEm
dpm
dϑe sin ϑe
dϑp1 sin ϑp1 dρ g(ρ)
∆Em
Z
∆p1
∆pm
∆ϑe
∆ϑp1
∆ρ
dp1 δ f10 (Em , pm , ϑe , ϑp1 , ρ, p1 ) .
(8.24)
Die Integration über p1 läßt sich leicht ausführen, solange die partielle Ableitung
G(Em , pm , ϑe , ϑp1 , ρ, p1 ) ≡
∂ 0
f (Em , pm , ϑe , ϑp1 , ρ, p1 )
∂p1 1
(8.25)
237
8 Analyse des Mainzer 3 He (e,e’p)-Experimentes
τ
(a)
..
........
P2
...
...
....
..................
.
.
.
.
. .. ...
...
..... .... ...........
...
. . ..
.....
... P1......... A .... .... ..........
...
.....
... ..
.....
.....
.....
.. ..
...
.....
.....
...
..... ..... B ....
..... .. .. C ........
...
P3
..... .. ..
.
.
.
.
...
...... .. .....
..... ... ....
...
..... .. .....
...
.........
...
...
P4
..........................................................................................
ρ
τ
(b)
..
........
...
P2
....
....
...
......... .........
.
.
.
...
.
.
... . ........
.....
...
..... ....
....
... P1 ........
..
....... A .... C .........
...
.....
...
.
.
.... P3
.....
..... .... .........
...
..... .. ....
...
..... .. ....
...
........
...
P4
...
...
..........................................................................................
ρ
τ
(c)
..
........
P2
...
...
....
..................
.
.
.
.
.. . ....
...
...... ... .........
...
.....
..... .... ....
.
.
.
.
...
.
.... .... .... C ........
...
.
.
.
.
.
.
P3
.
.
... P1 ........
.... B ...
... .....
.....
.
..... A .... .... ........
...
.....
...
..... .... ............
..... .. ....
...
..... .. ....
...
...........
...
...
P4
..........................................................................................
ρ
Abbildung 8.3: Wertebereiche für die Variablen ρ und τ
Die einzelnen Diagramme zeigen schematisch die Wertebereiche für ρ und τ in Abhängigkeit
min
der Eckpunkte P1 , P2 , P3 und P4 . Fall (a) tritt ein, wenn ϕmax
− ϕmin
< ϕmax
e
e
p1 − ϕp1 , Fall
min
max − ϕmin > ϕmax − ϕmin gilt.
(b), wenn ϕmax
− ϕmin
= ϕmax
e
e
p1 − ϕp1 und Fall (c), wenn ϕe
e
p1
p1
ungleich Null ist. Dann gilt
Z
X
dp1 δ f10 (Em , pm , ϑe , ϑ1 , ρ, p1 ) =
i
∆p1
1
.
|G(Em , pm , ϑe , ϑp1 , ρ, p1i )|
(8.26)
Die Summe erstreckt sich über die reellen Nullstellen p1i von f10 . Diese ergeben sich als
Lösungen der unmittelbar aus (8.17) folgenden Gleichung
F (Em , pm , ϑe , ϑp1 , ρ, p1 ) ≡ c4 p41 + c3 p31 + c2 p21 + c1 p1 + c0 = 0 ,
(8.27)
mit den Koeffizienten
c4 =
c3 =
c2 =
c1 =
c0 =
1
4m2N
cos γ
−
mN
1
p2m
1
1−
k − Em −
+
k cos ϑe
mN
4mN
mN
p2m
− 2k cos ϑp1
2 cos γ k − Em −
4mN
2
p2m
p2m
2
k + k − Em −
− 2k cos ϑe k − Em −
− p2m .
4mN
4mN
(8.28)
(8.29)
(8.30)
(8.31)
(8.32)
Wir werden später sehen, daß die Funktion F maximal zwei reelle Nullstellen p1i besitzt.
Der Zusammenhang zwischen den Funktionen G und F ist gegeben durch die Relation
G=
238
1 ∂F
.
2pm ∂p1
(8.33)
8.2 Numerische Berechnung der gemittelten Wirkungsquerschnitte
Demnach ist die rechte Seite der Gleichung (8.26) genau dann nicht definiert, wenn F eine
doppelte Nullstelle in p1 aufweist, da in diesem Fall die Funktion G verschwindet. Bevor
wir uns diesem Problem ausführlicher widmen, werden wir uns zunächst mit der Frage
befassen, wie sich die (reellen) Lösungen von (8.27) bestimmen lassen. Hieraus lassen sich
einige interessante Erkenntnisse gewinnen.
Wie auf Seite 234 bereits angesprochen wurde, sind die Integrationsbereiche in erster
Linie durch die experimentellen Gegebenheiten bestimmt. Darüber hinaus gilt es jedoch,
diejenigen Gebiete, die kinematisch verboten sind, von vornherein aus den Rechnungen
auszuklammern. Diese sind dadurch charakterisiert, daß die Funktion F aus Gleichung
(8.27) keine reellen Lösungen für p1 besitzt. Letzteres ist offensichtlich gleichbedeutend mit
der Tatsache, daß die impliziten Funktionen f1 und f20 aus (8.11) und (8.14) keine reellen
Schnittpunkte aufweisen. Durch Analogumformung dieser beiden Gleichungen ergeben sich
zwei neue implizite Funktionen,
fe1 (k 0 , p1 , · · ·) ≡ k 02 + 2 cos γ k 0 p1 + p21 − 2k cos ϑe k 0 − 2k cos ϑp1 p1 + k 2 − p2m = 0 (8.34)
2
p
m
0
2
0
−k =0,
(8.35)
fe2 (k , p1 , · · ·) ≡ p1 + 2mN k + 2mN Em +
4mN
welche die gleichen Schnittpunkte besitzen wie f1 und f20 . Betrachten wir fe1 und fe2 als
Funktion der Impulsbeträge p1 und k 0 , so stellen beide mathematisch gesehen Spezialfälle
der allgemeinen Kegelschnitt-Gleichung
ax2 + 2bxy + cy 2 + 2dx + 2ey + f = 0
(8.36)
dar. Dann läßt sich bekanntlich anhand der Koeffizienten bestimmen, um welche Art Kegelschnitt es sich handelt (siehe z.B. [Bau68] oder [Eis91]):


 <0 :
2
ac − b
=0 :


>0 :
Hyperbel oder reelles, nicht paralleles Geradenpaar,
Parabel oder paralleles Geradenpaar,
Ellipse oder imaginäres Geradenpaar.
(8.37)
Demnach handelt es sich bei der Funktion fe2 aus (8.35) offensichtlich um eine reelle Parabel.
Nach (8.34) stellt fe1 immer dann eine Ellipse dar, solange cos2 γ 6= 1 gilt. Letzteres ist
aufgrund der Detektoranordnungen stets der Fall. Bei den Ellipsen können nun drei Fälle
auftreten: hier handelt es sich entweder um eine reelle Ellipse, eine imaginäre Ellipse oder
ein imaginäres Geradenpaar. Letzteres bedeutet: im Reellen entartet die Ellipse zu einem
Punkt. Welche dieser Formen angenommen wird, läßt sich unmittelbar erkennen, wenn
man (8.34) in die Hauptachsengleichung überführt. Dabei transformiert man zuerst das
Koordinatensystem so, daß der Ursprung mit dem Ellipsenmittelpunkt zusammenfällt;
239
8 Analyse des Mainzer 3 He (e,e’p)-Experimentes
anschließend rotiert man das neue System, bis seine Achsen mit den Hauptachsen der
Ellipse übereinstimmen. Nach einiger Rechnung erhält man den Ausdruck:
fe100 = a00 x2 + c00 y 2 + f 00 = 0 .
(8.38)
Hierbei stehen x und y für die zweifach transformierten Variablen k 0 bzw. p1 ; die Konstanten lauten im einzelnen:
a00 = 1 + cos γ
c00 = 1 − cos γ
f 00 = −p2m + k
(8.39)
2
2
cos ϑe + cos ϑp1 − 2 cos ϑe cos ϑp1 cos γ
1 − cos2 γ
(8.40)
.
(8.41)
Da a00 und c00 stets positiv sind, gilt: solange f 00 negativ ist, erhalten wir eine reelle Ellipse,
für f 00 = 0 ergibt sich genau ein Punkt und für positive Werte existieren keine reellen
Lösungen mehr.
Wählen wir einen Satz konstanter äußerer Parameter Em , pm , ϑe und ϑp1 , so hängen
die Koeffizienten der Hauptachsengleichung wegen (8.18) vom Betrag von ρ (diese Größe
wurde in (8.20) als Differenz der Winkel ϕp1 und ϕe definiert) ab. Da die ρ-Werte aufgrund
der vorgegebenen Raumwinkelbereiche (vergleiche hierzu Abbildung 8.2) stets symmetrisch
um π herum verteilt sind und außerdem cos γ und mithin auch die Koeffizienten a00 , c00 und
f 00 nur von der Größe |ρ − π| abhängen, genügt es, sich im folgenden auf den Fall ρ ≥ π
zu beschränken. Setzen wir die Existenz der Ellipse bei ρ = π voraus, so lassen sich leicht
die folgenden Aussagen ableiten:
• Große und kleine Halbachse nehmen mit wachsendem Betrag |ρ − π| ab.
• Die Ellipsen für verschiedene Werte von |ρ − π| weisen keine gemeinsamen Schnittpunkte auf.
• Die Mittelpunkte aller Ellipsen liegen innerhalb der größten Ellipse, die sich für ρ = π
ergibt.
Zusammengefaßt gilt also: für konstante äußere Parameter Em , pm , ϑe und ϑp1 sind die Ellipsen ineinander verschachtelt. Zur Veranschaulichung sind in Abbildung 8.4 exemplarisch
einige solche Ellipsen für verschiedene ρ-Werte dargestellt.
Bezeichnen wir mit ρmax denjenigen Wert, für den die Ellipse zu einem Punkt entartet, so
gilt offensichtlich die Aussage: besitzen die Funktionen fe1 und fe2 für ρ = π einen gemeinsamen Punkt, so existiert stets ein Wert ρ0 ∈ [π, ρmax ], bei dem sich die Kurven tangieren.
Oberhalb von ρ0 existieren keine gemeinsamen Schnittpunkte im Reellen mehr, d. h. ρ0
240
8.2 Numerische Berechnung der gemittelten Wirkungsquerschnitte
740
f˜2 (Em = 7,718 MeV)
f˜2 (Em = 20,0 MeV)
p1 / MeV
c
720
700
680
660
640
580
600
620
640
660
680
k 0 / MeV
c
Abbildung 8.4: Festlegung der Integrationsbereiche (I)
Das Bild zeigt die Verschachtelung der Ellipsen fe1 nach Gleichung (8.34) für verschiedene
ρ-Werte bei ansonsten gleichen Parametern k = 855 MeV, p m = 40 MeV/c, ϑe = 52, 36◦
und ϑp1 = 46, 41◦ . Zusätzlich sind zwei Kurven fe2 nach (8.35) für unterschiedliche Em -Werte
eingezeichnet.
stellt jeweils die obere Grenze des physikalisch erlaubten Bereiches dar. Innerhalb dieses
Bereiches existieren offensichtlich immer genau zwei Schnittpunkte der Parabel und der
Ellipse, die für ρ0 zusammenfallen. (Abbildung 8.5 zeigt exemplarisch die Schnittpunkte
für zwei ausgewählte Parabeln und mehrere Ellipsen mit ρ = π.) Das Polynom vierten
Grades (8.27) hat demnach in diesem Bereich stets zwei komplexe und zwei reelle Nullstellen. Letztere fallen für ρ = ρ0 zusammen; darüber existieren ausschließlich komplexe
Nullstellen.
241
8 Analyse des Mainzer 3 He (e,e’p)-Experimentes
800
f˜2 (Em = 7, 718 MeV)
f˜2 (Em = 20, 0 MeV)
p1 / MeV
c
750
700
650
600
560
580
600
620
640
660
680
700
k 0 / MeV
c
Abbildung 8.5: Festlegung der Integrationsbereiche (II)
Das Bild zeigt einige Ellipsen fe1 nach Gleichung (8.34) für verschiedene Kombinationen von
ϑe und ϑp1 bei jeweils konstanten Werten k = 855, 1 MeV, p m = 40 MeV/c und ρ = π. Die Polarwinkel nehmen die Werte ϑe ∈ [48, 06◦ ; 52, 36◦ ; 56, 66◦ ] und ϑp1 ∈ [45, 26◦ ; 46, 41◦ ; 47, 56◦ ]
an, wobei die Ellipsen mit wachsendem ϑ e nach oben und mit wachsendem ϑ1 nach rechts
wandern. Zusätzlich sind zwei Kurven fe2 nach (8.35) für unterschiedliche Em -Werte eingezeichnet. Das Rechteck stellt die Impuls-Akzeptanzbereiche der Detektoren dar, wobei die
kinematische Konfiguration K1 aus Tabelle 8.1 zugrunde gelegt wurde.
242
8.2 Numerische Berechnung der gemittelten Wirkungsquerschnitte
Mit den bisherigen Erkenntnissen können wir nun einen Algorithmus zur Festlegung der Integrationsgebiete des Phasenraumvolumens (8.19) – unter Berücksichtigung der gewählten
Integrationsreihenfolge – formulieren:
1. Wähle einen Satz von (Em ,pm ,ϑe ,ϑp1 )-Werten sowie ρ = π und überprüfe, ob die
Funktion F nach (8.27) reelle Lösungen für p1 besitzt. Hierbei werden nur solche
Winkel berücksichtigt, die innerhalb der experimentell vorgegebenen Intervalle liegen.
2. Überprüfe anschließend , ob mindestens eine reelle Lösung p1 und der zugehörige Wert
für k 0 nach (8.35) innerhalb der Impuls-Akzeptanzbereiche der Detektoren liegen. Auf
diese Weise läßt sich das Integrationsgebiet in den vier Variablen Em ,pm ,ϑe und ϑp1
mit beliebiger Genauigkeit festlegen.
3. Bestimme für die Integrationspunkte innerhalb dieser Bereiche den jeweiligen Wert
ρ0 , der die obere Grenze des physikalisch erlaubten Bereiches darstellt.
4. Überprüfe, ob ρ0 innerhalb des experimentell vorgegebenen Intervalls ∆ρ(ϑe , ϑp1 )
liegt. Bezeichnen wir die obere Schranke dieses Intervalls mit ρ2 , so ist die obere
Integrationsgrenze durch das Minimum von ρ0 und ρ2 gegeben3 .
5. Ermittle analog die untere Grenze der ρ-Integration. Sei ρ00 ≡ 2π − ρ0 und bezeichne
ρ1 die untere Schranke von ∆ρ(ϑe , ϑp1 ), so ist die untere Integrationsgrenze gegeben
durch das Maximum dieser beiden Werte.
Unter Beachtung der beiden letzten Punkte schreiben wir die ρ-Integration aus (8.19)
formal als
min(ρ
Z 2 ,ρ0 )
Zπ
Z
··· .
(8.42)
···+
··· =
∆ρ
max(ρ1 ,ρ00 )
π
Diese lassen sich unter Verwendung von (8.26) trivial ausführen, solange ρ00 und ρ0 außerhalb der Integrationsgrenzen liegen. Wir wir bereits weiter oben festgestellt haben, treten
immer dann Probleme auf, wenn dies nicht der Fall ist. Dann verschwindet nämlich die
Funktion G aus Gleichung (8.25) und der innere Integrand von (8.19) besitzt eine Singularität.
Bei der folgenden Analyse dieses Problems wählen wir einen Satz konstanter äußerer
Parameter Em , pm , ϑe und ϑp1 . Wir beschränken uns zunächst auf den zweiten Term von
3
Der tatsächlich verwendete Algorithmus geht hier noch einen Schritt weiter und überprüft, ob das
zu ρ0 gehörige Paar p1 und k 0 innerhalb der Impuls-Akzeptanzbereiche liegt; die obere Integrationsgrenze
wird dann anhand dieser Bedingung ermittelt. Da dieser Fall jedoch in praxi jedoch nur äußerst selten
auftritt, lassen wir ihn hier außer Acht, um die Betrachtungen nicht unnötig zu verkomplizieren.
243
8 Analyse des Mainzer 3 He (e,e’p)-Experimentes
(8.42); die Berechnung des ersten verläuft vollkommen analog. Seien η und ε zwei positive,
reelle Konstanten mit ε < η, so schreiben wir wiederum formal
Zρ0
··· =
π
ρZ0 −η
· · · + lim
π
ρZ0 −ε
ε→0
ρ0 −η
··· .
(8.43)
Die Berechnung des ersten Terms ist trivial; wir beschränken uns daher auf den zweiten.
Gemäß (8.24) definieren wir das uneigentliche Integral
I0 ≡ lim
ρZ0 −ε
ε→0
ρ0 −η
g(ρ) dρ
Z
∆p1
dp1 δ f10 (Em , pm , ϑe , ϑp1 , ρ, p1 ) .
(8.44)
Mit (8.26) erhalten wir hierfür den Ausdruck
I0 = lim
ρZ0 −ε
ε→0
ρ0 −η
g(ρ) dρ
X
i
1
.
|G(Em , pm , ϑe , ϑp1 , ρ, p1i )|
(8.45)
Bezeichnen wir mit p10 die zu ρ0 gehörige Nullstelle der in (8.25) definierten Funktion G, so
läßt sich diese bei hinreichend kleiner Wahl des Parameters η um (ρ0 , p10 ) herum entwickeln
(die übrigen Argumente von G lassen wir aus Gründen der Bequemlichkeit außer Acht):
∂G
∂G
G(ρ = ρ0 + δρ, p1 = p10 + δp1 ) = G(ρ0 , p10 ) +
δp1 +
δρ
∂p1 0
∂ρ 0
1 ∂2G
1 ∂2G
2
+
(δρ)2
(δp1 ) +
2
2
2 ∂p
2 ∂ρ 0
2 1 0
∂ G
δp1 δρ + · · · .
(8.46)
+
∂ρ ∂p1 0
Der Index 0“ zeigt an, daß die Ableitungen stets an der Stelle (ρ0 , p10 ) genommen werden.
”
Den Zusammenhang zwischen δp1 und δρ liefert
∂ρ
1 ∂2ρ
δρ =
δp1 +
(δp1 )2 + · · · .
(8.47)
2
∂p1 0
2 ∂p1 0
Die partiellen Ableitungen lassen sich aus der impliziten Funktion (8.27) gewinnen. Sie
lauten
−1
∂ρ
∂F
∂F
=−
(8.48)
∂p1
∂ρ
∂p1
und
244
∂2ρ
=−
∂p21
∂F
∂ρ
−2 ∂ 2 F ∂F
∂ 2 F ∂F
−
∂p21 ∂ρ
∂p1 ∂ρ ∂p1
.
(8.49)
8.2 Numerische Berechnung der gemittelten Wirkungsquerschnitte
Für p1 = p10 verschwindet die Ableitung ∂F/∂p1 , da F an dieser Stelle eine doppelte
Nullstelle aufweist. Mithin verschwinden auch ∂ρ/∂p1 in der ersten Gleichung und der
zweite Term in der eckigen Klammer der zweiten Gleichung. Es verbleibt
2 −1 2 ∂ F
∂ ρ
∂F
= −
2
∂p1 0
∂ρ 0
∂p21 0
−1 −1 2 ∂ cos γ
∂ F
∂F
= −
.
(8.50)
∂ cos γ 0
∂ρ
∂p21 0
0
Damit erhalten wir aus (8.47)
s ∂2ρ
δp1 = ± −
2 δρ
∂p21 0
s 2 −1
∂ cos γ
∂ F
∂F
2 δρ .
= ± −
∂ cos γ 0
∂ρ
∂p21 0
0
(8.51)
Die Wahl des Vorzeichens hängt davon ab, welche der beiden reellen Lösungen für p1 man
gerade betrachtet. Einsetzen in (8.46) ergibt
s 2 −1
∂F
∂ cos γ
∂ F
∂G
2 δρ
−
G(ρ, p1 ) ' ±
∂p1 0
∂ cos γ 0
∂ρ
∂p21 0
0
∂G
∂ cos γ
+
δρ
∂ cos γ 0
∂ρ
0
2 2 −1
∂F
∂ cos γ
∂ F
∂ G
δρ .
(8.52)
−
2
∂p1 0 ∂ cos γ 0
∂ρ
∂p21 0
0
In obiger Gleichung wurden nur Terme bis zur ersten Ordnung in δρ berücksichtigt4 . Die
einzelnen partiellen Ableitungen berechnen wir unter Verwendung von (8.27)-(8.33):
∂F
1 3
p2m
H1 ≡
=−
p + 2 k − Em −
p10
(8.53)
∂ cos γ 0
mN 10
4mN
2 ∂ F
H3 ≡
= 12 c4 p210 + 6 c3 p10 + 2 c2
(8.54)
∂p21 0
1 ∂G
=
6 c4 p210 + 3 c3 p10 + c2
(8.55)
H4 ≡
∂p1 0 pm
p2m
∂G
1
3
2
p + k − Em −
H5 ≡
=
−
(8.56)
∂ cos γ 0 pm
2mN 10
4mN
2 ∂ G
1 H6 ≡
=
12 c4 p10 + 3 c3 .
(8.57)
∂p21 0 pm
4
Die Gültigkeit dieser Näherung wurde numerisch überprüft. Für den in allen Berechnungen verwendeten Wert η ≡ |δρmax | = 10−6 ergaben sich für G(ρ, p1 ) relative Abweichungen in der Größenordnung
von 10−7 .
245
8 Analyse des Mainzer 3 He (e,e’p)-Experimentes
Aus (8.18) folgt
∂ cos γ
∂ρ
0
= − sin ϑe sin ϑp1 sin ρ0 .
(8.58)
Unter Berücksichtigung der Tatsache, daß δρ und sin ρ0 stets das gleiche Vorzeichen aufweisen, definieren wir außerdem
H2 ≡ sin ϑe sin ϑp1 |sin ρ0 |
(8.59)
und schreiben für (8.52)
G(ρ, p1 ) ' ±H4
p
2H1 H2 /H3 |δρ| − H2 H5 |δρ| + H6 H1 H2 /H3 |δρ| .
(8.60)
Da die Funktion F aus (8.27) in p10 eine doppelte Nullstelle aufweist, gilt wegen (8.33)
G(p1 < p10 ) < 0
G(p1 > p10 ) > 0 .
Demnach schreiben wir für den Betrag von G
|G(ρ, p1 )| = B
wobei als zusätzliche Abkürzungen
B ≡ H4
p
p
|δρ| ± C |δρ| ,
2H1 H2 /H3
C ≡ H6 H1 H2 /H3 − H2 H5
(8.61)
(8.62)
(8.63)
eingeführt wurden.
Nun sind wir in der Lage, das uneigentliche Integral (8.44) auszuführen. Zur Vereinfachung nehmen wir dabei an, daß innerhalb der kleinen Integrationsbereiche für ρ stets
gilt5
g(ρ) = a(ρ) · ρ + b(ρ)
' a(ρ0 ) · ρ + b(ρ0 )
≡ a0 · ρ + b0 .
(8.64)
5
Nach (8.23) bedeutet dies, daß ρ0 und ρ0 − η innerhalb der gleichen Bereiche A,B oder C liegen.
Die Gültigkeit dieser Näherung wurde numerisch überprüft, indem das Phasenraumvolumen einmal für
a(ρ) = a(ρ0 ) und b(ρ) = b(ρ0 ) und einmal für a(ρ) = a(ρ0 − η) und b(ρ) = b(ρ0 − η) berechnet wurde. Dies
hatte in der Tat keinerlei Auswirkung auf das Gesamtresultat.
246
8.2 Numerische Berechnung der gemittelten Wirkungsquerschnitte
Mit der Substitution ρ0 ≡ δρ = ρ0 − ρ folgt dann
ρZ0 −ε
1
1
dρ
+
g(ρ)
I0 = lim
ε→0
|G(ρ, p11 )| |G(ρ, p12 )|
ρ0 −η
)
dρ
1
1
p
p
p
+
g(ρ)
C
1+ C
|δρ| 1 − B
|δρ|
|δρ|
B
ρ0 −η
(
)
Zε
1
dρ0
1
1
√
√
√
= − lim (g(ρ0 ) − a0 ρ0 )
+
C
B ε→0
ρ0
1+ C
ρ0 1 − B
ρ0
B
η
η
Cp 0
Cp 0
g(ρ0 ) 2B
lim ln 1 +
ρ − ln 1 −
ρ
=
B C ε→0
B
B
ε
η
p
p
a0 2B 2
B
C
Cp 0
B
0
0
−
ρ − ln 1 −
ρ
lim −2 ρ + ln 1 +
B C 2 ε→0
C
B
C
B
ε
!
C√
C√
2g(ρ0 ) 1 + B η 2a0 B
√
B 1+ B η
=
ln
−2
ln
η
+
.
(8.65)
−
C√
C√
C
C2
C 1− B
1− B η
η
1
lim
=
B ε→0
(
ρZ0 −ε
Bisher haben wir uns nur mit dem zweiten Summanden aus (8.42) beschäftigt. Besitzt
der erste Term den Wert ρ00 als untere Integrationsgrenze, so schreiben wir analog zu (8.43)
Zπ
· · · = lim
ρZ00 +η
ε→0
ρ00 +ε
ρ00
···+
Zπ
··· .
(8.66)
ρ00 +η
Für das hierin auftretende uneigentliche Integral erhalten wir vollkommen analog das gleich
Ergebnis:
I00
≡ lim
ρZ00 +η
ε→0
ρ00 +ε
g(ρ)dρ
Z
dp1 δ f10 (Em , pm , ϑe , ϑp1 , ρ, p1 )
∆p1
= I0 .
8.2.2 Der integrierte Wirkungsquerschnitt
Für den im Zähler von (8.10) stehenden integrierten Wirkungsquerschnitt setzen wir
Z
Z
Z
Z
Z
Z
dϕp1
dϑp1 sin ϑp1
dϕe
dϑe sin ϑe
dpm
dEm
∆σ(∆pm , ∆Em ) ≡
∆Em
Z
∆p1
dp1
Z
∆pm
∆k 0
∆ϑe
∆ϕe
∆ϕp1
∆ϑp1
dk 0 δ f1 (pm , k0 , p1 ) δ f2 (Em , k 0 , p1 )
6 unp
d σ
dk̂ 0 dk 0 dp̂1 dp1
.
(8.67)
247
8 Analyse des Mainzer 3 He (e,e’p)-Experimentes
Da im Experiment weder die einlaufenden Elektronen noch die 3 He-Kerne polarisiert waren,
verwenden wir für den sechsfach-differentiellen Wirkungsquerschnitt unter dem Integral die
in Kapitel 3 abgeleitete unpolarisierte“ Form, d. h. es wird sowohl über die Helizitäten
”
der einlaufenden Elektronen als auch über die Polarisationsrichtungen der Kerne gemittelt.
Gemäß (3.23) gilt dann
1 X 1X
d6 σ unp
d6 σ
=
2
2 M dk 0 dk̂ 0 dp̂1 dp1
dk 0 dk̂ 0 dp̂1 dp1
h=±1
Z
o
1 Xn
2 p mN
= σM p1
dp̂
vL RL + vT RT + vTT RTT + vTL RTL .
2
2 M
(8.68)
Beschränkt man sich hier zunächst auf die quasi-freien Näherungen PWIA und FSI23,
so läßt sich dieser Ausdruck mit den Ergebnissen von Abschnitt 3.1 in analytischer Form
vermöge der Spektralfunktion darstellen. Analog zu (3.39) schreiben wir dann
X
p mN 2
d6 σ unp, QFS
= σM
p1 S(p, pm )
vκ r κ .
(8.69)
0
0
2
dk dk̂ dp̂1 dp1
κ
Der Summationsindex κ nimmt dabei die Werte L,T,TL und TT an. Die Faktoren vκ
sind durch die Definitionsgleichungen (1.71)-(1.74) festgelegt; die r κ ergeben sich durch
Koeffizientenvergleich mit Gleichung (3.39). Nachfolgende Tabelle faßt die Ausdrücke für
die Faktoren vκ und r κ zusammen:
κ
vκ
L
q4
Q4
T
TL
TT
ϑe
q2
+ tan2
2
2Q
2
s
2
2
q
ϑe
q
√
− 2 + tan2
Q
2
2Q2
2
q
2Q2
−
rκ
GpE (Q2 )
2
Q2
p21
p
p
2 2
2 2
G
(Q
)
+
F
(Q
)
sin2 ϑ1
1
M
2
2
2mN
mN
√
p1
sin ϑ1 cos ϕ1
2 2 GpE (Q2 )F1p (Q2 )
mN
2
p2
− 12 F1p (Q2 ) sin2 ϑ1 cos(2ϕ1 )
mN
Da experimentell jeweils ein Elektron und ein Proton in Koinzidenz gemessen wurden,
tauchen hier überall die elektromagnetischen Formfaktoren des Protons auf. Man beachte,
daß die in der Tabelle aufgeführten Winkel ϑ1 und ϕ1 die Richtung des Protonimpulses im
System KQ darstellen6 – im Gegensatz dazu stellen die Integrationsvariablen ϑp1 und ϕp1
in Gleichung (8.67) die Richtung des Protonimpulses im Koordinatensystem KD dar.
6
KQ ist dasjenige Koordinatensystem, in welchem die z-Achse durch die Richtung des Photonimpulses gegeben ist (vergleiche Anhang A). Dieses System wird bei der Berechnung der Kernmatrixelemente
zugrunde gelegt.
248
8.2 Numerische Berechnung der gemittelten Wirkungsquerschnitte
Wie wir im bisherigen Verlauf dieser Arbeit bereits mehrfach festgestellt haben, existiert für den Wirkungsquerschnitt keine analytische Form wie in Gleichung (8.69) mehr,
wenn man zu den Endzustandsmodellen PWIAS und FSI übergeht. Dies liegt einfach
daran, daß das Auftreten des Permutationsoperators im Endzustand keine einheitliche
Spektralfunktion mehr liefert. Im Hinblick auf den integrierten Wirkungsquerschnitt (8.67)
bedeutet dies, daß man – unter Beachtung der im vorangegangenen Abschnitt erläuterten
Vorgehensweise bei der Integration – für sämtliche Stützpunkte den jeweiligen sechsfachdifferentiellen Wirkungsquerschnitt berechnen müßte. Dies erfordert einen immensen Rechenaufwand, insbesondere dann, wenn man die vollständige Endzustandswechselwirkung
zugrunde legt. Die Alternative besteht darin, weiterhin von der näherungsweisen Gültigkeit
der Gleichung (8.69) auszugehen und anstelle der Spektralfunktionen analoge, gemittelte
Funktionen zu betrachten. Es ist offensichtlich, daß eine solche Vorgehensweise nur dann
Sinn macht, wenn diese gemittelten Funktionen keine allzu großen Streuungen aufweisen.
Hierauf kommen wir etwas weiter unten noch einmal ausführlich zurück.
Wie bereits in Abschnitt 6.2 geschehen, definieren wir auch hier die Pseudo-Spektral”
funktionen“:
Z
1 1X
κ
S (p, pm ) ≡ κ
dp̂ Rκ .
(8.70)
r 2 M
Diese Ausdrücke hängen im nicht quasi-freien Fall (d. h. PWIAS bzw. FSI) nicht nur von
den Impulsen p und pm , sondern auch von den Variablen k 0 und p1 ab. Dementsprechend
gilt es, gemittelte Funktionen S κ (p, pm ) zu bestimmen, wobei die Mittelung über eine
bestimmte Anzahl von Kombinationen für k0 und p1 innerhalb der experimentell vorgegebenen Grenzen erfolgt.
Bei den nachfolgend beschriebenen numerischen Untersuchungen wurden für jedes Paar
p und pm ca. 40 Kombinationen für k0 und p1 zugrunde gelegt. Dabei wurden jeweils für
konstante Werte für κ, p und pm die Mittelwerte und die zugehörigen Standardabweichungen berechnet. Die Abbildungen 8.6-8.8 zeigen exemplarisch die Ergebnisse für pm = 45
MeV/c, wobei der besseren Übersichtlichkeit wegen die Funktionen S κ (p, pm ) jeweils
mit dem Relativimpuls p multipliziert wurden. Aus den durchgeführten Untersuchungen
ergaben sich folgende Aussagen:
• Im Rahmen der PWIAS-Näherung treten bei konstanten Werten κ, p und pm keine
nennenswerten Streuungen bei Variation von k 0 und p1 auf; die relativen Standardabweichungen liegen stets unter 0,2 Prozent. Die Abweichungen zwischen den gemittelten Funktionen für verschiedene κ sind für alle Wertepaare p und pm kleiner als 0,5
Prozent. Bemerkenswert ist außerdem die Tatsache, daß sich die PWIAS-Kurven nur
wenig von der PWIA-Spektralfunktion unterscheiden; hier ergeben sich maximale
249
8 Analyse des Mainzer 3 He (e,e’p)-Experimentes
Abweichungen von unter 1 Prozent.
• Bei den FSI-Rechnungen ergeben sich für die Funktionen S L (p, pm ), S T (p, pm ) und
S TL (p, pm ) bei konstanten Impulsen p und pm die kleinsten relativen Standardabweichungen. Diese liegen innerhalb des Intervalls 0 ≤ p ≤ 90 MeV/c zwischen 0,5 und 4
Prozent; außerhalb dieses Bereiches steigen die relativen Abweichungen deutlich an
(bis zu 11 % bei p = 110 MeV/c).
• Für die Funktion S TT (p, pm ) ergeben sich unter Berücksichtigung der vollständigen
Endzustandswechselwirkung deutlich größere Abweichungen. Diese betragen im Bereich 0 ≤ p ≤ 45 MeV/c zwischen 4 und 7 Prozent und wachsen anschließend sehr
stark an; bei p = 110 MeV/c betragen sie bis zu 22 %.
• Vergleicht man die jeweiligen gemittelten Pseudo-Spektralfunktionen, die sich für die
FSI-Rechnungen ergeben, für verschiedene κ miteinander, so fällt auf, daß S L (p, pm )
und S T (p, pm ) nur wenig voneinander abweichen, während S TL (p, pm ) und insbesondere S TT (p, pm ) vom Betrage her deutlich kleiner sind.
Basierend auf den numerischen Befunden erscheint im Rahmen der PWIAS die Verwendung der gemittelten Pseudo-Spektralfunktionen zweifelsohne als gerechtfertigt. Bei
Betrachtung der vollständigen Endzustandswechselwirkung erscheint diese Annahme zumindest für die Funktionen S L (p, pm ), S T (p, pm ) und S TL (p, pm ) innerhalb des Bereiches
p ≤ 90 MeV/c akzeptabel, sofern man sich mit einem Fehler im Rahmen weniger Prozente
zufriedenstellt. Oberhalb von p = 90 MeV/c ist die Verwendung der gemittelten Funktionen jedoch fragwürdig, da die Streuungen deutlich zunehmen; allerdings werden wir weiter
unten sehen, daß in diesem Bereich auch die experimentellen Werte sehr starke Variationen
aufweisen. Die Verwendung von S TT (p, pm ) zur Berechnung der Wirkungsquerschnitte ist
aufgrund der oben getroffenen Feststellungen mit Vorsicht zu genießen. Glücklicherweise
stellte es sich jedoch heraus, daß der TT-Anteil in allen Fällen nur einen sehr geringen
Beitrag zum gesamten Wirkungsquerschnitt liefert7 , so daß wir auch hier die gemittelten
Pseudo-Spektralfunktionen verwenden können, ohne einen nennenswerten Einfluß auf das
Gesamtresultat befürchten zu müssen.
7
Der TT-Anteil ist grundsätzlich zwischen 4 und 6 Größenordnungen kleiner als der L- und der TAnteil. Hierauf werden wir bei der Diskussion der Resultate im nächsten Abschnitt noch einmal zurückkommen.
250
8.2 Numerische Berechnung der gemittelten Wirkungsquerschnitte
1
FSI
p · S L (p, pm )
0.8
0.6
0.4
0.2
0
0
20
40
60
80
100
p/ MeV
c
1
FSI
p · S T (p, pm )
0.8
0.6
0.4
0.2
0
0
20
40
60
80
100
p/ MeV
c
Abbildung 8.6: Verlauf der Pseudo-Spektralfunktionen (I)
Beide Diagramme zeigen den Verlauf der gemittelten Pseudo-Spektralfunktion f ür pm = 45
MeV/c als Funktion des Relativimpulses p im Rahmen des FSI-Modells. Der Übersichtlichkeit
wegen wurden diese jeweils mit dem Relativimpuls p multipliziert und auf das Maximum der
Funktion S T (p, pm ) normiert. Die durchgezogenen Linien stellen die mittleren Werte dar; die
gestrichelten Linien zeigen die Streuungen innerhalb der Standardabweichungen. Das obere
Diagramm zeigt den Verlauf von S L (p, pm ) , das untere den von S T (p, pm ) .
251
8 Analyse des Mainzer 3 He (e,e’p)-Experimentes
0.9
FSI
p · S TL (p, pm )
0.8
0.7
0.6
0.5
0.4
0.3
0.2
0.1
0
0
20
40
60
80
100
p/ MeV
c
0.6
FSI
p · S TT (p, pm )
0.5
0.4
0.3
0.2
0.1
0
0
20
40
60
80
100
p/ MeV
c
Abbildung 8.7: Verlauf der Pseudo-Spektralfunktionen
(II)
TL
TT
Wie in Abbildung 8.6; jedoch für die Funktionen S
252
(p, pm ) und S
(p, pm ) .
8.2 Numerische Berechnung der gemittelten Wirkungsquerschnitte
1
FSI
p · S L (p, pm )
FSI
p · S T (p, pm )
FSI
p · S TL (p, pm )
FSI
p · S TT (p, pm )
0.8
0.6
0.4
0.2
0
0
20
40
60
80
100
p/ MeV
c
1
PWIAS
p · S TT (p, pm )
0.8
0.6
0.4
0.2
0
0
20
40
60
80
100
p/ MeV
c
Abbildung 8.8: Verlauf der Pseudo-Spektralfunktionen (III)
Das obere Diagramm zeigt noch einmal den direkten Vergleich der jeweiligen gemittelten
Funktionen aus den vorangegangenen Abbildungen 8.6 und 8.7. Im unteren Diagramm ist der
Verlauf der gemittelten Pseudo-Spektralfunktion S T (p, pm ) in der PWIAS-Näherung dargestellt, wiederum für pm = 45 MeV/c, als Funktion des Relativimpulses p und multipliziert
mit diesem. Die Streuungen der Werte lassen sich hier kaum erkennen.
253
8 Analyse des Mainzer 3 He (e,e’p)-Experimentes
Unter Verwendung der Pseudo-Spektralfunktionen setzen wir nun analog zu (8.69) auch
für die Modelle PWIAS und FSI folgende Gleichung an:
d6 σ unp
dk 0 dk̂ 0 dp̂1 dp1
= σM
p mN 2 X
vκ r κ S κ (p, pm ) .
p1
2
κ
(8.71)
Setzen wir diesen Ausdruck in (8.67) ein, so folgt
Z
X Z
p mN
dpm S κ (p, pm )
dEm
∆σ(∆pm , ∆Em ) =
2
κ ∆E
∆p
m
Z
Z m Z
Z
dϕp1
dϑp1 sin ϑp1
dϕe
dϑe sin ϑe σM
∆ϑe
Z
dp1 p21
∆p1
Z
∆k 0
∆ϕe
∆ϕp1
∆ϑp1
dk 0 vκ r κ δ f1 (pm , k0 , p1 ) δ f2 (Em , k 0 , p1 ) .
(8.72)
Im Falle der quasi-freien Streuung gilt diese Darstellung exakt, wenn wir anstelle der
gemittelten Pseudo-Spektralfunktion die Spektralfunktion einsetzen:
S κ (p, pm )
PWIA,FSI23
→ S PWIA,FSI23 (p, pm ) .
(8.73)
Die Berechnung des integrierten Wirkungsquerschnittes (8.72) verläuft im wesentlichen
wie die Berechnung des Phasenraumvolumens ∆V (Em , pm ), welche im vorangegangenen
Abschnitt behandelt wurde. Zunächst verwendet man wieder den nichtrelativistischen Limes für die Funktion f2 gemäß (8.14), eliminiert anschließend die Variable k 0 gemäß (8.15)
und führt anschließend die neue implizite Funktion f10 gemäß (8.17) ein. Nach Einführung
der Koordinaten ρ und τ gemäß (8.20) und (8.21) ergibt sich dann analog zu (8.24)
Z
X Z
p mN
dEm
∆σ(∆pm , ∆Em ) =
dpm S κ (p, pm )
2
κ ∆E
∆p
m
Z
Z m
Z
dϑp1 sin ϑp1 dρ g(ρ)
dϑe sin ϑe σM
∆ϑe
Z
∆p1
∆ϑp1
dp1 p21 vκ r κ δ f10 (pm , k0 , p1 ) .
∆ρ
(8.74)
Hierbei ist zu beachten, daß wegen (8.15) das Produkt vκ r κ explizit von den Variablen Em ,
pm , ϑe und p1 abhängt. Darüber hinaus hängen r TL und r TT wegen den hierin auftauchenden Winkeln ϑ1 und ϕ1 (vergleiche die Tabelle auf Seite 248) zusätzlich von den Größen
ϑp1 und ϕp1 ab.
254
8.2 Numerische Berechnung der gemittelten Wirkungsquerschnitte
Wie bei der Berechnung des Phasenraumvolumens gilt auch bei der numerischen Berechnung des Ausdruckes (8.74): solange die in der Deltafunktion auftretende Funktion f10
keine doppelte Nullstelle aufweist, läßt sich die Integration ohne Schwierigkeiten ausführen.
Analog zu (8.42) schreiben wir wiederum formal
Z
Zπ
··· =
∆ρ
···+
max(ρ1 ,ρ00 )
min(ρ
Z 2 ,ρ0 )
··· .
π
(8.75)
Auch hier treten nur dann Schwierigkeiten auf, wenn ρ00 und ρ0 innerhalb der Integrationsgrenzen liegen. (Zur Erinnerung: ρ00 und ρ0 stellen die Grenzwinkel für den physikalisch
erlaubten Bereich dar.) Aus Symmetriegründen genügt es, sich zunächst auf den zweiten
Summanden auf der rechten Seite von (8.75) zu beschränken. Gemäß (8.43) teilen wir auch
diesen in zwei Terme auf:
Zρ0
··· =
ρZ0 −η
· · · + lim
π
π
ρZ0 −ε
ε→0
ρ0 −η
··· ,
(8.76)
wobei wiederum η und ε zwei positive, reelle Konstanten mit ε < η darstellen. Die Berechnung des ersten Terms bereitet keine nennenswerten Schwierigkeiten; wir konzentrieren
uns daher auf den zweiten und definieren zunächst
κ
I ≡ lim
ρZ0 −ε
ε→0
ρ0 −η
g(ρ) dρ
Z
∆p1
dp1 p21 vκ r κ δ f10 (Em , pm , ϑe , ϑp1 , ρ, p1 ) .
(8.77)
Einsetzen von (8.26) liefert
κ
I = lim
ρZ0 −ε
ε→0
ρ0 −η
g(ρ) dρ
X
i
p21i (vκ r κ )p1 =p1i
.
|G(Em , pm , ϑe , ϑp1 , ρ, p1i )|
(8.78)
Vergleicht man diese Gleichung mit (8.45), so tauchen hier die zusätzlichen Faktoren p21i
und (vκ r κ )p1 =p1i auf, die bei einer exakten analytischen Behandlung einen erheblichen Aufwand erfordern. Dies gilt insbesondere für die letztgenannten Faktoren, da diese als Funktion von ρ betrachtet sehr unhandliche Ausdrücke liefern. Die mühsame Errechnung der
entsprechenden Stammfunktionen kann man sich jedoch ersparen, wenn man einerseits
bedenkt, daß die Integrale I κ ohnehin nur einen relativ geringen Anteil zum GesamtWirkungsquerschnitt liefern, und wenn es andererseits gelingt, eine hinreichend genaue
Näherung für die rechte Seite von (8.78) zu finden.
255
8 Analyse des Mainzer 3 He (e,e’p)-Experimentes
Dies wurde im Rahmen umfangreicher numerischer Untersuchungen untersucht, und es
hat sich herausgestellt, daß man in sehr guter Näherung folgende Relation annehmen kann8 :
X
i
X
p21i (vκ r κ )p1 =p1i
p21i
κ
' (vκ r )p1 =p10
.
|G(Em , pm , ϑe , ϑp1 , ρ, p1i )|
|G(Em , pm , ϑe , ϑp1 , ρ, p1i )|
i
(8.79)
Wir definieren daher das uneigentliche Integral
I2 ≡ lim
ρZ0 −ε
ε→0
ρ0 −η
g(ρ)dρ
X
i
p21i
.
|G(Em , pm , ϑe , ϑp1 , ρ, p1i )|
(8.80)
Damit lautet dann (8.78)
I κ = (vκ r κ )p1 =p10 · I2 .
(8.81)
Zur weiteren Berechnung von (8.80) beginnen wir mit Gleichung (8.51), die wir unter
Verwendung der Definitionen (8.53), (8.54) und (8.59) schreiben als
p
p
δp1 = ± 2H1 H2 /H3 |δρ|
p
(8.82)
= ±D |δρ| ,
mit
D≡
p
2H1 H2 /H3 .
Damit lauten die Lösungen für den Protonimpuls
p
p11 = p10 + D |δρ|
p
p12 = p10 − D |δρ| .
(8.83)
(8.84)
(8.85)
Setzen wir diese in (8.80) ein, so folgt unter gleichzeitiger Verwendung von (8.61) und der
Näherung (8.64)
I2
p211
p212
g(ρ)
+
= lim
dρ
ε→0
|G(ρ, p11 )| |G(ρ, p12 )|
ρ0 −η

2 2 
p
p
ρZ0 −ε

 p10 + D |δρ|
 dρ
p10 − D |δρ| 
1
p
p
p
g(ρ)
=
lim
+
C
C

B ε→0
1− B
|δρ| 
 1 + B |δρ|
 |δρ|
ρZ0 −ε
ρ0 −η
8
Dies wurde für sämtliche Integrationspunkte für alle drei kinematischen Konfigurationen aus Tabelle
8.1 überprüft. Dabei wurden für die Impulse p1i die jeweils zu ρ = ρ0 − η gehörigen Werte verwendet, da
hier innerhalb der Intervalle [ρ0 − η, ρ0 − ε] die größten Abweichungen auftreten.
Für η = 10−6 betrugen die relativen Fehler im Mittel zwischen 10−7 und 10−6 für κ = L, zwischen 10−8
und 10−7 für κ = T und zwischen 10−5 und 10−4 für κ = TL sowie für κ = TT. Für κ = TL,TT treten
in einigen wenigen Fällen deutlich größere Fehler auf, nämlich jedesmal dann, wenn vκ rκ in der Nähe von
p10 einen Nulldurchgang aufweist. Diese Fälle sind aber wegen ihres seltenen Auftretens und des aufgrund
des Nulldurchganges kleinen Betrages des Integranden vollkommen zu vernachlässigen.
256
8.2 Numerische Berechnung der gemittelten Wirkungsquerschnitte
1
= − lim
B ε→0
Zε
η
(g(ρ0 ) − a0 ρ0 )
(
√ 2
√ 2 ) 0
p10 + D ρ0
p10 − D ρ0
dρ
√ 0 . (8.86)
√ 0 +
√ 0
C
C
ρ
1+ B ρ
1− B ρ
Im letzten Schritt wurde die Substitution ρ0 ≡ δρ = ρ0 − ρ eingeführt. Nach einer etwas
längeren Rechnung folgt als Ergebnis:
4
B (a0 p210 − g(ρ0 )D 2 ) 2a0 B 2 Dp10 a0 B 3 D 2 √
η
I2 =
2Dg(ρ0 )p10 +
−
+
C
C
C2
C3
BD
4a0 D
−
2p10 −
η 3/2
3C
C
2
2BDg(ρ0 )p10 B 2 (D 2 g(ρ0 ) − a0 p210 ) 2a0 B 3 Dp10 a0 B 4 D 2
2
+
+
−
+
g(ρ0 )p10 −
C
C
C2
C3
C4
√
1+ C
η
B
· ln
.
(8.87)
C√
1− B η
Bisher haben wir uns nur mit dem zweiten Summanden aus (8.75) beschäftigt. Besitzt
der erste Term den Wert ρ00 als untere Integrationsgrenze, so schreiben wir diesen analog
zu (8.76)
ρZ00 +η
Zπ
Zπ
··· .
(8.88)
···+
· · · = lim
ε→0
ρ00 +ε
ρ00
ρ00 +η
Für das hierin auftretende uneigentliche Integral erhalten wir vollkommen analog das gleiche Ergebnis wie oben:
I
κ0
≡ lim
ρZ00 +η
ε→0
ρ00 +ε
κ
= I .
g(ρ) dρ
Z
∆p1
dp1 p21 vκ r κ δ f10 (Em , pm , ϑe , ϑp1 , ρ, p1 )
Damit sind wir nun in der Lage, die integrierten Wirkungsquerschnitte zu berechnen.
257
8 Analyse des Mainzer 3 He (e,e’p)-Experimentes
8.3 Ergebnisse und Vergleich mit dem Experiment
Bevor wir uns den Ergebnisse zuwenden, führen wir zunächst noch einige Definitionen ein,
die in der nachfolgenden Diskussion verwendet werden. Wir beginnen mit den Ausdrücken
Z
Z
Z
Z
Z
∆V (∆pm , Em ) ≡
dpm
dϑe sin ϑe
dϕe
dϕp1
dϑp1 sin ϑp1
∆pm
Z
∆ϑe
dp1
∆p1
∆σ(∆pm , Em ) ≡
Z
∆k 0
dpm
∆pm
Z
Z
Z
∆ϕe
dk 0 δ f1 (pm , k0 , p1 ) δ f2 (Em , pm , k 0 , p1 )
dϑe sin ϑe
∆ϑe
dp1
∆p1
Z
∆ϕp1
∆ϑp1
Z
∆ϕe
dϕe
Z
dϑp1 sin ϑp1
∆ϑp1
Z
dϕp1
∆ϕp1
dk 0 δ f1 (pm , k0 , p1 ) δ f2 (Em , pm , k 0 , p1 )
∆k 0
(8.89)
d6 σ unp
dk̂ 0 dk 0 dp̂1 dp1
.
(8.90)
Der Unterschied zwischen diesen beiden Ausdrücken und den Definitionen aus den Gleichungen (8.13) bzw. (8.67) besteht darin, daß hier nicht über Em integriert wird. Demnach
gilt offensichtlich
Z
∆V (∆pm , ∆Em ) =
dEm ∆V (∆pm , Em )
(8.91)
∆Em
Z
∆σ(∆pm , ∆Em ) =
dEm ∆σ(∆pm , Em ) .
(8.92)
∆Em
Schließlich definieren wir noch die gemittelten Wirkungsquerschnitte
∆σ
∆σ
∆pm ,Em
∆pm ,∆Em
∆σ(∆pm , Em )
∆V (∆pm , Em )
∆σ(∆pm , ∆Em )
.
≡
∆V (∆pm , ∆Em )
≡
(8.93)
(8.94)
Der zweite Ausdruck ist identisch mit (8.10), d. h. diese Größe gilt es nachfolgend mit
den experimentellen Wirkungsquerschnitten zu vergleichen. Allerdings liefert die Mittelung über die ∆Em -Intervalle auch Werte im kinematisch verbotenen Bereich Em < 7, 718
MeV, und in der Umgebung des Schwellwertes hängt der Kurvenverlauf empfindlich von
der Intervallbreite ab. Daher werden wir parallel auch stets den ersten Ausdruck betrachten, da dieser die genannten Probleme nicht aufweist. In beiden Fällen wird gemäß den
experimentellen Vorgaben die pm -Integration über das Intervall
40 MeV/c ≤ pm ≤ 50 MeV/c
258
(8.95)
8.3 Ergebnisse und Vergleich mit dem Experiment
ausgeführt. Die Intervallbreite für die Em -Integrationen im Zähler und Nenner von (8.94)
beträgt jeweils 0,25 MeV.
Wir wenden uns nun den Ergebnissen der theoretischen Berechnungen und dem Vergleich
mit den experimentellen Daten zu. Letztere stammten ursprünglich aus [Flo98a], wurden
aber später durch Ergebnisse von [Gil00] ersetzt. In beiden Fällen stammten die Rohdaten aus dem in [Flo98] beschriebenen Experiment; die endgültigen Wirkungsquerschnitte
von [Gil00] resultierten aus einer späteren Korrekturrechnung9 . Die Resultate sind in den
Abbildungen 8.9 bis 8.20 dargestellt. Dabei wird in allen Diagrammen auf die explizite
Angabe der Einheiten verzichtet; es gilt stets
h
∆σ
i
=
,
∆σ
∆pm ,Em
∆pm ,∆Em
fm2
.
sr2 (MeV/c)2
(8.96)
Wir beginnen die Diskussion der Resultate mit dem Vergleich zwischen den gemittelten
Wirkungsquerschnitten ∆σ ∆pm ,Em und ∆σ ∆pm ,∆Em , die in (8.93) und (8.94) definiert
worden sind (vgl. hierzu die Abbildungen 8.9, 8.13 und 8.17). Grundsätzlich läßt sich feststellen, daß diese um den Schwellwert von Em = 7, 718 MeV herum erkennbar voneinander
abweichen, während sie für wachsendes Em kaum noch voneinader zu unterscheiden sind.
Ersteres rührt daher, daß im Falle von ∆σ ∆pm ,∆Em die Integrationsbereiche ∆Em sich teilweise über Gebiete unterhalb des Schwellwertes erstrecken. Dort liefern aber die im Zähler
und Nenner stehenden Ausdrücke von (8.94) aufgrund der kinematischen Bedingungen
keine Beiträge, und der starke Peak der Funktionen ∆σ ∆pm ,Em wird hier geglättet.
Bei allen drei kinematischen Konfigurationen gemäß Tabelle 8.1 weisen sowohl die Wirkungsquerschnitte für PWIA und PWIAS einerseits sowie für FSI23 und FSI andererseits
starke Unterschiede auf (vgl. wiederum die Abbildungen 8.9, 8.13 und 8.17 sowie die jeweils
oberen Bilder der Abbildungen 8.10, 8.14 und 8.18). Dies gilt sowohl für ∆σ ∆pm ,Em als
auch für ∆σ ∆pm ,∆Em . In PWIA und PWIAS beobachtet man stets ein langsameres Ansteigen der Wirkungsquerschnitte mit wachsendem Em bzw. wachsendem Relativimpuls p
bis zum jeweiligen Maximum, während sie anschließend nur gering abfallen. Im Gegensatz
dazu besitzen die Wirkungsquerschnitte für FSI23 und FSI in der Umgebung von p = 0
einen stark ausgeprägten Peak und fallen anschließend sehr schnell ab; dies entspricht den
bereits in den vorangegangenen Kapiteln gewonnenen Erkenntnissen. Die Unterschiede zwischen den PWIA- und PWIAS-Resultaten betragen stets deutlich unter 1%, d. h. solange
man sich in der Nähe des quasi-freien Peaks bewegt, liefert die Antisymmetrisierung des
3N-Endzustandes keine signifikanten Beiträge. Deutlicher fallen allerdings die Unterschiede
9
Ein Vergleich zwischen diesen unterschiedlichen Datensätzen ergab zwar leichte Abweichungen; diese
erweisen sich aber als unerheblich im Hinblick auf den Vergleich mit den theoretisch berechneten Wirkungsquerschnitten.
259
8 Analyse des Mainzer 3 He (e,e’p)-Experimentes
zwischen FSI23 und FSI aus; hier zeigt sich ein stärkerer Einfluß der Antisymmetrisierung
im Endzustand und der damit verbundenen Wechselwirkung zwischen allen drei Nukleonen
im Ausgangskanal. Quantitativ bewirkt die vollständige Endzustandswechselwirkung ein
Absinken der Wirkungsquerschnitte um 10 bis 20 Prozent. Qualitativ betrachtet ergibt sich
jedoch in beiden Fällen ein sehr ähnlicher Verlauf, d. h. dieser wird bereits im wesentlichen
durch die Paarwechselwirkung der beiden nicht nachgewiesenen Nukleonen bestimmt.
Vergleicht man die einzelnen Anteile des gesamten Wirkungsquerschnittes entsprechend
Gleichung (8.68) miteinander, so zeigt sich, daß die Anteile L und T jeweils die dominierenden Beiträge liefern. Der TL-Anteil liegt stets im einstelligen Prozentbereich unter 5%,
und der TT-Anteil ist vernachlässigbar, da er nur relative Beiträge von zwischen 10−5 und
10−4 zum Gesamt-Wirkungsquerschnitt beisteuert. Dies gilt grundsätzlich für alle Endzustandsmodelle; exemplarisch sind die FSI-Resultate in den Abbildungen 8.10, 8.14 und
8.18 (jeweils in den unteren Bildern) dargestellt. Weiterhin stellen wir fest, daß die Wirkungsquerschnitte vom Betrage her von der kinematischen Konfiguration K1 bis zu K3
kleiner werden, während gleichzeitig das Verhältnis vom L-Anteil zum T-Anteil abnimmt.
Ersteres läßt sich bei genauerer Betrachtung im wesentlichen auf den Mottschen Wirkungsquerschnitt σM in Gleichung (8.71) zurückführen, letzteres wiederum auf den kinematischen Faktor vT . In beiden Fällen ergeben sich deutliche Änderungen in Abhängigkeit vom
Elektronenstreuwinkel ϑe , der wiederum für die einzelnen kinematischen Konfigurationen
deutlich variiert.
Zu guter Letzt widmen wir uns nun dem Vergleich der theoretisch berechneten Wirkungsquerschnitte mit den experimentell ermittelten. Betrachten wir zunächst die Abbildungen
8.11, 8.15 und 8.19, so ergeben sich eindeutige Beweise, daß die Modelle PWIA und PWIAS
in keiner Weise, d. h. weder qualitativ noch quantitativ, zur physikalischen Beschreibung
des Streuprozesses geeignet sind. Mit anderen Worten: die Wechselwirkung der Nukleonen im Ausgangskanal spielt eine entscheidende Rolle. Im Gegensatz dazu lassen sich die
experimentellen Daten teilweise mit den FSI23- und FSI-Resultaten beschreiben (vgl. die
Abbildungen 8.12, 8.16 und 8.20). Dies gilt insbesondere im Bereich Em ≥ 10 MeV; dort
erkennen wir in vielen Fällen eine hervorragende Übereinstimmung, wobei allerdings die
experimentellen Wirkungsquerschnitte deutliche Streuungen aufweisen. Im Bereich zwischen ca. 8,5 MeV und 10 MeV ergibt sich zumindest qualitativ eine gute Beschreibung
der experimentellen Daten. Diese liegen jedoch – bis auf einige Übereinstimmungen – in
der Regel unterhalb der theoretischen Kurven. Unterhalb von 8,5 MeV beobachten wir ein
deutlich unterschiedliches Verhalten: die experimentellen Werte sind deutlich kleiner und
weisen auch keinen ausgeprägten Peak auf, sondern verlaufen wesentlich flacher. Dies kann
teilweise dadurch begründet werden, daß im Experiment keine beliebig scharfe Energieauflösung erreicht wurde, wie man an den von Null verschiedenen Beiträgen unterhalb von
260
8.3 Ergebnisse und Vergleich mit dem Experiment
Em = 7, 718 MeV (dieser Bereich ist kinematisch verboten!) erkennen kann. Letzteres ließe sich auch an den Wirkungsquerschnitten für den Proton-Deuteron-Aufbruch ([Flo98a])
erkennen – während man theoretisch einen beliebig scharfen Wert bei Em = 5, 493 MeV
erwartet, zeigte sich auch hier eine relativ breite Verteilung. Allerdings soll an dieser Stelle
nicht verschwiegen werden, daß auch die theoretisch berechneten Werte mit einigen Unsicherheiten behaftet sind:
• Sämtliche Berechnungen wurden in nichtrelativistischer Näherung durchgeführt. Dies
gilt für die Behandlung des anfänglichen 3 He-Kerns, des Stromoperators, des 3NEndzustandes und der Zweinukleonen-Wechselwirkung im Ausgangskanal. Demzufolge können bei den im Experiment beobachteten Photon-Impulsüberträgen die theoretisch berechneten Werte natürlich nur eine Näherung liefern.
• Es wurden weder Mesonen-Austauschströme noch Dreinukleonenkräfte im Ausgangskanal berücksichtigt.
• Bei den FSI-Rechnungen wurden gemittelte Pseudo-Spektralfunktionen verwendet,
die naturgemäß eine gewisse Streuung aufweisen (vgl. hierzu die Diskussion im vorangegangenen Abschnitt). Unter Berücksichtigung dieser Streuung ergeben sich zwar
teilweise noch bessere Übereinstimmungen, man sollte sich allerdings nicht zu der
Behauptung verleiten lassen, daß die experimentellen Wirkungsquerschnitte dadurch
besser beschrieben werden, da sich auch in diesem Fall das Verhalten für kleine Em Werte nicht erklären läßt.
Die beiden erstgenannten Punkte können nachträglich als Rechtfertigung für die Vorgehensweise bei der Berechnung der FSI-Wirkungsquerschnitte (d. h. die Verwendung der
Pseudo-Spektralfunktionen) herangezogen werden. Solange nämlich insbesondere relativistische Korrekturen und darüber hinaus Austauschströme und Dreiteilchenkräfte nicht in
die Berechnungen mit einbezogen werden, liefert eine exaktere Behandlung der Endzustandswechselwirkung keinen wesentlichen Erkenntnisgewinn.
261
8 Analyse des Mainzer 3 He (e,e’p)-Experimentes
∆σ
,
∆σ
· 107
∆pm ,Em
∆pm ,∆Em
1,4
1,2
1
0,8
0,6
∆σ
∆σ
∆σ
∆σ
FSI23
∆pm ,Em
FSI23
∆pm ,∆Em
PWIA
∆pm ,Em
PWIA
∆pm ,∆Em
0,4
0,2
0
8
10
12
14
16
18
20
Em /MeV
∆σ
,
∆σ
· 107
∆pm ,Em
∆pm ,∆Em
1,4
1,2
1
0,8
0,6
∆σ
∆σ
∆σ
∆σ
FSI
∆pm ,Em
FSI
∆pm ,∆Em
PWIAS
∆pm ,Em
PWIAS
∆pm ,∆Em
0,4
0,2
0
8
10
12
14
16
18
20
Em /MeV
Abbildung 8.9: Ergebnisse für die kinematische Konfiguration K1 (I)
Dargestellt sind jeweils die Funktionen h∆σi ∆pm ,Em und h∆σi∆pm ,∆Em gemäß Gleichung
(8.93) bzw. (8.94) als Funktion von E m . Im Falle von h∆σi∆pm ,∆Em entspricht der Abzissenwert jeweils dem Intervallmittelpunkt von ∆E m . Das obere Bild zeigt die Ergebnisse für
die Endzustandsmodelle PWIA und FSI23, das untere für PWIAS und FSI.
262
8.3 Ergebnisse und Vergleich mit dem Experiment
1,4
FSI23
· 107
1,2
FSI
PWIA(S)
∆pm ,Em
1
0,6
∆σ
0,8
0,4
0,2
0
8
10
12
14
16
18
20
16
18
20
Em /MeV
10−07
10−08
10−10
10
∆σ
FSI
∆pm ,Em
10−09
L-Anteil
T-Anteil
TL-Anteil
TT-Anteil
ges. WQ
−11
10−12
10−13
10−14
8
10
12
14
Em /MeV
Abbildung 8.10: Ergebnisse für die kinematische Konfiguration K1 (II)
Das obere Bild zeigt den Verlauf von h∆σi ∆pm ,∆Em für alle Endzustandsmodelle im Vergleich.
Die Kurven für PWIA und PWIAS lassen sich in der gewählten Darstellung nicht voneinander
unterscheiden. Im unteren Bild sind die einzelnen Anteile von h∆σi ∆pm ,Em sowie der GesamtWirkungsquerschnitt (d. h. die Summe der vier Anteile) für das FSI-Modell logarithmisch
gegen Em aufgetragen. Da der TT-Anteil einen Vorzeichenwechsel aufweist, ist hier der Betrag
dargestellt; die übrigen Anteile sind stets positiv.
263
8 Analyse des Mainzer 3 He (e,e’p)-Experimentes
∆σ
∆pm ,∆Em
· 107
1,4
Experiment
1,2
FSI23
1
PWIA
0,8
0,6
0,4
0,2
0
8
10
12
14
16
18
20
Em /MeV
1,4
Experiment
∆σ
∆pm ,∆Em
· 107
1,2
FSI
PWIAS
1
0,8
0,6
0,4
0,2
0
8
10
12
14
16
18
20
Em /MeV
Abbildung 8.11: Ergebnisse für die kinematische Konfiguration K1 (III)
Beide Bilder zeigen den Vergleich zwischen den gemittelten Wirkungsquerschnitten
h∆σi∆pm ,∆Em und den experimentellen Wirkungsquerschnitten, jeweils als Funktion des Intervallmittelpunktes von ∆Em . Das obere Bild zeigt die theoretisch errechneten Werte für die
Endzustandsmodelle FSI23 und PWIA, das untere für FSI und PWIAS.
264
8.3 Ergebnisse und Vergleich mit dem Experiment
1,4
Experiment
∆σ
∆pm ,∆Em
· 107
1,2
FSI
FSI23
1
0,8
0,6
0,4
0,2
0
7
8
9
10
11
12
Em /MeV
0,1
Experiment
FSI
FSI23
0,06
0,04
∆σ
∆pm ,∆Em
· 107
0,08
0,02
0
12
13
14
15
16
17
18
19
20
Em /MeV
Abbildung 8.12: Ergebnisse für die kinematische Konfiguration K1 (IV)
Wie in der vorangegangenen Abbildung sind hier nochmals die theoretisch errechneten, gemittelten Wirkungsquerschnitte h∆σi ∆pm ,∆Em im Vergleich mit den experimentellen Werten
aufgetragen. Dabei zeigen die einzelnen Bilder zum Zwecke der besseren Übersichtlichkeit
jeweils andere Bereiche für Em .
265
8 Analyse des Mainzer 3 He (e,e’p)-Experimentes
∆σ
,
∆σ
· 107
∆pm ,Em
∆pm ,∆Em
0,8
0,7
0,6
0,5
0,4
0,3
∆σ
∆σ
∆σ
∆σ
FSI23
∆pm ,Em
FSI23
∆pm ,∆Em
PWIA
∆pm ,Em
PWIA
∆pm ,∆Em
0,2
0,1
0
8
10
12
14
16
18
20
Em /MeV
∆σ
,
∆σ
· 107
∆pm ,Em
∆pm ,∆Em
0,8
0,7
0,6
0,5
0,4
0,3
∆σ
∆σ
∆σ
∆σ
FSI
∆pm ,Em
FSI
∆pm ,∆Em
PWIAS
∆pm ,Em
PWIAS
∆pm ,∆Em
0,2
0,1
0
8
10
12
14
16
18
20
Em /MeV
Abbildung 8.13: Ergebnisse für die kinematische Konfiguration K2 (I)
Dargestellt sind jeweils die Funktionen h∆σi ∆pm ,Em und h∆σi∆pm ,∆Em gemäß Gleichung
(8.93) bzw. (8.94) als Funktion von E m . Im Falle von h∆σi∆pm ,∆Em entspricht der Abzissenwert jeweils dem Intervallmittelpunkt von ∆E m . Das obere Bild zeigt die Ergebnisse für
die Endzustandsmodelle PWIA und FSI23, das untere für PWIAS und FSI.
266
8.3 Ergebnisse und Vergleich mit dem Experiment
0,8
FSI23
0,7
FSI
0,6
· 107
PWIA(S)
∆pm ,Em
0,5
0,3
∆σ
0,4
0,2
0,1
0
8
10
12
14
16
18
20
Em /MeV
10−07
10−08
10−10
10−11
L-Anteil
T-Anteil
TL-Anteil
TT-Anteil
ges. WQ
10−12
∆σ
FSI
∆pm ,Em
10−09
10−13
10−14
10−15
10−16
8
10
12
14
16
18
20
Em /MeV
Abbildung 8.14: Ergebnisse für die kinematische Konfiguration K2 (II)
Das obere Bild zeigt den Verlauf von h∆σi ∆pm ,∆Em für alle Endzustandsmodelle im Vergleich.
Die Kurven für PWIA und PWIAS lassen sich in der gewählten Darstellung nicht voneinander
unterscheiden. Im unteren Bild sind die einzelnen Anteile von h∆σi ∆pm ,Em sowie der GesamtWirkungsquerschnitt (d. h. die Summe der vier Anteile) für das FSI-Modell logarithmisch
gegen Em aufgetragen. Da der TT-Anteil einen Vorzeichenwechsel aufweist, ist hier der Betrag
dargestellt; die übrigen Anteile sind stets positiv.
267
8 Analyse des Mainzer 3 He (e,e’p)-Experimentes
0,8
Experiment
0,7
FSI23
PWIA
0,5
0,4
0,3
∆σ
∆pm ,∆Em
· 107
0,6
0,2
0,1
0
8
10
12
14
16
18
20
Em /MeV
0,8
Experiment
0,7
FSI
PWIAS
0,5
0,4
0,3
∆σ
∆pm ,∆Em
· 107
0,6
0,2
0,1
0
8
10
12
14
16
18
20
Em /MeV
Abbildung 8.15: Ergebnisse für die kinematische Konfiguration K2 (III)
Beide Bilder zeigen den Vergleich zwischen den gemittelten Wirkungsquerschnitten
h∆σi∆pm ,∆Em und den experimentellen Wirkungsquerschnitten, jeweils als Funktion des Intervallmittelpunktes von ∆Em . Das obere Bild zeigt die theoretisch errechneten Werte für die
Endzustandsmodelle FSI23 und PWIA, das untere für FSI und PWIAS.
268
8.3 Ergebnisse und Vergleich mit dem Experiment
0,8
Experiment
0,7
FSI
FSI23
0,5
0,4
0,3
∆σ
∆pm ,∆Em
· 107
0,6
0,2
0,1
0
7
8
9
10
11
12
Em /MeV
0,06
Experiment
0,04
∆pm ,∆Em
0,03
FSI
FSI23
∆σ
· 107
0,05
0,02
0,01
0
12
13
14
15
16
17
18
19
20
Em /MeV
Abbildung 8.16: Ergebnisse für die kinematische Konfiguration K2 (IV)
Wie in der vorangegangenen Abbildung sind hier nochmals die theoretisch errechneten, gemittelten Wirkungsquerschnitte h∆σi ∆pm ,∆Em im Vergleich mit den experimentellen Werten
aufgetragen. Dabei zeigen die einzelnen Bilder zum Zwecke der besseren Übersichtlichkeit
jeweils andere Bereiche für Em .
269
8 Analyse des Mainzer 3 He (e,e’p)-Experimentes
∆σ
,
∆σ
· 107
∆pm ,Em
∆pm ,∆Em
0,4
0,35
0,3
0,25
0,2
0,15
∆σ
∆σ
∆σ
∆σ
FSI23
∆pm ,Em
FSI23
∆pm ,∆Em
PWIA
∆pm ,Em
PWIA
∆pm ,∆Em
0,1
0,05
0
8
10
12
14
16
18
20
Em /MeV
∆σ
,
∆σ
· 107
∆pm ,Em
∆pm ,∆Em
0,4
0,35
0,3
0,25
0,2
0,15
∆σ
∆σ
∆σ
∆σ
FSI
∆pm ,Em
FSI
∆pm ,∆Em
PWIAS
∆pm ,Em
PWIAS
∆pm ,∆Em
0,1
0,05
0
8
10
12
14
16
18
20
Em /MeV
Abbildung 8.17: Ergebnisse für die kinematische Konfiguration K3 (I)
Dargestellt sind jeweils die Funktionen h∆σi ∆pm ,Em und h∆σi∆pm ,∆Em gemäß Gleichung
(8.93) bzw. (8.94) als Funktion von E m . Im Falle von h∆σi∆pm ,∆Em entspricht der Abzissenwert jeweils dem Intervallmittelpunkt von ∆E m . Das obere Bild zeigt die Ergebnisse für
die Endzustandsmodelle PWIA und FSI23, das untere für PWIAS und FSI.
270
8.3 Ergebnisse und Vergleich mit dem Experiment
0,4
FSI23
0,35
FSI
0,3
· 107
PWIA(S)
∆pm ,Em
0,25
0,15
∆σ
0,2
0,1
0,05
0
8
10
12
14
16
18
20
18
20
Em /MeV
10−07
10−08
10−10
10
L-Anteil
−11
T-Anteil
∆σ
FSI
∆pm ,Em
10−09
TL-Anteil
10−12
TT-Anteil
10−13
10−14
ges. WQ
8
10
12
14
16
Em /MeV
Abbildung 8.18: Ergebnisse für die kinematische Konfiguration K3 (II)
Das obere Bild zeigt den Verlauf von h∆σi ∆pm ,∆Em für alle Endzustandsmodelle im Vergleich.
Die Kurven für PWIA und PWIAS lassen sich in der gewählten Darstellung nicht voneinander
unterscheiden. Im unteren Bild sind die einzelnen Anteile von h∆σi ∆pm ,Em sowie der GesamtWirkungsquerschnitt (d. h. die Summe der vier Anteile) für das FSI-Modell logarithmisch
gegen Em aufgetragen. Da der TT-Anteil durchgängig kleiner Null ist, ist hier der Betrag
dargestellt; die übrigen Anteile sind stets positiv.
271
8 Analyse des Mainzer 3 He (e,e’p)-Experimentes
0,4
Experiment
0,35
FSI23
PWIA
0,25
0,2
0,15
∆σ
∆pm ,∆Em
· 107
0,3
0,1
0,05
0
8
10
12
14
16
18
20
Em /MeV
0,4
Experiment
0,35
FSI
PWIAS
0,25
0,2
0,15
∆σ
∆pm ,∆Em
· 107
0,3
0,1
0,05
0
8
10
12
14
16
18
20
Em /MeV
Abbildung 8.19: Ergebnisse für die kinematische Konfiguration K3 (III)
Beide Bilder zeigen den Vergleich zwischen den gemittelten Wirkungsquerschnitten
h∆σi∆pm ,∆Em und den experimentellen Wirkungsquerschnitten, jeweils als Funktion des Intervallmittelpunktes von ∆Em . Das obere Bild zeigt die theoretisch errechneten Werte für die
Endzustandsmodelle FSI23 und PWIA, das untere für FSI und PWIAS.
272
8.3 Ergebnisse und Vergleich mit dem Experiment
0,4
Experiment
0,35
FSI
· 107
0,3
FSI23
∆pm ,∆Em
0,25
0,15
∆σ
0,2
0,1
0,05
0
7
8
9
10
11
12
Em /MeV
0,03
Experiment
FSI
FSI23
0,02
0,015
∆σ
∆pm ,∆Em
· 107
0,025
0,01
0,005
0
12
13
14
15
16
17
18
19
20
Em /MeV
Abbildung 8.20: Ergebnisse für die kinematische Konfiguration K3 (IV)
Wie in der vorangegangenen Abbildung sind hier nochmals die theoretisch errechneten, gemittelten Wirkungsquerschnitte h∆σi ∆pm ,∆Em im Vergleich mit den experimentellen Werten
aufgetragen. Dabei zeigen die einzelnen Bilder zum Zwecke der besseren Übersichtlichkeit
jeweils andere Bereiche für Em .
273
8 Analyse des Mainzer 3 He (e,e’p)-Experimentes
274
Zusammenfassung und Ausblick
In dieser Arbeit wurde die inelastische Elektronstreuung am 3 He-Kern untersucht, wobei
wir uns grundsätzlich auf den Fall dreier freier Nukleonen im Ausgangskanal (den sogenannten Drei-Nukleonen-Aufbruch) beschränkten. Ziel der Untersuchungen war es, den
Einfluß der vollständigen Endzustandswechselwirkung (FSI) zwischen den auslaufenden
Nukleonen zu untersuchen. Dies wird in der Literatur häufig vernachlässigt; stattdessen
werden einfachere Modelle bei der Analyse experimenteller Daten zu Rate gezogen, und
deren Gültigkeit wird gewöhnlich unter bestimmten Bedingungen einfach postuliert, ohne
daß die FSI hinreichend berücksichtigt worden ist.
Nachdem in den Kapiteln 1 bis 5 der benötigte Formalismus abgeleitet und die verwendeten numerischen Methoden beschrieben worden waren, beschäftigten sich die Kapitel 6
bis 8 mit den Resultaten der numerischen Berechnungen.
~ e,e’n) durchgeführt, bei dem polariIn Kapitel 6 wurden Rechnungen für den Prozeß 3 He(~
sierte Elektronen an polarisierten 3 He-Kernen gestreut und anschließend die Impulsbeträge
und Richtungen eines gestreutes Elektrons sowie eines Neutrons in Koinzidenz gemessen
werden. Es wurden sechsfach-differentielle Wirkungsquerschnitte und Asymmetrieverhältnisse für eine Reihe kinematischer Konfigurationen unter Annahme verschiedener Endzustandsmodelle errechnet. Hierbei ergaben sich im wesentlichen die folgenden Aussagen:
• Legt man zunächst eine quasi-freie Streuung zugrunde (dies sind die Modelle PWIA
und FSI23, bei denen das Photon vom nachgewiesenen Neutron absorbiert wird, welches anschließend ohne Wechselwirkung propagiert), so ergibt sich bereits ein deutlicher Unterschied zwischen den Wirkungsquerschnitten, je nachdem, ob die verbleibenden Protonen miteinander wechselwirken oder nicht. Im Falle der Paarwechselwirkung ergibt sich ein viel stärkerer Abfall vom Maximum in der Nähe von p = 0, d. h.
im Bereich kleiner Relativimpulse im Zwei-Protonen-Subsystem. Darüber hinaus beobachtet man auch pro Modell Unterschiede für verschiedene Annahmen hinsichtlich
der Kernwellenfunktion. Hierzu wurden jeweils die vollständige Wellenfunktion, der
dominante S-Zustand und der komplette S-Zustand untersucht. Die Unterschiede bei
275
Zusammenfassung und Ausblick
den Spektralfunktionen, die im wesentlichen das Verhalten der Wirkungsquerschnitte bestimmen, sind vernachlässigbar im Maximum bei p = qs = 0 und nehmen mit
wachsenden Impulsen p und qs (dieser entspricht dem Neutronimpuls vor dem Streuprozeß) stark zu. Allerdings zeigt es sich, daß die Asymmetrieverhältnisse im Bereich
des quasi-freien Peaks nur unwesentlich variieren – unabhängig davon, ob die beiden Protonen miteinander wechselwirken, und unabhängig von der Wellenfunktion.
Dies gilt innerhalb eines Bereiches, in dem die Wirkungsquerschnitte um mehrere
Größenordnungen abfallen.
• Betrachtet man im nächsten Schritt einen vollständig antisymmetrischen Drei-Nukleonen-Endzustand (dies sind die Modelle PWIAS und FSI23S), so ergibt sich gegenüber den Wirkungsquerschnitten für PWIA und FSI23 ein deutliches Anwachsen bei größer werdenden Jacobi-Impulsen. Der Einfluß der Antisymmetrisierung ist
dabei am stärksten bei denjenigen Strukturfunktionen, die den elektrischen Formfaktor enthalten. Dies läßt sich darauf zurückführen, daß der elektrische Formfaktor
des Neutrons sehr klein gegenüber dem des Protons ist und daher die durch die
Antisymmetrisierung hervorgerufenen protonischen Anteile rasch an Bedeutung gewinnen. Weiterhin beobachtet man, daß der Einfluß der Antisymmetrisierung des
Endzustandes deutlich zunimmt, wenn man eine paarweise Wechselwirkung im Ausgangskanal zugrunde legt.
• Berücksichtigt man die vollständige Endzustandswechselwirkung der Nukleonen im
Endzustand, so ergeben sich bei den Wirkungsquerschnitten grundsätzlich massive
Unterschiede im Vergleich zu den einfachen Endzustandsmodellen. Dies gilt bereits
im Bereich des quasi-freien Peaks, auch wenn dort die Wirkungsquerschnitte für das
FSI23-Modell in einigen Fällen noch einen ähnlichen qualitativen Verlauf aufweisen.
Im Vergleich dieser beiden Modelle sind die Abweichungen, quantitativ und qualitativ, immer dann am größten, wenn man die Strukturfunktionen betrachtet, die den
elektrischen Formfaktor beinhalten.
• Der deutliche Einfluß der Endzustandswechselwirkung bei den sechsfach-differentiellen
Wirkungsquerschnitten überträgt sich auch auf die jeweils in Punktgeometrie berechneten Asymmetrieverhältnisse. Wie wir in Abschnitt 6.7 feststellten, liegt dies
hauptsächlich an dem protonischen Anteil der Strukturfunktion R̃TL’ , der im Falle
der quasi-freien Streuung nicht existiert, sondern erst durch die Antisymmetrisierung
des Endzustandes zustande kommt. Insbesondere sahen wir, daß sich die Asymmetrieverhältnisse in keiner Weise mit den Werten beschreiben lassen, die sich im
Falle der quasi-freien Streuung unter Verwendung des dominanten S-Zustandes der
3
He-Wellenfunktion ergeben. Diese stark vereinfachte Annahme wird jedoch häufig
276
bei der experimentellen Auswertung von Streuexperimenten zur Messung des elektrischen Formfaktors des Neutrons verwendet, da dann das Asymmetrieverhältniss
proportional zu GnE ist.
In Kapitel 7 wurde die Analyse eines am Mainzer Elektronenbeschleuniger MAMI durch~ e,e’n)-Experimentes zur Bestimmung von Gn durchgeführt. Im Gegensatz
geführten 3 He(~
E
zu Kapitel 6 wurden dabei jedoch keine Asymmetrieverhältnisse in Punktgeometrie berechnet, sondern es mußte, gemäß den experimentellen Vorgaben, über große Teile des
Phasenraumes integriert werden. Bei der Analyse wurde das Gesamt-Asymmetrieverhältnis linearisiert und an den experimentellen Wert durch Variation eines Parameters λ, mit
dem der elektrische Formfaktor des Neutrons multipliziert wurde, angepaßt. Hierbei wurden verschiedene Parametrisierungen für GnE verwendet, wobei jedoch deren Einfluß auf
das Resultat gegenüber dem durch den experimentellen Fehler bedingten vernachlässigbar bleibt, solange man sich auf den experimentell vorgegebenen kinematischen Bereich
beschränkt. Es zeigte sich wiederum ein starker Einfluß der vollständigen Endzustandswechselwirkung, insbesondere gegenüber den vereinfachten Endzustandsmodellen PWIA
und FSI23. Hier bewirkt z. B. die vollständige Endzustandswechselwirkung für das mittlere experimentelle Asymmetrieverhältnis eine Zunahme von GnE um 16,7 % gegenüber
dem Ergebnis für das FSI23-Modell. Erstaunlicherweise weichen aber die Ergebnisse der
PWIAS-Rechnungen nur um wenige Prozent von den FSI-Resultaten ab. Dies konnte aber
im Rahmen der detaillierten Analyse als ein rein zufälliger Effekt identifiziert werden, der
durch die experimentellen Gegebenheiten begünstigt worden war. Das im Rahmen der FSIAnalyse ermittelte Resultat für GnE zeigt eine sehr gute Übereinstimmung mit allerneuesten
theoretischen Rechnungen ([Ham04]); allerdings darf man hierbei nicht vergessen, daß im
Rahmen dieser Arbeit ausschließlich nichtrelativistisch gerechnet wurde.
In Kapitel 8 wurden theoretisch berechnete Wirkungsquerschnitte mit den Messungen eines ebenfalls am MAMI-Beschleuniger durchgeführten 3 He(e,e’p)-Experimentes verglichen.
Auch hier mußte wieder über bestimmte Phasenraumvolumina integriert werden. Im Falle
der vollständigen Endzustandswechselwirkung wurden die Wirkungsquerschnitte vermöge
gemittelter Pseudo-Spektralfunktionen berechnet, die naturgemäß einen gewissen statistischen Fehler aufweisen. Der Einfluß dieser Fehler auf den Gesamt-Wirkungsquerschnitt
erweist sich jedoch als recht gering, solange der Relativimpuls p nicht allzu groß wird. Beim
Vergleich mit den experimentellen Daten zeigte sich, daß die einfachen Endzustandsmodelle PWIA und PWIAS zur Beschreibung von gemessenen Wirkungsquerschnitten gänzlich ungeeignet sind. Hingegen weisen sowohl die Resultate der FSI- als auch der FSI23Rechnungen eine teilweise sehr gute Übereinstimmung mit den gemessenen Werten auf.
Allerdings liefert der Vergleich der theoretischen und experimentellen Daten deutliche Ab-
277
Zusammenfassung und Ausblick
weichungen in der Umgebung des Schwellwertes Em = 7, 718 MeV (dort verschwindet der
Relativimpuls p). Dies könnte teilweise auf die begrenzte experimentelle Energieauflösung
und die durchgeführten Strahlungskorrekturen zurückzuführen sein. Die theoretischen Wirkungsquerschnitte für FSI und FSI23 weisen in der Nähe des quasi-freien Peaks einen
ähnlichen qualitativen Verlauf auf, wobei jedoch signifikante quantitative Unterschiede
auftreten. Daß in beiden Fällen vielfach eine sehr gute Übereinstimmung mit den experimentellen Werten herrscht, liegt hauptsächlich an deren relativ großen Fehlerbalken. Die
Wirkungsquerschnitte werden dominiert von den longitudinalen und den transversalen Anteilen. Während wir in Kapitel 6 massive qualitative Unterschiede bei der longitudinalen
Strukturfunktion RL für FSI und FSI23 feststellten, die wir hauptsächlich auf den kleinen
elektrischen Formfaktor des Neutrons zurückführten, sind die Abweichungen im Falle des
3
He(e,e’p)-Experimentes wesentlich geringer, da hier der Einfluß der Antisymmetrisierung
des Enzustandes im Bereich kleiner Jacobi-Impulse p und q keine große Rolle spielt.
Abschließend sei hier nochmals vermerkt, daß im Rahmen dieser Arbeit ausschließlich
nichtrelativistisch gerechnet wurde, während moderne Streuexperimente in der Regel für
relativ hohe Photon-Impulsüberträge durchgeführt werden. Dies geschieht hauptsächlich,
weil man im allgemeinen der Meinung ist, daß hier der Beitrag einer vollständigen Endzustandswechselwirkung vernachlässigbar sei. Wir wir gesehen haben, gilt diese Annahme
jedoch in der Regel nicht. Zu einer genauen quantitativen Analyse moderner Experimente
ist die Berücksichtigung relativistischer Effekte allerdings unumgänglich. Darüber hinaus
gilt es in Zukunft, auch Mesonenaustauschströme und Dreiteilchenkräfte bei theoretischen
Berechnungen mit einzubeziehen; beides wurde in der vorliegenden Arbeit nicht berücksichtigt.
278
A Koordinatensysteme
Dieser Anhang beschreibt die einzelnen Koordinatensysteme, die den Berechnungen dieser
Arbeit zugrunde liegen. Dabei geht es insbesondere um die Frage, wie man von einem durch
die experimentelle Anordnung vorgegebenem Koordinatensystem zu demjenigen System
gelangt, in welchem die Richtung des Photonimpulses entlang der positiven z-Achse weist.
Letzteres bildet den Ausgangspunkt für die Berechnung der Kernmatrixelemente.
Wie in Abbildung A.1 (a) dargestellt, definieren wir zunächst das System KD , dessen
Ursprung in der Mitte der Target-Zelle liegt. Die x-z-Ebene wird durch den einfallenden
Elektronenstrahl und die Mittelpunkte des Elektronen- und des Nukleonendetektors festgelegt, wobei die z-Achse der verlängerten Richtung des anfänglichen Elektrons entspricht
und die x-Achse in diejenige Richtung weist, in der sich der Elektronendetektor befindet1 .
Gemäß den in Kapitel 1 getroffenen Konventionen bezeichnen wir den Impulsvektor des
einfallenden Elektrons mit k, den des gestreuten Elektrons mit k 0 und den des Photons
mit Q ≡ k − k0 . Sei die Richtung des gestreuten Elektrons im System KD gegeben durch
den Polarwinkel ϑe und den Azimutwinkel ϕe , so gelten die folgenden Beziehungen (siehe
Abbildung A.1 (b)):


0


k =  0 ,
(A.1)
|k|
 0

|k | sin ϑe cos ϕe


k0 =  |k0 | sin ϑe sin ϕe  ,
(A.2)
|k0 | cos ϑe


−|k0 | sin ϑe cos ϕe


(A.3)
Q =  −|k0 | sin ϑe sin ϕe  .
0
|k| − |k | cos ϑe
Für den Impulsbetrag Q des Photons und den Polarwinkel ϑQ der Photonrichtung folgen
1
Diese Definition setzt natürlich voraus, daß die Mittelpunkte der Target-Zelle und der Detektoren sowie der einfallende Elektronenstrahl in einer Ebene liegen. Dies ist jedoch in den Experimenten gewöhnlich
der Fall, d. h. in der Regel sind hier die Detektoren symmetrisch zum einfallenden Strahl angeordnet.
279
A Koordinatensysteme
aus (A.3) unmittelbar die Relationen:
q
k2 + k02 − 2|k||k0 | cos ϑe ,
Q =
cos ϑQ =
sin ϑQ
|k| − |k0 | cos ϑe
,
Q
|k0 | sin ϑe
=
.
Q
(A.4)
(A.5)
(A.6)
Als nächstes führen wir das System KD über in das System K 0 , indem wir die Koordinatenachsen um die Achse ZD im positiven Drehsinn um den Winkel ϕe rotieren2 . In
dem neuen System liegen dann die Vektoren k 0 und Q in der x-z-Ebene (vergleiche hierzu Abbildung A.1 (c)), wobei die Polarwinkel ϑe und ϑQ unverändert geblieben sind. Die
entsprechende Rotationsmatrix lautet


cos ϕe sin ϕe 0


D1 =  − sin ϕe cos ϕe 0  .
(A.7)
0
0
1
Als letzten Schritt transformieren wir das System K 0 in das System KQ , in welchem die
z-Achse in Richtung des Photonimpulses weist (siehe Abbildung A.1 (d)). Dies erreicht
man durch eine Drehung um den Winkel ϑQ im negativen Drehsinn um die Achse Y 0 . Die
zugehörige Matrix D2 lautet


cos ϑQ 0 sin ϑQ


D2 = 
0
1
0 .
− sin ϑQ 0 cos ϑQ


|k| − |k0 | cos ϑe 0
|k0 | sin ϑe
1 

(A.8)
=
0
1
0
.

Q
0
0
−|k | sin ϑe
0 |k| − |k | cos ϑe
Im zweiten Schritt wurden die Gleichungen (A.5) und (A.6) verwendet.
Sind die Koordinaten eines beliebigen Vektors r D im System KD gegeben, so erhält man
seine Koordinaten in KQ gemäß der Transformation
r D → r Q = D 2 D1 r D .
(A.9)
2
Die Drehung des Koordinatensystems bei raumfesten Vektoren bezeichnet man gewöhnlich als passive
Drehung; im Gegensatz dazu heißt die Rotation eines Vektors in einem raumfesten Koordinatensystem
aktive Drehung. Im positiven Drehsinn“ bedeutet, daß die Drehung um die jeweilige Achse im Sinne einer
”
Rechtsschraube erfolgt.
280
(a)
...
........ ZD
...
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.................. e
eN
........... k
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XD
YD
(c)
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0
........ Z
...
...
...
...
...
Q
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k0 ...................................
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.. ϑQ ..
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ϑ
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...... e ... ..
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0
0
X
Y
(b)
...
........ ZD
...
Q ..........
..
....
....
.....
.
....
.
.....
..
...............
... .. ........
....
.. .
... .......
.....
.. ..
.....
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..
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.....
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.... ..
.....
. ..
.... .
.....
......
...
...
....
0
...
....
..
.... k
.
..
.
...
....
.
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.
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.
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..........................e............................ ...... ................
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.....
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..................................
....
......
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.....................
..... .. ... ..
...............
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.....................
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..................... ............. .. ................
..
.....................................
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..... ....................................... ....
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ϕ
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...........................
.
..........................
...
.........................................e...........................
.
..... ..........
........................................
....
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.............. ........ .. ..............
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........................
YD
..
XD
(d)
...
........ ZQ
...
.
.....
.................... Q
..........
..........
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.
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...................
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..... ..
XQ
YQ
Abbildung A.1: Koordinatensysteme
Abbildung (a) zeigt die Lage des Koordinatensystems K D . Der Vektor ek weist in die Richtung des Impulses des einfallenden Elektrons. Die Vektoren e E und eN zeigen zu den Mittelpunkten des Elektronen- bzw. Nukleonendetektors. In Abbildung (b) ist die Lage der Impulsvektoren des gestreuten Elektrons und des Photons in K D dargestellt. Durch Drehung
um die Achse ZD gelangt man von KD zum System K 0 , welches in Abbildung (c) dargestellt ist. Abbildung (d) zeigt das System K Q , das aus der Drehung von K 0 um die Achse Y 0
hervorgeht.
281
A Koordinatensysteme
282
B Die relativistische Form des
Wirkungsquerschnittes
Wir beginnen mit der relativistischen Form von (1.91), die Argumente der δ-Funktionen
werden entsprechend abgeändert:
Z
d6 σ
2
= σM p1 dp2 dp3 δ (3) (Q − (p1 + p2 + p3 )) δ(ω + M − E1 − E2 − E3 )
0
0
dk dk̂ dp̂1 dp1
i
h
L
T
TT
TL
TL’
T’
.
vL R + vT R + vTT R + vTL R + h vTL’ R + vT’ R
(B.1)
Hierin ist
M = 3mN + E3
(B.2)
die Ruhemasse des anfänglichen Kerns, wobei E3 die Bindungsenergie darstellt. Die Ausdrücke
q
Ei ≡ p2i + m2N
(B.3)
stellen die Einteilchenenergien der drei Nukleonen dar. Analog zur Vorgehensweise in Abschnitt 1.4 wollen wir auch hier die Nukleonenimpulse p2 und p3 durch den Schwerpunktimpuls p23 und den Relativimpuls im Schwerpunktsystem p ersetzen. Zur Ermittelung
des Relativimpulses bedienen wir uns einer Lorentz-Transformation, genauer gesagt: eines
Boosts in Richtung des Schwerpunktimpulses. Der Vektor der Boost-Geschwindigkeit sei
also
β
β=
p .
(B.4)
|p23 | 23
Die zugehörige Transformationsmatrix für beliebige Richtung lautet (siehe zum Beispiel
[Jac83])



Λ(β) = 

γ
−γβ1
−γβ2
−γβ3
2
2
2
−γβ1 1 + (γ − 1)β1 /β
(γ − 1)β1 β2 /β
(γ − 1)β1 β3 /β 2
−γβ2 (γ − 1)β1 β2 /β 2 1 + (γ − 1)β22 /β 2 (γ − 1)β2 β3 /β 2
−γβ3 (γ − 1)β1 β3 /β 2
(γ − 1)β2 β3 /β 2 1 + (γ − 1)β32 /β 2



 ,

(B.5)
283
B Die relativistische Form des Wirkungsquerschnittes
wobei
1
.
γ=p
1 − β2
(B.6)
Wir wenden nun die Transformation auf den Vierervektor
p23 = (E23 , p23 )
an und fordern das Verschwinden der Raumkomponente im Schwerpunktsystem, d. h.
0
, 0) .
p023 = Λ(β) p23 = (E23
(B.7)
Diese Bedingung wird erfüllt durch
β=
|p23 |
,
E23
(B.8)
was gerade die relativistische Geschwindigkeit des Schwerpunktes darstellt. Als nächstes
setzen wir diesen Ausdruck in (B.5) ein und berechnen die Viererimpulse p2 = (E2 , p2 )
und p3 = (E3 , p3 ) im Schwerpunktsystem. Wir erhalten
E23
1
E2 −
p ·p
M23
M23 23 2
E2
p23 · p2
= p2 −
p23 +
p
M23
M23 (M23 + E23 ) 23
1
E23
E3 −
p ·p
=
M23
M23 23 3
p23 · p3
E3
p23 +
p .
= p3 −
M23
M23 (M23 + E23 ) 23
E20 =
p02
E30
p03
(B.9)
(B.10)
(B.11)
(B.12)
Als neue Größe wurde hier noch die invariante Masse
q
2
M23 ≡ E23
− p223
(B.13)
p023 = p02 + p03 = 0
(B.14)
E20 = E30
(B.15)
eingeführt. Man überzeugt sich leicht, daß die Beziehungen
und
erfüllt sind. Der Relativimpuls im Schwerpunktsystem ist gegeben durch
1 0
0
p≡
p2 − p3 = p02 .
2
Mit ihm können wir die invariante Masse schreiben als
q
M23 = 2 p2 + m2N .
284
(B.16)
(B.17)
Um die im folgenden benötigte Abhängigkeit der ursprünglichen Variablen p2 und p3 von
p und p23 zu erhalten, wenden wir die zu (B.5) inverse Transformation, die man durch die
Ersetzung β → −β erhält, auf die Viererimpulse p02 und p03 an. Dies liefert
E23 0
1
E2 +
p ·p
M23
M23 23
E0
p23 · p
p
= p + 2 p23 +
M23
M23 (M23 + E23 ) 23
E23 0
1
=
E3 −
p ·p
M23
M23 23
E0
p23 · p
= −p + 3 p23 −
p .
M23
M23 (M23 + E23 ) 23
E2 =
(B.18)
p2
(B.19)
E3
p2
Die Berechnung der Jacobi-Determinante,
auftritt, ist etwas mühselig. Wir geben hier
∂p
∂ p2
2
∂ p ∂ p23
∂ p3 ∂ p3
∂p ∂p
23
Damit schreiben wir (B.1) um zu
(B.20)
(B.21)
die bei der Substitution (p2 , p3 ) → (p, p23 )
nur das Ergebnis an:
= 4E2 E3 .
(B.22)
E23 M23
d6 σ
dk 0 dk̂ 0 dp̂1 dp1
Z
4E2 E3 (3)
2
= σM p1 dp dp23
δ Q − (p1 + p23 ) δ ω + M − E1 − E23
E23 M23
h
i
L
T
TT
TL
TL’
T’
vL R + vT R + vTT R + vTL R + h vTL’ R + vT’ R
Z
q
2
4E2 E3
2
2
2
= σM p1 dp
δ ω + M − E1 − 4mN + 4p − Q − p1
E23 M23
h
i
L
T
TT
TL
TL’
T’
vL R + vT R + vTT R + vTL R + h vTL’ R + vT’ R
Z
h
i
4E2 E3 p2 E23
L
T
TT
TL
TL’
T’
2
vL R + vT R + vTT R + vTL R + h vTL’ R + vT’ R
= σM p1 dp̂
E23 M23 4 |p|
Z
h
i
2 |p|
L
T
TT
TL
TL’
T’
= σM p1
dp̂ E2 E3 vL R + vT R + vTT R + vTL R + h vTL’ R + vT’ R
.
M23
(B.23)
Hier wurden im zweiten Schritt die Gleichungen (B.13) und (B.17) zur Eliminierung von
E23 verwendet. Der Betrag des Relativimpulses ergibt sich wie im nichtrelativistischen Fall
durch Bestimmung der Nullstelle des Argumentes der energieerhaltenden δ-Funktion:
q
2
2
1
|p| =
ω + M − E1 − 4m2 − Q − p1 .
(B.24)
2
285
B Die relativistische Form des Wirkungsquerschnittes
286
C Die Formfaktorparametrisierungen
nach Gari und Krümpelmann
In diesem Anhang werden die Parametrisierungen nach [Gar92], die in den numerischen
Berechnungen im Rahmen dieser Arbeit verwendet wurden, beschrieben. Da diese Modelle
auf der Zerlegung des Dirac- und des Pauli-Formfaktors in einen sogenannten isoskalaren
und einen isovektoriellen Anteil beruhen, wollen wir diese Begriffe hier kurz erläutern.
Betrachten wir den in Gleichung (2.6) definierten nukleonischen Stromoperator, so läßt sich
der darin auftretende Isospinoperator gemäß (2.7) in einen skalaren und einen vektoriellen
Anteil zerlegen:
1 p 2
p
n
n
F1,2 q + F1,2
q 2 · Ê + F1,2
q 2 − F1,2
q 2 · τz .
(C.1)
F̂1,2 q 2 =
2
Dabei stellt Ê den Einheitsoperator im Isospinraum dar; das Argument der Formfaktoren
F1,2 entspricht dem Quadrat des Viererimpulses des Photons:
q 2 = qµ q µ < 0 .
(C.2)
Führen wir die Definitionen
(is)
F1
(iv)
F1
(is)
κs F 2
(iv)
κv F 2
≡ F1p q 2 + F1n
q 2 ≡ F1p q 2 − F1n
q 2 ≡ F2p q 2 + F2n
q 2 ≡ F2p q 2 − F2n
q2
q2
q
2
q
2
q
2
ein, so gilt umgekehrt für die Dirac- und Pauli-Formfaktoren:
1 (is) 2 (iv) 2 F1 q + F 1
q
F1p q 2 =
2
1
(is)
(iv) 2 F1 q 2 − F 1
q
F1n q 2 =
2
1
(is)
(iv) 2 p 2
F2 q
κs F 2 q 2 + κ v F 2
=
q
2
1
(is)
(iv) 2 κs F 2 q 2 − κ v F 2
q
.
F2n q 2 =
2
(C.3)
(C.4)
(C.5)
(C.6)
(C.7)
(C.8)
(C.9)
(C.10)
287
C Die Formfaktorparametrisierungen nach Gari und Krümpelmann
Mit Hilfe dieser Relationen schreiben wir für (C.1)
(iv) 2 q 2 · Ê + F1
q · τz
(iv) 2 (is)
q · τz .
F̂2 q 2 = κs F2 q 2 · Ê + κv F2
F̂1 q 2
(is)
= F1
(is)
(C.11)
(C.12)
(iv)
Gemäß dieser Gleichung bezeichnet man F1,2 als isoskalare und F1,2 als isovektorielle
Formfaktoren. Die bei den Pauli-Formfaktoren auftretenden Faktoren κ dienen lediglich
der Normierung; sie sind definiert als
κs ≡ κp + κn = −0, 120
κv ≡ κp − κn = +3, 706 ,
(C.13)
(C.14)
wobei κp = 1, 793 und κn = −1, 913 die anomalen magnetischen Momente des Protons
und des Neutrons darstellen. Für q 2 = 0 gilt dann:
(is)
F1
(iv)
(is) (iv)
0 = F1
0 = F2 0 = F2
0 = 1.
(C.15)
Wir wenden uns nun den Parametrisierungen für die isoskalaren und isovektoriellen
Formfaktoren zu; nach [Gar92] lauten diese im einzelnen:
m2ρ
gρ
gρ
(iv) 2 α 2
=
q
F1
F1D q 2
(C.16)
F1 q + 1 −
2
2
f ρ mρ − q
fρ
m2ρ
gρ
gρ
(iv) 2 α 2
D 2
F
q
+
κ
−
κ
F
q
(C.17)
κv F 2
q
= κρ
v
ρ
2
fρ m2ρ − q 2 2
fρ
gφ
m2φ
m2ω
gω
(is) 2 φ 2
α 2
F
q
+
F
F1 q
=
q
1
1
fω m2ω − q 2
fφ m2φ − q 2
gω
F1D q 2
+ 1−
(C.18)
fω
m2φ
m2ω
gφ
gω
(is) 2 φ 2
α 2
F
q
+
κ
F
κs F 2 q
= κω
q
φ
fω m2ω − q 2 2
fφ m2φ − q 2 2
gω
gφ
+ κs − κ ω
F2D q 2 .
(C.19)
− κφ
fω
fφ
Hierbei wurden folgende Abkürzungen eingeführt:
F2D
F1α
288
Λ21,D
Λ22
Λ21,D + Q̃2 Λ22 + Q̃2
!2
Λ21,D
Λ22
2
q
≡
Λ21,D + Q̃2
Λ22 + Q̃2
Λ22
Λ21
q2 ≡
Λ21 + Q̃2 Λ22 + Q̃2
F1D q 2
≡
(C.20)
(C.21)
(C.22)
F2α
F1φ
F2φ
2
Λ21
Λ22
q
≡
Λ21 + Q̃2
Λ22 + Q̃2
23
2
−q
q 2 ≡ F1α q 2
Λ21 − q 2
! 23
2 µ2 − q 2
Λ
φ
1
q 2 ≡ F2α q 2
µ2φ Λ21 − q 2
2
Q̃
2
log (Λ22 − q 2 ) /Λ2QCD
≡ −q
.
log Λ22 /Λ2QCD
2
(C.23)
(C.24)
(C.25)
(C.26)
Die modellunabhängigen Konstanten lauten:
mρ = 0, 776 GeV/c2
mω = 0, 784 GeV/c2
mφ = 1, 0196 GeV/c2 .
Die modellabhängigen Konstanten sind in der unten stehenden Tabelle aufgelistet1 . Die in
[Gar92] mit Model 1“, Model 2“ und Model 3“ gekennzeichneten Parametrisierungen
”
”
”
werden in dieser Arbeit durchgängig mit GK1“, GK2“ und GK3“ bezeichnet.
”
”
”
GK1
gρ /fρ
κρ
GK2
GK3
0,377 0,5927
0,5688
6,62
3,425
3,642
gω /fω
0,411 0,6212
0,5774
κω
0,163 0,3941
0,4775
gφ /fφ
0
0
-0,666
κφ
0
0
-0,2378
µφ
0
0
0,33
Λ1
0,795
0,867
0,823
Λ1,D
0,795
1,194
1,24
Λ2
2,27
2,063
1,95
ΛQCD
0,290
0,344
0,31
Abschließend wollen wir uns noch den quantitativen Unterschieden zwischen den drei
verschiedenen Parametrisierungen zuwenden. Hierzu betrachten wir einerseits die Diracund Pauli-Formfaktoren, F1 und F2 , und andererseits die elektrischen und magnetischen
1
Die in der Veröffentlichung [Gar92] angegebenen Konstanten waren teilweise fehlerhaft. Eine entsprechende Korrektur wurde nachträglich veröffentlicht. Die hier angegebenen Zahlen stammen von [Gar98].
289
C Die Formfaktorparametrisierungen nach Gari und Krümpelmann
Formfaktoren des Protons und des Neutrons. Letztere werden häufig auch als SachsFormfaktoren bezeichnet und lauten bekanntlich:
= F1p q 2 + F2p q 2
GnM q 2 = F1n q 2 + F2n q 2
q2
p 2
GpE q 2 = F1p q 2 +
F
q
2
4m2N
q2
n 2
GnE q 2 = F1n q 2 +
F
q
.
4m2N 2
GpM q 2
(C.27)
(C.28)
(C.29)
(C.30)
Die Kurvenverläufe für F1 und F2 sind in den Abbildungen C.1 und C.2 dargestellt. Die
Abbildungen C.3 bis C.6 zeigen die elektrischen und magnetischen Formfaktoren, wobei im
Falle von GpE , GpM und GnM zum Vergleich die häufig verwendeten Dipolparametrisierungen
mit berücksichtigt wurden. Letztere sind definiert als:
GEp, Dipol
p, Dipol
GM
n, Dipol
GM
290
−2
q2
≡
1−
0, 71 (GeV/c)2
−2
q2
≡ κp 1 −
0, 71 (GeV/c)2
−2
q2
≡ κn 1 −
.
0, 71 (GeV/c)2
(C.31)
(C.32)
(C.33)
1
GK1
GK2
GK3
0.9
0.8
0.7
F1p
0.6
0.5
0.4
0.3
0.2
0
0.2
0.4
−q 2 /
1.8
0.6
GeV 2
0.8
1
c
GK1
GK2
GK3
1.6
1.4
1.2
F2p
1
0.8
0.6
0.4
0.2
0
0.2
0.4
−q 2 /
0.6
GeV 2
0.8
1
c
Abbildung C.1: Dirac- und Pauli-Formfaktor des Protons
Dargestellt sind die Formfaktoren F 1 (oberes Bild) und F2 (unteres Bild) für das Proton als
Funktion des Viererimpulsübertrages.
291
C Die Formfaktorparametrisierungen nach Gari und Krümpelmann
0
-0.005
-0.01
F1n
GK1
GK2
GK3
-0.015
-0.02
-0.025
-0.03
-0.035
0
0.2
0.4
−q 2 /
-0.2
0.6
GeV 2
0.8
1
c
-0.4
-0.6
GK1
GK2
GK3
-0.8
F2n
-1
-1.2
-1.4
-1.6
-1.8
-2
0
0.2
0.4
−q 2 /
0.6
GeV 2
0.8
1
c
Abbildung C.2: Dirac- und Pauli-Formfaktor des Neutrons
Dargestellt sind die Formfaktoren F 1 (oberes Bild) und F2 (unteres Bild) für das Neutron als
Funktion des Viererimpulsübertrages.
292
3
2.5
GK1
GK2
GK3
Dipol
2
GpM
1.5
1
0.5
0
0
0.2
0.4
−q 2 /
1.1
0.6
GeV 2
0.8
1
c
GK1
GK2
GK3
1.05
GpM
p, Dipol
GM
1
0.95
0.9
0
0.2
0.4
−q 2 /
0.6
GeV 2
0.8
1
c
Abbildung C.3: Der magnetische Formfaktor des Protons
Dargestellt ist der Verlauf von GpM für die unterschiedlichen Parametrisierungen. Das obere
Bild zeigt die absoluten Werte; im unteren Bild sind die Werte nach Gari und Krümpelmann,
dividiert durch den Dipol-Wert, aufgetragen.
293
C Die Formfaktorparametrisierungen nach Gari und Krümpelmann
1
GK1
GK2
GK3
Dipol
0.9
0.8
0.7
0.6
GpE
0.5
0.4
0.3
0.2
0.1
0
0.2
0.4
−q 2 /
1.1
0.6
GeV 2
0.8
1
c
GK1
GK2
GK3
1.05
GpE
GEp, Dipol
1
0.95
0.9
0
0.2
0.4
−q 2 /
0.6
GeV 2
c
Abbildung C.4: Der elektrische Formfaktor des Protons
Wie Abbildung C.3, jedoch für GpE .
294
0.8
1
-0.2
-0.4
-0.6
GK1
GK2
GK3
Dipol
-0.8
-1
GnM
-1.2
-1.4
-1.6
-1.8
-2
0
0.2
0.4
−q 2 /
1.1
0.6
GeV 2
0.8
1
c
GK1
GK2
GK3
1.05
GnM
n, Dipol
GM
1
0.95
0.9
0
0.2
0.4
−q 2 /
0.6
GeV 2
0.8
1
c
Abbildung C.5: Der magnetische Formfaktor des Neutrons
Wie Abbildung C.3, jedoch für GnM .
295
C Die Formfaktorparametrisierungen nach Gari und Krümpelmann
0.1
0.08
0.06
GnE
0.04
GK1
GK2
GK3
0.02
0
0
0.2
0.4
−q 2 /
0.6
GeV 2
0.8
c
Abbildung C.6: Der elektrische Formfaktor des Neutrons
Dargestellt ist GnE für die drei Parametrisierungen nach Gari und Krümpelmann.
296
1
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300
Danksagung
Es ist eine althergebrachte Tradition, in der Danksagung einer Doktorarbeit zuerst den
Doktorvater zu Ehren kommen zu lassen. Dieser Tradition schließe ich mich mit großer
Freude an! Herr Prof. Dr. Walter Glöckle war nicht nur Ideengeber zu dieser Arbeit, sondern
auch ein hervorragender Betreuer, der mir stets mit Rat und Tat zur Seite stand und damit
wesentlich zum Gelingen dieser Arbeit beitrug. Nachdem ich 1998 die Universität verlassen
hatte, versagte er mir auch weiterhin nicht die Unterstützung und bewies ein hohes Maß
an Geduld.
Dr. habil. Jacek Golak gab mir wertvolle Ratschläge bei der Erstellung meiner Programme zur Berechnung der Wirkungsquerschnitte und Asymmetrien und nahm sich sehr viel
Zeit beim Testen meiner Programme. Dr. Dirk Hüber weihte mich in die unergründlichen
Tiefen der angewandten Numerik ein, überließ mir seine Programme zur Berechnung der
Rückstreumatrixelemente sowie der T-Matrix und gab mir hilfreiche Tips zu den Modifikationen dieser Programme. Mit Prof. Dr. Hiroyuki Kamada, Prof. Dr. Henryk Witala,
Dr. Andreas Nogga, Dr. Andreas Krüger und Dr. Jewgeni Epelbaum führte ich unzählige
fruchtbare Diskussionen, die oftmals bis tief in die Nacht andauerten.
Den meisten Dank schulde ich den Menschen, die mich mein Leben lang unterstützt
haben und damit die Grundvoraussetzung für mein Studium und die anschließende Promotion schufen. Es sind dies meine Eltern, meine Großeltern sowie meine Tante und mein
Onkel, Familie Kaszewski. Widmen möchte ich diese Arbeit meiner geliebten Frau Ana, die
mir stets den nötigen Rückhalt gab, und unserem Sohn Maximilian, der an so vielen Wochenenden auf seinen Vater verzichten mußte, wenn dieser wieder einmal damit beschäftigt
war, seine Doktorarbeit zu vollenden.
In den Jahren 1994 bis 1996 erhielt ich von der Ruhr-Universität Bochum ein Promotionsstipendium im Rahmen der Graduiertenförderung. Die numerischen Rechnungen
wurden größtenteils auf dem Vektorrechner SNI S-600/20 des Landes Nordrhein-Westfalen
an der RWTH Aachen durchgeführt.
301
302
Lebenslauf
Name
Gernot Ziemer
Geburtsdatum und -ort
4.12.1966 in Saarlouis
Familienstand
verheiratet, ein Kind
Schulausbildung
1973 - 1975
Grundschule Honzrath (Saarland)
1975 - 1977
kath. Grundschule Essen-Bergerhausen
1977 - 1986
Helmholtz-Gymnasium Essen
Juni 1986
Abitur
Hochschulstudium
1986 - 1993
Studium der Physik an der Ruhr-Universität Bochum
Oktober 1989
Vordiplom Physik
Juli 1993
Diplom Physik
Promotion
Juli 1993
Beginn der vorliegenden Dissertation
Berufliche Tätigkeit
seit August 1998
bei der T-Systems GEI GmbH
(ehemals debis Systemhaus GEI GmbH)
303
304
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