Bundesministerium der Finanzen Herrn

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Bundesministerium der Finanzen
Herrn Ministerialdirigent
Dr. Hans-Ulrich Misera
Unterabteilungsleiter IV A
11016 Berlin
vorab per E-Mail:
[email protected]
Walldorf, 02.09.2013
Stellungnahme zum BMF-Entwurf "Grundsätze zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff (GoBD)"
(Stand 26. Juni 2013)
Sehr geehrter Herr Dr. Misera,
die DSAG Deutschsprachige Anwendergruppe e.V. vertreten durch
den AK Steuern/die AG GDPdU begrüßt es sehr, dass der BMF mit
dem o.g. neuen Entwurf einen weiteren Versuch unternimmt auf die
breite Kritik, welche die Wirtschaft, Verbände und Hochschulen gegenüber dem ersten Entwurf vorgebracht haben, zu reagieren. Aus
unserer Sicht enthält der zweite Entwurf aber überwiegend nur redaktionelle Änderungen. Unter der Berücksichtigung, dass es im
zweiten Entwurf Verbesserungen gegenüber dem Ersten gibt (z.B.
Stichworte "Wegfall der Definition steuerrelevante Daten (Tz. 1, Rz.
2), Wegfall der Verschärfung beim vollständigen Belegnachweis
(Tz. 3.1, Tz. 33) und Kontierung i.S.d. Erfüllung der Belegfunktion
(Tz. 4, Rz. 65)") sind aber viele grundsätzliche Kritikpunkte, die u.a.
auch in unserer ersten Stellungnahme vorgebracht wurden, nicht
aufgegriffen worden. Faktisch bleiben damit fast alle bisher vorgebrachten Kritikpunkte in fachlicher Hinsicht weiter bestehen (vgl.
dazu die anhängende Anlage "Zum Entwurf des BMF-Schreibens
im Einzelnen"). Vor diesem Hintergrund sieht der AK Steuern / die
AG GDPdU auf Basis des vorliegenden zweiten Entwurfs weiterhin
und unverändert dringenden Bedarf für eine grundsätzliche Überarbeitung. Die Zeit sollte sich dafür genommen werden. Wir halten
deshalb an unserem in unserer ersten Stellungnahme vorgetragenen Vorschlag fest, dass der BMF im Vorfeld des Entwurfes eine
Expertengruppe aus Vertretern der Finanzverwaltung und der Wirtschaft wie im Fall der E-Bilanz mit Fach AG Taxonomie Steuer ins
Leben rufen sollte. Diese Expertengruppe solle sowohl aus Vertretern der Finanzverwaltung, Vertretern der Wirtschaftsverbände und
Vertretern namhafter Softwarehäuser, die die Vorgaben technisch
umzusetzen haben, zusammensetzen.
Wir begrüßen in diesem Zusammenhang zwar Ihre Einladung vom
26. Juni 2013 zu einem Fachgespräch am 12. und 13. September
2013 an wohl ausgewählte Verbände, finden es aber schade, dass
Verbände, die einen solchen Vorschlag in ihrer ersten Stellungnahme formuliert haben, nicht berücksichtigt wurden.
Unabhängig davon steht der AK Steuern / die AG GDPdU der
DSAG e.V. auch weiterhin für eine Arbeitsgruppe im o.g. Sinne
bzw. für solche Fachgespräche - nicht zuletzt im Interesse Ihrer
Mitglieder - gerne jederzeit zur Verfügung. Wir würden als Vertreter
Herrn Rolf Andres (stellvertretenden Sprecher der AG GDPdU) und
Herrn Henning Burlein (Sprecher des AK Steuern und der AG
GDPdU) benennen. Über eine Einladung wurden wir uns sehr freuen.
Wir bitten Sie, außerdem unsere in der Anlage dargestellten Hinweise und Forderungen (angepasst an den zweiten Entwurf) in den
weiteren Beratungsprozess innerhalb der Finanzverwaltung sowie
beim o.g. Fachgespräch am 12. und 13. September 2013 mit einzubeziehen und für eine weitere Überarbeitung des BMF-Entwurfs
GoBD zu berücksichtigen.
Gerne sind wir bereit - wie bereits oben erwähnt - unsere Stellungnahme detailliert in mündlicher Form zu erläutern.
Mit freundlichen Grüßen
Henning Burlein
Albert Kraus
DSAG e.V., Sprecher AK Steuern
DSAG e.V., Stellv. Sprecher AK Steuern
Anlage
Anlage:
Zum Entwurf des BMF-Schreibens im Einzelnen
Allgemeine Anmerkungen
Wir halten auch nach dem zweiten Entwurf daran fest, dass viele
Anforderungen im GoBD-Entwurf auf die kleinen und mittleren Unternehmen und den Anforderungen an deren IT-Landschaft allein
aus Sicht der deutschen Finanzverwaltung zugeschnitten sind. Leider sind im zweiten Entwurf weiterhin die Anforderungen an von
KMU eingesetzten Buchführungssytemen auf der einen Seite und
von größeren Mittelstandsunternehmen/Großunternehmen eingesetzten Buchhaltungssystemen auf der anderen Seite, die meistens
das Herz von sogenannten ERP-Systemen bilden, im entsprechenden Verhältnis nicht berücksichtigt.
Als Beispiel hierfür ist unter Tz. 4.3., Tz. 77, (Erfassungsgerechte
Aufbereitung der Buchungsbelege) hinsichtlich der Bezeichnung
"Buchungstext" unter Anführung der beiden BFH-Urteile aus den
60-ziger Jahren mit dem Hinweis "Hinreichende Erläuterung des
Geschäftsvorfalls" zu nennen. Hier wäre es begrüßenswert, wenn
anhand eines Beispiels dieser Nachweis in Bezug auf die eingesetzte IT bei einem kleinen Unternehmen sowie in Bezug auf die
eingesetzte IT bei einem Großunternehmen dargestellt würde. Die
(nahezu) ausschließliche Bezugnahme auf KMU ohne die notwenige Berücksichtigung der Belange bzw. Gegebenheiten von Mittelstandsunternehmen und Großunternehmen ist an vielen weiteren
Stellen in den GoBD klar erkennbar.
Die GoBD berücksichtigen - auch nach den dem zweiten Entwurf an vielen Stellen selektiv die für die Finanzverwaltung wichtigen
Details, lassen aber an anderen Stellen wichtige Elemente, die für
die deutsche Wirtschaft von erheblicher Bedeutung sind, außen vor
bzw. behandeln diese nur oberflächlich oder an verstreuten Stellen
(z.B. Hinweise und Konkretisierungen zur Verfahrensdokumentation, Organisation und Sicherheit des IT-gestützten Buchführungssystems).
Von der Wirtschaft erwartete Konkretisierungen für das Verständnis
und die Umsetzung der GoBD bleiben aus. Ergänzende Hilfestellungen – wie z.B. ein Glossar, das zur Rechtssicherheit bzw. zur
Verständlichkeit der Begrifflichkeiten beitragen könnte – werden
nicht gegeben.
Auch der zweite Entwurf gibt - nach wie vor - Auffassungen der Finanzverwaltung wieder, die zu einer deutlichen Verschärfung gegenüber den bisherigen Regelungen führen. In sehr grundsätzlicher
Art erfolgt dies in folgenden Formulierungen:
1) Grundsatz ordnungsmäßiger Buchführung Tz. 1.4, Rz. 19
„Materiell ordnungsmäßig sind Bücher und Aufzeichnungen
nur dann, wenn alle Geschäftsvorfälle nachvollziehbar, vollständig und richtig in ihrer Auswirkung erfasst und anschließend verbucht bzw. verarbeitet sind.“
2) Zeitgerechtheit
Tz. 3.2.3, Rz. 48 „Jede nicht durch die Verhältnisse des Betriebs oder des Geschäftsvorfalls zwingend bedingte Zeitspanne zwischen dem Eintritt des Vorganges und seiner laufenden, grundbuchmäßigen Erfassung ist bedenklich. Länger
als etwa zehn Tage darf ein Geschäftsvorfall grundsätzlich
grundbuchmäßig nicht unerfasst bleiben.“
3) Verfahrensdokumentation
Tz. 10.1, Rz. 154 „Soweit eine fehlende oder ungenügende
Verfahrensdokumentation die Nachvollziehbarkeit und
Nachprüfbarkeit beeinträchtigt, liegt ein formeller Mangel mit
sachlichem Gewicht vor, der zum Verwerfen der Buchführung führen kann.“
Anmerkung: Dies steht in Widerspruch zu § 158 AO nach
dem die Buchführung der Besteuerung zugrunde zu legen
ist, soweit nach den Umständen des Einzelfalls kein Anlass
besteht, ihre sachliche Richtigkeit zu beanstanden.
Diese Verschärfung ist aus Sicht der Mitglieder der DSAG e.V. unverhältnismäßig und geht an der Praxis vorbei.
Zum Begriff "steuerrelevante Daten"
Der Begriff war in den bisherigen Grundsätzen zum Datenzugriff
und zur Prüfbarkeit digitaler Unterlagen (GDPdU) vom 16.07.2001
unter I., 1. deutlich definiert. Dies betrifft auch die Aussagen, welche Daten in einem DV-System steuerrelevant sind (Finanz- Anlagen und Lohnbuchhaltung) und dass in anderen Bereichen des DVSystems der Steuerpflichtige die steuerrelevanten Daten ggf. zu
verifizieren hat.
Es ist zu begrüßen, dass unter Tz. 1. (Anwendungsbereich), Rz. 2,
der im ersten Entwurf neudefinierte Begriffsversuch wieder zurückgenommen wurde. Dies ändert aber nichts daran, dass die Deutlichkeit der Begriffsdefinition aus dem o.g. GDPdU-Schreiben nach wie vor – verloren gegangen ist. Das Qualifikationsrecht des
Steuerpflichtigen wird zwar in Rz. 5 ansatzweise genannt aber nur
im Bezug auf die außersteuerlichen und steuerlichen aufbewahrungspflichtigen Unterlagen. Unter 1.5 (Datenverarbeitungssystem,...), Rz. 20, wird definiert, welche Verfahren aus Sicht der Finanzverwaltung zu einem DV-System gehören. Unter 11.1 (Umfang
und Ausübung des Rechts auf Datenzugriff nach § 147 Abs. 6 AO),
Rz. 157, werden die nach außensteuerlichen und steuerlichen Vorschriften aufzeichnungspflichtigen und die nach § 147 Abs. 1 AO
aufbewahrungspflichtigen Unterlagen als Gegenstand der Prüfung
benannt, wobei im zweiten Entwurf der Bezug der vor- und nachgelagerten Systeme auf die zuvor aufgeführten Daten der Finanzbuchhaltung, der Anlagenbuchhaltung und Lohnbuchhaltung dadurch ersetzt wird, dass jetzt die Daten aller Vor- und Nebensysteme für den Datenzugriff bereitzustellen sind. Dies ist führt zu einer
weiteren Verunsicherung hinsichtlich des Begriffes "steuerrelevante
Daten" bei den betroffenen Steuerpflichtigen.
An keiner dieser genannten Stellen im Entwurf wird eingegrenzt,
dass dies nur in der Art und Weise gilt, soweit es sich um steuerrelevante Daten handelt. Nicht alles, was nach außersteuerlichen
Vorschriften aufbewahrungspflichtig ist, ist steuerrelevant. Nicht alle
Daten z.B. eines Archivsystems und eines Vertriebs/Logistiksystems sind steuerrelevant. Nicht alle Daten eines Verfahrens sind vollumfänglich für den Datenzugriff zur Verfügung zu stellen, nur weil eine Teilmenge davon steuerrelevant ist.
Petitum: Rückkehr zur deutlichen Formulierung des Begriffs steuerrelevante Daten aus dem BMF-Schreiben vom 16.07.2001.
Zu Tz. 3.2.1 Vollständigkeit (Grundbuch und Journal), Rz. 42
Die Unterscheidung zwischen Grundbuch und Journal ist nach unserer Kenntnis in heutigen Buchhaltungssystemen in dieser Form
nicht vorhanden.
Petitum: Anpassung an die heute verwendete Buchhaltungssystematik.
Zu Tz. 4.3 Erfassungsgerechte Aufbereitung der Buchungsbelege, Rz. 77
Nach Rz. 77 muss jeder Geschäftsvorfall mit einem Buchungstext
versehen werden. Dies halten wir für eine überzogene und nicht
praxistaugliche Forderung. Bei automatisch erzeugten Buchungen
ist in der Regel kein sprechender Buchungstext vorhanden. Aufgrund der Systemeinstellungen lässt sich die erfolgte Buchung jedoch nachvollziehen. Gleiches gilt für Buchungen, bei denen im
Wege einer Verknüpfung der zugrunde liegende Beleg angezeigt
werden kann oder wenn durch Verknüpfung auf andere Bereiche
des Datenverarbeitungssystems eine Erläuterung der Buchung erfolgt.
Petitum: Anpassung der Regelung an die heutigen technischen
Gegebenheiten bei Buchhaltungssystemen.
Zu Tz. 4.4 Besonderheiten, Rz. 81
Der zweite GoBD-Entwurf ist bei Dauersachverhalten dahingehend
geändert worden, dass nach Rz. 81 die Aufbewahrungsfrist des
Anschaffungsbeleges erst mit Ablauf der steuerlichen Nutzungsdauer beginnt. Damit wird die Aufbewahrungsfrist gegenüber dem
ersten Entwurf nochmals verlängert. Hier ist nach wie vor unklar, ob
es sich um den erstmals bei Buchung der Anschaffung zugrunde
gelegten Beleg über den Kauf eines Wirtschaftsgutes handelt oder
ob es die erstmalige Buchung ist. Welcher Beleg soll aufbewahrt
werden? Hier handelt es sich um keine Frage der elektronischen
Buchhaltung. Es besteht auch keine Notwendigkeit für eine solch
lange Aufbewahrungspflicht. Die Anschaffung konnte oder ist in den
Vorjahren geprüft worden.
Petitum: Streichung dieser Verschärfung.
Zu Tz. 5.1/5.2 Differenzierung von Grundbuch und Journal
Der Entwurf unterscheidet in einer eigenen Tz. 5.1 bei der Erfassung der Geschäftsvorfälle zwischen Grundaufzeichnungen oder
dem Grundbuch einerseits und der Verbuchung im Journal andererseits (Journalfunktion). Diese Trennung zwischen Grundbuch
und Journal ist zumindest in den heutigen Buchhaltungssystemen
so nicht mehr gegeben.
Petitum: Die Trennung sollte auch an dieser Stelle bei der Überarbeitung beseitigt werden (vgl. auch Ausführungen zu Tz. 3.2.1).
Zu Tz. 9.1 Maschinelle Auswertbarkeit, Rz. 123
Tz. 9.1, Rz. 123, Art und Umfang der maschinellen Auswertbarkeit
sind nach tatsächlichen Informations- und Dokumentationsmöglichkeiten zu beurteilen.
Die durch den zweiten Entwurf eingeführte Rz. 123 führt u.E. zu
nicht mehr Rechts- und Auslegungssicherheit, auch wenn Rz. 124
zu diesem Beurteilungsmaßstab für die maschinelle Auswertbarkeit
nicht abschließende Beispiele aufführt.
Im Zweifelsfall wirft die Rz. 123 mehr Fragen auf, als dass sie zur
Sicherheit beiträgt, was die Finanzverwaltung unter maschineller
Auswertbarkeit versteht.
Petitum: Streichung der Rz. 123.
Zu Tz. 9.2 Elektronische Aufbewahrung, Rz. 129
Tz. 9.2, Rz. 129, Satz 1 „Eingehende elektronische Handels- oder
Geschäftsbriefe müssen in dem Format aufbewahrt werden, in dem
sie empfangen wurden (z.B. Rechnungen oder Kontoauszüge in
PDF- oder Bildformat).“
Die durch den zweiten Entwurf vorgenommene Einführung des
Klammerzusatzes "z.B. Rechnungen oder Kontoauszüge in PDFoder Bildformat" ändert nichts an der bisher vorgebrachten Kritik.
Das BMF geht - nach wie vor - davon aus, dass elektronische Dokumente jeglicher Formate über die Dauer der Aufbewahrungsfristen jederzeit lesbar bzw. ausgewertet werden können. Aus heutiger
Sicht kann nicht gewährleistet werden, dass diese proprietären Dokumente bzw. proprietären Formate über einen längeren Aufbewahrungszeitraum hinweg korrekt reproduziert bzw. maschinell ausgewertet werden können. Schon heute wandeln die Unternehmen solche properitären Formate in Bildformate, wie z. B. TIF- oder PDFDateien, um, da nur solche Formate die Unveränderbarkeit und
Reproduzierbarkeit über einen längeren Zeitraum hinweg gewährleisten.
Petitum: Eingehende elektronische Handels- oder Geschäftsbriefe
können in elektronischen Standardformaten (z. B. TIF- oder PDFDateien) umgewandelt und aufbewahrt werden.
Zu Tz. 9.4 Auslagerung von Daten aus dem Produktivsystem
und Systemwechsel, Rz. 140 u. Rz. 141
Tz. 9.4, Rz. 140, Nr.2 „Das neue System, das Archivsystem oder
das andere System muss in quantitativer und qualitativer Hinsicht
die gleichen Auswertungen ermöglichen, als wären die aufzeichnungs- und aufbewahrungspflichtigen Daten noch im Produktivsystem.“
Bei Unternehmen mit großen Datenaufkommen besteht die Notwendigkeit zur Aufrechterhaltung eines performanten Tagesbetriebes, die aktiven Datenbanken des Produktivsystems in kurzen Zeitintervallen zu entlasten und diese Daten in ein Archivsystem zu
überführen. Für Unternehmen, die z. B. SAP als Buchführungssystem im Einsatz haben, existieren keine Archivsysteme, die die
quantitativen und qualitativen Auswertungen des zu entlastenden
SAP-Systems beinhalten.
Petitum: Die Finanzverwaltung sollte berücksichtigen, dass bei einer notwendigen Entlastung der Datenbanken des Buchhaltungssystems nur eine eingeschränkte Möglichkeit des unmittelbaren
Datenzugriffs sowie des mittelbaren Datenzugriffs zur Verfügung
gestellt werden kann.
Tz. 9.4, Rz. 141 „Andernfalls ist die ursprüngliche Hard- und Software des Produktivsystems – neben den aufzeichnungs- und aufbewahrungspflichtigen Daten – über die Dauer der Aufbewahrungsfrist vorzuhalten.“
Die durchschnittliche Nutzungsdauer von Buchführungssystemen
nimmt stetig ab. Dieser Umstand beruht auf betriebsbedingte Notwendigkeiten (z.B. konzernweite Umstellung/Vereinheitlichung von
Hard- und Software, Kauf oder Verkauf von Betrieben bzw. Teilbetrieben und Verschmelzungen bzw. Abspaltungen), vorgegebene
Lizenz- und Vertragspolitik sowie gesetzliche Erfordernisse. Die
Regelung in Tz. 9.4, Rz. 141 bedeutet für die Unternehmen, dass
die abgelösten Altsysteme für die Dauer der Aufbewahrungsfrist
vorzuhalten sind. Unabhängig den enormen Kosten des Vorhaltens
dieser Altsysteme wird zusätzliches Fachpersonal benötigt, welches
die Altsysteme noch bedienen und warten kann. Des Weiteren
muss bezweifelt werden, ob für die jeweilige Hardware über die
Empfehlungen des Lieferanten bzw. Herstellers hinaus noch eine
entsprechende lauffähige Betriebssystem-Software jederzeit vorgehalten werden kann.
Petitum: Das Vorhalten und Aufbewahren alter Hard- und Software
führt zu einem enormen Bürokratiekostenaufbau und ist unverhältnismäßig. Die Möglichkeit der Überlassung der Daten auf maschinell auswertbaren Datenträgern durch die Unternehmen sollte in
diesen Fällen ausreichend sein. Der Hinweis auf die Bewilligung
von Erleichterungen nach § 148 AO ist in der Praxis weder praktikabel noch hilfreich und führt auch nicht zu der erforderlichen
Rechtssicherheit.
Zu Tz. 11.1 Umfang und Ausübung des Rechts auf Datenzugriff
nach § 147 Abs. 6 AO, Rz. 159
Tz. 11.1, Rz. 159, Satz 2 „Dazu gehört auch ein Überblick über alle
im DV-System vorhandenen Informationen (z. B. Beschreibungen
zu Tabellen, Feldern, Verknüpfungen und Auswertungen)“
Unternehmen setzen, u. a. auch aufgrund zunehmender gesetzlicher Anforderungen, hochkomplexe Buchhaltungssysteme ein. Diese hochkomplexen Buchhaltungssysteme enthalten eine Vielzahl
von Tabellen und Feldern. Beispielsweise umfasst ein SAP ERP-System im Standard fast 100.000 Tabellen. Je nach Aufbau und
Struktur können es mehr als 150.000 Tabellen sein. Lt. Finanzverwaltung soll eine Beschreibung dieser Tabellen Bestandteil der Verfahrensdokumentation sein.
Petitum: Die von der Finanzverwaltung geforderte Verfahrensdokumentation ist nicht umsetzbar. Der Satz „Dazu gehört auch ein
Überblick über alle im DV-System vorhandenen Informationen (z. B.
Beschreibungen zu Tabellen, Feldern, Verknüpfungen und Auswertungen)“ ist zu streichen.
Tz. 11.1, Rz. 162, Nr. 3, Abs. 2 „Die Datenträgerüberlassung umfasst die Mitnahme der Daten aus der Sphäre des Steuerpflichtigen.“
Bei der Datenträgerüberlassung werden der Außenprüfung in der
Regel die kompletten steuerrelevanten Daten des Buchhaltungssystems auf einem maschinell verwertbaren Datenträger zur Verfügung gestellt. Diese Daten werden in der Regel zur Analyse auf die
Festplatte der Laptops der Finanzverwaltung importiert. Wenn nach
Import der Daten diese Laptops die Sphäre des Steuerpflichtigen
verlässt, besteht einerseits die Gefahr, dass die Laptops entwendet
werden und die umfangreichen Daten in die Hände eines unbefugten Dritten gelangen. Solche Computerverluste hat es in der
Vergangenheit nicht selten gegeben (Computerverluste in
Bundesbehörden, Drucksache 16/8673 vom 16.04.2008). Andererseits kann trotz bestehender Sicherungsmaßnahmen nicht gänzlich ausgeschlossen werden, dass bei einer Kopplung des Laptops
der Finanzverwaltung an ein Netzwerk durch Angriffe von außen (z.
B. Virenbefall, etc.) Zugriffe auf die Daten des Steuerpflichtigen
stattfinden. Dieser Verlust der Daten des Steuerpflichtigen kann zu
einem erheblichen Schaden für das Unternehmen führen.
Lt. § 200 Abs. 2 AO findet die Vorlage und Prüfung von Unterlagen
in den Geschäftsräumen des Steuerpflichtigen statt. Nur wenn kein
geeigneter Geschäftsraum vorhanden ist, kann die Prüfung der Daten im Finanzamt durchgeführt werden.
Petitum: Werden den Außenprüfungen geeignete Geschäftsräume
zur Verfügung gestellt, verbleiben die Daten des Steuerpflichtigen
in den Räumen der Gesellschaft. Zur Analyse und Aufbewahrung
der Daten können beispielsweise USB-Festplatten eingesetzt werden, die vom Steuerpflichtigen für den Außenprüfungszeitraum zur
Verfügung gestellt werden. Die Übernahme der zu prüfenden Daten
auf die Festplatte der Betriebsprüfung ist somit nicht notwendig.
Eine Mitnahme von Daten aus der Sphäre des Steuerpflichtigen
sollte nur mit Zustimmung des Steuerpflichtigen erfolgen.
Zu Tz. 11.2 Umfang der Mitwirkungspflicht nach §§ 147 Abs. 6
und 200 Abs. 1 Satz 2 AO, Rz. 167
Tz. 11.2, Rz. 167, Nr. 1 Abs. 1, Sätze 3 u. 4 „Sie umfasst u. a. auch
die Nutzung der im DV-System vorhandenen Auswertungsmöglichkeiten (z. B. Filtern, Sortieren, Konsolidieren). Eine tatsächliche Installation oder Nutzung der Programmfunktionalitäten im Unternehmen ist nicht Voraussetzung.“
Das BMF geht mit dieser Formulierung davon aus, dass jegliche
Auswertungsmöglichkeiten eines Buchhaltungssystems auf „Knopfdruck“ bereitgestellt werden können. Tatsächlich müssen viele zusätzliche Auswertungen, die zwar im System potenziell vorhanden
sind, erst aufwendig (zeit- und kostenintensiv) für das Unternehmen
angepasst (gecustomized) werden, damit diese sinnvoll genutzt
werden können. Hier ist der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu
berücksichtigen.
Petitum: Mit „vorhandenen Auswertungsmöglichkeiten“ können nur
die Auswertungsmöglichkeiten gemeint sein, die tatsächlich vom
Unternehmen genutzt werden. Der Satz „Eine tatsächliche Installa-
tion oder Nutzung der Programmfunktionalitäten im Unternehmen
ist nicht Voraussetzung.“ ist im Entwurf zu streichen.
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