Erfassung und Handlungswirksamkeit von Kulturstandards Das Eigene, das Fremde, das Interkulturelle Das Eigene Das Fremde Gliederung: 1. Kulturstandards als Bausteine im kulturspezifischen Orientierungssystem 2. Erhebung und Auswertung „kritischer“ Interaktionssituationen 3. Identifikation von Kulturstandards Eigenkultur Kulturelle Überschneidungssituation Fremdkultur Das Interkulturelle Definition von Kulturstandards Kulturstandards als dynamisches Orientierungssystem (Krewer, Eckensberger, Demorgon) 1. Unter „Kulturstandards“ werden alle Arten des Wahrnehmens, Denkens, Wertens und Handelns verstanden, die von der Mehrzahl der Mitglieder einer bestimmten Kultur für sich persönlich und andere als normal, selbstverständlich, typisch und verbindlich angesehen werden. 2. Eigenes und fremdes Verhalten wird auf der Grundlage von Kulturstandards beurteilt und reguliert. 3. Kulturstandards wirken als Maßstäbe, Gradmesser, Bezugssysteme und Orientierungsmerkmale. 4. Ein Kulturstandard besteht aus einer Norm und einem Toleranzbereich. Die Norm gibt den Idealwert an. Der Toleranzbereich umfasst die noch akzeptierbaren Abweichungen vom Normwert. 5. Kulturstandards einer Kultur bilden ein in sich zusammenhängendes Geflecht von Beziehungen. 6. Kulturstandards können auf verschiedenen Abstraktionsebenen definiert werden, von sehr allgemeinen Werten und Überzeugungen bis hin zu konkreten Verhaltensvorschriften. 7. Kulturstandards, die in einer Kultur von zentraler Bedeutung sind, können in einer anderen Kultur völlig fehlen. Unterschiedliche Kulturen können aber auch ähnliche Kulturstandards aufweisen. Sie können auf unterschiedlichen Hierarchiestufen angesiedelt sein und unterschiedliche Toleranzbereiche aufweisen. 8. Bei erfolgreich verlaufender Sozialisation (Enkulturation) werden Kulturstandards innerhalb der eigenen Kultur als Handlungsregulatoren nicht mehr bewusst. Verhaltensdimension: Distanzmanagement maximale Distanzminimierung Lateinamerikaner maximale Distanzdifferenzierung USA Deutsche Kulturstandard nicht als allgemeingültiges Merkmal einer kulturellen Gruppe interpretieren. Kulturstandard als dynamische Konstruktion spezifischer interkultureller Handlungssituationen auffassen. Krewer (1995): „Kulturstandards sind spezifische Orientierungssysteme, konstruiert werden um eigenes und fremdes Wahrnehmen, Denken, Fühlen Handeln in spezifischen INTER-kulturellen Kontaktsituationen verständlich kommunizierbar zu machen. Kulturstandards sind Mittel der SelbstFremdreflexion in interkulturellen Begegnungen“. die und und und 9. Kulturstandards werden in ihrer handlungsregulierenden Funktion im interkulturellen Handeln in Form kritischer Interaktionen wirksam. Das Ziel der Analyse und Intervention ist die wechselseitige Orientierung und Verständigung in interkulturellen Kommunikations- und Kooperationssituationen. 10. Wenn in interkulturellen Begegnungssituationen stark divergierende Kulturstandards wirksam werden, kommt es zu konflikthaft verlaufenden Interaktionssituationen. In interkulturellen Begegnungen ist die Zuschreibung eigener und fremder kultureller Standards eingebettet in Kontextfaktoren, die Einfluss darauf haben, welche Problemsituationen kulturell attribuiert werden und welche kulturellen Differenzen zu einem Problem werden. Ausprägung grundlegender Verhaltensorientierungen bei Deutschen, Franzosen und Chinesen1 Sach-/ Aufgabenorientierung D F C Person-/ Beziehungsorientierung Expliziter Kommunikationsstil Impliziter Kommunikationsstil Internalisierte Autorität / Regel Externale Autorität / Regel Konsekutivität Simultanität Monochronie Polychronie Abgrenzung Privat / Beruf Öffnung Privat / Beruf 1 Empirisch gesicherte Befunde. Darstellung nach dem Konzept der adaptiven Achsen von Demorgon (1996). Kulturstandard Bericht eines Interviewers über den Interviewverlauf bei der Erhebung interkultureller Erfahrungen Insgesamt war die Bereitschaft, an den Interviews teilzunehmen, sehr groß. Die Firmenmitarbeiter waren gerne bereit, über ihre Erfahrungen und die damit verbundenen Probleme in der Zusammenarbeit mit ihren fremdkulturellen Partnern zu sprechen. Es erwies sich allerdings als immer wieder schwierig, direkt auf kritische Interaktionssituationen zu kommen. Viel lieber wurden nur sehr allgemeine Beispiele und Aussagen getroffen. Das Interesse der Firmenmitarbeiter zielte in erster Linie darauf, die Zusammenarbeit mit bulgarischen Subunternehmern und Joint Venture Partnern in Zukunft zu verbessern. Das Interesse an einem interkulturellen Handlungstraining ist demgegenüber eher zweitrangig. Reaktionen auf eine „kritische Interaktionssituation“ Forschungsprozess zur Identifizierung von Kulturstandards Interkulturelle Begegnung verläuft: Erhebung kulturkritischer Interaktionssituationen (KI) 2. erwartungswidrig 1. erwartungsgemäß (Interviews mit Auslandsmitarbeitern, Studenten, Dozenten etc.) Erhebung subjektiver Interpretationen des fremden Verhaltens (aus der Sicht der interviewten Person) Auswahl und sprachliche Überarbeitung der Situationsschilderung Prototypische Situationsschilderungen / sprachliche Glättung (durch den Bearbeiter) - Ähnlichkeit Gleichheit Bestätigung konsistente Gefühlslage konsonante Kognitionen Sicherheit Orientierungsklarheit Fortsetzung der Beziehung Analyse der kritischen Interaktionssituationen durch bikulturelle Experten: 1.Erklärungen für das fremdkulturelle Verhalten (?) 2.Empfehlung für kulturadäquate Reaktion (?) 3.Kulturspezifische Grundlagen für das fremdkulturelle Verhalten? 4.Themenspezifische Literaturhinweise (?) - Erstaunen Nachdenklichkeit Verunsicherung Unzufriedenheit Verärgerung Missachtung Hintergangenwerden Abneigung Enttäuschung Wut Aggressivität Abbruch der Beziehung (Interview / Fragebogen) Abbrechen der Begegnung Negative intrapersonale (Partner-)Kausualattribution Inhaltsanalytische Bearbeitung der Expertenerklärungen Misserfolg der Begegnung antizipieren (nach Mayring, 1997 (durch den Bearbeiter) Beleidigt sein Ärger Identifizierung und Benennung der Kulturstandards (KS) Gefühl der Ablehnung Name / kurze Erläuterungen (durch den Bearbeiter) Gefühl der Kränkung Gefühl, missverstanden zu werden Erstellung einer Zusammenhangsstruktur der Kulturstandards (durch den Bearbeiter) Desorientierung Verunsicherung Kulturhistorische Verankerung der Kulturstandards (durch den Bearbeiter auf Basis der Experteninformationen) Nachdenken Aufmerksamkeit Zeitverlauf der kritischen Begegnungssituation Emotionale und kognitive Reaktionen auf eine kulturelle bedingt kritisch verlaufende Begegnungssituation Das interkulturelle Interview 1. Vorbereitung des Interviews Fiedler et al. (1971) entwickelten folgende Kriterien für eine KI: - Inhalte Befragungsmethode Protokollierung Information an die Ip 2. Akquisition der Ip • Eine gute KI sollte eine alltägliche, authentische Begegnungssituation mindestens zweier Personen unterschiedlicher kultureller Herkunft beschreiben. • Diese sollte von den Beteiligten als konflikthaft oder unverständlich erlebt werden und • bei ausreichenden Kenntnissen über die Zielkultur eindeutig interpretierbar sein, d.h. der dargestellte Konflikt begründet sich in kulturellen Unterschieden. • Die Situation sollte kurz beschreibbar, nicht zu komplex sein und sich auf einen bestimmten Bereich beschränken. • Es sollte ausreichende Hintergrundinformation für das Verständnis der Situation gegeben werden. • Die Situation muss typisch und plausibel sein. - Wer? Wie? Womit? individuell / Gruppe mündlich / schriftlich 3. Durchführung des Interviews - Einzelinterview - Gruppeninterview Aufwärmphase Hinführungsphase zum Thema Interviewführung Motivierung verbales Feedback Protokollierung verbale Validierung Interview als: Leistungstest Lernprozess Gespräch 4. Datensicht / -auswertung - Texttranskription Auswahl komplett 5. Konsequenz / Nachhaltige Wirkungen - Was habe ich erfahren? - Was habe ich gelernt? - Was ist mir unklar geblieben 6. Berichterstattung: - schriftlich - mündlich 7. Ausformulierung von kritischen Interaktionssituationen 8. Funktionen des Interviews - Interview als Informationsquelle - Interview als interkulturelles Handeln Ablaufplan des Kategorisierungsprozesses zur Ermittlung der Kulturstandards Erfassung der wesentlichen Merkmale des Verhaltens In jeder Situation Ein Trainingsmaterial basierend auf 8 Kulturstandards mit dem Titel „Beruflich in China“ darf nicht so genützt werden, als würde mit 8 Kulturstandards die chinesische Kultur beschrieben. Die 8 Kulturstandards geben für den, der in China beruflich tätig wird, eine verhaltensnahe/problemnahe Orientierungshilfe Evtl. Umgruppierung Überprüfung der kulturadäquaten Attributionen der gruppierten Situationen auf Vereinbarkeit Abstrakte Benennung jeder Gruppe bzw. Kategorie Kulturstandards wirken als hypothetische Konstrukte moderierend auf Wahrnehmung, Denken, Urteilen, Emotionen und Verhalten von Menschen aus einer Kultur ein. Sie werden aus Verhaltensreaktionen im Kontext interkultureller Begegnung erschlossen. Die hierfür relevanten Daten stammen aus erinnerten und geschilderten kulturell bedingt kritischen Interaktionssituationen zwischen Menschen aus einer spezifischen Herkunftskultur und einer spezifischen Zielkultur. Gruppierung von Situationen mit gleichen oder ähnlichen Verhaltensmerkmalen Vorverständnis (aus Lit.studium, Interviews und Diskussionen) Funktion von Kulturstandards Überprüfung und evtl. Überarbeitung des Kategoriensystems – zum Verständnis – der Entscheidungsbedingungen, Verlaufsprozesse und Wirkungen – kulturell bedingt kritischer Begegnungssituationen – zwischen berufstätigen Deutschen und ihren chinesischen Partnern. Nicht mehr und nicht weniger! Die Konzentration liegt auf: Vergleich des empirisch hergeleiteten Kategoriensystems mit Klassifikationen und Beschreibung in der Literatur Endgültiges Kategoriensystem Evtl. Veränderungen von Kategorien – Begegnungssituation – kulturell bedingt kritischen Interaktionssituationen – Interkulturelles Handeln – Spezifische Herkunfts- und Zielkultur – Beruflicher Kontext U.S.-amerikanische Kulturstandards aus deutscher Sicht Das Interview als problematische interkulturelle Kommunikationssituation 1. Individualismus 8. Gelassenheit 2. Leistungsorientierung 9. Zukunftsorientierung 3. Chancengleichheit 10. Funktionales Besitzverständnis 4. Handlungsorientierung 5. Interpersonale Zugänglichkeit 11. Zwischengeschlechtliches Begegnungsritual („dating“) 6. Intrapersonale Reserviertheit 12. Naturbeherrschung 7. Soziale Anerkennung 13. Mobilität Ein deutscher Interviewer befragt einen chinesischen Manager, der in Deutschland studiert und promoviert hat und der für eine deutsche Firma in Shanghai arbeitet, über seine Erfahrungen und Beobachtungen unterschiedlichen Verhaltens zwischen Deutschen und Chinesen. Erfragt werden sollen Verhaltensweisen deutscher Manager in China, die für Chinesen unerwartet, ungewohnt und unverständlich sind. Die chinesischen Manager, die in deutsch-chinesischen Joint Venture tätig sind oder die einen Arbeitsaufenthalt in Deutschland planen, sollten später auf die Bewältigung solcher Situationen vorbereitet werden. Dabei entwickelt sich das Interview selbst allmählich zu einer kulturell bedingt problematischen Interaktionssituation. 14. Patriotismus (Die wörtlichen Zitate stammen aus der Interviewmitschrift.) In dem Buch von Sylvia Schroll-Machl & Ivan Novy mit dem bezeichnenden Titel "Perfekt geplant oder genial improvisiert?: Kulturunterschiede in der deutsch-tschechischen Zusammenarbeit" werden folgende Kulturstandard-paare vergleichend betrachtet: CZ D 1. Personbezug Sachbezug 2. Abwertung von Strukturen Aufwertung von Strukturen 3. Simultanität Konsekutivität 4. Personorientierte Kontrolle Regelorientierte Kontrolle 5. Diffusion von Persönlichkeitsund Lebensbereichen Trennung von Persönlichkeitsund Lebensbereichen 6. Starker Kontext Schwacher Kontext 7. Konfliktvermeidung Konfliktkonfrontation 8. Schwankende Selbstsicherheit Stabile Selbstsicherheit Verhalten Kognition (Frage- und Antwortverhalten) (Intentionen, Attributionen etc.) Deutscher: „Mich interessieren Ihre eigenen Erlebnisse oder Beobachtungen im Umgang mit Deutschen, bei denen sich die Deutschen anders verhielten als sie es erwarteten, und was für sie völlig unverständlich und nicht nachvollziehbar war.“ Deutscher: Ich spreche ihn als Experten für interkulturelle Probleme an. Er muss sie kennen, er wird sie mir schildern können. Chinese: „In der Tat, es gibt da einen großen Unterschied zwischen der deutschen Mentalität und der chinesischen Mentalität.“ Chinese: Probleme zwischen Deutschen und Chinesen auszubreiten, schickt sich nicht, ist unhöflich. Mich als so unwissend darzustellen, dass ich deutsches Verhalten nicht verstehe, will ich nicht und ist eine Zumutung. Eine allgemein gehaltene Zustimmung, dass es Unterschiede gibt, wird den Frager wohl schon zufrieden stellen, und das heikle Thema ist so erledigt. Chinese: Also, ich soll ihm von meinen Problemen mit Deutschen erzählen. Deutscher: Er ist für mich der richtige Interviewpartner, nun geht er in die Details. Deutscher: „Fällt Ihnen da eine konkrete Situation ein? Irgendetwas, was Sie selbst erlebt oder beobachtet haben?“ Deutscher: Jetzt geht es los! Chinese: „Im Moment nicht, nur generell so.“ Chinese: Das ist doch wohl deutlich genug, aber nicht unhöflich. Chinese: Was soll die Frage? Der hat noch nicht verstanden, dass ich darauf im Detail nicht eingehen will und kann. Deutscher: Der hat noch immer nicht richtig verstanden, auf was ich hinaus will. Da muss ich etwas deutlicher werden. Deutscher: „Wenn Sie vielleicht an Verhandlungen oder Besprechungen denken oder solche Bereiche.“ Chinese: Dem muss ich jetzt klar machen, dass ich keine Probleme mit den Deutschen habe, damit er mich positiv einschätzt und mit der persönlichen Fragerei aufhört. Aber ich muss ihn auch höflich behandeln. Chinese: „Ja, für mich ist das natürlich er-sichtlich, weil ich 12 Jahre in Deutschland gewesen bin und die deutsche Mentalität ein wenig kenne, und ich bin selbst Chi-nese und kenne auch die Chinesen. Für mich ist das offensichtlich, aber für manche Chinesen, die noch nie in Deutschland ge-wesen sind und sich nur über die Sprache mit den Deutschen verständigen können, aber nichts von dem sozialen Hintergrund wissen, da gibt es in der Tat Probleme.“ Deutscher: Also er kann doch von anderen etwas berichten, wenn er selbst keine Probleme hat. Jetzt nachfassen! Deutscher: „Haben Ihnen andere schon mal von solchen Problemen berichtet, oder was wäre für Sie eine Situation, wo es für Sie ersichtlich wäre, und für jemand, der die Deutschen nicht so gut kennt, schwierig zu verstehen?“ Chinese: Der Deutsche will einfach nicht verstehen. Jetzt wühlt er schon wieder in Problemen. Chinese: „Ich kann Ihnen momentan kein konkretes Beispiel nennen. Das fällt mir jetzt nicht ein. Es sind auch Kleinigkeiten, die im Alltag öfter passieren, das fällt auch nicht weiter auf. Denn was ist schon Missverständnis, ein Missverständnis ist der Schmierstoff des Lebens. Damit kann man durchaus leben.“ Deutscher: Der weicht mir wieder aus; aber so einfach kommst Du mir nicht davon! Deutscher: „Aber es kann ja auch zu ernst-haften Missstimmungen kommen, wenn man etwas falsch versteht.“ Deutscher: Ich verstehe nicht, warum er meine konkreten Fragen nicht beantwortet. Warum weicht er immer aus? Versteht er immer noch nicht, worum es hier geht, will er es nicht verstehen, oder will er nicht mit der Sprache heraus? Das ganze Drumherumgerede bringt nichts mehr. Ich werde das Interview wohl beenden müssen. Chinese: „Mit Chinesen ist das nicht so leicht.“ Chinese: Wenn er schon nicht von der peinlichen und primitiven Fragerei lassen will, dann wäre es erträglicher, wenn die Probleme deutscher Manager im Umgang mit Chinesen angesprochen werden könnten. Das Interviewthema verlagert sich nun mehr und mehr auf die möglichen Probleme deutscher Manager, mit der Lebens- und Arbeitssituation in China zurechtzukommen. Konfrontation mit Fremdheit Interkulturalität erfahren: Das interkulturelle Interview Interkulturelles Erfahrungslernen in der Fremde ¾ Kulturunterschiede ¾ Bedeutsamkeit der Fremdkultur ¾ Persönliche Betroffenheit ¾ Akkulturationszwang: Tourist Expatriate ¾ Psychische Funktionen: Kognitionen, Emotionen, Verhalten Interkulturelles Erfahrungslernen zu Hause Arten der indirekten Vermittelung: ¾ Literatur ¾ Film ¾ Erzählung ¾ Diskussion ¾ Bericht ¾ Massenmedien ¾ Das Interview it ausländischen Mitbürgern Arten der direkten Vermittelung: ¾ Zusammenarbeit mit ausländischen Kommilitonen ¾ Das Interview mit ausländischen Mitbürgern ¾ Zusammenleben mit ausländischem/n (Mitbürger(n) Restaurant, Hotel, Freundschaft, Partnerschaft) Kulturkonzepte Gliederung: 1. Kluckhohn / Strodtbeck 2. Hall 3. Hofstede 4. Trompenaars 5. Dülfer 6. Shalom / Schwartz Globale Kulturkonzepte Die Kultur dimensionen von Die Kulturdimensionen von Die Kulturdimensionen von Die Kulturdimensionen von Die Kulturdimensionen von Kluckhohn/ Strodtbeck Hall Hofstede Trompenaars Dülfer Kulturdimensionen nach Kluckhohn/Strodtbeck, 1961 1. Wesen der menschlichen Natur 2. Beziehung des Menschen zur Natur 3. Beziehung des Menschen zu anderen Menschen 4. Zeitorientierung des Menschen 5. Aktivitätsorientierung des Menschen Orientierung geforderter Variationsbereich schlecht gut/schlecht gut unveränderlich veränderlich unveränderlich veränderlich unveränderlich Beziehung des Menschen zur Natur Unterwerfung des Menschen unter die Natur harmonische Beziehung von Mensch und Natur Beherrschung der Natur durch den Menschen Beziehungen des Menschen zu anderen Menschen Linearität Kollateralität Individualismus Zeitorientierung des Menschen Vergangenheit Gegenwart Zukunft Aktivitätsorientierung Dasein Werden Handeln Menschliche Natur veränderlich des Menschen Die Kulturdimensionen von Kluckhohn/Strodtbeck Quelle: Kluckhohn/Strodtbeck (1961), S. 12. Kulturdimensionen nach Hall/Hall, 1990 1. Kontextorientierung 2. Raumorientierung 3. Zeitorientierung 4. Informationsgeschwindigkeit Kulturdimensionen nach Geert Hofstede (1980) 1. Machtdistanz: hoch – niedrig 2. Individualismus – Kollektiv 3. Maskulinität – Femininität 4. Unsicherheitsvermeidung: hoch – niedrig M. Harris Bond (1997): 5. Konfuzianische Dynamik: langfristige – kurzfristige Grundorientierungen Kulturdimensionen nach Trompenaars, 1993 1. Universalismus versus Partikularismus 2. Individualismus versus Kollektivismus 3. Affektivität versus Neutralität 4. Spezifität versus Diffusität 5. Statuszuschreibung versus Statuserreichung 6. Zeitverständnis 7. Beziehung des Menschen zur Umwelt bzw. zur Natur (bzw. Kontrollorientierung) Das Zeitverständnis in unterschiedlichen Kulturen Quelle: Trompenaars (1993), S. 166 Das Dülfersche Schichtenmodell - als sogenannter Aufriss und Vertikalschnitt Quelle: Dülfer (2001), S. 261 Das Kulturkonzept von Shalom Schwartz (1999) Drei bipolare Dimensionen repräsentieren alternative Lösungen für gesellschaftliche Schlüsselprobleme: Einbettung Autonomie Hierarchie Gleichheit Überlegenheit Harmonie 1. Die Dimensionen Einbettung -------------------- Autonomie Frage: Was sind die natürlichen Beziehungen zwischen dem Individuum und der Gruppe: In welchem Ausmaß sind Personen autonom ODER eingebettet? Antwort: 1. In eingebetteten Kulturen wird der Mensch als Entität wahrgenommen, die in die Gesamtheit eingebunden ist und die Bedeutung ihres Lebens in der Teilnahme an der Gruppe findet. 2. In autonomen Kulturen wird das Individuum als autonome, grenzte Entität wahrgenommen, die die Bedeutung ihres Lebens auf der Suche nach ihrer Einzigartigkeit findet. Hierarchie -------------------- Gleichheit Frage: Wie ist verantwortungsvolles Verhalten unter den Mitgliedern einer Gruppe zu garantieren, um den sozialen Motor am Laufen zu halten? Antwort: 1. Mit hierarchischen Kulturen. Die ungleiche Verteilung von Macht ist legitimiert. 2. Mit gleichen Kulturen. Die Menschen sehen sich selbst als moralisch gleich und haben durch ihre Sozialisation internali siert eine freiwillige Verpflichtung gegenüber anderen. Überlegenheit -------------------- Harmonie Frage: Wie reguliert man die Beziehungen zwischen Menschen und der sie umgebenden natürlichen Welt? Antwort: 1. Überlegenheit. Der Mensch wird ermutigt, die Natur zu bewältigen, zu verändern und auszubeuten. 2. Harmonie. Der Mensch wird ermutigt, seine natürliche Umwelt zu verstehen, sich zu ihr in Beziehung zu setzen und sich in sie zu integrieren. 2. Dynamische Beziehungen zwischen Kulturdimensionen 1. Einbettung und Hierarchie teilen ihre Ansicht vom sozialen Akteur (Individuum oder Gruppe), als Eingebetteten in eine Gesamtheit von voneinander abhängigen, gegenseitig verpflichteten Anderen. Einbettung betont die gegenseitige Abhängigkeit von Akteuren, um Dinge passieren zu lassen. Hierarchie betont die Abhängigkeit des Menchen von denen mit höherem oder niedrigerem Status, um die soziale Rolle auszufüllen. 2. Hierarchie und Überlegenheit teilen die Ansicht, dass eine ungleiche Zuteilung von Rollen und Ressourcen in einer Gesellschaft richtig und notwendig ist. In hierarchischen Kulturen rechtfertigt diese Ansicht die unterschiedliche Verteilung von Macht, Privilegien und Wohlstand als ein Mittel, die Beziehungen zwischen Personen mit verschiedenen Aspirationen zu regulieren. In überlegenen Kulturen rechtfertigt die Ansicht das Bemühen von Individuen und Gruppen, soziale und materielle Möglichkeiten auszuschöpfen und Ergebnisse abzuernten, die legitimierte Ungleichheit kreieren könnten. 3. Überlegene und autonome Kulturen teilen die Ansicht, dass es legitim und wünschenswert ist, den Status quo zu verändern. In autonomen Kulturen werden die Menschen ermutigt, ihre einzigartigen Ideen zu verfolgen und ihre persönlichen Interessen auszudrücken, während sie in überlegenen Kulturen dazu angehalten sind, nach persönlichen oder Gruppenbeziehungen zu streben. Überlegenheit ist im Besonderen mit affektiver Autonomie verbunden, da beide die Erwünschtheit von Anregung betonen. 4. Autonomie und Gleichheit verbindet die Ansicht, dass das Individuum das Zentrum der Gesellschaft ist. In autonomen Kulturen sollen die Individuen ihre Einzigartigkeit entwickeln. In Gleichheitskulturen wird das Individuum als ein autonomer Entscheidungsträger gesehen, der freiwillig zivile Rollen übernimmt. Gleichheit steht interkultureller Autonomie näher, da das freiwillige Engagement für das Wohlergehen andere v.a. auf einem intellektuellen Verständnis gegenseitiger menschlicher Abhängigkeit basiert. 5. Kulturen der Gleichheit und Harmonie teilen eine Gewichtung auf Kooperation. In Gleichheitskulturen wird vom Menschen verlangt, jeden anderen Menschen als moralisch gleichwertig anzuerkennen. In Kulturen, die Harmonie betonen, werden die Individuen dazu angehalten, sich zu ihrer sie umgebenden sozialen und natürlichen Umwelt auf solidarische und nicht-ausbeuterische Weise in Beziehung zu setzen. 6. Harmonie und Einbettung haben die Betonung von nachlassendem Wandel gemeinsam. In Harmoniekulturen wird besonders die Erhaltung des Friedens und die Erhaltung der Integrität der Umwelt betont. In Einbettungskulturen liegt der Fokus auf dem Bestehen-Bleiben des Status quo der sozialen Beziehungen und der Überlegenheit weniger. Quelle: Schwartz, S. H. (1999). Cultural value differences: Some implications for work. Applied Psychology: An International Journal, 48, 23-47. Kulturdimensionen nach Schwartz, 1994 1. Konservativismus: Das Individuum ist eingebunden in feste Gruppenbeziehungen 2. Intellektuelle und affektive Autonomie: Das Individuum bestimmt sich selbst 3. Hierarchie: Ungleiche Macht-, Einfluss- und Ressourcenverteilungen sind legitim 4. Mastery: Die aktive und engagierte Bewältigung von Zielen und Herausforderungen wird angestrebt 5. Egalitarismus: Die Überwindung eigennütziger Interessen zugunsten eines Einsatzes für die Bedürfnisse anderer 6. Harmonie: Das harmonische Sich-Einfügen des Individuums in sein Lebensumfeld Quelle: Schwartz, S. H. (1994) Beyond individualism/collectivism. New cultural dimensions of values. In U. Kim, H. C. Triandis, C. Kagitcibasi, S. Choi & G. Yoon (Eds.), Individualism and collectivism, theory, method and applications (pp. 85-119). Thousand Oaks: Sage. Theoretische Grundlagen interkulturellen Handelns Gliederung: 1. Theorie: Was? Wozu? 2. Kulturpsychologie, Kulturvergleichende Psychologie, Interkulturelle Psychologie 3. Interkulturelles Handeln - Das Kulturstandardkonzept - Nichts ist so praktisch wie eine gute Theorie. K. Lewin Prof. Dr. Siegfried Stumpf Prof. Dr. Siegfried Stumpf Prof. Dr. Siegfried Stumpf Cross-Cultural Psychology Völkerpsychologie Kulturvergleichende Psychologie Kulturpsychologie Kultur Interkulturelle Psychologie Kulturvergleichende Psychologie Kulturvergleichende Psychologie ist der Zweig der nomothetisch-positivistisch angesiedelten Allgemeinen Psychologie, der zu prüfen versucht, ob die gefundenen Gesetzmäßigkeiten psychischer Prozesse des Menschen universelle oder kulturspezifische Gültigkeit besitzen. Die Kulturvergleichende Psychologie definiert sich vorrangig als eine methodische Strategie zur Analyse kultureller Einflüsse auf psychische Prozesse, Entwicklungen und Manifestationen (Differenzierungsstudien). Sie versucht, Universalien hinter den kulturbedingten Oberflächenvariationen psychischer Strukturen und Funktionen aufzuspüren (Generalisierungsstudien). Sie sucht nach den universellen Wurzeln und dem gemeinsamen Kern kulturspezifischer Orientierungssysteme. Beispiel: Ist das räumliche Sehen (Tiefensehen, dreidimensionale Vorstellungswelt, optische Raumtäuschungen) bei Wüstenbewohnern genau so organisiert wie bei Urwaldbewohnern? Forscher Kultur 2 Kultur 1 Gibt es universelle psychische Prozesse / Funktionen? - Sprache - Religion - Rechtswesen - Wissenschaften: Medizin Jura Psychologie Ausprägungen - Leistungsmotivation (McClelland) - Intelligenzentwicklung (Piaget) - Moralentwicklung (Kohlberg) - Tiefen- / Bewegungswahrnehmung - Sprache - Religion - Rechtswesen - Wissenschaften: Medizin Jura Psychologie Experimentelle Methode Messen Vergleichen Identifizieren von Gesetzmäßigkeiten Ausprägungen Kulturpsychologie Kulturpsychologie ist eine Teildisziplin der Psychologie, die sich interpretativ-hermeneutisch mit dem Menschen als Natur- und Kulturwesen befasst. Sie analysiert das handelnde Individuum einerseits in seiner Interaktion mit und in einem bedeutungsvollen Kontext und andererseits bei seiner Konstruktion und Rekonstruktion kontextbezogener kognitiver und affektiver Schematisierungen. Die Kulturpsychologie versucht, menschliches Verhalten und Erleben sowie deren Resultate als psychologische Korrelate des kulturspezifischen Orientierungssystems zu verstehen. Dies geschieht auf vier verschiedenen Ebenen: 1. Phylogenetische Entwicklungsebene: Hier stellt sich die Frage nach der wechselseitigen Bedingung kultureller Errungenschaften wie Sprache, Schrift, Werkzeuggebrauch usw. und struktureller Veränderungen der menschlichen Anpassungsfähigkeit im psychischen Bereich, z.B. Nomaden-, Land-, Stadtbevölkerung. 2. Aktualgenetische Ebene: Hier stellt sich die Frage nach der situativen Einbettung von Zielbildungsprozessen, Mittelauswahl, Handlungsregulation und der Verarbeitung von Handlungsergebnissen. 3. Ontogenetische Ebene: Hier stellt sich die Frage, wie die kognitive und affektive Schematisierung von Handlungserfahrungen als Grundlage der Entwicklung individueller Handlungsfähigkeit im Verlauf der Ontogenese konstruiert wird, z.B. Mutter-Kind-Bindungsverhalten. 4. Historiogenetische Ebene: Hier stellt sich die Frage nach der Wechselbeziehung zwischen psychischer Entwicklung und kulturellem Wandel, z.B. Wertewandel, Wandel von Menschen- und Weltbildern über längere Zeiträume. Kulturpsychologie Kultur 1 Kultur 2 Forschungsfragen: ¾ Arbeitsmotivation ¾ Geschlechterrollenverhalten ¾ Familienhierarchie Verstehen ¾ Krankheit Hermeneutik ¾ Sprache / Kommunikation Interkulturelle Psychologie Die Interkulturelle Psychologie befasst sich mit der Analyse psychischer Prozesse, ihren Bedingungen, Vollzügen und Resultaten beim Aufeinandertreffen von Menschen aus verschiedenen Kulturen. Sie fasst Kultur auf als ein Bedeutungs- und Symbolsystem, das einen sinnhaft strukturierten Bereich des „Eigenen“ ausbildet, aus dem der Handelnde Orientierung gewinnen kann. Daraus bildet sich aber gleichzeitig auch ein Bereich des „Fremden“ aus, insbesondere in der Begegnung mit Menschen aus anderen Kulturen, was Desorientierung auslösen kann. Die mehr grundlagenwissenschaftlich orientierte Interkulturelle Psychologie analysiert die psychischen Bedingungen, Verlaufsprozesse und Wirkungen des Aufeinandertreffens kulturspezifischer Orientierungssysteme in der interpersonalen Begegnung. Die mehr anwendungswissenschaftlich orientierte Interkulturelle Psychologie konzentriert sich auf die Analyse der Schwierigkeiten, die an der Schnittstelle zwischen Eigenem und Fremdem in der Interaktion zwischen Menschen unterschiedlicher Kulturen entstehen sowie die Entwicklung und Überprüfung geeigneter Problemlösungsmethoden. Sie unterstellt dabei, dass in kulturellen Überschneidungssituationen über den Prozess der Selbstreflexivität eigenkulturelle Werte, Normen und Kulturstandards bewusst werden, fremdkulturelle erkannt werden und über eine gegenseitige Wertschätzung kultureller Unterschiede eine Synthese oder sogar Formen von Synergie zwischen den Kulturen entwickelt werden können Interkulturelle Psychologie Kultur 1 soziale Kontexte sozialer Kontext Verstehen Optimieren Kultur 2 Person 1 Person 2 Gruppe 1 Gruppe 2 Forscher 1 Forscher 2 soziale Kontexte sozialer Kontext - Akkulturation - kulturelle Identität - Kommunikation - Verstehen Definition von Kulturstandards 1. Kulturstandards sind Arten des Wahrnehmens, Denkens, Wertens und Handelns, die von der Mehrzahl der Mitglieder einer bestimmten Kultur für sich und andere als normal, typisch und verbindlich angesehen werden. 2. Eigenes und fremdes Verhalten wird aufgrund dieser zentralen Kulturstandards beurteilt und reguliert. 3. Zentrale Kulturstandards regulieren weite Bereiche des Denkens, Wertens und Handelns, wohingegen periphere Kulturstandards nur für bestimmte Situationen bzw. Personengruppen Regelfunktion besitzen. 4. Die individuelle und gruppenspezifische Art und Weise des Umgangs mit zentralen Kulturstandards zur Verhaltensregulation kann innerhalb eines gewissen Toleranzbereichs variieren. 5. Verhaltensweisen, die sich außerhalb der bereichsspezifischen Grenzen bewegen, werden von der sozialen Umwelt abgelehnt und sanktioniert. 6. Zentrale Kulturstandards wandeln sich unter veränderten Lebensbedingungen nur sehr langsam. Periphere Kulturstandards unterliegen einem schnelleren Wandel. Deutsche Kulturstandards 1. Sachorientierung 2. Regelorientierung 3. Direktheit / Wahrhaftigkeit 4. Interpersonale Distanzdifferenzierung 5. Internalisierte Kontrolle 6. Zeitplanung Chinesische Kulturstandards aus deutscher Sicht 1. Soziale Harmonie 2. Gesicht 3. Guanxi (Soziales Beziehungsnetz) 4. Etikette 5. Danwei (Lebens- und Arbeitseinheit) 6. Hierarchie 7. Bürokratie 8. List, Taktieren U.S.-amerikanische Kulturstandards aus dt. Sicht 1. Individualismus 2. Leistungsorientierung 3. Chancengleichheit 4. Handlungsorientierung 5. Interpersonale Zugänglichkeit 6. Intrapersonale Reserviertheit 7. Soziale Anerkennung 8. Gelassenheit 9. Zukunftsorientierung 10. Funktionales Besitzverständnis 11. Zwischengeschlechtliches Begegnungsritual („dating“) 12. Naturbeherrschung 13. Mobilität 14. Patriotismus In dem Buch von Sylvia Schroll-Machl & Ivan Novy mit dem bezeichnenden Titel "Perfekt geplant oder genial improvisiert?: Kulturunterschiede in der deutsch-tschechischen Zusammenarbeit" werden folgende Kulturstandardpaare vergleichend betrachtet: CZ D 1. Personbezug Sachbezug 2. Abwertung von Strukturen Aufwertung von Strukturen 3. Simultanität Konsekutivität 4. Personorientierte Kontrolle Regelorientierte Kontrolle 5. Diffusion von Persönlichkeits- und Lebensbereichen Trennung von Persönlichkeits- und Lebensbereichen 6. Starker Kontext Schwacher Kontext 7. Konfliktvermeidung Konfliktkonfrontation 8. Schwankende Selbstsicherheit Stabile Selbstsicherheit Soziale Identität: Kategorisierung, Stereotypisierung, Vorurteile Studenten arbeiten nicht, sind faul und auch noch arrogant. Sie wissen immer alles besser. Gliederung: 1. Stereotype und Vorurteile 2. Funktion von Vorurteilen 3. Soziale Identität 4. Abbau von Vorurteilen Bei Psychologen, na da weiß man doch nicht so richtig, was die eigentlich tun, und man hat immer so das Gefühl, sie durchschauen einen. Generelle Definition von Vorurteil Die Verwendung des Begriffs “Vorurteil“ 1. Vorurteil ist ein: - Einstellungs- und Beurteilungsmuster - für soziale Sachverhalte. 2. Vorurteil besteht aus einem: - vorgefassten - emotional gefärbten und - meist negativ konotierten Urteil. 3. Das Urteil wird als: - allgemeingültig und - wahrhaftig erwartet und - generalisiert. 4. Das Urteil ist durch: - Erfahrungen und Informationen - nur schwer veränderbar. 5. Vorurteil wird im Sinne eines Vorausverständnisses definiert, das auf: - unzureichenden Kenntnissen oder Erfahrungen beruht und - dessen Unzulänglichkeit nicht in Frage gestellt wird. im alltäglichen Sprachgebrauch 1. Explizite, offene Verwendung des Begriffs "Vorurteil": Ein Vorurteil zeigt sich in der Anmaßung des Uninformierten, sich über Personen und Objekte sachkundig und informiert zu äußern. Vorurteile sind falsche, einseitige, negative Urteile, an denen, oft gegen bessere Einsicht, aus Bequemlichkeit fest-gehalten wird. Vorurteile müssen abgebaut werden und wahren, richtigen und gerechten Urteilen Platz machen. Ein aufgeklärter, rational denkender, gebildeter und zur geistigen Elite gehörender Mensch hat keine Vorurteile. 2. Implizite, verdeckte Verwendung des Begriffs „Vorurteil“: Wer über Vorurteile redet, sie aufdeckt und ihre Bekämpfung fordert, zeigt damit, dass er sie bereits überwunden hat. Er erweist sich als vorurteilsfrei, sachkundig und gerecht urteilend. Vorurteil im Kontext von Einstellung, Stereotyp und Abb. 1: Vorurteil im Kontext von Einstellung, Stereotyp und sozialem Verhalten sozialem Verhalten (1) Orientierungsfunktion: Vorurteile ermöglichen eine schnelle und präzise Orientierung in einer komplexen sozialen Umwelt. Personen und Objekte lassen sich leicht kategorisieren und bewerten. Man weiß schnell, woran man ist. Soziale Einstellung Kognition Emotion Verhalten (2) Anpassungsfunktion: Vorurteile ermöglichen eine schnelle Anpassung an die jeweiligen (sozialen) Lebensbedingungen, z. B. die vorherrschende Meinung, Wert- und Normvorstellungen und Handlungsregeln. Mit Hilfe von Vorurteilen erreicht man so ein hohes Maß an „Belohnungen“ (z. B. soziale Zuwendung) und eine Minimierung von „Bestrafungen“ (z.B. Beschimpfungen, als Außenseiter abgestempelt werden). Vorurteil (3) Abwehrfunktion: Vorurteile dienen dem Erhalt eines positiven Selbstbildes und der Ab-wehr von Schuldgefühlen, innerpsychischen Konflikten und von Selbstkritik. Vorurteile er-möglichen die Abwertung, Abwehr und Diskriminierung von Personen und Gruppen mit der Folge positiver Selbsteinschätzung. Stereotyp typisiertes Wissen Ausländer sind: - faul, dreckig - ungebildet - auf leichtes Geldverdienen aus - Kriminelle Aufsteiger sind: - aggressiv - rücksichtslos - Schleimer - wetterwendig - unehrlich - strebsam - erfolgreich typisierte Gefühlsreaktionen Zentrale Funktionen von Vorurteilen typisierte Verhaltensreaktionen bezüglich Ausländern: - Ablehnung - Exotik-Faszination - Mitleid - Verlegenheit Im Umgang mit Ausländern: - Aus dem Wege gehen - Beschimpfen - Aggressionen - sich nicht bedienen lassen - keine Wohnung vermieten bezüglich Aufsteigern: - Bewunderung und Ablehnung - eigene Überlegenheit - Neid - Verachtung Im Umgang mit Aufsteigern: - keine Unterhaltung - nützliche Kontakte pflegen - Zynismus - zum Vorbild nehmen (4) Selbstdarstellungsfunktion: Vorurteile, die sozial geteilte oder sogar sozial erwünschte Eigenschaften beinhalten, dienen der Selbstdarstellung vor der sozialen Umwelt und der Ausbildung eines positiven Eindrucks gegenüber anderen Personen. (5) Abgrenzungs- und Identitätsfunktion: Vorurteile, die man mit anderen Personen teilt, fördern das Gefühl der Zusammengehörigkeit und gegenseitigen Sympathie. Sie erlauben eine klare Abgrenzung gegenüber negativ bewerteten Außengruppen und ermöglichen einen hohen Grad an Distinktheit. (6) Steuerungs- und Rechtfertigungsfunktion: Vorurteile dienen der Verhaltenssteuerung gegenüber bestimmten Personen, Objekten und Sachverhalten. Mit Hilfe von Vorurteilen lassen sich eigene Verhaltensweisen nachträglich dadurch rechtfertigen, dass man seine vorurteilsbehafteten sozialen Einstellungen dem ausgeführten Verhalten anpasst. All dies spielt sich im Individuum ab und hat für das individuelle Verhalten Bedeutung. Diese Perspektive muss aber auf Gruppen erweitert werden, was in der Theorie der sozialen Identität geleistet wird. Die Annahmen der SIT nach TAJFEL & TURNER (1979) sowie TAJFEL (1982) 1. Es besteht ein Bedürfnis nach positiver Selbstbewertung. 2. Um eine positive Identität herzustellen bzw. zu erhalten, werden soziale Vergleiche zwischen der eigenen Gruppe und fremden Gruppen durchgeführt. 3. Die subjektive Zugehörigkeit zu einer Gruppe (Selbstkategorisierung) erlaubt eine Ableitung positiver oder negativer Bewertungen der eigenen sozialen Identität in Abhängigkeit von der relativen Bewertung dieser (Bezugs)Gruppe in der Gesellschaft. 4. Die grundsätzliche wahrnehmungspsychologische Tendenz zur Reizklassifikation und insbesondere der „Interklasseneffekt“ führt zur sozialen Kategorisierung menschlicher Gruppen. Die Mitglieder anderer Gruppen werden als sehr viel andersartiger eingeschätzt und entsprechend distanzierter behandelt als die Angehörigen der eigenen Gruppe. 5. Das Streben nach positiver Distinktheit umschreibt das Bemühen, die eigene Person bzw. Gruppe positiv von anderen Vergleichsgruppen abzuheben. Um positive soziale Distinktheit herzustellen, wählen Gruppenmitglieder Strategien, die das Ziel haben, die Eigengruppe in günstiger Weise von der Fremdgruppe unterscheiden zu können. Identitätskonflikte (nach Tajfel) individuell gruppen- determiniertes Verhalten typisches Verhalten Eigengruppenmitglieder hohe interindividuelle Fremdgruppenmitglieder (z. B. Ausländer) hohe Gleichförmig- im Verhalten und in Einstellungen Variabilität Eigengruppenmitglieder - Individualität - Persönlichkeit - Identifikation keit Fremdgruppenmitglieder (z. B. Ausländer) - Stereotypisierung - Stigmatisierung - Depersonalisierung Literatur zur Vorurteilen: • Mummendey, A. & Otten, S. (2002)2. Theorien intergruppalen Verhaltens. In D. Frey & M. Irle (Hrsg.), Theorien der Sozialpsychologie, Bd. II (S. 95-199). Bern: Huber. • Finke, S. T. (1998). Stereotyping, Prejudice, and Discrimination. In D. T. Gilbert, S. T. Finke & G. Lindzey (Eds.), The Handbook of Social Psychology, Vol. 2 (pp. 357-414). Oxford. The McGraw-Hill Comp. Abbau von Vorurteilen gegenüber Fremden 1. Soziale und institutionelle Unterstützung: • Autoritäten fördern intensiven Kontakt. • Regeln und Gesetze verstärken Verhaltensroutinen in Richtung des Abbaus von Vorurteilen. • Förderung der Entwicklung und Festigung eines toleranten sozialen Klimas. 2. Schaffung von Kontaktmöglichkeiten: Kontakte fördern soziale Nähe. Soziale Nähe fördert Ähnlichkeit. Ähnlichkeit fördert Gemeinsamkeit. Gemeinsamkeit fördert differenzierte gegenseitige Kenntnisse. Gemeinsamkeiten und gegenseitige Kenntnisse fördern Sympathie. Sympathie fördert Kontaktbedürfnisse. usw. 3. Gleicher sozialer Status: Vermeidung asymmetrischer Kontingenzen. 4. Kooperation: • Hochbewertete Ziele können nur durch Zusammenarbeit erreicht werden. • Kooperation führt zum Erfolg. • Gemeinsamer Erfolg verstärkt soziale Bindungen. 5. 6. 7. Deutsche (D) 1 Eindeutige Kategorisierung: D 2 Statt die Intergruppen-Differenzierung zu unterdrücken oder einfach zu negeren, also „Farbenblindheit“ zu produzieren, sollte sie im Sinne wechselseitiger Verschiedenheit thematisiert werden. Zugleich sollte eine gegenseitige Rollenübernahme erfolgen. Zudem sollten über das Anstreben gemeinsamer Ziele die üblichen Diskriminierungsprozesse sowie die Vorurteile stärkenden Intentionen begrenzt und unter Kontrolle gehalten werden. A A D Überlappende Kategorisierung: D A Nationalität Kooperative Lerngruppe: • Gemeinsame Lernziele. • Zielerreichung nur mit und durch die Gruppenmitglieder. Modelle des Intergruppenkontakts zum Vorurteilsabbau: • Aufweichen der Gruppengrenzen; Dekategorisierungsmaßnahmen einleiten; Gruppenkontakte personalisieren (Brewer & Miller, 1984). • Einführung einer 3. Kategorie als Oberkategorie über die Eigen- und Fremdgruppenkategorisierung (Gaertner et al., 1993). • Repräsentanten der Fremdgruppe und der Eigengruppe treten miteinander in Kontakt. Falls dieser Kontakt positiv verläuft, besteht die Chance, dass der Repräsentant der Fremdgruppe als typischer Vertreter der ganzen Gruppe angesehen wird und so auch die Fremdgruppenmitglieder, obwohl keine Erfahrung mit ihnen gemacht wurden, auch positiv bewertet werden (Hewstone & Brown, 1986). Amerikaner (A) A, D, A, ... 3 D, D, AA ... politisches Engagement Information über Meinungs- und Einstellungsunterschiede: D A Nationalität d, a, d a, a, d, a d = in Deutschland verbreitete Ansichten a = in Amerika verbreitete Ansichten Bedingungen für positive Effekte des sozialen Kontakts zwischen vorurteilsbehafteten Personen und Gruppen Sozialpsychologische Konzeptualisierung von Vorurteilen und Möglichkeiten ihrer Beeinflussung 1. Persönlichkeitstheoretische Konzepte a) Statusähnlichkeit b) Zielkonvergenz c) Kooperative Atmosphäre (Teambewusstsein) Vorurteile werden als Symptome spezifischer Persönlichkeitsstrukturen und psychodynamischer Mechanismen der intrapersonalen Konfliktregelung aufgefasst, die sich in einer extremen Abwertung anderer Personen bis hin zu aggressivem Verhalten ausdrückt. d) Ungezwungenheit der Interaktionssituation e) Unterstützung des Kontakts zwischen vorurteilsbehafteten Personen und Gruppen durch einen kontaktfördernden sozialen Kontext, z.B. gesellschaftliche Werte, Normen, Überzeugungen f) Gemeinsamkeiten in bedeutsamen Verhaltensdimensionen Maßnahmen zum Abbau von Vorurteilen: a) Diagnose und Reflexion der individuellen Bedürfnislage b) Stärkung des Selbstwertgefühls c) Gewährleistung von Möglichkeiten, eigene negative Gefühle unter kontrollierten Bedingungen auszudrücken. d) Gruppendiskussionen mit dem Ziel, verschiedenen Ansichten zu den vorurteilsbehafteten Einstellungen auszudrücken und so erfahrbar zu machen. e) Selbsterfahrung, verbunden mit Erfahrung von Problemund Bedürfnisähnlichkeiten bei „relevanten Anderen“ f) Förderung persönlichen Engagements gegen Diskriminierung g) Vermittlung von Einsichten in Wahrnehmungs- und Urteilsverzerrungen 3. Einstellungstheoretische Konzepte 2. Kognitionstheoretische Konzepte Vorurteile werden als nützliche und durchaus normale Erscheinungen in der alltäglichen Kognition sowie bei der Aufnahme und Verarbeitung von Informationen im sozialen Kontext aufgefasst. Sie schützen vor „kognitivem Chaos“, reduzieren die Umweltkomplexität und erleichtern die Orientierung in einer komplexen Umwelt. Maßnahmen zum Abbau von Vorurteilen: a) Kognitive Trainings zur Wahrnehmungs- und Urteilsdifferenzierung b) Beeinflussung der Informationsverarbeitungsprozesse, die zu vorurteilsbehafteten Einstellungen führen c) Förderung kognitiver Kompetenz d) Reflexion sozial funktionaler Grundlagen von Vorurteilen e) Verstärkung einer sozial-kognitiven Orientierung Vorurteile sind negativ wertende, generalisierende und besonders änderungsresistente „Sonderfälle“ sozialer Einstellungen. Maßnahmen zum Abbau von Vorurteilen: a) Anwendung bekannter Strategien der Einstellungsänderung, z.B. Kommunikation und Argumentation mit dem Ziel, den Vorurteilsträger zu überzeugen b) Massenmediale Kommunikation c) Gezielte Vermittlung von Informationen über die Vorurteilsobjekte und die Funktionsweise von Vorurteilen bei der eigenen Person d) Ähnlichkeiten zwischen Vorurteilsträgern und Vorurteilsobjekten bewusst machen e) Inkonsistenzerlebnisse zwischen Vorurteil und Verhalten des Vorurteilssubjekts bewirken f) Überzeugen durch Argumente g) Überreden durch Appelle h) Erzeugung einer Motivation zur Aufnahme und adäquaten Verarbeitung der vermittelten sachlichen Informationen und überzeugende Argumente i) Schaffung einer aktiven Rolle des Vorurteilsträgers bei der Informationsaufnahme und Informationsverarbeitung j) Forcierung einstellungsdiskrepanten bzw. einstellungskonträren Verhaltens mit dem Ziel, eine Spannungsreduktion durch Anpassung der Einstellung an das ausgeführte Verhalten herbeizuführen, z.B. Sammlung zur Unterstützung bedürftiger Asylanten k) Einsatz adäquater Verstärker bei Äußerungen und Handlungen in Richtung der zu bewirkenden Einstellung l) Änderung des Einstellungs- und Vorurteilskontextes durch Veränderung von normativen Bindungen, z.B. Kontaktherstellung zu Vorurteilsobjekten Maßnahmen zum Abbau von Vorurteilen: 4. Lerntheoretische Konzepte Unter lerntheoretischer Perspektive werden Vorurteile und Diskriminierungen als erlernte Bewertungs- und Verhaltensmuster interpretiert. 1) Veränderungen des sozio-ökonomischen, kulturellen und normativen Kontextes, in dem Gruppenbeziehungen entstehen und bedeutsam werden 2) Förderung der Fähigkeit zur Selbstreflexion Maßnahmen zum Abbau von Vorurteilen: a) Konditionierungstechniken zur Modifikation negativer Bewertungs- und Verhaltensmuster b) Demonstration „vorurteilsfreier Modelle“ mit dem Ziel der Nachahmung 3) Abschwächung der ursprünglichen Kategorisierung in Eigen- und Fremdgruppe 4) „Individualisierung“ von Kognitionen und Verhaltensweisen bei der Beurteilung von Fremdgruppenmitgliedern 5) Abbau von Homogenisierungstendenzen gegenüber Fremdgruppen 5. Sozial-kognitive Intergruppen-Konzepte Nach diesen Konzepten sind Vorurteile soziale Symptome bestimmter sozialpsychologischer Strukturen der Intergruppenbeziehungen. 6) Einführung alternativer Vergleichsdimensionen zur Erreichung einer positiv bewerteten Unterscheidung zwischen Eigen- und Fremdgruppe 7) Schaffung „überlappender“ Kategorisierungen Grundbedingungen interkulturellen Lernens durch internationale Schülerbegegnungen 1. Programmplanung Akzeptanz / Attraktivität / Pädagogische Verantwortung 2. Gastlandbezogene Vorbereitung – Das Programm – Die beteiligten Personen – Die involvierten Kulturen – Die kulturtypischen Auffälligkeiten (dargestellt an Beispielen, die den Start erleichtern können: z.B. Begrüßungsritual, Kommunikationsbeginn, Höflichkeitsfloskeln) 3. Entwicklungsgemäße Programmgestaltung – Interessen, Motive, Leistungsvoraussetzungen berücksichtigen – Peergrouporientierung – Gemeinsame und hoch attraktive Themen, handlungs- und Erlebnisfelder ermöglichen 4. Selbstgesteuertes Lernen – Beteiligung der Schüler an der Programmgestaltung – Gestaltungs- und Erfahrungsräume schaffen – Eigeninitiative anregen und fördern 5. Reflexion – Rückmeldung über Lernerfolge – Fremdes im Vergleich mit dem Eigenen reflektieren – Anregungen und Hilfestellung zur kognitiv-emotionalen Verarbeitung von Fremdheit – Hintergründe der vordergründigen Fremdheitserfahrung thematisieren – Gemeinsamkeiten und Konvergenzen erkennen: Kompatibilitäten und Inkompatibilitäten reflektieren lernen 6. Nachbereitung der interkulturellen Erfahrungen – Eigenkulturelle Besonderheiten im Spiegel der fremdkulturellen Erfahrungen reflektieren – Akzeptanz und Wertschätzung vielfältiger kultureller Formen der Lebensbewältigung anregen – Interkulturellen Perspektivenwechsel fördern – Interkulturelle Transferleistung