P 150 Einfluss von Umfeld und Lebenswandel auf das Auftreten und den Verlauf einer Amyotrophen Lateralsklerose Sonja Körner1, Johanna Kammeyer2, Antonia Zapf3, Susanne Petri1 1Medizinische Hochschule Hannover, Klinik für Neurologie, Hannover 2Medizinische Hochschule Hannover, Hannover 3Universität Göttingen, Göttingen Hintergrund: Die amyotrophe Lateralsklerose (ALS) ist eine neurodegenerative Erkrankung mit kombinierter Affektion des ersten und zweiten Motoneuron. Die Erkrankung ist bisher bei einer Lebenserwartung von durchschnittlich 3-5 Jahren unheilbar und führt meist durch eine Mitbeteiligung der Atemmuskulatur zum Tod. Die Pathogenese der Amyotrophen Lateralsklerose ist bis heute nicht vollständig geklärt, vermutet wird eine multifaktorielle Ätiologie. Der Phänotyp der ALS-Patienten unterscheidet sich hinsichtlich der betroffenen Körperregionen, der Beteiligung des ersten und zweiten Motoneurons, der Progredienz oder der Ausprägung zusätzlich vorliegender Symptome wie bspw. einer Demenz zum Teil erheblich. Verschiedene Studien haben außerdem gezeigt, dass bestimmte Komorbiditäten bei ALS-Patienten im Vergleich zur Normalbevölkerung in veränderter Häufigkeit vorliegen und möglicherweise auch Einfluss auf den Krankheitsverlauf haben können. Ziele und Fragestellung: Ziel der vorliegenden Untersuchung war es zu untersuchen ob bestimmte Faktoren des Umfelds und des Lebenswandels von ALS-Patienten Einfluss auf den Krankheitsausbruch und -progress nehmen können. Methoden: 117 ALS-Patienten wurden mit 93 Kontrollprobanden hinsichtlich ihres Lebenswandels betreffend körperliche Aktivität, spezielle Diät, Rauchen, Lebensumfeld (Stadt und Herkunft), toxische Einflüsse und Beruf vor und während der Erkrankung verglichen. Bei manchen Parametern wurden auch Daten zur deutschen Bevölkerung vom statistischen Bundesamt zum Vergleich hinzugezogen. Zudem wurden Untergruppen bestimmter Phänotypen von ALS-Patienten auf Unterschiede bei den genannten Parametern untersucht. Außerdem wurde der Einfluss dieser Faktoren auf den Krankheitsverlauf analysiert. Ergebnisse: Die ALS-Patienten unterschieden sich hinsichtlich ihres Ernährungs-und Rauchverhaltens nicht von den Kontrollprobanden. Das Vorkommen spezieller Ernährungsformen oder bestimmter toxischer Einflüsse war in beiden Gruppen nur vereinzelt vorhanden, so dass hier keine statistisch relevanten Unterschiede identifiziert werden konnten. Auch das Ausmaß an Sport oder körperlicher Belastung im Beruf war bei ALS-Patienten und Kontrollprobanden nicht signifikant unterschiedlich. Betreffend des Lebensumfeldes und des Bildungsgrades war ein Vergleich der Gruppen durch einen gehäuften Einschluss von Kontrollprobanden aus dem Umfeld von Hannover nur eingeschränkt verwertbar. Ein Vergleich mit Angaben des statistischen Bundesamtes zeigt in den meisten Altersgruppen einen erhöhten Akademikeranteil bei den ALS-Patienten, jedoch nicht bei den Frauen. Die Untersuchung innerhalb der ALS-Patientengruppe ergab bei den Patienten mit primär bulbären Beginn der Erkrankung einen deutlich höheren Anteil im städtischen Umfeld Geborener als bei den Patienten mit primär spinalem Beginn. Auf die Geschwindigkeit des Erkrankungsverlaufs hatte weder das Sportverhalten noch das Ausmaß an körperlicher Belastung im Beruf einen Einfluss. Auch Rauch- und Ernährungsverhalten sowie Wohn-oder Geburtsumfeld und Bildungsgrad hatten keinen Einfluss auf die Krankheitsprogression. Der Beginn mit einer bulbären Symptomatik und Rechtshändigkeit war mit einem rascheren Krankheitsverlauf verbunden. Schlussfolgerungen: In der vorliegenden Untersuchung konnte kein Parameter aus dem Bereich des Ess- und Rauchverhaltens, Sport und körperliche Belastung im Beruf sowie Herkunft und Wohnort als Risikofaktor oder auch protektiver Faktor für das Auftreten einer ALS identifiziert werden. Auch das vermehrte Vorliegen bestimmter toxischer Einflüsse konnte in dieser ALS-Population nicht gefunden werden. Die Geschwindigkeit des Erkrankungsverlaufs wurde ebenfalls durch keinen der genannten Faktoren beeinflusst. Weitere größere Studien sind notwendig um diese Ergebnisse zu verifizieren.