Artigianfidi Ferrara - Italien

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Ein lokales Netzwerk für Bürgschaften: Artigianfidi Ferrara - Italien
Ein lokales Netzwerk für Bürgschaften: Artigianfidi Ferrara - Italien 1
(Holger Kuhle, Germany)
Beschreibung der Herangehensweise (Ziele, Durchführung, Budget usw.)
Artigianfidi Ferrara ist ein interessantes Beispiel für ein entwicklungsorientiertes
Kapitalbürgschaftsprogramm für Unternehmen aller Art und zeigt zum die effektive Lobby-Arbeit von
KMU.
Artigianfidi Ferrara, 1972 gegründet, ist eine Genossenschaft mit 5.600 Mitgliedern, die in
Funktion eines kollektiven Bürgschaftsfonds Darlehen und Kredite an bereits bestehende und neue
KMU im Handwerk und Gewerbe in der Provinz Ferrara (Italien) vergibt. Dies ist ein lobenswertes
Beispiel dafür, wie Bürgschaften in engem Zusammenspiel mit geschäftlichen Erfordernissen
innerhalb einer lokalen Einheit des landesweiten Netzwerkes CONFIDI funktionieren können. Der
kollektive Bürgschaftsfonds CONFIDI wird entweder von den örtlichen Handwerkskammern und
Firmenkonsortien (Conzorzi) oder von Verbänden (Co-operative Artigiane di Garanzia) umgesetzt.
Dabei treten örtliche Unternehmen als Vertrauensgaranten (Fidi) für die Kapitaleinlagen ein.
Artigianfidi Ferrara wurde gegründet um die Dienstleistungen und Finanzierungsangebote für
KMU des Hand- und Kunsthandwerks leichter zugänglich zu machen und um die Interessen der
Mitgliedsunternehmen vor allem Banken gegenüber zu vertreten. Die Höhe der Bürgschaft bewegt
sich zwischen 50% und 80% des gewährten Kredits, und darüber entscheidet ein kompetenter
Ausschuss von Mitgliedern von Fall zu Fall. Artigianfidi Ferrara hat sich mit anderen Konföderationen
der Region zusammengetan, um ein Netzwerk mit den Namen Artigiancredit Emilia Romagna zu
bilden, welches 120.000 Hand- und Kunsthandwerksunternehmen umfasst. Dieses regionale
Netzwerk wiederum ist zusammen mit Verbänden aus anderen Regionen Mitglied der Confederazione
Nazionale del Artigiano, dem nationalen Netzwerk von Handwerksbetrieben, geworden.
Die Mitgliedschaft in regionalen und nationalen Netzwerken hat es Artigianfidi Ferrara ermöglicht
die angebotenen Finanzdienstleistungen auszuweiten. Für den Zeitraum 1999-2003 belief sich die
aktive Rückverbürgung von Artiginfidi Ferrara auf EUR 47 Mio. bei insgesamt 778 Bürgschaften
innerhalb der Provinz Ferrara.
Artigianfidi Ferrara handelt mit den Banken Verträge aus, die den Mitgliedsorganisationen der
Konföderation günstigere Konditionen einräumen, bis hin zu Änderungen in der Kontoführung.
Artigianfidi Ferrara hilft den Unternehmen, indem sie ihnen die Bürde bürokratischer und
zeitaufwendiger Gespräche mit der Bank abnimmt. Dank ihrer Mitglieder verfügt Artigianfidi Ferrara
über eine Verhandlungsstärke, die ein einzelner Unternehmer niemals aufbringen könnte. Artigianfidi
Ferrara ist so Bürgschaftsgeber und Lobbyist in einem.
Die Vorteile, die Artigianfidi Ferrara bietet sind klar erkennbar:
•
Erstens: Die Unternehmen können dank der Bürgschaften überhaupt erst Darlehen erhalten;
•
Zweitens: Kredit und Finanzierung werden verbilligt;
•
Drittens: Dem Unternehmen wird eine Lobby-Gruppe beigestellt.
Der Bürgschaftsmechanismus ist für beide untersuchten Landkreise und Bundesländer von
Interesse, weil die rückverbürgten Mittel der Europäischen Investitionsbank auch einen
Revolvingfonds einschließen, wodurch die Belastung für die Regionalentwicklung und die Hausbanken
verringert wird.
1
Abgedruckt im Diskussionspapier „Unternehmertum in den Landkreisen Uckermark (Brandenburg) und
Parchim (Mecklenburg-Vorpommern)“, in: OECD LEED Local Entrepreneurship Series, Oktober 2006.
Ein lokales Netzwerk für Bürgschaften: Artigianfidi Ferrara - Italien
Warum ist der Ansatz für Ostdeutschland relevant?
Die oftmals schwache Position von KMU gegenüber Banken hat Auswirkungen darauf, ob
Unternehmen überhaupt einen Kredit erhalten und wenn dies geschieht, zu welchen Kreditkosten. Die
schwache Position der Unternehmen muss überwunden werden. Das kann jedoch nicht allein durch
die Stärkung der betreffenden Unternehmen erreicht werden, z.B. mit Hilfe von
Weiterbildungsmaßnahmen. Es wird auch nicht genügen, sich auf sog. Programme zur Stärkung der
Finanzierungsreife zu verlassen, d. h. Unternehmen für die Bedingungen fit zu machen, die in der
Finanzwirtschaft herrschen. Vielmehr ist es äußerst wichtig, dass die Unternehmen eine gemeinsame
Stimme innerhalb eines Netzwerkes finden, um ihre Belange gegenüber der Finanzwirtschaft zu
artikulieren. Dies wird nicht bedeuten, dass die Firmen ein ‚Fitnessprogramm’ durchlaufen, bis sie den
Erfordernissen der Finanzwirtschaft und den ihr innewohnenden Gewinngesetzen gerecht werden.
Vielmehr ist anzunehmen, dass die Banken selbst sich den historisch bedingten Eigenschaften von
Unternehmen in einem gegebenen Gebiet anpassen werden.
Angesichts der spezifisch ostdeutschen Bedingungen (wenige oder keine Sicherheiten sowie
Märkte, die anfänglich noch begrenzt sind) werden die Unternehmen mittelfristig nicht in der Lage
sein, sich maßgerecht den Anforderungen der Finanzwirtschaft anzupassen, die unter sehr anderen,
spezifisch nicht ostdeutschen Verhältnissen entstanden sind. Eine mehrere Faktoren sind hier im Spiel
einschließlich der Regulierung von Banken. Diese machen es erforderlich, dass Unternehmen einer
standardisierten Bewertungsmethode unterliegen und Regelungen gelten, nach denen
Finanzinstitutionen gegründet werden oder alternative Kreditgeber am Markt zugelassen werden, der
zwischen Sparkassen, Genossenschaftsbanken und Privatbanken aufgeteilt ist. Letzteres soll
besagen, dass man von der Annahme ausgehen kann, dass die Banken ihren vorhandenen
Marktanteil in den untersuchten Gebieten verteidigen und auch vergrößern möchten. Artigianfidi
Ferrara ist somit ein nachahmenswürdiges Beispiel.
Ähnlichkeiten werden auch erkennbar in dem Kontext, in welchem sich Artigianfidi Ferrara
bewegt. Die Wirtschaft der Provinz Ferrara in der Region Emilia Romagna ist durch eine Vielzahl
kleiner und sehr kleiner Produktionseinheiten und eine hohe Ausfallquote bei neuen Unternehmen
gekennzeichnet. Artigianfidi Ferrara wurde in einem regionalen Kontext geschaffen, wo Geld teuer ist
und Kreditsuchende nicht die erforderlichen Sicherheiten bieten können. Die Banken rechtfertigen
diese Praxis, indem sie dem hohen Anlagerisiko und dem Fehlen von Banksicherheiten die Schuld
geben.
Gründe für den Erfolg des Ansatzes
Der entscheidende Grund für den Erfolg von Artigianfidi Ferrara kann in der lokalen Ausrichtung
gesehen werden. Gerade auf der lokalen Ebene ist es hilfreich, eine starke unternehmerische
Beziehungskultur aufzubauen, die über eine breite kommerzielle Basis verfügt und sich der Aufgabe
annimmt, die Möglichkeiten für den Zugang zu Kredit- und Bürgschaftsprogrammen zu vergrößern.
Diese Kenntnis der örtlichen Gegebenheiten ist schließlich der Grund für die niedrigere Rate der
Zahlungsverzüge (ein niedrigerer Durchschnitt als der bei den Banken), weil dadurch eine wirksame
Prüfung der Vorschläge (von Vorhaben) stattfinden kann.
Überlegungen zur Übernahme dieses Ansatzes in Ostdeutschland
Artigianfidi Ferrara ist ein lobenswertes Beispiel dafür, wie bei genauer Betrachtung der
geschäftlichen Erfordernisse geholfen werden kann, um ein funktionierendes Bürgschaftsprogramm
aufzubauen, das auch in einem ländlichen Umfeld funktionieren könnte. Dies macht es besonders für
die Uckermark interessant. Es sollte beachtet werden, dass Artigianfidi Ferrara unter der
Verantwortung ihrer Unternehmensmanager ihren auf Gegenseitigkeit gegründeten Charakter
beibehalten hat. Damit ein solcher Ansatz erfolgreich ist, scheint ein erfahrenes Management eine
notwendige Voraussetzung zu sein, besonders im Hinblick auf Fähigkeiten des finanziellen
Ein lokales Netzwerk für Bürgschaften: Artigianfidi Ferrara - Italien
Management. Da man dies in Gestalt einer generell gegebenen Kompetenz in der Uckermark und im
Landkreis Parchim aus historischen Gründen nicht als gegeben annehmen kann, sollte die Einführung
eines ähnlichen Ansatzes wie bei Artigianfidi Ferrara von Weiterbildungs- und Beratungsmaßnahmen
begleitet werden, um die Kompetenzen im Finanzmanagement zu verbessern.
Kontaktangaben und Internetpräsentation (Website) zu weiteren Informationen
Herr Giampaolo Lambertini
Confederazione Nazionale dell Artigianoto e della Piccola e Media Impresa (CAN)
Associazione Provinciale di Ferrara
441000 Ferrara – via Caldirolo, 84
Phone: +390532749111
E-Mail: [email protected]
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