Venöse thrombembolische Komplikationen bei Patienten mit

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Aus der Klinik und Poliklinik für Onkologie, Hämatologie und
Knochenmarktransplantation mit der Sektion Pneumologie des
Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf
Direktor: Prof. Dr. Carsten Bokemeyer
Venöse thrombembolische Komplikationen bei Patienten
mit fortgeschrittenem Keimzelltumor unter Platin-basierter
Chemotherapie – Inzidenz und Risikofaktoren
DISSERTATION
zur Erlangung des Doktorgrades
der Medizin
der Medizinischen Fakultät
der Universität Hamburg
vorgelegt von
Anna Donata Luhmann, geb. Kamischke
aus Selk, Schleswig-Holstein
Hamburg, Januar 2013
Angenommen von der Medizinischen Fakultät am: 29.07.2013
Veröffentlicht mit der Genehmigung der medizinischen Fakultät der
Universität Hamburg
Prüfungsausschuss, der/die Vorsitzende: Prof. Dr. Carsten Bokemeyer
Prüfungsausschuss, 2. Gutachter/in:
PD Dr. Hendrik Isbarn
Prüfungsausschuss, 3. Gutachter/in:
PD Dr. Axel Larena-Avellaneda
Meinen Eltern
Gliederung
1
Zusammenfassung .............................................................................. 1
2
Einleitung ............................................................................................ 3
2.1 Hodentumore................................................................................ 3
2.1.1
Ätiologie von Hodentumoren ........................................... 4
2.1.2
Tumormarker .................................................................. 4
2.1.3
Stadieneinteilung ............................................................ 6
2.1.4
Therapie .......................................................................... 8
2.1.4.1
Stadium I ........................................................... 8
2.1.4.2
Stadium II und III ............................................. 10
2.2 Thrombembolische Komplikationen ........................................... 11
2.2.1
Thrombembolische Komplikationen bei malignen
Erkrankungen.................................................................13
2.2.2
Thrombembolische Komplikationen bei Patienten mit
Hodentumoren...............................................................15
2.2.3
Chemotherapie-induzierte thrombembolische
Komplikationen...............................................................18
2.2.4
Cisplatin-induzierte thrombembolische Komplikationen 20
2.3 Zielsetzung der Analyse ............................................................. 23
3
Patienten, Material und Methodik ...................................................... 24
3.1 Erhebung der Patientendaten..................................................... 25
3.2 Statistische Auswertung ............................................................. 26
4
Ergebnisse ........................................................................................ 28
4.1 Charakteristika sowie potentielle Risikofaktoren im
Gesamtkollektiv .......................................................................... 28
4.1.1
Hodentumorerkrankung ................................................ 28
4.1.2
Patientenbezogene Risikofaktoren ............................... 31
4.1.3
Onkologische Vortherapie von Rezidivpatienten........... 31
4.1.4
Aktuelle onkologische Therapie .................................... 32
4.1.5
Supportive Therapie...................................................... 33
4.1.6
Therapieerfolg und Überleben ...................................... 34
4.2 Charakteristika und potentielle Risikofaktoren bei Patienten mit
thrombembolischen Komplikationen ........................................... 35
IV
4.2.1
Hodentumorerkrankung ................................................ 35
4.2.2
Patientenbezogene Risikofaktoren ............................... 37
4.2.3
Onkologische Therapie einschließlich supportiver
Maßnahmen...................................................................37
4.3 Lokalisation der venösen thrombembolischen Ereignisse .......... 38
4.4 Univariate Analyse ..................................................................... 39
4.4.1
Charakteristika der Tumorerkrankung........................... 39
4.4.2
Patientenbezogene Risikofaktoren ............................... 41
4.4.3
Therapie und supportive Maßnahmen .......................... 41
4.4.4
Therapieerfolg und Überleben ...................................... 44
4.5 Multivariate Analyse ................................................................... 44
4.6 Vergleich der Charakteristika von Patienten mit
thrombembolischen Komplikationen vor und während
Chemotherapie ........................................................................... 46
4.6.1
Charakteristika der Tumorerkrankung........................... 46
4.6.2
Patientenbezogene Risikofaktoren ............................... 48
4.6.3
Therapie und supportive Maßnahmen .......................... 49
4.6.4
Lokalisation und Art der thrombembolischen Ereignisse
in Korrelation mit dem Zeitpunkt des Auftretens............50
5
Diskussion ......................................................................................... 53
6
Zusammenfassung und Schlussfolgerung ........................................ 68
7
Literatur ............................................................................................. 70
8
Danksagung ...................................................................................... 79
9
Lebenslauf......................................................................................... 80
10 Erklärung ........................................................................................... 81
V
1
Zusammenfassung
Tumorpatienten haben verglichen mit der übrigen Bevölkerung ohne
Krebserkrankung
ein
erhöhtes
Risiko,
an
einer
venösen
thrombembolischen Komplikation zu erkranken. Dies scheint auch für
Patienten mit Keimzelltumoren des Hodens zu gelten. Desweiteren
scheint sich das Risiko durch die Verabreichung einer Platin-haltigen
Chemotherapie noch zu erhöhen.
Das
Ziel
dieser
Studie
war
daher,
die
Inzidenz
von
venösen
thrombembolischen Ereignissen sowie mögliche Risikofaktoren für das
Auftreten dieser Komplikation im Zusammenhang mit einer Platinbasierten Chemotherapie bei Hodentumorpatienten zu untersuchen.
Es wurden in einer retrospektiven Studie die Daten von allen 193
Hodentumorpatienten, die im Zeitraum von Januar 2000 bis Dezember
2009 eine Platin-haltige Chemotherapie in der Klinik und Poliklinik für
Onkologie, Hämatologie und Knochenmarktransplantation mit der Sektion
Pneumologie des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf und der Klinik
für Urologie des Albertinen Krankenhauses Hamburg erhalten haben,
untersucht.
Die
Platin-basierte
Chemotherapie
konnte
dabei
als
Erstlinientherapie bei Primärerkrankung oder als Zweitlinientherapie im
ersten Rezidiv appliziert worden sein.
Die Analyse der Daten zeigte, dass es bei 22 von 193 Patienten (11%,
95%CI 6.9-15.9%) zu mindestens einem venösen thrombembolischen
Ereignis gekommen war.
Dieses Ereignis trat bei 16 Patienten (16/141; 11%) im Rahmen der
Erstdiagnose eines Hodentumors auf, bei 6 Patienten (6/52; 12%) beim
ersten Rezidiv der Erkrankung.
Von den betroffenen 22 Patienten wiesen 18 Patienten (82%) die
thrombembolische Komplikation bereits vor Applikation der Platinbasierten Chemotherapie auf. Lediglich bei 4 Patienten (18%) trat die
1
Thrombembolie erst während der chemotherapeutischen Behandlung auf;
diese Patienten erhielten alle eine Erstlinientherapie.
Das Auftreten einer thrombembolischen Komplikation hatte keine
Auswirkungen auf das Gesamtüberleben der Patienten.
Mittels univariater Analyse konnten eine rein seminomatöse Histologie des
Tumors, retroperitoneale und supraklavikuläre Lymphknotenmetastasen,
eine erhöhte Laktatdehydrogenase, die Verwendung eines zentralen
Venenkatheters zur Applikation der Chemotherapie, ein vorbestehender
arterieller
Hypertonus,
die
supportive
Verabreichung
von
G-CSF
(Granulocyte-colony stimulating factor) und die Applikation von mehr als
drei Zyklen Cisplatin-basierter Chemotherapie als Risikofaktoren für die
Entwicklung einer venösen Thrombembolie identifiziert werden.
Die multivariate Analyse bestätigte die Verwendung eines zentralen
Venenkatheters
und
das
Vorhandensein
von
supraklavikulären
Lymphknotenmetastasen als unabhängige Risikofaktoren.
Zusammenfassend traten im Kollektiv der von uns untersuchten
Hodentumorpatienten bei 11% venöse thrombembolische Komplikationen
auf. Bei der Mehrzahl der betroffenen Patienten (82%) manifestierte sich
die Thrombembolie bereits vor Applikation einer Chemotherapie und ist
somit auf die Erkrankung selbst zurückzuführen. Supraklavikuläre
Lymphknotenmetastasen
Venenkatheters
zur
und
Applikation
die
der
Verwendung
eines
Chemotherapie
zentralen
konnten
als
unabhängige Risikofaktoren identifiziert werden.
2
2
2.1
Einleitung
Hodentumore
Der Hodentumor macht ca. 2% aller Krebserkrankungen bei Männern aus
und gehört damit zu den eher selteneren bösartigen Erkrankungen (1).
Hodentumore treten im Gegensatz zu vielen anderen Krebserkrankungen
vorwiegend im Alter zwischen 15 und 34 Jahren auf. In dieser
Altersgruppe ist er der häufigste bösartige Tumor bei Männern (2, 3).
Hodentumore teilen sich bezüglich ihres Ursprungsgewebes in Keimzellund Nichtkeimzelltumore auf. Dabei sind die Keimzelltumore mit etwa 95%
die häufigsten Hodentumore (4). Zu den knapp 5% der intraskrotalen
Nichtkeimzelltumore
gehören
Tumore
des
Nebenhodens
und
Samenstranges. Da die Keimzelltumore des Hodens den überwiegenden
Anteil der Hodentumore ausmachen, werden sie im folgenden Text
subsummierend als „Hodentumor“ bezeichnet.
Die Keimzelltumore des Hodens unterteilen sich histologisch in reine
Seminome und die Gruppe der Nicht-Seminome. Bei den NichtSeminomen können ihrerseits wiederum fünf Subtypen unterschieden
werden: das embryonale Karzinom, der Dottersacktumor, das ChorionKarzinom, das Teratom und der Mischtumor aus verschiedenen
histologischen Anteilen, wie anderen Subtypen des Nicht-Seminoms und /
oder mit Anteilen eines Seminoms.
Etwa 60% der Hodentumore sind Seminome und 40% sind NichtSeminome. Hodentumore treten meist primär gonadal auf, sie können
sich jedoch auch
primär
retroperitoneal oder
primär
mediastinal
manifestieren. Dabei haben die Nicht-Seminome mit 20–30 Jahren einen
signifikant früheren Altersgipfel als die Seminome mit 30–40 Jahren (4).
Weltweit ist in den vergangenen 40 Jahren die Inzidenz bösartiger
Hodentumore gestiegen (5, 6). In den meisten Populationen ist hierbei die
Inzidenz von seminomatösen Tumoren etwas größer als von nichtseminomatösen Tumoren (7). Im Gegensatz allerdings zum Trend der
3
Inzidenz ist die Mortalitätsrate in den meisten europäischen Ländern
deutlich gesunken. Dieser Umstand ist vor allem der Verwendung Platinbasierter
Chemotherapieregimes
und
dem
multidisziplinären
Krankheitsmanagement zu verdanken (8).
2.1.1 Ätiologie von Hodentumoren
Bisher ist die Entstehung bösartiger Hodentumore noch nicht vollständig
geklärt. Allerdings konnten einige klinische und epidemiologische
Risikofaktoren identifiziert werden, die mit einem deutlich erhöhten
Erkrankungsrisiko einhergehen.
Diese Risikofaktoren sind der Maldescensus testis, ein vorangegangener
kontralateraler Hodentumor und das Vorkommen eines Hodentumors bei
einem erst- oder zweitgradig Verwandten (9). Dabei ist der Maldescensus
testis der häufigste Risikofaktor, der mit einem 4- bis 8-fach erhöhten
Erkrankungsrisiko
einhergeht.
Diese
erhöhte
Erkrankungs-
wahrscheinlichkeit ist dabei unabhängig von dem Grad der Fehllage des
Hodens und dem Alter bei der korrigierenden Orchidopexie. Weitere
Risikofaktoren sind wahrscheinlich die Subfertilität, die Erkrankung eines
Geschwisters, das Vorliegen eines Klinefelter-Syndroms und die Atrophie
des Hodens (10, 11).
2.1.2 Tumormarker
Tumormarker
spielen
für
die
histologische
Zuordnung,
Risikoklassifizierung sowie für die Therapieverlaufsbeobachtung und
Nachsorge von bösartigen Hodentumoren eine große Rolle.
Die onkofetalen Marker alpha-Fetoprotein (AFP) und ß-Humanes-ChorionGonadotropin (ß-HCG) sowie die Laktatdehydrogenase (LDH) sind hierbei
die zentralen Tumormarker. Auftreten und Ausmaß der Erhöhung hängen
4
von der Histologie des Primärtumors ab sowie von der Tumorlast und der
Aktivität der Tumorzellen (12).
Insgesamt lassen sich bei etwa 51% aller Hodentumorpatienten erhöhte
Tumormarker messen (13). Bei etwa 90% aller nicht-seminomatöser
Tumore finden sich erhöhte Werte für die Tumormarker AFP und ß-HCG.
Beim AFP handelt es sich um ein Glykoprotein, das während der
Schwangerschaft physiologisch vom Dottersack, vom Gastrointestinaltrakt
und in der Leber gebildet wird. Dottersacktumoren und embryonale
Karzinome bilden in ihren Zellen AFP. Eine Erhöhung des AFPs deutet
somit – unter anderem – auf Anteile dieser Tumore hin. Reine Seminome
und reine Chorionkarzinome produzieren kein AFP. Insgesamt ist AFP bei
etwa
50-70%
aller
Patienten
mit
einem
nicht-seminomatösen
Keimzelltumor erhöht (12).
Auch das ß-HCG ist ein Glykoprotein. Es wird physiologisch von
throphoblastischen Zellen gebildet. So wird das ß-HCG beim malignen
Hodentumor vor allem von den synzytiotrophoblast-ähnlichen Zellen des
Chorionkarzinoms
gebildet
und
kann
dann
sehr
hohe
Serumkonzentrationen von >100 000 U/l erreichen; der Normwert reicht
bis 5 U/l. Ein Anstieg des ß-HCG kann bei 40-60% aller Patienten mit
einem nicht-seminomatösen Tumor beobachtet werden. Bis zu 30% aller
Seminome
zeigen
oder
entwickeln
im
Krankheitsverlauf
erhöhte
Serumkonzentrationen von ß-HCG (14).
Die Laktatdehydrogenase (LDH) ist ein unspezifischer Marker für einen
vermehrten Zellumsatz. Erhöhte Serumspiegel finden sich bei bis zu 80%
aller Hodentumorpatienten.
Negative Tumormarker schließen einen Hodentumor jedoch nicht aus. Es
gibt weitere Marker, so z. B. die plazentare alkalische Phosphatase
(PLAP), die bei Vorliegen eines reinen Seminoms erhöht sein kann.
Internationaler Standard ist es, präoperativ AFP, ß-HCG und LDH im
Serum zu bestimmen. Im weiteren Verlauf dienen die ermittelten Werte
zum
Therapiemonitoring:
So
wird
der
postoperativer
Abfall
der
Tumormarker ebenso wie der Verlauf während der Chemotherapie
5
überwacht. Zudem dienen die Tumormarker in der Nachsorge der
Früherkennung eines eventuellen Rezidivs (15).
2.1.3 Stadieneinteilung
Es gibt zahlreiche, über Jahrzehnte entwickelte Klassifikationen zur
Stadieneinteilung von Hodentumoren. Heute sind im Wesentlichen zwei
Klassifikationen im klinischen Gebrauch: die Stadieneinteilung von Lugano
(1979) und die TNM-Klassifikation der UICC (Union internationale contre
le cancer) (16). Eine Risikoklassifizierung für Patienten in metastasierten
Stadien wurde durch die International Germ Cell Cancer Collaborative
Group (IGCCCG) hinsichtlich prognostisch relevanter Faktoren entwickelt
(17).
Stadieneinteilung nach Lugano (1979): Ausbreitung:
I Tumor auf Hoden beschränkt
II Lymphknotenmetastasen unterhalb des Zwerchfells
II a Lymphknoten < 2 cm Durchmesser
II b Lymphknoten 2 - 5 cm Durchmesser
II c Lymphknoten 5 - 10 cm Durchmesser
II d Lymphknoten > 10 cm Durchmesser
III Metastasen oberhalb des Zwerchfells
III a supraklavikuläre / mediastinale Lymphknoten
III b Lungenmetastasen
III c weitere Metastasen außerhalb der Lunge
Das von der UICC nach pathologisch-anatomischen Gesichtspunkten
entwickelte TNM-System bildet eine wichtige Grundlage des klinischen
Stagings. Es beschreibt den Primärtumor (T) in Größe, Ausdehnung und
Blut- oder Lymphgefäßinvasion, das Ausmaß der retroperitonealen/
mediastinalen Lymphknotenmetastasierung (N) und das etwaige Vorliegen
von Fernmetastasen (M).
6
Die
Risikoklassifikation
der
IGCCCG
unterteilt
das
Kollektiv
der
metastasierten Hodentumorpatienten hinsichtlich ihrer Prognose in 3
Gruppen: „good risk“, „intermediate risk“ und „poor risk“.
Tabelle 1: Risikoklassifizierung metastasierter Keimzelltumore (17)
Prognosegruppe
Charakterisierung
“Good Risk”
Tumormarker /
Prognose
AFP < 1000 ng/ml, ß-
testikulärer / retroperi HCG < 5000 U/l,
tonealer Primärtumor, keine
LDH < 1,5 x normal
extrapulmonale viszerale
Metastasierung
Nicht-Seminom
5J-PFS 98%, OS 92%
AFP normal, jedes ßjede Primärlokalisation,
keine extrapulmonale
viszerale Metastasierung
Seminom
HCG, jede LDH
5J-PFS 82%, OS 86%
AFP 1000 – 10 000
“Intermediate Risk”
ng/ml, ß-HCG 5000 –
Testikulärer / retroperi tonealer Primärtumor, keine 50 000 U/l, LDH 1,5 –
extrapulmonale viszerale
10 x normal
Metastasierung
Nicht-Seminom
5J-PFS 75%, OS 80%
jede Primärlokalisation,
extrapulmonale viszerale
Metastasierung
Seminom
“Poor Risk”
AFP normal, jedes ßHCG, jede LDH
5J-PFS 67%, OS 72%
AFP > 10 000 ng/ml, ß-
mediastinaler Primärtumor,
extrapulmonale viszerale
Metastasierung
Nicht-Seminom
HCG > 50 000 U/l
5J-PFS 41%, OS 48%
Abkürzungen
Tab.
1:
AFP:
alpha-Fetoprotein,
ß-HCG:
ß-Humanes-Chorion-
Gonadotropin, LDH: Laktatdehydrogenase, PFS: progressionsfreies Überleben, OS:
Gesamtüberleben
7
Zum Zeitpunkt der Diagnosestellung weisen im Allgemeinen etwa 60% der
Hodentumorpatienten eine prognostisch „gute“ Erkrankungssituation auf
und
können
mit
den
aktuellen
Standardtherapien
eine
5-
Jahresüberlebensrate von etwa 98% erreichen. Etwa 25% der Patienten
weisen eine „intermediäre“ Prognose auf und können heute in bis zu 80%
ein langfristiges Überleben erreichen. Etwa 15% der Patienten mit nichtseminomatösem Hodentumor befinden sich im Stadium der „ungünstigen“
Prognose und erreichen mit den aktuellen Standardchemotherapien
weiterhin nur in 40-45% ein langfristiges Überleben.
2.1.4 Therapie
Das grundsätzliche Therapieprinzip besteht darin, dass unmittelbar nach
Diagnosestellung bzw. bei einem dringenden Verdacht auf einen
bösartigen
Hodentumor
eine
Orchiektomie
durchgeführt
wird.
Anschließend wird mittels radiologischer Bildgebung – in der Regel mittels
einer Computertomographie – die Ausdehnung des Tumors untersucht.
Wird eine Metastasierung ausgeschlossen und liegt somit ein Stadium I
vor, schließt sich dem operativen Eingriff im Folgenden eine adjuvante
Therapie oder ein Vorgehen nach der sogenannten Surveillance-Strategie
– eine engmaschigen Überwachungsstrategie mit aktiver Therapie erst bei
einem möglichen Rezidiv – an. Bei weiter fortgeschrittenen Erkrankungen
mit einer radiologisch diagnostizierten Metastasierung erfolgt die Therapie
stadienadaptiert.
2.1.4.1 Stadium I
Die Therapieoptionen im Stadium I unterscheiden sich je nachdem, ob es
sich bei dem Primärtumor um ein reines Seminom oder um ein NichtSeminom handelt.
Bei einem reinen Seminom im Stadium I gibt es drei alternative,
gleichwertige Therapieverfahren. Zum einen ist dies die Surveillance8
Strategie, die auch als „watch-and-wait"-Strategie bezeichnet wird. Bei
dieser Überwachungsstrategie erfolgt keine aktive adjuvante Therapie,
sondern es werden engmaschige Verlaufskontrollen mit körperlicher
Untersuchung, Kontrolle der Tumormarker und einer radiologischen
Bildgebung durchgeführt. Bei dieser Form der Nachbeobachtung kommt
es in 12-16% zu einem Rezidiv. Bei Hochrisiko-Patienten, also mit einem
Primärtumor > 4 cm und einer Invasion des Tumors in das Rete testis,
kann es in bis zu 32% der Fälle zu einem Rezidiv kommen. In diesem Fall
wird zu einer Therapie mit einem Zyklus Carboplatin – dosiert nach AUC 7
– geraten, worunter die Rezidivrate bei nur etwa 3-4% liegt. Die dritte, am
längsten in Studien beobachtete Therapiestrategie ist die der adjuvanten
Radiotherapie des Retroperitoneums mit 20 Gray (Gy). Auch bei diesem
Verfahren kommt es zu einer Rezidivrate von 3-4%. Allerdings zeichnen
sich
hierbei
zunehmend
erhöhte
Raten
an
schwerwiegenden
Langzeittoxizitäten wie maligne Zweittumore ab, so dass die adjuvante
Strahlentherapie allmählich an Bedeutung verliert.
Sollte es zu einem Rezidiv kommen, können bei allen drei Strategien
durch eine platinhaltige Kombinations-Chemotherapie – entweder mit drei
Zyklen Cisplatin, Etoposid und Bleomycin (PEB) oder vier Zyklen Cisplatin
und Etoposid (PE) – Heilungsraten von etwa 99% erreicht werden (18).
Auch bei einem Nicht-Seminom im Stadium I bestehen grundsätzlich drei
Therapieoptionen.
Im Falle der Surveillance-Strategie kommt es in ca. 14-22% zu einem
Rezidiv, sofern keine vaskuläre Invasion vorliegt. Hat jedoch eine
vaskuläre Invasion des Primärtumors stattgefunden, so liegt die
Rezidivrate ohne aktive Therapie in diesem Fall bei bis zu 48%, so dass
bei diesen Patienten in der Regel die Durchführung von zwei Zyklen
adjuvanter Chemotherapie nach dem PEB-Regime empfohlen wird.
Danach liegt die Rezidivrate noch bei etwa 2-7%.
Es
gibt
im
Weiteren
auch
die
Option
der
nervenschonenden
retroperitonealen Lymphadenektomie; hiernach kommt es in ca. 10% der
Fälle zu einem Rezidiv.
9
Entscheidend für die Wahl der Therapiestrategie ist aber auch bei NichtSeminomen, dass im Falle eines Rezidivs unter Surveillance oder nach
adjuvanter Therapie noch immer etwa 98% der Patienten mit einer
platinhaltigen Kombinations-Chemotherapie (3-4 Zyklen) geheilt werden
(18).
2.1.4.2 Stadium II und III
Patienten mit einem reinen Seminom im Stadium IIA oder B, also
Patienten mit einem isolierten retroperitonealen Lymphknotenbefall bis
maximal
5
cm
Größe,
wird
derzeit
eine
Bestrahlung
des
Retroperitonealraums mit 30 Gy im Stadium IIA und 36 Gy im Stadium IIB
empfohlen. Die Strahlendosis wird jeweils in homogenen Gaben von zwei
Gy pro Tag an fünf Tagen pro Woche appliziert. Diese Therapiestrategie
führt in einem Beobachtungszeitraum von sechs Jahren zu einer
Rezidivfreiheit
von
Langzeitbeobachtung
etwa
95%.
ein
erhöhtes
Allerdings
Risiko
für
deuten
Daten
der
Spättoxizitäten
an,
insbesondere für Zweitmalignome im ehemaligen Bestrahlungsfeld, so
dass vor allem im Stadium IIB auch die Option einer systemischen
cisplatinhaltigen Kombinations-Chemotherapie erwogen werden kann.
Alle anderen Patienten in metastasierten Stadien, also Patienten mit
einem Nicht-Seminom im Stadium II und III bzw. Patienten mit reinem
Seminom
ab
Stadium
IIB
bzw.
C,
werden
entsprechend
ihrer
Prognoseeinschätzung durch die IGCCCG Klassifikation (17) mit einer
systemischen Cisplatin-basierten Kombinationstherapie behandelt. Die
Prognoseeinschätzung mittels der IGCCCG-Klassifikation bestimmt dabei
vor allem die Zyklenzahl der Chemotherapie. Bei „guter“ Prognose
erhalten die Patienten drei Zyklen Cisplatin, Etoposid und Bleomycin (3 x
PEB) oder, bei Kontraindikationen gegen Bleomycin (z. B. eine
vorbestehende Lungenfunktionseinschränkung), vier Zyklen Cisplatin und
Etoposid (4 x PE). Patienten mit „intermediärer“ oder „ungünstiger“
Prognose erhalten vier Zyklen PEB oder Cisplatin, Etoposid und Ifosfamid
(4 x PEI). Bei ausgewählten Patienten mit „schlechter Prognose“ kann
10
eine Hochdosis-Chemotherapie (HD-PEI) verbunden mit einer autologen
peripheren Stammzellreinfusion empfohlen werden. Nicht-randomisierte
Studien deuten höhere Überlebensraten für Patienten mit primärer
Hochdosischemotherapie mit einem 5-Jahres-Überleben von 60-70% an,
randomisierte Phase III-Studien konnten diesen Vorteil aber nicht
abschließend bestätigen (19).
Liegen nach abgeschlossener Chemotherapie in der radiologischen
Bildgebung ein Resttumor von > 1 cm und eine Normalisierung der
Tumormarker vor, wird bei Patienten mit Nicht-Seminom derzeit
grundsätzlich eine Resektion des Resttumors empfohlen. Bei Patienten
mit reinem Seminom kann die Vitalität eines Resttumors mit hoher
Sicherheit durch eine PET-CT-Untersuchung (Positronen-EmissionsComputertomographie) vorausgesagt werden. Bei diesen Patienten wird
eine sekundäre Resektion nur bei Resttumoren ab 3 cm Größe und einer
im PET-CT erhöhten FDG-Aufnahme im Resttumor empfohlen (19).
2.2
Thrombembolische Komplikationen
Thrombembolische Komplikationen lassen sich in venöse und arterielle
Ereignisse unterteilen.
Bei einer Thrombose handelt es sich um eine vollständige oder teilweise
Verlegung des Gefäßlumens durch ein intravasales Gerinnsel aus
Blutbestandteilen. Venöse Thrombosen sind häufig in den tiefen Beinoder Beckenvenen lokalisiert. Von einem in einer tiefen Beinvene
entstandenen Thrombus gehen zwei zentrale Gefahren aus: die
Ausschwemmung in die Lungenstrombahn als Lungenarterienembolie und
die Entstehung eines postthrombotischen Syndroms bei ungenügender
Rekanalisation der Vene mit daraus resultierender chronisch-venöser
Insuffizienz.
Es gibt zahlreiche prädisponierende Risikofaktoren für die Entstehung
einer tiefen Beinvenenthrombose bzw. einer Lungenarterienembolie. Der
größte Risikofaktor ist eine bereits gehabte venöse Thrombembolie. Das
11
Risiko ist hier ca. um den Faktor 30 erhöht. Weitere wichtige
Risikofaktoren sind Immobilisation, insbesondere nach chirurgischen
Eingriffen, Adipositas, Rauchen, Schwangerschaft, Thrombophilien wie
beispielsweise die Faktor-V-Leiden-Mutation oder Protein-C-Mangel,
Exsikkose, Herzinsuffizienz vom Grad NYHA III und IV, aktive Malignome,
insbesondere
wenn
sie
im
Abdominalbereich
lokalisiert
sind,
Hormontherapie mit Östrogenen oder Ovulationshemmern und ein Alter
über 60 Jahre. (20, 21, 22, 23, 24, 25).
Die Diagnostik erfolgt bei anamnestischem und klinischem Verdacht
zunächst mittels Dopplersonographie. Typisch ist hierbei eine verminderte
Komprimierbarkeit der betroffenen Vene, bei komplettem Venenverschluss
ist keine Blutströmung mehr nachweisbar. Bei Verdacht auf eine
Lungenarterienembolie
bringt
Computertomographie
Aufschluss.
eine
Mehrschicht-Spiral-
Hierbei
lassen
sich
Lungenarterienembolien mit einer Wahrscheinlichkeit von 95% entdecken
(26). Ebenso können eine Ventilations-Perfusions-Szintigraphie, eine
Magnetresonanztomographie
(MRT)
oder
eine
Magnetresonanz-
Angiographie (MRA) durchgeführt werden.
Arterielle Gefäßverschlüsse sind zumeist akut. Häufigster Auslöser eines
arteriellen Verschlusses sind Thrombembolien, bei denen korpuskuläre
Elemente innerhalb der Blutbahn verschleppt werden. Emboliequelle ist
häufig das Herz durch Störungen wie beispielsweise Vorhofflimmern,
Mitralklappenfehler,
Klappenersatz,
Aneurysmen
usw.
Weitere
Emboliequellen sind Plaques in der Aorta oder anderen großen Arterien
sowie arterielle Aneurysmen.
Auf dem Boden einer peripheren arteriellen Verschlusskrankheit können
sich
ebenfalls
Thromben
bilden,
weitere
Ursachen
sind
noch
beispielsweise Arteriitiden, Thromben als Folge von Arterienpunktionen,
Gefäßkompressionen von außen usw.
Arterielle Thrombembolien können sowohl zu inkompletten wie auch
kompletten Gefäßverschlüssen führen. Letzteres tritt mit einem klinischen
12
Symptomkomplex
Missempfindung,
nach
Pratt
auf,
Pulslosigkeit,
der
durch
Schmerz,
Bewegungsunfähigkeit
und
Blässe,
Schock
gekennzeichnet ist (27).
Die Diagnostik erfolgt analog zur venösen Thrombose, wobei bei
anamnestischen und klinischen Hinweisen zunächst ein Pulsstatus zur
Etagenlokalisation erhoben wird. Im Folgenden wird ebenfalls eine
Dopplersonographie durchgeführt, bei Unsicherheit eventuell zusätzlich
eine digitale arterielle Subtraktionsangiographie.
Therapeutisch erfolgt bei beiden Arten des Gefäßverschlusses zunächst
eine
vollständige
Antikoagulation
mit
niedermolekularem
oder
unfraktioniertem Heparin. In der Folge wird bei Bedarf die Antikoagulation
langfristig fortgesetzt, beispielsweise mit Phenprocoumon. Es erfolgt
bedarfsabhängig eine Rekanalisation des betroffenen venösen Gefäßes.
Bei arteriellen Gefäßverschlüssen wird eine Revaskularisation in der
Regel angestrebt, beispielsweise unter der Verwendung eines FogartyKatheters zur Embolektomie oder durch eine lokale Fibrinolyse (28, 29,
30, 31, 32).
2.2.1 Thrombembolische
Komplikationen
bei
malignen
Erkrankungen
Bereits im Jahr 1865 beschrieb Trousseau einen Zusammenhang
zwischen dem Auftreten
Krebserkrankung.
Er
thrombembolischer Komplikationen und einer
postulierte
sogar,
dass
vermutlich
die
Krebserkrankung an sich zu Modifikationen des Blutes führe und somit
eine idiopathische Thrombose ein Hinweis für eine bis dahin unbekannte
Krebserkrankung sein könne (33).
Es ergibt sich die Frage, welche Eigenschaften der Krebserkrankung zu
diesem erhöhten Risiko führen. Die Auswertung epidemiologischer Daten
durch Rickles et al. beschäftigte sich mit folgenden Fragen: Welches
13
Risiko hat ein Patient, an einer bisher unerkannten Krebserkrankung zu
leiden, wenn er eine idiopathische oder eine sekundäre, risikoassoziierte
Thrombembolie aufweist? Wie groß ist das Risiko eines ThrombembolieRezidivs für einen Krebspatienten mit einer initialen Thrombose im
Gegensatz zu einem Patienten ohne maligne Erkrankung? Wie groß ist
grundsätzlich das Risiko für einen Krebspatienten, eine thrombembolische
Komplikation zu entwickeln? (34).
Es konnte gezeigt werden, dass bei Auftreten einer idiopathischen
Thrombose das Risiko, an einer bisher unerkannten Krebserkrankung zu
leiden, um das 4- bis 7-fache erhöht war. Dieser Umstand wurde in
retrospektiven Studien an unselektierten Patienten, populationsbasierten
retrospektiven Kohortenanalysen und durch prospektive Beobachtung von
Patienten
mit
idiopathisch
aufgetretenen
thrombembolischen
Komplikationen im Verlauf ermittelt (35, 36, 37, 38, 39, 40, 41).
Bei
chirurgischen
Patienten
mit
einer
zeitgleich
vorliegenden
Krebserkrankung ließ sich ein etwa 2-fach erhöhtes Risiko für die
Entwicklung einer thrombembolischen Komplikation im Vergleich zu
krebsfreien Patienten nachweisen, die nach dem gleichen Vorgehen
behandelt wurden. Ungefähr das gleiche Risiko zeigte sich für das
Wiederauftreten einer Thrombose innerhalb von drei Monaten nach
Entwicklung der ersten idiopathischen thrombembolischen Komplikation
bei Krebspatienten trotz der Behandlung mit Heparin oder Warfarin (34).
Blom et al. konnten 2005 in einer populationsbasierten Studie mit mehr als
3000 Patienten nachweisen, dass das Risiko für einen Krebspatienten, an
einer thrombembolischen Komplikation zu erkranken, um den Faktor 7
erhöht ist; bei bestimmten Malignomen, beispielsweise bösartigen
hämatologischen Erkrankungen wie einer akuten Leukämie, kann dieses
Risiko sogar um den Faktor 28 ansteigen (42).
Mittels einer großen Kohortenstudie mit mehr als 60 000 Patienten aus
dem niederländischen Krebsregister und der klinischen AntikoagulationsDatenbank konnten Blom et al. 2006 bestätigen, dass die Inzidenz
14
thrombembolischer Komplikationen bei Krebspatienten im Allgemeinen
erhöht ist. Die jährliche Inzidenz einer thrombembolischen Komplikation
bei Tumorpatienten lag ungefähr bei 0,5%. In der übrigen Bevölkerung
ohne eine bekannte Krebserkrankung hingegen lag das Risiko eines
vergleichbaren Ereignisses bei etwa 0,1% pro Jahr (43, 44). Dabei variiert
die
Inzidenz
einer
Thrombembolie
beträchtlich
zwischen
den
verschiedenen Krebsentitäten. Am häufigsten mit einer Thrombembolie
assoziiert waren bei den durchgeführten Analysen maligne Tumore des
Knochens,
gefolgt
von
Ovarialkarzinomen,
Hirntumoren
und
Pankreaskarzinomen; die Inzidenz thrombembolischer Komplikationen lag
zwischen 37,7/1000/halbem Jahr bei Tumoren des Knochens und
22/1000/halbem
Jahr
bei
Pankreaskarzinomen.
Patienten
mit
Fernmetastasen wiesen ein 1,9-fach erhöhtes Risiko auf (43).
Insgesamt
konnten
vaskuläre
Komplikationen,
wie
z.B.
venöse
Thrombembolien, als führende Gründe für Sekundärerkrankungen sowie
eine
Verlängerung
der
stationären
Krankenhausbehandlung
von
Krebspatienten identifiziert werden. Zudem ist es sogar die zweitwichtigste
Ursache
der
Mortalität
von
Patienten,
die
an
einer
malignen
Grunderkrankung leiden (45, 46, 47, 48).
Die wahre Inzidenz thrombembolischer Ereignisse bei Krebspatienten liegt
jedoch vermutlich noch deutlich höher, als sie klinisch erkennbar ist und
somit in Studien abgebildet wird. Bei der pathologischen Untersuchung
verstorbener Krebspatienten fanden sich sogar in ca. 50% Hinweise für
thrombembolische Ereignisse (49, 50).
2.2.2 Thrombembolische
Komplikationen
bei
Patienten
mit
Hodentumoren
Da sich Hodentumore durch eine insgesamt gute Prognose mit einem
stadienabhängigen Gesamtüberleben von 50-95% (17) auszeichnen, ist
15
es umso wichtiger, krankheits- und therapieassoziierte Komplikationen,
wie beispielsweise thrombembolische Ereignisse, zu minimieren.
Bereits 1988 berichteten Cantwell et al. über thrombembolische
Ereignisse
bei
Hodentumorpatienten
unter
Platin-basierter
Chemotherapie. Bei der Suche nach prädisponierenden Faktoren für die
sowohl venösen als auch arteriellen Komplikationen postulierten Cantwell
et al. für venöse Ereignisse die Möglichkeit einer mechanischen
Obstruktion der unteren Vena Cava durch Lymphknotenmetastasen mit
einer Größe > 5 cm, da alle von ihnen betrachteten Patienten mit einer
venösen
thrombembolischen
Komplikation
dieses
Tumorstadium
aufwiesen. Der Nachweis einer solchen Metastasierung erfolgte mittels
Computertomographie. Cantwell et al. empfahlen daher bei Identifizierung
dieser Risikokonstellation ein prophylaktische Antikoagulation (51).
Die Studie von Cantwell et al. wurde im selben Jahr durch zwei
Fallvorstellungen von Hall et al. bestätigt, die den beobachteten
Zusammenhang
von
retroperitonealen
Tumormassen
und
thrombembolischen Komplikationen im Bereich der Vena Cava inferior
und der Beckenvenen unterstützten. Sie wiesen auch darauf hin, dass in
einem
Fall
die
Vena-Cava-Obstruktion
nur
durch
eine
Ultraschalluntersuchung entdeckt wurde, die keine Routineuntersuchung
bei Hodentumorpatienten ist, und empfahlen diese daher (52).
Obstruktionen
der
Vena
Cava
waren
auch
Gegenstand
einer
Untersuchung von Hassan et al. (53). Sie beobachteten bei einem
Kollektiv
von
333
Hodentumorpatienten
im
fortgeschrittenen
Krankheitsstadium das Vorliegen einer Vena-Cava-inferior-Obstruktion in
9,3% der Fälle. Diese Obstruktion wurde entweder klinisch evident oder
computertomographisch nachgewiesen. Klinische Anzeichen der VenaCava-Obstruktion waren geschwollene Beine oder deutlich dilatierte
Bauchwandvenen. Alle Patienten, die diese Art der Obstruktion zeigten,
hatten
abdominelle
Tumormassen
von
>
5
cm
Durchmesser.
16
Rechtsseitige Hodentumore waren häufiger mit Obstruktionen der Vena
Cava assoziiert als linksseitige. Außerdem befanden sich mehr SeminomPatienten in der Gruppe mit retroperitonealen Raumforderungen > 5 cm
als Patienten mit nicht-seminomatösem Hodentumor. Ungefähr 29%
dieser Patienten entwickelten eine thrombembolische Komplikation, eine
Lungenarterienembolie verlief tödlich. Die genannten Thrombembolien
zeigten sich in 67% der Fälle als einseitige tiefe Beinvenenthrombose und
in 33% der Fälle als Lungenarterienembolie. Besonders auffällig war der
Umstand, dass 67% der Patienten mit Obstruktion der Vena Cava diese
bereits bei initialer klinischer Präsentation – entweder klinisch oder
computertomographisch nachweisbar – aufwiesen (53).
Im Jahr 2000 analysierten Weijl et al. (54) im Rahmen einer retrospektiven
Studie die Inzidenz und Mortalität von thrombembolischen Komplikationen
bei 179 Hodentumorpatienten. Ihr Ziel war es festzustellen, welche
krankheits- und behandlungsassoziierten Risikofaktoren sich mit diesen
lebensbedrohlichen Komplikationen in Zusammenhang bringen ließen. Es
wurden nur thrombembolische Ereignisse analysiert, die im zeitlichen
Zusammenhang mit der Erstlinientherapie ab Beginn der Chemotherapie
bis 42 Tage nach Abschluss der Therapie auftraten. 8,4% der
betrachteten Patienten entwickelten eine thrombembolische Komplikation,
davon wiesen wiederum 20% mehr als ein Ereignis auf. Ein Ereignis –
zerebralvaskulärer Natur – verlief dabei tödlich. Bei 87% der betroffenen
Patienten kam es zu venösen Ereignissen. Die übrigen zeigten arterielle
Ereignisse, beispielsweise zerebralvaskuläre Komplikationen. In allen
Fällen, bei denen sich die betrachtete Komplikation in den unteren
Extremitäten oder im Abdomen manifestierte, hatte ein „bulky disease“Stadium mit retroperitonealen Metastasen > 5 cm Durchmesser vor
Beginn der Chemotherapie vorgelegen. Als unabhängige Risikofaktoren
für die Entwicklung einer thrombembolischen Komplikation identifizierten
Weijl et al. das Vorliegen von Lebermetastasen und die Verabreichung
von hohen Dosen (> 80mg) von Dexamethason als Antiemetikum (54).
17
2.2.3 Chemotherapie-induzierte thrombembolische Komplikationen
Das
grundsätzlich
erhöhte
Risiko
eines
Krebspatienten,
eine
thrombembolische Komplikation zu entwickeln, variiert nicht nur zwischen
den unterschiedlichen Krebsarten, sondern kann durch die Applikation
einer Chemotherapie zusätzlich noch gesteigert werden (41, 34, 43, 56,
57).
In einer populationsbasierten Fall-Kontrollstudie mit 625 Patienten
ermittelten Heit et al. im Jahr 2000 allgemeine Risikofaktoren für die
Entstehung tiefer Beinvenenthrombosen und Lungenarterienembolien.
Ihre Untersuchung führte zu dem Ergebnis, dass sich für Krebspatienten
im allgemeinen ein um den Faktor 4 erhöhtes Risiko für die Entwicklung
einer
Thrombembolie
ergibt,
das
durch
die
Applikation
einer
chemotherapeutischen Behandlung auf den Faktor 6,5 gesteigert wird
(41).
Blom et al. bestätigten die Assoziation von Chemotherapie und dem
Auftreten thrombembolischer Komplikationen. Sie konnten zeigen, dass
Krebspatienten
mit
vorliegenden
Fernmetastasen,
die
sich
einer
Chemotherapie unterzogen, ein 2,2-fach erhöhtes Risiko für die
Entstehung einer Thrombembolie hatten im Vergleich zu Patienten ohne
Chemotherapie (43).
Im darauffolgenden Jahr untersuchten Khorana et al. das Risiko tödlicher
thrombembolischer
Komplikationen
während
ambulant
applizierter
Chemotherapie bei 4466 Krebspatienten in einer prospektiven Studie. Es
zeigte sich dabei, dass 9,2% der während des Beobachtungszeitraumes
verstorbenen Patienten aufgrund thrombembolischer Ereignisse gestorben
waren. 38% der eingetretenen thrombembolischen Komplikationen waren
venöser Natur, die übrigen teilten sich in verschiedene arterielle
Ereignisse, wie beispielsweise Herzinfarkt und Schlaganfall, auf. Im
18
Vergleich zur Normalbevölkerung konnte anhand dieser Daten eine um
den Faktor 47 erhöhte Sterblichkeitsrate für venöse thrombembolische
Ereignisse unter chemotherapeutischer Behandlung ermittelt werden; das
Risiko, an einem arteriellen Ereignis wie einem Herzinfarkt zu versterben,
war um das 2,7-fache erhöht (58).
Im Jahr 2008 entwickelten Khorana et al. ein Vorhersagemodell für das
Auftreten thrombembolischer Ereignisse im Zusammenhang mit der
Applikation von Chemotherapien. Die Basis dafür bildeten klinische und
labormedizinische Erkenntnisse im Rahmen einer Studie mit 2701
Patienten.
Es
konnten
dabei
in
einem
Multivarianz-Modell
fünf
unabhängige Risikofaktoren für die Entstehung einer Chemotherapieassoziierten Thrombembolie gefunden werden: Primärlokalisation des
malignen Tumors, Thrombozytenanzahl von 350 x 10^9/L oder mehr vor
Beginn der Chemotherapie, Hämoglobingehalt unter 100 g/l und/oder der
Gebrauch
von
Wachstumsfaktoren
wie
Erythropoetin
(EPO),
Leukozytenanzahl > 11 x 10^9/L und ein Body Mass Index von 35 kg/m²
oder mehr. Anhand dieses Vorhersagemodells können Patienten mit
einem annähernd 7%-igem Kurzzeit-Risiko für die Entwicklung einer
thrombembolischen Komplikation ermittelt werden, bei denen dann eine
prophylaktische Antikoagulation empfohlen werden kann (59).
Noble und Pasi bestätigten 2010 in einer Übersichtsarbeit, dass eine
Chemotherapie
das
Risiko
eines
Krebspatienten
für
ein
thrombembolisches Ereignis zusätzlich steigert. Sie bezogen sich dabei
auf eine prospektive Studie (60), die eine Gesamtinzidenz von 1,94% über
eine mediane Follow-up Periode von 2,4 Monaten ab Beginn einer
Chemotherapie ermittelte. Das ohnehin schon beträchtliche Risiko für
Patienten bestimmter Krebsarten, an einem thrombembolischen Ereignis
zu erkranken – beispielsweise
ein 20–fach erhöhtes Risiko für
Lungenkrebs-Patienten (42) – kann sich durch die Applikation einer
Chemotherapie noch verdreifachen (56).
19
Lyman et al. zeigten 2011 in einer Literaturübersichtsarbeit, dass die
Kombination von Thalidomid mit einer Chemotherapie, beispielsweise bei
der Therapie des Multiplen Myeloms, einen Thrombose-begünstigenden
Effekt zu haben scheint; so konnten die Autoren ein 2-3-fach erhöhtes
Risiko für Patienten unter genannter Doppeltherapie ermitteln und
empfahlen daher, eine prophylaktische Antikoagulation bei Patienten
dieses Risikoprofils zu erwägen (57). Zum gleichen Ergebnis kamen auch
schon Yeh und Bickford; sie ermittelten, dass das Thromboserisiko unter
Thalidomidtherapie bei Kombination mit einer Chemotherapie dramatisch
ansteigt (3-58%) (61).
2.2.4 Cisplatin-induzierte thrombembolische Komplikationen
Verschiedene Studien deuten an, dass insbesondere Cisplatin-basierte
Chemotherapien mit einem erhöhten Risiko für die Entwicklung einer
Thrombembolie
einhergehen.
Die
Inzidenz
thrombembolischer
Komplikationen im Zusammenhang mit Cisplatin-basierter Chemotherapie
lag hierbei zwischen 7,8 und 18,1% (62, 63, 64, 65).
Numico et al. untersuchten in ihrer prospektiven Studie bei einem Kollektiv
von 108 Patienten mit einem nicht-kleinzelligen Lungenkarzinom die
Inzidenz
Cisplatin-assoziierter
Thrombembolien
ab
Beginn
der
chemotherapeutischen Behandlung für den Zeitraum von einem Jahr. In
dem
betrachteten
Kollektiv
traten
bei
17,6%
der
Patienten
thrombembolische Komplikationen auf: 45,5% dieser Ereignisse waren
arterieller und 54,5% venöser Art. Von den venösen Ereignissen
manifestierten sich 50% wiederum als Thrombosen der unteren
Extremitäten. Es starben 21% der betroffenen Patienten aufgrund ihrer
thrombembolischen Komplikation. Numico et al. schlussfolgerten, dass
eine
chemotherapeutische
Behandlung,
insbesondere
unter
der
Verwendung von Cisplatin, einen ausgeprägten Risikofaktor für die
Entwicklung eines thrombembolischen Ereignisses darstellt und dass
diese
Gefahr
bei
der
Entscheidung
für
eine
Cisplatin-basierte
20
Chemotherapie beachtet und ggf. eine prophylaktische Antikoagulation
durchgeführt werden sollte (62).
Im Rahmen einer retrospektiven Studie von Moore et al. wurden 932
Patienten
verschiedener
Krebsarten
unter
Cisplatin-basierter
Chemotherapie analysiert. Eine Thrombembolie wurde in dieser Studie
dann als Therapie-assoziiert betrachtet, wenn sie zwischen der ersten
Applikation von Cisplatin bis 4 Wochen nach der letzten Dosis eintrat. Es
zeigten 18,1% aller Patienten ein thrombembolisches Ereignis im
genannten
Zeitraum.
49,7%
der
beobachteten
Thrombembolien
bestanden aus tiefen Beinvenenthrombosen. Lungenarterienembolien
zeigten
einen
Anteil
von
25,4%,
die
Kombination
aus
tiefer
Beinvenenthrombose und Lungenarterienembolie trat in 13,6% der Fälle
auf, arterielle Thrombembolien in 8,3% der Fälle und die Kombination von
tiefer Beinvenenthrombose und arterieller Komplikation bei 3%.
Die thrombembolischen Ereignisse traten bei 88% der betroffenen
Patienten in der ersten 100 Tagen nach Beginn der Cisplatin-basierten
Chemotherapie auf. Unabhängige Risikofaktoren für die Entstehung einer
venösen Thrombembolie unter Cisplatin waren: Alter des Patienten,
Karnofsky-Status, Verwendung eines zentralen Venenkatheters zur
Applikation der Chemotherapie und Risikoklassifizierung nach dem
Khorana-Score (65).
Zwei prospektive Studien verglichen Cisplatin mit dem Platinderivat
Oxaliplatin hinsichtlich ihres Risikos für thrombembolische Ereignisse (63,
64).
Al-Batran et al. untersuchten bei ihrer Studie 220 Patienten mit einem
metastasierten Adenokarzinom des Magens oder des gastroösophagealen
Überganges unter Therapie mit u. a. entweder Cisplatin oder Oxaliplatin.
Es konnte eine Inzidenz thrombembolischer Komplikationen unter
Oxaliplatin von 0,9% versus 7,8% unter Cisplatin-basierter Therapie
gezeigt und somit Cisplatin als Risikofaktor für das Auftreten eines
thrombembolischen Ereignisses identifiziert werden (63).
Die prospektive Studie von Starling et al. betrachtete im Zeitraum von
2000 bis 2005 fast 1000 Patienten mit einem fortgeschrittenem Adeno21
oder Plattenepithelkarzinom des Ösophagus, des gastroösophagealen
Überganges oder des Magens, die mit einer chemotherapeutischen
Kombination
aus
Anthrazyklinen,
Cisplatin
bzw.
Oxaliplatin
und
Fluoropyrimidinen behandelt wurden. Die Gesamtinzidenz von venösen
und arteriellen Komplikationen betrug 12,1%, die sich wiederum aufteilte
in 10,1% venöse thrombembolische Komplikationen und 2,2% arterielle
Ereignisse. Es zeigte sich hierbei, dass in der Cisplatin-Gruppe die
Inzidenz thrombembolischer Ereignisse bei 15,1% lag versus 7,6% in der
Oxaliplatin-Gruppe. Die Untersuchung mittels einer multivariaten Analyse
bestätigte, dass Cisplatin einen unabhängigen Risikofaktor für die
Entstehung eines thrombembolischen Ereignisses darstellt (64).
Das Risiko für Hodentumorpatienten, im Verlauf der Cisplatin-basierten
Therapie eine thrombembolische Komplikation zu entwickeln, wurde 2005
von Piketty et al. analysiert.
Diese
Analyse
ergab
Tumorerkrankungen
im
unter
Vergleich
zu
Patienten
Cisplatin-basierter
mit
anderen
Chemotherapie
zwei
unabhängige Risikofaktoren für die Entwicklung einer Thrombembolie:
eine Körperoberfläche > 1,9 m² und erhöhte Serumspiegel von
Laktatdehydrogenase. Basierend darauf entwickelte er einen PrognoseScore zur Erkennung von Patienten, die durch diese Komplikation
potentiell gefährdet sind (66).
Im Jahr 2008 veröffentlichten Jafri und Protheroe drei Fallvorstellungen,
bei denen alle drei Patienten im Rahmen ihrer ausschließlich Cisplatinbasierten Chemotherapie bei fortgeschrittenem Hodentumor arterielle
thrombembolische Komplikationen entwickelten. Sie beurteilten die
Pathogenese
Cisplatin-assoziierter
Thrombosen
als
multifaktoriell.
Cisplatin habe einen direkten Effekt auf das endovaskuläre Milieu und sei
über Veränderungen von Zytokinen, Prostaglandinen usw. für akute
thrombembolische Komplikationen verantwortlich. Auf längere Sicht
gesehen sei Cisplatin für verschiedene chronische endotheliale, endokrine
und autonome Störungen verantwortlich. Die beiden Autoren empfahlen
daher,
insbesondere
Heilungsaussicht
bei
ihrer
Hodentumor-Patienten
Tumorerkrankung,
das
mit
einer
Risiko
guten
einer
22
thrombembolischen Komplikation durch prophylaktische Antikoagulation
zu minimieren und sie während der Cisplatin-basierten Therapie sorgfältig
zu überwachen (55).
2.3
Das
Zielsetzung der Analyse
Ziel
der
hier
vorliegenden
Studie
war
es,
die
Inzidenz
thrombembolischer Komplikationen unter Platin-basierter Chemotherapie
bei Hodentumorpatienten systematisch zu untersuchen. Zusätzlich wurde
versucht,
unabhängige
Risikofaktoren
für
die
Entstehung
solcher
thrombembolischen Komplikationen zu charakterisieren.
Dabei sollte vor allem auch der Zeitpunkt des Auftretens der beobachteten
Thrombembolien betrachtet werden und mit möglichen Risikofaktoren
korreliert werden. Durch die Identifizierung von Risikofaktoren soll für die
Zukunft eine leichtere Erkennbarkeit gefährdeter Patienten ermöglicht
werden, so dass sie dann möglicherweise entsprechend überwacht oder
einer Prophylaxe zugeführt werden können.
23
3
Patienten, Material und Methodik
In diese systematische retrospektive Analyse an einem fortlaufenden
Kollektiv von Hodentumorpatienten wurden alle Patienten der Klinik und
Poliklinik für Onkologie, Hämatologie und Knochenmarktransplantation mit
der Sektion Pneumologie des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf
sowie der Klinik für Urologie des Albertinen Krankenhauses Hamburg mit
der gesicherten Diagnose eines bösartigen Keimzelltumors des Hodens
eingeschlossen,
die
in
kurativer
Absicht
eine
Platin-basierte
Chemotherapie erhalten haben. Die Chemotherapie musste dabei im
Zeitraum von Januar 2000 bis Dezember 2009 appliziert worden sein.
Eingeschlossen wurden alle Patienten mit Seminom und Nicht-Seminom,
die entweder im Stadium I eine adjuvante oder bei fortgeschritteneren
Tumorstadien
eine
Platin-basierte
Chemotherapie
als
Erst-
oder
Zweitlinientherapie erhielten.
Carboplatin wurde entweder bei Patienten mit seminomatösem Tumor im
Stadium
I
als
adjuvante
Monotherapie
oder
bei
Patienten
mit
Tumorprogression oder Auftreten eines Tumorrezidivs nach Cisplatinbasierter Chemotherapie als Teil der ersten Salvage-Therapie mit drei
Zyklen Hochdosis-Carboplatin und Etoposid (HD-CE) zusammen mit
autologer peripherer Stammzellreinfusion appliziert.
Cisplatin-basierte Kombinationsschemata wurden entweder als adjuvante
Therapie bestehend aus zwei Zyklen zusammen mit Etoposid und
Bleomycin (PEB) bei nicht-seminomatösem Hodentumor im Stadium I,
oder in drei bis vier Zyklen kombiniert mit Etoposid und Bleomycin (PEB),
Etoposid und Ifosfamid (VIP) oder Ifosfamid und Paclitaxel (TIP) bei
metastasiertem Krankheitsstadium appliziert.
Die Patienten, die bereits primär ein entsprechend IGCCCG als „poor risk“
klassifiziertes metastasiertes Krankheitsstadium aufwiesen, erhielten in
der Regel als Erstlinientherapie eine Hochdosis-Chemotherapie mit drei
Zyklen hochdosiertem Cisplatin, Etoposid und Ifosfamid (HD-PEI) mit
autologer peripherer Stammzellreinfusion.
24
Die Behandlung der beobachteten thrombembolischen Komplikationen
bestand aus einer unverzüglichen vollständigen Antikoagulation mit
unfraktioniertem oder niedermolekularem Heparin. Die Antikoagulation
wurde bei entsprechender Indikation mit einer oralen Einnahme von
Phenprocoumon fortgesetzt.
3.1
Alle
Erhebung der Patientendaten
Krankenakten
Einschlusskriterien
von
Patienten
wurden
mit
analysiert,
um
den
oben
Patienten,
genannten
die
eine
thrombembolische Komplikation vor, während oder nach Applikation der
Platin-basierten Chemotherapie aufwiesen, zu erfassen. Dabei wurde
besonderes Augenmerk auf Informationen aus bildgebenden Verfahren
wie Computertomographie, Magnetresonanztomographie, Ventilations-/
Perfusionsszintigraphie, venöser Doppler-Sonographie und Angiographie
gerichtet.
Insbesondere
bei
Vorliegen
einer
therapeutischen
Antikoagulation oder Berichten über akute abnorme Ereignisse wie z.B.
plötzlicher Tod, plötzliche Veränderung des Gesundheitszustandes oder
Krankenhausaufnahme wurden die Krankenakten studiert, um mögliche
vaskuläre
Komplikationen
in
diesen
Zusammenhängen
nicht
zu
übersehen.
Ein thrombembolisches Ereignis wurde dann als therapieassoziiert
betrachtet, wenn es im Zeitraum zwischen der ersten Gabe der
Chemotherapie und der Abschlussuntersuchung 4-6 Wochen nach
Beendigung der Chemotherapie auftrat und es auf einer vorangehenden
Bildgebung nicht zu erkennen gewesen war.
25
3.2
Statistische Auswertung
Es wurde eine retrospektive Datenbankanalyse unter Verwendung von
Microsoft Excel angefertigt. Darin wurden die Daten von 193 Patienten
bezüglich der Prävalenz venöser thrombembolischer Komplikationen vor,
während und nach Applikation einer Platin-basierten Chemotherapie
aufgenommen. Es wurden detaillierte Informationen zu den aufgetretenen
thrombembolischen Ereignissen, Charakteristika der Grunderkrankung,
potentielle
patienteneigene
onkologische
Therapie
Risikofaktoren,
inklusive
vorherige
supportiver
und
aktuelle
Maßnahmen
und
Informationen zum weiteren Krankheitsverlauf erfasst. Betrachtet wurde
jeweils die Therapielinie, die zum Einschluß in die vorliegende Analyse
führte, also bei Patienten mit neu diagnostizierter Erkrankung die
Primärtherapie und bei Patienten im ersten Rezidiv die Salvage-Therapie.
Bei Patienten mit Rezidiv zum Untersuchungszeitpunkt wurden ebenfalls
die Charakteristika der Vortherapie als mögliche weitere Risikofaktoren
untersucht.
Es erfolgte ein statistischer Vergleich der beiden Kollektive – Patienten mit
versus Patienten ohne venöse Thrombembolie – bezüglich verschiedener
potentieller Risikofaktoren für die Entwicklung einer Thrombembolie.
Insbesondere wurden hierbei das Stadium der Tumorerkrankung, die
Höhe der Tumormarker, die Therapie unter Berücksichtigung der
Applikation
unterschiedlicher
kardiovaskuläre
Medikamente,
Vorerkrankungen,
Komorbiditäten
prophylaktische
wie
Antikoagulation,
zentrale Venenzugänge, Immobilität und die Applikation von G-CSF
(Granulocyte-colony stimulating factor) dokumentiert und miteinander
verglichen.
Alle statistischen Analysen wurden unter der Verwendung von SPSS
Software Version 16 (IBM, USA) ausgeführt.
Es wurden Korrelationen zwischen Patienten, Behandlungscharakteristika
und Vorhandensein einer venösen thrombembolischen Komplikation unter
Verwendung des Chi-Quadrat Tests für definierte Variablen und des
26
Wilcoxon-Rang-Summentests für konstante Variablen untersucht. Alle
Variablen, die sich in der univariaten Analyse (p<0,05) als statistisch
signifikant
erwiesen,
wurden
zur
genaueren
Untersuchung
einer
multivariaten Regressionsanalyse unterzogen.
Des Weiteren wurden die Überlebenszeiten jedes Patienten mit der
Kaplan-Meier Methode bestimmt. Hierzu wurde der aktuelle Status des
Patienten zum letzten Nachbeobachtungszeitpunkt im Juni des Jahres
2011 ermittelt.
27
4
4.1
Ergebnisse
Charakteristika
sowie
potentielle
Risikofaktoren
im
Gesamtkollektiv
Es wurden die Daten von 193 Patienten ausgewertet, bei denen im
Zeitraum
von
Januar
2000
bis
Dezember
2009
entweder
eine
Neuerkrankung eines Hodentumors auftrat (141 Patienten = 73%) oder die
erstmalig ein Rezidiv eines Hodentumors erlitten (52 Patienten = 27%)
und
die
eine
Platin-basierte
Chemotherapie
entsprechend
der
Einschlußkriterien erhielten.
Das mediane Alter der Patienten lag bei 35 Jahren (Streuung: 18-83
Jahre).
4.1.1 Hodentumorerkrankung
Die weit überwiegende Anzahl der untersuchten Hodentumorpatienten
(94%) wies einen gonadalen Primärtumor auf. Die zweithäufigste
Lokalisation
bei
knapp
5%
aller
Betroffenen
war
die
primär
retroperitoneale Lokalisation des Keimzelltumors und 2% zeigten eine
primär mediastinale Tumorlokalisation.
Die häufigste Tumorhistologie war der nicht-seminomatöse Mischtumor
mit einem Anteil von 53%. Ein reines Seminom trat mit einem Anteil von
28% auf und das embryonale Karzinom stellte mit 12% die dritthäufigste
diagnostizierte Tumorhistologie dar. Malignes Teratom, Dottersacktumor
und Chorionkarzinom waren seltener und traten mit einer Häufigkeit
zwischen 1 - 4% auf.
Zum Zeitpunkt der analysierten Therapielinien wies der überwiegende Teil
der Patienten Metastasen im Retroperitoneum auf (72%). Die Lunge war
in 24% der Fälle betroffen, das Mediastinum in 21% der Fälle. Weitere
28
Metastasenlokalisationen waren die Leber, das zentrale Nervensystem,
Knochen, supraklavikuläre Lymphknoten und andere bei jeweils etwa 2 –
8% aller Patienten.
Die Tumormarker zeigten eine Erhöhung des ß-Humanen-ChorionGonadotropins (ß-HCG) bei 52%, eine Erhöhung des alpha-Fetoprotein
(AFP) bei 34% aller Patienten und eine Erhöhung des unspezifischen
Markers für Zellumsatz Laktatdehydrogenase (LDH) bei 23% der
Patienten.
Die genauen Details zur Charakteristik der Hodentumorerkrankung der
Patienten zum Zeitpunkt des Studieneinschlusses, also der zugrunde
liegenden Erst- oder Rezidiv-Diagnose, zeigt Tabelle 2.
29
Tabelle 2:
Charakteristika
der
Hodentumorerkrankung
der
Gesamtkollektivs
Pat. insgesamt
n = 193
Prozentualer
Anteil
Lokalisation
Gonadal
181
(94%)
des Primärtumors
Mediastinal
3
(2%)
Retroperitoneal
9
(5%)
Histologie
Seminom
54
(28%)
des Primärtumors
Nicht-Seminom
139
(72%)
Mischtumor
102
(53%)
24
(12%)
Chorionkarzinom
2
(1%)
Dottersacktumor
4
(2%)
Teratom
7
(4%)
Embryonales
Karzinom
Lokalisation
Retroperitoneal
138
(72%)
Metastasen
Mediastinal
40
(21%)
zum Zeitpunkt
Pulmonal
46
(24%)
des beobachteten
Hepatisch
14
(7%)
Ereignisses
Ossär
3
(2%)
ZNS
8
(4%)
Supraklavikulär
15
(8%)
andere
13
(7%)
66
(34%)
Tumormarker -
AFP
Erhöhung
zum Zeitpunkt des
ß-HCG
100
(52%)
Studieneinschlusses
LDH
45
(23%)
Abkürzungen
Tab.
2:
AFP:
alpha-Fetoprotein,
ß-HCG:
ß-Humanes-Chorion-
Gonadotropin, LDH: Laktatdehydrogenase, ZNS: Zentrales Nervensystem
30
4.1.2 Patientenbezogene Risikofaktoren
Bei der Untersuchung patienteneigener Faktoren, die mit einem erhöhten
Risiko für ein venöses thrombembolisches Ereignis einher gehen können,
zeigte sich, dass der mediane Body-Mass-Index des Gesamtkollektivs bei
24 kg/m² lag, sich die Patienten im Median also im normalgewichtigen
Bereich befanden. Der normalgewichtige Bereich liegt bei 18,5-25 kg/m².
Allerdings litten 16% aller Patienten an einer Adipositas.
Als weitere potentielle Risikofaktoren lag bei 3% der Patienten ein
arterieller Hypertonus und bei 4% der Patienten ein Diabetes Mellitus vor.
Nur 2% der Patienten waren aufgrund von Komorbiditäten oder der
Grunderkrankung in ihrer Beweglichkeit eingeschränkt. Insgesamt 14
Patienten (7%) gaben an, regelmäßig zu rauchen.
4.1.3 Onkologische Vortherapie von Rezidivpatienten
Von den untersuchten 193 Hodentumorpatienten lag bei der Mehrzahl der
Patienten (141 Patienten = 73%) eine Ersterkrankung ihres Hodentumors
vor, so dass sie sich keiner vorherigen onkologischen Behandlung
unterzogen hatten.
Bei insgesamt 52 Patienten unseres Kollektivs handelte es sich jedoch um
Patienten, die ein erstes Rezidiv ihrer Hodentumorerkrankung erlitten
hatten. Von diesen 52 Patienten waren 47 (90%) primär chirurgisch mittels
Orchiektomie behandelt
worden. Nur ein Patient hatte eine einmalige
Carboplatin-Gabe als adjuvante Therapie erhalten, dagegen hatten 41
Patienten (76% / 22% des Gesamtkollektivs) eine Cisplatin-basierte
Chemotherapie über 2-4 Zyklen erhalten. Eine sekundäre Chirurgie zur
31
Resektion von Resttumoren nach Chemotherapie war bei 22 Patienten
(42%, 11% des Gesamtkollektivs) durchgeführt worden.
4.1.4 Aktuelle onkologische Therapie
Die aktuelle onkologische Therapie bestand meist aus einer Applikation
von drei bis vier Zyklen Chemotherapie nach dem PEB-Regime (Cisplatin,
Etoposid, Bleomycin). Diese Kombinationstherapie hatten 57% der
Hodentumorpatienten des Gesamtkollektivs erhalten. Bei 19% der
Patienten wurden ein bis zwei Zyklen PEB in adjuvanter Indikation
appliziert. Eine adjuvante Therapie bei einem reinen Seminom im Stadium
I A mit einem Zyklus Carboplatin hatten 4 Patienten (2%) erhalten.
Andere eingesetzte Chemotherapieschemata waren das PEI- (Cisplatin,
Etoposid, Ifosfamid) oder TIP-Regime (Cisplatin, Ifosfamid, Paclitaxel), die
jeweils über drei bis vier Zyklen appliziert wurden (PEI 7%; TIP 3%).
Insgesamt
21
Patienten
(11%)
erhielten
eine
Salvage-
Hochdosischemotherapie mit Cisplatin und Etoposid (HD-CE) im Rezidiv.
Eine primäre Hochdosischemotherapie mit Cisplatin, Etoposid und
Ifosfamid (HD-PEI) bei bereits initialer „poor prognosis“-Erkrankung
erhielten 2 Patienten (1%).
Die mediane über alle Zyklen applizierte absolute Cisplatin-Dosis lag für
das Gesamtkollektiv bei 630 mg, (Streuung: 210-960 mg).
Von den 193 analysierten Patienten wurden 72 (37%) sekundär
chirurgisch, also nach Abschluss der Chemotherapie, behandelt. Nur 2%
der Patienten erhielten eine zusätzliche Strahlentherapie.
Weitere
Details
zur
onkologischen
Therapie
in
der
zum
Untersuchungszeitpunkt durchgeführten Therapielinie sind in Tabelle 3
dargestellt.
32
Tabelle 3:
Charakteristika der Therapie des Gesamtkollektivs
Patienten gesamt
n = 193
Prozentualer Anteil
4
(2%)
1-2 Zyklen PEB
37
(19%)
3-4 Zyklen PEB
109
(57%)
3-4 Zyklen PEI
14
(7%)
3-4 Zyklen TIP
5
(3%)
HD-PEI
2
(1%)
HD-CE
21
(11%)
Sekundäre Resektion
72
(37%)
Radiotherapie
3
(2%)
Chemo-
1 Zyklus
therapie
Carboplatin
Abkürzungen Tab. 3: PEB: Cisplatin, Etoposid, Bleomycin; PEI: Cisplatin, Etoposid,
Ifosphamid; TIP: Cisplatin, Ifosphamid, Paclitaxel; HD: HochdosisRegime
4.1.5 Supportive Therapie
Die Platin-basierte Chemotherapie wurde bei 61 Patienten (32%) über
einen zentralen Venenkatheter appliziert.
Als supportive Medikation erhielt ein Drittel der Patienten (33%) den
Wachstumsfaktor G-CSF (Granulocyte-colony stimulating factor). Nur 18
Patienten
(9%)
wurden
während
der
onkologischen
Behandlung
entsprechend der individuellen Entscheidung des behandelnden Arztes
prophylaktisch antikoaguliert.
Bei der antiemetischen Medikation lag die über alle Zyklen absolut
applizierte mediane Dexamethason-Dosis bei 168 mg (Streuung: 24-224
mg), und die mediane Granisetron-Dosis bei 45 mg (Streuung: 15-60 mg).
33
Eine Übersicht über die supportiven Maßnahmen ist in Tabelle 4
dargestellt.
Tabelle 4:
Supportive Therapie des Gesamtkollektivs
Patienten gesamt
Prozentualer Anteil /
n = 193
Streuung
G-CSF
Prophylaktische
Antikoagulation
Zentraler
Venenkatheter
64
(33%)
18
(9%)
61
(32%)
168
(24-224)
45
(15-60)
Mediane absolute
Dexamethason Dosis
(mg)
Mediane absolute
Granisetron Dosis (mg)
Abkürzungen Tab. 4: G-CSF: Granulocyte-colony stimulating factor
4.1.6 Therapieerfolg und Überleben
Von allen 193 Patienten erlitten 28 (15%) im Anschluss an die betrachtete
Behandlung
ein
weiteres
Rezidiv
ihres
Hodentumors.
Das
progressionsfreie Überleben über die zwei folgenden Jahre lag bei 89%.
Das Zwei-Jahres-Gesamtüberleben aller betrachteten Patienten lag bei
93%.
34
4.2
Charakteristika und potentielle Risikofaktoren bei Patienten mit
thrombembolischen Komplikationen
Es kam in dem von uns untersuchten Gesamtpatientenkollektiv bei 22 von
193 Patienten zu einer venösen thrombembolischen Komplikation, die
Inzidenz lag somit bei 11%.
Das Alter der 22 Patienten mit einem venösen thrombembolischen
Ereignis lag zwischen 20 und 59 Jahren; der Median lag hier bei 39
Jahren.
4.2.1 Hodentumorerkrankung
Die weit überwiegende Anzahl (21/22 = 95%) der untersuchten
Hodentumorpatienten,
bei denen es
zu einer
thrombembolischen
Komplikation gekommen war, wies einen gonadalen Primärtumor auf. Nur
ein
Patient
(5%)
hatte
einen
primär
retroperitoneal
lokalisierten
Keimzelltumor.
Histologisch ließ sich bei jeweils 11 Patienten (50%) ein reines Seminom
bzw. ein nicht-seminomatöser Mischtumor nachweisen.
Der
überwiegende
Anteil
der
Patienten
mit
thrombembolischer
Komplikation wies bei Diagnosestellung Metastasen im Retroperitoneum
auf (20/22 = 91%). Das Mediastinum war in 32% der Fälle von
Fernmetastasen betroffen, die Lunge in 27% der Fälle. Ebenfalls bei 27%
der Patienten waren die supraklavikulären Lymphknoten betroffen.
Weitere Metastasenlokalisationen waren die Leber (9%), Knochen (5%),
und andere (14%).
Bei 64% der Patienten mit thrombembolischer Komplikation lag zum
Zeitpunkt der untersuchten Erkrankungssituation eine Erhöhung des ßHumanen-Chorion-Gonadotropins (ß-HCG) vor. Bei 32% der Patienten
35
imponierte eine Erhöhung des alpha-Fetoprotein (AFP) und 45% wiesen
eine Erhöhung der Laktatdehydrogenase (LDH) auf.
Weitere
Details
zur
Grunderkrankung
der
Patienten
mit
thrombembolischer Komplikation zum Untersuchungszeitpunkt sind in
Tabelle 5 dargestellt.
Tabelle 5: Charakteristika der Hodentumorerkrankung bei Patienten mit
thrombembolischen Komplikationen
Pat. mit vTEK
n = 22
Prozentualer
Anteil
Lokalisation
Gonadal
21
(95%)
Primärtumor
Retroperitoneal
1
(5%)
Histologie
Seminom
11
(50%)
11
(50%)
des Primärtumors
Nicht-Seminom
(Mischtumor)
Lokalisation
Retroperitoneal
20
(91%)
Metastasen
Mediastinal
7
(32%)
zum Zeitpunkt
Pulmonal
6
(27%)
des beobachteten
Hepatisch
2
(9%)
Ereignisse
Ossär
1
(5%)
Supraklavikulär
6
(27%)
andere
3
(14%)
Tumormarker-
AFP
7
(32%)
Erhöhung
ß-HCG
14
(64%)
LDH
10
(45%)
Abkürzungen Tab. 5: vTEK: venöse thrombembolische Komplikation, AFP: alphaFetoprotein, ß-HCG: ß-Humanes-Chorion-Gonadotropin, LDH: Laktatdehydrogenase
36
4.2.2 Patientenbezogene Risikofaktoren
Die Gruppe der Patienten mit einem thrombembolischen Ereignis wies
einen medianen BMI von 25 kg/m² (Streuung: 18-32) auf.
Die weiteren untersuchten Risikofaktoren, die das Entstehen einer
venösen Thrombembolie begünstigen können, zeigten das Vorliegen
eines
arteriellen
Hypertonus
bei
14%
der
Patienten
mit
einem
thrombembolischen Ereignis. Die übrigen untersuchten Risikofaktoren wie
Rauchen, Adipositas, Diabetes mellitus, Immobilität usw. waren jeweils bei
weniger als 10% der Patienten vertreten.
4.2.3 Onkologische Therapie einschließlich supportiver Maßnahmen
Der überwiegende Anteil (20/22; 91%) der Patienten im Kollektiv der
Thrombembolie-Patienten
erhielt
eine
Cisplatin-basierte
Kombinationschemotherapie. Bei den übrigen zwei Patienten (9%) war die
Chemotherapie Carboplatin-basiert.
Ebenfalls mehr als die Hälfte der betroffenen Patienten (12/22; 55%) hatte
im Verlauf ihrer Therapie den Wachstumsfaktor G-CSF (Granulocytecolony stimulating factor) appliziert bekommen.
Die Platin-basierte Chemotherapie war bei 13 von 22 Patienten (59%), die
im Verlauf ihrer Hodentumorerkrankung ein thrombembolisches Ereignis
erlitten, über einen zentralen Venenkatheter appliziert worden.
Ein einziger Patient (5%) war prophylaktisch antikoaguliert worden und
erlitt im weiteren Verlauf dennoch eine thrombembolische Komplikation.
37
4.3
Lokalisation der venösen thrombembolischen Ereignisse
Bei den oben genannten 22 betroffenen Patienten traten insgesamt 26
venöse thrombembolische Ereignisse auf. Bei vier Patienten trat also
mehr als ein Ereignis auf.
Die Mehrzahl der thrombembolischen Ereignisse (58%) bestand aus
venösen Thrombembolien in der unteren Körperhälfte bzw. in den unteren
Extremitäten.
Zehn Ereignisse (38%, 10 von 26 Ereignissen) manifestierten bei den
betroffenen Patienten als tiefe Beinvenenthrombosen. Bei der Hälfte
dieser Patienten, also 5 Patienten, waren gleichzeitig auch die
Iliakalvenen betroffen. Ebenfalls 5 thrombembolische Ereignisse (19%)
manifestierten sich in der unteren Vena cava. Eine Lungenarterienembolie
wurde bei ebenfalls fünf Patienten (19%) beobachtet. Bei jeweils einem
Patienten (jeweils 4%) kam es zu einer Vena-mesenterica- bzw. zu einer
Sinusvenen-Thrombose.
Es
konnten
vier
(15%)
Arm-
oder
Jugularvenenthrombosen beobachtet werden.
Die vier Patienten, bei denen jeweils zwei thrombembolische Ereignisse
aufgetreten
waren,
zeigten
unterschiedliche
Kombinationen
der
Ereignisse: Bei einem Patienten war es sowohl zu einer Armvenen- als
auch einer Vena-jugularis-Thrombose gekommen, bei einem zweiten
lagen
gleichzeitig
eine
Vena-Cava-Thrombose
und
eine
Lungenarterienembolie vor, bei einem dritten Patienten war es zur
Thrombose einer Iliakalvene mit gleichzeitiger Lungenarterienembolie
gekommen
und
der
vierte
Patient
mit
zwei
thrombembolischen
Ereignissen wies die Kombination einer Thrombose einer Vena subclavia
und einer Vena jugularis auf.
Eine Übersicht über die Lokalisationen der venösen thrombembolischen
Komplikationen zeigt Tabelle 6.
38
Tabelle 6:
Lokalisation der thrombembolischen Komplikationen
vTEK insgesamt
Prozentualer Anteil
n = 26
Lungenarterienembolie
5
(19%)
Untere Extremitäten (< V. iliaca)
5
(19%)
Untere Extremitäten (> V. iliaca)
5
(19%)
V. cava (+/- untere Extremitäten)
5
(19%)
Obere Extremitäten
4
(15%)
Andere
2
(8%)
Untere Extremitäten (+/- V.cava)
15
(58%)
Alle anderen
11
(42%)
Klassifizierte Analyse:
Abkürzungen Tab. 6: vTEK: venöse thrombembolische Komplikation, V. : Vena
4.4
Univariate Analyse
4.4.1 Charakteristika der Tumorerkrankung
In einer univariaten Analyse wurden die beiden Patientenkollektive – die
Patienten
mit
versus
Patienten
ohne
venöse
Thrombembolie
–
miteinander verglichen, um so Risikofaktoren für die Entstehung einer
thrombembolischen Komplikation identifizieren zu können.
Als statistisch signifikanter Risikofaktor erwies sich zunächst das Vorliegen
eines reinen Seminoms in der Histologie des Tumors. Der Anteil der
Seminom-Patienten betrug im Kollektiv der an einer Thrombembolie
erkrankten
Patienten
50%,
im
Kollektiv
der
Patienten
ohne
Thrombembolie lag der Anteil der Seminom-Patienten lediglich bei 25%
(p=0,01).
39
Das Vorliegen retroperitonealer Metastasen erwies sich ebenfalls als
statistisch signifikantes Merkmal mit einem Anteil von 91% bei Patienten,
die von einem thrombembolischen Ereignis betroffen waren, im Vergleich
zu 69% bei Nicht-Thrombembolie-Patienten (p=0,03).
Weiter
ließen
sich
das
Vorliegen
von
supraklavikulären
Lymphknotenmetastasen mit 27% bei Thrombembolie-Patienten versus
5% bei Patienten ohne Ereignis (p<0,01) und eine Erhöhung der
Laktatdehydrogenase im Serum mit 45% versus 20% (p<0,01) als
statistisch signifikante Unterscheidungsmerkmale identifizieren.
Die detaillierten Ergebnisse der univariaten Analyse potentieller von der
Grunderkrankung ausgehender Risikofaktoren zeigt Tabelle 7.
Tabelle 7: Vergleich der Charakteristika der Tumorerkrankung
Pat. ohne
Pat. mit
vTEK
vTEK
n = 171
n = 22
160
21
0,73
p-Wert
Lokalisation
Gonadal
des Primär-
Mediastinal
3
0
0,53
tumors
Retroperitoneal
8
1
0,97
Histologie
Seminom
43 (25%)
11 (50%)
0,01*
Nicht-Seminom
128 (75%)
11 (50%)
0,01*
Lokalisation
Retroperitoneal
118 (69%)
20 (91%)
0,03*
Metastasen
Mediastinal
33
7
0,17
zum Zeitpunkt
Pulmonal
40
6
0,68
des beob.
Hepatisch
12
2
0,72
Ereignisses
Supraklavikulär
9 (5%)
6 (27%)
< 0,001*
Tumormarker-
AFP
59
7
0,80
Erhöhung
ß-HCG
86
14
0,24
35 (20%)
10 (45%)
0,003*
LDH
40
Abkürzungen Tab. 7: Pat. = Patienten, vTEK: venöse thrombembolische Komplikation,
AFP:
alpha-Fetoprotein,
ß-HCG:
ß-Humanes-Chorion-
Gonadotropin, LDH: Laktatdehydrogenase
4.4.2 Patientenbezogene Risikofaktoren
Die Auswertung von kardiovaskulären Risikofaktoren wie beispielsweise
Rauchen, Body-Mass-Index, Adipositas, Diabetes mellitus, arterieller
Hypertonus
und
Immobilität
zeigte,
dass
das
Auftreten
einer
Thrombembolie im Krankheitsverlauf in signifikanter Weise mit dem
Vorhandensein eines arteriellen Hypertonus (p<0,001) assoziiert war.
Die übrigen vermuteten Risikofaktoren erwiesen sich in der univariaten
Analyse als statistisch nicht signifikant (Rauchen p=0,72; Adipositas
p=0,13; Diabetes Mellitus p=0,81; Immobilität p=0,23; Body-Mass-Index
p=0,80).
4.4.3 Therapie und supportive Maßnahmen
Vergleichspunkte zwischen beiden Kollektiven waren die applizierte
Chemotherapie und Anzahl der Zyklen, die Verwendung eines zentralen
Venenkatheters (ZVK), eine eventuelle prophylaktische Antikoagulation
und die mögliche Verabreichung von G-CSF (Granulocyte-colony
stimulating factor).
Signifikante Unterschiede zeigte die univariate Analyse der oben
genannten Faktoren bezüglich eines zentralen Venenkatheters: von den
betrachteten Thrombembolie-Patienten hatten 59% der Patienten einen
ZVK erhalten, in der Vergleichsgruppe der Nicht-ThrombemboliePatienten hingegen nur 28%. Dieser Unterschied war statistisch mit
p=0,003 signifikant.
41
Ebenfalls statistisch signifikante Unterschiede erbrachte der Vergleich
einer möglichen supportiven G-CSF-Applikation; 55% der ThrombemboliePatienten hatten den Wachstumsfaktor im Verlauf der Therapie erhalten,
aber nur 30% der Nicht-Thrombembolie-Patienten (p=0,02).
Zusätzlich konnte die Verabreichung von mindestens drei Zyklen
Cisplatin-basierter Chemotherapie (p=0,048) als signifikanter Risikofaktor
identifiziert werden.
Signifikante Unterschiede in der absoluten, über alle Zyklen applizierten
Cisplatinmenge ergaben sich ebenso wenig wie beim Vergleich der
kumulativen
Gesamtdosen
der
antiemetischen
Prophylaxen
mit
Granisetron oder Dexamethason.
Die detaillierten Ergebnisse der univariaten Analysen zu potentiellen
Risikofaktoren aus der aktuellen Chemotherapie und Supportivtherapie
zeigt Tabelle 8.
42
Tabelle 8: Vergleich der Charakteristika der Therapie und supportiven
Prophylaxe
Pat. ohne
Pat. mit
vTEK
vTEK
n = 171
n = 22
35 (20%)
2 (9%)
0,20
112 (65%)
19 (86%)
0,048*
24 (14%)
1 (5%)
0,21
Zentraler Venenkatheter
48 (28%)
13 (59%)
0,003*
G-CSF
52 (30%)
12 (55%)
0,02*
Prophylaktische Antikoagulation
17 (10%)
1 (5%)
0,41
Mediane absolute Cisplatin Dosis
600 (210-
690 (420-
960)
880)
168 (24-
168 (112-
224)
224)
45 (15-60)
45 (30-60)
p-Wert
Chemotherapie
zum Zeitpunkt d.
beobachteten
1-2 Zyklen
Cisplatin
Ereignisses
3-4 Zyklen
Cisplatin
Carboplatin
(mg)
Mediane absolute Dexamethason
Dosis (mg)
Mediane
absolute
Dosis (mg)
Granisetron
n.s.
n.s.
n.s.
Abkürzungen Tab. 8: Pat. = Patient, vTEK: venöse thrombembolische Komplikation, GCSF: Granulocyte-colony stimulating factor, mg: Milligramm, * : statistisch signifikant, n.s.:
nicht signifikant
43
4.4.4 Therapieerfolg und Überleben
Es kam bei keinem der in dieser Studie erfassten Patienten mit
thrombembolischen
Ereignissen
zu
Langzeitkomplikationen
nach
adäquater antikoagulatorischer Therapie.
Die Zwei-Jahres-Gesamtüberlebensrate betrug 94% für das Kollektiv der
Patienten ohne Thrombembolie und 91% für die Gruppe der Patienten mit
dieser Komplikation; der Unterschied war statistisch nicht signifikant.
Als ebenfalls statistisch nicht signifikant erwies sich das progressionsfreie
Überleben nach zwei Jahren mit 77% für die Patienten mit einer
Thrombembolie im Vergleich zu 91% bei den Patienten ohne venöse
thrombembolische Komplikation.
Das etwas verminderte progressionsfreie Überleben in dem Kollektiv der
Patienten
mit
einem
Krankheitsverlaufs
ist
thrombembolischen
Ereignis
vermutlich
häufig
dem
während
deutlich
des
weiter
fortgeschrittenen Erkrankungsstadium in dieser Gruppe geschuldet.
4.5
Multivariate Analyse
Als signifikant mit der Entstehung von thrombembolischen Ereignissen
assoziierte Risikofaktoren konnten also durch die univariate Analyse das
Vorliegen eines reinen Seminoms in der Tumorhistologie, retroperitoneal
und supraklavikulär lokalisierte Lymphknotenmetastasen, eine Erhöhung
der Laktatdehydrogenase im Serum, das Vorliegen eines arteriellen
Hypertonus, die Verwendung eines zentralen Venenkatheters zur
Applikation der Chemotherapie, die supportive Gabe von G-CSF und eine
Applikation von mehr als drei Zyklen Cisplatin-basierter Chemotherapie
ermittelt werden.
Alle genannten Parameter wurden im Folgenden mit einer multivariaten
Analyse überprüft.
44
Als Ergebnis dieser Untersuchung verblieben die Verwendung eines
zentralen Venenkatheters und das Vorhandensein von supraklavikulären
Metastasen als einzige unabhängige Risikofaktoren für die Entstehung
einer venösen thrombembolischen Komplikation im Krankheitsverlauf
(jeweils p=0,03).
Die supportive Verabreichung von G-CSF und die Applikation von mehr
als drei Zyklen Cisplatin-basierter Chemotherapie erreichten bei dieser
Analyse nur grenzwertige Signifikanz (jeweils p=0,06).
Die vollständigen Ergebnisse der multivariaten Analyse potentieller
Risikofaktoren zeigt Tabelle 9.
Tabelle 9: Multivarianzanalyse der potentiellen Risikofaktoren
Histologie: reines Seminom
P = 0,10
Metastasen retroperitoneal
P = 0,28
Metastasen supraklavikulär
P = 0,03 *
LDH-Erhöhung
P = 0,12
Arterieller Hypertonus
P = 0,06
G-CSF Applikation
P = 0,69
Zentraler Venenkatheter
3 – 4 Zyklen Cisplatin
P = 0,03 *
P = 0,06
Abkürzungen Tab. 9: *: statistisch signifikant, LDH: Laktatdehydrogenase, G-CSF:
Granulocyte-colony stimulating factor
45
4.6
Vergleich
der
thrombembolischen
Charakteristika
von
Komplikationen
vor
Patienten
und
mit
während
Chemotherapie
4.6.1 Charakteristika der Tumorerkrankung
Die 22 von einer thrombembolischen Komplikation betroffenen Patienten
unterteilen sich in 18 Patienten (82%), die die Thrombembolie vor
Applikation der Platin-basierten Chemotherapie – also bereits bei
Diagnosestellung
–
aufwiesen
und
4
Patienten
(18%),
die
die
Thrombembolie während des Zeitraumes der chemotherapeutischen
Behandlung erlitten.
Bei den 18 Patienten (82%), die das thrombembolische Ereignis bereits
vor Chemotherapie-Einleitung aufwiesen, handelte es sich in 67% der
Fälle um Patienten mit einer Ersterkrankung eines Hodentumors. 33% der
Patienten zeigten die thrombembolische Komplikation bei Diagnose eines
Hodentumor-Rezidivs.
Bei den vier Patienten (18%), die die thrombembolische Komplikation
während Chemotherapie entwickelten, handelte es sich in allen Fällen um
Patienten mit einer Erstlinientherapie zur primären Behandlung eines
Hodentumors.
Im Kollektiv der 18 Patienten, die ihre thrombembolische Komplikation vor
Chemotherapie-Gabe erlitten, teilt sich die Tumorhistologie in 56% reine
Seminome und 44% nicht-seminomatöse Mischtumore auf. Anders
hingegen gestaltet es sich in der Gruppe der Patienten, die die
Thrombembolie während ihrer Chemotherapie entwickelten: nur 25% der
Hodentumore waren reine Seminome, nicht-seminomatöse Mischtumore
hingegen waren zu 75% vertreten.
Auch bei Betrachtung der Metastasenlokalisation fallen signifikante
Unterschiede auf. In der Gruppe der Patienten mit der Thrombembolie vor
46
Therapiebeginn zeigten alle Patienten Lymphknotenmetastasen im
Retroperitoneum, in der anderen Gruppe, die ihre Komplikation während
der Chemotherapie erlitten, wiesen nur 50% diese Metastasierung auf.
Dieser Unterschied war statistisch signifikant mit p=0,002.
67% der Patienten, die vor Beginn einer Chemotherapie betroffen waren,
zeigten bei Diagnosestellung eine Erhöhung des ß-HCG, bei 39% war das
AFP und bei 50% die LDH erhöht. Bei 50% der Patienten, die die
Thrombembolie während der Therapie erlitten, lag eine Erhöhung des ßHCG und bei 25% eine Erhöhung der LDH vor. Bei keinem Patienten aus
dieser Gruppe wurde initial eine Erhöhung des AFPs gemessen.
Weitere Details zum Vergleich der Tumorcharakteristika zwischen
Patienten
mit
thrombembolischer
Komplikation
vor
und
während
Chemotherapie stellt Tabelle 10 dar.
Tabelle 10: Charakteristika der Tumorerkrankung innerhalb des Kollektivs
der Patienten mit einer thrombembolischen Komplikation
vTEK vor
CTX
n = 18
Histologie
vTEK
während
CTX
p-Wert
n=4
Seminom
10 (56%)
1 (25%)
0,27
Nicht-Seminom
8 (44%)
3 (75%)
0,27
Lokalisation
Retroperitoneal
18 (100%)
2 (50%)
0,002*
Metastasen
Mediastinal
6 (33%)
1 (25%)
0,75
Zum Zeitpunkt
Pulmonal
6 (33%)
0
0,18
des Studieneinschlusses
Supraklavikulär
3 (17%)
0
0,38
Tumormarker-
AFP
7 (39%)
0
0,13
Erhöhung
ß-HCG
12 (67%)
2 (50%)
0,53
LDH
9 (50%)
1 (25%)
0,36
47
Abkürzungen Tab. 10: vTEK: venöse thrombembolische Komplikation, * : statistisch
signifikant, CTX: Chemotherapie, AFP: alpha-Fetoprotein, ß-HCG: ß-Humanes-ChorionGonadotropin, LDH: Laktatdehydrogenase
4.6.2 Patientenbezogene Risikofaktoren
Betrachtet man die Patienten mit venöser Thrombembolie vor versus
während
Chemotherapie
hinsichtlich
ihrer
kardiovaskulären
Risikofaktoren, so zeigt sich, dass keiner der vier Patienten mit
Thrombembolie während Chemotherapie einen Risikofaktor aufwies.
Aufgrund der geringen Patientenzahlen ergaben sich aber keine
statistischen Signifikanzen (Details siehe Tabelle 11).
Tabelle 11: Patientenbezogene Risikofaktoren
vTEK vor
CTX
n = 18
vTEK
während
CTX
p-Wert
n=4
Kardiovaskuläre
Rauchen
2 (11%)
0
0,48
Risikofaktoren
Adipositas
1 (6%)
0
0,63
1 (6%)
0
0,63
Hypertonus
3 (17%)
0
0,38
Immobilität
1 (6%)
0
0,63
andere
1 (6%)
0
0,63
Diabetes
Und
mellitus
Lebensumstände
Abkürzungen
Tab.
11:
vTEK:
venöse
thrombembolische
Komplikation,
CTX:
Chemotherapie
48
4.6.3 Therapie und supportive Maßnahmen
In der Gruppe der 18 Patienten, die vor Applikation einer Chemotherapie
bereits die thrombembolische Komplikation aufwiesen, hatten 88% eine
Cisplatin-basierte und 11% eine Carboplatin-basierte Chemotherapie
erhalten. Dagegen war bei allen vier Patienten, die ihr thrombembolisches
Ereignis während der Chemotherapie erlitten, eine Cisplatin-basierte
Chemotherapie appliziert worden.
Ebenfalls
auffällig
Thrombembolie
ist,
dass
während
in
der
Gruppe
Chemotherapie
der
alle
Patienten
Patienten
mit
die
Chemotherapie über einen zentralen Venenkatheter erhalten hatten (4/4 =
100%).
In
der
Gruppe
der
Patienten
mit
Thrombembolie
vor
Chemotherapie waren es hingegen nur 50% der Patienten, die einen
zentralen
Venenzugang
zur
Applikation
der
Platin-basierten
Chemotherapie erhalten hatten.
Eine prophylaktische Antikoagulation war lediglich bei 25% der Patienten
mit
einem
thrombembolischen
Ereignis
während
Chemotherapie
durchgeführt worden.
Insgesamt zeigte keiner der untersuchten Risikofaktoren bezüglich
aktueller Therapie und supportiver Maßnahmen, die in Tabelle 12
dargestellt sind, eine statistische Signifikanz.
49
Tabelle 12:
Potentielle Risikofaktoren aus onkologischer Therapie und
der supportiven Prophylaxe
vTEK vor
CTX
vTEK
während
p-Wert
CTX
n = 18
n=4
Chemo -
Cisplatin
16 (88%)
4 (100%)
0,48
therapie
Carboplatin
2 (11%)
0
0,48
Zentraler venöser Katheter
9 (50%)
4 (100%)
0,07
G-CSF
10 (56%)
2 (50%)
0,84
0
1 (25%)
0,32
venöse
thrombembolische
Komplikation,
Prophylaktische
Antikoagulation
Abkürzungen
Tab.
12:
vTEK:
CTX:
Chemotherapie, G-CSF: Granulocyte-colony stimulating factor
4.6.4 Lokalisation und Art der thrombembolischen Ereignisse in
Korrelation mit dem Zeitpunkt des Auftretens
Ausgehend von den insgesamt 26 thrombembolischen Ereignissen bei 22
Thrombembolie-Patienten zeigte sich, dass 85% (22 von 26) dieser
Ereignisse vor Applikation einer Chemotherapie auftraten und nur 15% (4
von 26) während der chemotherapeutischen Behandlung.
Bei Betrachtung der Lokalisationen der eingetretenen thrombembolischen
Ereignisse fällt auf, dass keine der vier Thrombembolien, die sich während
Chemotherapie manifestierten, in den unteren Gliedmaßen oder der
unteren Vena cava auftrat. Sie konzentrierten sich ausschließlich auf die
obere Körperhälfte. In zwei Fällen (50%) war es zu Thrombembolien in
Armvenen gekommen; es manifestierte sich in einem Fall eine
50
Lungenarterienembolie (25%) und in einem weiteren Fall (25%) war es zu
einer Sinusvenenthrombose gekommen.
Im Gegensatz dazu waren die 22 Thrombembolien, die vor Applikation der
Chemotherapie bereits auffällig geworden waren, zu 68% (15 Ereignisse)
in der unteren Körperhälfte einschließlich Vena cava lokalisiert. Bei
weiteren
20%
(4
Ereignisse)
manifestierte
sich
eine
Lungenarterienembolie und drei Thrombembolien (12%) zeigten sich an
anderer Lokalisation in der oberen Körperhälfte.
Interessanterweise wiesen alle vier Patienten, die ihre thrombembolische
Komplikation während der Chemotherapie entwickelten, jeweils lediglich
einen der oben genannten vermutlichen Risikofaktoren auf. Diese
Risikofaktoren waren jeweils ein reines Seminom in der Tumor-Histologie,
bei einem Patienten eine Erhöhung der Laktatdehydrogenase und
Vorliegen von retroperitonealen Metastasen bei zwei Patienten.
Auf
der
anderen
Seite
betrafen
80%
der
aufgetretenen
thrombembolischen Komplikationen bei Patienten mit retroperitonealen
Metastasen und einem Seminom in der Tumorhistologie die untere
Körperhälfte und/oder die untere Vena Cava. Bei weiteren 20%
manifestierte sich eine Lungenarterienembolie, ohne dass der Nachweis
einer tiefen Beinvenenthrombose erbracht werden konnte.
Es zeigte sich, dass die Lokalisation der thrombembolischen Ereignisse
mit dem Auftretenszeitpunkt korrelierte. Diese Korrelation zwischen dem
Auftreten einer thrombembolischen Komplikation vor Applikation einer
Chemotherapie und der Lokalisation der thrombembolischen Komplikation
in den unteren Extremitäten, einschließlich unterer Hohlvene, zeigte eine
Signifikanz von p=0,01.
Die Details des Vergleichs von Lokalisation des thrombembolischen
Ereignisses mit dem Zeitpunkt des Auftretens sind in Tabelle 13
dargestellt.
51
Tabelle 13: Lokalisation und Art aller thrombembolischen Ereignisse
innerhalb
des
Kollektivs
der
Patienten
mit
einer
thrombembolischen Komplikation
vTEK
vTEK vor
insgesamt
CTX
n = 26
n = 22
vTEK
während
CTX
n=4
(100%)
(85%)
(15%)
5 (19%)
4 (20%)
1 (25%)
5 (19%)
5 (25%)
0
0,23
5 (19%)
5 (25%)
0
0,23
5 (19%)
5 (25%)
0
0,23
Obere Extremitäten
4 (15%)
2 (10%)
2 (50%)
0,07
Andere
2 (8%)
1 (5%)
1 (25%)
0,22
15 (58%)
15 (68%)
0
0,01*
11 (42%)
7 (32%)
4 (100%)
0,01*
Lungenarterienembolie
Untere Extremitäten (< V.
iliaca)
Untere Extremitäten (> V.
iliaca)
V. cava (+/- untere
Extremitäten)
p-Wert
0,90
Klassifizierte Analyse:
Untere Extremitäten (+/V.cava)
Alle anderen
Abkürzungen
Tab.
13:
vTEK:
venöse
thrombembolische
Komplikation,
CTX:
Chemotherapie, V.: Vena, * : statistisch signifikant
52
5
Diskussion
In der hier vorliegenden retrospektiven Studie wurden Patienten mit
fortgeschrittenem Hodentumor analysiert, die sich im Zeitraum von Januar
2000 bis Dezember 2009 in zwei Hamburger Zentren einer Platinbasierten Chemotherapie unterzogen haben. Es wurde die Inzidenz der in
diesem Zusammenhang aufgetretenen venösen thrombembolischen
Komplikationen untersucht und versucht, daraus Risikofaktoren für das
potentielle Auftreten einer venösen thrombembolischen Komplikation zu
ermitteln.
Bei dieser Analyse zur Häufigkeit von thrombembolischen Komplikationen
bei Hodentumorpatienten unter Platin-basierter Chemotherapie handelt es
sich vermutlich um die bisher umfassendste Analyse dieser Art.
Bei
dem
in
unserer
Hodentumorpatienten
Studie
lag die
untersuchten
Inzidenz
venöser
Kollektiv
von
thrombembolischer
Komplikationen bei 11%. In vorherigen Untersuchungen, die sich ebenfalls
mit dem Risiko für die Entstehung thrombembolischer Ereignisse im
Zusammenhang
mit
einer
Platin-basierten
Chemotherapie
bei
Hodentumorpatienten auseinandersetzen, wurden Inzidenzen in einer
Spannbreite von 8,4 bis 19% gefunden (65, 67, 66, 54). Die in dieser
Studie ermittelte Inzidenz von 11% liegt damit harmonisch innerhalb
dieses vorbeschriebenen Bereichs.
In der Studie von Weijl et al. waren bei 8,4% der retrospektiv analysierten
Hodentumorpatienten
eine
oder
mehrere
thrombembolische
Komplikationen aufgetreten. Das Gesamtkollektiv der Studie betrug knapp
180 Patienten, bei 15 Patienten manifestierten sich 18 thrombembolische
Ereignisse. Nur drei der Thrombembolien waren arterieller, dagegen 15
(83%) venöser Art. Die Gesamtinzidenz rein venöser thrombembolischer
Komplikation
lag
bei
7,3%,
da
sich
bei
13
Patienten
venöse
Thrombembolien manifestierten.
Der Beobachtungszeitraum umfasste allerdings nicht den Zeitpunkt der
Diagnose der Hodentumorerkrankung, sondern begann erst mit der
53
Applikation einer Platin-basierten Chemotherapie und erstreckte sich bis
sechs Wochen nach der letzten Gabe (54). Auch wurden im Rahmen
dieser Studie lediglich Patienten, die eine Primärtherapie erhielten,
betrachtet; in unserer Studie wurden auch Daten von Patienten mit einer
Zweitlinientherapie bei Rezidiv analysiert.
In der Studie von Piketty et al. wurden zwei Kollektive von je 100
Patienten, die eine Cisplatin-basierte Erstlinientherapie bei metastasierter
Tumorerkrankung erhielten, miteinander verglichen. Bei dem einen
Kollektiv handelte es sich um Hodentumorpatienten, bei dem anderen
Kollektiv
handelte
es
sich
um
Patienten
mit
unterschiedlichen
onkologischen Erkrankungen. Auch hier wurden sowohl arterielle als auch
venöse Ereignisse beachtet, sogar oberflächliche Thrombophlebitiden
wurden in die Analyse miteinbezogen. Der Beobachtungszeitraum
umfasste die Zeit vom ersten Tag der Chemotherapie bis sechs Monate
nach Abschluss der Therapie.
Im Kollektiv der Hodentumorpatienten wurde eine ThrombembolieInzidenz von 19% ermittelt, während im Vergleichskollektiv die Inzidenz
bei 6% lag. In der Gruppe der Hodentumorpatienten waren die Ereignisse
in 95% der Fälle venös und lediglich in 5% arteriell. Die Inzidenz der rein
venösen thrombembolischen Ereignisse lag somit bei 18% (66).
Nuver et al. untersuchten 65 Hodentumorpatienten vor Beginn und
innerhalb von zehn Wochen nach Abschluss ihrer Chemotherapie. Die
Inzidenz der im Verlauf dieser Studie aufgetretenen thrombembolischen
Komplikationen betrug insgesamt 11%. Dabei waren die Mehrzahl (71%)
der Komplikationen venöser Art. Arterielle thrombembolische Ereignisse
traten bei 29% der Patienten in Form eines Herzinfarktes auf. Die Inzidenz
der ausschließlich venösen Thrombembolien lag damit bei 7,7% (67).
Moore et al. ermittelten eine Inzidenz von 18,1% thrombembolischer
Ereignisse
bei
knapp
Tumorerkrankungen
eintausend
unter
Patienten
Cisplatin-basierter
mit
unterschiedlichen
Chemotherapie.
Der
Beobachtungszeitraum erstreckte sich von der ersten Cisplatin-Gabe bis
54
vier Wochen nach der letzten Applikation. Es kam bei 150 von 169 (89%)
der von einer Thrombembolie betroffenen Patienten zu einem rein
venösen Ereignis und bei 8% zu einem arteriellen. Die übrigen 3% zeigten
eine venöse Thrombembolie in Verbindung mit einer arteriellen. Die
Gesamtinzidenz der rein venösen thrombembolischen Ereignisse lag bei
16% (65).
Insgesamt
lag
die
Inzidenz
rein
venöser
thrombembolischer
Komplikationen in bisher veröffentlichten Arbeiten somit in einer
Spannbreite von 7,7 bis 18% (65, 67, 66, 54), worin sich die Inzidenz für
venöse Ereignisse unserer Studie mit 11% weiterhin gut einfügt.
Ein weiterer Aspekt beim Vergleich der verschiedenen Studien ist der
jeweilige Beobachtungszeitraum. Unsere Studie ist neben der Studie von
Nuver
et
al.
von
den
Vorgestellten
die
einzige,
in
der
auch
Thrombembolien Beachtung finden, die bereits bei Diagnose der
Tumorerkrankung vorlagen. Dieser Aspekt ist insofern von Bedeutung, als
dass eine Therapieassoziation eines Ereignisses nur schlussgefolgert
werden kann, wenn sichergestellt ist, dass diese Komplikation nicht
eventuell schon vor Therapiebeginn bestanden hat.
In
der
von
uns
vorgestellten
Studie
gab
es
bezüglich
des
Auftretenszeitpunktes der Thrombembolie entscheidende Unterschiede:
Die
Mehrzahl
unserer
betroffenen
Patienten
(82%)
wiesen
die
thrombembolische Komplikation bereits vor Therapiebeginn bei Diagnose
des bösartigen Hodentumors auf. Lediglich 18% der betroffenen Patienten
entwickelten erst im Verlauf ihrer Platin-basierten Chemotherapie die
thrombembolische Komplikation.
Die meisten bisher publizierten Studien konzentrierten sich in ihrer
Analyse dagegen erst auf Ereignisse ab dem ersten Tag der
Chemotherapieapplikation (65, 67, 66, 54).
55
In der Studie von Weijl et al. wurden thrombembolische Ereignisse, die
außerhalb des betrachteten Zeitraumes lagen, zumindest erwähnt. So
waren bei der initialen Diagnose der Tumorerkrankung schon bei zwei
Patienten tiefe Beinvenenthrombosen vorhanden gewesen. Bei drei
Patienten traten innerhalb von sechs Monaten nach Beendigung der
Therapie tiefe Venenthrombosen auf, wie auch bei einem Patienten in der
Zweitlinientherapie bei Rezidiv des Hodentumors (54). Piketty et al.
berichteten von fünf Patienten (26%), bei denen es während des
Nachbeobachtungszeitraums von sechs Monaten nach Abschluss der
Therapie zu einer thrombembolischen Komplikation gekommen war (66).
Nuver et al. hingegen vermerkten bei einem Patienten eine bereits bei
Tumordiagnose bestehende tiefe Venenthrombose (67).
Bei der Analyse der Ereignisse, die im Verlauf der Platin-basierten
Chemotherapie auftraten, zeigten sich bei Weijl et al. die beobachteten
Thrombembolien im Median 52 Tage nach Beginn der Platin-basierten
Chemotherapie. Nur zwei Ereignisse traten bereits am ersten Tag nach
Cisplatin-Applikation auf (54). In der Studie von Moore et al. zeigte sich,
dass 88% der eingetretenen thrombembolischen Ereignisse innerhalb der
ersten 100 Tage nach Initiation der Chemotherapie auftraten. Der
mediane Zeitraum bis zum Auftreten der Thrombembolie betrug 48 Tage
(65).
Die Daten der dargestellten Studien lassen deutliche Unterschiede zu der
von uns durchgeführten Analyse erkennen. Während in unserer Studie der
überwiegende Teil der thrombembolischen Ereignisse (82%) eindeutig
bereits vor Applikation einer Platin-basierten Chemotherapie bestanden
hatte, wurde in den zum Vergleich herangezogenen Studien die
überwiegende Anzahl der Ereignisse erst im Verlauf einer Chemotherapie
beobachtet.
Da die Gesamtinzidenz venöser thrombembolischer Komplikationen in
unserer Studie (11%) dennoch vergleichbar ist mit derjenigen der anderen
erwähnten Studien (7,7 – 18%), könnte vermutet werden, ob nicht auch
bei den anderen Analysen eine Reihe der erst im Verlauf der
56
Chemotherapie
evident
gewordenen
thrombembolischen
Ereignisse
bereits im Vorwege bestanden haben.
Die vermeintliche Unterschätzung thrombembolischer Ereignisse vor
Chemotherapie-Gabe könnte auch auf die unterschiedlichen bildgebenden
Verfahren zurückzuführen sein, die im Zuge der Hodentumor-Diagnostik
durchgeführt
wurden.
Moderne
Spiral-Computertomographen
sind
heutzutage eher in der Lage, selbst kleinste intravasale Gerinnsel
darzustellen, als es bei älteren Geräten möglich war (73, 74, 75).
Die Mehrzahl der in unserer Analyse aufgetretenen thrombembolischen
Komplikationen (58%) war in der unteren Körperhälfte bzw. den unteren
Extremitäten lokalisiert. Von den Ereignissen, die sich vor Applikation der
Chemotherapie manifestierten, war ebenfalls der überwiegende Anteil
(68%) in den unteren Extremitäten lokalisiert. Im Gegensatz dazu trat
keine der Thrombembolien während Chemotherapie in den unteren
Extremitäten auf, sondern sie manifestierten sich als Arm- oder
Jugularvenenthrombose bzw. als Lungenarterienembolie ohne Nachweis
einer tiefen Beinvenenthrombose.
Bei den in der Studie von Weijl et al. unter Chemotherapie aufgetretenen
venösen Thrombembolien handelte es sich in der Mehrzahl (61%) um
Lungenarterienembolien. In jeweils 11% kam es zu abdominellen
Venenthrombosen
Thrombembolien
und
der
zu
oberen
tiefen
Beinvenenthrombosen.
Körperhälfte
wurden
Venöse
dagegen
nicht
beschrieben (54).
Von den 18 venösen Ereignissen, über die Piketty et al. berichteten,
zeigten sich zwei als oberflächliche Thrombophlebitiden, die übrigen 16
waren tiefe Venenthrombosen. Der überwiegende Anteil der tiefen
Venenthrombosen (62,5%) war in der unteren Körperhälfte lokalisiert,
entweder als tiefe Beinvenenthrombose bei sechs Patienten oder als
Thrombose der unteren Vena cava bei vier Patienten. Zu einer
Lungenarterienembolie und einer Thrombose der Nierenvene kam es
jeweils nur bei einem Patienten. In vier Fällen waren Armvenen betroffen
(66).
57
In der Untersuchung von Nuver et al. wiesen zwei Patienten eine
Lungenarterienembolie auf, bei einem Patienten war es – bereits vor
Therapiebeginn – zu einer tiefen Beinvenenthrombose gekommen und
zwei weitere Patienten zeigten Thrombosen der Vena subclavia bei
einliegendem Portsystem (67).
Dagegen beobachteten Moore et al. wie wir das überwiegende Vorliegen
von tiefen Venenthrombosen: bei 63% der betroffenen Patienten war es
zu einer tiefen Beinvenenthrombose gekommen, davon zeigten 21%
Patienten gleichzeitig eine Lungenarterienembolie. Weitere 25% wiesen
eine
Lungenarterienembolie
ohne
Nachweis
einer
tiefen
Beinvenenthrombose auf (65).
Die Ergebnisse der hier vorgestellten Studie bestätigen die bereits von
Piketty et al. und Moore et al. beobachtete überwiegende Anzahl von
venösen thrombembolischen Komplikationen in der unteren Körperhälfte
bzw.
den
unteren
Extremitäten.
Allerdings
hatten
bei
unserer
Untersuchung die meisten dieser thrombembolischen Ereignisse bereits
vor
Initiation
einer
Platin-basierten
Chemotherapie
bestanden,
wohingegen sie in den beiden anderen Analysen erst während der
Therapie auftraten oder eventuell erst zu diesem Zeitpunkt bemerkt
wurden (66, 65). In der Analyse von Nuver et al. wurde zwar nur eine tiefe
Beinvenenthrombose registriert, diese war jedoch analog zu unserer
Analyse bereits vor Beginn der Chemotherapie eingetreten (67).
Bei Weijl et al. war es in überwiegender Anzahl zu Lungenarterienembolien
gekommen.
Der
Nachweis
einer
gleichzeitigen
tiefen
Beinvenenthrombose erfolgte hierbei jedoch nur in zwei Fällen, ebenfalls
in zwei Fällen war es zu abdominellen venösen Thrombembolien
gekommen. In allen Fällen von Beinvenen- oder AbdominalvenenThrombosen bei Weijl et al. hatte vor Beginn der Chemotherapie eine
ausgedehnte retroperitoneale Metastasierung vorgelegen (54).
Die Betrachtung unserer Ergebnisse lässt die Vermutung zu, dass eine
ausgedehnte
retroperitoneale
Metastasierung
vor
Beginn
einer
Chemotherapie zu einer mechanischen Obstruktion der Vena cava inferior
und somit einer verminderten Rückflussgeschwindigkeit des Blutes aus
58
der unteren Körperhälfte geführt haben könnte. Diese Theorie der Venacava-Obstruktion wurde bereits 1988 von Cantwell et al. postuliert (51).
Sie waren bei einer Untersuchung von 52 Hodentumorpatienten mit 7
thrombembolischen Ereignissen ebenfalls zu dem Ergebnis gekommen,
dass eine Kompression der Vena cava inferior durch retroperitoneale
Lymphknotenmetastasen eine mögliche Ursache für die Komplikationen
sein könnte.
Es gibt allerdings auch andere Faktoren, die vor Applikation einer
Chemotherapie zu einer erhöhten Thromboseneigung von Krebspatienten
führen können. Khorana (70) setzte sich 2009 in seiner Übersichtsarbeit
mit thrombogenen Eigenschaften von malignen Tumoren auseinander. Er
beschreibt, dass die Expression des Tissue Faktor von Tumoren zu einem
generell prokoagulatorischen Umfeld führt. Durch den Tissue Faktor kann
direkt eine Aktivierung von Faktor X erfolgen oder, wenn er von
Monozyten oder Makrophagen sezerniert wird, eine Aktivierung von Faktor
VII. Die Expression des Tissue Faktors in Krebszellen korrelierte seiner
Arbeit zufolge mit Ausprägung eines Wachstumsfaktors für Gefäßendothel
und erhöhter Dichte kleiner Gefäße, was einen Hinweis für die Entstehung
neuer Blutgefäße gibt (70).
Im weiteren entwickelten Ay et al. 2010 eine Modifikation des KhoranaScores, indem sie ihn um die Laborparameter D-Dimere und lösliches PSelektin
ergänzten.
Bei
P-Selektin
handelt
es
sich
um
ein
Zelladhäsionsmolekül, das proinflammatorische Eigenschaften besitzt und
Monozyten sowie Endothelzellen direkt stimulieren kann. Der modifizierte
Khorana-Score erlaubt nun eine gute Einschätzung des ThrombembolieRisikos bei Krebspatienten vor Chemotherapieeinleitung und kann dabei
zwischen einem hohen und niedrigen Risiko unterscheiden (77).
Die Zahl der Thrombembolie-Patienten in unserer Analyse, bei denen
aufgrund einer retroperitonealen Lymphadenopathie von einer Vena-cavaObstruktion ausgegangen werden kann, umfasst 90% aller Patienten mit
thrombembolischer Komplikation und 100% der betroffenen Patienten mit
Auftreten der Thrombembolie vor Chemotherapieeinleitung. Des Weiteren
wiesen in der hier vorgestellten Studie Patienten mit einem Vena-cavaObstruktionssyndrom zudem überwiegend ein reines Seminom in der
59
Histologie und eine erhöhte Laktatdehydrogenase im Serum auf. Diese
Parameter entsprechen den in der univariaten Analyse unserer Studie
ermittelten Risikofaktoren für das Auftreten einer thrombembolischen
Komplikation.
Allerdings erreichten die seminomatöse Histologie und die Erhöhung der
Laktatdehydrogenase keine statistische Signifikanz in der Unterscheidung
zwischen
Krankheits-bedingter
Chemotherapie
und
Ursache
Therapie-assoziierter
durch
Ursache.
Auftreten
Die
vor
fehlende
Signifikanz mag aber mit der geringen Zahl an Ereignissen zusammen
hängen.
Den Zusammenhang einer vermehrten Thrombembolieneigung und einer
Erhöhung der Laktatdehydrogenase (LDH) vor Chemotherapiestart
erkannten bereits Piketty et al. 2005 (66). In der multivariaten Analyse
ihrer Daten erwiesen sich die Erhöhung der LDH bei Diagnose und eine
große Körperoberfläche (> 1,9 m²) als unabhängige Risikofaktoren. Sie
beobachteten, dass das Risiko für die Entwicklung einer Thrombembolie
ohne einen der Risikofaktoren bei 4% lag und bei Vorliegen mindestens
eines Risikofaktors bei 26%. Die Erhöhung der LDH im Serum korreliert
mit der Masse des Tumors und ist ein Marker für erhöhten Zellumsatz.
Piketty et al. postulierten, dass es offen bleibt, ob die LDH-Sekretion durch
die Tumorzellen einen direkten prokoagulatorischen Effekt hat oder ob die
Sekretion von LDH mit einer erhöhten Produktion prokoagulatorischer
Faktoren assoziiert ist (66).
Auf der anderen Seite gab es in dem von uns untersuchten Kollektiv auch
eine zweite Patientengruppe, bei der sich die Entwicklung einer
thrombembolischen Komplikation im Verlauf der chemotherapeutischen
Behandlung manifestierte. Diese Gruppe ist mit 4 von 22 Patienten (18%)
deutlich kleiner, insgesamt entwickelten also nur 2% (4 von 193) aller von
uns analysierten Patienten eine venöse Thrombembolie, die im direkten
Zusammenhang mit der Platin-basierten Chemotherapie zu interpretieren
ist.
Kardiovaskuläre Komplikationen, die im Zusammenhang mit einer
Cisplatin-haltigen Chemotherapie auftraten, wurden 2009 in einer
60
Übersichtsarbeit von Yeh und Bickford (61) untersucht. Sie zeigten, dass
die
Verwendung
von
thrombembolische
Cisplatin
Ereignisse
mit
einem
einhergeht.
erhöhten
Sie
Risiko
vermuteten
für
als
Pathogenese, dass Cisplatin eine Plättchenaktivierung und –aggregation
induziert, eventuell durch einen Mechanismus, der die prokoagulatorische
Aktivität von Monozyten mit einbezieht. Des Weiteren äußerten sie den
Verdacht, dass Cisplatin die Zellintegrität des Gefäßendothels verändert.
Zusätzlich kann Cisplatin zu einer Erhöhung des von-Willebrand-Faktors
im Blut und zu Hypomagnesiämie-induzierten Gefäßspasmen führen
sowie eine antiangiogenetische Aktivität aufweisen (61).
Patienten mit thrombembolischer Komplikation unter Platin-basierter
Chemotherapie zeichnen sich in unserer Studie durch die Verabreichung
der Chemotherapie über einen zentralen Venenkatheter und die
Applikation einer Cisplatin-basierten Chemotherapie aus. Bei der Hälfte
dieser
Patienten
lagen
zusätzlich
vergrößerte
supraklavikuläre
Lymphknoten vor. In dieser Gruppe mit vermutlich eher Therapieassoziierter Ursache der thrombembolischen Komplikation trat das
Ereignis vorwiegend in den oberen Gliedmaßen auf. Dies lässt einen
Zusammenhang mit der Verwendung eines zentralen Venenkatheters
erahnen, insbesondere bei Patienten mit Blutflussminderung durch
zusätzlich komprimierende supraklavikuläre Lymphknotenmetastasen.
Bereits 1996 hatte Lemmers eine 8,1%-ige Inzidenz thrombembolischer
Ereignisse für Hodentumorpatienten berichtet. Alle von ihm berichteten
Fälle hatten über einen venösen Portzugang verfügt, über den die
Chemotherapie appliziert wurde (68). In einer weiteren Übersichtsarbeit
kamen
Verso
und
Agnelli
2003
ebenfalls
zu
einem
erhöhten
Thrombembolie-Risiko für Krebspatienten bei der Verwendung von
langstreckigen zentralen Venenkathetern, die Inzidenz der in diesem
Zusammenhang aufgetretenen Thrombembolien lag zwischen 0,3% und
28,3% (69). Andere in der Literatur bekannte Untersuchungen konnten
dagegen kein erhöhtes Risiko für die Entwicklung einer symptomatischen
venösen Thrombembolie im Zusammenhang mit der Verwendung von
zentralen Venenkathetern aufzeigen (66).
61
In unserer Analyse konnten mittels einer Univarianzanalyse insgesamt
acht Risikofaktoren identifiziert werden, die mit einem erhöhten Risiko für
die Entwicklung einer thrombembolischen Komplikation einhergingen.
Dies waren das Vorliegen eines reinen Seminoms in der Tumorhistologie,
retroperitoneale und supraklavikuläre Lymphknotenmetastasen, die initiale
Erhöhung der Laktatdehydrogenase bei Diagnose des Hodentumors, das
Vorbestehen eines arteriellen Hypertonus, die Verwendung eines
zentralen Venenkatheters zur Verabreichung der Chemotherapie, die
Applikation des Wachstumsfaktors G-CSF (Granulocyte-colony stimulating
factor) und die Gabe von mindestens drei Zyklen Chemotherapie nach
dem PEB-Schema (Cisplatin, Etoposid, Bleomycin).
In der Studie von Weijl et al. zeigte die univariate Analyse vier
Risikofaktoren, die sich von den von uns ermittelten Risikofaktoren
unterschieden und die wir nicht bestätigen konnten. Dies waren das
Vorliegen eines embryonalen Karzinoms in der Tumorhistologie, eine
Lebermetastasierung, die Erhöhung der Tumormarker ohne messbare
Krankheit und hohe Dosen von Kortikosteroiden als antiemetische
Therapie (>80 mg Dexamethason pro Chemotherapiezyklus) (54).
Piketty et al. ermittelten insgesamt sechs Risikofaktoren für ein erhöhtes
Thrombembolie-Risiko bei Hodentumorpatienten. Entsprechend unserer
Studie konnten sie das Vorliegen eines reinen Seminoms in der
Tumorhistologie und die Erhöhung des Tumormarkers LDH als signifikant
mit
einem
erhöhten
Thrombembolie-Risiko
verbunden
definieren.
Zusätzlich zeigten sie signifikante Effekte für ein Alter > 30 Jahre, Gewicht
> 70 kg, eine Körperoberfläche > 1,9 m² sowie eine erhöhte alkalische
Phosphatase im Serum. Während die alkalische Phosphatase in unserer
Analyse nicht untersucht wurde, fanden wir für das Alter keinen
signifikanten Unterschied. Auch der Body-Mass-Index, in den Körpergröße
und Gewicht einfließen, konnte in unserer Studie nicht als Risikofaktor
nachvollzogen werden (66).
62
Bei Moore et al. wurden in der univariaten Analyse Alter, Geschlecht,
Rassenzugehörigkeit, Karnovsky-Performance-Status, die Verabreichung
eines Erythrozyten-stimulierenden Wachstumsfaktors, die Verwendung
eines zentralen Venenkatheters, Art der Tumorerkrankung, LeukozytenAnzahl und Hämoglobin-Wert sowie ein Khorana-Score, der ein erhöhtes
Thrombembolie-Risiko identifiziert hatte, als signifikante Risikofaktoren
identifiziert. Damit zeigten Moore et al. analog zu uns, dass sowohl ein
zentraler Venenkatheter als auch die Applikation eines supportiven
Wachstumsfaktors
wie
G-CSF
zu
einem
erhöhten
Risiko
für
Thrombembolien führen (65).
Die Lokalisation des Primärtumors war Gegenstand der Untersuchung, als
Khorana et al. (59) ihr Vorhersage-Modell für das Risiko der Entwicklung
einer Thrombembolie erstellten. Sie unterschieden zwei Gruppen von
Primärtumoren: die eine Gruppe mit sehr hohem Risiko und die andere mit
hohem Risiko. Dabei ermittelten sie für Tumoren des Urogenitaltraktes, zu
denen
die
Hodentumoren
dementsprechend
in
das
gehören,
ein
Vorhersage-Modell
hohes
mit
Risiko,
einfließt.
das
Diese
Risikoeinschätzung des Primärtumors unterstreicht die Wichtigkeit der
Anwendung des Khorana-Scores bei Hodentumorpatienten, da er
glaubwürdig ermitteln kann, ob das Risiko für die Entwicklung einer
Thrombembolie erhöht ist oder nicht (59).
Interessanterweise hatte keine der genannten Studien supraklavikuläre
Metastasen als potentiellen Risikofaktoren, insbesondere in Kombination
mit der Verwendung von zentralvenösen Zugängen, untersucht.
Bei
der
multivariaten
Analyse
der
in
unserer
Univarianzanalyse
identifizierten Risikofaktoren zeigten nur die Verwendung eines zentralen
Venenkatheters
und
das
Vorhandensein
von
supraklavikulären
Metastasen eine statistische Signifikanz, so dass sie als unabhängige
Risikofaktoren bestimmt werden konnten.
63
In der Arbeit von Weijl et al. hatte die Multivarianzanalyse das Vorliegen
von Lebermetastasen und die Verabreichung von > 80 mg Dexamethason
pro Zyklus als unabhängige Risikofaktoren bestätigt (54), während sich bei
Piketty et al. die Erhöhung der Laktatdehydrogenase und eine
Körperoberfläche > 1,9 m² als unabhängige Risikofaktoren erwiesen (66).
Bei Moore et al. verblieben von der großen Anzahl potentieller
Risikofaktoren
das
Alter,
der
Karnovsky-Performance-Status,
die
Risikoklassifizierung nach Khorana und ebenfalls die Verwendung eines
zentralen Venenkatheters als unabhängige Risikofaktoren (65).
Somit scheint der Einsatz eines zentralen Venenkatheters tatsächlich ein
bestätigter
unabhängiger
Risikofaktor
für
das
Auftreten
einer
thrombembolischen Komplikation unter Platin-basierter Chemotherapie zu
sein.
Betrachtet man jedoch die Leitlinie der Arbeitsgemeinschaft der
Wissenschaftlichen
Medizinischen
Fachgesellschaften
e.V.
(AWMF-
Leitlinie) (76) zur Prophylaxe der venösen Thrombembolie, so sieht man,
dass die Verwendung eines zentralen Venenkatheters bzw. eines
Portsystems prinzipiell als geringes Thrombembolie-Risiko klassifiziert
wird.
Es
werden
jedoch
stationär
behandlungsbedürftige
maligne
Erkrankungen als mittleres Thrombembolie-Risiko eingeschätzt, so dass
sich das Risiko für einen Hodentumorpatienten eher im mittleren
Risikobereich bewegen dürfte. Als Prophylaxe wird bei einem geringen
Thrombembolie-Risiko
die
Durchführung
sog.
Basismaßnahmen
empfohlen; diese umfassen Frühmobilisation, Bewegungsübungen und
evtl. das Tragen von medizinischen Thromboseprophylaxestrümpfen. Bei
einem
mittleren
Thrombembolie
Risikoprofil
wird
für
zusätzlich
die
eine
Entwicklung
einer
medikamentöse
venösen
Prophylaxe,
vorzugsweise mit niedermolekularem Heparin, empfohlen (76).
Insgesamt gibt es aber auch Einschränkungen in der Wertigkeit der hier
vorgestellten Studie. Bedingt durch den retrospektiven Charakter dieser
Analyse ist nicht auszuschließen, dass die tatsächliche Anzahl von
thrombembolischen
Patientenkollektivs
Ereignissen
unterschätzt
innerhalb
wurde
bzw.
des
nicht
untersuchten
alle
Ereignisse
64
dokumentiert worden sind. Zudem sind in unserer Studie nur Ereignisse
erfasst worden, die in einem engen zeitlichen Zusammenhang mit der
Behandlung standen, also nur bis 4-6 Wochen nach Abschluß der
Chemotherapie. Eventuelle vaskuläre Spätfolgen können sich daher der
Dokumentation entzogen haben und finden somit in dieser Studie keine
Beachtung.
Für die klinische Praxis ergibt sich aus der vorliegenden retrospektiven
Studie
zu
venösen
thrombembolischen
Komplikationen
bei
Hodentumorpatienten die Frage nach einer möglichen prophylaktischen
Antikoagulation unter Platin-basierter Chemotherapie.
Die unter Chemotherapie aufgetretenen Ereignisse lassen sich recht
eindeutig auf Therapie-assoziierte Faktoren, wie den Einsatz von
zentralvenösen Kathetern und die Applikation von Cisplatin, zurückführen.
Andererseits geht aus dieser Analyse hervor, dass mit einer Inzidenz von
2% nur sehr wenige Hodentumorpatienten im Verlauf ihrer Platin-basierten
Therapie eine venöse thrombembolische Komplikation erlitten. Dieser
Umstand ist vermutlich der Tatsache geschuldet, dass bei diesen zumeist
jungen und mobilen Patienten kein durch Co-Faktoren bedingt erhöhtes
Risiko für die Entwicklung einer thrombembolischen Komplikation
bestanden hatte.
Etablierte Leitlinien für die Behandlung onkologischer Patienten empfehlen
derzeit,
in
bestimmten
Hochrisikosituationen,
wie
beispielsweise
Hospitalisation oder im Zuge größerer chirurgischer Eingriffe, eine
prophylaktische Antikoagulation durchzuführen (70, 71, 72). Die aktuelle
Leitlinie der ASCO (American Society of Clinical Oncology) empfiehlt
sogar eine prophylaktische Antikoagulation für selektierte Krebspatienten
im ambulanten Behandlungssetting, wenn die Patienten eine Therapie mit
bestimmtem Hochrisikoprofil erhalten. Dies ist beispielsweise der Fall bei
Myelompatienten
unter
Thalidomidtherapie
in
Verbindung
mit
Dexamethason (71).
Für die von uns analysierte Population der Hodentumorpatienten gibt es
bisher keine prospektiven und randomisierten Studien, die spezifische
65
Risikoprofile definieren und sichere Therapieempfehlungen begründen
können. Insbesondere unter diesem Aspekt kann die hier vorliegende
Studie einen Beitrag dazu leisten, Hodentumorpatienten mit einem
erhöhten Risiko für die Entstehung einer venösen thrombembolischen
Komplikation zu erkennen und daraus folgernd auch prophylaktisch zu
antikoagulieren.
66
Tabelle 14: Überblick vorangegangener Analysen bezüglich der Inzidenz
thrombembolischer Komplikationen und der Charakteristika betroffener
Hodentumorpatienten.
Nach-
Risiko -
VTEK
Patient
Referenz
en (n)
vTEK
vTEK
denz
während
nach
ung
%
CTX
CTX
vTEK,
Inzi-
vor
CTX
beobacht
Art der
Studie
et
al.,
52
13
n.b.
n.b.
n.b.
n.b.
1988
(UnivarianzAnalyse)
Wochen
Cantwell
Faktoren
retrosp
ektiv
n.b.
Risiko Faktoren
(Multivari
anzAnalyse)
n.b.
Lebermetasta Leberme
Weijl
et
al., 2000
Nuver
et
al., 2005
179
65
8.4
2
7.7
n.b.
1
6.2
n.b.
n.b.
6
10
retrosp
sen, DXM
tastasen,
ektiv
>80mg, EC,
DXM
TM, MLK
>80mg
n.b.
n.b.
prospek
tiv
Alter, AP,
Piketty et
al., 2005
100
18
n.b.
13
5
27
prospek
BSA, LDH,
tiv
SE,Gewicht
t>70kg
Moore et
al., 2011
39
18
n.b.
n.b.
n.b.
retrosp
4
ektiv
Gewicht
t>70kg,
LDH
n.b. für
n.b. für
Hodentumorp
Hodentu
at.
morpat.
ZVK, SKLM,
Vorliegen
de
4
194
11
18
n.b.
6-8
retrosp
ektiv
Studie
RPLM, SE,
Hypertonus,
LDH,G-CSF,
ZVK,
SKLM
DDP
Abkürzungen Tab. 14: vTEK: venöse Thrombembolie, CTX: Chemotherapie, DXM:
Dexamethason, TM: Tumormarker, n.b.: nicht bekannt, LDH: Laktatdehydrogenase, ZVK:
zentraler Venenkatheter, SKLM: supraklavikuläre Metastasen, G-CSF: Granulocytecolony
stimulating
factor,
RPLM:
retroperitoneale
Lymphknotenmetastasen,
AP:
alkalische Phosphatase, SE: Seminom, BSA: Body surface area, MLK: mediastinale
Lymphknotenmetastasen, EC: embryonales Karzinom, DDP: Cisplatin
67
6
Zusammenfassung und Schlussfolgerung
Die zentrale Fragestellung der hier vorliegenden retrospektiven Studie war
es,
die
Inzidenz
venöser
thrombembolischer
Ereignisse
bei
Hodentumorpatienten unter Platin-basierter Chemotherapie zu ermitteln.
Ein weiterer wichtiger Gegenstand der Untersuchung war es zu prüfen, ob
sich
unabhängige
Risikofaktoren
für
die
Entwicklung
solcher
Komplikationen eruieren lassen.
Der erste Aspekt der Fragestellung lässt sich zusammenfassend
dahingehend beantworten, dass die hier vorliegenden Daten ein 10 –
15%iges Risiko für die Entwicklung einer venösen thrombembolischen
Komplikation bei Hodentumorpatienten bestätigen.
Es lassen sich hierbei zwei verschiedene Risikogruppen ermitteln. Bei
dem
einen
Chemotherapie
Kollektiv
ist
das
mit
thrombembolischer
Hauptrisiko
assoziiert
Komplikation
mit
einem
vor
durch
Tumormassen verminderten venösen Blutrückfluss. Beim zweiten Kollektiv
mit thrombembolischer Komplikation während der Chemotherapie ist das
Risiko für die Entwicklung einer Thrombembolie vermutlich durch
intravasale Besonderheiten oder eine Platin-basierte Chemotherapie
bedingt.
Als
unabhängige
Risikofaktoren
für
eine
vermehrte
Auftretens-
wahrscheinlichkeit venöser thrombembolischer Komplikationen ließen sich
mittels einer multivariaten Analyse lediglich die Verwendung eines
zentralen Venenkatheters und das Vorliegen von supraklavikulären
Lymphknotenmetastasen identifizieren.
Ärzte, die in die Behandlung von Hodentumorpatienten involviert sind,
müssen sich also über das 10 – 15%ige Risiko dieses Patientenkollektivs
für die Entwicklung einer venösen thrombembolischen Komplikation
bewusst sein. Dieses Risiko ist dabei aber vor allem durch die
68
Grunderkrankung selbst bedingt und besteht daher bereits vor Beginn
einer systemischen Platin-basierten Chemotherapie.
Bei Patienten, die eine Cisplatin-basierte Chemotherapie über einen
zentralen Venenzugang erhalten sollen, ist aufgrund der hier vorgelegten
Daten eine prophylaktische Antikoagulation zu erwägen.
69
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Epub 2010 Sep 9.
78
8
Danksagung
Ich danke meinem Doktorvater, Herrn Prof. Dr. Carsten Bokemeyer, für
die Überlassung des Themas und die freundliche Betreuung.
Mein ganz besonderer Dank gilt meiner sehr geschätzten DoktorarbeitsBetreuerin, Frau PD Dr. Karin Oechsle, für die umfassende Begleitung
meiner Dissertation. Die vorliegende Arbeit geht auf ihre Anregung zurück.
Sie hat mich bei der Planung und Durchführung von Anfang an unterstützt
und mir stets mit wertvollen Anregungen und hilfreichem Rat zur Seite
gestanden. Sehr geschätzt habe ich auch ihre ausgesprochen persönliche
und verlässliche Art der Betreuung zu jeder Zeit.
Weiterhin danke ich Herrn Prof. Dr. Klaus-Peter Dieckmann aus dem
Albertinen Krankenhaus Hamburg für die freundliche und unkomplizierte
Zusammenarbeit.
Meinen Eltern Antje und Jörg-Dietrich Kamischke danke ich sehr, dass sie
mich mein ganzes Leben lang vorbehaltlos unterstützt und gefördert
haben und dass sie meine gesamte Ausbildung ermöglicht haben.
Meinem Bruder Jesko danke ich für sein stets offenes Ohr, seine
liebevolle Unterstützung und für seine technische Hilfe.
Schließlich danke ich von ganzem Herzen meinem Mann Philipp, der
immer für mich da war und mich in jeder Hinsicht gestärkt und unterstützt
hat.
79
9
Lebenslauf
ANNA DONATA LUHMANN, GEB. KAMISCHKE
ÄRZTLICHE TÄTIGKEIT
Mai 2012
Beginn der dermatologischen Facharztausbildung
im Dermatologikum Hamburg
Mai 2013
Tabea Krankenhaus Hamburg
AUSBILDUNG
Okt – Nov 2011
Zweiter Abschnitt der Ärztlichen Prüfung
Aug 2010 – Juli 2011 Praktisches Jahr
Okt 2007 – Nov 2011 Universität Hamburg, Humanmedizin
Klinischer Abschnitt der Ärztlichen Ausbildung
März 2007
Physikum an der Georg-August-Universität
Göttingen
Apr 2005 – März 07
Georg-August-Universität Göttingen,
Humanmedizin, Vorklinischer Abschnitt der
Ärztlichen Ausbildung
Sept 1995 – Juni 2004 Humanistisches Gymnasium Domschule
PRAKTISCHE AUSBILDUNG
März 2011 – Juli 2011 Altonaer Kinderkrankenhaus, Hamburg
Jan 2011 – März 2011 Kantonsspital Luzern, Schweiz
Dez 2010 – Jan 2011 Asklepios Klinikum Altona, Hamburg
Aug 2010 – Dez 2010 Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf
80
10 Erklärung
EIDESSTATTLICHE VERSICHERUNG:
Ich versichere ausdrücklich, dass ich die Arbeit selbständig und ohne
fremde Hilfe verfasst, andere als die von mir angegebenen Quellen und
Hilfsmittel nicht benutzt und die aus den benutzten Werken wörtlich oder
inhaltlich entnommenen Stellen einzeln nach Ausgabe (Auflage und Jahr
des Erscheinens), Band und Seite des benutzten Werkes kenntlich
gemacht habe.
Ferner versichere ich, dass ich die Dissertation bisher nicht einem
Fachvertreter an einer anderen Hochschule zur Überprüfung vorgelegt
oder mich anderweitig um Zulassung zur Promotion beworben habe.
Unterschrift: ......................................................................
81
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