Übergangsmetall-Carbin-Komplexe, XC [1] Synthese

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Übergangsmetall-Carbin-Komplexe, XC [1]
Synthese neuer, siebenfach-koordinierter, kationischer Carbin-Komplexe des
Wolframs in einer höheren Oxidationszahl
Transition Metal Carbyne Complexes, XC [1]
Synthesis of New, Seven Coordinated, Cationic Tungsten Carbyne Complexes
in a Higher Oxidation State
Alexander Constantin Filippou, Ernst Otto Fischer*
Anorganisch-Chemisches Institut der Technischen Universität München,
Lichtenbergstraße 4, D-8046 Garching
Helmut Guido Alt
Laboratorium für Anorganische Chemie der Universität Bayreuth,
Universitätsstraße 30, D-8580 Bayreuth
Herrn Prof. Dr. H. Nöth zum 60. Geburtstag
gewidmet
Z. Naturforsch. 43b, 654-657 (1988); eingegangen am 8. Dezember 1987
Diiodo(dwm-butylisonitrile)(2.2'-bipyridyl)(diethylaminocarbyne)tungsten Iodide,
Diiodo(di-terr-butylisonitrile)(l. 10-phenanthroline)(diethylaminocarbyne)tungsten Iodide
The reaction of (I) 3 (CO)L 2 W=CNEt 2 (L 2 = 2.2'-bipyridyl(2.2'-bipy); 1.10-phenanthroline
(ophen)) (1, 2) with two equivalents of rm-butylisonitrile results in the elimination of the carbonyl
group and the displacement of one iodine ligand from the coordination sphere, leading to the
new, cationic carbyne complexes [(I) 2 (f-C 4 H 9 NC) 2 L 2 W=CNEt 2 ] + I~ (3, 4). The ionic character
and composition of 3 and 4 was confirmed by the electrical conductivity of their solutions as well
as by elemental analyses, I R , ' H N M R and 13C N M R spectroscopy.
Substituierte Diethylaminocarbin-Komplexe vom
Typ rrans-X(CO) 2 L 2 W=CNEt 2 (X = Br, I; L 2 =
2.2'-bipy, ophen) unterscheiden sich deutlich in ihrer
Reaktivität von Aryl- oder Alkylcarbin-Analoga
[2—5], Im Rahmen unserer Untersuchungen über ihr
Reaktionsverhalten gegenüber Oxidationsmitteln
haben wir in der Vergangenheit gezeigt, daß ihre
Umsetzung mit Iod zu neutralen, carbonylhaltigen,
siebenfach-koordinierten Carbin-Komplexen der
Zusammensetzung (I) 3 (CO)L 2 W=CNEt 2 führt (L =
PMe 3 ; L 2 = 2.2'-bipy, ophen), in denen sich das
Wolfram in einer höheren Oxidationszahl (4-III,
wenn man die Carbin-Einheit als neutralen Liganden
betrachtet) befindet. Wir konnten dann zeigen, daß
die erhaltenen Oxidationsprodukte mit Nucleophilen, welche gleichzeitig reduzierende Eigenschaften
haben wie PMe 3 unter reduktiver Eliminierung von
PMe 3 I + I~ zu niedervalenten, oktaedrischen, neutralen (L = PMe 3 ) oder kationischen (L2 = 2.2'-bipy,
ophen)Carbin-Komplexen reagieren [1, 6],
* Sonderdruckanforderungen an Prof. Dr. E. O. Fischer.
Verlag der Zeitschrift für Naturforschung, D-7400 Tübingen
0932 - 0776/88/0500 - 0616/$ 01.00/0
Um einen tieferen Einblick in die Reaktionsmöglichkeiten dieser neuen Klasse von Verbindungen zu
erhalten, untersuchten wir nun die Produkte der Umsetzung von (I) 3 (CO)L 2 W=CNEt 2 (L 2 = 2.2'-bipy,
ophen) (1, 2) mit r-C 4 H 9 NC.
Präparative Ergebnisse
Die neutralen Komplexe 1 und 2 reagieren mit
zwei Moläquivalenten f-C 4 H 9 NC unter Abspaltung
des CO-Liganden und Verdrängung eines IodidLiganden aus der Koordinationssphäre des Wolframs zu den kationischen, siebenfach-koordinierten
Carbin-Komplexen 3 und 4:
(I) 3 (CO)L 2 W=CNEt 2 + 2 f-C 4 H 9 NC
[(I) 2 (r-C 4 H 9 NC) 2 L 2 W=CNEt 2 ] + r + CO
1: L2 = 2.2'-bipy
3: L 2 = 2.2'-bipy
2: L 2 = ophen
4: L2 = ophen
Die reduktive Eliminierung eines Iod-Moleküls
bleibt bei dieser Reaktion aus [1]. Somit befindet
sich Wolfram in 3 und 4 wie in 1 bzw. 2 in einer
höheren Oxidationszahl ( + III). Die diamagnetischen Verbindungen 3 und 4 lassen sich als mikrokristalline, braune Pulver isolieren, welche in CH 2 CL
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A. C. Filippou et al. • Übergangsmetall-Carbin-Komplexe
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mit dunkelroter Farbe gut, in E t 2 0 und Pentan dagegen unlöslich sind. Im festen Zustand zersetzen sie
sich unter Dunkelfärbung zwischen 1 1 0 - 1 2 0 °C
ohne zu schmelzen. Ihre Lösungen sind bei Raumtemperatur beständig.
Die Äquivalentleitfähigkeit A der Komplexe 3 und
4 in 1,2-Dichlorethan liegt in der gleichen Größenordnung wie die unter gleichen Bedingungen ermittelte Äquivalentleitfähigkeit von NR 4 + X~-Salzen
(R = «-C 4 H 9 , n-C 3 H 7 ; X = Br, I, PF 6 ) [1], Sie bestätigt den ionischen Charakter von 3 und 4 (Tab. I).
tensive Absorptionsbande bei 2169 c m - 1 auf, die
von der v(CN)-Streckschwingung der zwei IsonitrilLiganden stammt. Aufgrund der höheren Oxidationszahl des Wolframs und der damit verbundenen
Verringerung der Elektronendichte am Metall in
den Komplexen 3 und 4 wird die Metall-CNCMe 3 Rückbindung geschwächt. Daher wird die v(CN)Absorptionsbande für die /-C 4 H 9 NC-Liganden in 3
und 4 im Vergleich zur Absorptionsbande von
nicht-koordiniertem r-C 4 H 9 NC (v(CN) in CH 2 C1 2 :
2140 cm" 1 ) nach höheren Wellenzahlen verschoben [8],
Im Einklang mit früheren Befunden an Diethylaminocarbin-Komplexen [1, 6, 9] beobachtet man
darüber hinaus in den IR-Spektren von 3 und 4 in KBr
aufgrund der starken JT-Wechselwirkung der MetallKohlenstoff-Dreifachbindung mit dem freien Elektronenpaar des Stickstoffs der Diethylaminogruppe
eine intensive Absorptionsbande bei 1579 c m - 1 bzw.
1585 c m - 1 , welche einer v(C=N)-Streckschwingung
zugeordnet werden kann. Sie spricht für die starke
Beteiligung der mesomeren Grenzstruktur B am Resonanzhybrid:
Tab. I. Äquivalentleitfähigkeit A in Scm2/mol der Verbindungen 3 und 4 in 1,2-Dichlorethan bei 19,7 °C.
Komplexe
A
c (mol/1)
3
4
33
31
6,2 • 10~4
5,6 • 10"4
Sie nimmt mit zunehmender Verdünnung im gemessenen Konzentrationsbereich von 1,0 • 10~4 bis
6,2 • 10 - 4 mol/1 zu. Jedoch zeigt sich kein linearer
Zusammenhang zwischen A und c. Im Gegensatz zu
3 und 4 leiten Lösungen der Komplexe 1 und 2 in
1,2-Dichlorethan wegen ihrer nichtionischen Natur
den Strom nicht [7].
Spektroskopische
a)
_ / E t
W=C—N^
^
Et
A
Untersuchungen
b)
IR-Spektren
Die IR-Spektren der Verbindungen 3 und 4 weisen im Bereich 2300—1800 c m - 1 in CH 2 C1 2 eine in-
1
H-NMR-Spektren
In den ^ - N M R - S p e k t r e n der Komplexe 3 und 4
(Tab. II) beobachtet man außer dem Triplett für die
Komplex NCH 2 CH 3
r-C4H9NC
NCH 2 CH 3
2.2'-bipy, ophen
3
1,41(T,6)
= 7,3
1,46(S,18)
3,65(Q,4)
3 7 hh = 7,3
7,72(M,2)*, (H(3));
8,28(M,2)*, (H(4));
8,80(D,2), 374S = 8,1**, (H(5));
9,23(D,2), 3723 = 5,1, (H(2))
1,50(T,6)
= 7,3
1,47(S,18)
3,74(Q,4)
3
/HH = 7,3
37HH
4
3 7„ h
8,09(DD,2), (H(3))
^23 =
^34 = 8,3 >
8,22(S,2), (H(5));
8,85(DD,2), (H(4))
3734 = 8,3 , 47?4 = 1,5;
9,67(DD,2), (H(2))
J23 ~~ 5,3? «^24
5
4
5
V-N
5
4
N —£
e
®/Et
W=C=N
^Et
B
5
=
Tab. II. 'H-NMR-Daten der
Komplexe 3 und 4 in CD2C12
bei + 10 °C; chem. Verschiebungen in ppm rel. CDHC12
(d = 5,32 ppm); rel. Intensitäten und Multiplizitäten in
Klammern,
Kopplungskonstanten in Hz.
Für die Angabe der chemischen Verschiebung wurde
das Zentrum des Multiplettsignals gewählt;
unter der Bezeichnung 3/45
versteht man die Kopplung
der Protonen in den Positionen 4 (H(4)) und 5
(H(5)) untereinander.
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A. C. Filippou et al. • Übergangsmetall-Carbin-Komplexe 656
Methyl-, dem Quartett für die Methylen-Protonen
der Diethylaminogruppe im Carbin-Liganden sowie
dem Singulett für die chemisch identischen f-C 4 H 9 NCLiganden vier Gruppen von Signalen für die Protonen der Chelat-Liganden, die für die magnetische
Äquivalenz der Pyridin-Ringe in den Heteroaromaten sprechen [4], Die Zuordnung der Signale für die
aromatischen Protonen (Tab. II) erfolgt in Analogie
zu früheren Befunden [4, 10].
c)
13
C- NM R-Spektren
13
Die C-NMR-Spektren von 3 und 4 (Tab. III) bestätigen die chemische Äquivalenz der zwei IsonitrilLiganden sowie der Pyridin-Ringe in den Heteroaromaten [1, 4, 11], Das Carbin-C-Signal ist im
Vergleich zu kationischen Diethylaminocarbin-Komplexen des Wolframs, bei denen sich das Metall in
einer niedrigen Oxidationszahl befindet, wie
[(PMe 3 )(CO) 2 (2.2'-bipy)W=CNEt 2 ] + r
(<3C(Carbin) = 253,3 ppm; CD2C12, - 1 0 °C) [12] und
[(PMe 3 ) 2 (CO)(2,2'-bipy)W=CNEt 2 ] + I~
(d C(Carbin) = 254,1 ppm; CD2C12, - 3 0 °C) [1], in den Verbindungen 3 und 4 tieffeldverschoben.
Experimenteller Teil
Alle Arbeiten wurden unter Ausschluß von Luft
und Feuchtigkeit in N 2 -Atmosphäre durchgeführt.
Sämtliche Lösungsmittel waren sorgfältig getrocknet
( E t 2 0 über Na und CH2C12 über P 2 0 5 und Na/PbLegierung) und mit Stickstoff gesättigt. Die Darstellung der Carbin-Komplexe 1 und 2 erfolgte nach der
Literaturangabe [1].
IR-Spektren: Nicolet 5-DX FT IR-Spektrometer.
- ^ - N M R - S p e k t r e n : Jeol FT NMR-Spektrometer
F X 9 0 Q . - 13 C-NMR-Spektren: Jeol FT NMRSpektrometer GX 270. — Leitfähigkeitsmessungen:
Leitfähigkeitsmeßgerät der Firma WTW LF 2000;
die Zellkonstante der Meßzelle (LTA 01, Firma
WTW) wurde mit einer 0,1 M KCl-Eichlösung, deren spezifische Leitfähigkeit in Abhängigkeit von der
Temperatur genau bekannt war, bestimmt. Die
Temperaturmessung der Eichlösung sowie der Meßlösungen erfolgte mit einem auf die Temperatur des
Eiswassers geeichten Lauda-Digital-Thermometer
R 42/2.
Diiodo(di-tert-butylisonitril
)(2.2'-bipyridyl)(diethylaminocarbin)wolframiodid
(3)
Zur braunen Suspension von 230 mg (0,28 mmol)
1 in 40 ml CH 2 CL gibt man bei R.T. 0,07 ml
(0,62 mmol) r-C 4 H 9 NC. Man rührt 2,5 h, wobei sich
die Suspension unter Gasentwicklung in eine dunkelrote Lösung umwandelt. Man engt anschließend bei
—20 °C ein und fällt mit E t 2 0 ein braunes, mikrokristallines Pulver aus, welches im HV bei R.T. getrocknet wird. Ausbeute: 240 mg (88% bez. auf 1).
C2,//?6/?MW
(971,16)
Ber. C30,92 H3,74 139,20 N7,21 W18,93,
Gef. C30,49 H3,69 139,74 N7,08 W 19,14.
Diiodo(di-tert-butylisonitril)(l
,10-phenanthrolin)(diethylaminocarbin) wolframiodid (4)
Zur braunen Suspension von 300 mg (0,35 mmol)
2 in 40 ml CH2C12 gibt man bei R.T. 0,1 ml
(0,88 mmol) r-C 4 H 9 NC. Man rührt bei R.T. 2 h und
arbeitet die dunkelrote Lösung analog zur Darstellung von 3 auf. Braunes, mikrokristallines Pulver.
Ausbeute: 300 mg (86% bez. auf 2).
C27H36I3N5W (995,18)
Ber. C32,59 H3,65 138,26 N7,04 W 18,47.
Gef. C32,42 H3,51 138,16 N6,80 W 17,72.
Wir danken Herrn M. Barth, Frl. U. Graf und Frl.
L. Eidel für die Durchführung der Elementaranalysen.
Tab. III. 13C-NMR-Daten der Komplexe 3 und 4 in CD2C12 bei +5 °C; chem. Verschiebungen in ppm rel. CD2C12 (ö =
53,8 ppm).
Komplex
NCH.CH,
(CH 3 ) 3 C
NCH 2 CH 3
Me 3 C
Me 3 CNC
2.2'-bipy, ophen
W=C
3
15,9
29,3
45,5
59.2
141,6
265,3
4
15,9
29.3
45,6
59.2
141.7
125,0;
154.8;
126.4;
139.6;
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127,4; 140,7;
155.0
128.0: 131.2;
145.9; 154.9
265,3
657
A. C. Filippou et al. • Übergangsmetall-Carbin-Komplexe
[1] L X X X I X . Mitteilung: A. C. Filippou, E . O. Fischer
und H. G. Alt, J . Organomet. Chem., im Druck.
[2] E . O. Fischer, A . C. Filippou. H. G. Alt und K. Akkermann, J. Organomet. Chem. 254, C21 (1983).
[3] E . O. Fischer. A . C. Filippou und H. G. Alt, J. Organomet. Chem. 276, 377 (1984).
[4] E . O. Fischer, A . C. Filippou und H. G. Alt, J. Organomet. Chem. 296, 69 (1985).
[5] E . O. Fischer, A . C. Filippou, H. G. Alt und U. Thewalt, Angew. Chem. 97, 215 (1985); Angew. Chem.,
Int. Ed. Engl. 24, 203 (1985).
[6] A . C. Filippou, E . O. Fischer und J. Okuda, J. Organomet. Chem., im Druck.
[7] A. C. Filippou und E . O. Fischer, unveröffentlichte
Ergebnisse.
[8] Nakamoto, Infrared and Raman Spectra of Inorganic
and Coordination Compounds, John Wiley and Sons,
New York (1978).
[9] A. C. Filippou und E . O. Fischer, J. Organomet.
Chem., im Druck.
[10] A. C. Filippou, E . O. Fischer, H. G. Alt und U. Thewalt, J. Organomet. Chem. 326, 59 (1987).
[11] A. C. Filippou, E . O. Fischer, K. Ofele und H. G.
Alt, J. Organomet. Chem. 308, 11 (1986).
[12] A. C. Filippou, E . O. Fischer und H. G. Alt, J. Organomet. Chem., im Druck.
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