Algebraische Theorie Linearer Differentialgleichungssysteme Werner M. Seiler Institut für Mathematik Werner M. Seiler (Kassel) Algebraische Theorie Linearer DGS 1 / 20 Worum geht’s? Kann man (manche) Fragen, die Analytiker zu Systemen linearer Differentialgleichungen haben, mit algebraischen Methoden beantworten (oder zumindest so tun als ob)? • Formale Analyse allgemeiner Systeme linearer Differentialgleichungen (d.h. inklusive unter- und überbestimmter Systeme) lineare (partielle) Algebrodifferentialgleichungen“ ” • Heute zwei Themen: • Konstruktion formal korrekt gestellter Anfangswertprobleme • Indexkonzepte auch für partielle Differentialgleichungen • Wesentliches Hilfsmittel • Gröbner-Basen Werner M. Seiler (Kassel) Algebraische Theorie Linearer DGS 2 / 20 Worum geht’s? Kann man (manche) Fragen, die Analytiker zu Systemen linearer Differentialgleichungen haben, mit algebraischen Methoden beantworten (oder zumindest so tun als ob)? W.M. Seiler, E. Zerz: Algebraic Theory of Linear Systems: A Survey. In: Surveys in Differential-Algebraic Equations II, A. Ilchmann, T. Reis (Hrsg.), Differential-Algebraic Equations Forum, Springer-Verlag 2015, S. 287–333 Werner M. Seiler (Kassel) Algebraische Theorie Linearer DGS 2 / 20 (Homoge) Lineare Gleichungssysteme a11 x1 + · · · + a1n xn .. . am1 x1 + · · · + amn xn = = 0 .. . 0 (1) • Unterliegende algebraische Strukturen: • Lösungsraum Untervektorraum des n • Betrachte alle linearen Gleichungen, die von Lösungen von (1) erfüllt werden Untervektorraum U des Dualraums X n m X αi = aij e∗j U = hα1 , . . . , αm iR = ci αi | ci ∈ R R j=1 i=1 • Rechnerische Behandlung mit Gauß-Algorithmus • bestimmt gutes“ Erzeugendensystem von U ” • erlaubt qualitative Aussagen wie Dimension des Lösungsraums ohne dessen explizite Berechnung Werner M. Seiler (Kassel) Algebraische Theorie Linearer DGS 3 / 20 Polynomiale Gleichungssysteme k f1 (x1 , . . . , xn ) .. . fm (x1 . . . , xn ) = 0 .. . 0 = (2) mit f1 , . . . , fm ∈ P = [x1 , . . . , xn ] • Unterliegende algebraische (und geometrische) Strukturen: • Lösungsmenge Varietät V ⊆ n • Menge aller Polynome, die auf V verschwinden Ideal I in P k I = hf1 , . . . , fm iP = X m hi fi | hi ∈ P i=1 Werner M. Seiler (Kassel) Algebraische Theorie Linearer DGS 4 / 20 Polynomiale Gleichungssysteme k f1 (x1 , . . . , xn ) .. . fm (x1 . . . , xn ) = = 0 .. . 0 (2) mit f1 , . . . , fm ∈ P = [x1 , . . . , xn ] • Rechnerische Behandlung mit Gröbner-Basen • erlauben qualitative Aussagen wie Dimension der Varietät • falls V endlich, kann V explizit berechnet werden • verallgemeinern Konzept einer Dreiecksform Werner M. Seiler (Kassel) Algebraische Theorie Linearer DGS 4 / 20 Lineare Differentialgleichungssysteme • Einfaches Beispiel (überbestimmtes System) uxx − au − y = 0 , uxy = 0 (a ∈ R) • Offensichtliche Fragen: • System lösbar? • Dimension des Lösungsraums? • Anfangsbedingungen“ für eindeutige Lösung ” Werner M. Seiler (Kassel) Algebraische Theorie Linearer DGS 5 / 20 Lineare Differentialgleichungssysteme • Einfaches Beispiel (überbestimmtes System) uxx − au − y = 0 , uxy = 0 (a ∈ R) • Problem: Existenz von Integrabilitätsbedingungen ∂x (uxy ) − ∂y (uxx − au − y ) = auy + 1 = 0 • a=0 • a= 6 0 Gleichung 1 = 0, also System unlösbar zusätzliche Gleichung erster Ordnung uy + 1/a = 0 Stört Konstruktion von Potenzreihenlösungen: • Im Ausgangssystem nicht erkennbar, daß es Bedingung an Koeffizienten erster Ordnung gibt • Bedingung wird erst sichtbar, wenn in dritter Ordnung gearbeitet wird • Wann sind alle versteckten Bedingungen bekannt? Werner M. Seiler (Kassel) Algebraische Theorie Linearer DGS 5 / 20 Lineare Differentialgleichungssysteme Algebraische Formulierung Schreibe homogenen Anteil als lineare Differentialoperatoren L1 u = (∂x2 − a)u = y , L2 u = ∂x ∂y u = 0 L1 , L2 Elemente eines (evtl. nicht-kommutativen) Polynomrings D = [∂x , ∂y ] mit = für konstante Koeffizienten und (z.B.) = (x, y ) für variable Koeffizienten k k R k R k R Hier: ausschließlich = — Methoden können aber unverändert für beliebige Funktionenkörper angewandt werden Analog zu den anderen Typen von Gleichungen: • betrachte Ideal I = hL1 , L2 iD ⊆ D (Untermodul U ⊆ Dm im Fall mehrerer unbekannter Funktionen) • suche gutes“ Erzeugendensystem ” Werner M. Seiler (Kassel) Gröbner-Basen Algebraische Theorie Linearer DGS 5 / 20 Was ist gut“? ” gegeben polynomiales Ideal I = hf1 , . . . , fm i ⊆ P, finde besseres“ Erzeugendensystem von I: ” • Problem: • entscheidet Idealmitgliedschaft: liegt weiteres Polynom h ∈ P in I? • erlaubt effektive Arithmetik in Faktorring P/I Pm • liefert Syzygien: h1 , . . . , hm ∈ P so daß i=1 hi fi = 0 (erlaubt Lösen von LGS über dem Ring P) Werner M. Seiler (Kassel) Algebraische Theorie Linearer DGS 6 / 20 Was ist gut“? ” gegeben polynomiales Ideal I = hf1 , . . . , fm i ⊆ P, finde besseres“ Erzeugendensystem von I: ” • Problem: • entscheidet Idealmitgliedschaft: liegt weiteres Polynom h ∈ P in I? • erlaubt effektive Arithmetik in Faktorring P/I Pm • liefert Syzygien: h1 , . . . , hm ∈ P so daß i=1 hi fi = 0 (erlaubt Lösen von LGS über dem Ring P) k • Erinnerung: Polynomdivision in [x] • Zu gegebenen Polynomen f , g ∈ [x] \ {0} existieren eindeutige Polynome q, r ∈ [x] so daß f = qg + r und deg r < deg g • Für Berechnung müssen Terme in f und g nach Grad geordnet seien! k Werner M. Seiler (Kassel) k Algebraische Theorie Linearer DGS 6 / 20 Was ist gut“? ” gegeben polynomiales Ideal I = hf1 , . . . , fm i ⊆ P, finde besseres“ Erzeugendensystem von I: ” • Problem: • entscheidet Idealmitgliedschaft: liegt weiteres Polynom h ∈ P in I? • erlaubt effektive Arithmetik in Faktorring P/I Pm • liefert Syzygien: h1 , . . . , hm ∈ P so daß i=1 hi fi = 0 (erlaubt Lösen von LGS über dem Ring P) k • Erinnerung: Polynomdivision in [x] • Zu gegebenen Polynomen f , g ∈ [x] \ {0} existieren eindeutige Polynome q, r ∈ [x] so daß f = qg + r und deg r < deg g • Für Berechnung müssen Terme in f und g nach Grad geordnet seien! k • Idee: k benutze multivariate Verallgemeinerung Werner M. Seiler (Kassel) Algebraische Theorie Linearer DGS 6 / 20 Termordnungen Definition Termordnung (i) ∀ r , s, t ∈ (ii) ∀ t ∈ Totalordnung ≺ auf Menge T : s ≺ t ⇒ rs ≺ rt T der Terme x µ mit T : 1t ≺ Totalgradordnung (iii) ∀ s, t ∈ zusätzlich T : deg s < deg t ⇒ s ≺ t Werner M. Seiler (Kassel) Algebraische Theorie Linearer DGS 7 / 20 Termordnungen Definition Termordnung (i) ∀ r , s, t ∈ (ii) ∀ t ∈ Totalordnung ≺ auf Menge T : s ≺ t ⇒ rs ≺ rt T der Terme x µ mit T : 1t ≺ Totalgradordnung (iii) ∀ s, t ∈ zusätzlich T : deg s < deg t ⇒ s ≺ t Beispiele • n=1 ordne nach Grad (einzige Möglichkeit) x µ ≺lex x ν verschiedener Eintrag in µ − ν negativ • Lexikographische Ordnung: • Lexikographische Totalgradordnung: deg x µ < deg x ν Werner M. Seiler (Kassel) oder (deg x µ = deg x ν ⇐⇒ erster von Null x µ ≺deglex x ν ⇐⇒ und x µ ≺lex x ν ) Algebraische Theorie Linearer DGS 7 / 20 Termordnungen Definition Termordnung (i) ∀ r , s, t ∈ (ii) ∀ t ∈ Totalordnung ≺ auf Menge T : s ≺ t ⇒ rs ≺ rt T der Terme x µ mit T : 1t ≺ Totalgradordnung (iii) ∀ s, t ∈ zusätzlich T : deg s < deg t ⇒ s ≺ t Definition P Gegeben Polynom 0 6= f = t∈T ct t mit ct ∈ • Leitterm lt f = max≺ {t ∈ • Leitkoeffizient T | ct 6= 0} k und Termordnung ≺ lc f = clt f Gegeben Ideal I ⊆ P • Leitideal lt I = hlt f | f ∈ I \ {0}i Werner M. Seiler (Kassel) Algebraische Theorie Linearer DGS 7 / 20 Multivariate Division mit Rest Satz Zu gegebenen Polynomen f , g1 , . . . , gm ∈ P \ {0} und einer beliebigen Termordnung ≺ existieren immer Polynome q1 , . . . , qm , r ∈ P so daß Pm f = j=1 qj gj + r mit lt (qj gj ) lt f und lt r lt f . Achtung Fallen: • Weder r noch q1 , . . . , qm eindeutig bestimmt: • hängen von Details der Berechnung haben • Rest r kann nicht als Normalform verwendet werden • I = hg1 , . . . , gm i Werner M. Seiler (Kassel) 6⇒ lt I = hlt g1 , . . . , lt gm i Algebraische Theorie Linearer DGS 8 / 20 Gröbner-Basen Definition Gröbner-Basis von I für Termordnung ≺ endliche Menge G ⊂ I mit lt I = hlt g | g ∈ Gi Werner M. Seiler (Kassel) Algebraische Theorie Linearer DGS 9 / 20 Gröbner-Basen Definition Gröbner-Basis von I für Termordnung ≺ endliche Menge G ⊂ I mit lt I = hlt g | g ∈ Gi Theorem Für ein Ideal I und eine Termordnung ≺ sind äquivalent • G ist eine Gröbner-Basis von I für ≺. • Der Rest bei einer Division durch G ist eindeutig. • Jedes Idealelement f ∈ I liefert bei Division durch G den Rest h = 0. • Jedes Idealelement f ∈ I besitzt Standarddarstellung: f = P g ∈G hg g mit lt (hg g ) lt f . Werner M. Seiler (Kassel) Algebraische Theorie Linearer DGS 9 / 20 Gröbner-Basen Definition Gröbner-Basis von I für Termordnung ≺ endliche Menge G ⊂ I mit lt I = hlt g | g ∈ Gi • Gröbner-Basis existiert für jede Termordnung • Gröbner-Basis berechenbar mit Buchberger-Algorithmus • reduziert für lineare Polynome zu Gauß-Algorithmus • reduziert für univariate Polynome zu Euklidischem Algorithmus • Komplexität potentiell sehr hoch (doppelt exponentiell!) • Reduzierte Gröbner-Basen eindeutig • Fundamentales Werkzeug für alle Arten polynomialer Berechnungen in Kommutativer Algebra und Algebraischer Geometrie Werner M. Seiler (Kassel) Algebraische Theorie Linearer DGS 9 / 20 Korrekt Gestellte Probleme Definition“ (Hadamard) ” Differentialgleichungsproblem korrekt gestellt (i) Lösung existiert für beliebige Daten (ii) Lösung eindeutig (iii) Lösung hängt stetig von Daten ab • Keine strenge Definition erfordert Angabe von Funktionenräume und Topologien • (iii) schwierigster Punkt • Für elliptische Systeme Anfangswertprobleme nicht korrekt gestellt • Für hyperbolische Systeme Randwertprobleme nicht korrekt gestellt Werner M. Seiler (Kassel) Algebraische Theorie Linearer DGS 10 / 20 Formal Korrekt Gestellte Probleme Definition Problem formal korrekt gestellt eindeutige formale Potenzreihenlösung existiert für beliebige formale Potenzreihen als Daten Ziel: algorithmische Konstruktion formal korrekt gestellter Probleme Algebraische Formulierung: • k k Polynomring“ D = [D] = [∂1 , . . . , ∂n ] ” k ( eventuell Funktionenkörper) D N Terme“ = {∂ µ | µ ∈ n0 } ” • Lineares Differentialgleichungssystem für eine unbekannte Funktion Ideal I ⊆ D • • Termordnung Werner M. Seiler (Kassel) disjunkte Zerlegung: D = lt I ] Π(I) Algebraische Theorie Linearer DGS 11 / 20 Formal Korrekt Gestellte Probleme Definition Problem formal korrekt gestellt eindeutige formale Potenzreihenlösung existiert für beliebige formale Potenzreihen als Daten Ziel: algorithmische Konstruktion formal korrekt gestellter Probleme Interpretation: • Ableitungen ! Taylor-Koeffizienten • Termordnung bestimmt für jede (prolongierte) Gleichung, nach welcher Ableitung sie aufgelöst wird • ∂ µ Hauptableitung ⇔ ∂ µ ∈ lt I, sonst parametrische Ableitung • Divisionsalgorithmus ermöglicht, jede Hauptableitung als Funktion der parametrischen Ableitungen auszudrücken • Daten müssen parametrische Koeffizienten eindeutig bestimmen Werner M. Seiler (Kassel) Algebraische Theorie Linearer DGS 11 / 20 Komplementäre Zerlegungen Definition Komplementäre Zerlegung von I hΠ(I)ik = M k[Dt ] · t t∈T T ⊂ D endlich, Dt ⊆ D multiplikative Ableitungen zu t • gehen zurück auf Riquier (1910) und Janet (1920) • existieren immer, sind aber nicht eindeutig • algorithmisch berechenbar involutive Basen • Rees-Zerlegung alle Mengen Dt von der Form {∂1 , ∂2 , . . . , ∂`t } (`t Klasse von t) Werner M. Seiler (Kassel) Algebraische Theorie Linearer DGS 12 / 20 Zugehöriges Anfangswertproblem • Wähle Entwicklungspunkt x̂ = (x̂1 , . . . , x̂n ) • Betrachte jeden einzelnen Kegel (t, Dt ) = ∂ µ , {∂i1 , . . . , ∂ik }) in beliebiger komplementärer Zerlegung von Π(I): • It = {i1 , . . . , ik }, I¯t = {1, . . . , n} \ It • Koordinatenraum Ht = {∀ i ∈ I¯t : xi = xˆi } • Anfangsbedingung mit beliebiger Funktion gt ∂ µ u|Ht = gt (xi | i ∈ It ) Satz Konstruktion liefert formal korrekt gestelltes Anfangswertproblem. Werner M. Seiler (Kassel) Algebraische Theorie Linearer DGS 13 / 20 Ein Einfaches Beispiel I = h∂32 + · · · , ∂22 ∂3 + · · · , ∂1 ∂2 ∂3 + · · · i (Gröbner-Basis!) ∂3 ∂32 ∂2 ∂1 ∂2 ∂3 ∂22 ∂3 ∂2 ∂3 ∂3 ∂1 1 u(x1 , x2 , x̂3 ) = g1 (x1 , x2 ), ∂3 u(x1 , x̂2 , x̂3 ) = g2 (x1 ), ∂2 ∂3 u(x̂1 , x̂2 , x̂3 ) = g3 Werner M. Seiler (Kassel) Algebraische Theorie Linearer DGS 14 / 20 Bemerkungen • Satz von Riquier: alle Anfangsdaten gt analytisch =⇒ eindeutige formale Potenzreihenlösung analytisch (starke Verallgemeinerung des Satzes von Cauchy-Kovalevskaya) • “Klassisches” Anfangswertproblem nur für Rees-Zerlegung • Verallgemeinerung des Eindeutigkeitssatzes von Holmgren für C 1 -Lösungen für allgemeine lineare Systeme möglich • Für monomiale Systeme kann Lösung explizit in Integralform angegeben werden Werner M. Seiler (Kassel) Algebraische Theorie Linearer DGS 15 / 20 Der Index • Grundlegender Begriff in Theorie und Numerik von (gewöhnlichen) Algebrodifferentialgleichungen • Maß für Schwierigkeiten“, die bei der numerischen Integration zu ” erwarten sind • Viele ähnliche, aber inäquivalente Definitionen • Differentiationsindizes: Anzahl der benötigten Prolongationen bis System gewisse Eigenschaft zeigt • Störungsindex: höchste Ordnung der Ableitungen der Störung, die in Abschätzungen der Differenz zwischen Lösungen des Ausgangssystems und einer gestörten Form auftreten Werner M. Seiler (Kassel) Algebraische Theorie Linearer DGS 16 / 20 Erweiterung auf partielle Differentialgleichungen • Alle numerischen Zugänge basieren auf Reduktion auf gewöhnlichen Fall: Integraltransformationen, Semidiskretisierungen etc Resultate abhängig von Reduktionsmethode, nicht intrinsisch für Ausgangssystem • Le Vey (1994), Tuomela (1993) verknüpften Indexbegriffe mit formaler Theorie gewöhnlicher Differentialgleichungen WMS (1999) intrinsische Erweiterung auf beliebige nichtlineare Systeme partieller Differentialgleichungen • Hier: einfache algorithmische Realisierung dieser Ideen für lineare Systeme via Gröbner-Basen Werner M. Seiler (Kassel) Algebraische Theorie Linearer DGS 17 / 20 Gröbner-Indizes • Homogenes System Lu = 0 führe für jede Gleichung neue Hilfsunbekannte δi ein inhomogenes System Lu = δ • Natürliche Termordnung: TOP-Lift einer Totalgradordnung berechne Gröbner-Basis des Zeilenmoduls von L L̃u = F δ , 0 = Gδ • F führt Buch“ über zur Konstruktion von L̃ benötigte Operationen ” • G liefert Erzeugendensystem des Syzygienmoduls von L (G wichtig für Existenz- und Regularitätstheorie, beschreibt Drift in Numerik) Werner M. Seiler (Kassel) Algebraische Theorie Linearer DGS 18 / 20 Gröbner-Indizes • Homogenes System Lu = 0 führe für jede Gleichung neue Hilfsunbekannte δi ein inhomogenes System Lu = δ • Natürliche Termordnung: TOP-Lift einer Totalgradordnung berechne Gröbner-Basis des Zeilenmoduls von L L̃u = F δ , 0 = Gδ Definition Erster Gröbner-Index γ1 Zweiter Gröbner-Index γ2 deg F deg G Achtung: für partielle Differentialgleichungen hängen Werte von gewählter Termordnung ab Interpretation nicht so offensichtlich Werner M. Seiler (Kassel) Algebraische Theorie Linearer DGS 18 / 20 Störungsindex – ODEs Definition v(x) Lösung von Lu = 0, v̂(x) von Lu = δ, beide definiert auf [0, M] System hat Störungsindex ν entlang v(x) ν kleinste Zahl, für die für jedes x ∈ [0, M] Abschätzung existiert der Form kv(x) − v̂(x)k ≤ C kv(0) − v̂(0)k + kδkν−1 (wann immer rechte Seite hinreichend klein) kf kk Sobolev-Norm Pk i=0 kf (i) k zu unterliegender Norm • Störungsindex zählt Ordnung der Ableitungen der Störung in Abschätzung • verschiedene Werte für verschiedene Lösungen v(x) möglich • ν>1 numerische Integration problematisch Werner M. Seiler (Kassel) Algebraische Theorie Linearer DGS 19 / 20 Störungsindex – ODEs Satz Für jede Lösung v(x) von Lu = 0 gilt: ν ≤ γ1 + 1 Beweis. • Schreibe um als System erster Ordnung • Schreibe um als Integralgleichung • Wende Gronwall-Lemma an • Integration erschlägt“ eine Ableitung ” • “+1” wegen eventuell vorhandener algebraische Gleichungen, die einmal abgeleitet werden müssen Werner M. Seiler (Kassel) Algebraische Theorie Linearer DGS 19 / 20 Störungsindex – PDEs • Ω⊆ Rn Gebiet (mit Ω̄ kompakt) Ω0 ⊂ Ω Gebiet (niedrigerer Dimension) Anfangs/Randbedingungen: (K u)|Ω0 = 0 mit K linearen Differentialoperatoren vom Grad k • k · k` Sobolev-Norm über Ω k · k0` Sobolev-Norm über Ω0 Definition v(x) Lösung von Lu = 0, v̂(x) von Lu = δ, beide definiert auf Ω System hat Störungsindex ν entlang v(x) ν kleinste Zahl, für die für alle x ∈ Ω Abschätzung existiert der Form kv(x) − v̂(x)k ≤ C kv|Ω0 − v̂|Ω0 k0k + kδkν−1 (wann immer rechte Seite hinreichend klein) Werner M. Seiler (Kassel) Algebraische Theorie Linearer DGS 20 / 20 Störungsindex – PDEs • Keine allgemeine Behandlung sinnvoll/möglich • Strukturelle Annahmen für eine behandelbare Situation: • System mit evolutionärem Charakter Variablen x = (y, t) • Anfangsbedingungen gegeben auf (Teilmenge von) t = 0 • Hyperebene t = 0 nicht charakteristisch • System nicht unterbestimmt • Wähle Termordnung, die t Vorrang über den anderen Variablen gibt; schreibe wieder Gröbner-Basis L̃u = F δ als System erster Ordnung • (Eventuell nur nach Prolongation der algebraischen Gleichungen) Teilsystem ∂t u − Mu = F̂ δ wobei Operator M nur von ∂y abhängt unterliegende Gleichung in Cauchy-Kovalevskaya-Form • M erzeuge stark stetige Halbgruppe Werner M. Seiler (Kassel) Algebraische Theorie Linearer DGS 20 / 20 Störungsindex – PDEs Satz Für jede Lösung v(x) von Lu = 0 gilt: ν ≤ γ1 + 2 Beweis. • Analog zum ODE-Fall (mit Halbgruppentheorie) • “+2”, da Integration nicht mehr unbedingt eine Differentiation erschlägt“ ” • Wieder “+1”, falls System keine algebraischen Gleichungen enthält (Korrektheit des Beweises nur für Pommaret-Basen garantiert!) Werner M. Seiler (Kassel) Algebraische Theorie Linearer DGS 20 / 20