ANZEIGE Informationen zu allen ZEIT KONFERENZEN: www.zeit.de/veranstaltungen ZEIT KONFERENZ Entwicklungs- und wirtschaftspolitik Diskutierten Bedingungen nachhaltiger Entwicklungspolitik (v.l.): Moritz Müller-Wirth (DIE ZEIT), Martin Zeil (Bayerisches Staatsministerium), Imme Scholz (die), Dirk Niebel (Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung) Wertegeleitete Unterstützung statt bedingungsloser Transferleistungen Fördern und Fordern sind Kennzeichen einer veränderten deutschen Entwicklungshilfepolitik. Die hiesige Wirtschaft darf und muss ihr Eigeninteresse artikulieren. In München mahnten Experten aber, die Kultur der Nehmerländer stärker zu respektieren. Effiziente Armutsbekämpfung gelingt nur, wenn die Projekte in den betreffenden Staaten ein sich selbst tragendes Wirtschaftswachstum induzieren und möglichst viele Menschen vor Ort an der Entwicklung eigenverantwortlich teilhaben. Hilfe um jeden Preis kann es jedoch nicht geben. Zu dieser Einschätzung kamen Experten aus Politik, Förderorganisationen, Wirtschaft und Wissenschaft auf der ersten ZEIT KONFERENZ »Entwicklungs- und Wirtschaftspolitik« vor rund 200 Teilnehmern in den Räumen des Hotels »Bayerischer Hof« in München. Mit Mildtätigkeit könne man allenfalls manches reparieren, notwendig sei vielmehr Hilfe zur Selbsthilfe, bekräftigte Dirk Niebel, Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung. Er ergänzte, alle Menschen hätten das »Recht auf eine Chance, die Betroffenen müssen ihre Armut durch eigene Einkommen überwinden«. In diesem Kontext untermauerte Niebel einen gegenüber der Vergangenheit deutlich selbstbewussteren Politikstil: Dieser sei »werte- und interessengeleitet, wer Geld gibt, darf damit auch Erwartungen verbinden«. So achte sein Ministerium bei der Auswahl der Zielländer besonders auf die dortige Situation der Menschenrechte. Hilfe erhielten ausschließlich Staaten, die diese respektierten, zumindest aber erkennbar an deren Verbesserung arbeiteten. Deutschland sei »anstrengender als andere Geberländer«, weil man nicht nur fördere, sondern auch fordere, so Niebel: »Wir haben auch schon Mittel gestrichen, wenn sich ein Wertesystem negativ entwickelt hat.« Der Minister betonte zugleich, nicht nur die Nehmerländer, auch hiesige Unternehmen müssten von einem Engagement profitieren. Niebel: »Wir verstehen uns als Dienstleister für die Wirtschaft.« Im Rahmen des Programms develoPPP. de [Public Private Partnership-Programm des Bundesministeriums Eindringliche Mahnung: Publizist Roger Willemsen forderte von allen Akteuren im Vorfeld eines Engagements in anderen Ländern »kulturelle Anstrengungen« In Zusammenarbeit mit: für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Anm. d. Red.] fördert sein Haus Entwicklungspartnerschaften deutscher Unternehmen – allein 2011 mit gut 60 Millionen Euro. Eine der Durchführungsorganisationen ist die Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (GIZ). Bruno Wenn, Sprecher der Geschäftsführung der ebenfalls in develoPPP.de engagierten DEG – Deutsche Investitions- und Entwicklungsgesellschaft, warb auf der ZEIT KONFERENZ für ein stärkeres Engagement hiesiger Unternehmen auf dem Schwarzen Kontinent: »Wir denken zu sehr in Risiken und zu wenig in Chancen«, so Wenn, »ja, die Risiken sind hoch – aber auch die Renditen.« Er zitierte in diesem Kontext die McKinseyStudie »Lions on the move«, derzufolge sich die Investitionsbedingungen in Afrika vielerorts deutlich verbessert hätten. Auch Minister Niebel zeigte sich von einer wachsenden wirtschaftlichen Bedeutung Afrikas überzeugt: »Der afrikanische Löwe wird zum Äquivalent des asiatischen Tigers werden.« Die Gewinnaussicht dürfe jedoch nicht zu wirtschaftlichem Kolonialismus führen, so der Tenor der Podiumsteilnehmer. »Entwicklungszusammenarbeit muss stets von den Bedürfnissen der Empfänger ausgehen«, bekräftigte Staatsminister Zeil. Und Wissenschaftlerin Scholz gab zu bedenken, gerade Direktinvestitionen beraubten die Landbevölkerung mitunter ihrer Existenz. Am Anfang eines Engagements müsse der »wertstiftende Blick« der Akteure stehen, mahnte der Publizist Roger Willemsen auf der ZEIT KONFERENZ: »Das bedingt, sich eine Expertise über den jeweiligen »Entwicklungszusammenarbeit muss stets von den Bedürfnissen der Empfänger ausgehen« Sie war zu Jahresbeginn aus der Fusion der Deutschen Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit, des Deutschen Entwicklungsdienstes und der Weiterbildungsgesellschaft »InWent« hervorgegangen. Wie Vorstandsmitglied Tom Pätz auf der ZEIT KONFERENZ ausführte, ist die GIZ in etwa 130 Ländern tätig: »Unsere Aufgabe besteht darin, die Rahmenbedingungen zu beeinflussen, primär hinsichtlich Rechtsstaatlichkeit, Vertragssicherheit und im Bildungsbereich.« »Gerade am Fehlen eines funktionierenden Gemeinwohls scheitern viele unterentwickelte Regionen«, mahnte Martin Zeil, bayerischer Staatsminister für Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr und Technologie. Er erklärte damit auch die Zurückhaltung seitens des hiesigen Mittelstands. Als Konsequenz forderte Imme Scholz, stellvertretende Direktorin des Deutschen Instituts für Entwicklungspolitik, Fördermittel mit der Errichtung rechtlicher und sozialer Strukturen zu verknüpfen. »Und am Beispiel China lässt sich belegen, dass effektiver Armutsbekämpfung und nachhaltigem Wirtschaftswachstum in Entwicklungs- und Schwellenländern Investitionen im ländlichen Bereich vorangehen müssen«, so Scholz. Diese Phase könne nicht übersprungen werden, betonte sie mit Blick auf Asien, Teile Lateinamerikas und insbesondere Afrika. kulturellen Raum zu erarbeiten – etwa, welche Vorstellung die Menschen von einem erfüllten Leben haben. Wir verstehen es nicht, fremde Kulturen mit der unseren zu synchronisieren, und senden im Zuge von Entwicklungspolitik bisweilen fatale Botschaften an die betroffenen Länder«, so Willemsen. Er rief die Zuhörer auf: »Nur wenn Sie vor Ort reisen, können Sie sehen, was Sie dort auslösen.« KEINE ENTWICKLUNG OHNE SICHERHEIT Soziale Spannungen und lokale Konflikte zwischen ethnischen Gruppen, Terrorismus, staatliche Repressionen sowie Menschen-, Drogen- und illegaler Rohstoffhandel prägen die aktuellen Bedrohungen von rund 1,5 Milliarden Menschen auf der Erde, mehrheitlich in Entwicklungsund Schwellenländern. Entsprechend beleuchtet die Weltbank in ihrem Weltentwicklungsbericht 2011 unter dem Titel »Konflikt, Sicherheit und Entwicklung« Ausmaß und Folgen dieser Bedrohungen. Demnach sind Menschen in den betroffenen Staaten doppelt so häufig unterernährt, und die Armutsrate ist im Schnitt um 20 Prozent höher als in anderen Ländern. Die Weltbank fordert daher ein Umdenken in Friedenssicherung und Entwicklungspolitik (wdr2011.worldbank.org). Dirk Niebel (FDP) ist Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung. Von 2005 bis 2009 war er Generalsekretär seiner Partei. Niebel ist verheiratet und hat drei Söhne. »Engagement in Afrika teilweise schwierig« Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung gilt als »ungeliebte Schwester« der Außenpolitik. Warum legt man beide Ressorts nicht sinnvollerweise zusammen? Ihre Beschreibung möchte ich zurückweisen. Beide Ministerien arbeiten heute in enger Abstimmung sehr erfolgreich zusammen, die deutsche Außenpolitik spricht mit einer Stimme. Unter der Vorgängerregierung hat diese Abstimmung nicht funktioniert. Das haben wir als FDP seinerzeit kritisiert und in diesem Zusammenhang eine Zusammenlegung von Entwicklungsministerium und Auswärtigem Amt gefordert, weil wir eine andere Entwicklungspolitik wollten. Das konnten wir aber in den Koalitionsverhandlungen nicht durchsetzen. Also haben wir gesagt, ehe ein anderer weitermacht wie bisher, machen wir es selbst und besser. Das ist uns gelungen. Kritiker bemängeln dennoch den zu großen Fokus auf industrielle und städtische Projekte. Effektive Armutsbekämpfung gelingt vor allem durch Investitionen im ländlichen Bereich. Die Investitionsbedingungen im ländlichen Raum von Entwicklungs- und Schwellenländern stellen Unternehmen vor besondere Herausforderungen – etwa aufgrund mangelnder Infrastruktur oder fehlender qualifizierter Fachkräfte. Im Programm develoPPP. de haben viele Entwicklungspartnerschaften, etwa jene im Bereich nachhaltige Wirtschaftsentwicklung – fast 40 Prozent aller Projekte – oder Umwelt – über 18 Prozent –, einen klaren Fokus auf die ländliche Entwicklung. Es handelt sich beispielsweise um Projekte zur Optimierung von Wertschöpfungsketten, ländlicher Elektrifizierung oder der Anpassung an den Klimawandel. In Afrika besteht enormer Bedarf nach wirtschaftlicher Zusammenarbeit und Entwicklung – sowie enorme Chancen. Warum halten sich hiesige Unternehmen hier so zurück? Die meisten Entwicklungspartnerschaften über develoPPP.de wurden bisher in Asien durchgeführt. Das verwundert nicht, angesichts des rasanten wirtschaftlichen Wachstums vieler »Tigerstaaten«. Dass das Engagement in Afrika im Rahmen des Programms mit gut 26 Prozent an zweiter Stelle liegt, zeigt aber, dass Entwicklungspartnerschaften nicht nur für Schwellenländer geeignet sind, sondern sich auch in ärmeren Ländern als entwicklungspolitisches Instrument etabliert haben. Gerade das Engagement deutscher Mittelständler in afrikanischen Märkten ist teilweise schwierig, da die Märkte risikobehaftet und die Managementkapazitäten im Mittelstand eher knapp sind. Wir haben dennoch seit 1999 rund 80 Projekte mit deutschen Mittelständlern in Afrika durchgeführt, das entspricht in etwa 15 Prozent der gesamten Projekte in allen Regionen zwischen 1999 und 2011. Debatte um passgenaue Förderinstrumente (v.l.): Chistiane Grefe (DIE ZEIT), Bruno Wenn (DEG), Lutz Happich (VAG-Armaturen), Tom Pätz (GIZ) Veranstaltungspartner: Mobilitätspartner: