Empfehlungen und Bericht der Telegesundheitsdienste

Werbung
Empfehlungen und Bericht der
Telegesundheitsdienste-Kommission gemäß § 8 BMG
an die Frau Bundesministerin für Gesundheit
Wien, am 23. Oktober 2014
Inhalt:
I.
Empfehlungen der Telegesundheitsdienste-Kommission an die Frau
Bundesministerin für Gesundheit
II.
Hauptanwendungsbereiche, Bewertungskriterien und Rahmenbedingungen
für die Einführung von Telegesundheitsdiensten in die Regelversorgung in
Österreich
a. Diabetes und Herz-Kreislauf-Erkrankungen als
Hauptanwendungsbereiche von Telegesundheitsdiensten
b. Kriterien zur Bewertung von Telegesundheitsdiensten
c. Geschäfts- bzw. Organisationsmodelle für Telegesundheitsdienste
III.
Zum Hauptanwendungsbereich Diabetes
a. Bewertung von Projekten anhand der Kriterien
b. Geschäfts- bzw. Organisationsmodelle
IV.
Zum Hauptanwendungsbereich Herz-Kreislauf-Erkrankungen
a. Bewertung von Projekten anhand der Kriterien
b. Geschäfts- bzw. Organisationsmodelle
V.
Anhang
I. Empfehlungen der Telegesundheitsdienste-Kommission an die
Frau Bundesministerin für Gesundheit
In Zusammenfassung der bisherigen Ergebnisse der TelegesundheitsdiensteKommission (kurz: Kommission) und ihrer Arbeitsgruppen, dargestellt unter den
Punkten II. bis IV., gibt die Kommission die folgenden Empfehlungen für die
Einführung von Telegesundheitsdiensten (telemedizinischen Anwendungen) in die
Regelversorgung in Österreich ab:
Priorisierung von Telemedizin-Anwendungen
Empfohlen wird die Implementierung von Telemonitoring-Anwendungen in den
Bereichen Diabetes und Herz-Kreislauf-Erkrankungen (siehe Punkt II. a.).
Zur gesundheitspolitischen Transparentmachung und Entscheidungshilfe für die unter
Maßnahme 4 des operativen Ziels 7.2.3. im Bundes-Zielsteuerungsvertrag
vorzunehmende Analyse der Potentiale von Telegesundheitsdiensten wird die
Einhaltung der von der Kommission entwickelten Kriterien zur Bewertung von
Telegesundheitsdiensten empfohlen (siehe Punkt II. b.).
Die von der Kommission anhand der Bewertungskriterien identifizierten
Telemonitoring-Projekte, welche das größte Potential für die Einführung in die
Regelversorgung bergen, sind:
Für die Indikation Diabetes (siehe Punkt III. a.):
 Gesundheitsdialog
Diabetes
mellitus
(Machbarkeitsstudie
der
Versicherungsanstalt für Eisenbahnen und Bergbau) /
Technologie: DiabMemory – Diabetes Telemonitoring System (AIT Austrian
Institute of Technology GmbH)
 Renewing Health – REgioNs of Europe WorkINg toGether for HEALTH
(kofinanziertes EU-Projekt an den Landeskrankenanstalten Klagenfurt, Laas
und Villach)
 Disease Management Programm (kurz: DMP) Therapie Aktiv – Diabetes im
Griff (entwickelt von der Steiermärkischen Gebietskrankenkasse /
Administration
durch
einzelne
Gebietskrankenkassen
für
alle
Krankenversicherungsträger des jeweils teilnehmenden Bundeslandes).
Anzumerken ist, dass das DMP Therapie Aktiv in seiner jetzigen Form zwar
keine telemedizinischen Interventionen vorsieht, jedoch aufgrund seines
Schulungskonzepts hier von Interesse ist; Näheres dazu sogleich bei der
Empfehlung eines „Disease Management Programms 2.0“.
2
Für die Indikation Herzinsuffizienz (siehe Punkt IV. a.):
 TMScardio – Telemonitoring System für Herz-Kreislauf-Erkrankungen
(AIT Austrian Institute of Technology GmbH)
o Referenzeinsatz 1:
INTENSE-HF – INtegrated TElemonitoring and Nurse Support Evaluation
in Heart Failure (Randomisierte klinische Studie am Ludwig Boltzmann
Institut für Translationale Herzinsuffizienzforschung in Graz)
o Referenzeinsatz 2:
HERZ-MOBIL Tirol (Machbarkeitsstudie der Tiroler
Landeskrankenanstalten GmbH in Innsbruck)
o Referenzeinsatz 3:
ELICARD (Piloteinsatz im Krankenhaus der Elisabethinen in Linz)
Für die Indikation Implantatnachsorge in der Kardiologie (Remote Monitoring von
Device-Patientinnen und -Patienten: Implantable cardioverter defibrillator – ICD,
Cardiac resynchronization therapy – CRT, Schrittmacher, Looprecorder; siehe
Punkt IV. a.):
 CareLink™ Service (Referenzeinsatz: Medtronic)
 Home Monitoring™ Service (Referenzeinsatz: Biotronik)
 Merlin.net™ Service (Referenzeinsatz: St. Jude Medical)
 Latitude™ Service (Referenzeinsatz: Boston Scientific)
 Smartview™ Service (Referenzeinsatz: Sorin Group)
Telemedizin-Plattform
Notwendige Infrastruktur für die Implementierung der genannten TelemonitoringAnwendungen sind technologische Plattformen als Informations- und
Kommunikationsdrehscheibe für alle Beteiligten (Patientinnen und Patienten,
Gesundheitsdiensteanbieter [kurz: GDA], etc.).
Für die Einrichtung solcher Plattformen bestehen in Österreich gute
Voraussetzungen. Die Interoperabilität solcher Plattformen mit der Architektur der
Elektronischen Gesundheitsakte (kurz: ELGA), insbesondere mit den
Basiskomponenten für die Identifikation (Patientenindex und eHealth3
Verzeichnisdienst) sowie mit der Standardisierung auf
sicherzustellen (zur ELGA-Konformität siehe Punkt II. b. 2.).
HL7 CDA / IHE,
ist
Die Kommission empfiehlt die Einrichtung einer einzelnen, modularen (und daher
ausbaufähigen) Technologieplattform für die Betreuung sämtlicher chronischer
Krankheiten. In einem ersten Schritt sollte über diese Technologieplattform das
Telemonitoring der chronischen Krankheiten Diabetes, Herzinsuffizienz und
Hypertonie implementiert werden. Es wäre günstig, auch die Implantatnachsorge (in
der Kardiologie) zu implementieren, wobei jedoch die Anbindungsfähigkeit der
Hersteller zu gewährleisten ist. In einem zweiten Schritt könnte die Plattform
aufgrund ihres modularen Aufbaus um andere chronische Krankheiten erweitert
werden.
Die Entscheidung für eine Telemedizin-Plattform sollte rasch getroffen werden, weil
zuvor mit der Implementierung der genannten Telemonitoring-Anwendungen nicht
sinnvollerweise begonnen werden kann.
„Disease Management Programm 2.0“
Kritischer Erfolgsfaktor von Telegesundheitsdiensten ist eine strukturierte technische
und medizinische Schulung sowohl von Patientinnen und Patienten als auch von GDA
als
wesentliches
Element
eines
DMP.
Dafür
bietet
sich
das
(Gruppen-)Schulungskonzept des DMP Therapie Aktiv an, welches jedoch – in seiner
jetzigen Form – keine telemedizinischen Interventionen vorsieht. Daher empfiehlt die
Kommission die Einrichtung eines DMP mit aktiver Integration und strukturierter
Schulung von Patientinnen bzw. Patienten und GDA, welches die telemedizinische
Versorgung integriert hat („DMP 2.0“).
Ausrollung von Telegesundheitsdiensten
Notwendige Voraussetzung für die Ausrollung von Telegesundheitsdiensten in die
Regelversorgung ist die Festlegung der organisatorischen Rahmenbedingungen der
zu
implementierenden
telemedizinischen
Anwendung
bzw.
des
zu
implementierenden DMP. Zur gesundheitspolitischen Transparentmachung und
Entscheidungshilfe
bei
der
Erarbeitung
möglicher
Geschäftsbzw.
Organisationsmodelle von Telegesundheitsdiensten hat die Kommission einen
Fragenkatalog entwickelt, um die jeweilige Anwendung hinsichtlich ihres
organisatorischen Rahmens charakterisieren zu können (siehe die Punkte II. c., III. b.
und IV. b.).
Die Telegesundheitsdienste-Kommission stellt fest, dass die in Österreich
bestehenden Tarifkataloge (sowohl des stationären und spitalsambulanten wie auch
des niedergelassenen Bereichs) nicht zur Verrechnung telemedizinischer Leistungen
4
geeignet sind. Als Alternative dazu sind – je nach Anwendung, für deren
Implementierung man sich entscheidet – Modelle der Pauschalierung über einen
Betreuungszeitraum im Sinne von Versorgungspaketen anzudenken. Die Möglichkeit
einer Übernahme der priorisierten Telegesundheitsdienste in die Regelfinanzierung
entsprechend dem Finanzierungssystem der Zielsteuerung-Gesundheit ist zu
prüfen.
Die Kommission empfiehlt, parallel zur Ausrollung von Telegesundheitsdiensten
deren begleitende Evaluation vorzusehen (siehe Punkt II. b. 4.).
Weitere Vorgangsweise
Der vorliegende Bericht der Telegesundheitsdienste-Kommission sollte der
Bundes-Zielsteuerungskommission zur Verfügung gestellt werden (Integration in den
Zielsteuerungsprozess), um die laufende Gesundheitsreform auch im Bereich der
Telegesundheitsdienste zu dynamisieren.
5
II. Hauptanwendungsbereiche, Bewertungskriterien und
Rahmenbedingungen für die Einführung von Telegesundheitsdiensten in die Regelversorgung in Österreich
II. a. Diabetes und Herz-Kreislauf-Erkrankungen
anwendungsbereiche von Telegesundheitsdiensten
als
Haupt-
Die Telegesundheitsdienste-Kommission erhielt in ihrer konstituierenden Sitzung am
07.03.2013 von Herrn Bundesminister Alois Stöger den Auftrag, zum Zwecke der
Priorisierung einen bis drei telemedizinische(n) Anwendungsbereich(e), insbesondere
chronische Krankheiten, zu identifizieren, die sich aufgrund ihres Potentials für die
Einführung in die Regelversorgung eignen.
In Erfüllung dieses Auftrags hat sich die Kommission darauf geeinigt, in einem ersten
Schritt bisherige bzw. aktuelle Telemedizin-Projekte in Österreich zu sichten, in einer
Projekt-Liste zusammenzutragen und zu bewerten.
Aus dieser Projekt-Liste ergab sich die folgende Reihung von Telemedizin-Projekten
entsprechend ihrer Anzahl nach Fachrichtungen:
1.
2.
3.
4.
5.
6.
Kardiologie (Hauptteil)
Diabetes
Dermatologie
Onkologie
Chronisch obstruktive Lungenerkrankung
Sonstige
In Bewertung der Projekt-Liste und ausgehend von den Erkenntnissen, dass
 Herz-Kreislauf-Erkrankungen die häufigste Todesursache darstellen,
 die Herzinsuffizienz ein wachsendes Krankheitsbild mit zunehmender Inzidenz
ist, Herzinfarkte zunehmend überlebt werden, die Folgekosten sich schon jetzt
auf ca. 3% der Gesamtausgaben des österreichischen Gesundheitswesens
belaufen und eine frühzeitige Optimierung der Behandlung die Anzahl der
Krankenhausaufenthalte pro Patientenleben deutlich verringert sowie die
Prognose und die Lebensqualität der Patientinnen und Patienten verbessert,
 Diabetes und chronische Folgeerkrankungen in einer älter werdenden
Gesellschaft zunehmen,
 Diabetes und Herzinsuffizienz einander wechselseitig begünstigen und daher
häufig gemeinsam auftreten,
 Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Diabetes von allen Sektoren – nämlich vom
stationären, spitalsambulanten und niedergelassenen Bereich – versorgt
werden und
6
 ausgereifte bzw. erprobte technische Anwendungen (insbesondere gute
infrastrukturelle Voraussetzungen durch technische Plattformen, die derzeit in
Österreich genützt und pilotiert werden) zur Verfügung stehen,
kam die Kommission zu der Überzeugung, dass in den Bereichen Herz-KreislaufErkrankungen und Diabetes ein prioritärer Bedarf an telemedizinischen
Anwendungen gegeben ist, weil hier das größte Potential sowohl an medizinischem
Nutzen für die Patientinnen und Patienten als auch an möglichen
Kosteneinsparungseffekten für das österreichische Gesundheitswesen besteht, ein
großer Beitrag zur Versöhnung der Sektoren (insbesondere zur Entlastung des
ambulanten Spitalsbereichs durch extramurale Beteiligung) geleistet werden kann
und
in
den
Bereichen
Herz-Kreislauf-Erkrankungen
und
Diabetes
Telegesundheitsdienste in einer ersten Welle als „Quick Wins“ am schnellsten
umgesetzt werden könnten.
Daher hat die Kommission in ihrer 2. Sitzung am 03.06.2013 den „Aufbau von
Telegesundheitsdiensten in den Bereichen Herz-Kreislauf und Diabetes zur
Unterstützung einer vertieften Arzt-Patient-Kommunikation“ für eine Aufnahme als
operatives Ziel in den (damals gerade verhandelten) Bundes-Zielsteuerungsvertrag
empfohlen.1
Obwohl diese Empfehlung einer Spezifizierung auf Herz-Kreislauf-Erkrankungen und
Diabetes
als
Hauptanwendungsbereiche
von
Telegesundheitsdiensten
verhandlungsbedingt
nicht
im
operativen
Ziel 7.2.3.
des
BundesZielsteuerungsvertrags verankert werden konnte, beschloss die Kommission aufgrund
der vorhandenen Datenlage dennoch, die Priorisierung in diesen beiden
Anwendungsbereichen zu forcieren, ohne dabei aber weitere (insbesondere
chronische) Krankheitsbilder außer Betracht zu lassen.
Primäre telemedizinische Anwendung für Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Diabetes
(wie für chronische Erkrankungen überhaupt) ist das Telemonitoring als die
medizinische Überwachung des Gesundheitszustandes von Patientinnen und
Patienten aus der Entfernung, was anhand eines Beispiels veranschaulicht werden
soll:
Patientinnen und Patienten, die an Herzinsuffizienz oder Diabetes leiden, bedürfen
einer regelmäßigen Kontrolle ihrer Vitalparameter, d.h. bei Herzinsuffizienz
insbesondere Blutdruck, Herzfrequenz und Körpergewicht bzw. bei Diabetes vor
allem Blutdruck, Blutzucker und Körpergewicht. Anstatt für die notwendigen
Kontrollen regelmäßig einen GDA aufsuchen zu müssen, erhalten die Patientinnen
und Patienten für zuhause ein Telemonitoring-Set bestehend aus Mobiltelefon,
Blutdruckmessgerät und Körperwaage bzw. Diabetikerinnen und Diabetiker auch ein
Blutzuckermessgerät. Die Vitalparameter werden von den Messgeräten automatisch
1
Zugleich hat die Kommission auch die Einrichtung eines telefon- und webbasierten Erstkontakt- und
Beratungsservices für eine Aufnahme als operatives Ziel in den Bundes-Zielsteuerungsvertrag empfohlen (siehe
die Maßnahme 3 des operativen Ziels 7.2.3.). Allerdings waren dazu keine weiteren Empfehlungen der
Kommission mehr nötig, da in der Sache bereits ein politischer Konsens über den Handlungsbedarf hergestellt
werden konnte. Dennoch wurde die Kommission vom BMG über die weiteren Entwicklungen informiert.
7
an die betreuende Stelle zur Kontrolle weitergeleitet, ohne dass die Patientinnen und
Patienten ihr Zuhause verlassen müssen. Werden vordefinierte Grenzwerte
überschritten, benachrichtigt das System die zuständigen GDA automatisch, wodurch
die jeweilige Situation individuell bewertet und geeignete Maßnahmen (z.B.
Medikamentenanpassung oder Kontrolltermin) ergriffen werden können.
Siehe zum Telemonitoring die Anhänge 2 und 9.
II. b. Kriterien zur Bewertung von Telegesundheitsdiensten
Im Hinblick auf die vorzunehmende Priorisierung unter Maßnahme 4 des operativen
Ziels 7.2.3. im Bundes-Zielsteuerungsvertrag („Analyse der Potentiale von
Telegesundheitsdiensten, welche die Effizienz von Versorgungsprozessen verbessern,
und
Abstimmung
zwischen
den
Vertragsparteien,
welche
weiteren
Telegesundheitsdienste entwickelt werden sollen, bis Ende 2014“) hat die
Telegesundheitsdienste-Kommission
zur
gesundheitspolitischen
Transparentmachung und Entscheidungshilfe Kriterien zur Bewertung von
Telegesundheitsdiensten für deren Ausrollung in die Regelversorgung erarbeitet.
Diese Kriterien wurden von einer eigens eingerichteten Arbeitsgruppe der
Kommission zu einem Kriterienkatalog weiterentwickelt.
Vorauszuschicken ist zum einen, dass bei der Priorisierung nur solche Projekte
miteinbezogen werden sollten, die so weit abgeschlossen sind, dass zumindest
bereits Ergebnisse veröffentlicht sind (im Sinne von „publik“, nicht unbedingt
„publiziert“). Zum anderen sind die folgend dargestellten Kriterien noch sehr
allgemein formuliert und aufgrund der Erkenntnisse aus einem Testfall weiter zu
verfeinern bzw. nach Scoring-Punkten zu gewichten.
1. Projektqualität allgemein:
 Kosten-/Nutzen-/Beteiligten-Definitionen sollen Niederschlag finden in der
Anzahl der vom Krankheitsbild Betroffenen und der konkret Betreuten
 Klare Beschreibung des Disease-Management-Prozesses mit
Einschlusskriterien
 Technischer Reifegrad der Anwendung
Der technische Reifegrad der Anwendung muss anhand eines Beispielfalls
ausgelotet werden; hier bestehen Überlappungen zu Punkt 2. (ELGAKonformität).
8
2. ELGA-Konformität (Potential für Priorisierung, K.O.-Kriterium für Ausrollung):
Hinsichtlich der ELGA-Konformität ist zwischen der Priorisierung von
Telegesundheitsdiensten einerseits und deren Ausrollung andererseits zu
unterscheiden: Für die Priorisierung müssen Projekte zwar noch nicht
ELGA-kompatibel sein, doch ist dieses Kriterium auch hier zumindest mit zu
bedenken, weil es einen Kostenfaktor darstellt. Für eine Ausrollung hingegen sind
Projekte jedenfalls ELGA-konform zu führen (K.O.-Kriterium).
Weiters zu unterscheiden sind ELGA-Anwendungen im engeren Sinne (wie z.B. die
e-Medikation) von anderen eHealth-Anwendungen, die (nur) über die
ELGA-Infrastruktur laufen. Im Unterschied zu letzteren sind mit den
ELGA-Anwendungen die ELGA-Teilnehmerrechte verbunden und für jede
ELGA-Anwendung muss gegebenenfalls das Gesetz geändert werden. Ob sich ein
Projekt für eine ELGA-Anwendung im engeren Sinne oder als (bloße)
eHealth-Anwendung zur Nutzung der ELGA-Infrastruktur eignet, muss im Zuge einer
technischen Prüfung eruiert werden.
Vor diesem Hintergrund ist das Kriterium der ELGA-Konformität in folgende Punkte zu
gliedern:
 Nutzung der ELGA-Infrastruktur als grundsätzliche Möglichkeit
Unter ELGA-Infrastruktur sind hier insbesondere die Basiskomponenten für die
Identifikation (Patientenindex und eHealth-Verzeichnisdienst) sowie die
Standardisierung auf HL7 CDA / IHE gemeint.
 Befund, der in einer ersten Phase als strukturiertes Dokument ausreicht, aber
in einer zweiten Phase in ein CDA-Dokument münden muss
Beim Telemonitoring des Gesundheitszustandes von Patientinnen und
Patienten (siehe oben Punkt II. a.) ist zwar der Austausch von
Zwischenergebnissen einer Behandlung nicht für ELGA vorgesehen, aber der
Befund (also der z.B. monatliche oder quartalsmäßige Monitoring-Report von
z.B. Herzfrequenz oder Blutzucker) wird als ELGA-Dokument gespeichert.
 GDA-Befund aus Parameter-Evaluation und daraus abgeleitet entsprechende
Reporting-Funktionalitäten für Betreuerwechsel
Der Befund (Monitoring-Report) sollte so strukturiert sein, dass er von einer
anderen betreuenden Stelle weiterverwendet werden kann. Welche Technik
dabei im Hintergrund steht ist egal, solange die Provider-Unabhängigkeit
sichergestellt ist.
9
Hier gibt es Überlappungen mit Punkt 3. (Art der Beteiligten/Vernetzung und
Kooperation zwischen Einrichtungen müssen auch sektorenübergreifend
unterstützt werden).
3. Art der Beteiligten:
 Patientin bzw. Patient muss aktive Rolle haben (K.O.-Kriterium)
Das Telemonitoring des Gesundheitszustandes von Patientinnen und
Patienten (siehe oben Punkt II. a.) setzt immer eine Kommunikation zwischen
GDA und Patientin bzw. Patient voraus. Die Patientinnen und Patienten in den
Mittelpunkt der Überlegungen zu stellen, entspricht auch dem Ziel der
Gesundheitsreform, innovative Services für Bürgerinnen bzw. Bürger und
Patientinnen bzw. Patienten zu entwickeln. Darüber hinaus geht die aktive
Rolle der Patientinnen und Patienten im System auch in Richtung
Empowerment, weshalb dies ein (jedenfalls zu erfüllendes) K.O.-Kriterium bei
der Auswahl von Telegesundheitsdiensten ist.
 Vernetzung und Kooperation zwischen Einrichtungen müssen auch
sektorenübergreifend unterstützt werden
4. Outcome und Messbarkeit:
Eine
neuerliche,
wissenschaftliche
Evaluation
der
Evidenz
von
Telegesundheitsdiensten als Kriterium für deren Ausrollung wird von der Kommission
nicht als sinnvoll erachtet. Jedenfalls aber sollte parallel zur Ausrollung von
Telegesundheitsdiensten deren begleitende Evaluation vorgesehen werden, um aus
dem Routinebetrieb suffiziente Outcome-Parameter zu Aufwand, medizinischem und
ökonomischem Nutzen sowie zu unerwünschten Auswirkungen und allfälligem
Änderungsbedarf ableiten zu können.
Zur begleitenden Evaluation von Telegesundheitsdiensten könnte man etwa das
„Model for Assessment of Telemedicine applications“ (MAST, siehe Anhang 6),
welches zur Evaluation des Projekts „Renewing Health“ verwendet wurde,
heranziehen. Zwar ist MAST als Studiendesign ausgelegt, was bei der Ausrollung nicht
betrieben werden sollte. Dennoch könnte man sich bei der Frage, wie zu evaluieren
ist, an diesem Modell orientieren.
Die Bewertungskriterien zu Outcome und Messbarkeit für die Priorisierung sind:
 Minimale Drop-out-Rate
 Compliance
10
 Nutzen von Telemonitoring für entsprechendes Krankheitsbild muss durch
generelle Studien nachgewiesen und idealerweise durch lokale Studien
gefestigt sein (K.O.-Kriterium)
 Klinischer Outcome darf nicht schlechter sein als bei der Usual Care
(K.O.-Kriterium)
 Patientensicherheit (medizinisch)
 Privacy (Datenschutz und Datensicherheit)
 Andere qualitative Nutzeneffekte
 Transferierbarkeit (klinisch/organisatorisch/ökonomisch/technische Offenheit
bzw. modularer Aufbau)
Die Transferierbarkeit verlangt beispielsweise transparente Schnittstellen
sowohl auf Seiten des Anbieters der Anwendung als auch auf Seiten des
betreuenden GDA.
5. Kosten für Errichtung und Betrieb:
 (Nur) Einschätzung
6. Umsetzung, Akzeptanz und Zeitschiene:
 Einschätzung der gesundheitspolitischen Bedeutung unter Berücksichtigung
der Transferierbarkeit (klinisch/organisatorisch/ökonomisch/technische
Offenheit bzw. modularer Aufbau)
Die Anwendung dieser Kriterien zur Bewertung von Telemedizin-Projekten in den
Bereichen Diabetes und Herz-Kreislauf-Erkrankungen erfolgt unter den Punkten III. a.
und IV. a.
II. c. Geschäfts- bzw. Organisationsmodelle für Telegesundheitsdienste
Die Telegesundheitsdienste-Kommission stellt fest, dass die in Österreich
bestehenden Tarifkataloge (sowohl des stationären und spitalsambulanten wie auch
des niedergelassenen Bereichs) nicht zur Verrechnung telemedizinischer Leistungen
geeignet bzw. vorgesehen sind. Insbesondere gilt es – je nach Anwendung, für deren
Implementierung man sich entscheidet – zu überlegen, telemedizinische
Basisleistungen nicht mit zahlreichen und möglicherweise länderspezifisch
unterschiedlichen Einzelpositionen zu tarifieren, sondern vielmehr (im Sinne von
11
Versorgungspaketen) über einen Betreuungszeitraum zu pauschalieren, während
spezielle telemedizinische Einzelleistungen gesondert definiert und verrechnet
werden könnten (siehe dazu sogleich die Fragestellungen 6. und 7.).
Bevor jedoch überhaupt Honorierungs- bzw. Finanzierungsmodelle für
Telegesundheitsdienste entwickelt werden können, müssen zuerst die
organisatorischen Rahmenbedingungen der jeweiligen telemedizinischen Anwendung
feststehen, welche sodann in einer Finanzierung münden werden müssen. Während
dies bei der Priorisierung kein Thema ist, so ist ein klares Geschäfts- bzw.
Organisationsmodell (nach außen, wo Rollen, Aufgaben und Verbindlichkeiten –
einschließlich des legistischen Handlungsbedarfs – für verschiedene Player festgelegt
werden) doch wesentlich für die Tragung der Kosten für Errichtung und Betrieb und
daher conditio sine qua non für die Ausrollung von Telegesundheitsdiensten in die
Regelversorgung. Die Kernfrage dabei ist, wer wie eingebunden wird: Während z.B.
Diabetes, Herzinsuffizienz und Hypertonie in die Breite gehen und von einer Vielzahl
an Personen betreut werden können, bedarf es z.B. für Aggregate (wie
Schrittmacher, Defibrillatoren, Looprecorder etc.) hoch spezialisierter Personen.
Insbesondere bedarf es eines Ansprechpartners bzw. Verantwortlichen (nicht
unbedingt als Einzelperson, aber zumindest organisatorisch) gegenüber den
Patientinnen und Patienten, was eine zwingend notwendige Rahmenbedingung aus
Patientensicht darstellt.
Hinsichtlich dieser organisatorischen Rahmenbedingungen gibt es zwei
unterschiedliche Möglichkeiten für die Qualifikation von Telegesundheitsdiensten:
entweder als Krankenbehandlung oder als Organisationsleistung. Beide Modelle sind
ein möglicher Zugang, jedoch mit jeweils unterschiedlichen (vor allem rechtlichen)
Konsequenzen verbunden:
Qualifiziert man die Telemedizin als Krankenbehandlung, so stellen sich vor allem
Fragen des Leistungsrechts der Sozialversicherung, insbesondere jene nach dem
Leistungserbringer und der zu erbringenden Leistung. Aus Sicht der
Sozialversicherung bedarf es einer Klärung der Frage, unter welchen Bedingungen
(Vorliegen welcher Kriterien) ein Anspruch auf telemedizinische Leistungen besteht
(siehe Frage 1 unten). Sollten die entscheidenden Kriterien nicht vorliegen – z.B. auch
die Eignung der Patientinnen und Patienten – so ist nach wie vor die konventionelle
Leistungserbringung in diesem Zusammenhang vorzusehen und zu gewährleisten. Die
Leistungserbringung telemedizinischer Dienste kann durch die eigenen Einrichtungen
der Sozialversicherungsträger oder durch (Gesamt-)Verträge erfolgen; dies unter
Bedachtnahme auf den „best point of service“.
Während es weiters bei Krankenbehandlungen starke nationale Beschränkungen wie
etwa die Nostrifizierung gibt, stellt sich bei der Qualifikation von Telemedizin als
Organisationsleistung (verwirklicht etwa von der Versicherungsanstalt für
Eisenbahnen und Bergbau mit deren „Gesundheitsdialog Diabetes mellitus“; siehe
dazu Anhang 3) insbesondere die Frage, inwieweit diese unter die
EU-Dienstleistungsrichtlinie fällt bzw. davon als soziale Dienstleistung von
allgemeinem Interesse ausgenommen ist.
12
In jedem Fall muss für die Ausrollung von Telegesundheitsdiensten in die
Regelversorgung eine rechtliche Würdigung erfolgen, die je nach telemedizinischer
Anwendung unterschiedlich sein und einer gesetzlichen Verankerung bedürfen wird.
Zur gesundheitspolitischen Transparentmachung und Entscheidungshilfe für die
Ausrollung von Telegesundheitsdiensten in die Regelversorgung hat eine eigens
eingerichtete Arbeitsgruppe der Kommission den folgenden Fragenkatalog zu
möglichen Geschäfts- bzw. Organisationsmodellen entwickelt, um die jeweilige
telemedizinische
Anwendung
hinsichtlich
ihrer
organisatorischen
Rahmenbedingungen charakterisieren zu können:
1. Wann, wo und nach welchen Kriterien sollen sich Patientinnen und Patienten
für telemedizinische Programme einschreiben können?
2. Wer kann der Organisator eines solchen Programms sein (Versicherung, Ärztin
bzw. Arzt, Krankenhausträger, etc.)?
3. Wer sind die primären Ansprechpartner der Patientinnen und Patienten
(Hausärztin bzw. -arzt, Fachärztin bzw. -arzt, Ambulanz, etc.)?
4. Wo soll das Training der Patientinnen und Patienten stattfinden (siehe oben)?
5. Sind Leitlinien für die Behandlung im integrierten Versorgungsprozess mit
telemedizinischen Prozessschritten notwendig und wenn ja, gibt es solche
bzw. wer könnte solche erarbeiten?
6. Was ist die Basisleistung für einen Betreuungszeitraum (als Basis für eine
Tarifabschätzung und die Organisation [siehe Punkt 2.])?
7. Was wären die telemedizinischen Spezialleistungen/Einzelleistungen, die
allenfalls in den Tarifkatalog aufzunehmen wären?
8. Gibt es Vorschläge zu einer standardisierten technischen Lösung (Verbindung
zu ELGA-Komponenten, welche Komponenten sind auch für andere chronische
Krankheiten – DMP verwendbar)?
9. Was sind die zu monitierenden Parameter/Kriterien und wie könnte die
Qualitätssicherung aussehen?
Die Beantwortung dieser Fragestellungen zu Geschäfts- bzw. Organisationsmodellen
für die Bereiche Diabetes und Herz-Kreislauf-Erkrankungen erfolgt unter den Punkten
III. b. und IV. b.
13
III. Zum Hauptanwendungsbereich Diabetes
III. a. Bewertung von Projekten anhand der Kriterien
Die
Telegesundheitsdienste-Kommission
hat
Diabetes
als
einen
Hauptanwendungsbereich von Telegesundheitsdiensten identifiziert (siehe oben
Punkt II. a.) und im Hinblick auf Maßnahme 4 des operativen Ziels 7.2.3. im BundesZielsteuerungsvertrag
einen
Kriterienkatalog
zur
Bewertung
von
Telegesundheitsdiensten entwickelt (siehe oben Punkt II. b.).
In Anwendung dieser Bewertungskriterien auf in Österreich bestehende TelemedizinProjekte im Bereich Diabetes kam eine eigens dafür eingerichtete Arbeitsgruppe der
Kommission zu dem Ergebnis, dass die folgenden Telemonitoring-Projekte das größte
Potential für die Einführung in die Regelversorgung bergen:
 Gesundheitsdialog
Diabetes
mellitus
(Machbarkeitsstudie
der
Versicherungsanstalt für Eisenbahnen und Bergbau) /
Technologie: DiabMemory – Diabetes Telemonitoring System (AIT Austrian
Institute of Technology GmbH)
Siehe dazu die Anhänge 1 bis 4.
 Renewing Health – REgioNs of Europe WorkINg toGether for HEALTH
(kofinanziertes EU-Projekt an den Landeskrankenanstalten Klagenfurt, Laas
und Villach)
Siehe dazu die Anhänge 5 und 6.
 DMP Therapie Aktiv – Diabetes im Griff (entwickelt von der Steiermärkischen
Gebietskrankenkasse / Administration durch einzelne Gebietskrankenkassen
für alle Krankenversicherungsträger des jeweils teilnehmenden Bundeslandes)
Siehe dazu Anhang 7.
Anzumerken ist, dass das DMP Therapie Aktiv in seiner jetzigen Form zwar
keine telemedizinischen Interventionen vorsieht, jedoch aufgrund seines
Schulungskonzepts hier von Interesse ist; Näheres dazu sogleich.
Die konkrete Einordnung der genannten Anwendungen in den Kriterienkatalog wird
in der „Bewertungstabelle Diabetes“ in Anhang 8 dargestellt.
14
Aufgrund dieser Bewertungstabelle kam die für den Anwendungsbereich Diabetes
eingerichtete Arbeitsgruppe der Kommission zu folgendem Ergebnis:
 Rein telemedizinische Anwendungen sind nicht nachhaltig wirksam, weil
Patientinnen und Patienten jedenfalls eine strukturierte Schulung im Sinne von
Empowerment als wesentliches Element eines DMP benötigen. Dafür bietet
sich das (Gruppen-)Schulungskonzept des DMP Therapie Aktiv an.
 Das DMP Therapie Aktiv ist zum einen in Österreich nicht flächendeckend
implementiert, wobei die mangelnde Durchdringung innerhalb der
teilnehmenden Bundesländer insbesondere auf die Freiwilligkeit der
Teilnahme für Ärztinnen und Ärzte am DMP zurückzuführen ist. Zum anderen
sieht das DMP Therapie Aktiv – in seiner jetzigen Form – keine
telemedizinischen Interventionen vor. Daher wird die Einrichtung eines DMP
(mit strukturierter Schulung, siehe oben) befürwortet, welches die
telemedizinische Versorgung integriert hat („DMP 2.0“).
 Sinnvoll wäre die Einrichtung einer gemeinsamen, ausbaufähigen Plattform für
sämtliche chronische Krankheiten (mit modularem Aufbau für eine chronische
Erkrankung, z.B. Diabetes, mit entsprechender modularer Erweiterung für
Komorbiditäten wie Adipositas, Hypertonie, koronare Herzkrankheit etc.).
Für Näheres dazu siehe das gleichlautende Ergebnis der für den
Anwendungsbereich
Herz-Kreislauf-Erkrankungen
eingerichteten
Arbeitsgruppe (unten Punkt IV. a.).
 Die Implementierung/Integration von automatischen Decision Support
Systemen (z.B. zur Errechnung der korrekten Insulindosierung) ist jedenfalls
vorzusehen und sollte begleitend auf ihre Wirksamkeit getestet werden
(organisatorisch und technisch).
III. b. Geschäfts- bzw. Organisationsmodelle
Die
Telegesundheitsdienste-Kommission
hat
Diabetes
als
einen
Hauptanwendungsbereich von Telegesundheitsdiensten identifiziert (siehe oben
Punkt II. a.) und zur gesundheitspolitischen Transparentmachung und
Entscheidungshilfe einen Fragenkatalog zu möglichen Geschäfts- bzw.
Organisationsmodellen entwickelt (siehe oben Punkt II. c.).
Diese Fragestellungen zu Geschäfts- bzw. Organisationsmodellen wurden von der für
den Anwendungsbereich Diabetes eingerichteten Arbeitsgruppe der Kommission wie
folgt beantwortet:
15
1. Wann, wo und nach welchen Kriterien sollen sich Patientinnen und Patienten
für telemedizinische Programme einschreiben können?
Grundsätzlich sollen sich die Patientinnen und Patienten beim GDA
einschreiben können, wobei von allen Teilnehmerinnen und Teilnehmern der
Arbeitsgruppe festgehalten wird, dass zumindest geschulte oder
schulungswillige Patientinnen und Patienten mit einer gesicherten Diagnose
nach den WHO-Kriterien unabhängig vom weiteren Krankheitsstatus
eingeschrieben werden sollen. Da grundsätzlich nur geschulte oder
schulungswillige Patienten für telemedizinische Dienste in Frage kommen,
muss eine gut strukturierte Patientenschulung angeboten werden. Hier bietet
sich nach wie vor das Schulungskonzept vom DMP Therapie Aktiv an.
Aus Sicht der Selbsthilfegruppen ist zu ergänzen, dass sich DiabetesPatientinnen und -Patienten eine Schulung im extramuralen Bereich sofort
nach der Diagnose wünschen.
2. Wer kann der Organisator eines solchen Programms sein (Versicherung, Ärztin
bzw. Arzt, Krankenhausträger, etc.)?
Für ein telemedizinisches Projekt im Bereich Diabetes sollte die Initiierung von
den Versicherungsträgern, den Bundesministerien oder im Rahmen der
Bundesgesundheitsziele erfolgen, die Organisation selbst könnte über die
Gesundheitsplattformen oder im Hauptverband abgewickelt werden.
3. Wer sind die primären Ansprechpartner der Patientinnen und Patienten
(Hausärztin bzw. -arzt, Fachärztin bzw. -arzt, Ambulanz, etc.)?
Die primären Ansprechpartner sind Hausärztinnen und -ärzte, darüber hinaus
sind geschulte Diabetesberaterinnen und -berater, Community Nurses oder
andere qualifizierte Berufsgruppen in Betracht zu ziehen.
Univ.-Prof. Dr. Thomas Pieber sieht die derzeitige Aufteilung in stationären,
spitalsambulanten und niedergelassenen Bereich als unzureichend an, weil
Specialist Nurses fehlen. Daher befürwortet er eine neue, bisher nicht
definierte Rolle im Gesundheitswesen, die als „Nurse Practitioner“,
„Community Nurse“ oder „Pflegeperson für die Betreuung von chronisch
Kranken“ definiert wird. Diese Personen könnten die Ärztinnen und Ärzte von
administrativen und basismedizinischen Arbeiten entlasten, eine Rolle wie
Case-Manager einnehmen und sollten eine zentrale Anlaufstelle für die
Kommunikation und Organisation übernehmen. So ist etwa beim Projekt
Gesundheitsdialog Diabetes mellitus der VAEB im Rehabilitationszentrum der
Sonderkrankenanstalt Breitenstein eine nicht-ärztliche Diabetesberaterin
16
beschäftigt, wo sich durch das Engagement des Diabetesschulungspersonals
auch eine Art „Call Center“2 für aktuelle Fragen der Patientinnen und
Patienten herauskristallisiert hat.
Aus Sicht des Österreichischen Roten Kreuzes ist die Community Nurse die
Rolle der Hauskrankenpflege, welche bereits jetzt chronisch Kranke betreut.
Als Probleme werden zum einen die fehlende Fortbildung für diplomierte
Pflegekräfte, zum anderen die Ansiedlung der Hauskrankenpflege im
Sozialbereich gesehen.
4. Wo soll das Training der Patientinnen und Patienten stattfinden (siehe oben)?
Grundsätzlich ist das technische Training in mehreren Bereichen möglich (GDA,
Diabetesberater, Sozialversicherung), darüber hinaus wird nochmals darauf
hingewiesen, dass geschulte Patientinnen und Patienten für ein
telemedizinisches Programm in Frage kommen.
5. Sind Leitlinien für die Behandlung im integrierten Versorgungsprozess mit
telemedizinischen Prozessschritten notwendig und wenn ja, gibt es solche
bzw. wer könnte solche erarbeiten?
Leitlinien sind für einen integrierten Versorgungsprozess notwendig. Vor allem
gehört geregelt, wer unter welchen Umständen wann telemedizinisches
Monitoring anwendet und welche Therapieentscheidungen getroffen werden.
Derzeit sind im DMP Therapie Aktiv telemedizinische Prozesse nicht
vorgesehen und müssen daher entwickelt werden. Grundsätzlich gelten
selbstverständlich die Regeln der evidenzbasierten Medizin für diesen
telemedizinischen Versorgungsprozess.
6. Was ist die Basisleistung für einen Betreuungszeitraum (als Basis für eine
Tarifabschätzung und die Organisation [siehe Punkt 2.])?
Es wird vorgeschlagen, eine Erstordination, eine therapeutische Aussprache
und eine Folgeordination als Basis für die Tarifabschätzung anzunehmen.
Art bzw. Periodizität von (allenfalls tele-)medizinischen Folgeleistungen sind
als medizinische Fragestellungen in den Leitlinien festzulegen (siehe oben
Punkt 5.).
2
Zum telefon- und webbasierten Erstkontakt- und Beratungsservice siehe bereits oben Punkt II. a. Fußnote 1.
17
7. Was wären die telemedizinischen Spezialleistungen/Einzelleistungen, die
allenfalls in den Tarifkatalog aufzunehmen wären?
Derzeit gibt es diesbezüglich keine Leistungen im Tarifkatalog, auf Basis der
derzeitigen Situation wäre am ehesten eine telemedizinische Visite oder eine
telemedizinische Konsultation mit entsprechenden Limitierungen vorzusehen.
8. Gibt es Vorschläge zu einer standardisierten technischen Lösung (Verbindung
zu ELGA-Komponenten, welche Komponenten sind auch für andere chronische
Krankheiten – DMP verwendbar)?
Derzeit besteht eine Standardisierung auf HL7 CDA / IHE, wobei ein CDAParameter-Bericht jederzeit möglich wäre.
9. Was sind die zu monitierenden Parameter/Kriterien und wie könnte die
Qualitätssicherung aussehen?
Jedenfalls zu monitierende Parameter sind aktueller Blutzucker,
Körpergewicht, aktueller Blutdruck, Wellbeing/subj. Wohlbefinden, derzeitige
Therapie und Raum für freien Text. Für die Qualitätssicherung ist das Basic
Information Sheet des DMP heranzuziehen. Auf eine benutzerfreundliche
Ausgestaltung der Dokumentation ist zu achten.
18
IV. Zum Hauptanwendungsbereich Herz-Kreislauf-Erkrankungen
IV. a. Bewertung von Projekten anhand der Kriterien
Die Telegesundheitsdienste-Kommission hat Herz-Kreislauf-Erkrankungen als einen
Hauptanwendungsbereich von Telegesundheitsdiensten identifiziert (siehe oben
Punkt II. a.) und im Hinblick auf Maßnahme 4 des operativen Ziels 7.2.3. im BundesZielsteuerungsvertrag
einen
Kriterienkatalog
zur
Bewertung
von
Telegesundheitsdiensten entwickelt (siehe oben Punkt II. b.).
In Anwendung dieser Bewertungskriterien auf in Österreich bestehende TelemedizinProjekte im Bereich Herz-Kreislauf-Erkrankungen kam eine eigens dafür eingerichtete
Arbeitsgruppe der Kommission zu dem Ergebnis, dass die folgenden TelemonitoringProjekte das größte Potential für die Einführung in die Regelversorgung bergen:
Für die Indikation Herzinsuffizienz:
 TMScardio – Telemonitoring System für Herz-Kreislauf-Erkrankungen
(AIT Austrian Institute of Technology GmbH)
o Referenzeinsatz 1:
INTENSE-HF – INtegrated TElemonitoring and Nurse Support Evaluation
in Heart Failure (Randomisierte klinische Studie am Ludwig Boltzmann
Institut für Translationale Herzinsuffizienzforschung in Graz)
o Referenzeinsatz 2:
HERZ-MOBIL Tirol (Machbarkeitsstudie der Tiroler
Landeskrankenanstalten GmbH in Innsbruck)
o Referenzeinsatz 3:
ELICARD (Piloteinsatz im Krankenhaus der Elisabethinen in Linz)
Siehe dazu die Anhänge 9 und 10 sowie die Seiten 3 ff in Anhang 11.
Die konkrete Einordnung der genannten Anwendungen in den Kriterienkatalog wird
in der „Bewertungstabelle Herz-Kreislauf - Herzinsuffizienz“ in Anhang 13
dargestellt.
Für die Indikation Implantatnachsorge (Remote Monitoring von Device-Patientinnen
und -Patienten: Implantable cardioverter defibrillator – ICD, Cardiac
resynchronization therapy – CRT, Schrittmacher, Looprecorder):
 CareLink™ Service (Referenzeinsatz: Medtronic)
19
 Home Monitoring™ Service (Referenzeinsatz: Biotronik)
 Merlin.net™ Service (Referenzeinsatz: St. Jude Medical)
 Latitude™ Service (Referenzeinsatz: Boston Scientific)
 Smartview™ Service (Referenzeinsatz: Sorin Group)
Siehe dazu Anhang 12 sowie die Seiten 1 bis 3 in Anhang 11.
Die konkrete Einordnung der genannten Anwendungen in den Kriterienkatalog wird
in der „Bewertungstabelle Herz-Kreislauf - Implantatnachsorge“ in Anhang 14
dargestellt.
Aufgrund dieser Bewertungstabellen kam die für den Anwendungsbereich
Herz-Kreislauf-Erkrankungen eingerichtete Arbeitsgruppe der Kommission zu
folgendem Ergebnis:
 Anzustreben ist die Einrichtung einer einzelnen, modularen und daher
ausbaufähigen Technologieplattform, welche telemedizinische Dienste für
sämtliche chronische Krankheiten umfasst (siehe dazu auch das gleichlautende
Ergebnis der für den Anwendungsbereich Diabetes eingerichteten
Arbeitsgruppe unter Punkt III. a.). Denn es ist weder den Patientinnen und
Patienten noch den betreuenden Ärztinnen und Ärzten zumutbar, sich als/für
Diabetespatient/en in ein System „A“ hineinzufinden, als/für Herzinsuffizienzund Schrittmacherpatient/en in ein System „B“, und als/für Patient/en mit
einer chronischen Lungenerkrankung oder Patient/en mit sowohl Diabetes- als
auch Herz-Kreislauf-Erkrankung in weitere Systeme. Die Integrierbarkeit in die
GDA-Infrastruktur muss gegeben sein.
 Diese Technologieplattform sollte zentral, d.h. österreichweit einheitlich
aufgebaut werden. Der Zugang zur Plattform ist abhängig von der TelemedizinAnwendung, d.h. von der Art der Indikation: So ist derzeit Diabetes
überwiegend dem niedergelassenen Bereich zuzuordnen, die Herzinsuffizienz
hingegen eher dem stationären Bereich und für Schrittmacher bedarf es einer
Spezialambulanz.
 „AIT TeleHealth System“ stellt eine solche ausbaufähige Plattform dar: Wie die
(zum Teil öffentlich finanzierten) Plattformen bestehender Projekte zeigen,
verwenden Graz, Innsbruck und Linz für den Bereich Herzinsuffizienz sowie die
VAEB für ihr Diabetes-Programm dieselbe Plattform von AIT als
österreichischem Technologiepartner.
20
 In einem ersten Schritt sollte über diese Technologieplattform das
Telemonitoring der chronischen Krankheiten Diabetes, Herzinsuffizienz und
Hypertonie implementiert werden. In einem zweiten Schritt könnte die
Plattform aufgrund ihres modularen Aufbaus um andere chronische
Krankheiten erweitert werden.
 Es wäre günstig, auch die Implantatnachsorge (in der Kardiologie) zu
implementieren, wobei jedoch die Anbindungsfähigkeit der Hersteller zu
gewährleisten ist: Denn die Plattform muss den von der Kommission
entwickelten Kriterien entsprechen und hinsichtlich der ELGA-Konformität
(insbesondere der CDA-Modalitäten) die Datenverwaltung unabhängig von
den Herstellern erlauben und einen Betreuerwechsel zulassen. Dies setzt die
Bündelung der verschiedenen Hersteller von Implantaten auf der Plattform
voraus,
nicht
zuletzt
auch
im
Hinblick
auf
zukünftige
Technologieentwicklungen in den Geräten.
 Notfallsysteme (Alerts) sollen – jedenfalls in einem ersten Schritt – noch nicht
implementiert werden. Denn solange die Überwachung nicht „rund-um-dieUhr“ erfolgt, stellen Alerts außerhalb der Betriebszeiten ein rechtliches
Problem (der Patientensicherheit und Haftung) dar, sodass es für die
Einbeziehung von Notfällen derzeit noch zu früh ist.
IV. b. Geschäfts- bzw. Organisationsmodelle
Die Telegesundheitsdienste-Kommission hat Herz-Kreislauf-Erkrankungen als einen
Hauptanwendungsbereich von Telegesundheitsdiensten identifiziert (siehe oben
Punkt II. a.) und zur gesundheitspolitischen Transparentmachung und
Entscheidungshilfe einen Fragenkatalog zu möglichen Geschäfts- bzw.
Organisationsmodellen entwickelt (siehe oben Punkt II. c.).
Diese Fragestellungen zu Geschäfts- bzw. Organisationsmodellen wurden von der für
den Anwendungsbereich Herz-Kreislauf-Erkrankungen eingerichteten Arbeitsgruppe
der Kommission wie folgt beantwortet:
1. Wann, wo und nach welchen Kriterien sollen sich Patientinnen und Patienten
für telemedizinische Programme einschreiben können?
 Wann:
spätestens
im
Rahmen
eines
professionellen
Entlassungsmanagements.
 Wo: vom tertiären bis hin zum primären Sektor, abhängig von der Art der
Indikation.
21
 Nach welchen Kriterien: zur Vermeidung von Hospitalisierungen und des
Fortschreitens der Grunderkrankung.
2. Wer kann der Organisator eines solchen Programms sein (Versicherung, Ärztin
bzw. Arzt, Krankenhausträger, etc.)?
Die behandelnde Spitalsärztin bzw. der behandelnde Spitalsarzt mit
Unterstützung des Krankenhausträgers, wobei die Unterstützung der
Sozialversicherungsträger sinnvoll ist.
Die Organisation sollte federführend vom organisationsstärksten Beteiligten
mit dem größten Nutzen wahrgenommen werden.
3. Wer sind die primären Ansprechpartner der Patientinnen und Patienten
(Hausärztin bzw. -arzt, Fachärztin bzw. -arzt, Ambulanz, etc.)?
Die niedergelassene Haus- oder Fachärztin bzw. der niedergelassene Hausoder Facharzt (extramural) und/oder geschultes Disease-ManagementPersonal. Speziell ausgebildete Herzinsuffizienz-Nurses (HI-Schwestern)
könnten die niedergelassene Ärztin bzw. den niedergelassenen Arzt bei der
primären Patientenkommunikation unterstützen. So wie bei Diabetes (siehe
Punkt III. b. 3.) könnten diese Personen die Ärztinnen und Ärzte von
administrativen und basismedizinischen Arbeiten entlasten und eine zentrale
Anlaufstelle für die Kommunikation und Organisation übernehmen. Im Projekt
HerzMobil-Tirol wird die Integration von HI-Schwestern derzeit erprobt.
4. Wo soll das Training der Patientinnen und Patienten stattfinden (siehe oben)?
Soweit überhaupt notwendig, im tertiären Zentrum (Krankenhaus).
5. Sind Leitlinien für die Behandlung im integrierten Versorgungsprozess mit
telemedizinischen Prozessschritten notwendig und wenn ja, gibt es solche
bzw. wer könnte solche erarbeiten?
Leitlinien sind notwendig,
Fachgesellschaften.
und
zwar
jene
der
medizinischen
6. Was ist die Basisleistung für einen Betreuungszeitraum (als Basis für eine
Tarifabschätzung und die Organisation [siehe Punkt 2.])?
22
Hier sind internationale Vorbilder heranzuziehen. Die Kosten sollten im
Bereich eines DMP liegen.
7. Was wären die telemedizinischen Spezialleistungen/Einzelleistungen, die
allenfalls in den Tarifkatalog aufzunehmen wären?
Hier sind ebenfalls (siehe Punkt 6.) internationale Vorbilder heranzuziehen.
Diese Leistungen sind je nach DMP unterschiedlich und daher erst definierbar,
sobald die grundsätzliche Bereitschaft zur Implementierung eines DMP
besteht.
8. Gibt es Vorschläge zu einer standardisierten technischen Lösung (Verbindung
zu ELGA-Komponenten, welche Komponenten sind auch für andere chronische
Krankheiten – DMP verwendbar)?
Die Standardisierung sollte der ELGA-Architektur (HL7 CDA / IHE) entsprechen.
9. Was sind die zu monitierenden Parameter/Kriterien und wie könnte die
Qualitätssicherung aussehen?
Die zu monitierenden Parameter sind:
 Gewicht
 Blutdruck
 Puls
 telemetrisch abgefragte Daten aus Implantaten
 subjektives Wohlbefinden
 Medikamenten-Compliance
Die Qualitätssicherung sollte durch externes Auditieren der Ergebnisqualität
erfolgen.
23
V. Anhang
Anhänge zum Bereich Diabetes:
Anhang 1: VAEB - Projekt Portfolio - Gesundheitsdialog Diabetes mellitus
Anhang 2: AIT - FactSheet - Telemonitoring Diabetes mellitus
Anhang 3: VAEB - Grundlagen Geschäftsmodell - Gesundheitsdialog Diabetes mellitus
Anhang 4: VAEB - Evaluationsbericht - Gesundheitsdialog Diabetes mellitus
Anhang 5: Renewing Health - Final Project Report
Anhang 6: MAST - Model for Assessment of Telemedicine applications - Guideline on
analysis and reporting of results from the pilots in Renewing Health
Anhang 7: StGKK - DMP Therapie Aktiv - Diabetes im Griff
Anhang 8: Bewertungstabelle Diabetes
Anhänge zum Bereich Herz-Kreislauf-Erkrankungen:
Anhang 9: AIT - FactSheet - Telemonitoring Herzinsuffizienz
Anhang 10: DI Dr. Leodolter - Telemedizinische Versorgung von PatientInnen mit
Herzinsuffizienz
Anhang 11: Prim. Dr. Gruska - Telemedizinische Anwendungen in der Kardiologie
Anhang 12: OA Dr. Lercher - Telemedizinische Kontrolle von implantierbaren Geräten
in der Kardiologie
Anhang 13: Bewertungstabelle Herz-Kreislauf - Herzinsuffizienz
Anhang 14: Bewertungstabelle Herz-Kreislauf - Implantatnachsorge
24
Herunterladen