Fotoatelier Seidel – neue Entdeckungen Bearbeitet für die Jahrespressekonferenz und das Seminar zum Projekt „Museum Fotoatelier Seidel“ am 29.11.2006 Bei der Umlagerung des Mobiliars des Fotoateliers Seidel gelang es die komplette Kollektion von 31 Kundenbüchern Josef und Franz Seidels aus den Jahren 1884 – 1953 zu finden und zu ordnen. So steht uns die komplette Evidenz des phänomenalen fotografischen Werks zur Verfügung, das an die 130 000 nummerierten Negative mit einem genauen Verzeichnis deren Entstehung umfasst. Die Kundenbücher ergänzen noch weitere schriftliche Materialien, die noch die Evidenz von Postkarten (minimal 5 249 Stück) und Negativen auf Kinofïlmen (Leicafilmen) – nach einer Schätzung minimal 7 200 Stück bieten. Also insgesamt wurden im Fotoatelier Seidel während 69 Jahre minimal 140 000 Aufnahmen gemacht! Um die Komplettierung der Kollektion von Seidels Kundenbüchern und Negativen machte sich u. a. auch Herr Robert Baierl verdient (Anm.: Redaktor der Zeitschrift Glaube und Heimat und zugleich Mitarbeiter des Böhmerwald Museums Passau), der beim Treffen im März 2006 als Ausdruck der Freundschaft und Unterstützung in die Sammlungen des Fotoateliers Seidel ein rares Denkmal übergab – das Kundenbuch für Porträts des Ateliers mit Einträgen aus dem Jahr 1942 und die Kollektion von einigen –zig Glasnegativen. Als Beispiel der Aufbewahrung des fotografischen Werks kann ein Holzregal dienen, in dem Schachteln mit Negativen gelagert waren. Nicht immer war das Regal mit Schachteln in genauer Reihenfolge erfüllt. Z. B. gleich das erste Regal vom Dachboden Nr. 302_11 enthielt insgesamt 141 Schachteln, in denen Negative mit Nummern von 62762 bis 66000 aufbewahrt wurden. Die Negative von diesem Regal decken sozusagen komplett das Schaffen des Fotoateliers in den 30er Jahren des 20. Jahrhunderts. Zusammen sind sie in einem Kundenbuch evidiert, faktisch in einem Regal in 141 Schachteln gelagert, die 3000 Negative enthalten. Diese stellen fast zehn Jahre des Schaffens des Fotoateliers Seidel dar. Die Rekonstruktion des Fotoateliers Seidel begleiten viele unerwartete Funde, die oft von den Mitarbeitern der Baufirmen gemacht wurden. Z. B. das Portemonnaie mit Bemerkungen und Zettelchen von Christiane Seidel aus Wien. Das Portemonnaie war auf dem Dachboden an dem Ort, wo man nur nach der Entfernung der Dachkonstruktion hinkommen konnte. Das jüngste in den Dokumenten im Portemonnaie gefundene Datum ist aus dem Jahr 1912. In welcher Verwandtschaftsbeziehung zu Josef Seidel die Hebamme Christiane Seidel war, erforschen wir erst. Als auf dem Dachboden nur ein kleines Häufchen von sehr altem gestampftem Heu u.a. Abfällen übrig blieb, wurde bei der Entfernung der einzelnen Schichten ein Torso eines Spielzeugs – wahrscheinlich eines Pferdes gefunden. Eine weitere überraschende Entdeckung war eine in der Schornsteinöffnung gefundene Hochzeitsfotografie. In der Zeit, als das Haus bereits komplett geräumt war und keine weiteren Funde erwartet wurden – wurde diese Fotografie gebracht, mit der die Schornsteinöffnung knapp unter der Decke der Fotokammer verdeckt wurde. Wir haben von 1 dieser Öffnung gewusst und setzten voraus, dass zu ihrer Verdeckung ein mit Malerei bedecktes Blech benutzt wurde. Es wurde aber nicht, es war eine Fotografie. Die mittlerweile letzte und größte Überraschung brachte jedoch ein SeptemberWochenende, als die Arbeiter während der Rekonstruktion des Hauses zufällig einen Raum unter dem Fußboden (früher Wanne) entdeckten, der weitere Hunderte von Negativen auf Glasplatten verbarg. In dem Raum, wo früher das Labor war, das die Seidels später in eine Küche umbauten, waren unter einer Betonschicht etwa 1500 Glasplatten versteckt. Beim ersten Stoß ahnten die Arbeiter gar nicht, was sich unter dem Beton verbirgt, aber im Schnitt des Ausbruchs war es schon zu sehen, dass da Glasplatten sind. Von einigen sind nur Bruchstücke von Scherben übrig geblieben, einige hatten keine Emulsionsschicht mehr, aber viele von ihnen sind fast unversehrt. Gerade dank den nummerierten Negativen und sorgfältigen Evidenzeinträgen, die die Seidels bei jeder Fotografie führten, gelang es festzustellen, dass sich „im Versteck“ die Arbeiten vom Ende der 20er und Beginn der 30er Jahre des vergangenen Jahrhunderts befinden. Mit der Datierung der Glasplatten halfen z. B. auch die Poststempel auf den Umschlägen, in denen einige Negative eingepackt waren, und auch Zeitungen, mit denen die Glasplatten getrennt wurden. Eine Kronenmünze aus dem Jahr 1969 zeigt klar, dass dieser Raum nicht vor diesem Jahr verschüttet wurde. Die Frage indessen ist, warum die Seidels einen Teil ihres reichen fotografischen Nachlasses so versteckt hatten. Das Projekt "Museum Fotoatelier Seidel Český Krumlov 1. – 3. Etappe“ wird vom Programm der Europäischen Union Interreg IIIA 2