Strukturiere Informationssammlung (SIS) – Schnellüberblick für

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Strukturiere Informationssammlung (SIS) – Schnellüberblick für Freiberufler
Ein unnötiger bürokratischer Aufwand raubt sinnvolle Pflegezeit. Aus diesem Grund
wird das Struktur-Modell als neues Dokumentationssystem unter Zuhilfenahme von
ca. 650 Experten, die als Multiplikatoren ausgebildet wurden, in zahlreichen
ambulanten und stationären Pflegeeinrichtungen eingeführt. Die Strukturierte
Informationssammlung bildet hierbei den ersten Baustein des neuen Modells,
welches
mit
dem
Neuen
Begutachtungsassessment
zur
Feststellung
der
Pflegebedürftigkeit (NBA) kompatibel sein soll. Freiberufler erhalten hier einen
Schnellüberblick über den ersten Baustein des Struktur-Modells: die Strukturierte
Informationssammlung (SIS).
Das Struktur-Modell und die darin enthaltene Strukturierte Informationserfassung
(SIS)
bilden
fachlich-inhaltlich
eine
Einheit.
Mit
Einführung
des
neuen
Dokumentationssystems wird somit nicht ein „neues Formular“ hinzugefügt, sondern
vielmehr ein Paradigmenwechsel unternommen, der auf einem Pflegeprozess mit
vier Schritten beruht.
Daher ist es unabdingbar die nachfolgenden Informationen nicht als in sich
abgeschlossen zu betrachten, sondern vielmehr in das Konstrukt des neuen Modells
einzuflechten.
Das Strukturmodell folgt im ambulanten und im stationären Setting einer voneinander
geringfügig abweichenden Struktur.
Lebens- und Pflegesituation aus Sicht des Pflegeempfängers festhalten
Die Strukturierte Informationssammlung findet im Rahmen des Erstgesprächs statt.
Eine Aktualisierung der Inhalte erfolgt im Rahmen einer Pflegevisite oder einer
Fallbesprechung. Bedeutsam ist es bei der Anamnese zunächst die Lebens- und
Pflegesituation aus Sicht des Klienten festzuhalten. Dabei werden zum einen
individuellen Bedürfnissen, Wünschen und Bedarfen Raum gegeben, zum anderen
werden diese in Bezug auf die zu beziehende Hilfe- und Unterstützungsleistung
schriftlich festgehalten. Bei der Durchführung gilt es den Erzählfluss des
Pflegeempfängers möglichst nicht durch fachliche Fragen zu unterbrechen, sodass
dieser ungehindert seine Bedürfnisse und Wünsche preisgeben kann. Dieser erste
Schritt dient auch dem besseren Kennenlernen. Der Redefluss kann mit den
Leitfragen: „Was bewegt Sie im Augenblick?“, „Was brauchen Sie?“ oder „Was
können wir für Sie tun?“ angeregt werden.
Ist der Patient z.B. aufgrund einer kognitiven oder physischen Einschränkung nicht in
der Lage das Gespräch selbst zu führen, können freiberufliche Pflegekräfte auch auf
Angehörige und Betreuer des Pflegeempfängers zurückgreifen.
Professioneller Filter – Abwägen und Einschätzen
Bereits im Laufe der Beschreibungen und Erzählungen des Pflegeempfängers
erfassen freiberufliche Pflegefachkräfte sowohl die Pflege- und Betreuungssituation
als auch potentielle Risikofaktoren und Pflegephänomene, die sich negativ auf die
Pflegesituation auswirken können z.B. Sturz- und Dekubitusrisiko, Pflegephänomen
Schmerz. Nachfolgend wird eine professionelle und systematische Einschätzung des
Pflegebedarfs von den Pflegenden durchgeführt. Freiberufler teilen mit ihren
Pflegeempfängern bereits zu diesem Zeitpunkt ihre Einschätzung und beraten diese.
Im Rahmen des professionellen Filters findet eine fachliche Einschätzung des
Pflegepersonals auf Basis von fünf wissenschaftsbasierten Themenfeldern statt:
1. Kognitive und kommunikative Fähigkeiten
-
Fähigkeit zur zeitlichen, persönlichen und örtlichen Orientierung sowie die
Interaktion und das Erkennen in Bezug auf Risiken und Gefahren
-
Herausforderndes
Verhalten
wie
Umherwandern
oder
aggressives
Verhalten
2. Mobilität und Beweglichkeit
-
Fähigkeit sich frei und selbständig inner- und außerhalb des häuslichen
Umfelds bzw. auf Station zu bewegen
-
Teilhabe an Alltagswelt
3. Krankheitsbezogene Anforderungen und Belastungen
-
Pflegerischer Unterstützungsbedarf in Folge einer gesundheitlichen
Belastung oder Einschränkung
-
Bewältigung und Kompensation von Risiken und Phänomen wie z.B.
Schmerz oder Inkontinenz
4. Selbstversorgung
-
Fähigkeit Tätigkeiten wie z.B. Körperpflege, Ankleiden, Essen und Trinken
usw. durchzuführen
-
Fachliche und ethische Konflikte z.B. persönliche Bedürfnisse sind nicht
mit denen professioneller Pflege kongruent, diese gilt es schriftlich zu
dokumentieren
5. Leben in sozialen Beziehungen
-
Fähigkeit der selbstständigen Lebensführung im näheren häuslichen
Umfeld
-
Unterstützungsmöglichkeiten z.B. Angehörige als Ressource des sozialen
Netzwerks
Im
ambulanten
Bereich
werden
diese
fünf
Themen
durch
den
Aspekt
Haushaltsführung, im stationären durch Wohnen/Häuslichkeit ergänzt.
•
Aspekt Haushaltsführung
-
Fähigkeit den eigenen Haushalt selbständig zu organisieren und zu
meistern
-
Konflikt- und Aushandlungssituationen z.B. Eingriffe in eigene Häuslichkeit
zur Erhöhung der Sicherheit
•
Aspekt Wohnen / Häuslichkeit
-
Fähigkeit die persönlichen Bedürfnisse in Bezug auf Wohnen in der
stationären Einrichtung umzusetzen
-
Anpassungsbedarf der unmittelbaren Lebensumwelt zur Verbesserung der
Gesundheitssituation z.B. Orientierungshilfen bei Demenz
Neben den insgesamt sechs Themenbereichen steht mit der Strukturierten
Informationssammlung eine Matrix zur Risikoeinschätzung zur Verfügung.
Mittels Ankreuzen wird ein schneller Überblick über die Bereiche Dekubitus, Sturz,
Inkontinenz, Schmerz und Ernährung gegeben. Diese Themenbereiche decken sich
mit
den
Themen
der
Expertenstandards
des
Deutschen
Netzwerks
für
Qualitätsentwicklung in der Pflege (DNQP).
„Im Risikomanagement der neuen Pflegedokumentation erfolgt die ‚Besinnung‘ auf
die fachliche Kompetenz von Pflegefachkräften. Zunächst wird aus dem Blickwinkel
von
Fachlichkeit
und
beruflichem
Erfahrungswissen
die
Situation
der
pflegebedürftigen Person beurteilt, bevor eine Entscheidung zur Notwendigkeit einer
vertieften Einschätzung (z. B. Differentialassessment, intensive Beobachtungsphase)
eingeleitet oder eine Skala ausgefüllt wird“ BMG 2015: 32).
Damit ist die Kompetenz und fachliche Expertise freiberuflich Pflegender gefordert,
um eine solide Risikoeinschätzung vorzunehmen.
Für die Strukturierte Informationssammlung stehen für den ambulanten Sektor und
für die stationäre Pflege unterschiedliche Dokumentationshilfen zur Verfügung.
Verständigung als Fundament der Maßnahmenplanung
Freiberuflich Pflegende treten mit ihren Pflegeempfängern bzw. mit deren
Angehörigen oder Betreuern nach der Erhebung aus Sicht des Patienten und der
systematischen Einschätzung der professionell Pflegenden in einen Dialog dessen
Ziel es ist den individuellen Pflege- und Betreuungsbedarf zu ermitteln und diesen als
Grundlage für das weitere Vorgehen zu verwenden. Dieser Schritt darf nicht
übergangen werden, da er die Autonomie und die sich daraus bedingende
Compliance des Pflegeempfängers erhöht.
Ersichtlich wird die Bedeutung der Verständigung zwischen Pflegefachkraft und
Pflegeempfänger
bereits
in
der
Kopfzeile
des
Anamnesedokuments.
Hier
unterzeichnen sowohl Pflegende als auch Empfänger den gemeinsam ausgefüllten
Bogen, der als Basis für das weitere prozesshafte Vorgehen herangezogen wird.
Die Strukturierte Informationssammlung stellt die erste bedeutende Säule des
Struktur-Modells dar. Freiberuflich Pflegende berufen sich bei der Umsetzung auf ihre
jahrelange
fachliche
Expertise
und
die
aktuellsten
pflegewissenschaftlichen
Erkenntnisse.
Quellen:
Bundesministerium für Gesundheit (BMG) (Hrsg.) (2015) Handlungsanleitung zur
praktischen Anwendung des Strukturmodells (ambulant/stationär), der integrierten
Strukturierten Informationssammlung (SIS) mit der Matrix zur Risikoeinschätzung, der
Maßnahmenplanung und der Evaluation sowie mit Hinweisen zum Handlungsbedarf
auf
der
betrieblichen
Ebene.
Berlin.
URL:
www.ein-
step.de/fileadmin/content/documents/Handlungsanleitung_zum_neuen_Strukturmode
ll.pdf (letzter Zugriff: 24.08.2015).
IGES Institut (Hrsg.) (2015) Ein-STEP. Einführung des Strukturmodells zur
Entbürokratisierung der Pflegedokumentation. www.ein-step.de/ (letzter Zugriff:
24.08.2015).
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