Entwicklung eines Fragebogens zur Erfassung verschiedener

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Aus der Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychosomatik,
Abteilung für Psychiatrie und Psychotherapie,
der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg im Breisgau
Entwicklung eines Fragebogens zur Erfassung verschiedener
Facetten von Scham
INAUGURAL-DISSERTATION
zur
Erlangung des Medizinischen Doktorgrades
der Medizinischen Fakultät
der Albert-Ludwigs-Universität
Freiburg im Breisgau
Vorgelegt 2013
von Gwendoline Strasser
geboren in Luxemburg
1
Dekan
Prof. Dr. med. Dr. h.c. mult. Hubert E. Blum
1. Gutachter
Prof. Dr. med. Ludger Tebartz van Elst
2. Gutachter
Prof. Dr. Brunna Tuschen-Caffier
Jahr der Promotion
2014
2
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5
Verzeichnis der Abbildungen und Tabellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6
Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .7
Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8
1. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .9
1.1 Scham . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .9
1.2 Die Borderline-Persönlichkeitsstörung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12
1.3 Bezug von Scham zu der Borderline-Persönlichkeitsstörung . . . . . . . . . . . . . 19
1.4 Zielsetzung der Arbeit. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25
2. Methodik und empirisches Vorgehen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26
2.1 Voruntersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .26
2.2 Operationalisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .29
2.3 Das Erhebungsinstrument . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32
2.3.1 Demographische Daten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32
2.3.2 Der State-Fragebogen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .33
2.3.3 Rosenberg-Selbstwertskala (RSE) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .41
2.3.4 Beck-Depressionsinventar (BDI) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41
2.3.5 Soziale Phobie und Angst Inventar (SPAI) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42
2.4 Fallausschluss bei Missing Data . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43
3
3. Auswertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44
3.1 Gütekriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44
3.1.1 Objektivität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .44
3.1.2 Reliabilität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45
3.1.3 Validität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45
3.2 Itemanalyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46
3.2.1 Itemanalyse der Skala Körperliche Scham . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .47
3.2.2 Itemanalyse de Skala Kognitive Scham . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47
3.2.3 Itemanalyse der Skala Existentielle Scham . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48
3.2.4 Korrigierte Trennschärfen in Bezug auf alle Skalen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52
3.3 Korrelation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59
4. Diskussion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61
4.1 Unterschiedliche Facetten von Scham . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61
4.2 Korrelationen von Scham zu angrenzenden Konstrukten . . . . . . . . . . . . . . . . .62
4.3 Grenzen der Studie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63
4.4 Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63
4.5 Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .64
5. Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .65
6. Anhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .71
4
Abkürzungsverzeichnis
α
Cronbach-Alpha-Koeffizient
BDI
Beck-Depressions-Inventar
BPS
Borderline-Persönlichkeitsstörung
DSM-IV
Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders, 4. Auflage
ICD-10
International Statistical Classification of Diseases and Related Health
Problems, Tenth Revision
M
Mittelwert
MD
Missing Data
r
Korrelationskoeffizient
rit
Trennschärfekoeffizient (korrigiert)
rtt
Reliabilitätskoeffizient
RSE
Rosenberg Self-Esteem Scale
SD
Standartabweichung (standard deviation)
SPAI
Soziale Phobie und Angst Inventar
5
Verzeichnis der Abbildungen und Tabellen
Abbildungen
Abbildung 1: Wesentliche Faktoren des neurobehavioralen Entstehungskonzeptes
der Borderline-Persönlichkeitsstörung nach Bohus (2002, S.16) . . . . . . 18
Abbildung 2: Das 3-Faktoren-Modell der Scham (Scheel, 2009) . . . . . . . . . . . . . . . . . 30
Abbildung 3: Untersuchungsablauf und Fragebogenentwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . 34
Tabellen
Tabelle 1: Demographische Daten der Stichprobe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33
Tabelle 2: Verwendete Messinstrumente zur Erfassung von Schamneigung,
Selbstwert, Depressivität und sozialer Phobie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43
Tabelle 3: Ergebnisse der Itemanalyse der Skala 1 „Körperliche Scham“ des StateFragebogens; N = 201. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .49
Tabelle 4: Ergebnisse der Itemanalyse der Skala 2 „Kognitive Scham“ des StateFragebogens; N = 201. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .50
Tabelle 5: Ergebnisse der Itemanalyse der Skala 3 „Existentielle Scham“ des StateFragebogens; N = 201. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .51
Tabelle 6: Korrigierte Trennschärfen der Items der Skala 1 „Körperliche Scham“ in
Bezug auf alle Skalen ; N = 201. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53
Tabelle 7: Korrigierte Trennschärfen der Items der Skala 2 „Kognitive Scham“ in
Bezug auf alle Skalen ; N = 201. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54
Tabelle 8: Korrigierte Trennschärfen der Items der Skala 3 „Existentielle Scham“ in
Bezug auf alle Skalen ; N = 201. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55
Tabelle 9: Korrelationen der verschiedenen Schamskalen untereinander, sowie mit
der RSE, dem BDI und dem SPAI . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60
6
Vorwort
Ich danke ganz besonders Corinna Scheel, meiner Betreuerin und Autorin der
vorliegenden Studie, für die zahlreichen Treffen und Korrekturen über die ganze Zeit
und für die geduldige und konstruktive Unterstützung.
Ich danke zudem allen Probanden, die sich dazu bereit erklärten an dieser Studie
teilzunehmen.
7
Zusammenfassung
Hintergrund: Beim Empfinden von Scham, einer selbstreflexiven Emotion, findet immer ein
Abgleich von Selbstideal und realem Selbst statt, dessen negativer Ausgang zum Auslöser von
Scham führt. Sie ist eng verbunden mit Kultur, Gesellschaft und mit der eigenen Identität. Das
Einhalten von Normen, Hierarchie und eigene Werte können mit gesunden Schamerlebnissen
gelernt werden. Bei Störungen des eigenen Selbstkonzeptes können jedoch alltägliche
Situationen als beschämend empfunden werden, was die Betroffenen sehr einzuschränken
vermag (Scheel, 2009). Die Schamneigung ist interindividuell zwar sehr unterschiedlich, einige
Störungen, wie die Borderline-Persönlichkeitsstörung (BPS), gehen jedoch mit einer
grundsätzlich erhöhten Schamneigung einher (Rüsch, 2006). Aufgrund der Bedeutung von
Scham für verschiedene psychische Störungen wurde versucht ein Instrument zu entwickeln,
das unterschiedliche Facetten von Scham messbar macht und eine Unterscheidung von
physiologischer und pathologischer Scham ermöglicht.
Methodik: Mit Hilfe von Literatur aus wissenschaftlichen Datenbanken und Interviews mit
gesunden Probanden und mit BPS-Patientinnen wurde ein Konzept der Emotion Scham
entwickelt. Insgesamt ließen sich drei Schamfacetten operationalisieren: körperliche, kognitive
und existentielle Scham. Während beide ersteren bei allen Probanden gefunden wurde, so
zeigte sich die existentielle Scham nur bei BPS-Patientinnen. Anhand dieser Ergebnisse wurde
ein Fragebogen entwickeltet, bestehend aus 67 Items, welcher die drei Facetten der Scham
beinhaltet und an insgesamt 201 gesunden Probanden getestet wurde.
Ergebnisse: Die Faktorenstruktur konnte itemanalytisch bestätigt werden. Angrenzende
Konstrukte wie Depression, soziale Phobie und Selbstwert als Gegenpol wiesen keine erhöhten
Korrelationen auf. Die letzte Itemauswahl wurde anhand der korrigierten Trennschärfen und
unter Berücksichtigung der Verteilung der Itemschwierigkeiten innerhalb der Skalen getroffen.
Dabei blieben 24 Items übrig.
Diskussion: Der verkürzte Fragebogen wurde an einer Gruppe von 506 gesunden Probanden
getestet und auch hier zeigte sich, wie erwartet, ein erhöhtes Auftreten von körperlicher und
kognitiver Scham, während existentielle Scham kaum enthalten war. Aktuell wird er an
verschiedenen klinischen Gruppen getestet, bei denen wir systematisch andere Ergebnisse
erwarten. Dieser Fragebogen ermöglicht es, die Schamneigung einer Person im Vergleich zu
anderen zu bestimmen und zu sehen in welchen Bereichen die Probanden Schwierigkeiten
haben. Bestätigt sich die Annahme, dass in psychiatrischen Gruppen die existentielle Scham
deutlicher
vertreten
ist,
können
auch
Annahmen
über
die
Dysfunktionalität
des
Schamempfindens des Probanden getroffen werden, die für therapeutische Zwecke hilfreich
sein können.
8
1. Einleitung
1.1 Scham
Der Psychologe Michael Lewis (1993) glaubt, dass „das artspezifische Gefühl der
Scham für unser Leben zentral ist. Scham bestimmt unsere seelische Gestimmtheit
mehr als Sex oder Aggression. Scham ist überall“ (S. 12). Scham ist eine der
schmerzhaftesten und machtvollsten aller menschlichen Emotionen. Jedoch ist Scham
eine tabuisierte Emotion über die man nicht redet und die man auch nicht zeigt. Scham
ist in der Gegenwart selbst zu etwas geworden, dessen sich viele Menschen schämen.
Meist versucht man sie zu verbergen und sie geheim zu halten. Scham wird häufig mit
anderen Gefühlen verwechselt und sie verbirgt sich oft hinter anderen Affekten wie
Angst, Wut oder Zorn, d.h. sie zeigt sich meistens in verhüllter Form (Marks, 2007).
Léon Wurmser (1990) bezeichnet die Scham als „eine unentbehrliche Wächterin der
Privatheit und der Innerlichkeit, die den Kern unserer Persönlichkeit schützt – unsere
intensivsten Gefühle, unseren Sinn der Identität und Integrität und v.a. unsere sexuellen
Wünsche, Erlebnisse und Körperteile. Ohne diese Hülle der Scham fühlt man sich der
Würde beraubt […]“ (S.150).
Ähnlich sehen es folgende zwei Definitionen:
•
Wikipedia (2011): „Scham ist ein Gefühl der Verlegenheit oder der Bloßstellung,
das sowohl durch Verletzung der Intimsphäre auftreten als auch auf dem
Bewusstsein beruhen kann, durch unehrenhafte, unanständige oder erfolglose
Handlungen sozialen Erwartungen oder Normen nicht entsprochen zu haben.
Das Schamgefühl ist häufig von vegetativen Erscheinungen wie Erröten oder
Herzklopfen (Palpitation) begleitet und kann durch typische Reaktionen wie das
Senken des Blickes ausgedrückt werden. Die Intensität der Empfindung reicht
von der flüchtigen Anwandlung bis zur tiefsten Beklommenheit. Scham tritt zum
Beispiel bei empfundener Entblößung oder einem Achtungsverlust im sozialen
Umfeld
auf.
Sie
Unzulänglichkeit
kann
auch
(Peinlichkeit)
durch
Anderer
Verfehlungen
ausgelöst
oder
werden,
empfundener
die
einem
gemeinschaftlich verbunden sind.“
•
Meyers neues Lexikon (1993, S.400): „Anerzogene menschliche Unlustreaktion
(sogenanntes Schamgefühl), die sich häufig auf die Verletzung der Intimsphäre
9
bezieht, aber auch andere soziale Bereiche (Ansehen bzw. Erfolg usw.) betreffen
kann. Grundlage der Scham ist das Bewusstsein, durch bestimmte Handlungen
oder Äußerungen sozialen Erwartungen oder Normen nicht entsprochen bzw.
gegen sie verstoßen zu haben. Scham kann sich durch Senken des Blicks,
Erröten u. ä. äußern.“
Die Scham in ihrer vielschichtigen Ausprägung hat eine wichtige Bedeutung in unserer
seelischen und sozialen Ökonomie. Jeder Mensch besitzt einen Innenraum mit seiner
Phantasie, seinen Gedanken, seiner Intimität. Die Scham beschützt diesen Innenraum
und vermittelt ein Gespür dafür, was man von sich zeigen und mitteilen und was man
für sich selbst behalten will (Jacoby, 1991). Sie dient der Individualisierung und der
sozialen Anpassung zugleich. „Es ist, als ob es von Schamgefühlen bewachte Grenzen
gäbe, deren Überschreitung gesellschaftliche Sanktionen mit sich bringt und
persönliches Risiko fordert“ (Jacoby, 1991, S.48).
Aus der Etymologie ist ein altgermanisches Substantiv „scham „ oder “scheme“
bekannt, was ursprünglich Beschämung und auch Schande bedeutete. Es geht zurück
auf die indogermanische Wurzel kam/kem= „zudecken“, „verschleiern“, „verbergen“. Die
Vorstellung des Sich-Verbergens ist dabei spezifisch vom Schamkonzept untrennbar
(Wurmser, 1990).
Viele Autoren (Hilgers, 2006; Tangney, 1998; Kalbe, 2002; Rüsch, 2007) stimmen in der
Ansicht überein, Scham als eine selbstreflexive Emotion zu bezeichnen. Das bedeutet,
dass bei dem Empfinden von Scham immer ein Abgleich von Selbstideal und realem
Selbst stattfindet, dessen negativer Ausgang zum Auslöser von Scham wird. Ein
vorgestelltes Gegenüber (das Idealselbst oder eine andere Person) bewertet ein
Verhalten negativ. Normalerweise hilft dieser Mechanismus bei der Steuerung von
Überlebenszielen des Individuums innerhalb einer Gesellschaft. Das Einhalten von
Normen, Hierarchie und eigene Werte können mit gesunden Schamerlebnissen gelernt
werden.
Zudem
kann
Scham
hilfreich
sein,
das
Selbst
zu
formen
und
Grenzübertretungen sowie eigene Bloßstellungen vermeiden helfen (Scheel, 2009).
Scham bezieht sich weitgehend darauf, wie eine Person in ihrem gesamten Dasein
bewertet, bzw. entwertet wird, und zwar nicht nur von anderen, sondern auch und vor
allem von sich selbst. Im Gegensatz dazu, treten Schuldgefühle gewöhnlich dann auf,
10
wenn man anderen Menschen irgendeinen Schaden zugefügt oder gewisse Normen
nicht eingehalten hat (Jacoby, 1991). Schuld bezieht sich demnach auf eine konkrete
Handlung und motiviert die Menschen zu moralischen, empathischen, sozial
verantwortungsvollen Verhaltensweisen, die den Schaden wieder gutmachen sollen
(Tangney, 2002). Der Schuldige kann somit auf Wiedergutmachung hoffen. Scham
hingegen, die Person in ihrer Gesamtheit betreffend, ist auch immer mit einem Verlust
an Selbstachtung verknüpft. Wir haben ein zum Teil unbewusstes Bild in uns, wie wir
sind und auf welche Weise wir gesehen werden wollen – das sogenannte Ichideal. Je
höher die Anforderungen an die Selbstvollkommenheit von diesem Bild des Ichideals
sind, umso leichter neigen wir zu Minderwertigkeits- und Schamgefühlen: Schamgefühl
hängt also auch viel mit der Phantasie zusammen (Jacoby, 1991). Sie resultiert
typischerweise aus der „Erkenntnis“, dass „wir sind wen wir nicht sein wollen“ (LindsayHartz, 1984, S.697). Scham ist ein extrem schmerzhaftes und hässliches Gefühl,
welches einen negativen Einfluss auf das zwischenmenschliche Verhalten ausübt.
Scham-anfällige Menschen neigen eher dazu anderen Menschen (sowie sich selbst
auch) die Schuld für negative Ereignisse zu geben, sind anfälliger für Wutausbrüche
und Feindseligkeiten, und sind im Allgemeinen weniger in der Lage, Empathie für
andere
zu
entwickeln.
Dies
führt
zwangsläufig
zu
Problemen
im
Bereich
zwischenmenschlicher Beziehungen (Tangney & Dearing, 2002). Das Erleben von
Scham dreht sich direkt um das „Selbst“ und ist typischerweise begleitet von einem
Gefühl des Schrumpfens oder „Sich klein fühlens“, der Wertlosigkeit und der eigenen
Ohnmacht. Außerdem führt Scham oft zum Wunsch wegzulaufen oder sich zu
verstecken, im Boden zu versinken und zu verschwinden (Lewis, 1971). Weitere
objektiv erkennbare Verhaltensweisen sind Erröten, Abwendung des Kopfes und das
Vermeiden von Augenkontakt.
11
1.2 Die Borderline-Persönlichkeitsstörung
Adolf Stern prägte 1938 den Begriff „Borderline“, welcher auf einem von Freud
entwickelten psychoanalytischen Grundverständnis basiert. Demnach meint der
Terminus „Borderline“ eine unscharfe und fluktuierende „Grenzlinie“
auf einem
Kontinuum zwischen Neurose und Psychose. 1967 veröffentlichte O. Kernberg seine
klassische Arbeit „Borderline Personality Organization“, in der er den Begriff
„Organisation“ als einen systemischen Begriff, von strukturierten, miteinander in Bezug
stehenden
Vorgängen,
Vorstellungen
basieren
prägte.
auf
Kernbergs
der
entwicklungspsychologisch-genetische
Annahme
eines
primär
undifferenzierten
Entwicklungsstadiums im Säuglingsalter, in dem Selbst- und Objektpräsentanzen noch
nicht voneinander getrennt seien, „Gut“ und „Böse“ als gegensätzliche Pole jedoch
bereits
differenzeiert
werden
können.
Dieser
„Spaltungsvorgang“
stelle
entwicklungspsychologisch gesehen ein Zwischenstadium dar. Wenn nun bei den
anschließenden Entwicklungsschritten, bei denen es eigentlich zur Auflösung dieser
polarisierten Anteile und schließlich zur Erreichung einer „reifen Ich-Identität“ kommen
soll, Störungen auftreten, führe dies zu einer Regression auf die Ebene der „BorderlineStruktur“.
1978 entwickelten Gunderson et al. sieben operationalisierte Kriterien, anhand derer
Patienten mit Borderline-Störungen mit 81%iger Wahrscheinlichkeit von anderen
klinischen Gruppen unterschieden werden konnten. Spitzer et al. fügten 1979 noch das
Kriterium der „instabilen Identität“ hinzu und diese acht Kriterien bildeten dann
schließlich als Gesamtheit den Kriterienkatalog des DSM-III. Das heute verwendete
DSM-IV erweiterte man lediglich nur noch um ein neuntes Kriterium „Vorübergehende,
stressabhängige paranoide Vorstellungen oder schwere dissoziative Symptome“. Die
ICD-10 übernahm dies weitgehend, ordnete die Borderline-Störung jedoch der
emotional instabilen Persönlichkeitsstörung unter.
Die Punktprävalenz der Borderline-Störung in der Allgemeinbevölkerung beträgt etwa
1,2%, davon sind ca. 70% Frauen. Nach Jerschke et al. (1998) gibt es eine bimodale
Verteilung hinsichtlich des Alters bei Erstmanifestation: während eine große Gruppe
bereits im Alter von 14 Jahren Verhaltensauffälligkeiten zeigte, die einer stationären
Behandlung bedurften, wurde eine zweite Gruppe im Mittel erstmals mit 24 Jahren
stationär behandelt. Unbehandelt ist die Prognose äußert ungünstig: die Suizidrate liegt
bei 7 bis 10% (Frances et al., 1986).
12
Diagnostische Kriterien für die Borderline-Persönlichkeitsstörung nach DSM-IV
(American Psychiatric Association, 1994)
Ein tiefgreifendes
Muster von Instabilität im Bereich zwischenmenschlicher
Beziehungen, im Selbstbild und in den Affekten sowie deutliche Impulsivität. Der Beginn
liegt meistens im frühen Erwachsenenalter und manifestiert sich in verschiedenen
Lebensbereichen.
Mindestens fünf der folgenden Kriterien müssen erfüllt sein:
(1) Verzweifeltes Bemühen, tatsächliches oder vermutetes Verlassenwerden zu
vermeiden (außer Suizid oder Selbstverletzungen, siehe auch Kriterium 5);
(2) Ein Muster an instabilen aber intensiven zwischenmenschlichen Beziehungen,
das sich durch einen Wechsel zwischen den beiden Extremen der Idealisierung und
Abwertung auszeichnet;
(3) Identitätsstörung: ausgeprägte und andauernde Instabilität des Selbstbildes oder
der Selbstwahrnehmung;
(4) Impulsivität in mindestens zwei potentiell selbstschädigenden Bereichen, z.B.
Geldausgaben, Sexualität, Substanzmissbrauch, Ladendiebstahl, rücksichtsloses
Fahren und Fressanfälle (außer Suizid oder Selbstverletzungen, siehe auch
Kriterium 5);
(5) Wiederholte suizidale Handlungen, Selbstmordandeutungen oder - drohungen
oder Selbstverletzungsverhalten;
(6) Affektive Instabilität infolge einer ausgeprägten Reaktivität der Stimmung (z.B.
hochgradige episodische Dysphorie, Reizbarkeit oder Angst, wobei diese
Verstimmungen gewöhnlich einige Stunden und nur selten mehr als einige Tage
andauern);
13
(7) Chronisches Gefühl der Leere oder Langeweile;
(8) Unangemessene, heftige Wut oder Schwierigkeiten, die Wut zu kontrollieren
(z.B. häufige Wutausbrüche, andauernde Wut, wiederholte körperliche
Auseinandersetzungen);
(9) Vorübergehende, durch Belastungen ausgelöste paranoide Vorstellungen oder
schwere dissoziative Symptome.
Klinische Symptomatik :
Die klinische Symptomatik lässt sich nach Bohus (2002) in fünf Problembereiche
gliedern.
Affektregulation: Die oben aufgeführten Diagnosekriterien können fast alle als direkte
Auswirkung dieser Regulationsstörung gesehen werden, oder als Versuch, diese zu
kompensieren. Niedrige Reizschwellen für die Auslösung von Emotionen, hohe
Erregungsniveaus und schließlich die verzögerte Rückbildung auf das emotionale
Ausgangsniveau stellen die Hauptkomponenten dieser Regulationsstörung dar.
Hinzu kommt auch noch, dass die Patienten häufig diese Emotionen nicht
differenzieren können und diese vielmehr als „überflutende Emotionen“ oder als
„Gefühlswirrwarr“ erleben. Fast alle Patienten entwickeln jedoch, oft mehrmals
täglich, starke aversive Spannungszustände, bei welchen Handlungs- oder
Lösungsentwürfe normalerweise blockiert sind. 60% der Patienten zeigen während
dieser aversiven Anspannung dissoziative Symptome, d.h. dass ihnen das sichere
Gefühl für das eigene Selbst sowie für existierende Außenobjekte fehlt und die
sensorische Reizverarbeitung deutlich eingeschränkt ist. Zur Bewältigung dieser
Anspannung benutzen die Patienten zahlreiche dysfunktionalen Verhaltensmuster,
wie z.B. Selbstverletzungen. Im Gegensatz zu diesen überflutenden Emotionen
erleben viele Patienten auch Episoden der emotionalen Taubheit, also vollständig
14
fehlende
Gefühlswahrnehmung,
die
mit
einem
ausgeprägten
Verlust
des
Identitätsgefühls einhergeht.
Selbst und Selbstbild:
Die meisten BPS-Patienten leiden an einem tiefgreifenden Gefühl der Unsicherheit
bezüglich ihrer eigenen Identität und Integrität. Zudem zeigen sie eine stark negative
Einschätzung des eigenen Körperbildes und Einstellung zur eigenen Körperlichkeit.
Psychosoziale Integration:
Eine grundlegende Wahrnehmung von BPS-Patienten ist das Gefühl „anders zu sein
als die anderen“. Der zwischenmenschliche Bereich ist geprägt von Schwierigkeiten
mit der Regulation von Nähe und Distanz. Die ausgeprägte Angst, verlassen zu
werden, führt häufig zu einer Verwechslung von Abwesenheit mit manifester
Verlassenheit. Andererseits löst gerade die Wahrnehmung von Nähe und
Geborgenheit ein hohes Maß an Angst, Schuld und Scham aus. Langwierige,
schwierige Beziehungen mit häufigen Trennungs- und Wiederannäherungsprozessen
sind die Folge. Eine weitere klinische Auffälligkeit ist die „passive“ Aktivität. Hiermit
bezeichnet man die Tendenz, durch Demonstration von Hilflosigkeit und Leid
Unterstützung zu erlangen und Kontakte aufzunehmen.
Kognitive Funktionsfähigkeit:
Dem
jetzigen
Forschungszustand
nach
ist
nicht
von
einer
generellen
Leistungsminderung bei BPS-Patienten auszugehen. Allerdings entwickeln ca. 60%
der
Patienten
eine
ausgeprägte
dissoziative
Symptomatik,
die
sowohl
Depersonalisations- als auch Derealisationserleben beinhaltet. Hinzu kommen auch
noch sogenannte somatoforme dissoziative Phänomene, also Veränderungen der
sensorischen Wahrnehmung. Diese Phasen sind charakterisiert durch mangelhafte
Wahrnehmung der eigenen Emotionen, Verzerrung des Raum-Zeit-Gefühls, ein
ausgeprägtes Gefühl von Fremdheit und den Kontrollverlust über die Realität.
Szenisches Wiedererleben von traumatisierenden Ereignissen, so genannte
Flashbacks, werden von den BPS-Patienten zwar kognitiv der Vergangenheit
zugeordnet, erlebt werden sie emotional jedoch als real.
15
Verhaltensebene:
Etwa
70
bis
80%
der
BPS-Patienten
berichten
über
selbstschädigende
Verhaltensmuster, wie z.B. selbst zugefügte Schnittverletzungen, Schlagen des
Kopfes gegen eine harte Fläche, Brennen, Verbrühen, Verätzen oder auch Zufügen
von Stichwunden und Schlucken von Rasierklingen. Meistens werden diese
Verletzungen im analgetischen Zustand durchgeführt und bereits nach wenigen
Minuten stellt sich ein tiefgreifendes Gefühl der Entspannung, Entlastung, Ruhe und
Geborgenheit
ein.
Ein
weiteres
auffälliges
Verhaltensmuster
stellt
das
Hochrisikoverhalten dar, welches unter anderem Balancieren auf Baukränen,
Hochhäusern oder Brückengeländern, Rasen auf der Autobahn, Sitzen auf
Bahnschienen bis die Vibrationen spürbar werden, beinhaltet. Störungen des Essund
Trinkverhaltens,
Drogenmissbrauch
(40%),
Promiskuität,
pathologisches
Kaufverhalten, Zwangshandlungen sowie aggressive Durchbrüche stellen weitere
problematische Verhaltensmuster dar.
16
Das neurobehaviorale Entstehungsmodell:
Es
gibt
Hinweise
dafür,
dass
sich
bei
Borderline-Persönlichkeiten
Volumenminderungen der Amygdala und eine erhöhte Aktivität bei negativen Reizen
finden, was auf eine Betonung der Wahrnehmung negativer emotional bedeutsamer
Reize schlieβen lassen könnte, die außerdem nur schlecht aus dem Arbeitsgedächtnis
gelöscht werden können. Diese Kombination führe zu einer Unterbrechung oder
Störung der Problemlösefähigkeiten der Betroffenen (Hilgers, 2006). Zusätzlich wurde
gezeigt, dass traumatische Ereignisse mit erhöhten Glucocorticoid-ausschüttungen
einhergehen, die wiederum besonders in Kindheit und Jugend, aber auch im
Erwachsenenalter u.a. auch auf Amygdala schädigend wirken. Diese Befunde könnten
für BPS von hoher Relevanz sein (Herpertz, 2003).
Dieses
Modell
postuliert
also
das
Zusammenwirken
genetisch
bedingter
neurobiologischer Faktoren, wie Dissoziationsneigung, Störungen der Reizkontrolle und
Affektmodulation, mit psychosozialen Variablen, wie sexuellem Missbrauch, körperlicher
Gewalt, emotionaler Vernachlässigung und Fehlen einer zweiten Bezugsperson.
Als Folge entwickeln sich dysfunktionale kognitiv-emotionale Schemata, die sich in
Störungen der Identität, der Beziehungsregulation, der Affektregulation und der
Handlungssteuerung manifestieren.
Das Zusammenwirken dieser Faktoren führt während der weiteren psychosozialen
Entwicklung
traumatischen
zu
Störungen
Erfahrungen
der
Assimilations-
werden
durch
und
spätere
Adaptationsprozesse.
positive
Erfahrungen
Die
bzw.
Lernprozesse nicht relativiert, bleiben daher virulent und bestimmen weitgehend die
Sicht der Welt als unberechenbar und gefährlich (Bohus, 2002).
17
Neurobiologische
Frühe Traumata
Prädisposition
Störung der Affektregulation
(hohe Grundspannung)
(starke Auslenkung)
Positive
Hohe Dissoziationsneigung
Rückkopplung
Probleme des assoziativen Lernens
Dysfunktionale Grundannahmen
Inkompatible Schemata
Mangelhafte psychosoziale
Realitätsorientierung
Rückgriff auf dysfunktionale
Bewältigungsstrategien
(Selbstschädigung)
Abbildung 1: Wesentliche Faktoren des neurobehavioralen Entstehungskonzeptes
der Borderline-Persönlichkeitsstörung nach Bohus (2002, S.16)
18
1.3 Bezug von Scham zu der Borderline-Persönlichkeitsstörung
Eine Studie von Ferguson und Stegge (1995) hat gezeigt, dass Schamerleben bei
Kindern verknüpft ist mit elterlicher Ablehnung, wenig Anerkennung für positive Erfolge
und einem Mangel an Disziplin. Ferner fanden Bennett et al. (2005) heraus, dass eine
Beziehung besteht zwischen vermehrter Scham bei Kindern und körperlicher
Misshandlung. Das Erleben von Scham beginnt bereits im zweiten Lebensjahr, und hilft
dem Kind dabei, den kulturellen Anforderungen gerecht zu werden, das eigene „Selbst“
von den „Anderen“ unterscheiden zu können (Twitchell, 1997). Während dieser Phase
entdeckt das Kind, dass es eigene Gedanken hat, und dass andere ebenfalls eigene
Gedanken haben. Es beginnt wahrzunehmen, dass man mit anderen Erfahrungen und
Erlebnisse teilen kann. Gleichzeitig realisiert es aber auch, dass diese Beziehungen zu
anderen, wenn sie von bewertender und kritisierender Art sind, das eigene Bild vom
„Selbst“ zerstören können (Fonagy & Target, 2000, zit. in Tiedemann, 2007). Es ist
möglich, dass das vermehrte Schamerleben von BPS-Patienten mit einer Störung in der
Entwicklung dieser Fähigkeiten zusammenhängt, die jedoch nötig sind, um den Affekt
Scham im eigenen Selbstbild zu integrieren (Crowe, 2004). Nach Spero (1984) stützt
sich elementare Scham und die Erfahrung eines beobachtenden Publikums bei der
Scham nicht so sehr auf spezifische Arten von traumatischen Erfahrungen, sondern auf
die gesamte Qualität der bis zu diesem Zeitpunkt etablierten Objektbeziehung, wenn
bestimmte verletzende Traumata geschehen (zit. in Tiedemann, 2007). Für Kinston
(1983) ist „Scham der Preis, der für die Selbstwerdung gezahlt werden muss“ (S. 219,
zit. in Tiedemann, 2007).
Scham hat tiefe und weitreichende Implikationen für jeden Menschen, für BPSPatienten stellt sie jedoch die Grundlage ihres Selbsbildes dar (Fisher, 1985, zit. in
Tiedemann, 2007). Moser & Zeppelin (2004) führten den Begriff der „Affektkonserve“
ein, den sie folgendermaßen beschreiben: „Scham als Affekt ist in der interaktiven
Situation von der Angst begleitet, sich zu blamieren. Es gibt aber Scham auch als
verinnerlichte Konserve im Sinne einer nicht mentalisierten Scham, die ständig und
fortschreitend am Selbstgefühl nagt“ (S. 54, zit. in Tiedemann, 2007).
Empirisch gesicherte Faktoren für die Entwicklung einer BPS sind: weibliches
Geschlecht bzw. Sozialisierung, frühe Erfahrung von sexueller Gewalt [etwa 60%
weiblicher Patienten mit BPS berichten über sexuelle Gewalterfahrung in der Kindheit
19
(Zweig-Frank & Paris, 1997)], körperlicher Gewalt und Vernachlässigung durch primäre
Bezugspersonen sowie Gewalterfahrungen im Erwachsenenalter (Zanarini et al., 1997).
Weiterhin gesichert scheint die Bedeutung der fehlenden zweiten Bezugsperson zu
sein, einer Schutz und Sicherheit gewährenden Person, die insbesondere die
Wahrnehmung der Betroffenen teilt und deren Emotionen bestätigen könnte (Heffernan
& Cloitre, 2000). Bleibt diese Spiegelbeziehung zwischen Säugling und Bezugsperson
aus, so bleiben die erspürten Affekte diffus, undifferenziert und somit wenig mentalisiert.
Nach Hilgers (2006) wendet die Verwandlung von Scham in Gewalt gegen andere,
Ohnmacht in Macht und Schwäche in Stärke, da andere nun das erleiden müssen, was
man vorher selbst empfand. BPS-Patientinnen haben im Vergleich zu gesunden
Kontrollprobandinnen eine erhöhte Schamneigung (Rüsch, 2007). Diese Ergebnisse
stammen aus Messungen mit dem implizierten Assoziationstest (IAT); hierbei wurden
unbewusste, implizite Assoziationen von „Selbst“ (relativ zu „Beste Freundin“) zu
„Scham“ (relativ zu „Angst“) gemessen. Implizierte Einstellungen manifestieren sich als
Handlungen oder Beurteilungen, die unter der Kontrolle automatischer Bewertungen
stattfinden. Dabei ist sich die Person der Ursache nicht bewusst. Das Ergenbis dieser
Studie zeigte, dass im Durchschnitt BPS-Patientinnen IAT-Werte um die Null zeigten,
was andeutet, dass diese Patientinnen ein impliziertes Selbstkonzept haben, das
gleichstark mit Scham und Angst assoziiert ist. Im Gegensatz dazu waren die
durchschnittlichen IAT-Werte der Frauen mit sozialer Phobie und der gesunden Frauen
negativ, sie assoziierten sich also impliziert stärker mit Angst als mit Scham (Göttler,
2007). Man kann daher davon ausgehen, dass BPS-Patientinnen schon impliziert ihr
Selbst als „schämenswerter“ erleben als die Vergleichsgruppen (Sozialphobiker,
Gesunde). Schon Linehan (1993) und Bohus (2002) sahen Scham und Schuld als
relevante Emotionen bei BPS an. Sie beschrieben auch, dass Scham typische
Verhaltensweisen bei BPS triggert und Selbstverletzungen provozieren kann.
Linehan (1993) beschrieb in ihrer biosozialen Theorie das invalidierende Umfeld als
Variable für die Entstehung einer BPS. Sie beschreibt dabei maßgeblich, dass auf
unterschiedlichste Art und Weise das emotionale Erleben eines Kindes entwertet wird.
In der Folge nimmt sich das Kind als falsch in Bezug auf seine Emotionen oder seine
ganze Person wahr. In Zusammenhang mit Hilgers beschriebener Existenzscham, kann
ein invalidierendes Umfeld sozusagen den Grundstock dafür legen (Scheel, 2009). Die
erhöhte Wahrnehmung negativer Reize und das „Festhängen“ an ihnen kann also eine
entsprechend den genetischen Möglichkeiten und den sozialen Bedingungen in
20
Kindheit und Jugend individuell optimale Anpassungsleistung sein, die erst in „normaler
Umgebung“ versagt und somit symptomträchtig wird. Zudem scheinen BPS-Patienten
ein niedrigeres Arousal zu haben und daher ein Reizniveau als angenehm zu
empfinden, das von Gesunden bereits mit mäßiger bis heftiger Angst begleitet wäre. In
Umgebungen mit durchschnittlichem Reizniveau bekommen BPS-Patientinnen oft unter
anderem soziale Schwierigkeiten. Daher suchen sie aktiv chaotische Verhältnisse auf
oder stellen solche her, da sie in ihnen gewohnt sind zu leben und weniger auffallen
(Hilgers, 2006).
Voraussetzung jeder Empathie und Soziabilität ist die Fähigkeit, sich in andere
hineinversetzen zu können und das zu fühlen, was diese vermutlich empfinden.
Maßvolle
Schamkonflikte
fördern
diese
Fähigkeit.
Das
Oszillieren
zwischen
Selbsterleben und Selbstobjektivierung und dabei maßvolle Gefühle von Scham und
Stolz zu erleben, macht reife Identität und psychische Gesundheit aus. Die Existenz
oder Verfügbarkeit selbstreflexiver Affekte wie Scham, Schuld und die damit
verbundene Angst ermöglicht sowohl Abgrenzung als auch partielle Vereinigung und
schützt die Grenze zwischen dem Selbst und dem anderen (Hilgers, 2006).
Ein weiterer Punkt betrifft die Vermischung von Scham und Schuldaffekten bei BPS,
wonach diese Gruppe anscheinend besonders oft in diese Verstrickung gerät.
Normalerweise kann Schuld durch angemessene Reue aufgelöst oder zumindest
gemildert werden. Angemessene Reue setzt aber ein stabiles Wertesystem und ein
einigermaßen kohärentes Selbstbild voraus. Ist das nicht gegeben, dann kann
übermäßig empfundene Reue zu einem Verlust an Selbstachtung und dadurch zu
Scham führen. Zu wenig Reue führt zu einer erneuten Verletzung anderer und der
eigenen Werte und damit zu Schuld und Scham (Scheel, 2009).
Arbeiten von Hilgers (Scheel, 2009):
Nach Hilgers (2006) stimulieren Schamgefühle bis ins hohe Alter hinein die Selbst- und
Sozialregulation, da sie anspornen eigene Defizite und Grenzen zu überwinden und
gleichzeitig Hybris und Selbstüberschätzung begrenzen. Er geht auch davon aus, dass
Schamerleben die Grundlage von Therapiemotivation ist, und einen Anlass darstellt,
eigenes Verhalten und Denken zu modifizieren. Er differenziert Scham in eine Gruppe
der Schamaffekte, zu der er folgende zählt:
21
1. Existentielle Scham:
•
das Gefühl, als Person grundsätzlich unerwünscht oder mit einem Makel behaftet
zu sein. Hierzu zählen auch Schamgefühle, die sich auf die eigene Körperlichkeit
beziehen, wenn diese grundsätzlich negativ oder makelbehaftet erlebt wird.
•
das grundsätzliche Gefühl, nicht wahrgenommen zu werden, wie nicht existent
zu sein.
2. Kompetenzscham: bei öffentlich sichtbaren Misserfolgen und Kontrollverlusten
3. Intimitätsscham: sie entsteht bei Verletzung der Selbst- und Intimitätsgrenzen,
also bei Übergriffen oder plötzlichem Sichtbarwerden von Selbstanteilen, die
eigentlich verborgen bleiben sollten. Hierzu zählen auch Verlegenheiten oder
Scham, wenn ungewollte Körperlichkeit sichtbar wird, die jedoch nicht
grundsätzlich, sondern nur situativ negativ erlebt wird.
4. Schande: Scham, die bei aktiver Demütigung von aussen erlebt wird (z.B. bei
Folter) und einen Verlust der Würde zur Folge hat.
5. Idealitätsscham:
• bei einer Diskrepanz zwischen Selbst und Ideal
• bei schuldhaftem Handeln
6. Abhängigkeitsscham: sie zeigt die eigene Abhängigkeit in Beziehung zu anderen
oder umgekehrt das Herausfallen aus Beziehungen, die eigentlich gewünscht
sind, an. Hierzu zählen Verliebtheit, unerwiderte Liebe, Verehrung und
empfundene Abhängigkeit.
7. Ödipale Scham: das Gefühl, ausgeschlossener Dritter, zu klein oder zu
minderwertig zu sein, nicht dazuzugehören oder aktiv ausgeschlossen zu
werden.
8. Scham-Schuld Dilemmata: widersprüchliche Über-Ich-Forderungen führen zu
einem unlösbaren intrasystemischen Konflikt, bei dem entweder Schuld oder
Scham gefühlt wird.
Hilgers geht davon aus, dass mehrere Schamaffekte gleichzeitig angesprochen sein
können. Wie oben beschrieben, sieht er die Emotion selbst als ein Mittel zur
Selbstregulation, bezogen auf die Entwicklung des eigenen Wertesystems wie auch die
eigene Stellung in einer Gruppe und in relevanten Zweierbeziehungen. Zudem
betrachtet er den Zusammenhang zwischen Scham und Schuld und ist der Ansicht,
22
dass beide Emotionen gleichzeitig, aber auch getrennt voneinander auftreten können.
Dabei sieht er in der Schuld phänomenologisch eine „Spannung zwischen Ich und
Über-Ich“, die zur Verletzung eines anderen führt, während im Gegensatz dazu, die
Scham eine „Spannung zwischen Ich und Ich-Ideal“ darstellt, die bei Verletzung das
Selbst, beziehungsweise das Selbstbild entwertet (2006, S.17). Als mögliche Auslöser
hierfür sieht er die plötzliche Entblössung intimer Bereiche einer Person (sowohl Körper
als auch Eigenschaften), und vor allem das unkontrollierte Herstellen zu grosser Nähe.
Dadurch werden subjektiv die eigenen Grenzen einer Person und damit ihre Autonomie
verletzt.
Hilgers betrachtet Scham in Bezug zur BPS in einem gesonderten Kapitel und
beschreibt hier folgende Punkte:
-
Abgleichungen einer Diskrepanz oder eines Unterschiedes im Selbsterleben und der
Darstellung fehlen häufig, weil diskrepante Selbstzustände relativ unabhängig
voneinander existieren (im Sinne einer Spaltung). Scham als Indikator eines
Diskrepanz- oder Differenzerlebens wird daher primär nicht wirksam. Dennoch
erleben BPS-Patienten ihre heftigen emotionalen Schwankungen mit großem
Leidensdruck, wenn auch ohne ausreichende Integrationsleistung des Ich. Für
Außenstehende ist es erstaunlich, dass die häufig wechselnden Präferenzen und
emotionalen Bewertungen, entsprechend der mangelnden Integrationsfähigkeit des
Ich, krass alternieren können, ohne dass diese Widersprüche durch das Ich
diskutiert würden. Bei Konfrontation mit solchen Widersprüchen, kann Scham
wirksam werden, die – falls sie das Ich nicht überschwemmt – motiviert,
Selbstrepräsentanzen abzugleichen.
-
Zu aggressiven Reaktionen kommt es, wenn BPS-Patienten um ihre Autonomie
fürchten, ihre Selbstgrenzen bedroht sehen, irgendeine Form von Schwäche
offenbar zu werden droht, von der befürchtet wird, sie könnte missbraucht werden,
oder thematische Nähe zu vorangegangenen Traumatisierungen entsteht.
Neben diesen BPS-Patienten, die durch lärmendes Agieren, aggressive Reaktionen
gegen die Umwelt und heftig geäusserte Affekte auffallen (sozusagen explodieren), gibt
es ebenfalls BPS-Patienten, die von alles beherrschender Scham überschwemmt
werden und mit Rückzugsneigungen und Agieren weniger gegen die Aussenwelt als
gegen
das
Selbst
reagieren
(also
eher
23
implodieren).
Die
vorherrschenden
Schamgefühle machen es den Patienten unmöglich, zu einer differenzierten Bewertung
(Urteilsbildung) einer gegebenen Situation zu kommen und andere, hilfreiche Gefühle
zu entwickeln.
Arbeiten von Kalbe (Scheel, 2009):
In einer empirischen Untersuchung zu Scham, kommt Kalbe (2002) mittels
Faktorenanalyse zum Schluss, dass man dieser drei Unterkategorien zuteilen kann:
Opferscham, Täterscham und Unsicherheitsscham. Er bezeichnet diese als „relevante
Dimensionen des Schamempfindens“. Sie unterscheiden sich in Auslösesituation,
physiologischem Ausdruck und möglicherweise passenden Symptomkomplexen.
Opferscham geht mit einem Gefühl von Hilflosigkeit und Entsetzen einher, zentrale
Kognitionen
und
Selbstbeurteilungen
sind
hier
beispielsweise:
Ungehörigkeit,
Unzulänglichkeit, Unfähigkeit Ziele zu erreichen, Würdelosigkeit, Antizipation von
Verachtung
durch
relevante
Andere.
Täterscham
bringt
selbstwertbelastende
Attributionen, sowie ein Empfinden von Respekt- und Taktlosigkeit mit sich. Die Person
sieht
sich
als
grenzüberschreitend,
drangsalierend,
schuldig
und
hinterhältig
machtausübend gegenüber Andern. Diesen beiden Dimensionen ist auf der
Stimmungs- und Gefühlsebene ein Erleben von Trauer und Niedergeschlagenheit
gemein.
Die Unsicherheitsscham zeichnet sich nach Kalbe durch die stärksten physiologischen
Reaktionen aus. Typisch sind hier internale, globale Kausalattributionen bezogen auf
die Körperreaktionen, wie z.B.: Ich schwitze, weil ich so inkompetent, unsicher,
schwach etc. bin. Kalbe versucht ausserdem eine Zuordnung der verschiedenen
Schamdimensionen zu unterschiedlichen Störungskomplexen, geht dabei aber nicht auf
die BPS ein. Opferscham sieht er in Zusammenhang mit Psychotizismus und
Depression, Täterscham mit Aggression und Somatizismus, Unsicherheitsscham mit
paranoidem Denken, Zwanghaftigkeit und ebenfalls Psychotizismus, Aggression und
Depression.
24
Nach Linehan (1993) scheint ein nicht wertschätzendes Umfeld die Entstehung einer
BPS zu begünstigen. Die Personen lernen während dieser Zeit, ihren Emotionen nicht
zu vertrauen und sich selbst als defizitär oder nicht liebenswert wahrzunehmen.
Bringt man diese Theorie in Zusammenhang mit der von Hilgers beschriebenen Gruppe
von Schamaffekten, so wäre dieses Empfinden der Existenzscham zuzuordnen.
Während man die anderen Schamdimensionen von Hilgers auch bei anderen,
gesunden Personengruppen erwarten könnte, so könnte man annehmen, dass eine
chronisch auftretende Scham, die sich auf die ganze Person bezieht, doch mit damit
zusammenhängenden Schwierigkeiten für den Betreffenden verbunden ist. Damit ist
nahe gelegt, dass die existentielle Scham eine pathologische Form dieser Emotion
darstellen könnte (Scheel, 2009).
1.4 Zielsetzung der Arbeit
Als direkter Gegenpol zum Selbstwert spielt das unsichere Schamgefühl in vielen
psychischen Störungsbildern eine große Rolle. Auch wenn die Schamneigung
interindividuell sehr verschieden ist, gehen doch einige Störungen, wie die BorderlinePersönlichkeitsstörung (BPS) mit einer grundsätzlichen erhöhten Schamneigung einher
(Rüsch, 2006). Aufgrund der Bedeutung von Scham für verschiedene psychische
Störungen wurde versucht, ein Instrument zu entwickeln, das verschiedene Facetten
von Scham messbar macht.
Ziel dieser Studie ist also die Entwicklung eines Fragebogens, der einerseits die
unterschiedlichen Facetten von Scham möglichst valide und reliabel messen kann und
andererseits eine Unterscheidung zwischen gesunder und pathologischer Scham
ermöglicht.
Im Sinne der diskriminanten Konstruktvalidität, d.h. zur Sichertellung dass der
Fragebogen tatsächlich das zu untersuchende Konstrukt (Schamempfinden) erfasst,
sollen angrenzende Konstrukte wie Depression, soziale Phobie oder Selbstwert als
Gegenpol keine überhöhte Korrelation mit Schamempfinden zeigen.
25
2. Methodik und empirisches Vorgehen
Ein diskreter und anonymer Zugang schien, insbesondere durch die quantitative
Fragebogenmethode, möglich.
2.1 Voruntersuchung
Um für die vorliegende Studie einen adäquaten Fragebogen entwickeln zu können,
wurde zunächst eine Voruntersuchung durchgeführt.
Zur inhaltlichen Konzeption des Fragebogens und speziell zur Itemgenerierung muss
man auf unterschiedliche Quellen zurückzugreifen. Als Quellen können dienen
Theorien, Modelle und Lehrmeinungen, wie sie in der Fachliteratur vorzufinden sind,
eigene Überlegungen sowie Alltagsbeobachtungen und Alltagserfahrungen. Bereits
vorhandene Fragebögen können ebenfalls als Anregung zur Gestaltung und
Formulierung des Fragebogens dienen. Zudem kann die Befragung im Rahmen einer
Voruntersuchung qualitativer, offener Art, eine Möglichkeit der Item-Generierung
darstellen. Für die vorliegende Studie wurde zunächst Literatur aus wissenschaftlichen
Datenbanken zusammengetragen und daraus ein Konzept der Emotion Scham
erarbeitet. Anschließend wurden gesunde Probanden und BPS-Patientinnen nach
beschämenden Situationen befragt. Dies sollte die Möglichkeit einer angemessenen
Itemgenerierung und somit die Konstruktion eines möglichst realistischen Fragebogens
sicherstellen.
Herleitung aus den Patienteninterviews (Scheel, 2009):
In den durchgeführten Patienteninterviews zeigten sich häufig ähnliche Themen.
Insbesondere fallen die Bereiche Körperlichkeit und hier speziell die Weiblichkeit, und
Versagen, bzw. Misserfolg auf. Diese zwei Bereiche können ebenfalls bei gesunden
Personen als hochrelevant in Bezug auf Schamstimulation betrachtet werden. Bei
genauerem Hinsehen kann man jedoch einige Unterschiede feststellen. Als auffallend
bei den BPS-Patienten können folgende Punkte benannt werden:
26
1. Körperlichkeit :
•
Die Scham bezieht sich auf den ganzen Körper und zwar
situationsunabhängig (z.B. „Ich bin ekelhaft“).
•
Körperbezogene Komplimente lösen außer Stolz auch Scham aus, weil sie mit
dem eigenen Selbstbild so wenig übereinstimmen. Diese Differenz ist die
Ursache der Scham.
•
Jede Art von Genuss, insbesondere Sexualität und Essen, ist unverdient. Der
Genuss kann durch die Beobachtung dritter Scham auslösen.
•
Da keine stabile Identität besteht, ist die Weiblichkeit unheimlich und
schambehaftet. Je nach Lernerfahrung (z.B. sexueller Missbrauch) wird sie sogar
als bedrohlich wahrgenommen.
•
Normale Körperlichkeit, wie z.B. schwitzen, wird häufiger als beschämend
empfunden.
•
Fressanfälle oder Selbstverletzungen wurden als besonders beschämend
beschrieben, da sie erstens ihr „anders sein“ unterstreichen und zweitens einen
Kontrollverlust anzeigen würden. Zum anderen würden dadurch relevante
Bezugspersonen verschreckt oder enttäuscht.
2. Misserfolge oder subjektive Inkompetenz :
•
Einige Patientinnen berichteten über extrem hohe Ansprüche an die eigene
Leistungsfähigkeit.
Wurden
diese
beschrieben,
erschienen
sie
zumeist
unrealistisch. Werden sie nicht erfüllt, kommt es zu Insuffizienzerleben und
Scham.
•
Lob für erbrachte Leistungen divergiert so stark mit der eigenen Einschätzung,
dass die Patientinnen sich selbst als Betrüger sehen und sich dann wegen der
Diskrepanz zwischen Ich-Ideal und Real-Ich schämen.
•
Wenn Selbstverletzungen durch andere bemerkt werden oder Flashbacks bei
anderen auffällig werden,
dann wird der Unterschied zu den gesunden
Menschen deutlich und die Patientinnen kommen im Vergleich schlechter weg.
27
•
Fragen nach dem Lebenslauf, der Ausbildung oder der Beschäftigung im letzten
Jahr, decken Defizite auf, die dann vor allem kombiniert mit „falschen
Reaktionen“ (z.B. Aggression oder Unterwürfigkeit), als beschämend empfunden
werden.
•
Das eigene Können in den Mittelpunkt zu stellen ist unverdient.
Einige der aufgezählten Punkte können auf ähnliche Art und Weise sicher auch bei
anderen Gruppen gefunden werden. Zudem berichten die BPS-Patientinnen auch von
Situationen, die bei gesunden Personen ebenfalls schamauslösend sein können.
Beispiele hierfür könnten plötzliche Entblößung des eigenen Körpers oder „versteckter“
Eigenschaften oder auch Schwächen einer Person sein. Weitere Beispiele auf
kognitiver Ebene könnten sein: echtes Nicht-Erbringen von zu Recht erwarteten
Leistungen, das Offenlegen von eigenen Schwächen im falschen Moment, etc.
Betrachtet man die Unterschiede jedoch systematisch, so scheint es sich bei den BPSPatientinnen öfter um eine dauerhafte Scham zu handeln, die auf die ganze Person
bezogen ist und die bei Hilgers als Existenzscham beschrieben wird. Die Patientinnen
erleben sich selbst als makelbehaftet und dieser Tatsache gegenüber machtlos, was
man auch als chronische Opferscham betrachten könnte.
Weiterhin war der deutlich verringerte Selbstwert, in Kombination mit einer instabilen
Identität augenfällig, was sowohl einen Abgleich zwischen Selbstideal und realem
Selbst erschwert, da diese nicht fest definiert sind, als auch die Schwelle zu
Beschämung senkt. Jede Beschämung greift nun wieder den Selbstwert direkt an, was
in einem Teufelskreis enden kann.
Den Beschreibungen der BPS-Patientinnen kann man entnehmen, dass Schamerleben
bei dieser Gruppe eine tiefere Verletzung des Selbstbildes mit sich bringt als bei
Gesunden. Außerdem scheint diese Verletzung länger anzuhalten und eher um sich zu
greifen. Sie kann also nicht nach angebrachter Zeit zur Seite gelegt werden, sondern
sie scheint sich, eventuell aufgrund dysfunktionaler Grundannahmen und Schemata,
eher zu verstärken. Dies führt unter anderem zu Vermeidungsverhalten oder
Beziehungsabbrüchen.
Die Patientinnen berichten auch, dass sie das Zeigen von Scham als bedrohlich erleben
und dann eher aggressiv werden. Dieser inadäquate Umgang kann schlimmstenfalls zu
28
einem Verharren der Betroffenen in der Scham führen. Dadurch wird die Existenzscham
gestärkt und sinnvolle Handlungen fast unmöglich gemacht. Starke Scham führt
bekanntermaßen zu Rückzug, eingeengtem Denken, erhöhtem Arousal, etc. Im
Vergleich dazu gelingt es Gesunden häufig schon durch kurzes Zulassen der Scham
Situationen aufzulösen.
Die Erkenntnisse aus diesen Interviews sowie das Studium der dazugehörigen
wissenschaftlichen Fachliteratur bildeten den Ausgangspunkt und die Grundlage für die
Konstruierung des Schamfragebogens.
2.2 Operationalisierung
Bei der Entwicklung eines Fragebogens ist es wichtig, dass das zu untersuchende
Konstrukt möglichst umfassend erfasst wird, angrenzende Konstrukte jedoch möglichst
trennscharf abgegrenzt werden. Im Folgenden wurde nun versucht, den Affekt Scham
sinnvoll aufzugliedern und dabei die oben beschriebenen Facetten zu berücksichtigen
und soweit wie möglich zu vereinfachen.
Scham lässt sich in drei Subskalen aufgliedern: körperliche Scham, kognitive Scham
und existentielle Scham. Diese drei können vermutlich trennscharf erfasst werden.
Bereiche wie Intimitätsscham oder Idealitätsscham werden in diesen Subskalen
abgebildet. Zu viele Subskalen würden sich jedoch überschneiden und damit die
Validität der Messung beeinträchtigen. Die Idee der Aufgliederung ist in folgender Grafik
dargestellt.
29
Scham
Körperliche
Kognitive
Scham
Scham
Existentielle
Scham
Umfasst:
Umfasst:
Umfasst:
- Körperliches Idealbild
- Kognitiv, moralisches
- Selbsterleben als
- Intimität
- Sexualität
Idealbild
makelbehaftet
- Kompetenz
- Soziale Zugehörigkeit
- Selbsterleben als
unwichtig, wertlos
Situativ abgrenzbar, auf Anteile der Person bezogen,
Situativ nicht immer
zeitlich begrenzt
abgrenzbar, generalisiert
auf die ganze Person,
chronisch
Abbildung 2: Das 3-Faktoren-Modell der Scham (Scheel, 2009)
Unter der Annahme, dass BPS-Patienten eine hohe Neigung zu pathologischer Scham
aufweisen, wird erwartet dass der Fragebogen bei BPS-Patienten systematisch andere
Ergebnisse erzielt als bei gesunden Probanden. Um zu prüfen, ob diese Ergebnisse
spezifisch sind für BPS, müssen natürlich auch Daten von anderen klinischen Gruppen
erhoben werden.
30
Grundsätzlich kann man sagen, dass die beiden Subskalen „körperliche Scham“ und
„kognitive Scham“ für gesunde Facetten der Scham stehen. Je nach Intensität können
diese zwar beeinträchtigend sein, an sich sind sie jedoch notwendig z.B. zur Regulation
gesellschaftlicher Normen oder zum Erhalt des eigenen Wertesystems. Dagegen wird
die Subskala „existentielle Scham“ bei gesunden Menschen nicht oder nur sehr gering
ausgeprägt
erwartet.
Sie
wird
in
diesem
Konstrukt
zur
Messgrundlage
der „pathologischen Scham“ (Scheel, 2009).
Die drei ausgewählten Skalen sollen nun hier noch einmal genauer erläutert werden
(Scheel,2009):
1. Körperliche Scham: Sie umfasst hier das körperliche Idealbild, den Bereich der
Intimität und die Sexualität. Das körperliche Idealbild bezieht sich auf die Figur, das
Gesicht oder auch die Pflege und die Kleidung. Scham entsteht hier, wenn eine
große Diskrepanz zwischen den eigenen Vorstellungen zu diesen Gebieten und der
Realität besteht. Der Bereich der Intimität bezieht sich innerhalb dieser Skala nur auf
körperliche Intimität. Wenn also versteckte Bereiche des körperlichen Selbst
plötzlich und unkontrolliert vor bestimmten Personen freigelegt werden, löst dies
Scham aus. Dabei muss es sich nicht um Anteile des Selbst handeln, die der Person
grundsätzlich peinlich sind und auch nicht um sexuell relevante Körperbereiche. Im
Gebiet der Sexualität geht es um die Entblößung sexuell relevanter Körperbereiche
gegenüber von Personen oder in Situationen, in denen es als beschämend
empfunden wird. In Abgrenzung zur existentiellen Scham, die weiter unten
beschrieben ist, wird Sexualität nicht an sich als beschämend empfunden (Scheel,
2009).
2. Kognitive Scham: Sie umfasst das kognitiv, moralische Idealbild, die eigene
Kompetenz sowie die soziale Zugehörigkeit. Der erste Punkt bezieht sich auf die von
Hilgers beschriebene Idealitätsscham, also v.a. auf die Verletzung des eigenen
Wertesystems. Im Bereich der Kompetenz geht es um Demütigung, Bloßstellung
eigener Schwächen durch andere oder auch um eigene Fehltritte. Beim dritten
Punkt, der sozialen Zugehörigkeit, handelt es sich um das eigene Empfinden
ausgeschlossen zu sein und nicht dazuzugehören (Scheel, 2009).
31
3. Existentielle Scham : Diese Skala unterscheidet sich von den beiden vorherigen vor
allem dadurch, dass es sich hierbei um eine chronisch erlebte Scham handelt, die
auf die ganze Person generalisiert ist und nicht unbedingt von bestimmten
Situationen ausgelöst wird. Sie bezieht sich auf das Selbsterleben als grundsätzlich
makelbehaftet, unwichtig und wertlos .
Anhand dieses 3-Faktoren-Modells wurden nun Items entwickelt und daraus die erste
Version eines Fragebogens erstellt. Bei den Items handelt es sich um Vignetten, welche
in einigen Sätzen Situationen beschreiben, die Scham auslösen können.
2.3 Das Erhebungsinstrument
Im Folgenden werden die in der Untersuchung eingesetzten Messinstrumente
vorgestellt. Der State-Fragebogen wurde eigens von uns für die vorliegende
Untersuchung entwickelt. Diesem wurden für die Studie noch drei weitere Testverfahren
hinzugefügt, um später eine eventuelle erhöhte Korrelation letzterer mit unserem
Fragebogen ermitteln respektiv ausschließen zu können. Bei diesen Testverfahren
handelt es sich um das Soziale Phobie und Angst Inventar, die RosenbergSelbstwertskala, sowie das Beck-Depressionsinventar. Ein demographischer Teil ist
den Messinstrumenten vorangestellt.
2.3.1 Demographische Daten
Das Erhebungsinstrument beginnt mit der Erfassung der demographischen Daten.
Die Probanden, bestehend aus gesunden Personen, werden um die Angabe ihres
Alters, Geschlechts und ihres höchsten Ausbildungsabschlusses gebeten.
Tabelle 1 gibt anhand der gewählten Kategorisierung einen Überblick über die
demographischen Daten der Befragten in der Stichprobenverteilung.
32
Tabelle 1: Demographische Daten der Stichprobe
Variable
Alter
Geschlecht
Höchster
Merkmalsausprägung
Anzahl
Rücklauf in %
bis 25 Jahre
56
28
bis 35 Jahre
56
28
bis 45 Jahre
32
16
bis 55 Jahre
37
18.5
bis 65 Jahre
12
6
über 65 Jahre
6
3
MD
2
1
weiblich
126
62.7
männlich
69
34.3
MD
6
3.0
Hauptschulabschluss
3
1.5
23
11.4
Ausbildung
13
6.5
Abitur
75
37.3
Hochschulabschluss
74
36.8
MD
13
6.5
Ausbildungsabschluss Mittlere Reife
MD = Missing Data: in der Auswertung berücksichtigte Fragebögen, bei denen die
jeweilige Frage nicht beantwortet wurde.
2.3.2 Der State-Fragebogen
Vor der endgültigen Entscheidung für bestimmte Items empfiehlt es sich, die Fragen
einer Gruppe von Test-Personen vorzulegen. Zweck der Vorgabe einer
Fragebogenvorform ist es jene Items herauszufinden, die für die mit dem Fragebogen
verfolgten Zwecke am besten geeignet sind (Konrad, 1999). Zusätzlich sollte im Vorfeld
der Fragebogenentwicklung und spätestens bei der Revision einzelner Items auf deren
Reihenfolge geachtet werden. Aufgrund dieser Prämisse wurde der Fragebogen nach
vorläufiger
Zusammenstellung
einigen
Mitarbeitern
der
Psychiatrischen
Universitätsklinik Freiburg vorgelegt. Es sollten Verständnisschwierigkeiten und
Probleme mit dem Fragebogen ermittelt werden.
Nach der Revision und Änderung der ungünstig erschienenen Items folgten die
33
Vervielfältigung des Fragebogens und dessen Verteilung an die Stichprobe. Diese
bestand aus gesunden Personen unterschiedlichen Geschlechts, unterschiedlichen
Alters und unterschiedlich hoher Schulabschlüsse. Insgesamt erhielten wir 201
verwendbare Fragebögen zurück.
Die gesamte Entwicklung des Fragebogens ist schematisch in Abbildung 3 dargestellt.
Itementwicklung
3 Personen
> 200 Items
1. Fragebogen
1. Expertenhearting
Eingeweihte Experten
121 Items
2. Fragebogen
2. Expertenhearting
Blinde Experten
67 Items
6-stufiges Antwortformat
1. Erhebung
201 gesunde Personen
24 Items
Faktoren bestätigt
Abbildung 3: Untersuchungsablauf und Fragebogenentwicklung
34
Beim State-Fragebogen handelt es sich also um einen Fragebogen, welcher 67 Items
mit einer 6-stufigen Antwortskala beinhaltet. Bei den Items handelt es sich um
Vignetten, welche in einigen Sätzen Situationen beschreiben, die Scham auslösen
können. Es wurde ein gradzahliges Antwortformat gewählt, um die Möglichkeit einer
„versteckten“ Antwort in der mittleren Kategorie auszuschließen. Dies erschien uns
besonders bei der „versteckten“ Emotion Scham als sinnvoll. Die Probanden sollten
sich vorstellen, sie befänden sich in den beschriebenen Situationen und dann beurteilen
wie sehr sie sich hier schämen würden. Anschließend sollten sie die für sie am besten
zutreffende Antwortmöglichkeit ankreuzen und sich unter folgenden Möglichkeiten
entscheiden:
Ich schäme mich: „trifft nicht zu“ (Wert -3), „trifft meistens nicht zu“ (Wert -2), „trifft eher
nicht zu“ (Wert -1), „trifft eher zu“ (Wert +1), „trifft meistens zu“ (Wert +2), „trifft immer
zu“ (Wert +3).
Es wird eine im Fragebogen nicht ausgewiesene Unterteilung in drei Skalen der
Emotion Scham angenommen: körperliche Scham, kognitive Scham und existentielle
Scham. Diese drei Skalen enthalten ihrerseits wiederum verschiedene Facetten (im
Folgenden Subskalen) der Emotion Scham.
1. Skala Körperliche Scham:
•
Subskala Körperliches Idealbild: Ich schäme mich…
Item 12: Eine Bekannte/ein Bekannter sagt mir, wie toll ich heute wieder
aussehe.
Item 19: Ich probiere ein Kleidungsstück an, das ich kaum zubekomme. Da
schaut mein/e Freund/in in die Kabine.
Item 26: Ich flirte auf einer Party mit jemandem, der mir schon lange gefällt. Als
ich zwischendurch auf Toilette gehe, sehe ich mit Schrecken, dass mein
Hosenladen offen ist.
Item 31: Beim romantischen Abendessen sagt meine Partnerin/mein Partner,
dass ich für sie/ihn der/die Schönste sei.
Item 51: Eine Freundin/ein Freund sagt mir, dass er/sie mich schön findet.
35
Item 52: Während ich mir im Supermarkt eine Tafel Schokolade nehme, bemerke
ich, wie mich jemand beobachtet.
Item 58: Ich muss auf der Arbeit etwas vor einer Gruppe präsentieren. Dabei ist
mir schmerzhaft bewusst, dass ich einen riesigen entzündeten Pickel an der
Nase habe.
Item 59: Im Gespräch erzählt mir eine Freundin/ein Freund, dass sie/er mit
ihrem/seinem Körper ganz zufrieden ist. Daraufhin fragt sie/er, wie das denn bei
mir sei.
Item 64: Ich spreche mit einer Freundin/einem Freund darüber, ob ich mich
attraktiv finde.
•
Subskala Intimität: Ich schäme mich…
Item 4: Auf dem Heimweg singe ich laut vor mich hin. Erst nach einiger Zeit
bemerke ich, dass nur wenige Meter hinter mir noch jemand ist.
Item 6: Ich werde von jemandem beim Essen beobachtet.
Item 9: Ich stehe nackt vor dem Spiegel und sehe mich an.
Item 32: Ich streite im Büro am Telefon mit meinem Partner. Als ich auflege,
klopft es sofort an der Tür, so dass mir klar wird, dass jemand anders das
Gespräch mitbekommen hat.
Item 33: Frauen: Auf meiner Hose ist Menstruationsblut erkennbar.
Männer: Ich sehe auf der Hose einer Kollegin, die ich sehr schätze
Menstruationsblut. Sie hat meinen Blick bemerkt.
Item 38: Von meiner Bluse/meinem Hemd ist ein Knopf abgegangen, so dass
man manchmal Haut sieht und außerdem den fehlenden Knopf bemerkt.
Item 47: Als ich aus der Toilette komme, wo ich einen merkbaren Geruch
hinterlassen habe, begegne ich einem Kollegen.
Item 49: Ich werde von jemandem beim Weinen beobachtet.
Item 56: Ich lasse hörbar/riechbar Blähungen ab.
Item 67: Ich kaufe mir Unterwäsche. Als ich mich gerade entschieden habe,
entdecke ich zwei meiner Bekannten, die mich beim Auswählen beobachtet
haben.
36
•
Subskala Sexualität: Ich schäme mich…
Item 3: Ich halte einen Aufzug an und gehe hinein. Darin steht ein Paar, das
heftig knutscht und sich gegenseitig an Hintern und Oberschenkeln
streichelt.
Item 8: Ohne darüber nachzudenken betrachte ich den Oberkörper einer
Kollegin/eines Kollegen die/den ich sehr attraktiv finde. An ihrem/seinem
amüsierten Grinsen bemerke ich plötzlich, dass sie/er es gemerkt hat.
Item 14: Eine Freundin/ein Freund sagt mir, dass ich eine erotische Ausstrahlung
habe.
Item 22: Ich bin zum ersten Mal bei einem/r Freund/in eingeladen. An der
Wand hängen einige sehr deutlich erotische Bilder.
Item 23: Bei einem Vorstellungsgespräch fällt eindeutig auf, dass mein
Gegenüber mehr an meinen Ausschnitt/meinem Oberkörper interessiert ist
als an dem, was ich sage.
Item 29: Zum Abends Ausgehen habe ich mich sexy angezogen. Da bemerke
ich, dass ich die Blicke der anderen auf mich ziehe.
Item 43: Ich gehe mit einem befreundeten Paar ins Kino. Sie fangen
plötzlich an zu schmusen und sich erotische Sachen zuzuflüstern, die ich
aber eindeutig verstehen kann.
2. Skala Kognitive Scham:
•
Subskala Kognitiv, moralisches Idealbild: Ich schäme mich…
Item 15: Ich berichte jemandem, den ich bewundere, über etwas, das ich
mit einer Kollegin zusammen erarbeitet habe. Dabei stelle ich es so dar, als
ob ich es alleine gemacht hätte.
Item 18: Ich denke schlecht über jemand anderen, den ich eigentlich mag.
Item 24: Ich erzähle etwas mir Anvertrautes unüberlegt weiter.
Item 27: Ich werde auf der Straße von jemandem angesprochen, ob ich auch
gegen Kinderarbeit bin. Ich ahne, dass die Person für irgendwas Spenden
sammelt, und gehe ohne zu antworten weiter.
37
Item 42: Ich gehe an einer Bettlerin ohne Beine vorbei und schaue weg.
Item 46: Ich knutsche auf einer Party mit jemandem herum, obwohl ich in
einer Partnerschaft lebe, die ich sehr gut finde; ein paar Tage später zeigt
mir jemand ein Foto davon.
•
Subskala Kompetenz: Ich schäme mich…
Item 10: Ich werde für etwas gelobt, was ich gar nicht selbst erreicht habe.
Item 20: Der Chef fordert mich vor einigen erfahreneren Kollegen auf, über den
Stand eines Projektes zu berichten. Mir fallen in dem Moment einige wichtige
Punkte nicht ein, die ich eigentlich im Kopf haben müsste.
Item 25: In einem fachlichen Gespräch kenne ich einen Begriff nicht und lasse
ihn mir erklären; bei der Erklärung fällt mir ein, dass ich den Begriff in der
Berufsschule gelernt habe und ich ihn eigentlich wirklich wissen müsste.
Item 41: Eine Bekannte lobt meinen Berufsabschluss in aus meiner Sicht
übertriebener Weise.
Item 57: Ich vertrete sehr vehement einen Standpunkt auf einem Gebiet, auf
dem ich mich sicher fühle. Plötzlich bemerke ich, dass ich völlig
danebenliege und die anderen Leute etwas betreten drein schauen.
Item 60: Ich werde nach meinem Lebenslauf gefragt.
•
Subskala Soziale Zugehörigkeit: Ich schäme mich…
Item 1: Ich gehe mit Kollegen abends weg und alle amüsieren sich prächtig. Nur
ich nicht.
Item 17: Ich spreche jemanden, den ich eigentlich kennen sollte, mit dem
falschen Namen an.
Item 21: Ich sehe in der Stadt eine Gruppe von drei Leuten, die ich kenne, und
gehe auf sie zu. Als ich mich dazugesellen will, beenden sie das Gespräch.
Item 34: Mein Chef sagt in einer Besprechung etwas, das ich für einen Witz
halte, so dass ich laut lache. Da merke ich, dass es kein Witz war, weil mich
alle komisch anschauen.
Item 37: Ich stehe mit einer Gruppe zusammen und bin die/der Einzige, die/der
nicht in ein Gespräch eingebunden ist.
38
Item 44: Ich komme zur Firmenweihnachtsfeier und sehe, dass am
Cheftisch noch Platz ist. Ich denke, das kann meiner Karriere nicht
schaden und gehe zielgerichtet dorthin. Als ich frage, ob noch ein Platz frei
ist, nickt der Chef mit etwas befremdetem Gesichtsausdruck.
Item 53: Ich bin zu einer Feier eingeladen. Als ich dort ankomme fällt mir auf,
dass außer mir alle Abendgarderobe tragen.
Item 54: Ich werde zu einer Geburtstagsfeier von einem Kollegen eingeladen. Als
ich dort auftauche, scheinen alle über mein Kommen überrascht zu sein.
Item 63: Als ich nach der Mittagspause wieder ins Büro komme, bemerke
ich eine etwas beklemmende Atmosphäre im Zimmer. Nach Feierabend
berichtet mir dann eine Kollegin, dass die anderen in meiner Abwesenheit
schlecht über mich geredet haben.
Item 65: Ich komme zur Firmenweihnachtsfeier und die Tische mit den Leuten,
zu denen ich passe, sind alle bereits besetzt. Nur bei der Chefetage sind ein
paar Plätze frei. Als einer aus der Runde sieht, dass ich mich suchend
umschaue, winkt er mich heran.
3. Skala Existentielle Scham:
•
Subskala Selbsterleben als makelbehaftet: Ich schäme mich…
Item 2: Nach dem ersten Arbeitstag an meinem neuen Arbeitsplatz fragen mich
meine Kollegen, ob wir noch etwas trinken gehen, um uns besser kennen zu
lernen.
Item 5: Bei einem Vorstellungsgespräch werde ich gebeten, meine Stärken und
Schwächen ehrlich darzustellen.
Item 13: Ich habe mit einer Kollegin/einem Kollegen, die/den ich für einen wirklich
guten Menschen halte, zusammengearbeitet. Jetzt werde ich häufig mit ihr/ihm
zusammen genannt, als ob ich menschlich genauso sei wie sie/er.
Item 16: In einem Sportkurs soll ich mich entspannen und meinen ganzen
Körper, jedes einzelne Teil spüren.
Item 28: Im Badeurlaub schmiere ich meinen Körper mit Sonnenmilch ein,
um einen Sonnenbrand zu vermeiden.
39
Item 35: Ich bekomme mit, wie jemand meine Partnerin/meinen Partner fragt,
was ich jetzt mache. Ihr/Ihm ist die Frage offensichtlich unangenehm, weil sie/er
von mir enttäuscht ist.
Item 48: Ich bekomme mit, wie ein Bekannter meine Eltern nach ihren Kindern
fragt. Als sie dann auf mich zu sprechen kommen, merke ich, wie enttäuscht sie
auf einmal wirken.
Item 62: Ich möchte mir etwas zum Anziehen kaufen und betrachte mich dabei
im Spiegel. Dabei sehe ich noch einige andere Menschen und vergleiche mich
mit ihnen.
•
Subskala Selbsterleben als unwichtig, wertlos: Ich schäme mich…
Item 7: Ich bekomme von einer Freundin/einem Freund eine Karte aus dem
Urlaub, auf der steht, dass sie/er mich wirklich vermisse.
Item 11: Ich will einen Verkäufer im Elektronikladen fragen, wo die Handys sind.
Ich habe das Gefühl, dass ich dazu kein Recht habe und das unverschämt ist.
Item 30: Ich frage mich, was wohl jemand, der an meiner Stelle zur Welt
gekommen wäre, in der gleichen Situation aus seinem Leben gemacht
hätte.
Item 36: Ich habe mir den Fuß verknackst. Eine Kollegin/ein Kollege stützt mich,
holt etwas zur Kühlung und einen Kaffee für mich.
Item 39: Bei einem Treffen unter Kollegen in der Kneipe fühle ich mich plötzlich
nicht ganz wohl und gehe daher früher nach Hause. Als ich am nächsten Tag
meinen Kollegen erzähle, dass es mir schon wieder besser geht, hatten diese
nicht einmal bemerkt, dass ich früher ging.
Item 40: An meinem Geburtstag gratuliert mir eine Freundin vor anderen
Bekannten und sagt dazu, wie wichtig es für sie ist, dass es mich gibt.
Item 45: Mein Chef lobt mich vor versammelter Belegschaft und fordert meine
Kollegen auf, sich meine hervorragende Arbeit anzuschauen.
Item 50: Beim Friseur lasse ich mir eine Kopfmassage geben, die ich so
richtig genieße. Als ich so vor mich hin träume, wird mir klar, dass ich mich
gerade ganz schön verwöhnen lasse.
40
Item 55: Ich liege im Krankenhaus, da ich eine Blinddarmentzündung hatte
und operiert werden musste. Eine Freundin/ein Freund kommt mich
besuchen und bringt mir die neueste CD meiner Lieblingsband mit.
Item 61: In einem Gespräch mit einer Freundin/einem Freund geht es darum,
was für ein Bild man von sich selbst hat. Ich druckse ein bisschen rum.
Schließlich fragt sie/er mich, was ich eigentlich wirklich von mir halte.
Item 66: Nach einem anstrengenden Arbeitstag meint mein Partner/meine
Partnerin, ich solle mich doch auf dem Sofa entspannen. In der
Zwischenzeit würde er/sie mir ein leckeres Essen zubereiten, um mich zu
verwöhnen.
2.3.3 Rosenberg-Selbstwertskala (RSE)
Die Rosenberg-Selbstwertskala ist eine deutsche Übersetzung der „Rosenberg SelfEsteem Scale“ (SES, Rosenberg, 1965; dt. Version von Ferring & Filipp, 1996). Sie ist
die international am weitesten verbreitete Skala und ermittelt mit zehn Items sehr
ökonomisch die globale Selbstwertschätzung. Rosenberg definierte Selbstwert als
Summe der Bewertungen eigener Personenmerkmale. In der deutschen Übersetzung
überprüften Ferring und Filipp die Skala in Bezug auf innere Konsistenz ( .81< α < .88),
Testhälftenreliabilität ( .81< rtt < .84) und Validität.
2.3.4 Beck-Depressionsinventar (BDI)
Das Beck-Depressions-Inventar, entworfen von Aaron T. Beck, ist ein seit 30 Jahren
national
und
international
weit
verbreitetes
und
in
vielfältigen
klinischen
Zusammenhängen erfolgreich eingesetztes Selbstbeurteilungsinstrument zur Erfassung
des Schweregrades einer depressiven Symptomatik. Es entstand aufgrund klinischer
Beobachtungen depressiver Patienten. Zu 21 Symptomen der Depression (z.B. traurige
Stimmung,
Pessimismus,
Versagen,
Unzufriedenheit,
Schuldgefühle,
Weinen,
Reizbarkeit, sozialer Rückzug, Entschlussunfähigkeit, Schlafstörungen, Appetitverlust
41
u.a.) werden jeweils 4 Aussagen vorgegeben, von denen diejenige auszuwählen ist, die
am besten beschreibt wie sich der Beurteiler in den vergangenen beiden Wochen gefühlt
hat. Das BDI erweist sich auch als ein für Verlaufsuntersuchungen geeignetes und von
psychiatrischen und anderen Patienten gut akzeptiertes Instrument. Seine Aussage bleibt
von Lebensalter, Geschlecht und nosologisch-diagnostischer Eingruppierung des
Patienten weitgehend unberührt. Die innere Konsistenz liegt in Abhängigkeit von der
Stichprobe zwischen α = .73 und α = .95. Die Stabilität der Symptomatik liegt über eine
Woche bei
rtt = .75 und über 2 Wochen bei
rtt = .68. Korrelationen mit anderen
Selbstbeurteilungsskalen bei depressiver Symptomatik liegen bei r = .76 (Hautzinger,
1994).
2.3.5 Soziale Phobie und Angst Inventar (SPAI)
Das Social Phobia and Anxiety Inventory von Turner, Beidel, Dancu und Stanley (1989)
ist ein empirisch konstruiertes Fragebogenverfahren, das kognitive, somatische und
behaviorale Dimensionen sozialer Angst erfasst. Die hier verwendete deutschsprachige
Version (Fydrich, 1995) verfügt über 32 Items, die nach item- und faktoranalytischen
Kriterien ausgewählt wurden. Probanden stufen den Grad an Unsicherheit, Angst,
Vermeidung sowie ihre physiologischen Reaktionen in unterschiedlichen sozialen
Situationen ein. Das Verfahren wird in zahlreichen Untersuchungen und in der
psychotherapeutischen Praxis zur Erfassung sozialer Angst und der Intensität sozialer
Phobien eingesetzt und eignet sich damit auch zur Messung des Therapieverlaufs. Die
Reliabilität des SPAI kann als sehr gut beurteilt
werden. Die innere Konsistenz
(Cronbachs Alpha) liegt zwischen α = .93 und α = .97. Die Retest-Reliabilität (Intervall
von vier Monaten) ergab bei einer nicht klinischen Stichprobe einen Wert von rtt = .82
(Fydrich, 2003). Indikatoren für eine gute Konstruktvalidität des Verfahrens liegen vor
(Hoyer, 2005).
42
Tabelle 2: Verwendete Messinstrumente zur Erfassung von Schamneigung,
Selbstwert, Depressivität und sozialer Phobie
Subskalen
Instrument
(Zahl der
Messskalen
Richtung
Körperliche
6 Punkte, von
Je höher, desto
Scham (26)
“Ich schäme
stärker die
Kognitive
mich“: -3=“trifft
Neigung zu
Scham (22)
nicht zu“ bis
körperlicher /
Existentielle
+3=“trifft immer
kognitiver /
Scham (19)
zu.“
existentieller
Konstrukt
Items)
StateFragebogen
Schamneigung
Scham
4 Punkte, von
RSE
Gesamtwert
0=“trifft gar nicht
Je höher, desto
(10)
zu“ bis 3=“trifft
höher der
voll und ganz
Selbstwert
Selbstwert
zu“
BDI
Gesamtwert
4 Punkte, von 0
Je höher, desto
(21)
bis 3
stärker die
Depressivität
Depressivität
SPAI
Soziale Phobie
7 Punkte, von
Je höher, desto
Gesamtwert
0=“nie“ bis
stärker die
(32)
6=“immer“
Neigung zu
sozialer Phobie
2.4 Fallausschluss bei Missing Data
Eine hohe Vollständigkeit aller beantworteten Items ist für eine adäquate Abbildung des
Schamempfindens erforderlich. In der Literatur finden sich keine Angaben über das
Höchstmaß an nicht beantworteten Items. Aus diesem Grund wurde das Kriterium
selbständig festgesetzt. Überstieg die Anzahl der nicht beantworteten Items des StateFragebogens 10% der Gesamtzahl an Items, wurde davon ausgegangen, dass die
Einschätzungen nicht mehr vollständig abgebildet werden.
Aus diesem Grund wurde 1 Fragebogen aus der Auswertung ausgeschlossen.
43
3. Auswertung
Die Auswertung der Daten erfolgte mit dem Programmpaket „Statistical Package of the
Social Sciences“ (SPSS) Version 15.0 und mit ITAMIS PC Version 1 (Itemanalyse nach
dem Konzept der klassischen Testtheorie).
3.1 Gütekriterien
Anhand der Gütekriterien wurde festgestellt, ob der Fragebogen das zu untersuchende
Merkmal wirklich misst und ob er es exakt misst. Hierbei sollte ausgeschlossen werden,
dass die Ergebnisse eines Tests auf Störeinflüssen beruhen. Es gibt verschiedene
anerkannt Kriterien, nach denen die Güte eines Tests beurteilt werden kann. In der
Fachliteratur werden drei Hauptgütekriterien für die Qualität eines Tests angeführt,
nämlich Objektivität, Reliabilität und Validität (Bühner, 2006).
3.1.1 Objektivität
Unter Objektivität versteht man den Grad, in dem die Ergebnisse eines Tests unabhängig
vom Untersucher sind.
Es
wird
zwischen
Durchführungsobjektivität,
Auswertungsobjektivität
und
Interpretationsobjektivität unterschieden. Die Durchführungsobjektivität eines Tests darf
nicht von Untersuchung zu Untersuchung variieren. Dazu muss genau definiert sein, wie
und unter welchen Bedingungen ein Test oder Fragebogen durchzuführen ist. Die
erhobenen Daten sollen unabhängig von der Person des Untersuchers sein und die
Durchführungsobjektivität soll durch die Standardisierung der Datenerhebungssituation
ermöglicht werden. Im Rahmen der vorliegenden Untersuchung soll dies durch eine
strukturierte Vorgehensweise sowie durch die anfänglich gegebenen Instruktionen
erreicht werden. Bei der Auswertungsobjektivität kommt es darauf an, dass jeder
Auswerter die gleichen Punkt- oder Leistungswerte eines Probanden ermittelt. Dazu sind
genaue
Auswertungsvorschriften
nötig.
Durch
ein
vorher
klar
definiertes
Kodierungsvorgehen soll dies sichergestellt werden. Die Interpretationsobjektivität geht
davon aus, dass jeder Auswerter möglichst zur gleichen Beurteilung oder Interpretation
der Testergebnisse kommen soll (Bühner, 2006). Die Anwendung anerkannter
Interpretationskriterien soll dies ermöglichen.
44
3.1.2 Reliabilität
Unter Reliabilität versteht man den Grad der Genauigkeit, mit dem ein Test ein
bestimmtes
Merkmal
misst.
Man
Konsistenz/Testhälftenreliabilität,
unterscheidet
Retest-Reliabilität
drei
Reliabilitätsarten:
(oder
Stabilität)
Innere
und
Paralleltestreliabilität. Bei der Testhälftenreliabilität wird der Test in möglichst gleiche
Testhälften unterteilt und diese werden miteinander korreliert. Dabei wird als
Korrekturfaktor die Testlänge berücksichtigt. Bei der inneren Konsistenz wird jedes
einzelne Item als eigenständiger Testteil angesehen, und die Messgenauigkeit stellt den
mittleren Zusammenhang unter Berücksichtigung der Testlänge dar. Im Falle der RetestReliabilität wird der Test zu zwei verschiedenen Testzeitpunkten durchgeführt und dann
die Korrelation zwischen den Testleistungen ermittelt. Hier gilt zu beachten, dass die
Korrelationen in Abhängigkeit vom Zeitintervall zwischen den beiden Testungen variieren
können. Bei der Paralleltestreliabilität berechnet man die Korrelation zwischen zwei
Tests, die dieselbe Eigenschaft oder Fähigkeit mittels verschiedenen Items erfassen
sollen.
Im Rahmen der vorliegenden Untersuchung erfolgte die Überprüfung der Reliabilität
durch die Berechnung der inneren Konsistenz. Der Cronbach-Alpha-Koeffizient stellt
heute die Standartmethode zur Schätzung der inneren Konsistenz dar. Ein Test mit α <
.80 weist eine niedrige Reliabilität auf, Werte von α > .90 gelten als hoch (Bühner, 2006).
3.1.3 Validität
Unter Validität versteht man im eigentlichen Sinne das Ausmaß, in dem ein Test das
misst, was er zu messen vorgibt. Nach Bryant (2000) unterscheidet man grundsätzlich
drei Validitätsarten: Inhalts-, Kriteriums- und Konstruktvalidität.
Von Inhaltsvalidität spricht man, wenn ein Test oder ein Testitem das zu messende
Merkmal auch wirklich bzw. hinreichend genau erfasst. Nach Michel und Conrad (1982,
S.57) wird die Inhaltsvalidität in der Regel nicht numerisch anhand eines Kennwertes,
sondern „aufgrund logischer und fachlicher Überlegungen“ bestimmt und „mit oder ohne
Einschränkung akzeptiert oder verworfen“. Die Inhaltsvalidität wird auch als logische
Validität bezeichnet. Durch die Anwendung der Vorgaben zur Fragebogenkonstruktion
sollte sichergestellt werden, dass das zu messende Konstrukt in seinen wichtigsten
Aspekten erschöpfend erfasst wird.
45
Bei der Kriteriumsvalidität handelt es sich um den Zusammenhang der Testleistung mit
einem oder mehreren Kriterien (z.B. Schulnote), mit denen der Test aufgrund seines
Messanspruches korrelieren sollte.
Mit der Konstruktvalidität soll abgeleitet werden, dass der Test auch die Eigenschaften
oder Fähigkeiten misst, die er messen soll. Ein häufig gewählter Ansatz besteht darin, a
priori konkrete Erwartungen (Hypothesen) über den Zusammenhang des vorliegenden
Tests mit konstruktverwandten (konvergenten) und konstruktfremden (diskriminanten)
Tests zu formulieren (Bühner, 2006). „Ein Test ist konstruktvalide, wenn aus dem zu
messenden Zielkonstrukt Hypothesen ableitbar sind, die anhand der Testwerte bestätigt
werden können“ (Bortz & Döring, 2002). Bei der konvergenten Validität geht es darum zu
zeigen, dass ein Test das zu messende Merkmal misst und nicht irgendein anderes.
Hierzu wird die Übereinstimmung mit Ergebnissen aus Tests für gleiche oder ähnliche
Merkmale ermittelt. So soll z.B. die Korrelation eines neuartigen Intelligenztests mit
einem etablierten Test zu einer hohen Korrelation führen, um zu zeigen, dass auch der
neue Test das Konstrukt „Intelligenz“ misst (Moosbrugger und Kelava, 2008). Im Falle
der diskriminanten Validität muss gezeigt werden, dass ein Test von einem Test für
andere
Merkmale
abgrenzbar
ist.
So
soll
ein
Konzentrationsleistungstest
ein
diskriminierbares eigenständiges Konstrukt (Konzentration) erfassen und nicht das
Gleiche wie andere Tests für andere Konstrukte (z.B. Intelligenz). Zum Nachweis der
diskriminanten Validität ist es daher nötig den zu validierenden Test mit relativ
konstruktnahen Tests zu verglichen. So wäre beispielsweise eine niedrige Korrelation
zwischen Konzentration und Intelligenz wünschenswert (Moosbrugger und Kelava,
2008).
Abschließend kann man jedoch noch hinzufügen, dass Validitätskoeffizienten allein
wenig über die Bedeutung eines Tests besagen, wenn man nur den absoluten Betrag
bewertet. Betrachtet werden muss auch der Beitrag, den ein Test zur Lösung einer
gegebenen Fragestellung leisten kann (Fisseni, 1997).
3.2 Itemanalyse
Eine Itemanalyse nach dem Konzept der klassischen Testtheorie ermittelt die
Trennschärfe (rit) der einzelnen Items und die innere Konsistenz einer Skala. Die
Trennschärfe eines Items drückt aus, wie groß der korrelative Zusammenhang der
Itemwerte mit den Testwerten ist, die aus sämtlichen Items des Tests gebildet werden.
46
Der Trennschärfe eines Items lässt sich entnehmen, wie stark die Differenzierung des
jeweiligen Items mit der Differenzierung der zum Testwert zusammengefassten übrigen
Items übereinstimmt (Moosbrugger und Kelava, 2008). Items, die eine hohe
Trennschärfe aufweisen, haben bei den Untersuchungsteilnehmern entweder eine klare
positive oder eine klare negative Antworttendenz hervorgerufen. Items mit einer hohen
Trennschärfe haben eine höhere Aussagekraft, welches Vorhersagen über Variablen
(z.B. Personenmerkmale) erleichtert. Da die Trennschärfe ein Maß des Zusammenhangs
ist und als Korrelation rit (i=item, t=total) berechnet wird, kann sie Werte von -1 bis +1
annehmen (Moosbrugger und Kelava, 2008). Im Falle der Bestimmung eines
Korrelationskoeffizienten sind die Items trennscharf, die eine hohe Korrelation mit dem
Gesamtwert eines Tests/einer Skala/eines Fragebogens aufweisen. Wenig trennscharfe
Items werden in der Itemanalyse eliminiert. Positive Werte zwischen rit = .30 und rit = .50
werden als mittelmäßig angesehen und Werte, die größer sind als rit = .50 werden als
hoch angesehen (Bühner, 2006). Die Prozedur ist z.B. in SPSS (Reliabilitätsanalyse)
integriert und erlaubt die Bestimmung des sog. korrigierten Trennschärfekoeffizienten,
bei dem jedes Item mit dem Gesamtwert unter Ausschluss des zu prüfenden Items
korreliert wird.
3.2.1 Itemanalyse der Skala Körperliche Scham
Die Skala der körperlichen Scham wurde in die drei Subskalen „körperliches Idealbild“,
„Intimität“ und „Sexualität“ unterteilt.
Die Ergebnisse sind in Tabelle 3 dargestellt. Die Reliabilität der Skala ist mit α = .90 sehr
zufrieden stellend.
Die Items dieser Skala weisen alle einen Trennschärfekoeffizienten von rit > .30 auf,
ausgenommen Item 9 (rit = .30) und Item 52 (rit = .25).
Die durchschnittliche Trennschärfe (korrigiert) liegt bei rit = .47 und ist somit höher als
diejenigen der Skalen Kognitive Scham und Existentielle Scham, welche jeweils bei rit =
.40 resp. bei rit = .38 liegen. Der Mittelwert der Items liegt bei 1.95.
3.2.2 Itemanalyse der Skala Kognitive Scham
Die Skala der kognitiven Scham wurde in die drei Subskalen „kognitiv/moralisches
Idealbild“, „Kompetenz“ und „soziale Zugehörigkeit“ unterteilt.
Die Ergebnisse sind in Tabelle 4 festgehalten. Die Reliabilität der Skala ist mit
47
α = .90 wiederum sehr zufrieden stellend. Die Items dieser Skala weisen alle einen
Trennschärfekoeffizienten von rit > .30 auf, ausgenommen Item 20 (rit = .11). Insgesamt
zeigen 13 Items sogar einen rit > .50 auf.
Die durchschnittliche Trennschärfe (korrigiert) liegt bei rit = .51 und ist somit höher als
diejenigen der Skalen Körperliche Scham und Existentielle Scham, welche jeweils bei
rit = .42 resp. bei rit = .30 liegen. Diese Skala weist einen Mittelwert von 2.67 auf.
3.2.3 Itemanalyse der Skala Existentielle Scham
Die Skala der existenziellen Scham wurde in die zwei Subskalen „Selbsterleben als
makelbehaftet“ und „Selbsterleben als unwichtig/wertlos“ unterteilt.
Tabelle 5 zeigt die Ergebnisse. Die Reliabilität der Skala ist mit α = .84 sehr zufrieden
stellend.
Die
Items
dieser
Skala
weisen
ebenfalls
fast
alle
einen
Trennschärfekoeffizienten von rit > .30 auf. Zwei Items weisen niedrigere Trennschärfen
auf, dies sind Item 11 (rit = .22) und Item 35 (rit = .26).
Die durchschnittliche Trennschärfe (korrigiert) liegt bei rit = .43 und ist somit höher als
diejenigen der Skalen Körperliche Scham und Kognitive Scham, welche jeweils bei
rit = .35 resp. bei rit = .25 liegen. Es fällt auf, dass der Mittelwert dieser Skala mit 1.26
deutlich niedriger liegt ist als die Mittelwerte der körperlichen (1.95) und der kognitiven
(2.67) Scham.
48
Tabelle 3: Ergebnisse der Itemanalyse der Skala 1 „Körperliche Scham“ des StateFragebogens; N = 201
Itemanalyse der Skala 1 „Körperliche Scham“
Items
M
SD
rit
Item 3
1.71
1.51
.49
Item 4
2.30
1.42
.47
Item 6
1.42
1.40
.33
Item 8
2.46
1.52
.51
Item 9
.95
1.40
.30
Item 12
1.33
1.39
.50
Item 14
1.66
1.54
.49
Item 19
1.76
1.64
.45
Item 22
1.33
1.36
.56
Item 23
1.88
1.47
.59
Item 26
2.88
1.58
.44
Item 29
1.20
1.28
.42
Item 31
.97
1.26
.36
Item 32
2.60
1.47
.49
Item 33
3.61
1.66
.36
Item 38
2.11
1.45
.58
Item 43
2.19
1.56
.55
Item 47
3.48
1.38
.49
Item 49
2.27
1.54
.46
Item 51
1.24
1.35
.47
Item 52
.61
1.12
.25
Item 56
4.02
1.30
.45
Item 58
2.44
1.53
.49
Item 59
1.40
1.47
.54
Item 64
1.62
1.38
.62
Item 67
1.19
1.35
.56
Itemzahl = 26
Cronbachs alpha = .90
Summe der Mittelwerte = 50.65
Durchschnittliche Korrelation der Items = .25
Mittelwert = 1.95
Standartabweichung = 19.68
49
Tabelle 4: Ergebnisse der Itemanalyse der Skala 2 „Kognitive Scham“ des StateFragebogens; N = 201
Itemanalyse der Skala 2 „Kognitive Scham“
Items
M
SD
rit
Item 1
1.03
1.12
.37
Item 10
3.01
1.50
.55
Item 15
3.20
1.62
.50
Item 17
3.37
1.42
.51
Item 18
2.61
1.50
.51
Item 20
3.41
1.29
.66
Item 21
2.65
1.52
.62
Item 24
3.60
1.60
.59
Item 25
2.40
1.43
.34
Item 27
1.88
1.53
.34
Item 34
3.74
1.23
.62
Item 37
2.26
1.48
.53
Item 41
2.23
1.47
.50
Item 42
2.27
1.58
.49
Item 44
2.99
1.45
.73
Item 46
4.04
1.42
.53
Item 53
3.07
1.39
.45
Item 54
2.63
1.49
.56
Item 57
3.43
1.35
.65
Item 60
.89
1.25
.11
Item 63
2.54
1.69
.54
Item 65
1.45
1.48
.35
Itemzahl = 22
Cronbachs alpha = .90
Summer der Mittelwerte = 58.72
Durchschnittliche Korrelation der Items = .29
Mittelwert = 2.67
Standartabweichung = 17.92
50
Tabelle 5: Ergebnisse der Itemanalyse der Skala 3 „Existentielle Scham“ des StateFragebogens; N = 201
Itemanalyse der Skala 3 „Existentielle Scham“
Items
M
SD
rit
Item 2
1.01
1.30
.31
Item 5
1.68
1.47
.45
Item 7
.57
1.11
.41
Item 11
.47
1.00
.22
Item 13
1.19
1.16
.45
Item 16
1.02
1.36
.35
Item 28
.42
1.10
.39
Item 30
.66
1.12
.43
Item 35
2.88
1.52
.26
Item 36
.99
1.35
.45
Item 39
2.00
1.60
.40
Item 40
1.15
1.42
.63
Item 45
2.48
1.58
.40
Item 48
2.87
1.64
.31
Item 50
.77
1.22
.50
Item 55
.51
1.05
.53
Item 61
1.54
1.35
.61
Item 62
1.24
1.32
.51
Item 66
.61
1.09
.52
Itemzahl = 19
Cronbachs alpha = .84
Summer der Mittelwerte = 24.04
Durchschnittliche Korrelation der Items = .23
Mittelwert = 1.26
Standartabweichung = 12.61
51
3.2.4 Korrigierte Trennschärfen in Bezug auf alle Skalen
Das Ziel dieser Studie bestand darin einen Fragebogen zu entwickeln, der einerseits die
unterschiedlichen Facetten von Scham möglichst valide und reliabel messen kann und
andererseits eine Unterscheidung zwischen gesunder und pathologischer Scham
ermöglicht.
Um
nun
die
Items
auszuwählen,
welche
schlussendlich
in
den
Endfragebogen übernommen werden sollen, wurde die korrigierte Trennschärfe der
verschiedenen Items einer Skala jeweils im Vergleich zu den beiden anderen Skalen
sowie die Verteilung der Itemschwierigkeiten innerhalb der Skalen als Kriterium
herangezogen. Wie oben bereits erwähnt, haben Items mit einer hohen Trennschärfe
eine höhere Aussagekraft als Items bei denen diese niedrig ist. Folglich wurden innerhalb
jeder der drei Skalen jeweils die 8 Items ausgewählt, bei denen:
1. Die Trennschärfe in der Skala welcher sie angehören größer war, als die
Trennschärfen in den beiden übrigen Skalen.
2. Wenn das Kriterium unter (1.) erfüllt war und noch mehr als 8 Items übrig blieben,
wurden diejenigen Items ausgewählt, deren Trennschärfe in der Skala welcher sie
angehören den größten Unterschied aufwies im Vergleich zu ihren respektiven
Trennschärfen in den beiden anderen Skalen.
Tabellen 6, 7 und 8 geben Auskunft über die genauen Trennschärfewerte der einzelnen
Items innerhalb der verschiedenen Skalen.
52
Tabelle 6: Korrigierte Trennschärfen der Items der Skala 1 „Körperliche Scham“ in
Bezug auf alle Skalen ; N = 201
Korrigierte Trennschärfen der Items der Skala 1 „Körperliche Scham“ in Bezug auf
alle Skalen
Items
rit (Skala 1)
rit (Skala 2)
rit (Skala 3)
Item 3
.49
.41
.26
Item 4
.47
.45
.36
Item 6
.33
.23
.33
Item 8
.51
.42
.32
Item 9
.30
.09
.46
Item 12
.50
.34
.55
Item 14
.49
.31
.48
Item 19
.45
.35
.37
Item 22
.56
.40
.42
Item 23
.59
.53
.43
Item 26
.44
.52
.17
Item 29
.42
.21
.51
Item 31
.36
.14
.60
Item 32
.49
.57
.27
Item 33
.36
.50
.00
Item 38
.58
.57
.34
Item 43
.55
.49
.29
Item 47
.49
.63
.18
Item 49
.46
.35
.34
Item 51
.47
.30
.57
Item 52
.25
.03
.31
Item 56
.45
.60
.14
Item 58
.49
.49
.32
Item 59
.54
.31
.52
Item 64
.62
.47
.61
Item 67
.56
.36
.51
Durchschnittliche Trennschärfen:
rit (Skala 1) = .47
rit (Skala 2) = .40
rit (Skala 3) = .38
53
Tabelle 7: Korrigierte Trennschärfen der Items der Skala 2 „Kognitive Scham“ in
Bezug auf alle Skalen ; N = 201
Korrigierte Trennschärfen der Items der Skala 2 „Kognitive Scham“ in Bezug auf alle
Skalen
Items
rit (Skala 1)
rit (Skala 2)
rit (Skala 3)
Item 1
.29
.37
.37
Item 10
.38
.55
.18
Item 15
.27
.50
.07
Item 17
.37
.51
.18
Item 18
.40
.51
.29
Item 20
.53
.66
.29
Item 21
.51
.62
.34
Item 24
.30
.59
.08
Item 25
.38
.34
.39
Item 27
.39
.34
.36
Item 34
.46
.62
.10
Item 37
.47
.53
.47
Item 41
.46
.50
.39
Item 42
.44
.49
.29
Item 44
.55
.73
.32
Item 46
.38
.53
.04
Item 53
.41
.45
.17
Item 54
.45
.56
.40
Item 57
.52
.65
.24
Item 60
.29
.11
.49
Item 63
.50
.54
.44
Item 65
.48
.35
.54
Durchschnittliche Trennschärfen:
rit (Skala 1) = .42
rit (Skala 2) = .51
rit (Skala 3) = .30
54
Tabelle 8: Korrigierte Trennschärfen der Items der Skala 3 „Existentielle Scham“ in
Bezug auf alle Skalen ; N = 201
Korrigierte Trennschärfen der Items der Skala 3 „Existentielle Scham“ in Bezug auf
alle Skalen
Items
rit (Skala 1)
rit (Skala 2)
rit (Skala 3)
Item 2
.18
.08
.31
Item 5
.46
.31
.45
Item 7
.25
.01
.41
Item 11
.22
.16
.22
Item 13
.35
.31
.45
Item 16
.18
.06
.35
Item 28
.10
-.14
.39
Item 30
.13
.11
.43
Item 35
.44
.59
.26
Item 36
.35
.12
.45
Item 39
.53
.60
.40
Item 40
.39
.18
.63
Item 45
.51
.58
.40
Item 48
.46
.57
.31
Item 50
.24
.06
.50
Item 55
.28
-.01
.53
Item 61
.58
.46
.61
Item 62
.55
.43
.51
Item 66
.26
.04
.52
Durchschnittliche Trennschärfen:
rit (Skala 1) = .35
rit (Skala 2) = .25
rit (Skala 3) = .43
55
Erfreulicherweise blieben auch nach diesem Eliminierungsverfahren noch Items von
jeder Subskala (Körperliches Idealbild, Intimität, Sexualität, Kognitiv/moralisches
Idealbild, Kompetenz, Soziale Zugehörigkeit, Selbsterleben als makelbehaftet und
Selbsterleben als unwichtig/wertlos) übrig.
Es waren dies:
1. Körperliche Scham:
•
Subskala Körperliches Idealbild:
Item 19: Ich probiere ein Kleidungsstück an, das ich kaum zubekomme. Da schaut
mein/e Freund/in in die Kabine.
•
Subskala Intimität:
Item 49: Ich werde von jemandem beim Weinen beobachtet.
Item 67: Ich kaufe mir Unterwäsche. Als ich mich gerade entschieden habe,
entdecke ich zwei meiner Bekannten, die mich beim Auswählen beobachtet
haben.
•
Subskala Sexualität:
Item 3: Ich halte einen Aufzug an und gehe hinein. Darin steht ein Paar, das heftig
knutscht und sich gegenseitig an Hintern und Oberschenkeln streichelt.
Item 8: Ohne darüber nachzudenken betrachte ich den Oberkörper einer
Kollegin/eines Kollegen die/den ich sehr attraktiv finde. An ihrem/seinem
amüsierten Grinsen bemerke ich plötzlich, dass sie/er es gemerkt hat.
Item 22: Ich bin zum ersten Mal bei einem/r Freund/in eingeladen. An der Wand
hängen einige sehr deutlich erotische Bilder.
56
Item 23: Bei einem Vorstellungsgespräch fällt eindeutig auf, dass mein Gegenüber
mehr an meinen Ausschnitt/meinem Oberkörper interessiert ist als an dem, was
ich sage.
Item 43: Ich gehe mit einem befreundeten Paar ins Kino. Sie fangen plötzlich an
zu schmusen und sich erotische Sachen zuzuflüstern, die ich aber eindeutig
verstehen kann.
2. Kognitive Scham:
•
Subskala Kognitiv, moralisches Idealbild:
Item 15: Ich berichte jemandem, den ich bewundere, über etwas, das ich mit einer
Kollegin zusammen erarbeitet habe. Dabei stelle ich es so dar, als ob ich es
alleine gemacht hätte.
Item 24: Ich erzähle etwas mir Anvertrautes unüberlegt weiter.
Item 46: Ich knutsche auf einer Party mit jemandem herum, obwohl ich in einer
Partnerschaft lebe, die ich sehr gut finde; ein paar Tage später zeigt mir jemand
ein Foto davon.
•
Subskala Kompetenz:
Item 10: Ich werde für etwas gelobt, was ich gar nicht selbst erreicht habe.
Item 57: Ich vertrete sehr vehement einen Standpunkt auf einem Gebiet, auf dem
ich mich sicher fühle. Plötzlich bemerke ich, dass ich völlig danebenliege und die
anderen Leute etwas betreten drein schauen.
•
Subskala Soziale Zugehörigkeit:
Item 17: Ich spreche jemanden, den ich eigentlich kennen sollte, mit dem falschen
57
Namen an.
Item 34: Mein Chef sagt in einer Besprechung etwas, das ich für einen
Witz halte, so dass ich laut lache. Da merke ich, dass es kein Witz war,
weil mich alle komisch anschauen.
Item 44: Ich komme zur Firmenweihnachtsfeier und sehe, dass am Cheftisch noch
Platz ist. Ich denke, das kann meiner Karriere nicht schaden und gehe
zielgerichtet dorthin. Als ich frage, ob noch ein Platz frei ist, nickt der Chef mit
etwas befremdetem Gesichtsausdruck.
3. Existentielle Scham:
•
Subskala Selbsterleben als makelbehaftet:
Item 16: In einem Sportkurs soll ich mich entspannen und meinen ganzen Körper,
jedes einzelne Teil spüren.
Item 28: Im Badeurlaub schmiere ich meinen Körper mit Sonnenmilch ein, um
einen Sonnenbrand zu vermeiden.
•
Subskala Selbsterleben als unwichtig, wertlos:
Item 7: Ich bekomme von einer Freundin/einem Freund eine Karte aus dem
Urlaub, auf der steht, dass sie/er mich wirklich vermisse.
Item 30: Ich frage mich, was wohl jemand, der an meiner Stelle zur Welt
gekommen wäre, in der gleichen Situation aus seinem Leben gemacht hätte.
Item 40: An meinem Geburtstag gratuliert mir eine Freundin vor anderen
Bekannten und sagt dazu, wie wichtig es für sie ist, dass es mich gibt.
Item 50: Beim Friseur lasse ich mir eine Kopfmassage geben, die ich so richtig
58
genieße. Als ich so vor mich hin träume, wird mir klar, dass ich mich gerade ganz
schön verwöhnen lasse.
Item 55: Ich liege im Krankenhaus, da ich eine Blinddarmentzündung hatte und
operiert werden musste. Eine Freundin/ein Freund kommt mich besuchen und
bringt mir die neueste CD meiner Lieblingsband mit.
Item 66: Nach einem anstrengenden Arbeitstag meint mein Partner/meine
Partnerin, ich solle mich doch auf dem Sofa entspannen. In der Zwischenzeit
würde er/sie mir ein leckeres Essen zubereiten, um mich zu verwöhnen.
3.3 Korrelation
Die Korrelation (r) gibt den Zusammenhang zwischen zwei Merkmalen oder Variablen
wider, d.h. ob die Ausprägung eines Merkmales (X) mit der Ausprägung eines anderen
Merkmales (Y) korrespondiert. Sie kann Werte zwischen r = -1 und r = +1 annehmen. Je
näher eine Korrelation an +1 oder -1 heranreicht, desto höher ist der Zusammenhang
zwischen den korrelierten Merkmalen oder Variablen. Je näher sich eine Korrelation an
0.00 annähert, desto geringer ist der Zusammenhang (Bühner, 2006).
Die Korrelationen zwischen den einzelnen Schamskalen, respektiv zwischen den
Schamskalen und der RSE, dem BDI und dem SPAI wurden mittels dem
Korrelationskoeffizienten nach Pearson bestimmt. Es wurden lediglich die 24 Items des
State-Fragebogens berücksichtigt, die in den Endfragebogen übernommen wurden. Die
Ergebnisse sind in Tabelle 9 dargestellt.
59
Tabelle 9: Korrelationen der einzelnen Schamskalen untereinander, sowie mit
der RSE, dem BDI und dem SPAI
Korrelation
Scham Gesamt
Körperliche
Kognitive
Existentielle
Scham
Scham
Scham
0.873**
1
0.505**
0.249**
0.713**
0.505**
1
- 0.205**
0.418**
0.249**
- 0.205**
1
RSE
-0.196**
-0.178*
0.022
-0.335**
BDI
0.239**
0.214**
0.091
0.242**
SPAI
0.442**
0.481**
0.233**
0.204*
nach Pearson
Körperliche
Scham
Kognitive
Scham
Existentielle
Scham
** Die Korrelation ist auf dem Niveau 0.01 (2-seitig) signifikant
* Die Korrelation ist auf dem Niveau von 0.05 (2-seitig) signifikant
Aus diesen Ergebnissen kann man folgendes ableiten: die einzelnen Skalen unseres
Schamfragebogens, sowie der Schamfragebogen insgesamt korrelieren signifikant
positiv mit dem BDI und dem SPAI und signifikant negativ mit der RSE. Einzige
Ausnahme liefert die kognitive Scham, welche nicht signifikant mit dem BDI und der
RSE korreliert.
Schaut man sich die Korrelationen innerhalb der drei Schamskalen an, so stellt man
fest, dass diese untereinander alle signifikant positiv korrelieren. Einzige Ausnahme ist
die existentielle Scham, welche mit der kognitiven Scham signifikant negativ korreliert.
Die Korrelationen des Schamfragebogens insgesamt mit den einzelnen Schamskalen
sind zum gröβten Teil höher als jene des Schamfragebogens insgesamt mit der RSE,
dem BDI und dem SPAI. Die einzige Ausnahme bietet hier die Korrelation des
Schamfragebogens insgesamt mit dem SPAI, welche höher ist als jene mit der
existentiellen Scham.
60
4. Diskussion
Obwohl Schamneigung von Person zu Person sehr unterschiedlich ist und erlebt wird,
so spielt diese Emotion doch bei manchen psychischen Störungen eine wichtige Rolle.
Eine dieser Störungen ist z.B. die Borderline-Persönlichkeitsstörung (Rüsch, 2006), bei
der sie eine zentrale Emotion für die Betroffenen darstellt. Aufgrund dieser großen
Bedeutung von Scham wurde versucht ein Instrument zu entwickeln, das einerseits die
unterschiedlichen Facetten von Scham möglichst valide und reliabel messen kann und
andererseits eine Unterscheidung zwischen gesunder und pathologischer Scham
ermöglicht. Anhand von Literaturrecherche aus wissenschaftlichen Datenbanken und
Patienteninterviews wurden mögliche Schamauslöser identifiziert. Es ließen sich dabei
drei Schamfacetten operationalisieren: körperliche, kognitive und existentielle Scham.
Die beiden ersteren wurden in der Voruntersuchung bei allen Probanden gefunden und
stellen die gesunde Scham dar, welche situativ und zeitlich begrenzt ist und auf Anteile
der Person bezogen ist. Letztere hingegen entspricht einer pathologischen Form der
Scham, welche überdauernd vorhanden ist und den Menschen in seiner Gesamtheit
betrifft. Anhand dieser Grundlage wurde ein Fragebogen entwickelt, bestehend aus 67
Items, welcher eine nicht ausgewiesene Unterteilung in die drei Skalen der Emotion
Scham enthielt.
4.1 Unterschiedliche Facetten von Scham
Die Ergebnisse der Itemanalyse bestätigten, dass diese drei Kategorien trennscharf
erfasst
werden
können.
Anhand
der
korrigierten
Trennschärfen
und
unter
Berücksichtigung der Itemschwierigkeiten innerhalb der Skalen, wurden schlussendlich
die 24 Items unseres State-Fragebogens ausgewählt, welche in den Endfragebogen
übernommen wurden (jeweils 8 Items pro Skala). Dieses „Runterkürzen“ von anfangs
67 auf schließlich 24 Items war einerseits von Nöten, da jetzt nur noch die Items mit der
höchsten Trennschärfe übrigblieben und somit die Aussagekraft des Fragebogens
erhöht werden konnte. Andererseits sollte der Fragebogen auch aus praktischer
Hinsicht in 10 bis 15 Minuten ausführbar sein.
Eine unserer Hypothesen lautete, dass körperliche und kognitive Scham bei den
gesunden Probanden erhöht auftritt, während existentielle Scham kaum enthalten sein
wird. Anhand der Mittelwerte der drei Skalen, konnte diese Tendenz bestätigt werden.
Unter der Annahme, dass BPS-Patienten eine hohe Neigung zu pathologischer Scham
61
aufweisen wird erwartet, dass der Fragebogen bei BPS-Patienten systematisch andere
Ergebnisse erzielen wird als bei gesunden Probanden. Um zu prüfen, ob diese
Ergebnisse spezifisch sind für BPS müssen natürlich auch andere klinischen Gruppen
untersucht werden.
4.2 Korrelationen von Scham zu angrenzenden Konstrukten
Im Sinne der diskriminanten Validität sollte bei der Entwicklung des Fragebogens
zudem sichergestellt werden, dass angrenzende Konstrukte wie Depression, soziale
Phobie
oder
Selbstwert
als
Gegenpol
keine
überhöhte
Korrelation
mit
Schamempfinden zeigen. Daher wurde dem State-Fragebogen noch die RosenbergSelbstwertskala (RSE), das Beck-Depressionsinventar (BDI) und das Soziale Phobie
und Angst Inventar (SPAI) hinzugefügt. Die Korrelationsberechnungen ergaben auch
hier was vorher vermutet wurde: es besteht zwar eine Korrelation zwischen Scham
einerseits und Depression, sozialer Phobie und Selbstwert als Gegenpol andererseits,
jedoch ist diese nicht überhöht. Tangney et al. wiesen bereits 1992 einen
Zusammenhang zwischen Schamneigung und Depressivität nach. Menschen mit
sozialer Phobie empfinden generell eine Angst vor Demütigung, negativer Bewertung
durch ihr Umfeld, Angst sich zu blamieren oder peinlich zu wirken (American Psychiatric
Association, 1994). Sie erwarten abgelehnt zu werden und diese Angst kann neben
sozialem Rückzug und dysfunktionalem Vermeidungsverhalten ebenfalls Scham
auslösen. Zudem können sich Probanden mit psychologischen Problemen auch dieser
selbst schämen. Öffentliche Stigmatisierung und Selbst-Stigmatisierung stehen in
Zusammenhang mit Schamneigung (Rüsch, 2006). Unter Berücksichtigung der
Tatsache, dass Scham mit niedrigem Selbstwert assoziiert ist (Rüsch, 2007), ist die
negative Korrelation zwischen dem Schamfragebogen und der RSE naheliegend. Der
größte negative Zusammenhang besteht zwischen Selbstwert und existentieller Scham.
Menschen mit niederem Selbstwert leben mit der Vorstellung, dass sie Personen von
minderem Wert sind und auch alle ihre Mitmenschen dieser Überzeugung sind. Sie
glauben, dass alles was sie tun, leisten oder sind nie gut genug oder ausreichend ist.
Dieses
Minderwertigkeitsgefühl
kann
der
Ausgangspunkt
einer
erhöhten
Schamanfälligkeit sein; das Schamempfinden entsteht hier als Reaktion auf ihre
Vorstellung eines minderwertigen, makelbehafteten und wertlosen Selbst (Jacobi,
1991). Die Betroffenen schämen sich sozusagen ihrer selbst, was laut unserem
Konzept der existentiellen Scham entspricht.
62
Dass zwischen dem BDI und der kognitiven Scham keine signifikante Korrelation
besteht mag dadurch zustande kommen, dass sich das Wertesystem bei depressiven
Menschen nicht weiter verändert. Gleiches gilt für Menschen mit niedrigem Selbstwert.
Die negative Korrelation zwischen der kognitiven und der existentiellen Scham könnte
man damit erklären, dass Menschen die erstere verstärkt empfinden von vornherein
hohe
Erwartungen
an
ihre
Kompetenzen
stellen,
was
ein
Mindestmaß
an
Selbswertschätzung voraussetzt. Menschen bei denen die existentielle Scham im
Vordergrund steht finden sich hingegen in den Items, die der kognitiven Scham
entsprechen, wahrscheinlich gar nicht erst wieder. Man kann davon ausgehen, dass sie
sich als zu unwichtig und minderwertig ansehen um die beschriebenen Situationen
überhaupt zu erleben. Eine hohe Schamneigung korreliert im Allgemeinen mit
niedrigem Selbstvertrauen (Baldwin, 2006). Ein Item der Skala kognitive Scham lautet
beispielsweise: „Ich werde für etwas gelobt, was ich gar nicht selbst erreicht habe.“
Menschen mit erhöhter existentieller Scham können sich nicht vorstellen von jemandem
für eine besondere Leistung gelobt zu werden.
4.3 Grenzen der Studie
Aufgrund der Korrelationsberechnungen kann man jedoch keine direkten Rückschlüsse
über die genauen kausalen Zusammenhänge zwischen den verschiedenen Skalen und
Fragebögen ziehen. Hierfür ist es notwendig in Zukunft Studien mit größeren
Stichproben und unterschiedlichen psychiatrischen Gruppen durchzuführen. Auch
wurde in dieser Studie nicht gesondert auf geschlechtsspezifische Unterschiede
eingegangen. Man könnte sich zum Beispiel vorstellen, dass bei weiblichen und
männlichen Probanden unterschiedliche Schamfacetten im Vordergrund stehen. Um
dies herauszufinden, muss in zukünftigen Studien die Ergebnisse von Frauen und
Männern getrennt betrachtet und verglichen werden.
4.4 Ausblick
Im Anschluss wurde der Endfragebogen in einer weiteren Studie an eine repräsentative
Stichprobe, bestehend aus 2000 zufällig ausgewählten Probanden aus dem Freiburger
Einwohnermelderegister verschickt. Von den 2000 Fragebogen kamen insgesamt 506
zurück, welche ausgewertet werden konnten. Hier konnten die Faktoren ebenfalls
itemanalytisch bestätigt werden (Scheel et al., in press).
63
Aktuell wird eine Studie durchgeführt, in der der Fragebogen an Patienten mit
unterschiedlichen psychiatrischen Krankheitsbildern (BPS, Depression, Sozialphobie
und ADHS) getestet wird (Scheel et al., under Review). Die Ergebnisse hiervon liegen
allerdings noch nicht vor.
4.5 Fazit
Die Ergebnisse unserer Studie unterstützen die Theorie, dass es verschiedene
Facetten von Scham gibt, die man getrennt erfassen und auswerten kann. Der
Fragebogen ermöglicht es, die Schamneigung einer Person im Vergleich zu anderen zu
bestimmen und es kann analysiert werden, welche Bereiche für den Probanden
besonders schwierig sind. Dies hat Bedeutung für die psychotherapeutische
Behandlung, da man so gezielter auf die spezifischen Problembereiche der Patienten
eingehen kann. Schamneigung steht in engem Zusammenhang mit psychologischer
Fehlanpassung im Allgemeinen (Tangney et al., 1992). Zudem kann sie dazu führen,
dass psychiatrische Hilfe gar nicht erst aufgesucht und die Compliance vermindert wird,
was den Therapieerfolg erheblich gefährden kann. Die Untersuchung unterschiedlicher
psychiatrischer Gruppen ermöglicht es herauszufinden, bei welchen Krankheitsbildern
Scham eine zentrale Rolle spielt und welche Facetten der Scham dabei im Vordergrund
stehen. Patienten mit einer BPS scheinen eine Hochrisikogruppe für die existentielle
Scham zu sein. Bestätigt sich diese Annahme, so können auch Annahmen über die
Dysfunktionalität des Schamempfindens der Probanden getroffen werden, die für
therapeutische Zwecke hilfreich sind.
64
5. Literaturverzeichnis
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6. Anhang
Fragebogen zum Schamerleben
UNIVERSITÄTSKLINIK FÜR
PSYCHIATRIE & PSYCHOSOMATIK
Abt. für Psychiatrie & Psychotherapie
Ärztlicher Direktor: Professor Dr. M. Berger
Borderlineprojekt: Leitung: Dr. G. Jacob
Dipl.-Psych. C. Scheel
Email: [email protected]
Telefon: 0761 / 270-6801
Fragebogen zum Schamerleben
Sehr geehrte Untersuchungsteilnehmer/innen!
Vielen Dank für Ihre Bereitschaft, an dieser Befragung der Abteilung für Psychiatrie und
Psychotherapie des Universitätsklinikums Freiburg teilzunehmen.
Ziel dieses Fragebogens ist zum einen, unterschiedliche Facetten von Scham zu
messen, zum anderen, diese genauer beschreiben zu können.
Die Auswertung ist umso aussagekräftiger, je ehrlicher Ihre Antworten sind.
•
•
•
•
Bitte beantworten Sie alle Fragen und lassen Sie keine unbeantwortet.
Anonymität ist sichergestellt: Es wird keine Namensangabe verlangt.
Es gibt für keine der Fragen eine "richtige" Antwort - jede ist rein nach Ihrem
Empfinden zu beantworten.
Wichtig: Achten Sie genau auf die Formulierung der Fragen und versuchen Sie, diese
so spontan und exakt wie möglich zu beantworten.
Wir sichern Ihnen zu, dass alle erhobenen Daten vertraulich behandelt werden. Die Ergebnisse
dienen ausschließlichen Lehr- und Forschungszwecken.
ID:___________
Alter:______
Geschlecht: m/w
höchster Ausbildungsabschluss:_________________________
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Instruktion: In den folgenden Aussagen werden Situationen beschrieben, die Sie mehr oder
weniger häufig erleben könnten. Bitte stellen Sie sich vor, Sie befänden sich in der
beschriebenen Situation. Würden Sie sich in dieser Situation schämen?
Es ist wahrscheinlich, dass einige der Situationen für Sie völlig normal sind, Sie sich in anderen
dafür sehr schämen würden. Bitte nutzen Sie daher alle Antwortmöglichkeiten (-3 bis +3).
Ich schäme mich :
-3 = trifft nicht zu
-2 = trifft meistens nicht zu
-1 = trifft eher nicht zu
+1 = trifft eher zu
+2 = trifft meistens zu
+3 = trifft immer zu
Bitte kreuzen Sie jeweils die am besten für Sie zutreffende Antwortmöglichkeit an.
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Ich gehe mit Kollegen abends weg und alle amüsieren sich
prächtig. Nur ich nicht.
Nach dem ersten Arbeitstag an meinem neuen Arbeitsplatz
fragen mich meine Kollegen, ob wir noch etwas trinken
gehen, um uns besser kennen zu lernen.
Ich halte einen Aufzug an und gehe hinein. Darin steht ein
Paar, das heftig knutscht und sich gegenseitig an Hintern und
Oberschenkeln streichelt.
Auf dem Heimweg singe ich laut vor mich hin. Erst nach
einiger Zeit bemerke ich, dass nur wenige Meter hinter mir
noch jemand ist.
Bei einem Vorstellungsgespräch werde ich gebeten, meine
Stärken und Schwächen ehrlich darzustellen.
Ich werde von jemandem beim Essen beobachtet.
Ich bekomme von einer Freundin/einem Freund eine Karte
aus dem Urlaub, auf der steht, dass sie/er mich wirklich
vermisse.
Ohne darüber nachzudenken betrachte ich den Oberkörper
einer Kollegin/eines Kollegen die/den ich sehr attraktiv finde.
An ihrem/seinem amüsierten Grinsen bemerke ich plötzlich,
dass sie/er es gemerkt hat.
Ich stehe nackt vor dem Spiegel und sehe mich an.
Ich werde für etwas gelobt, was ich gar nicht selbst erreicht
habe.
Ich will einen Verkäufer im Elektronikladen fragen, wo die
Handys sind. Ich habe das Gefühl, dass ich dazu kein Recht
habe und das unverschämt ist.
Eine Bekannte/ein Bekannter sagt mir, wie toll ich heute
wieder aussehe.
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Ich habe mit einer Kollegin/einem Kollegen, die/den ich für
einen wirklich guten Menschen halte, zusammengearbeitet.
Jetzt werde ich häufig mit ihr/ihm zusammen genannt, als ob
ich menschlich genauso sei wie sie/er.
Eine Freundin/ein Freund sagt mir, dass ich eine erotische
Ausstrahlung habe.
Ich berichte jemandem, den ich bewundere, über etwas, das
ich mit einer Kollegin zusammen erarbeitet habe. Dabei
stelle ich es so dar, als ob ich es alleine gemacht hätte.
In einem Sportkurs soll ich mich entspannen und meinen
ganzen Körper, jedes einzelne Teil spüren.
Ich spreche jemanden, den ich eigentlich kennen sollte, mit
dem falschen Namen an.
Ich denke schlecht über jemand anderen, den ich eigentlich
mag.
Ich probiere ein Kleidungsstück an, das ich kaum
zubekomme. Da schaut mein/e Freund/in in die Kabine.
Der Chef fordert mich vor einigen erfahreneren Kollegen auf,
über den Stand eines Projektes zu berichten. Mir fallen in
dem Moment einige wichtige Punkte nicht ein, die ich
eigentlich im Kopf haben müsste.
Ich sehe in der Stadt eine Gruppe von drei Leuten, die ich
kenne, und gehe auf sie zu. Als ich mich dazugesellen will,
beenden sie das Gespräch.
Ich bin zum ersten Mal bei einem/r Freund/in eingeladen. An
der Wand hängen einige sehr deutlich erotische Bilder.
Bei einem Vorstellungsgespräch fällt eindeutig auf, dass mein
Gegenüber mehr an meinen Ausschnitt/meinem Oberkörper
interessiert ist als an dem, was ich sage.
Ich erzähle etwas mir Anvertrautes unüberlegt weiter.
In einem fachlichen Gespräch kenne ich einen Begriff nicht
und lasse ihn mir erklären; bei der Erklärung fällt mir ein,
dass ich den Begriff in der Berufsschule gelernt habe und ich
ihn eigentlich wirklich wissen müsste.
Ich flirte auf einer Party mit jemandem, der mir schon lange
gefällt. Als ich zwischendurch auf Toilette gehe, sehe ich mit
Schrecken, dass mein Hosenladen offen ist.
Ich werde auf der Straße von jemandem angesprochen, ob
ich auch gegen Kinderarbeit bin. Ich ahne, dass die Person für
irgendwas Spenden sammelt, und gehe ohne zu antworten
weiter.
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Im Badeurlaub schmiere ich meinen Körper mit Sonnenmilch
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ein, um einen Sonnenbrand zu vermeiden.
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Zum Abends Ausgehen habe ich mich sexy angezogen. Da
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bemerke ich, dass ich die Blicke der anderen auf mich ziehe.
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Ich frage mich, was wohl jemand, der an meiner Stelle zur
Welt gekommen wäre, in der gleichen Situation aus seinem -3
Leben gemacht hätte.
Beim romantischen Abendessen sagt meine Partnerin/mein
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Partner, dass ich für sie/ihn der/die Schönste sei.
Ich streite im Büro am Telefon mit meinem Partner. Als ich
auflege, klopft es sofort an der Tür, so dass mir klar wird, -3
dass jemand anders das Gespräch mitbekommen hat.
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Frauen: Auf meiner Hose ist Menstruationsblut erkennbar.
Männer: Ich sehe auf der Hose einer Kollegin, die ich sehr
schätze Menstruationsblut. Sie hat meinen Blick bemerkt.
Mein Chef sagt in einer Besprechung etwas, das ich für einen
Witz halte, so dass ich laut lache. Da merke ich, dass es kein
Witz war, weil mich alle komisch anschauen.
Ich bekomme mit, wie jemand meine Partnerin/meinen
Partner fragt, was ich jetzt mache. Ihr/Ihm ist die Frage
offensichtlich unangenehm, weil sie/er von mir enttäuscht
ist.
Ich habe mir den Fuß verknackst. Eine Kollegin/ein Kollege
stützt mich, holt etwas zur Kühlung und einen Kaffee für
mich.
Ich stehe mit einer Gruppe zusammen und bin die/der
Einzige, die/der nicht in ein Gespräch eingebunden ist.
Von meiner Bluse/meinem Hemd ist ein Knopf abgegangen,
so dass man manchmal Haut sieht und außerdem den
fehlenden Knopf bemerkt.
Bei einem Treffen unter Kollegen in der Kneipe fühle ich mich
plötzlich nicht ganz wohl und gehe daher früher nach Hause.
Als ich am nächsten Tag meinen Kollegen erzähle, dass es mir
schon wieder besser geht, hatten diese nicht einmal
bemerkt, dass ich früher ging.
An meinem Geburtstag gratuliert mir eine Freundin vor
anderen Bekannten und sagt dazu, wie wichtig es für sie ist,
dass es mich gibt.
Eine Bekannte lobt meinen Berufsabschluss in aus meiner
Sicht übertriebener Weise.
Ich gehe an einer Bettlerin ohne Beine vorbei und schaue
weg.
Ich gehe mit einem befreundeten Paar ins Kino. Sie fangen
plötzlich an zu schmusen und sich erotische Sachen
zuzuflüstern, die ich aber eindeutig verstehen kann.
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Ich komme zur Firmenweihnachtsfeier und sehe, dass am
Cheftisch noch Platz ist. Ich denke, das kann meiner Karriere
nicht schaden und gehe zielgerichtet dorthin. Als ich frage,
ob noch ein Platz frei ist, nickt der Chef mit etwas
befremdetem Gesichtsausdruck.
Mein Chef lobt mich vor versammelter Belegschaft und
fordert meine Kollegen auf, sich meine hervorragende Arbeit
anzuschauen.
Ich knutsche auf einer Party mit jemandem herum, obwohl
ich in einer Partnerschaft lebe, die ich sehr gut finde; ein
paar Tage später zeigt mir jemand ein Foto davon.
Als ich aus der Toilette komme, wo ich einen merkbaren
Geruch hinterlassen habe, begegne ich einem Kollegen.
Ich bekomme mit, wie ein Bekannter meine Eltern nach ihren
Kindern fragt. Als sie dann auf mich zu sprechen kommen,
merke ich, wie enttäuscht sie auf einmal wirken.
Ich werde von jemandem beim Weinen beobachtet.
Beim Friseur lasse ich mir eine Kopfmassage geben, die ich so
richtig genieße. Als ich so vor mich hinträume, wird mir klar,
dass ich mich gerade ganz schön verwöhnen lasse.
Eine Freundin/ein Freund sagt mir, dass er/sie mich schön
findet.
Während ich mir im Supermarkt eine Tafel Schokolade
nehme, bemerke ich, wie mich jemand beobachtet.
Ich bin zu einer Feier eingeladen. Als ich dort ankomme fällt
mir auf, dass außer mir alle Abendgarderobe tragen.
Ich werde zu einer Geburtstagsfeier von einem Kollegen
eingeladen. Als ich dort auftauche, scheinen alle über mein
Kommen überrascht zu sein.
Ich liege im Krankenhaus, da ich eine Blinddarmentzündung
hatte und operiert werden musste. Eine Freundin/ein Freund
kommt mich besuchen und bringt mir die neueste CD meiner
Lieblingsband mit.
Ich lasse hörbar/riechbar Blähungen ab.
Ich vertrete sehr vehement einen Standpunkt auf einem
Gebiet, auf dem ich mich sicher fühle. Plötzlich bemerke ich,
dass ich völlig daneben liege und die anderen Leute etwas
betreten drein schauen.
Ich muss auf der Arbeit etwas vor einer Gruppe präsentieren.
Dabei ist mir schmerzhaft bewusst, dass ich einen riesigen
entzündeten Pickel an der Nase habe.
Im Gespräch erzählt mir eine Freundin/ein Freund, dass
sie/er mit ihrem/seinem Körper ganz zufrieden ist. Daraufhin
fragt sie/er, wie das denn bei mir sei.
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Ich werde nach meinem Lebenslauf gefragt.
In einem Gespräch mit einer Freundin/einem Freund geht es
darum, was für ein Bild man von sich selbst hat. Ich druckse
ein bisschen rum. Schließlich fragt sie/er mich, was ich
eigentlich wirklich von mir halte.
Ich möchte mir etwas zum Anziehen kaufen und betrachte
mich dabei im Spiegel. Dabei sehe ich noch einige andere
Menschen und vergleiche mich mit ihnen.
Als ich nach der Mittagspause wieder ins Büro komme,
bemerke ich eine etwas beklemmende Atmosphäre im
Zimmer. Nach Feierabend berichtet mir dann eine Kollegin,
dass die anderen in meiner Abwesenheit schlecht über mich
geredet haben.
Ich spreche mit einer Freundin/einem Freund darüber, ob ich
mich attraktiv finde.
Ich komme zur Firmenweihnachtsfeier und die Tische mit
den Leuten, zu denen ich passe, sind alle bereits besetzt. Nur
bei der Chefetage sind ein paar Plätze frei. Als einer aus der
Runde sieht, dass ich mich suchend umschaue, winkt er mich
heran.
Nach einem anstrengenden Arbeitstag meint mein
Partner/meine Partnerin, ich solle mich doch auf dem Sofa
entspannen. In der Zwischenzeit würde er/sie mir ein
leckeres Essen zubereiten, um mich zu verwöhnen.
Ich kaufe mir Unterwäsche. Als ich mich gerade entschieden
habe, entdecke ich zwei meiner Bekannten, die mich beim
Auswählen beobachtet haben.
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Herzlichen Dank für Ihre Mitarbeit!
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