Kurzinformation November 2014 Pauschalbesteuerung – InvStG Pauschalbesteuerung gemäß § 6 Investmentsteuergesetz verstößt gegen EU-Recht – Reaktion der Finanzverwaltung auf das EuGH-Urteil vom 9. Oktober 2014 I. Ausgangslage Erträge aus in- und ausländischen Investmentfonds im Sinne des Investmentsteuergesetzes (InvStG) werden bei deutschen Anlegern nach dem (eingeschränkten) Transparenzprinzip besteuert. Voraussetzung hierfür ist unter anderem, dass der Investmentfonds die Besteuerungsgrundlagen nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 und 2 InvStG, versehen mit einer Berufsträgerbeschenigung, innerhalb der gesetzlichen Fristen im elektronischen Bundesanzeiger veröffentlicht. Kommt ein Investmentfonds den Bekanntmachungs- und Veröffentlichungspflichten nicht nach (sog. intransparenter Fonds), werden deutsche Anleger gemäß § 6 InvStG pauschal besteuert. Danach muss ein Anleger, neben Ausschüttungen, insbesondere einen Mehrbetrag von 70 Prozent der Wertsteigerung (d.h. der positiven Differenz zwischen dem letzten und dem ersten Rücknahmepreis im Kalenderjahr des Investmentanteils) versteuern, mindestens jedoch einen Betrag von 6 Prozent des letzten Rücknahmepreises des Kalenderjahres. --------------------------------Dieser Newsletter dient der allgemeinen Information und ersetzt nicht die Beratung im Einzelfall. Wenn Sie Fragen haben oder weitere Beratung wünschen, wenden Sie sich bitte an Ihren üblichen Ansprechpartner bei der PVW GmbH oder an: Gegen diese Regelung bestanden seit Jahren, ähnlich wie gegen die Vorgängervorschrift des § 18 Abs.3 AuslInvestmG zu sog. schwarzen Fonds (vgl. dazu z. B. den Vorlagebeschluss des BFH vom 6. August 2013 an den EuGH zu Drittstaatenfonds), erhebliche verfassungsrechtliche und EUrechtliche Bedenken. Marcus Sperlich +49 69 7199 1631 [email protected] Frank Schmidt +49 69 7199 1716 [email protected] II. EuGH-Urteil vom 9. Oktober 2014 Die erste Kammer des EuGH hat am 9. Oktober 2014 im Rahmen eines Vorabentscheidungsersuchens des Finanzgerichtes Düsseldorf in der Rechtssache van Caster (C-326/12) entschieden, dass die pauschale Besteuerung eines deutschen Anlegers in intransparente Investmentfonds gemäß § 6 gegen EU-Recht verstößt, da es sich um eine (verschleierte) Beschränkung der Kapitalverkehrsfreiheit handelt. Florian Sternheimer +49 69 7199 1662 [email protected] PVW GMBH Mainzer Landstraße 46 60325 Frankfurt am Main www.pvw.de © PVW GMBH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, Steuerberatungsgesellschaft – Sitz: Frankfurt am Main – HRB 12436 -1- Kurzinformation November 2014 Pauschalbesteuerung – InvStG a) Mindestangaben Diese Pauschalbesteuerung, so der EuGH, gilt zwar für deutsche und ausländische intransparente Investmentfonds gleichermaßen, allerdings werden die steuerlichen Berichtspflichten in erster Linie von deutschen Investmentfonds erfüllt, während es sich bei intransparenten Investmentfonds oftmals um ausländische Investmentfonds handelt. Betrag der Ausschüttung (sowie darin enthaltene ausschüttungsgleiche Erträge der Vorjahre und Substanzbeträge), ausgeschüttete und ausschüttungsgleiche Erträge, KapitalertragsteuerBemessungsgrundlagen, Der EuGH ist daher der Auffassung, dass eine unzulässige Beschränkung der Kapitalverkehrsfreiheit vorliegt: Betrag der Absetzungen für Abnutzung (AfA) oder Substanzverringerung, Deutsche Anleger in (ausländische) intransparente Investmentfonds haben nicht die Möglichkeit, die pauschale Besteuerung nach § 6 InvStG zu vermeiden, da sie im Rahmen ihrer Veranlagung keine Unterlagen oder Informationen einreichen können, mit denen sich die tatsächliche Höhe der Einkünfte aus intransparenten Investmentfonds nachweisen lässt. gezahlte Quellensteuer (vermindert um erstattete Quellensteuer). Diese Mindestangaben (ggfs. als Nullausweis) sind mit einer Bescheinigung eines Wirtschaftsprüfers oder Steuerberaters zu versehen, mit welcher bestätigt wird, dass diese Besteuerungsgrundlagen nach den Regeln des deutschen Steuerrechts ermittelt wurden. III. BMF-Entwurfsschreiben vom 31. Oktober 2014 Auf Anforderung des Finanzamtes ist die Richtigkeit der Besteuerungsgrundlagen nachzuweisen. Dazu kann das Finanzamt insbesondere den Verkaufsprospekt, den Jahresbericht, eine Summen- und Saldenliste aus der Fondsbuchhaltung, eine steuerliche Überleitungsrechnung sowie die steuerlichen Gewinn- und Verlustvorträge anfordern. Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) hat mit einem Entwurfsschreiben vom 31. Oktober 2014 auf dieses EuGH-Urteil reagiert: Der EuGH, so das BMF, habe nicht verlangt, dass die Finanzverwaltung eine Schätzung der Besteuerungsgrundlagen akzeptieren müsse, sondern es muss nur der Nachweis der tatsächlichen Einkünfte ermöglicht werden. Daher soll nur dann von der Pauschalbesteuerung abgesehen werden, wenn der Anleger anstelle der Investmentgesellschaft die Besteuerungsgrundlagen gemäß § 5 InvStG zusammen mit den zum Nachweis erforderlichen Unterlagen seinem Finanzamt vorlegt. Sofern Beweismittel in einer fremden Sprache vorgelegt werden, kann eine Übersetzung in die deutsche Sprache verlangt werden. b) Optionale Angaben Steuerbegünstigte Ertragsteile steuerfreie Veräußerungsgewinne), (z.B. ausländische Einkünfte und anrechenbare ausländische Steuern. Das BMF orientiert sich dabei an den Angaben für semi- bzw. volltransparente Investmentfonds gemäß § 5 InvStG und unterscheidet dementsprechend zwischen Mindestangaben und optionalen Angaben, die dem Finanzamt vorzulegen sind: Das Finanzamt kann in diesen Fällen zusätzlich insbesondere eine Übersicht über erhaltene Dividendenzahlungen und über einbehaltene Quellensteuern (getrennt nach Ländern), die Ermittlung der Bemessungsgrundlage für die Anrechnung von Quellensteuern sowie den Nachweis des Aufteilungs- © PVW GMBH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, Steuerberatungsgesellschaft – Sitz: Frankfurt am Main – HRB 12436 -2- 2 Kurzinformation November 2014 Pauschalbesteuerung – InvStG maßstabs im Rahmen der Zuordnung von Werbungskosten (Aktienquote) anfordern. schon bei deutschen und ausländischen Spezialfonds durch die Finanzverwaltung praktiziert. Dies bei Publikumsfonds zu verweigern, erscheint seit dem EuGH-Urteil van Caster nicht mehr zwingend. Vor einer Steuerfestsetzung hat das Finanzamt die nach seinen Feststellungen zutreffenden Besteuerungsgrundlagen dem Bundeszentralamt für Steuern mitzuteilen und zu ermitteln, ob für den gleichen Investmentfonds oder Teilfonds bei anderen Anlegern abweichende Besteuerungsgrundlagen angewendet wurden, um ggfs. Abweichungen aufzuklären. Falls der Entwurf in dieser Fassung endgültig werden sollte, wird der Fondsanleger bzw. sein steuerlicher Berater in der Praxis erhebliche Schwierigkeiten haben, die benötigten Unterlagen und Informationen zu erhalten, insbesondere in einer Qualität, die es dem Steuerberater des Fondsanlegers erlaubt, die verlangte Zertifizierung abzugeben. Die Finanzverwaltung hat den Verbänden Gelegenheit gegeben, zu diesem Entwurf bis zum 21. November 2014 Stellung zu nehmen. Für betroffene Fondsmanager wird sich in der Praxis die Frage stellen, ob sie proaktiv die steuerlichen Berichtsobliegenheiten für intransparente Fonds nachträglich erfüllen und die Informationen ihren Anlegern zur Verfügung stellen sollen. Dies kann sich aus verschiedenen Gründen empfehlen, etwa aus Reputationsgründen, um Nachfragen verschiedener Investoren zuvorzukommen oder um den Fall von Rückgriffsansprüchen nach Möglichkeit auszuschließen. IV. Ausblick Das BMF-Entwurfsschreiben räumt deutschen Anlegern bis zur gesetzlichen Umsetzung des EuGH-Urteils, die möglicherweise im Rahmen der geplanten Neukonzeption der Investmentbesteuerung erfolgen wird, grundsätzlich erstmals die Möglichkeit ein, die Pauschalbesteuerung gemäß § 6 InvStG bei Erfüllung der vorstehend genannten Voraussetzungen zu vermeiden. Jedoch lässt das BMF in dem Entwurfsschreiben keine Kompromissbereitsschaft erkennen, was die zu liefernden Daten, Dokumente und Nachweise oder die Steuerberater-Zertifizierung anbetrifft. Auch wenn der EuGH insofern keine konkreten Vorgaben macht, ist zweifelhaft, ob dieser Ansatz mit dem EuGH-Urteil vereinbar ist. Um erneute Auseinandersetzungen hierzu zu vermeiden, sollte das BMF auch eine Schätzung der Besteuerungsgrundlagen gemäß § 162 AO zulassen, wenn diese zu einem wirtschaftlich vernünftigen Ergebnis führt. Ein solches Verfahren wird nach dem BMF-Schreiben vom 18. August 2009 bisher Weiterhin enthält das Entwurfsschreiben bisher keine Aussagen dazu, ob entsprechend zu verfahren ist, wenn Dachfonds Anteile an intransparenten Zielfonds im Portfolio haben. Unseres Erachtens sind hier die Grundsätze des EuGH-Urteils und des BMF entsprechend anzuwenden, so dass die Nachweise gegenüber dem Dachfonds und dessen Steuerberater zu erbringen sind. . Dieser Newsletter dient der allgemeinen Information und ersetzt nicht die Beratung im Einzelfall. © PVW GMBH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, Steuerberatungsgesellschaft – Sitz: Frankfurt am Main – HRB 12436 -3- 3