Ökonomen belegen: Bei befürchteter Strafe

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Leopold-Franzens-Universität
Medieninformation der Universität Innsbruck
29. April 2014
Ökonomen belegen: Bei
befürchteter Strafe steigt die
Kooperationsbereitschaft
Menschen neigen dazu, einander zu helfen – zumindest wesentlich
öfter und stärker als Tiere. Warum das so ist, haben Innsbrucker
Ökonomen untersucht. In einem Aufsatz für die „Proceedings of
the National Academy of Sciences of the United States of America“
(PNAS) zeigen sie nun: Die Bereitschaft zur Kooperation ist dann
besonders hoch, wenn Menschen bei Nicht-Kooperation Strafen
befürchten.
Für die Kooperationsbereitschaft von Menschen sind soziale Normen
verantwortlich, das ist in der Literatur unbestritten. Diese Normen sorgen auch
dafür, dass Menschen, anders als die meisten Tiere, auch Personen helfen, die
genetisch nicht mit ihnen verwandt sind und die sie mitunter nicht einmal
kennen. Dr. Daniela Glätzle-Rützler, Mag. Philipp Lergetporer und Mag.
Silvia Angerer vom Institut für Finanzwissenschaft der Universität Innsbruck
haben sich unter der Leitung von Univ.-Prof. Dr. Matthias Sutter nun die
Kooperationsbereitschaft von Kindern in Experimenten angesehen.
Teilgenommen haben rund 1.100 Kinder zwischen 7 und 11 Jahren aus Meran in
Südtirol. Das Ergebnis: Allein schon die Befürchtung von Strafe reicht, um
die Kooperationsbereitschaft zu steigern.
Kooperations-Spiele
„In vielen wissenschaftlichen Arbeiten zu Kooperationsverhalten wird
dasselbe Spiel über mehrere Runden wiederholt, um zu sehen, wie sich
Kooperationsverhalten entwickelt“, erklärt Daniela Glätzle-Rützler. Das
Setting entspricht dabei weitgehend dem aus der Spieltheorie bekannten
Gefangenendilemma: Zwei Testpersonen erhalten eine bestimmte Menge an
Geld. Beiden wird gesagt, dass ihr Partner die doppelte Menge erhält, wenn
sie selbst auf ihr Geld verzichten, und beide wissen nicht, wie der Partner
handeln wird. Eine wichtige Erkenntnis aus der Literatur ist, dass die
Kooperationsraten in den ersten Runden des Spieles sehr hoch sind, mit der Zeit
allerdings drastisch sinken – je öfter die gleichen Personen das Spiel spielen,
desto seltener arbeiten sie zusammen.
PrInS © i-fabrik GmbH
„Wir haben das Experiment mit fiktiven Münzen durchgeführt, die von
den teilnehmenden Kindern in kleine Geschenke wie Äpfel, Bleistifte oder
Süßigkeiten eingetauscht werden konnten. Jedes Kind spielte das Spiel mit
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Rückfragehinweis:
Dr. Daniela Glätzle-Rützler
Institut für Finanzwissenschaft
Universität Innsbruck
Telefon: +43 512 507-7467
Mobil: +43 699 12 255 735
E-Mail: [email protected]
Mag. Stefan Hohenwarter
Büro für Öffentlichkeitsarbeit
Universität Innsbruck
Telefon: +43 512 507-32023
Mobil: +43 676 8725 32023
E-Mail:
[email protected]
einem unbekannten Partner. Die Teilnehmer haben am Anfang zwei Münzen
erhalten und mussten sich zwischen zwei Möglichkeiten entscheiden: Wenn
sie die Münzen an den Partner schicken, also kooperieren, kommt die
doppelte Anzahl bei diesem am. Wenn das Kind die Münzen behält, werden
sie nicht verdoppelt. Das sozial wünschenswerteste Ergebnis tritt dann ein,
wenn beide kooperieren: in diesem Fall erhält jeder Teilnehmer vier
Münzen. Wenn nur einer seine Münzen schickt, bekommt sein Partner sechs
Münzen, er selbst geht allerdings leer aus“, sagt Silvia Angerer. Die
Wirtschaftswissenschaftler führten dieses Spiel mit einer Gruppe von Kindern
durch und ergänzten das Setting in einer zweiten Gruppe um einen weiteren
Spieler: Eine dritte Person fungierte als Beobachter und konnte NichtKooperation „bestrafen“, in dem er die Münzen des unkooperativen
Spielers vollkommen entwertet. Dieser Beobachter verlor allerdings auch einen
Teil seiner eigenen Münzen, wenn er die Strafe aussprach. „Die beiden
eigentlichen Testpersonen wussten das auch: Sie wussten, dass der Beobachter
für die Bestrafung etwas bezahlen muss, und auch, dass eine Bestrafung den
Verlust ihrer Münzen zur Folge hat“, erläutert Philipp Lergetporer. Das
Ergebnis dieser Gruppe weicht deutlich von jenem der ersten Gruppe ab: Die
Kooperationsraten verdoppeln sich.
Erwartung der Strafe
„Durch Befragungen wissen wir, dass mehr als die Hälfte der Kinder der
Überzeugung war, sie werden bei Nicht-Kooperation bestraft – obwohl sie
wussten, dass der Beobachter auch selbst auf einen Teil des Gewinns verzichtet,
wenn er straft“, sagt Daniela Glätzle-Rützler. Tatsächlich bei einem
Verstoß gestraft haben nur rund zehn Prozent der Kinder, in Wahrheit wäre
also wohl auch bei Nicht-Kooperation mit großer Wahrscheinlichkeit nichts
passiert. „Allein die Befürchtung von Strafe reicht aus, um die
Kooperationsbereitschaft konstant hoch zu halten“, sagt Silvia Angerer.
Auch in Alltagssituationen lässt sich dieses Verhalten beobachten: „Studien
haben gezeigt, dass etwa in U-Bahn-Stationen in den seltensten Fällen jemand
angesprochen wird, wenn er Müll dort auf den Boden wirft – dennoch
macht das fast niemand. Auch hier reicht die Befürchtung von Strafe“,
sagt Daniela Glätzle-Rützler.
Für die erhöhte Kooperationsbereitschaft machen die Ökonomen zwei
Gründe aus: Einerseits hat die Strafdrohung einen direkten Effekt, da die
Testpersonen kooperieren, weil sie Angst vor Strafe haben. Es gibt aber auch
einen indirekten Effekt: Testpersonen kooperieren auch mehr, weil sie glauben,
dass die Kooperationsbereitschaft ihres Partners durch die Strafandrohung
steigt – dadurch sind sie auch selbst eher dazu bereit, zu kooperieren.
„Diese beiden Kanäle waren ungefähr gleich stark“, erklärt GlätzleRützler. Zwischen den Altersgruppen gab es übrigens keinen Unterschied:
Kinder mit 7 reagierten nicht anders als die älteren Test-Teilnehmer.
Audio:
? Daniela Glätzle-Rützler im Gespräch (Soundcloud-Link)
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Der Artikel zum Download:
Philipp Lergetporer, Silvia Angerer, Daniela Glätzle-Ru?tzler, and Matthias
Sutter: Third-party punishment increases cooperation in children through
(misaligned) expectations and conditional cooperation, PNAS Early Edition,
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http://www.pnas.org/cgi/doi/10.1073/pnas.1320451111
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Eine Medieninformation des Büros für Öffentlichkeitsarbeit der
Universität Innsbruck (Anschrift: Christoph-Probst-Platz, Innrain 52, A-6020
Innsbruck, Tel.: +43 512 507 32000, E-Mail: [email protected])
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