vereinte nationen

Werbung
VEREINTE
NATIONEN
Zeitschrift für die Vereinten Nationen und ihre Sonderorganisationen
German Review on the United Nations
Herausgegeben von der
UN und Klimawandel
Deutschen Gesellschaft für die
Vereinten Nationen (DGVN)
Aus dem Inhalt
»Admit that the Waters Around You Have Grown«.
Die Bedeutung des Klimawandels für die Vereinten Nationen
Steffen Bauer
Für ein Protokoll zum Schutz von Klimaflüchtlingen.
Global Governance zur Anpassung an eine wärmere Welt
Frank Biermann · Ingrid Boas
Streit um die Arktis.
Bestehendes Vertragswerk reicht aus
Doris König · Thilo Neumann
Aus dem Bereich der Vereinten Nationen
Klimarahmenkonvention | 13. Vertragsstaatenkonferenz 2007
Kyoto-Protokoll | 3. Vertragsstaatenkonferenz 2007
Jürgen Maier
Konvention gegen Wüstenbildung
8. Vertragsstaatenkonferenz 2007
Benno Pilardeaux
Nomos
1 08
56. Jahrgang | Seite 1 – 48
ISSN 0042-384X | M 1308 F
Editorial
›Klima Mainstreaming‹
Das Thema Klimawandel rückte im Jahr 2007 ganz nach oben auf die UN-Agenda: durch den
Bericht des ›Intergovernmental Panel on Climate Change‹, die Verleihung des Friedensnobelpreises an das Panel und den Aktivisten Al Gore sowie durch die Klimakonferenz von Bali. Von
diesem prominenten Platz könnte es jedoch aller Erfahrung nach bald wieder verschwinden.
Dies wäre nur dann akzeptabel, wenn stattdessen innerhalb der Weltorganisation ein thematisches ›Mainstreaming‹ stattfinden würde: Der Klimaaspekt muss in allen Bereichen und Organisationen der Vereinten Nationen angemessen berücksichtigt werden. Nur so kann es der internationalen Gemeinschaft gelingen, dieser gewaltigen, die Menschheit gefährdenden Herausforderung zu begegnen. Welche Teile des UN-Systems bereits eine Art ›Klima Mainstreaming‹ betreiben und wo nachzubessern ist, beschreibt Steffen Bauer in seinem Überblicksbeitrag.
Ein Teil, der dringend dieser klimapolitischen Nachbesserung bedarf, ist der Flüchtlingsschutz.
Schätzungen zufolge könnten Klimakatastrophen, wie Dürren, Stürme oder Überschwemmungen, mittelfristig bis zu 200 Millionen Menschen zwingen, ihre Heimat für lange Zeit oder für
immer zu verlassen. Die bestehenden UN-Organisationen sind für den zu erwartenden Flüchtlingsstrom nicht gewappnet. Frank Biermann und Ingrid Boas schlagen ein Protokoll zum Schutz
und zur Umsiedlung von Klimaflüchtlingen vor, mithilfe dessen diese Aufgabe bewältigt werden
könnte.
Ein weiteres Problem tritt durch den Klimawandel zu Tage: Die Bodenschätze in der Arktis
werden bald leichter auszubeuten sein, was die Arktisanrainerstaaten veranlasst hat, bereits jetzt
Gebietsansprüche geltend zu machen. Wie die völkerrechtliche Lage in der Arktis aussieht und
wie das Gebiet vor Ausbeutung und Umweltzerstörung geschützt werden könnte, schildern
Doris König und Thilo Neumann.
Enormer klimapolitischer Anpassungsbedarf besteht für die Kommission für nachhaltige Entwicklung. Das im Jahr 1992 eigens für die Umsetzung der Beschlüsse des Erdgipfels von Rio geschaffene Gremium spielt zurzeit in der Klimapolitik keine Rolle, so Daniel Mittler.
Weitere Beiträge zum Thema Klimawandel in diesem Heft: Jürgen Maier berichtet über die
Klimakonferenz von Bali und Benno Pilardeaux über die 8. Vertragsstaatenkonferenz der Konvention gegen Wüstenbildung. In einer Sammelrezension nimmt sich Udo E. Simonis dreier bemerkenswerter UN-Berichte zum Klimawandel an, die im Jahr 2007 erschienen sind.
Wenn das Thema Klimawandel, statt auf Platz 1 der UN-Agenda zu stehen, integraler Bestandteil der Arbeitsprogramme aller UN-Organisationen geworden ist, dann ist viel erreicht. ›Klima
Mainstreaming‹ – die Vereinten Nationen sind auf einem guten Weg.
Ich wünsche eine anregende Lektüre.
Anja Papenfuß, Chefredakteurin
[email protected]
VEREINTE NATIONEN 1/2008
1
Inhalt
VEREINTE NATIONEN
56. Jahrgang | 2008 | Heft 1
UN und Klimawandel
Inhalt
Steffen Bauer
»Admit that the Waters Around You Have Grown«.
Die Bedeutung des Klimawandels für die Vereinten Nationen
3
Frank Biermann · Ingrid Boas
Für ein Protokoll zum Schutz von Klimaflüchtlingen.
Global Governance zur Anpassung an eine wärmere Welt
10
Daniel Mittler
Schwach, schwächer, CSD?
Die Kommission für nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen 15 Jahre nach Rio
16
Doris König · Thilo Neumann
Streit um die Arktis.
Bestehendes Vertragswerk reicht aus
20
Alistair D. Edgar
Der ›Academic Council on the United Nations System‹ .
Ein internationales Netzwerk von UN-Forschern
25
Aus dem Bereich der Vereinten Nationen
Umwelt
2
Jürgen Maier
Klimarahmenkonvention | 13. Vertragsstaatenkonferenz 2007
Kyoto-Protokoll | 3. Vertragsstaatenkonferenz 2007
27
Benno Pilardeaux
Konvention gegen Wüstenbildung | 8. Vertragsstaatenkonferenz 2007
29
Erratum
30
Personalien
31
Buchbesprechungen
32
Dokumente der Vereinten Nationen
39
Das UN-System auf einen Blick | Abkürzungen
42
Die Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen | Übersichten
43
English Abstracts
47
Impressum
48
VEREINTE NATIONEN 1/2008
Bauer | »Admit that the Waters Around You Have Grown«
»Admit that the Waters Around You Have Grown«*
Die Bedeutung des Klimawandels für die Vereinten Nationen
Steffen Bauer
Die Vereinten Nationen sind gleichermaßen Antreiber und Handlungsrahmen der internationalen Klimapolitik. Schon in den siebziger Jahren wiesen sie auf
die Gefahren eines vom Menschen verursachten Klimawandels hin und schufen die maßgeblichen institutionellen Grundlagen für den heute erreichten
internationalen Konsens über den Klimawandel. Erst
die Umsetzung des im Dezember 2007 auf der Weltklimakonferenz von Bali beschlossenen Verhandlungsmandats wird aber zeigen, ob die Vereinten
Nationen der Herausforderung des globalen Klimawandels tatsächlich gewachsen sind. Dieser Beitrag
untersucht die vielfältigen Aufgaben und Rollen, die
den Vereinten Nationen gleichermaßen als Arena und
Akteur der internationalen Klimapolitik zufallen. Er
unterstreicht, dass der Klimawandel kein randständiges Umweltthema ist, sondern nahezu alle Handlungsfelder der Vereinten Nationen nachhaltig betrifft.
Die 13. Vertragsstaatenkonferenz des Rahmenübereinkommens der Vereinten Nationen über Klimaänderungen und zugleich 3. Vertragsstaatenkonferenz
des Kyoto-Protokolls (fortan: Weltklimakonferenz)
bildeten den mit Spannung erwarteten diplomatischen
Schlusspunkt eines für die internationale Klimapolitik außergewöhnlichen Jahres. Mit ungekannter Aufmerksamkeit hatten sich Staatengemeinschaft und
Weltöffentlichkeit in den vorangegangenen zwölf Monaten mit den Ursachen und Folgen eines vom Menschen verursachten Klimawandels befasst. Die Dringlichkeit zu handeln war in den zwischen Februar
und Mai veröffentlichten Teilberichten des ›Intergovernmental Panel on Climate Change‹ ( IPCC) unmissverständlich deutlich geworden.1 Die erstmalige
ausführliche Befassung des UN-Sicherheitsrats mit
dem Thema Klimawandel im April, die klimapolitische Schwerpunktsetzung des G-8-Gipfels von
Heiligendamm im Juni, das Hochrangige Treffen
zum Klimawandel der UN-Generalversammlung im
September sowie die Entscheidung des NobelpreisKomitees, das IPCC und den Klima-Aktivisten Al
Gore im Dezember mit dem Friedensnobelpreis auszuzeichnen, waren nur die bedeutendsten unter vielen medienwirksamen Ereignissen, die den Klimawandel stärker als je zuvor ins globale Bewusstsein
riefen. So konnte die Weltklimakonferenz von Bali
zum vorläufigen Höhepunkt eines internationalen
Prozesses werden, der sich bis in die siebziger Jahre zurückverfolgen lässt.
VEREINTE NATIONEN 1/2008
Kurze Geschichte der
internationalen Klimapolitik
Die internationale Klimapolitik entwickelte sich von
Beginn an im Rahmen der Vereinten Nationen. Die
Weltmeteorologieorganisation (WMO) und das Umweltprogramm der Vereinten Nationen (UNEP) waren die maßgeblichen politischen Akteure, die ab Ende der siebziger Jahre des vergangen Jahrhunderts das
Augenmerk der internationalen Gemeinschaft auf eine mögliche, vom Menschen verursachte Aufheizung
der Erdatmosphäre lenkten und die mit der Gründung
des einzigartigen Wissenschaftsgremiums IPCC 1988
die institutionellen Grundlagen für den heute erreichten internationalen Konsens über den Klimawandel
legten.
Die erste internationale Klimakonferenz trat im
Februar 1979 auf Einladung der WMO in Genf zusammen. Die naturwissenschaftlichen Grundlagen des
so genannten Treibhauseffekts waren zu diesem Zeitpunkt bereits eingehend erforscht und von der WMO
durch Programme, wie das im Jahr 1963 eingerichtete ›World Weather Watch‹ und das ›Global Atmospheric Research Programme‹ (1967–1982), institutionell gefördert worden. Auf Grundlage der vorliegenden wissenschaftlichen Erkenntnisse und Modelle
wurden die möglichen Konsequenzen einer steigenden CO2-Konzentration in der Erdatmosphäre erstmals in einer breiteren Fachöffentlichkeit diskutiert.
Die Konferenz schloss mit einer politischen Erklärung,
die forderte, der weiteren Entwicklung des Weltklimas größere Aufmerksamkeit zu widmen (»to foresee
and to prevent potential man-made changes in climate
that might be adverse to the well-being of humanity«)
und die die Einrichtung eines ›World Climate Programme‹ unter der Ägide der WMO initiierte.2
Davon ausgehend begann in den achtziger Jahren der Übergang von der reinen naturwissenschaft-
Steffen Bauer,
geb. 1973, ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Deutschen Institut für
Entwicklungspolitik
(DIE) in Bonn und
Referent des
Wissenschaftlichen
Beirats der Bundesregierung Globale
Umweltveränderungen (WBGU).
* Bob Dylan, The Times They Are A-Changin’, 1964.
1 Es handelte sich dabei um die Teilberichte der drei IPCC-Arbeitsgruppen Physical Science Basis (Working Group I), Impacts, Adaptation,
and Vulnerability (WG II) und Mitigation of Climate Change (WG III).
Der alle Ergebnisse zusammenführende 4. Sachstandsbericht ›Climate
Change 2007‹ wurde im November veröffentlicht. Vgl. auch die Buchkritik von Udo E. Simonis, S. 32–34, in diesem Heft. Alle Berichte des
IPCC sind frei zugänglich unter: http://www.ipcc.ch/index.htm
2 Declaration of the World Climate Conference, Genf, 12.–23.2.1979,
http://unesdoc.unesco.org/images/0003/000376/037648eb.pdf
3
Bauer | »Admit that the Waters Around You Have Grown«
Die Weltklimakonferenz auf Bali
hat endlich die politischen Voraussetzungen für eine
Klimapolitik
geschaffen, mit der
der Klimawandel auf
ein noch beherrschbares Maß begrenzt
werden kann.
Zunehmend wird
deutlich, dass die
Auswirkungen der
globalen Erwärmung
praktisch alle
klassischen
Tätigkeitsfelder der
Vereinten Nationen
durchdringen.
4
lichen Bestandsaufnahme zu politischen Diskussionen über die Notwendigkeit, dem Treibhauseffekt zu
begegnen und eine ungebremste Aufheizung der Erdatmosphäre zu vermeiden. Neben der WMO war es
nun vor allem das UNEP, das dazu beitrug, das Thema Klima als Gegenstand der internationalen Umweltpolitik zu etablieren.3 Wichtige Meilensteine auf
dem Weg zur Gründung des IPCC waren zwei von
UNEP und der WMO gemeinsam veranstaltete Tagungen im österreichischen Villach (1985) und im
italienischen Bellagio (1987). Der im gleichen Zeitraum entstandene Bericht der von UN-Generalsekretär Pérez de Cuéllar eingerichteten Weltkommission
für Umwelt und Entwicklung ›Unsere gemeinsame
Zukunft‹ verdeutlichte zudem die grundsätzliche Notwendigkeit, langfristige Wechselwirkungen zwischen
menschlichem Handeln und naturräumlichen Veränderungen in politische Entscheidungsprozesse einzubeziehen.4 Indem sie einen zukunftsorientierten Entwicklungsbegriff postulierte, wonach Entwicklung die
Bedürfnisse der Gegenwart befriedigen solle ohne die
Entwicklungschancen künftiger Generationen zu riskieren, zeichnete die Kommission nicht nur der für das
Jahr 1992 anberaumten UN-Konferenz über Umwelt
und Entwicklung (UNCED) das Leitbild der ›nachhaltigen Entwicklung‹ vor. Sie lieferte damit auch einen wichtigen normativen Bezugspunkt für die dort
verabschiedete Klimarahmenkonvention (United Nations Framework Convention on Climate Change –
UNFCCC), unter deren Dach die Vereinten Nationen
seither die Ausgestaltung und Umsetzung der internationalen Klimapolitik aushandeln. Erst mit dem inzwischen 4. Sachstandsbericht des IPCC aus dem
Jahr 2007 hat sich aber das Wissen über den Klimawandel so weit verdichtet, dass die Notwendigkeit
einschneidender internationaler Maßnahmen nicht
mehr grundsätzlich angezweifelt und die Dringlichkeit zu handeln unmissverständlich wurden.
Neustart auf Bali
Entsprechend groß waren Medieninteresse und Erwartungsdruck, als vom 3. bis 15. Dezember 2007
knapp 11 000 Menschen – darunter etwa 3500 Staatenvertreter und nahezu 1500 akkreditierte Journalisten – zur bis heute größten Weltklimakonferenz in
Nua Dusa auf der indonesischen Insel Bali zusammenkamen.5 Am Ende hat das diplomatische Großereignis den von UN-Generalsekretär Ban Ki-moon
auf dem Hochrangigen Treffen zum Klimawandel der
UN-Generalversammlung vom 24. September 2007
eingeforderten ›Durchbruch‹ erreicht und darf somit
als Erfolg gewertet werden. Das wesentliche Ergebnis ist dabei der so genannte Bali-Aktionsplan, ein
Fahrplan für die Aushandlung eines umfassenden
Klimaschutzregimes für die Zeit nach 2012. Ein entscheidender Fortschritt ist dabei das grundsätzliche
Zugeständnis sowohl der Vereinigten Staaten als auch
der Gruppe der Entwicklungsländer, sich in den be-
vorstehenden Verhandlungsrunden in einen Dialog
über künftige messbare und nachweisbare Beiträge
zum Klimaschutz einbinden zu lassen. Zudem soll
sich die Ausgestaltung des künftigen Klimaschutzregimes an den vom IPCC ermittelten Erfordernissen
zur Emissionsminderung orientieren. Damit hat die
Weltklimakonferenz nach vielen harten und zähen
Verhandlungen endlich die grundsätzlichen politischen Voraussetzungen für eine Klimapolitik geschaffen, mit der es überhaupt nur gelingen kann,
den Klimawandel auf ein noch beherrschbares Maß
zu begrenzen.
Retrospektiv könnte die Weltklimakonferenz von
Bali somit zur ›Stunde Null‹ einer wirksamen multilateralen Klimaschutzpolitik werden, neben der die
zwei Jahrzehnte klimapolitischer Verhandlungen seit
der Gründung des IPCC einmal wie ein Prolog aussehen werden. Dies setzt allerdings voraus, dass die
Vertragsstaaten der Klimarahmenkonvention das Verhandlungsmandat von Bali unverzüglich umsetzen
und bis Ende 2009 ein verbindliches Abkommen verabschieden, das den Empfehlungen des IPCC folgt
und nahtlos an das Ende 2012 auslaufende KyotoProtokoll anknüpft. Weitere Verzögerungen oder gar
ein Scheitern würde hingegen mit hoher Wahrscheinlichkeit zu unumkehrbaren Rückkopplungseffekten
im Klimasystem führen und verheerende Folgen für
die menschliche Zivilisation haben.6
UN-Themen auf dem Klimaprüfstand
Der Klimawandel ist aber für die Vereinten Nationen
nicht nur wegen seines genuin globalen Problemcharakters und der Größenordnung seines Bedrohungspotenzials relevant. Zunehmend wird deutlich, dass
die Auswirkungen der globalen Erwärmung praktisch
alle klassischen Tätigkeitsfelder der Vereinten Nationen durchdringen. Während der Klimawandel als solcher zunächst ein Umweltphänomen darstellt, betreffen die sich daraus ergebenden Konsequenzen mittel- oder unmittelbar die menschliche Entwicklung,
den Menschenrechtsdiskurs, den Flüchtlingsschutz
und nicht zuletzt Frieden, Sicherheit und Stabilität
im internationalen System.
Menschliche Entwicklung
Die schon wegen der Trägheit des Klimasystems nicht
mehr vermeidbare globale Erwärmung von mindestens 1,5 °C wird weitreichende Folgen für die menschliche Entwicklung haben. Die Gesellschaften der ärmsten Entwicklungsländer werden dabei als erste und
am härtesten betroffen sein. Die internationalen Bemühungen zur Erreichung der Millenniums-Entwicklungsziele, vor allem in den Bereichen Armutsbekämpfung, Ernährung, Gesundheitsvorsorge und Bildung, werden durch die Auswirkungen des Klimawandels massiv beeinträchtigt.7 Zudem wird der Klimawandel die nachholende Entwicklung in den stark
VEREINTE NATIONEN 1/2008
Bauer | »Admit that the Waters Around You Have Grown«
wachsenden Schwellenländern bedrohen und allein
in China und Indien hunderte Millionen von Menschen unmittelbar betreffen.8 Die ökonomischen Kosten des Klimawandels werden die weltwirtschaftliche
Dynamik insgesamt beeinträchtigen und die Wachstumsaussichten sowohl von Schwellen- und Entwicklungsländern als auch von Industrieländern erheblich
schmälern.9
Menschenrechte
Der Klimawandel berührt auch international anerkannte soziale Rechte, wie insbesondere das Recht
auf Nahrung und das Recht auf Wasser.10 Ein Anstieg des Meeresspiegels und klimainduzierte extreme Wetterereignisse können zudem wirtschaftliche
Lebensgrundlagen gefährden. Dass die Verantwortung für den Klimawandel maßgeblich bei westlichen
Demokratien liegt, die regelmäßig Menschenrechtsverletzungen in anderen Teilen der Welt anprangern,
wird für den internationalen Menschenrechtsdiskurs
kaum ohne Folgen bleiben. Der Vorwurf, durch CO2Emissionen wissentlich oder zumindest de facto, Menschenrechte zu verletzen, bietet den akut vom Klimawandel betroffenen ärmsten Entwicklungsländern und
internationalen Menschenrechtsorganisationen stichhaltige Argumente, emissionsstarke Industriestaaten
und Schwellenländer auf die Anklagebank zu setzen.11
Vielfältige Aufgaben
der Vereinten Nationen
Auch deshalb lieferten die Vereinten Nationen »einen idealen Rahmen« für die internationale Klimapolitik, wie Generalsekretär Ban Ki-moon am 24. September 2007 vor der UN-Generalversammlung betonte. Dabei sind die Vereinten Nationen weit mehr
als nur der Rahmen für zwischenstaatliche Verhandlungen über die richtige Klimapolitik. Sie nehmen vielfältige klimapolitische Aufgaben wahr und treten gleichermaßen als Arena und Akteur der internationalen Klimapolitik in Erscheinung.
Das IPCC als Maß der Dinge
Schon der erste Sachstandsbericht, den das IPCC im
Vorfeld der UN-Konferenz über Umwelt und Entwicklung im Jahr 1990 vorlegte, wurde zur entscheidenden Grundlage für die erfolgreiche Aushandlung
der Klimarahmenkonvention. Das IPCC erfüllte damit von Beginn an seinen Zweck, nämlich im Auftrag
der Vereinten Nationen politischen Entscheidungsträgern eine umfassende, objektive, offene und transparente Einschätzung über den Stand der weltweit verfügbaren wissenschaftlichen, technischen und soziökonomischen Fachliteratur zum Klimawandel zu geben. Tatsächlich geht es im IPCC nicht darum, eige-
Der Vorwurf, durch
CO2-Emissionen
Menschenrechte zu
verletzen, bietet den
vom Klimawandel
betroffenen ärmsten Entwicklungsländern Argumente,
emissionsstarke
Industriestaaten
und Schwellenländer auf die
Anklagebank zu
setzen.
Frieden und Sicherheit
Darüber hinaus wird die erwartete Zunahme wetterbedingter Katastrophenereignisse häufigere Hilfseinsätze erfordern. Nach Berechnungen des Entwicklungsprogramms der Vereinten Nationen (UNDP)
waren in den Jahren 2000 bis 2004 bereits 262 Millionen Menschen klimabedingten Katastrophen ausgesetzt, 98 Prozent davon in armen Entwicklungsländern.12 In diesem Zusammenhang ist auch die klimabedingte Zunahme von Flüchtlingen zu sehen, die
den internationalen Flüchtlingsschutz und die politische Stabilität der betroffenen Regionen bald in
bislang ungekannter Größenordnung strapazieren
wird.13 Nicht zuletzt droht der Klimawandel, Ressourcenkonflikte um Wasser und fruchtbare Böden
zu verschärfen und den Problemdruck auf Entwicklungsländer sowie schwache und fragile Staaten zu
erhöhen. Werden diese schließlich überfordert, drohen sie zu kollabieren und können mittelbar zu einer
Destabilisierung der internationalen Ordnung beitragen. Der Bedarf nach internationalen Maßnahmen zur Krisenprävention und friedenserhaltenden
Interventionen in gefährdeten Ländern und Regionen
würde entsprechend zunehmen.14
Kurzum, die zur Vermeidung einer unkontrollierbaren Klimakatastrophe und zur Anpassung an den
bereits unvermeidlichen Klimawandel zu treffenden Maßnahmen reichen über die bekannten Herausforderungen der internationalen Umweltpolitik
weit hinaus.
VEREINTE NATIONEN 1/2008
3 Vgl. Mostafa K. Tolba/Iwona Rummel-Bulska, Global Environmental Diplomacy: Negotiating Environmental Agreements for the World,
1973–1992, Cambridge 1998, S. 89–96.
4 World Commission on Environment and Development, Our Common Future, Oxford 1987.
5 Vgl. Auch den Bericht von Jürgen Maier, S. 27f. in diesem Heft.
6 Siehe IPCC (WG I), Climate Change 2007: The Physical Science Basis, Genf 2007.
7 Vgl. UNDP, Bericht über die menschliche Entwicklung 2007/2008,
Den Klimawandel bekämpfen: Menschliche Solidarität in einer geteilten Welt, DGVN, Berlin 2007.
8 Vgl. Steffen Bauer und Carmen Richerzhagen, Nachholende Entwicklung und Klimawandel, Aus Politik und Zeitgeschichte, 47/2007, S. 20–26.
9 Nicholas Stern, The Economics of Climate Change. The Stern Review, London 2006; vgl. Claudia Kemfert, Die ökonomischen Folgen
des Klimawandels, Aus Politik und Zeitgeschichte, 47/2007, S. 14–19.
10 Vgl. Internationaler Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte aus dem Jahr 1966. Das Recht auf Nahrung ist in Art. 11
(Recht auf einen angemessenen Lebensstandard) explizit formuliert,
das Recht auf Wasser wird in der Regel aus Art. 11 und Art. 12 (Recht auf
Gesundheit) abgeleitet.
11 Wissenschaftlicher Beirat der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen (WBGU), Sicherheitsrisiko Klimawandel, Berlin 2007, S. 187.
12 UNDP, a.a.O. (Anm. 7).
13 Siehe dazu ausführlich den Beitrag von Frank Biermann und Ingrid
Boas, S. 10–16, in diesem Heft; vgl. auch Cord Jakobeit/Chris Methmann, Klimaflüchtlinge: Die verleugnete Katastrophe, Hamburg 2007.
14 Dazu ausführlich WBGU, a.a.O. (Anm. 11).
5
Bauer | »Admit that the Waters Around You Have Grown«
Dank eines aufwändigen, dreistufigen
Gutachterverfahrens
konnte sich das IPCC
in der Fachwelt
binnen weniger
Jahre als maßgebliche
globale Autorität
zum Klimawandel
etablieren.
ne Klimaforschung zu betreiben, sondern vorhandenes Wissen dahingehend auszuwerten, das Risiko eines vom Menschen verursachten Klimawandels, beobachtete und projizierte Auswirkungen des Klimawandels sowie die Möglichkeiten zur Anpassung
(adaptation) an den Klimawandel und seine Eindämmung (mitigation) seriös beurteilen zu können.15
Die einzigartige Expertise des IPCC, dessen Sekretariat von UNEP unterstützt wird, aber bei der WMO
in Genf angesiedelt ist, fußt auf der Mitarbeit von mehr
als zweitausend Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aus aller Welt, die von den Mitgliedstaaten des IPCC aufgrund ihrer fachlichen Expertise berufen werden und die dem Rat neben ihrer eigentlichen professionellen Tätigkeit ehrenamtlich, unentgeltlich und politisch unabhängig zuarbeiten.16 Dank
eines aufwändigen, dreistufigen Gutachterverfahrens
konnte sich das IPCC in der Fachwelt binnen weniger
Jahre als maßgebliche globale Autorität zum Klimawandel etablieren. Seine Berichte gelten als der fundierteste und zuverlässigste Überblick über den weltweiten Kenntnisstand zur Klimaentwicklung. Um diesen Status dauerhaft gewährleisten zu können, werden zum einen auch strittige Fragen, Fehlergrenzen
und Unsicherheiten ausführlich behandelt und zum
andern die Autoren- und Gutachterteams für jeden
Sachstandsbericht neu bestimmt.17
Politisch brisant ist die Zusammenfassung für Entscheidungsträger (Summary for Policymakers), ein
zwanzigseitiges Konzentrat der mehreren Tausend
Berichtsseiten, das Satz für Satz vom zwischenstaatlichen Plenum des IPCC verabschiedet wird. Auch
hier achten jedoch die verantwortlichen Autoren darauf, dass wissenschaftliche Aussagen des eigentlichen
Sachstandsberichts korrekt wiedergegeben werden.18
Die Klimarahmenkonvention von 1992
Zwar verfügt das
Klimasekretariat
in dem stark
formalisierten
Vertragsregime
kaum über nennenswerten Handlungsspielraum, seine
politische Bedeutung
sollte dennoch nicht
unterschätzt werden.
6
Das Ziel der im Juni 1992 in Rio verabschiedeten und
am 21. März 1994 in Kraft getretenen Klimarahmenkonvention ist eine Stabilisierung der atmosphärischen
Treibhausgaskonzentration auf einem Niveau, das
eine gefährliche vom Menschen verursachte Störung
des Klimasystems verhindert.19 Als Rahmenkonvention bestimmt sie noch keine konkreten Verpflichtungen für die Vertragsstaaten, schreibt aber völkerrechtlich fest, dass die Stabilisierung so erreicht werden müsse, dass die Ökosysteme sich »auf natürliche
Weise den Klimaänderungen anpassen können, die
Nahrungsmittelerzeugung nicht bedroht wird und die
wirtschaftliche Entwicklung auf nachhaltige Weise
fortgeführt werden kann«.20
Dem Vorbild der Wiener Konvention zum Schutz
der Ozonschicht folgend beschloss die 1. Vertragsstaatenkonferenz der UNFCCC im Jahr 1995 in Berlin ein separates Zusatzprotokoll auszuhandeln, das
konkrete Zielvorgaben zur Verminderung der Treibhausgasemissionen verbindlich festschreibt. Dieses
wurde nach acht harten Verhandlungsrunden 1997
im japanischen Kyoto verabschiedet. Die in der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung (OECD) organisierten Industriestaaten
und die Industriestaaten des ehemaligen Warschauer
Paktes (Annex-I-Länder) verpflichteten sich darin zu
einer Reduzierung ihrer gemeinsamen Treibhausgasemissionen um 5,2 Prozent bis 2012 gegenüber dem
Basisjahr 1990. Die in Annex II des Kyoto-Protokolls
aufgelisteten Entwicklungsländer sind im Sinne ihrer
nachholenden wirtschaftlichen Entwicklung von Reduktionsverpflichtungen ausgenommen. Den AnnexI-Ländern ist es aber möglich, durch so genannte flexible Mechanismen ihre Verpflichtungen auch durch
Klimaschutzprojekte in Entwicklungsländern zu erfüllen.21
Als das Kyoto-Protokoll im Februar 2005 nach
einem äußerst schleppenden Ratifizierungsprozess
endlich in Kraft treten konnte, war bereits klar, dass
seine Bedeutung für den internationalen Klimaschutz
vor allem symbolischer Natur sein würde. Selbst wenn
seine Ziele erreicht würden, was angesichts der tatsächlichen Emissionstrends der Unterzeichnerstaaten
nur noch theoretisch möglich ist, würde es das Konventionsziel einer Stabilisierung der atmosphärischen
Treibhausgaskonzentration weit verfehlen. Auch deshalb wird die Frage, ob die Weltgemeinschaft zu einer
effektiven Klimaschutzpolitik fähig ist, mit der Umsetzung des Bali-Aktionsplans entschieden.
Neben den beschlussfassenden Weltklimakonferenzen spielen die diesen zuarbeitenden Nebenorgane
der Klimarahmenkonvention eine wesentliche Rolle
für den Fortgang des Verhandlungsprozesses.22 Sie bilden die Foren, in denen die Vertragsstaaten jenseits
der großen Weltklimakonferenzen über technische
Details, Verfahrensfragen, die Bewertung wissenschaftlicher Erkenntnisse, Fragen der Umsetzung und
nicht zuletzt der Finanzierung beraten und entsprechende Beschlussvorlagen erarbeiten. Wie die Vertragsstaatenkonferenzen selbst werden sie vom Sekretariat der Klimarahmenkonvention (fortan: Klimasekretariat) betreut, das seit dem Jahr 1996 in
Bonn angesiedelt ist und im komplexen Gefüge des
Klimaregimes eine Schlüsselstellung einnimmt.
In ihm ist die Klimapolitik der Vereinten Nationen organisatorisch verankert. Sein Exekutivsekretär
bekleidet zugleich den Rang eines Beigeordneten Generalsekretärs der Vereinten Nationen und leitet einen Stab von inzwischen annähernd 300 internationalen Beamten und Verwaltungsfachkräften.23 Zwar
verfügt das Klimasekretariat in dem stark formalisierten Vertragsregime kaum über nennenswerten Handlungsspielraum, seine politische Bedeutung sollte dennoch nicht unterschätzt werden.24 Die professionelle
Vorbereitung und Durchführung der beständig größer und komplexer werdenden Vertragsstaatenkonferenzen stellt für sich genommen bereits eine wesentliche Voraussetzung für konstruktive Verhandlungen dar. Nicht minder wichtig ist das informelle
VEREINTE NATIONEN 1/2008
Bauer | »Admit that the Waters Around You Have Grown«
Beratungsverhältnis zwischen den jährlich wechselnden Konferenzvorsitzenden aus den Reihen der Vertragsstaaten und den internationalen Beamten des
Klimasekretariats, wodurch diesen hinter den Kulissen ein nicht unerheblicher Einfluss zufallen kann.25
Priorisierung durch Hauptorgane
Der ehemalige UN-Generalsekretär Kofi Annan zählte innerhalb der Vereinten Nationen mit zu den ersten, die die übergreifende Bedeutung des Klimawandels betonten. »Der Klimawandel ist nicht nur, wie
zu viele Menschen noch immer glauben, ein Umweltthema. Er ist eine allumfassende Bedrohung« appellierte er am 15. November 2006 eindringlich an die
Delegierten der Weltklimakonferenz in Nairobi. Am
17. April 2007 befasste sich auf Initiative des ständigen Mitglieds Großbritannien erstmals auch der
Sicherheitsrat offiziell mit dem Klimawandel.26 In einer dramatischen Rede betonte die britische Außenministerin Margaret Beckett, dass der sich abzeichnenden Klimawandel die Bedeutung wesentlicher
Konflikttreiber verschärfen werde. Um seinem friedenssichernden Mandat gerecht werden zu können,
müsse sich der Sicherheitsrat also auch diesem Thema zuwenden. Auch wenn Russland und China dies
als eine Überdehnung des Mandats des Sicherheitsrats kritisierten, so erhielt die Dynamik der internationalen Diskussion um die mit dem Klimawandel verbundenen Gefahren damit doch zusätzlichen Auftrieb.27 Schließlich leistete auch die UN-Generalversammlung einen Beitrag, das weltweite Momentum
im Vorfeld der Weltklimakonferenz von Bali zu erhöhen, indem sie auf Einladung von Generalsekretär Ban
Ki-moon am 24. September 2007 zu einem Hochrangigen Treffen zum Klimawandel zusammentrat,
an dem sich mehr als 80 Staats- und Regierungschefs
beteiligten. Hier wurde noch einmal auf höchster Ebene deutlich gemacht, dass die Zeit knapp ist, um zu
vermeiden, das der Klimawandel unbeherrschbar wird,
und dass auf Bali ein Durchbruch erreicht werden
musste, um zumindest die Chance dazu zu erhalten.
Zuvor hatten die Hauptorgane der Vereinten Nationen dem Klimawandel nur geringe Priorität eingeräumt. In der UN-Generalversammlung, die 1989 formal den Beschluss zur Aushandlung der Klimarahmenkonvention gefasst hatte,28 wurde der Klimawandel vor allem als Umweltproblem thematisiert. Ein
wichtiges Problem zwar, aber eben keine Frage von
Krieg und Frieden. Entsprechend fanden Umweltzerstörung und Klimawandel im 2004 vorgelegten Bericht der von Generalsekretär Kofi Annan eingesetzten Hochrangigen Gruppe für Bedrohungen, Herausforderungen und Wandel nur am Rande Erwähnung,
als Unterkategorie der von wirtschaftlicher und sozialer Not ausgehenden Sicherheitsrisiken.29 Annans
eigener Reformbericht ›In größerer Freiheit‹ ging unter der Überschrift ›Sicherung der ökologischen Nachhaltigkeit‹ im März 2005 zwar schon stärker auf den
VEREINTE NATIONEN 1/2008
Klimawandel ein.30 Der zentrale Stellenwert des Klimawandels für die Welt des 21. Jahrhunderts wird
aber auch darin nicht deutlich.
Die ungleichen Programme UNEP und UNDP
Seiner Aufgabe, als ›Umweltgewissen der Vereinten
Nationen‹ zu fungieren, entsprechend, hat vor allem
das Umweltprogramm UNEP kontinuierlich auf die
aus dem Klimawandel erwachsenden Herausforderungen hingewiesen und eine umsichtigere Politik der
Mitgliedstaaten angemahnt. Es entbehrt deshalb nicht
einer gewissen Ironie, dass gerade in der Klimapoli-
Der ehemalige UNGeneralsekretär Kofi
Annan zählte innerhalb der Vereinten
Nationen mit zu
den ersten, die die
übergreifende
Bedeutung des
Klimawandels
betonten.
15 Siehe http://www.ipcc.ch/about/index.htm; vgl. IPCC, 16 Years of
Scientific Assessment in Support of the Climate Convention, Genf 2004.
16 Vgl. Elizabeth R. DeSombre, Global Environmental Institutions, London 2006, S. 118–119; Stefan Rahmstorf/Hans Joachim Schellnhuber,
Der Klimawandel: Diagnose, Prognose, Therapie, München 2006, S. 87–89.
17 Stefan Rahmstorf/Hans Joachim Schellnhuber, a.a.O. (Anm. 16), S. 88.
18 Ebd.
19 UNFCCC, Art. 2; Text abgedruckt in: Vereinte Nationen (VN), 4/1992,
S. 140ff.; deutsche Fassung: http://unfccc.int/resource/docs/convkp/
convger.pdf
20 Ebd.
21 Vgl. ausführlich Sebastian Oberthür/Hermann E. Ott, Das KyotoProtokoll. Internationale Klimapolitik für das 21. Jahrhundert, Opladen
2000; Farhana Yamin/Joanna Depledge, The International Climate
Change Regime: A Guide to Rules, Institutions and Procedures, Cambridge, UK, 2005.
22 Nebenorgan für wissenschaftliche und technologische Beratung
und Nebenorgan für die Durchführung des Übereinkommens; weiterführend Yamin/Depledge, a.a.O. (Anm. 21).
23 Die Zahl der Sekretariatsmitarbeiter hat sich seit dem Jahr 2003 (133)
etwa verdoppelt und wird absehbar weiter wachsen; die Sekretariate
der Artenschutzkonvention CBD und der Wüstenkonvention UNCCD
beschäftigen zum Vergleich jeweils 60 bis 70 Personen (vgl. Steffen
Bauer/Bernd Siebenhüner/Per-Olof Busch, Administering International Governance. What Role for Treaty Secretariats?, Global Governance
Working Paper Nr. 29, Amsterdam 2007, http://www.glogov.org/
images/doc/wp29.1.pdf).
24 Per-Olof Busch, The Secretariat of the Climate Convention: Make a
Living in a Straitjacket, Global Governance Working Paper Nr. 22, Amsterdam 2006, http://www.glogov.org/images/doc/wp22.pdf; Joanna
Depledge, A Special Relationship: Chairpersons and the Secretariat in
the Climate Change Negotiations, Global Environmental Politics, 7. Jg.,
1/2007, S. 45–68.
25 Depledge, a.a.O. (Anm. 24).
26 Noch zu Beginn des Jahres waren die nichtständigen Mitglieder
Belgien und Peru mit dem Versuch gescheitert, den Sicherheitsrat zu
einer Diskussion über den Klimawandel zu bewegen.
27 Vgl. WBGU, a.a.O. (Anm. 11), S. 212.
28 UN-Dok. A/RES/44/207 v. 22.12.1989.
29 Eine sicherere Welt: Unsere gemeinsame Verantwortung, UN-Dok.
A/59/565 v. 2.12.2004.
30 In größerer Freiheit: Auf dem Weg zu Entwicklung, Sicherheit und
Menschenrechten für alle, UN-Dok. A/59/2005 v. 21.3.2005.
7
Bauer | »Admit that the Waters Around You Have Grown«
Oft treten
Widersprüche
zwischen
Entwicklungszielen
und klimapolitischen
Erfordernissen auf,
zum Beispiel bei der
Energieversorgung,
einem für UNDP
wichtigen
Aufgabenfeld.
Die klimapolitischen
Diskussionen der
vergangenen Jahre
haben inzwischen
auch zahlreiche
Sonderorganisationen erreicht
und sie zu
programmatischen
Anpassungen
veranlasst.
8
tik neben den Stärken auch die Schwächen dieser
dem UN-Sekretariat nachgeordneten Behörde deutlich werden. Einerseits gehörte UNEP von Anfang an
zu den wichtigsten Wegbereitern und Begleitern der
internationalen Klimapolitik. Andererseits ist es strukturell und politisch nicht in der Lage, ihre Ausdifferenzierung und Umsetzung maßgeblich mitzugestalten und steht seit Inkrafttreten der Klimarahmenkonvention und dem Aufbau des UN-Klimasekretariats faktisch am Rand. Generell findet sich UNEP
in der undankbaren Position, immer wieder seine Bedeutung als zentrales umweltpolitisches Organ der
Vereinten Nationen bestätigt zu bekommen, ohne aber
von den Mitgliedstaaten die Kompetenzen und Mittel zu erhalten, um den damit verbundenen Erwartungen gerecht werden zu können.31
So bleibt UNEP kaum mehr zu tun, als die Wechselwirkungen zwischen dem Klimawandel und den
in seiner Zuständigkeit verbleibenden Umweltproblemen zu untersuchen und »als legitime Stimme der
Umwelt innerhalb des gesamten UN-Systems«32 das
globale Bewusstsein dafür zu schärfen. Dazu leistet
UNEP gleichwohl Beachtliches. In der Beobachtung
und Bewertung globaler und regionaler Umwelttrends
hat es sich zur führenden Autorität unter den zwischenstaatlichen Organisationen entwickelt, wie der
inzwischen vierte Bericht ›Global Environment Outlook‹ belegt.33 Einer aktiveren Rolle bei der Bearbeitung der identifizierten Probleme, die UNEP zum Beispiel als ausführende Organisation der Globalen Umweltfazilität (GEF) einnehmen könnte, stehen aber
formal das nichtoperative Mandat des Umweltprogramms und faktisch die darin begründeten Kapazitätsengpässe entgegen.
Hier verfügt das UN-Entwicklungsprogramm
UNDP, das in den allermeisten Entwicklungsländern
eigene Büros unterhält und als operativer Arm der
Vereinten Nationen unmittelbar an der Umsetzung
zahlreicher Programme und Projekte beteiligt ist,
über eindeutige komparative Vorteile. Eine klimapolitische Bewertung der Aktivitäten des Entwicklungsprogramms muss zwangsläufig ambivalent ausfallen. Schon wegen der vielfältigen Projekte, die die
absehbaren Auswirkungen des Klimawandels berücksichtigen müssten, zum Beispiel im Wassersektor, ist die klimapolitische Relevanz des UNDP kaum
zu überschätzen, wie ja auch der aktuelle Bericht
über die menschliche Entwicklung unterstreicht.34
Oft treten jedoch Widersprüche zwischen Entwicklungszielen und klimapolitischen Erfordernissen auf,
zum Beispiel bei der Energieversorgung, einem für
UNDP wichtigen Aufgabenfeld. Eine systematische
Berücksichtigung der Klimaproblematik bei der Vergabe von UNDP-Mitteln steht gegenwärtig bestenfalls am Anfang.35
Es bleibt abzuwarten, in wie weit der im Jahr 2005
vom UNEP-Verwaltungsrat verabschiedete Strategieplan, durch den UNEP in die Lage versetzt wer-
den soll, Entwicklungsländer stärker als bisher beim
Aufbau umweltpolitischer Kapazitäten zu unterstützen, und eine verbesserte Zusammenarbeit zwischen
UNDP und UNEP den Schwächen beider Programme entgegenwirken können.36 Das gilt insbesondere für die von UNDP-Administrator Kemal Dervis
und UNEP-Exekutivsekretär Achim Steiner auf der
Weltklimakonferenz von Nairobi 2006 vorgestellte
Partnerschaft zum Klimaschutz.37 In deren Rahmen
wollen UNEP und UNDP Entwicklungsländer unter
anderem gezielt in der Nutzung des ›Clean Development Mechanism‹ unterstützen, einem der zentralen Politikinstrumente des Kyoto-Protokolls, über
das die Industrieländer die Nutzung klimafreundlicher Technologien in den Entwicklungsländern finanzieren.
Erwachen der Sonderorganisationen
Die klimapolitischen Diskussionen der vergangenen
Jahre haben inzwischen auch zahlreiche Sonderorganisationen der Vereinten Nationen erreicht und
sie zu programmatischen Anpassungen veranlasst.
Wie schon bei UNDP lässt sich hier von einem langsamen Erwachen schlafender Riesen sprechen. Angesichts der Trägheit großer internationaler Behörden
und der organisationssoziologisch zu erwartenden
Abwehrreflexe gegenüber dem Meta-Thema Klimawandel kann dies nicht überraschen. Entscheidend
ist, dass auch die Sonderorganisationen erkennen,
dass der Klimawandel die Rahmenbedingungen internationaler Zusammenarbeit in nahezu allen Politikfeldern dauerhaft verändert.
Zum Beispiel zeigt sich aus Sicht der Weltgesundheitsorganisation WHO, dass klimabedingt zunehmende Hitzewellen, Überflutungen und Dürren bekannte Gesundheitsrisiken absehbar erhöhen werden.
Hinzu kommt der zentrale Einfluss des Klimas auf
die Ausbreitung vieler lebensgefährlicher Krankheiten wie Malaria, Dengue-Fieber oder Durchfallerreger.38 Um die gesundheitliche Anfälligkeit der Menschen gegenüber dem Klimawandel zu vermindern,
bedarf es nach Einschätzung der WHO vor allem einer verbesserten Gesundheitsaufklärung und verbesserter medizinischen Einrichtungen, insbesondere in
den Entwicklungsländern.
Gemeinsam mit UNDP hat die WHO im Jahr
2006 ein Pilotprojekt aufgelegt, das aus der Globalen Umweltfazilität finanziert wird und praktische
Maßnahmen zum Schutz der Gesundheit unter den
Bedingungen des Klimawandels erarbeiten und möglichst viele verschiedene klimabedingte Gesundheitsrisiken erfassen und bewerten soll.39 Langfristig soll
das Projekt ausgeweitet und die in der Pilotphase
gewonnen Erkenntnisse auf andere Länder übertragen werden. Mit Blick auf die gesundheitlichen Auswirkungen des Klimawandels in Industrieländern hat
außerdem das europäische Regionalbüro der WHO
in den vergangenen Jahren unterschiedliche InitiatiVEREINTE NATIONEN 1/2008
Bauer | »Admit that the Waters Around You Have Grown«
ven angestoßen, um die öffentlichen Gesundheitssysteme besser auf extreme Wetterereignisse vorzubereiten, wie die Hitzewelle des Jahres 2003, die allein
in Frankreich und Italien mehrere tausend Todesopfer forderte.40
Vielen Sonderorganisationen wird erst langsam
klar, dass auch sie sich mit dem Klimawandel befassen müssen. So wird die Welternährungsorganisation
FAO ihre Szenarien und Modelle zur globalen Nahrungsmittelproduktion stärker als bisher mit langfristigen Klimatrends abstimmen müssen, die UNOrganisation für industrielle Entwicklung UNIDO
könnte eine wichtige Rolle bei der Förderung klimafreundlicher Technologien in Entwicklungsländern
spielen, die UN-Tourismusorganisation UNWTO
wird Antworten auf Küstenerosion finden müssen,
um nur einige Beispiele zu nennen.
diges, ›weiches‹ Thema zu betrachten scheint.43
Auch die deutsche UN-Forschung wird nicht umhin kommen, sich stärker als bisher mit den Zusammenhängen zwischen der Organisation internationaler Beziehungen und dem Phänomen eines
globalen Umweltwandels zu befassen. Der Klimawandel wird sich nicht als vorübergehendes Modethema erweisen, seine Bedeutung für die unterschiedlichsten Handlungsfelder der Vereinten Nationen im Gegenteil weiter zunehmen.
The times they are a-changin’.
Die Eindämmung
der globalen
Erwärmung auf ein
noch beherrschbares Maß erfordert
zwingend die
internationale
Zusammenarbeit.
Fazit
Der Klimawandel stellt unzweifelhaft eine globale
Herausforderung dar, die kein Staat jemals allein wird
bewältigen können. Die Eindämmung der globalen
Erwärmung auf ein noch beherrschbares Maß erfordert daher zwingend die internationale Zusammenarbeit. Zwar bleibt es fraglich, ob »unser Planet je
gegen unsere Zerstörungskraft geschützt werden
kann«.41 Aber es ist schwer vorstellbar, dass das
dazu erforderliche Maß zwischenstaatlicher Kooperation außerhalb der Vereinten Nationen erreicht
werden kann. Die Suche nach wirkungsmächtigeren
Alternativen mag bisweilen wünschenswert erscheinen, lenkt aber von den drängenden Erfordernissen
des Klimaschutzes nur ab. Angesichts der knappen
Zeit, die verbleibt, um die vom Menschen verursachten Treibhausgasemissionen nennenswert zu reduzieren, erscheint es müßig, die grundsätzliche Befähigung der Weltorganisation zu diskutieren. Stattdessen stellt sich die keineswegs neue Frage, ob die
kollektive ökologische Bedrohung ausreicht, die
Mitgliedstaaten erkennen zu lassen, »dass sie mehr
gewinnen als verlieren, wenn sie die Vereinten Nationen in den Stand setzen, Aufgaben zu übernehmen, die kein Land allein erledigen kann«.42
Parallel zur Umsetzung des Bali-Aktionsplans durch
die Weltklimakonferenzen in Poznan 2008 und Kopenhagen 2009 müssen die Vereinten Nationen deshalb beginnen, sich insgesamt auf die unterschiedlichen Herausforderungen des Klimawandels einzustellen. Dabei ist es wichtig, nicht in Aktionismus zu
verfallen, sondern institutionelle Veränderungen anzustoßen, mit denen der Klimawandel als langfristiger Parameter der jeweiligen Aktivitäten der vielfältigen Programme, Fonds und Sonderorganisationen
berücksichtigt werden kann.
Es stimmt vor diesem Hintergrund bedenklich,
dass der internationale Mainstream der UN-Forschung den Klimawandel noch immer als randstänVEREINTE NATIONEN 1/2008
31 Vgl. Steffen Bauer, Die Reform der Vereinten Nationen und die
Umweltpolitik: Das UNEP zwischen Anspruch und Wirklichkeit, in:
Eckart Klein/Helmut Volger (Hrsg.), Chance für eine Reform der Vereinten Nationen?, Potsdam 2006, S. 117–131.
32 Achim Steiner, Zukunftsaufgabe globaler Umweltschutz. Das UNEP
vor neuen Herausforderungen, VN, 6/2006, S. 232–237, hier S. 237.
33 UNEP, GEO-4: Environment for Development, Nairobi 2007, vgl.
die Buchkritik von Udo E. Simonis, S. 32–34, in diesem Heft.
34 UNDP, a.a.O. (Anm. 6).
35 In Craig N. Murphys umfassender Geschichte des UNDP findet die
Klimapolitik noch keine Erwähnung, der Umweltpolitik ist unter der
bezeichnenden Überschrift ›New Sources of Funding‹ ein kurzes Unterkapitel gewidmet (Craig N. Murphy, The United Nations Development
Programme: A Better Way?, Cambridge 2005), vgl. die Buchkritik von
Manfred Kulessa, S. 35–36, in diesem Heft; vgl. Frank Biermann/Steffen Bauer, UNEP und UNDP. Expertise für das WBGU-Hauptgutachten
»Armutsbekämpfung durch Umweltpolitik«, Berlin 2004, http://
www.wbgu.de/wbgu_jg2004_ex02.pdf
36 Vgl. Steiner, a.a.O. (Anm. 32), S. 236.
37 Siehe UN Doc. UNEP/GC/24/INF/19 v. 13.12.2006.
38 Vgl. IPCC (WG II), a.a.O. (Anm. 1), Chapter 8: Climate and Human
Health Impacts.
39 Siehe http://www.who.int/globalchange/climate/gefproject/en/
index.html
40 Siehe etwa die Projekte EUROHeat http://www.euro.who.int/
globalchange/Topics/20050524_2 und ›Climate Change and Adaptation Strategies for Human Health in Europe (eCASHh)‹ http://www.
euro.who.int/globalchange/Assessment/20070403_1
41 Paul Kennedy, Parlament der Menschheit. Die Vereinten Nationen
und der Weg zur Weltregierung, München 2007, S. 196.
42 Kennedy, a.a.O. (Anm. 41), S. 323.
43 Vgl. die Sammelrezension ›Parlament der Menschheit? Die Vereinten Nationen auf dem Prüfstand‹, Steffen Bauer und Julia Leininger, Internationale Politik, 62. Jg., 12/2006, 133–136.
9
Biermann · Boas | Für ein Protokoll zum Schutz von Klimaflüchtlingen
Für ein Protokoll zum Schutz von Klimaflüchtlingen
Global Governance zur Anpassung an eine wärmere Welt*
Frank Biermann · Ingrid Boas
Prof. Dr.
Frank Biermann,
geb. 1967, ist Leiter
der Abteilung für
Umweltpolitikanalyse am Institut
für Umweltstudien
(IVM) der Vrije
Universiteit Amsterdam und Direktor
der Netherlands
Research School for
Socio-economic and
Natural Sciences of
the Environment
(SENSE).
Ingrid Boas,
geb. 1984, ist Wissenschaftliche Mitarbeiterin der Abteilung für Umweltpolitikanalyse am
Institut für Umweltstudien (IVM) der
Vrije Universiteit
Amsterdam,
Niederlande.
10
Der Klimawandel könnte die größte Flüchtlingskrise
in der Geschichte der Menschheit auslösen. Über
200 Millionen Menschen, insbesondere in Afrika und
Asien, könnten im Laufe des Jahrhunderts gezwungen werden, ihre Heimat zu verlassen, um an anderen Orten oder in anderen Ländern Schutz zu suchen.
Die bestehenden Institutionen, Organisationen und
Finanzierungsmechanismen sind jedoch nicht geeignet, um mit dieser drohenden Krise umzugehen. Die
Autoren stellen einen Entwurf für ein Rechtsinstrument und einen Finanzierungsmechanismus zum
Schutz und zur langfristigen und geplanten Umsiedlung von Klimaflüchtlingen vor.
Klimaflüchtlinge: eine drohende Krise
Im August 2006 organisierte die Republik der Malediven eine erste Konferenz von Vertretern von Regierungen sowie nichtstaatlichen und zwischenstaatlichen Organisationen zu einem Thema, das politisch noch kaum behandelt wird: den Schutz von
›Klimaflüchtlingen‹. Die Malediven, die nur wenig
über dem Meeresspiegel liegen, haben hiermit eine
Debatte angestoßen, die das nationale Überleben ihres Inselstaates besonders betrifft. Doch darüber hinaus geht es um eine drohende Krise von weltpolitischem Ausmaß. Manchen Schätzungen zufolge müssen gut 200 Millionen Menschen um das Jahr 2050
wegen der Erderwärmung ihre Heimat aufgeben und
damit zu Klimaflüchtlingen werden. Derartige Schätzungen sind zwar mit Vorsicht zu betrachten, da sie
von den Annahmen der jeweils zugrundeliegenen
Zukunftsszenarien abhängen (zum Beispiel über die
Entwicklung des Bevölkerungswachstums, des Wirtschaftswachstums, des Klimasystems oder die Trends
beim Ausstoß von Treibhausgasen).1 Doch stimmen
die meisten Analysen derzeit darin überein, dass die
steigende Konzentration von Treibhausgasen in der
Atmosphäre und die hieraus folgende Erderwärmung
mehrere hundert Millionen Menschen in Gefahr bringen könnten. Viele dieser Klimaflüchtlinge werden aus
Asien kommen, das aufgrund der dicht bevölkerten
Küstenebenen besonders anfällig für Klimafolgeschäden wie Wirbelstürme, Sturmfluten und ein Ansteigen
des Meeresspiegels ist.2 Die Zahl der Klimaflüchtlinge allein aus Bangladesch könnte um das Jahr 2050
herum die Zahl aller heutigen Flüchtlinge weltweit
übertreffen.3 Millionen von Menschen werden auch
durch Wasserknappheit und Dürre ernsthaft bedroht.
Ähnliches gilt für Afrika.5 Heute leiden 14 afrikanische Länder unter Wasserknappheit. Bis zum Jahr
2030 könnten es 25 sein. Viele Inseln in den Tropen,
die nur knapp über dem Meeresspiegel liegen, sind
von zunehmender Küstenerosion und teils vom Untergang bedroht,7 auch wenn hier wegen insgesamt
geringerer Bevölkerungszahlen weniger Menschen bedroht sind als in den großen Küstenebenen Afrikas
und Asiens.
Mit Blick auf diese zu erwartenden Ströme von
Millionen von Klimaflüchtlingen aus den Küstengebieten Asiens und Afrikas ins Hinterland oder aus den
trockenen Regionen in günstigere Klimazonen wirkt
das gegenwärtige internationale Regime zum Schutz
von Flüchtlingen wenig vorbereitet. Im Jahr 2006 fielen unter das Regime der Genfer Flüchtlingskonvention von 1951 und des Amtes des Hohen Kommissars
der Vereinten Nationen für Flüchtlinge (UNHCR) nur
9,9 Millionen Flüchtlinge.8 Es ist zu bezweifeln, dass
das bestehende Regime geeignet ist, einen Flüchtlingsstrom zu bewältigen, der um das Jahr 2050 möglicherweise 20 Mal größer sein wird als die gegenwärtig von UN-Organisationen erfassten Menschen.
Kein Zusatzprotokoll zur
Genfer Flüchtlingskonvention
Zum einen sind Klimaflüchtlinge schon rechtlich vom
gegenwärtigen Regime ausgeschlossen. Die Genfer
Konvention und ihr Zusatzprotokoll von 1967 berücksichtigen lediglich Flüchtlinge, die aus ihrem eigenen Land fliehen, weil sie dort staatlich verfolgt
werden. Dabei werden nur eine eng begrenzte Zahl
von Fluchtgründen zugrunde gelegt, vor allem Verfolgung aufgrund von politischer und religiöser Überzeugung und Aktivitäten. Klimaflüchtlinge sind hier
nicht erfasst.
Auf der Konferenz auf den Malediven vom August 2006 wurde deshalb ein Entwurf für ein Zusatzprotokoll für die Genfer Flüchtlingskonvention
vorgestellt, um auch Klimaflüchtlinge unter das Regime zu fassen.9 Der rechtliche Charakter des Protokollentwurfs, der auf dieser Konferenz formuliert
wurde, bleibt unklar und liefert unseres Erachtens weder eine umsetzbare noch eine wirksame Lösung des
Problems.10 Schon die politische Umsetzungschance
dieses Vorschlags ist mehr als unwahrscheinlich. Die
meisten Regierungen tendieren derzeit eher zu einer
restriktiven Auslegung und Anwendung der Genfer
Konvention. Eine Ausweitung der Konvention um eine weitere Kategorie von Flüchtlingen, deren Zahl
der Hälfte der Bevölkerung Europas entsprechen
könnte, ist nicht anzunehmen. Auch würde die AusVEREINTE NATIONEN 1/2008
Biermann · Boas | Für ein Protokoll zum Schutz von Klimaflüchtlingen
weitung des Flüchtlingsbegriffs der Genfer Konvention problematische moralische Konsequenzen mit
sich bringen, da der Schutz gegenwärtiger politischer
Flüchtlinge mit ihren besonderen Bedürfnissen gefährdet wäre.11 Es ist zudem unwahrscheinlich, dass durch
die Änderung und Ausweitung der Genfer Konvention ein effektives Schutzregime geschaffen werden
würde, mit dem eine 20-fach größere Zahl an Flüchtlingen versorgt werden kann.
Vor allem aber wird dieser Vorschlag dem besonderen Charakter und den Bedürfnissen von Klimaflüchtlingen im Vergleich zu politischen Flüchtlingen
nicht gerecht. Klimaflüchtlinge werden nicht von ihrem eigenen Staat verfolgt, sondern können im Grundsatz weiterhin dessen Schutz genießen, soweit die staatliche Leistungsfähigkeit (noch) reicht. Der Schutz von
Klimaflüchtlingen ist daher im Kern ein entwicklungspolitisches Problem. Für die betroffenen Menschen
sind umfangreiche, langfristig geplante Programme
zur Umsiedlung innerhalb ihres eigenen Landes erforderlich. Sie müssen oft zusammen mit Anpassungsprogrammen für andere Bevölkerungsgruppen durchgeführt werden, die zwar nicht evakuiert, aber etwa
durch verstärkte Küstenbefestigungen geschützt werden können. Nicht das UNHCR, sondern andere internationale Organisationen, insbesondere das Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen (UNDP)
oder die Weltbank werden die Hauptlast des Klimaflüchtlingsproblems tragen müssen. Das Amt des Hohen Flüchtlingskommissars wird eine Rolle spielen
müssen, doch kaum eine zentrale.
Klimaflüchtlinge sind schutzbedürftig und benötigen internationale Hilfe. Doch unterscheidet sich
diese Art von Hilfeleistung von den Bedürfnissen politischer Flüchtlinge, die ihr Heimatland aus Angst
vor staatlicher Verfolgung verlassen müssen. Die rechtlichen und politischen Schutzmechanismen beider Arten von Flüchtlingen müssen sich daher unterscheiden. Eine Ausweiterung der Genfer Konvention würde unnötigerweise zwei unterschiedliche Gruppen
von Betroffenen vermischen.
ten. Das Protokoll könnte durch eine Anbindung an
das Klimaregime die notwendige Einbeziehung der
Erkenntnisse der Klimaforschung in den Entscheidungsprozess verbessern.
* Dieser Beitrag beruht auf dem längeren Arbeitspapier: Frank Biermann und Ingrid Boas, Preparing for a Warmer World: Towards a Global
Governance System to Protect Climate Refugees, Working Paper No.
33, November 2007, Global Governance Project, über http://www.
glogov.org
1 Vgl. für eine ausführliche Darstellung des Sachstands: Biermann
und Boas, a.a.O. (Anm. *). Die Schätzung von 200 Millionen Menschen
geht zurück auf Berechnungen von Norman Myers, Environmental Refugees: A Growing Phenomenon of the 21st Century, Philosophical
Transactions: Biological Sciences, 357 Jg., H. 1420, April 2002, S. 609–
613, hier S. 609 und 611.
2 Vgl. u.a. Robert J. Nicholls, Frank M. J. Hoozemans und Marcel Marchand, Increasing Flood Risk and Wetland Losses Due to Global Sea-level Rise: Regional and Global Analyses, Global Environmental Change,
9. Jg., 1999, S. 69–87, hier S. 80.
3 Myers zum Beispiel schätzt, dass 26 Millionen Klimaflüchtlinge
aus Bangladesch kommen werden. Vgl. Myers, a.a.O. (Anm. 1), S. 611.
4 Vgl. u.a. Rachel Warren et al., Understanding the Regional Impacts
of Climate Change, Forschungsbericht für das ›Stern Review on the
Economics of Climate Change‹, Tyndall Centre Working Paper No. 90,
Norwich 2006.
5 Vgl. Nicholls, Hoozemans und Marchand, a.a.O. (Anm. 2), S. 71; Vgl.
Norman Myers und Jennifer Kent, Environmental Exodus. An Emergent
Crisis in the Global Arena, Climate Institute, Washington, DC 1995, S.
151–153, hier S. 148; Vgl. u.a. Warren et al., a.a.O. (Anm. 4), S. 18.
6 Vgl. Tearfund, Fleeing the Heat, Teddington 2006, S. 12.
7 Vgl u.a. Nicholls, Hoozemans und Marchand, a.a.O. (Anm. 2), S. 81;
N. W. Arnell et al., The Consequences of CO2 Stabilization for the Impacts of Climate Change, Climate Change, 53. Jg., 2002, S. 413–446, hier
S. 414, 429 und 431.
8 United Nations High Commissioner for Refugees (UNHCR), 2006
Global Trends: Refugees, Asylum-seekers, Returnees, Internally Displaced and Stateless Persons, Genf 2007, S. 4–5. Dies ist eine eher eingeschränkte Zahl. Wie das UNHCR schreibt: »Rund 4,3 Millionen paläs-
Für ein eigenes Regime zum
Schutz von Klimaflüchtlingen
tinensische Flüchtlinge, die unter das Mandat des UN-Hilfswerks für
Palästinaflüchtlinge im Nahen Osten (UNRWA) fallen, sind zum Beispiel im Bericht nicht enthalten.« S. 2.
Aus diesen Gründen plädieren wir für ein eigenes
Regime für Klimaflüchtlinge in Form eines Zusatzprotokolls zur Klimarahmenkonvention der Vereinten Nationen. Dieses ist am besten geeignet, Klimaflüchtlinge anzuerkennen, ihnen Schutz zu gewähren und ihre Umsiedlung auf freiwilliger Basis zu gewährleisten: ein ›Protokoll für die Anerkennung, den
Schutz und die Umsiedlung von Klimaflüchtlingen‹
(fortan Klimaflüchtlingsprotokoll). Solch ein Protokoll könnte sich auf weithin vereinbarte Grundsätze
der Klimapolitik stützen, wie den Grundsatz gemeinsamer, aber differenzierter Verantwortlichkeit und
den Grundsatz der Erstattung der vollen MehrkosVEREINTE NATIONEN 1/2008
9 Republic of Maldives (Ministry of Environment, Energy and Water), Report on the First Meeting on Protocol on Environmental Refugees: Recognition of Environmental Refugees in the 1951 Convention
and 1967 Protocol Relating to the Status of Refugees, Male, Malediven,
14.–15.8.2006, Archiv Frank Biermann.
10 Siehe auch Fabrice Renaud et al., Control, Adapt or Flee: How to Face
Environmental Migration?, Interdisciplinary Security Connections No. 5,
Universität der Vereinten Nationen, Institut für Umwelt und menschliche Sicherheit (UNU-EHS), Bonn 2007, S. 34.
11 JoAnn McGregor, Climate Change and Involuntary Migration: Implications for Food Security, Food Policy, 19. Jg., 2/1994, S. 128.; Gaim Kibreab, Environmental Causes and Impact of Refugee Movements: A
Critique of the Current Debate, Disasters, 21. Jg., 1/1997, S. 21.
11
Biermann · Boas | Für ein Protokoll zum Schutz von Klimaflüchtlingen
Der Klimawandel ist
ein globales
Problem, sowohl
was die Ursachen
als auch was die
Folgen angeht, und
die Industriestaaten
tragen den
Löwenanteil der
Verantwortung für
seine Opfer.
Im Kern eines
Klimaflüchtlingsregimes stünden
keine Programme
des Katastrophenschutzes, sondern
die geplante und
freiwillige
Umsiedlung über
Jahrzehnte hinweg.
12
Ein eigenes Regime für die Anerkennung, den
Schutz und die Umsiedlung von Klimaflüchtlingen
muss auf Grundsätzen aufbauen, die auf das spezifische Problem von Klimaflüchtlingen zugeschnitten
sind und dessen politische, rechtliche und ethische
Dimensionen umfassen.
Wir schlagen fünf Grundsätze als Grundlage für
die institutionelle Entwicklung des Regimes vor:
1. Umsiedlung statt zeitlich begrenztes Asyl. Klimaflüchtlinge können nicht in ihre Heimat zurückkehren. Daher muss die zugrunde liegende Annahme
des gegenwärtigen Flüchtlingssystems, dass Flüchtlinge zurückkehren können, sobald die staatliche Verfolgung in ihren Heimatländern beendet ist, durch eine institutionelle Struktur ersetzt werden, die Klimaflüchtlinge als dauerhafte Einwanderer der sie aufnehmenden Regionen oder Länder betrachtet.
2. Langfristige Planung von Umsiedlungsprogrammen. Auch wenn sich die Auswirkungen des Klimawandels vor allem in unvorhersehbaren Katastrophen,
wie Stürmen, Fluten oder Dürren, manifestieren werden, können Ausmaß und Häufigkeit solcher Katastrophen vorausgesehen werden. Die daraus resultierende Notwendigkeit, besonders gefährdete Siedlungsgebiete zu verlassen, ist prognostizierbar. Die Ströme
von Klimaflüchtlingen können daher besser organisiert werden als bei Opfern politischer Unruhen oder
von Kriegen. Sie können geplant werden. Mit Programmen zur geplanten, freiwilligen Um- und Wiederansiedlung für bestimmte Bevölkerungsgruppen
– manchmal über viele Jahre und Jahrzehnte – kann
man dem Problem daher viel besser gerecht werden
als bei spontanen Fluchtbewegungen. Im Kern eines
Klimaflüchtlingsregimes stünden daher keine Programme des Katastrophenschutzes, sondern die geplante und freiwillige Umsiedlung über Jahrzehnte
hinweg.
3. Kollektive Rechte für Bevölkerungen. Die Genfer Konvention beruht auf individueller Verfolgung.
Dies umfasst zwar auch quasi-kollektive Ansprüche
– zum Beispiel, wenn ganze ethnische oder religiöse
Gruppen in einem Land als verfolgt gelten – aber das
System ist hauptsächlich auf die staatliche Verfolgung
von Individuen ausgelegt. Ein Klimaflüchtlingsregime
müsste stattdessen auf regional definierte Gruppen
von Menschen, wie Einwohner bestimmter Dörfer,
Städte, Bezirke bis hin zu – wie im Falle kleiner Inseln – ganzer Nationen zugeschnitten werden.
4. Internationale Unterstützung für nationale
Maßnahmen. Klimaflüchtlinge genießen im Prinzip
den Schutz ihrer Heimatländer, und in vielen Fällen
werden schwere Schäden des Klimawandels nur Teile eines Landes betreffen. Daher wird ein internationales Klimaflüchtlingsregime weniger auf den Schutz
von Menschen außerhalb ihrer Staaten, sondern eher
auf die Unterstützung ihrer eigenen Regierungen, Gemeinden und öffentlichen Hilfseinrichtungen abzielen. Bei der organisatorischen Herausforderung, Kli-
maflüchtlinge zu schützen und umzusiedeln, geht es
daher im Kern um internationale Unterstützung und
Finanzierung für nationale Hilfs- und Umsiedlungsmaßnahmen in Ländern, die Hilfe angefordert haben.
5. Internationale Lastenverteilung. Der Klimawandel ist ein globales Problem, sowohl was die Ursachen als auch was die Folgen angeht, und die Industriestaaten tragen den Löwenanteil der Verantwortung für seine Opfer. Daher liegt es nahe, auch zum
Schutz von Klimaflüchtlingen institutionelle Elemente vorhandener Klimavereinbarungen zu übernehmen.
Diese könnten zum Beispiel den Grundsatz gemeinsamer, aber differenzierter Verantwortlichkeit und
entsprechender Kapazitäten umfassen (so dass reichere Staaten höhere Kosten für den Schutz von Klimaflüchtlingen tragen müssen) wie auch den Grundsatz
der Erstattung der vollen Mehrkosten eines betroffenen Landes für die Umsiedlung von Klimaflüchtlingen durch die internationale Gemeinschaft.
Der Begriff Klimaflüchtling
Einige zwischenstaatliche Organisationen, wie die Internationale Organisation für Migration (IOM) und
das UNHCR, scheinen den Begriff Klimaflüchtling
oder Umweltflüchtling abzulehnen, weil er bestimmte Rechte unter der Genfer Flüchtlingskonvention
suggeriert. Hier wird der Begriff ›Flüchtling‹ oft auch
auf grenzüberschreitende Flucht beschränkt, da die
Genfer Konvention auf Personen begrenzt ist, die keinen Schutz durch ihr Heimatland genießen, sondern
von diesem verfolgt werden. Deshalb bevorzugen
manche internationale Organisationen den Begriff der
›Umweltvertriebenen‹ (environmentally displaced persons).12 Dieser könnte Klimaflüchtlinge umfassen,
von denen viele noch den Schutz ihrer Heimatstaaten
genießen, zumindest im Prinzip.13 Das Amt des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Menschenrechte definiert Binnenvertriebene als »Personen oder Personengruppen, die gezwungen wurden
zu fliehen oder ihre Häuser oder gewöhnlichen Aufenthaltsorte zu verlassen, insbesondere als Folge von
bewaffneten Konflikten, Situationen allgemeiner Gewalt, Menschenrechtsverletzungen oder von natürlichen oder von Menschen gemachten Katastrophen
oder um den Folgen dieser zu entgehen und die keine
international anerkannte Staatsgrenze überschritten
haben«.14 Ähnlich definierte die IOM Umweltvertriebene.15 Das Sekretariat der Klimarahmenkonvention scheint dieser Sprachregelung zu folgen. So vermied der Exekutivsekretär der Klimarahmenkonvention in einer Presseerklärung den Begriff ›Flüchtling‹
und sprach stattdessen von ›Umweltvertriebenen‹.16
Andererseits war es das UN-Umweltprogramm,
das den Begriff Umwelt-›Flüchtling‹ bereits im Jahr
1985 bekannt machte.17 Ebenso benutzt die ›Agenda
21‹, auf die sich fast alle Regierungen auf der UNKonferenz über Umwelt und Entwicklung in Rio im
VEREINTE NATIONEN 1/2008
Biermann · Boas | Für ein Protokoll zum Schutz von Klimaflüchtlingen
Jahr 1992 geeinigt haben, an mehreren Stellen den
Begriff ›Umweltflüchtlinge‹.18 Auch in einigen nationalen Politikdebatten scheint die Bezeichnung Akzeptanz zu finden. Beispielsweise schlug Australiens
Labor Party im Oktober 2006 eine internationale
Koalition vor, um ›Klimaflüchtlinge‹ aus der Pazifikregion aufzunehmen19 – als Reaktion auf die Haltung der damaligen australischen Regierung, die den
Begriff Klimaflüchtlinge ablehnte.20 Australiens Grüne legten im Jahr 2007 einen Änderungsentwurf für
das Migrationsgesetz bezüglich ›Klimaflüchtlingen‹
vor. Dieser Gesetzesentwurf definiert Klimaflüchtlinge allgemein als »durch eine Umweltkatastrophe, die
aus rasch fortschreitenden ökologischen und klimatischen Veränderungen und Zerstörungen resultiert.
Diese umfassen das Ansteigen des Meeresspiegels,
Küstenerosion, Wüstenbildung, Zusammenbrechen
von Ökosystemen, Trinkwasserverschmutzung, häufigeres Auftreten extremer Wetterereignisse, wie Zyklone, Tornados, Fluten oder Dürren, vertriebene
Personen; das bedeutet, dass es Einwohnern unmöglich ist, ein sicheres oder zukunftsfähiges Leben in
ihrer unmittelbaren Umwelt zu führen.«21
Somit gibt es im Bereich der öffentlichen Politik keinen Konsens über eine angemessene Terminologie. Wir
sehen vor allem zwei Gründe, die gegen eine eingeschränkte Definition des Flüchtlingsbegriffs sprechen.
Erstens hilft die Unterscheidung zwischen grenzüberschreitender Flucht und Binnenflucht, die ein
Kernelement des Flüchtlingskonzepts des UNHCR
ist, nicht weiter, da es in der Tat (auch) zu grenzüberschreitender Flucht aufgrund des Klimawandels
kommen wird. Einige Inselstaaten werden im wahrsten Sinne des Wortes untergehen, und manche Staaten, besonders die von Dürren betroffenen, könnten
durch das Ausmaß ihrer prekären Lage überfordert
werden. Diese Menschen werden Zuflucht außerhalb
ihres Heimatlands finden müssen. Einige Klimaflüchtlinge werden daher Grenzen überschreiten (müssen),
auch wenn die meisten in ihren Heimatländern bleiben können. Es ist schwierig zu begründen, dass ein
globaler Regelungsmechanismus Klimaflüchtlingen
eine andere Rechtsstellung und Bezeichnung verleiht, je
nachdem, ob sie eine Grenze überschreiten oder nicht.
Zweitens besteht a priori kein Grund, den stärkeren Begriff des ›Flüchtlings‹ für eine Gruppe von Menschen zu reservieren, die im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit nach 1945 standen, und weniger angemessene Begriffe für Menschen zu erfinden, die heute
gezwungen werden, ihre Heimat zu verlassen, mit
ähnlich gravierenden Folgen. Warum sollten die Einwohner mancher Atolle auf den Malediven, die umgesiedelt werden müssen aufgrund der berechtigten
Befürchtung, spätestens im Jahr 2050 überschwemmt
zu werden, weniger Schutz erhalten als Menschen, die
politische Verfolgung fürchten? Aus diesen Gründen
halten wir es für unverzichtbar, den Begriff Klimaflüchtlinge zu gebrauchen.
VEREINTE NATIONEN 1/2008
Ausgestaltung des Protokolls
über Klimaflüchtlinge
Wie könnte dieses Protokoll zur Klimarahmenkonvention zum Schutz von Klimaflüchtlingen konkret
ausgestaltet werden?
Liste potenziell betroffener Siedlungsgebiete
Zum einen müsste das Protokoll einen Exekutivausschuss für die Anerkennung, den Schutz und die Umsiedlung von Klimaflüchtlingen vorsehen, der unter
der Weisungsbefugnis der Vertragsstaaten der Klimarahmenkonvention arbeitet (welche mutatis mutandis
als Vertragsstaatenkonferenz des Klimaflüchtlingsprotokolls dienen würde). Dieser Exekutivausschuss
würde eine Liste führen über bestimmte Verwaltungseinheiten (wie Dörfer, Inseln, Bezirke) unter der Zuständigkeit der Vertragsstaaten, die unmittelbar oder
in absehbarer Zeit aufgrund des Klimawandels umgesiedelt werden müssen. Jeder Vertragsstaat des Protokolls wäre berechtigt, Gebiete unter seiner Zuständigkeit zu benennen, die in die Liste betroffener Gebiete aufgenommen werden sollen. Im Einklang mit
dem Souveränitätsprinzip der Vereinten Nationen
würde über die Aufnahme betroffener Gebiete sowie
über die Art der Unterstützung ausschließlich auf offiziellen Antrag der Regierung des betroffenen Gebiets hin entschieden werden.
Es besteht kein
Grund, den stärkeren Begriff des
›Flüchtlings‹ für
eine Gruppe von
Menschen zu reservieren, die im
Mittelpunkt der
Aufmerksamkeit
nach 1945 standen.
12 UNHCR, Environmental migrants and refugees, Refugees, Jg. 127,
2002 (hrsg. von Ray Wilkinson), S. 12–13, hier S. 13; siehe auch: David
Keane, The Environmental Causes and Consequences of Migration: A
Search for the Meaning of ›Environmental Refugees‹, Georgetown International Environmental Law Review, 16. Jg., 2/2004, S. 209–223, hier
S. 215–217.
13 Vgl. Keane, a.a.O. (Anm. 12), S. 215–217.
14 Office of the High Commissioner for Human Rights, Guiding Principles on Internal Displacement, UN-Dok. E/CN.4/1998/53/Add.2 v. 11.2.1998;
Siehe auch Keane, a.a.O. (Anm. 12), S. 217.
15 International Organization for Migration, Environmentally-Induced Population Displacements and Environmental Impacts Resulting
from Mass Migration (International Symposium), Genf, 21.–24.4.1996,
S. 4; Keane, a.a.O. (Anm. 12), S. 215.
16 Yvo de Boer, Exekutivsekretär der Klimarahmenkonvention, ›UNFCCC
Executive Secretary Says Significant Funds Needed to Adapt to Climate
Change Impacts‹, UNFCCC-Presseerklärung, 6.4.2007.
17 Essam El-Hinnawi, Environmental Refugees, UNEP, Nairobi 1985.
18 Vereinte Nationen, Agenda 21: Das Aktionsprogramm der Vereinten
Nationen von Rio de Janeiro, 1992. Vgl. Kapitel 12, insbesondere 12.4,
12.46 und 12.47. Text: http://www.agrar.de/agenda/agd21k00.htm
19 Australian Labor Party, Labor Calls for International Coalition to
Accept Climate Change Refugees, Presseerklärung, 9.10.2006.
20 Renaud et al., a.a.O. (Anm. 10), S. 20–21.
21 Senator Kelly Nettle, Climate Change Refugees, Presseerklärung 2007,
http://www.kerrynettle.org.au/300_campaigns_sub.php?&dept
ItemID=51
13
Biermann · Boas | Für ein Protokoll zum Schutz von Klimaflüchtlingen
Exekutivausschuss
Die betroffenen
Menschen würden
besondere Rechte
und Unterstützung,
einschließlich für den
Erwerb neuen
Landes, erhalten.
Ein eigenes Regime
für Klimaflüchtlinge
wird lediglich, in
einem separaten
Rechtsdokument,
eine neue Art von
Schutz für eine
neue, anders
definierte Art von
Flüchtlingen
hinzufügen.
Auch wenn über die Zusammensetzung und Verfahrensweisen dieses Exekutivausschusses in den Verhandlungen vermutlich hart gerungen werden wird,
mag es hilfreich sein, sich ein Beispiel zu nehmen, etwa
am Montrealer Protokoll über Stoffe, die zum Abbau der Ozonschicht führen. Dem Beispiel folgend
könnte der Exekutivausschuss paritätisch mit betroffenen Staaten und Geberländern besetzt werden. Die
Beschlüsse würden mit doppelter Mehrheit gefasst
werden, das heißt, mit der einfachen Mehrheit der Geberländer und gleichzeitig der einfachen Mehrheit der
betroffenen Länder. Dies würde beiden Seiten ein kollektives Vetorecht in Bezug auf die künftige Ausgestaltung des Regimes einräumen. Exekutivausschuss,
betroffene Staaten und die Vertragsstaatenkonferenz
des Klimaflüchtlingsprotokolls werden auf regelmäßige wissenschaftliche Beratung angewiesen sein, insbesondere bezüglich regionaler Auswirkungen von
Klimaänderungen. Daher ist es entscheidend, dass Regierungen, Exekutivausschuss und die Vertragsstaatenkonferenz des Klimaflüchtlingsprotokolls von einem wissenschaftlichen Gremium unterstützt werden.
Dies könnte entweder ein Unterorgan des bestehenden
Beratungsausschusses der Klimarahmenkonvention
sein oder ein neu eingerichtetes Gremium, das nur
für das Klimaflüchtlingsprotokoll zuständig ist. Ebenso könnte das IPCC aktuelle Schätzungen zuliefern.
Eine Aufnahme in die Liste der Siedlungsgebiete,
die unmittelbar oder in absehbarer Zeit aufgrund des
Klimawandels aufgegeben werden müssen, könnte
unter anderem folgendes nach sich ziehen: die betroffenen Menschen würden besondere Rechte und Unterstützung, einschließlich für den Erwerb neuen Landes, erhalten, und langfristige freiwillige Umsiedlungsprogramme über mehrere Jahre hinweg würden mit internationaler Unterstützung organisiert. Die
Bewohner kleiner Inselstaaten würden bei der Auswanderung unterstützt werden, einschließlich von Integrationsprogrammen in ihre neuen Gastländer.
Wahrscheinlich werden diese Rechte auf Einwohner
von Ländern beschränkt werden können, die nicht in
Annex I der Klimarahmenkonvention aufgelistet sind,
mithin auf Entwicklungsländer laut der (breiten) Definition des Klimaregimes.22
Abgrenzung zur Genfer Flüchtlingskonvention
Neue Rechtsstrukturen für Klimaflüchtlinge können zu Reibungsproblemen mit existierenden Rechtsstrukturen für politische Flüchtlinge unter der Genfer Konvention und anderen Abkommen und nationalen Gesetzen führen. Daher wurde von manchen
Beobachtern vorgeschlagen, dass der Flüchtlingsbegriff auf politische Flüchtlinge laut der Definition der
Genfer Konvention beschränkt werden müsse. Allerdings gibt es, wie bereits erläutert, a priori keinen
Grund, den Flüchtlingsbegriff für Menschen, die auf-
14
grund politischer Verfolgung fliehen, zu reservieren.
Eine Unterscheidung zwischen dem Rechtsstatus politischer Flüchtlinge, die durch die Genfer Konvention
geschützt werden, und dem Rechtsstatus von Klimaflüchtlingen, die durch ein Klimaflüchtlingsprotokoll
geschützt werden, bedarf eines terminologischen Abgleichs innerhalb des UNHCR-Systems, ist aber rechtlich und praktisch unproblematisch. Insbesondere bedarf ein Rechtsdokument für Klimaflüchtlinge keiner Änderung der Genfer Konvention und ihres Protokolls, da diese Dokumente den Flüchtlingsbegriff
nur für ihr eigenes Regime definieren.23 Bereits heute arbeiten die regionalen Flüchtlingskonventionen
in Afrika und Zentralamerika mit Flüchtlingsdefinitionen, die sich von der Definition der Genfer Konvention unterscheiden, und bieten verschiedenen Arten von Flüchtlingen daher verschiedene Arten von
Schutz. Ein eigenes Regime für Klimaflüchtlinge wird
lediglich, in einem separaten Rechtsdokument, eine
neue Art von Schutz für eine neue, anders definierte
Art von Flüchtlingen hinzufügen.
Finanzierung
Die beste Art der Finanzierung für den Schutz von
Klimaflüchtlingen wäre ein eigener Fonds: ein »Fonds
zum Schutz und zur Umsiedlung von Klimaflüchtlingen«.24 Während der operative Aspekt dieses Fonds
mit anderen finanziellen Mechanismen verbunden
werden könnte, um die Effizienz zu erhöhen, sollte
die Verwaltung des Fonds unabhängig sein und unter
der Aufsicht der Vertragsstaaten des Klimaflüchtlingsprotokolls stehen.
Wichtige Fragen für diese neue Einrichtung speziell für Klimaflüchtlinge werden zum einen die Höhe
der Finanzierung sein, die von der internationalen
Gemeinschaft bereitgestellt werden muss, und zum
andern das Finanzierungsprinzip, das ihrem Schutz
zugrunde liegt. Für Programme der Klimarahmenkonvention zur Eindämmung von Treibhausgasemissionen haben sich Industriestaaten verpflichtet, Entwicklungsländer für die vereinbarten vollen Mehrkosten zu entschädigen. Ähnliche Vorschriften gelten
für die Anpassung. Ferner verpflichtet die Klimarahmenkonvention Industriestaaten, die anfälligsten
Länder bei der Übernahme der Anpassungskosten
zu unterstützen (Art. 4.4) und räumt den am wenigsten entwickelten Ländern Sonderrechte (Art. 4.9)
ein.25 Dies legt nahe, das Prinzip der vollen Mehrkostenerstattung auch auf den Schutz und die Umsiedlung von Klimaflüchtlingen anzuwenden, zumindest
in solchen Situationen, in denen der Kausalzusammenhang mit dem Klimawandel unstrittig ist, namentlich der Anstieg des Meeresspiegels. In anderen Situationen, in denen der Klimawandel nur ein
Grund für die Verschlechterung der Umwelt ist – zum
Beispiel bei Wasserknappheit –, ist das Prinzip der
zusätzlichen Finanzierung statt voller Mehrkostenerstattung allerdings eher angemessen.
VEREINTE NATIONEN 1/2008
Biermann · Boas | Für ein Protokoll zum Schutz von Klimaflüchtlingen
In jedem Fall werden die Kosten freiwilliger Umsiedlung und Wiedereingliederung von Millionen von
Menschen, die ihre Inseln, Küstenregionen oder wasserarmen Gebiete verlassen müssen, beträchtlich sein
und in kommenden Jahrzehnten wahrscheinlich in
Milliardenhöhe (Euro) anfallen. Selbst wenn neuartige Quasi-Steuern wie eine internationale Flugverkehrsabgabe eingeführt würden, wird die Hauptverantwortung für die Finanzierung durch solche Mechanismen bei den Regierungen der Industrieländer
liegen.
Verwaltung des Protokolls
Die Umsiedlung von Millionen von Klimaflüchtlingen im Laufe dieses Jahrhunderts wird nicht nur ein
neues Rechtssystem erfordern, sondern auch eine oder
mehrere internationale Organisationen, die diese Aufgabe übernehmen. Da klimabedingte Flucht unterschiedliche Gründe hat, ist es unwahrscheinlich, dass
eine Organisation allein mit der Aufgabe betraut werden würde. Die bessere Alternative wäre, einen Verbund von Organisationen einzurichten, die als operative Organisationen unter Weisungsbefugnis der
Vertragsstaaten des Protokolls die Aufgabe übernehmen. Sie würden in ihrem jeweiligen Kompetenzbereich und abhängig von der Gruppe und den Umständen der Menschen, die der Hilfe und Umsiedlung
bedürfen, arbeiten.
Eine wichtige Rolle dürfte dem UN-Entwicklungsprogramm und der Weltbank zukommen. Beide kämen als Umsetzungsorganisationen für die geplante
freiwillige Umsiedlung von Bevölkerungen, die von
den Vertragsstaaten festgelegt werden, in Frage. Obwohl ihm ein starkes operatives Mandat fehlt, könnte auch das UN-Umweltprogramm unschätzbare zusätzliche Unterstützung im Sinne von Forschung, Informationsweitergabe, rechtlicher und politischer Beratung und anderer Kernaufgaben dieser Organisation bereitstellen. Ein kleines, koordinierendes Sekretariat für das Protokoll wäre nötig, möglicherweise
als Unterabteilung des UNFCCC-Sekretariats in Bonn.
Darüber hinaus wird das Amt des Hohen Kommissars für Flüchtlinge eine Rolle spielen, auch wenn es
angesichts der besonderen Charakteristika der Klimaflüchtlingskrise wenig wahrscheinlich ist, dass es die
federführende Organisation werden würde. Jedoch
wird seine Kompetenz in punkto humanitäre Notstände ebenso wie sein rechtliches und technisches
Fachwissen unverzichtbar auch für den Schutz von
Klimaflüchtlingen sein.26
allem in den ärmeren, dichtbesiedelten Gebieten der
Entwicklungsländer – dazu zwingen, ihre Siedlungsgebiete aufzugeben. Die bestehenden Institutionen
und Organisationen sind jedoch bislang nicht darauf ausgerichtet, dieser sich abzeichnenden Flüchtlingskrise effektiv zu begegnen. Wir schlagen deshalb
ein neues, speziell auf die Bedürfnisse von Klimaflüchtlingen zugeschnittenes Rechtsdokument vor –
ein Protokoll für die Anerkennung, den Schutz und
die Umsiedlung von Klimaflüchtlingen zur Klimarahmenkonvention der Vereinten Nationen. Zu dessen Finanzierung plädieren wir für einen eigenen Finanzierungsmechanismus, den Klimaflüchtlingsschutz- und -umsiedlungsfonds. Die grundsätzliche
Vorhersagbarkeit von Folgeschäden des Klimawandels erfordert – ermöglicht aber auch – rechtzeitige
Vorbereitung und Planung. Daher haben wir unseren Vorschlag gerade nicht im Sinne einer Nothilfeplanung entworfen, sondern als geplante, organisierte und freiwillige Umsiedlungsprogramme. Wenn es
um den Anstieg des Meeresspiegels geht, gibt es keinen Grund, zu warten bis Orkane und Flutwellen Inseln und Küstenregionen überfluten. Alle Gebiete, die
aus praktischen oder ökonomischen Gründen nicht
durch verstärkten Küstenschutz gesichert werden
können, müssen frühzeitig in langfristige Umsiedlungs- und Wiedereingliederungsprogramme aufgenommen werden, die den Prozess für die betroffenen Menschen annehmbar und erträglich machen.
Dies jedoch erfordert rechtzeitiges Handeln im Sinne
des Aufbaus angemessener und effektiver Regelungsmechanismen. Die Planung eines Flüchtlingsprotokolls und damit zusammenhängender institutioneller
Vorkehrungen kann nicht bis zum Jahr 2050 warten, weil es für geregelte und organisierte Maßnahmen dann zu spät sein wird. Sie muss jetzt beginnen.
Die Hauptverantwortung für die
Finanzierung der
Umsiedlung von
Klimaflüchtlingen
wird bei den
Regierungen
der Industrieländer
liegen.
Die Planung eines
Flüchtlingsprotokolls
und damit zusammenhängender
institutioneller
Vorkehrungen kann
nicht bis zum
Jahr 2050 warten.
22 Siehe hierzu allgemein Frank Biermann, Weltumweltpolitik zwischen
Nord und Süd. Die neue Verhandlungsmacht der Entwicklungsländer,
Baden-Baden 1998.
23 Vgl. Art. 1 lit. a (2) der Genfer Konvention von 1951.
24 Vgl. Wissenschaftlicher Beirat der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen (WBGU), Welt im Wandel: Sicherheitsrisiko Klimawandel, Berlin 2006, der einen Umweltmigrationsfonds vorgeschlagen
hat, S. 13 und 228; http://www.wbgu.de/wbgu_jg2007.html
25 Vgl. Biermann, a.a.O. (Anm. 22), Kapitel 6.
26 Gemäß Art. 9 des Statuts des Hohen Kommissars für Flüchtlinge
Fazit
kann die Generalversammlung den Hohen Kommissar bitten, »sich innerhalb der ihm zur Verfügung stehenden Mittel mit solchen zusätzli-
Trotz aller derzeitigen Anstrengungen der Klimapolitik ist es unwahrscheinlich, dass eine Veränderung
des Weltklimas noch aufgehalten werden kann. Die
beginnende Erderwärmung wird in einigen Jahrzehnten voraussichtlich Millionen von Menschen – vor
VEREINTE NATIONEN 1/2008
chen Aktivitäten, einschließlich Wiedereinbürgerung und Wiederansiedlung … zu befassen.« UNHCR, Genf 2007. Diese Klausel könnte die
Grundlage eines von der UN-Generalversammlung zu verabschiedenden formalen Mandats sein, bei der Umsetzung eines Protokolls für
Klimaflüchtlinge zur Klimarahmenkonvention zu helfen.
15
Mittler | Schwach, schwächer, CSD?
Schwach, schwächer, CSD?
Die Kommission für nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen 15 Jahre nach Rio
Daniel Mittler
Daniel Mittler,
geb. 1973, ist seit
dem Jahr 2004 Politischer Berater von
Greenpeace International in Berlin. Er ist
dort unter anderem
für Fragen der UNReform zuständig.
Im Jahr 2007 wurde die Kommission für nachhaltige Entwicklung 15 Jahre alt. Statt zu einer Feier kam
es bei der 15. Tagung aber zum Eklat. Zu der brisanten Frage einer nachhaltigen globalen Energiepolitik konnte keine Einigung erzielt werden. Dieser
Beitrag skizziert die Hintergründe dieses Scheiterns
und fragt, ob die Kommission noch eine produktive
Rolle in der internationalen Nachhaltigkeitspolitik
spielen kann. Der Autor argumentiert, dass die Kommission alle in sie gesetzten Hoffnungen enttäuscht
hat, es aber kurzfristig kein anderes UN-Organ gibt,
welches die Umsetzung der Beschlüsse von Rio und
Johannesburg überwachen kann.
2007 war ein ungewöhnliches Jahr für die Kommission für nachhaltige Entwicklung (Commission on
Sustainable Development – CSD), die in diesem Jahr
ihren 15. Jahrestag beging. Ausgerechnet im Jahr eines besonders hohen Medieninteresses am Klimawandel war ein Schwerpunktthema der 15. Tagung die
Energiepolitik, die eng mit Klimafragen verbunden
ist. Ausgerechnet 2007 konnte kein Konsens erzielt
werden. Die Tagung scheiterte und dieses Scheitern –
sonst vielleicht als Fußnote der UN-Geschichte eher
belächelt – machte in dem vom Klimaschutz dominierten Jahr 2007 Schlagzeilen. Hat die CSD nach
dem Eklat des letzten Jahres überhaupt noch eine
Zukunft?
Entstehung und Aufgabe der CSD
Rosig waren die Zeiten für die Kommission zugegebener Maßen noch nie. Doch vor dem Hintergrund der
Schwierigkeiten, die die Vereinten Nationen seit Jahrzehnten damit haben, für entscheidende Zukunftsfragen, wie Umwelt- und Energiepolitik, eine adäquate institutionelle Antwort zu finden, galt die auf
der Konferenz der Vereinten Nationen über Umwelt
und Entwicklung (›Erdgipfel‹) von Rio de Janeiro
im Jahr 1992 beschlossene Kommission als institutionelle Innovation. So wurde auch in einem Beitrag
in dieser Zeitschrift im Jahr 1993 die Schaffung der
Kommission »[D]as wichtigste Ergebnis des Erdgipfels [...] auf institutioneller Ebene« genannt.1
Die CSD wurde im Dezember 1992 mit Resolution 191 der UN-Generalversammlung ins Leben gerufen.2 Ihre erste Tagung fand im Juni 1993 am Sitz
der Vereinten Nationen in New York statt. Sie ist eine Fachkommission des Wirtschafts- und Sozialrats
(ECOSOC) und das Besondere an ihr ist, dass sie nicht
nur aus 53, jeweils für drei Jahre gewählten Staaten16
vertretern besteht, sondern auch aus Vertretern von
UN-Sonderorganisationen. Die Kommission tagt im
Frühjahr für zwei Wochen. Im so genannten ›High
Level Segment‹ an den letzten zwei bis drei Tagen nehmen Minister teil.
Aufgabe der Kommission ist, die internationale
und nationale Umsetzung der Beschlüsse von Rio, insbesondere die ›Agenda 21‹, sowie des Folgegipfels
›Rio+10‹ im Jahr 2002 in Johannesburg, vor allem
den dort verabschiedeten ›Durchführungsplan‹, voranzutreiben und zu kontrollieren. Von Anfang an allerdings plagte die CSD ihre mangelnde realpolitische
Macht. Die Kommission kann nur kommentieren und
Diskussionen anstoßen. Sie kann weder eigene Politikvorgaben beschließen noch über die Kohärenz der
Maßnahmen anderer UN-Organisationen wachen;
sie kann Geldflüsse weder initiieren noch (wirklich)
beeinflussen. Die CSD hatte immer nur diskurspolitische Macht. Wie bereits erwähnt, gehört immerhin
ein Ministersegment zu den Tagungen der Kommission. Wenn aktive Minister wie der Neuseeländer Simon Upton Ende der neunziger Jahre die Kommission
leiteten, dann zeigte dies Wirkung und viele Minister
kamen (im Jahr 1999 waren es immerhin 87). Auf diesem Wege bekamen die Beschlüsse und Reden der
CSD zumindest ein gewisses Gewicht im globalen
Diskurs. Ansonsten konnte man die Rolle der Kommission am besten als eine Art ›NachhaltigkeitsVolkshochschule‹ des internationalen Beamtentums
verstehen. Neue Konzepte – etwa Indikatoren für
die nachhaltige Entwicklung – konnten dort zur internationalen Diskussion gestellt werden. Ideen wie
eine Pro-Kopf-Verteilung von CO2-Emissionsmengen, wie sie heute die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel propagiert, wurden zum Beispiel bereits
Mitte der neunziger Jahre bei CSD-Tagungen rege
diskutiert.
Offen für die Zivilgesellschaft
Die mangelnde politische Macht hatte, neben der
Etablierung der CSD als Diskussionsforum, gerade
in den Anfangsjahren aber auch positive Seiten. So
half die Tatsache, dass sich niemand vor der CSD
fürchtete, dass dem Gremium erlaubt wurde, neue
Wege zu gehen. Insbesondere entwickelte es sich über
einige Jahre zum Experimentierfeld für neue Formen der Zusammenarbeit zwischen Vereinten Nationen und Zivilgesellschaft. So genannte ›Stakeholder
Dialogues‹, in denen verschiedenste Interessengruppen, von Regierungen über Wissenschaftler, GewerkVEREINTE NATIONEN 1/2008
Mittler | Schwach, schwächer, CSD?
schaften bis hin zu nichtstaatlichen Organisationen
(NGOs), zu Wort kommen, wurden zu einem festen
Bestandteil der Arbeit der Kommission.
Die Vertreter der Zivilgesellschaft durften an allen
Sitzungen (ob formell oder informell) teilnehmen,
eigene Informationen verteilen und hatten oft auch
Rederecht. Dies mag nicht spektakulär klingen. Es ist
aber Lichtjahre entfernt von der Praxis anderer UNInstitutionen, in denen NGOs oft der Zugang zu entscheidenden Treffen verwehrt wird, geschweige denn
der Praxis zum Beispiel der Welthandelsorganisation
(WTO). Diese lässt bei ihren Ministerkonferenzen
die NGOs nicht weiter als bis zum Pressezentrum vor
und schließt sie bei Verhandlungen in Genf ganz aus.
Noch offener für die Wirtschaft
Als sich die Vereinten Nationen Anfang des neuen
Jahrtausends stärker der Wirtschaft öffnen wollten,
wurde wiederum die CSD einer der Orte, wo eine neue
Form des Multilateralismus erprobt wurde.3 So werden die aus dem Weltgipfel für nachhaltige Entwicklung im Jahr 2002 hervorgegangenen ›Partnerschaften für eine nachhaltige Entwicklung‹4 offiziell von
der CSD verwaltet. Jedes Jahr ist eine PartnerschaftsMesse Teil der zweiwöchigen CSD-Tagungen. Dort
stellen sich gemeinsame Initiativen von Wirtschaft,
NGOs und Mitgliedstaaten für eine nachhaltige Entwicklung vor. NGOs sehen dies allerdings kritisch,
insbesondere da das CSD-Sekretariat nicht annähernd
über die Ressourcen verfügt, um die wirkliche Umsetzung der in den Partnerschaften versprochenen Maßnahmen zu überprüfen.5 Gleichzeitig gab die Kommission in den letzten Jahren den Vertretern von
NGOs, Gewerkschaften oder indigenen Gruppen immer weniger Raum, dafür jedoch immer mehr der
Wirtschaft – insbesondere den Vertretern internationaler Konzerne. Im Jahr 2005 wurde beispielsweise der Dialog mit der Zivilgesellschaft vom Vorsitzenden der Kommission einfach gestrichen. Auf der
14. Tagung im Jahr 2006, auf der es bereits um das
Thema Energie ging, wurden alle zivilgesellschaftlichen Vertreter angehalten, sich kurz zu halten. Gleichzeitig durfte ein gutes Dutzend Wirtschaftsvertreter
das Wort ergreifen, die fast alle die Interessen der
›fossilen Industrien‹ – also der Öl-, Gas- und Kohleindustrie – vertraten. Angesichts dieser Umdeutung
der ›innovativen Offenheit‹ der Kommission reiste
selbst der Vertreter des Windmarkt-Weltmarktführer
Vestas, der als einziger Wirtschaftsvertreter aus dem
Bereich Zukunftsenergien eingeladen war, bereits
nach einer Woche enttäuscht wieder ab.6
Vertreter entsandt wurden. Während Industrieländer
themenbezogen Experten entsandten, wurden Entwicklungsländer – schon allein aus Kostengründen –
im Regelfall von ihren Ständigen Vertretern in New
York repräsentiert. Diese sind in der Regel keine Experten auf dem Gebiet der nachhaltigen Entwicklung.
Sie betrachten gerade die Umweltdiplomaten der Industrieländer oft mit Unverständnis oder gar Misstrauen. Da die Tagungen der Kommission in der Regel in New York stattfinden, hat die Gruppe der 77
(G-77) einen noch größeren Einfluss auf die Diskussionen als in anderen entwicklungs- oder umweltpolitischen Debatten und Konferenzen (wie etwa auf
den internationalen Klimakonferenzen). Im Jahr 2007
sollte gerade auch dieser Punkt zum Scheitern der
15. Tagung beitragen.
Entwicklung in den ersten zehn Jahren
In den neunziger Jahren war die Beteiligung der Zivilgesellschaft äußerst rege. Man wollte der neu geschaffenen Institution eine Chance geben und den diskursiven Platz, der von den Vereinten Nationen angeboten wurde, nutzen. Ende der neunziger Jahre und mit
Beginn des neuen Jahrtausends machte sich jedoch
Lethargie breit. Ein Grund dafür war sicherlich die
allgemeine Wahrnehmung, dass die Kommission zunehmend an Einfluss verlor. Auf der 9. Tagung im
Jahr 2001 war die aktive Beteiligung der nichtstaatlichen Akteure besonders gering. Dieses Vakuum wurde von Teilen der Wirtschaft genutzt. Der energiepolitische Beschluss der 9. CSD war deshalb aus Sicht
der NGOs äußerst unbefriedigend. Es wurden keine
Fortschritte erzielt, die Atomkraft wurde nicht (explizit) aus der Familie der ›nachhaltigen Energieträger‹ ausgeschlossen und es wurde vor allem auf die
›effizientere Nutzung‹ fossiler Energieressourcen gebaut. Ein Grund für diesen einseitigen Beschluss war
die mangelnde aktive Beteiligung der Zivilgesellschaft.
Als Reaktion darauf entsandten einige internationa-
Die Vertreter der
Entwicklungsländer
betrachten die
Umweltdiplomaten
der Industrieländer
oft mit Unverständnis oder gar
Misstrauen.
1 Jens Martens, Kommission für nachhaltige Entwicklung: 1. Tagung,
Vereinte Nationen, 6/1993, S. 206f.
2 UN Doc. A/RES/47/191 v. 22.12.1992.
3 Jens Martens, Multistakeholder Partnerships – Future Models of
Mulitlateralism?, Friedrich-Ebert-Stiftung, Occasional Papers Berlin,
No. 29, Januar 2007, http://www.globalpolicy.org/eu/en/publ/martens
_multistakeholder_partnerships_online_version.pdf
4 Siehe: http://www.un.org/esa/sustdev/partnerships/partnerships
_fair.htm
5 Siehe Daniel Mittler, Wachsender Einfluss der Konzerne? Partner-
Strukturelle Mängel
schaften und die Privatisierung der UN, in: WEED u.a. (Hrsg.), Verbindliche Regeln für Multis – Corporate Accountability, 2006, S. 16–20, http://
Ein struktureller Mangel der Kommission war von
Anfang an, dass zu ihren Tagungen von den Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen sehr unterschiedliche
VEREINTE NATIONEN 1/2008
www.cora-netz.de/wp-content/uploads/doku2005.pdf
6 Siehe Jürgen Maier, Energiepolitische Metamorphosen in der UNO,
Forum Umwelt und Entwicklung, Rundbrief 2/2006. S. 3–4.
17
Mittler | Schwach, schwächer, CSD?
Die Diskussionen im
so genannten
Policy-Jahr hatten
keinen erkennbaren
Zusammenhang
mit denen des
vorangegangenen
›Review-Jahres‹.
Die Europäische
Union weigerte sich,
das inakzeptable
Schlusskommuniqué,
welches das Loblied
der fossilen
Industrien sang,
mitzutragen.
le NGOs in den folgenden Jahren bewusst Vertreter
zu den CSD-Tagungen, um Schadensbegrenzung zu
betreiben. So sollten zumindest Beschlüsse, die einen
Rückschritt gegenüber dem in Rio Erreichten bedeuteten, verhindert werden. Darüber hinaus war im Jahr
2002 die Beteiligung an der CSD äußerst rege, da die
Kommission offiziell den bis dahin größten UN-Gipfel aller Zeiten, den Weltgipfel für nachhaltige Entwicklung in Johannesburg, vorbereitete.
Wiedererwachtes Interesse
nach Johannesburg
Auch im darauf folgenden Jahr war das Interesse an
der Zukunft der Kommission im Vergleich zu der
Frustration und Lethargie gerade zwischen 1999 und
2001 immens. Zunächst schien die CSD auch bereit,
durch ein neues Verhandlungsprozedere und eine
Schwerpunktthemensetzung mehr Einfluss zu nehmen. Die 11. Tagung im Jahr 2003 gab jedenfalls
Auftrieb. Es handelte sich um die erste große UNTagung nach Beginn des Irak-Krieges. Die Diplomaten waren zwar auf das Treffen schlecht vorbereitet,
wollten aber (in der Mehrzahl) unbedingt beweisen,
dass die Vereinten Nationen handlungsfähig sind. Der
südafrikanische Umweltminister Valli Moosa setzte
sich mit seinem Vorschlag durch, dass die CSD künftig im Zwei-Jahres-Zyklen tagt (was seitdem Praxis
ist). Im ersten Jahr soll eine umfassende Überprüfung (Review) auf dem Programm stehen. Dabei soll
die Umsetzung von Maßnahmen im jeweils festgelegten Themenbereich überprüft werden. Im zweiten Jahr
folgt dann die Formulierung von politischen Schlussfolgerungen (Policies), die aus der Überprüfung gezogen werden sollen. Moosa setzte außerdem durch,
dass zentrale Themen, die keinen prominenten Platz
in den Vereinten Nationen haben, wie Wasser (2004/
2005) und Energie (2006/2007), die ersten Themen
wurden, denen sich das Gremium nach Johannesburg widmete. Dies klang nach einem Programm für
eine gestärkte, relevantere CSD.
Falsche Richtung
Doch es kam anders. Schon im Jahr 2005 konnten
Beobachter ernsthafte Zweifel hegen, ob der neue
Zwei-Jahres-Zyklus wirklich etwas bewirkt hatte.
Die Diskussionen im so genannten Policy-Jahr hatten keinen erkennbaren Zusammenhang mit denen
des vorangegangenen ›Review-Jahres‹. Die Ergebnisse blieben so wenig konkret wie eh und je. Der kleinste gemeinsame Nenner hatte sich wieder durchgesetzt.
Nun galt es für die CSD, das prominente Thema
Energie im Zwei-Jahres-Zyklus 2006/2007 zu nutzen. Dies gelang schon im ersten Jahr kaum. Der bis
Mai 2006 amtierende Vorsitzende, der Georgier Aleksi Aleksishvili, konnte nur zu einer Stippvisite nach
New York kommen, da sein Land während der Ta18
gung im Streit mit dem russischen Gaslieferanten Gazprom lag. Das illustrierte zwar die Brisanz des Themas
Energiesicherheit, war dem Fortgang der Verhandlungen aber nicht gerade förderlich (der Vorsitzende hat
großen Einfluss, da er es ist, der das Schlussdokument
vorlegt). Vielen Umweltschützern schwante weiteres
Unheil als dem Erdgas-Produzenten Katar der CSDVorsitz für die Amtszeit von Mai 2006 bis Mai 2007
übertragen wurde. Die G-77 als wichtigste Verhandlungsgruppe der Entwicklungsländer hatte sich in die
Hand der erdölexportierenden Länder (OPEC) begeben und einen OPEC-Minister als CSD-Vorsitzenden
durchgesetzt. Der Energieminister Katars, Abdullah
bin Hamad Al-Attiyah, sollte während seines Vorsitzes die Macht seines Amtes vollends geltend machen.
So legte er im März 2007 auf der Vorbereitungssitzung
zur 15. Tagung in New York ein Schlusskommuniqué
vor, das schlicht eine Provokation darstellte. Darin
erklärte er im Prinzip, dass das bestehende Energiesystem so bleiben solle wie es ist und mehr Geld in
die Entwicklung sauberer fossiler Energieträger investiert werden solle.7 Vom Klimawandel besonders betroffene Länder, wie die kleinen Inselstaaten, wagten nicht, laut zu protestieren. Auch sie sind meist
abhängig von Importen fossiler Energien, und bei den
Tagungen der CSD sind sie oft nicht mit Klimaexperten vertreten.
Eine Allianz aus OPEC-Staaten, Kanada, Russland,
Sudan und den USA unterstützte dieses Schlusskommuniqué (und andere Formulierungen dieser Art)
auch auf der vom 30. April bis 11. Mai 2007 stattfindenden 15. Tagung der CSD. Al-Attiyah weigerte sich derweil, als Diplomat und Vermittler zu fungieren, wie es von einem Vorsitzenden zu erwarten
ist. Er verkündete am 10. Mai 2007 öffentlich, dass
er ein »Gasmann aus einem Gasland« sei und »Gas
verkaufen wolle.«8 Damit war der Eklat programmiert. Die Europäische Union weigerte sich, das inakzeptable Schlusskommuniqué, welches das Loblied
der fossilen Industrien sang, mitzutragen.9 Die EU
und der Leiter der EU-Delegation, der deutsche Umweltminister Sigmar Gabriel, zogen negative Schlagzeilen einem CSD-Beschluss vor, der hinter dem Stand
früherer Vereinbarungen zurückbleibt. Die CSD-15 endete somit am 11. Mai 2007 ohne inhaltliches Ergebnis – dafür mit einem weiteren schlechten Omen:
Eine neue Präsidentschaft wurde für das nächste Jahr
gewählt. In – bis dahin nie praktizierter – geheimer
Abstimmung wählten die Staatenvertreter ausgerechnet Simbabwe.
Simbabwe, wie im Jahr zuvor die OPEC, hatte
geschickt die Wut vieler G-77-Staaten instrumentalisiert, die sich gegen die (in der Tat skandalöse) mangelnde Umsetzung von Entwicklungs- und Nachhaltigkeitsversprechen durch die Industriestaaten richtet. So gerierte sich ausgerechnet der simbabwische
Minister für Umwelt und Tourismus, Francis Nhema,
dem massive Menschenrechtsverletzungen angelasVEREINTE NATIONEN 1/2008
Mittler | Schwach, schwächer, CSD?
tet werden, als Stimme der Entrechteten. Aufgrund
der aufgeheizten, polarisierten Stimmung hatte er damit auf der 15. Tagung Erfolg. Simbabwe – ein Regime, das die Versorgung der eigenen Bevölkerung
mit Lebensmitteln nicht sicherstellen kann – wird somit ironischerweise den Vorsitz für den im Jahr 2008
beginnenden Verhandlungszyklus zur nachhaltigen
Landwirtschaft und ländlicher Entwicklung übernehmen. Genau wie beim Thema Energie im Jahr 2007
durch die Wahl eines Vorsitzenden eines OPEC-Landes, wird auch im Jahr 2008 beim Thema Landwirtschaft mit Simbabwe der Bock zum Gärtner gemacht.
Aussichten
Angesichts dieser äußerst ernüchternden Bilanz ist
es ein Leichtes, der CSD jegliche Relevanz abzusprechen. Die (auch damals nicht großen) Hoffnungen der
Jahre 1993 und 2003 wurden in der Tat enttäuscht.
Gleichzeitig wird die entscheidende Frage der nachhaltigen Entwicklung – der Kampf gegen den Klimawandel – innerhalb der Vereinten Nationen in anderen, Erfolg versprechenderen Foren als der CSD angegangen. Der Generalsekretär hat sich zum Beispiel
den Klimaschutz auf die Fahnen geschrieben. Durch
die Organisation eines Hochrangigen Treffens zum
Klimawandel10 und seine Anwesenheit bei den globalen Klimaverhandlungen in Bali im Dezember 2007
hat Ban Ki-moon sowohl die Klimarahmenkonvention
(UNFCCC) als auch deren Kyoto-Protokoll gestärkt.
Durch das Verhandlungsergebnis von Bali ist ein
(hoffentlich produktives) Ringen um entscheidende,
weiter gehende Beschlüsse zum globalen Klimaschutz
im Rahmen der Klimarahmenkonvention und dem
Kyoto-Protokoll beschlossene Sache. Mindestens bis
zum Jahr 2009 wird die Bühne für den globalen Klimaschutz die Klimarahmenkonvention sein. Darüber
hinaus beschäftigen sich auch andere UN-Institutionen immer eingehender mit dem Klimaschutz: das
UN-Entwicklungsprogramm hat seinen Bericht über
die menschliche Entwicklung 2007/2008 zu diesem
Thema verfasst, und auch das Umweltprogramm
UNEP sucht nach einer stärkeren Rolle in der globalen Klimapolitik: Es baut in Paris eine eigene Klimaabteilung auf. Worin liegt, in Anbetracht dieser Vielfalt von Initiativen, noch die Rolle der CSD?
Nun, ohne Klimaschutz ist alle nachhaltige Entwicklung hinfällig; Klimapolitik alleine garantiert
aber noch keine nachhaltige Entwicklung. Es bleiben
viele Themen, die innerhalb des UN-Systems diskutiert und verhandelt werden sollten und müssen, die
im Moment keine andere Heimat haben als die CSD.
Bis zu einer umfassenden Reform der Vereinten Nationen im Bereich Umweltschutz und nachhaltige
Entwicklung11, ist der einzige Ort, wo diese Überprüfung – wenn überhaupt – stattfinden kann, die CSD.
Eine ersatzlose Abschaffung des Gremiums ist deshalb
weder realistisch noch sinnvoll. ›Weiter so!‹ kann allerVEREINTE NATIONEN 1/2008
dings auch nicht die Losung des Tages sein. Im Jahr
2008 sollte die Zivilgesellschaft die CSD in Anbetracht
des Vorsitzes von Simbabwe, die nicht legitimiert werden sollte, nach Möglichkeit ignorieren und ihre Bemühungen auf die Stärkung der nachhaltigen Entwicklung im UN-System ausrichten. Die Diskussion
um eine Weiterentwicklung von UNEP hin zu einer
UN-Umweltorganisation (UNEO) ist aus umweltpolitischer Sicht hierbei besonders interessant (auch wenn
sie kaum kurzfristig zu Ergebnissen führen wird).12
Nach dem Jahr 2008 sollte die Zivilgesellschaft die
CSD weiter kritisch beobachten. Sie sollte ausloten,
ob etwa die Themen Verkehr, Konsummuster und
Bergbau, die in den Jahren 2010 bis 2011 auf der
Tagesordnung stehen, Chancen bieten, Diskussionen
auf globaler Ebene anzustoßen, die in anderen internationalen Diskussionsforen keinen Platz finden.
Auf internationaler Ebene bleibt die CSD gegenwärtig das einzige Organ, das die Umsetzung der Verpflichtungen von Rio und Johannesburg kritisch prüfen kann. Dabei ist sie aber so schwach wie nie zuvor.
Diese Schwäche ist ein akkurater Gradmesser dafür,
wie wenig ernst es die internationale Gemeinschaft
mit der nachhaltigen Entwicklung 16 Jahre nach Rio
meint. Der konkreteste zivilgesellschaftliche Beitrag,
damit das Ziel der nachhaltigen Entwicklung in den
Vereinten Nationen nicht verloren geht, ist deshalb
ein stärkeres Engagement für die nationale Umsetzung
der Beschlüsse der beiden ›Erdgipfel‹. Von dieser Umsetzung ist auch Deutschland meilenweit entfernt.
Die Schwäche der
CSD ist ein akkurater Gradmesser
dafür, wie wenig
ernst es die
internationale
Gemeinschaft mit
der nachhaltigen
Entwicklung
16 Jahre nach Rio
meint.
7 »Given that fossil fuels will continue to play a dominant role in the
energy mix in the decades to come, the development and use of advanced and cleaner fossil fuels should be increased. More efforts
should go into supporting the further development and dissemination of these technologies.«, zitiert nach Jürgen Maier, CSD 2007 endet
ergebnislos, Forum Umwelt und Entwicklung, Rundbrief 2/2007, S. 6.
8 Zitiert nach Jürgen Maier, The Collapse of the CSD Energy and Climate Negotiations – and some Remarks on the Underlying Problems,
Manuskript.
9 Deutschland und die EU bedauern Scheitern der Nachhaltigkeitskonferenz in New York, Gemeinsame Presseerklärung mit der EUKommission, BMU Pressedienst Nr. 135/07, 12.5.2007.
10 Siehe: http://www.un.org/climatechange/2007highlevel/
11 Überlegungen etwa in Richtung einer institutionellen Aufwertung
des Umweltprogramms zu einer Umweltorganisation, die stärkere Verankerung nachhaltiger Entwicklung beim Wirtschafts- und Sozialrat
oder eine stärkere Kohärenz von nachhaltiger Entwicklung (systemweite Kohärenz) in den nationalen Programmen der UN-Hilfsorganisationen kommen leider nur sehr schleppend voran. Siehe: http://
www.reformtheun.org/index.php/issues/2063?theme=alt4 und http://
www.reformtheun.org/index.php/issues/2061?theme=alt4
12 Siehe u.a Daniel Mittler, Vorschläge zur UN-Reform, Forum Umwelt und Entwicklung, Rundbrief 3/2006, S. 32.
19
König · Neumann | Streit um die Arktis
Streit um die Arktis
Bestehendes Vertragswerk reicht aus
Doris König · Thilo Neumann
Prof. Dr. Doris König,
geb. 1957, ist
Professorin für
Öffentliches Recht,
Allgemeine Staatslehre, Völker- und
Europarecht an der
Bucerius Law School,
Hamburg.
Thilo Neumann,
geb. 1980, ist Doktorand am Lehrstuhl
für Öffentliches
Recht, Allgemeine
Staatslehre, Völkerund Europarecht an
der Bucerius Law
School, Hamburg.
Die Hoffnung, begünstigt durch den Klimawandel,
die in der Arktis vermuteten Bodenschätze1 zukünftig ausbeuten zu können, veranlasste alle Arktisanrainerstaaten, Forschungsmissionen zu entsenden,
um exklusive Nutzungsansprüche in der Region zu
begründen. Diese Aktivitäten lassen vermuten, dass
mit einer weitgehenden Nationalisierung des bisher
internationalisierten Meeresbodens zu rechnen ist.
Die Nutzung der arktischen Ressourcen und die zu erwartende Intensivierung der Schifffahrt stellen jedoch
eine Bedrohung für die Umwelt in der Region dar. Ein
neues verbindliches Regelwerk für die Arktis nach dem
Vorbild der Antarktis ist jedoch nicht notwendig, da
es keinen Vorteil gegenüber dem bestehenden Vertragsgefüge und der Zusammenarbeit der Anrainerstaaten bietet, um die Region vor einer nachhaltigen
Schädigung zu bewahren.
Die Arktis – Region und Anrainer
Die Arktis ist der nördlichste zirkumpolare Erdgürtel, dessen südliche Grenze im System der mathematisch-astronomischen Zonen durch den nördlichen
Polarkreis gebildet wurde. Heute sind dagegen klimatische und vegetationsgeografische Kriterien wie die
10ºC-Juli-Isotherme und die nördliche Baumgrenze
für die Abgrenzung zu südlicheren Regionen maßgebend. Damit hat die Arktis eine Fläche von etwa
26 Millionen km2, wobei mehr als die Hälfte, etwa
18 Millionen km2, aus größtenteils eisbedeckten
Meeresflächen besteht.2
Zu den acht Arktisanrainerstaaten gehören: Russland, die USA (Alaska), Kanada, Dänemark (Grönland), Norwegen (Spitzbergen), Finnland und Schweden (Lappland). Island wird, da es zwar südlich des
Polarkreises, jedoch nördlich der 10ºC-Juli-Isotherme liegt, als subarktischer Staat bezeichnet.
über das Archipel Nowaja Semlja, die Neusibirischen
Inseln sowie die Inselgruppen Sewernaja Semlja und
Franz-Joseph-Land aus.5
Seegebiete
a) Sektorentheorie
Die von Kanada und der Sowjetunion vertretene Sektorentheorie geht von der Annahme aus, dass jeder
Staat Anspruch auf ein Gebiet erheben kann, welches
durch ein Dreieck zwischen seiner äußersten westlichen und östlichen Grenze sowie dem geographischen
Polpunkt bestimmt wird.6 Obgleich sich der Anspruch
ursprünglich nur auf die in dem so gebildeten Sektor
befindlichen Landmassen beschränken sollte, forderte die Sowjetunion in den Verhandlungen mit Norwegen über die Abgrenzung der 200-Seemeilen-Zone
und des Festlandsockels eine Grenzziehung entlang
ihrer Sektorengrenze.7 Allein Kontiguität als solche,
das heißt räumliche Nachbarschaft, vermag jedoch
keinen Anspruch auf souveräne Rechte über ausgedehnte Sektoren zu begründen.8 So haben auch die
USA und Norwegen der Geltung des Sektorenprinzips beständig widersprochen.9
b) Terra firma oder Terra glacia?
Auch die Eisdecke, welche große Teile der arktischen
Gewässer dauerhaft bedeckt, kann keine Sonderstellung des Nordpolarmeers im völkerrechtlichen Ge-
1 Nach aktuellen Prognosen sollen 10 bis 25 Prozent der weltweiten
Erdöl- und Erdgasvorkommen in der Arktis liegen, vgl. Shamil M. Yenikeyeff/Timothy F. Krysiek, The Battle for the Next Energy Frontier: The
Russian Polar Expedition and the Future of Arctic Hydrocarbons, Oxford Energy Comment, August 2007.
2 Arktis, in: Brockhaus, 21. Auflage, Leipzig 2006, Band 2, S. 404f.
Völkerrechtliche Aufteilung der Arktis
3 Permanent Court of International Justice, PCIJ Series A/B, No. 53,
1933, S. 4.
4 Erik Franckx, Maritime Claims in the Arctic, Canadian and Russian
Festland
Nahezu sämtliche in der Arktis liegenden Inseln gehören zum Staatsgebiet eines der Anrainerstaaten.
Spitzbergen und Jan Mayen unterstehen Norwegen,
während die dänische Hoheitsgewalt über Grönland
durch den Ständigen Internationalen Gerichtshof bestätigt wurde.3 Der Anspruch Kanadas auf die seiner
Küste vorgelagerten Inseln wird seit den dreißiger
Jahren durch die anderen Anrainerstaaten anerkannt4
und Russland übt die uneingeschränkte Souveränität
20
Perspectives, Dordrecht 1993, S. 71ff.
5 Wolfgang Graf Vitzthum (Hrsg.), Völkerrecht, 4. Auflage, Berlin 2007,
5. Abschnitt, Rn. 87.
6 Viktor Böhmert, Sektorentheorie, in: Hans J. Schlochauer, Wörterbuch des Völkerrechts, Bd. III, Berlin 1962, S. 248-250, hier S. 248.
7 Felix Neumann, Der Rechtsstatus der Arktis, Die Aufteilung des Nordpolarraumes als Problem des Völkerrechts, Tübingen 1991, S. 130ff.
8 Graf Vitzthum, a.a.O. (Anm. 5), Rn. 86.
9 Green H. Hackworth, Digest of International Law I, Washington
1940, S. 463ff.
VEREINTE NATIONEN 1/2008
König · Neumann | Streit um die Arktis
füge begründen. In den Verhandlungen zum 1982
verabschiedeten UN-Seerechtsübereinkommen (SRÜ)
hat sich gezeigt, dass eine Gleichstellung von Eis und
Festland10 keine Unterstützung in der Staatengemeinschaft findet.11 So widmet sich lediglich ein Artikel
des SRÜ den arktischen Eigenheiten: In Art. 234 weist
die so genannte arktische12 oder Kanadische Klausel13 den Staaten besondere Kompetenzen bezüglich
der in ihrer ausschließlichen Wirtschaftszone gelegenen eisbedeckten Gebiete zu.
c) Die Bedeutung des Seerechtsübereinkommens
Folglich untersteht der Arktische Ozean trotz seiner
klimatischen und geographischen Besonderheiten in
allen seinen Teilen dem Regime des SRÜ. Damit steht
es den Anrainerstaaten frei, ausgehend von der Basislinie,14 folgende Gebiete zu beanspruchen:
■
■
■
ein Küstenmeer mit einer Ausdehnung von bis zu
zwölf Seemeilen;15
eine Anschlusszone von weiteren zwölf Seemeilen16 und
eine ausschließliche Wirtschaftszone mit einer maximalen Ausdehnung von 200 Seemeilen. Sie verleiht
den Küstenstaaten Hoheitsrechte bezüglich der Ausbeutung der Ressourcen des Meeresbodens, des Meeresuntergrunds und der darüber liegenden Wassersäule.17
Da alle fünf Anrainerstaaten eine ausschließliche Wirtschaftszone proklamiert haben, unterfallen heute nahezu 50 Prozent des Nordpolarmeers solchen Zonen,
in denen nationale Hoheits- beziehungsweise souveräne Nutzungsrechte bestehen.18
Der Festlandsockel
Wollen die Anrainerstaaten die Bodenschätze außerhalb der 200-Seemeilen-Zone ausbeuten, müssen sie
einen verlängerten Festlandsockel geltend machen.
Das SRÜ definiert den Festlandsockel eines Küstenstaats in Art. 76 Abs. 1 als:
»[...] den jenseits seines Küstenmeers gelegenen Meeresboden und Meeresuntergrund der Unterwassergebiete, die sich über die gesamte natürliche Verlängerung seines Landgebiets bis zur äußeren Kante des
Festlandrands erstrecken oder bis zu einer Entfernung von 200 Seemeilen von den Basislinien, [...] wo
die äußere Kante des Festlandrands in einer geringeren Entfernung verläuft.«19
Allein der Küstenstaat übt souveräne Rechte über den
Festlandsockel zum Zweck seiner Erforschung und
der Ausbeutung seiner natürlichen Ressourcen aus.20
Der Rechtsstatus der darüber liegenden Wassersäule
als ausschließliche Wirtschaftszone beziehungsweise
Hohe See sowie des Luftraums bleibt davon unberührt.21 Eine weitere Einschränkung ergibt sich für
die Ausbeutung nichtlebender Ressourcen des verlängerten Festlandsockels, der über die 200-SeemeilenGrenze hinausgeht. Die Küstenstaaten sind gehalten,
nach Ablauf einer 5-Jahres-Frist Förderabgaben an
die Internationale Meeresbodenbehörde zu entrichVEREINTE NATIONEN 1/2008
ten, welche vornehmlich den Entwicklungsländern
zugute kommen sollen.22 Das internationalisierte
Meeresbodengebiet außerhalb der Festlandsockelgrenzen gilt hingegen als das gemeinsame Erbe der
Menschheit, dessen Ressourcen nur unter Beachtung besonderer Regelungen unter Führung der Internationalen Meeresbodenbehörde ausgebeutet werden dürfen.23
Die seewärtige Grenze des Festlandsockels
Sofern die äußere Kante des Festlandrands in einer geringeren Entfernung als 200 Seemeilen von der Basislinie liegt, gelten die Festlandsockelrechte unabhängig von dem tatsächlichen Vorhandensein eines
Festlandsockels im geologischen Sinne (Distanzkriterium). Will ein Küstenstaat dagegen einen verlängerten Festlandsockel in Anspruch nehmen, so obliegt
es diesem darzulegen, dass die äußere Kante des Festlandrands jenseits der 200-Seemeilen-Grenze liegt
(geomorphologisches Kriterium). Die maximale Ausdehnung des beanspruchten Festlandsockels darf jedoch nicht die in Art. 76 Abs. 5 SRÜ niedergelegten
Grenzen, das heißt eine Entfernung von 350 Seemei-
Das internationalisierte Meeresbodengebiet außerhalb
der Festlandsockelgrenzen gilt als das
gemeinsame Erbe
der Menschheit,
dessen Ressourcen
nur unter Beachtung
besonderer Regelungen ausgebeutet
werden dürfen.
10 Einmalig in diesem Zusammenhang ist ein Dekret Russlands von
1911, welches als Basislinie wahlweise die Niedrigwasserlinie oder die
äußere Kante des unbeweglichen Küsteneises bestimmt und damit Seeeis mit Land gleichstellt. Vgl. W. E. Butler, New Soviet Legislation on
Straight Base Lines, International and Comparative Law Quarterly,
1971, S. 750–752, hier S. 750.
11 Philip Kunig, Arctic, in: Rudolf Bernhardt (Hrsg.), Encyclopedia
of Public International Law, Bd. I, Amsterdam 1992, S. 244–247, hier
S. 245.
12 Myron H. Nordquist (Hrsg.), United Nations Convention on the
Law of the Sea 1982, Kommentar, Bd. IV, Dordrecht 1991, Rn. 234.1.
13 Rob Huebert, The Law of the Sea and the Arctic: An Unfulfilled Legacy, in: Ocean Yearbook 2004, S. 193–219, hier S. 202.
14 Die Basislinie wird durch die Niedrigwasserlinie des Küstenstaates definiert, sofern nicht tiefe Einbuchtungen und Einschnitte der
Küste, unmittelbar vorgelagerte Inselketten oder veränderliche Küstenlinien die Anwendung gerader Basislinien gestatten, vgl. Art. 5
und 7 SRÜ.
15 Art. 3 SRÜ.
16 Art. 33 SRÜ.
17 Art. 56 und 57 SRÜ.
18 Ron Macnab unter anderem Cooperative Preparations for Determining the Outer Limit of the Juridical Continental Shelf in the Arctic
Ocean, International Boundaries Research Unit (IBRU), Boundary and
Security Bulletin 2001, S. 86–96, hier S. 91, Abb. 6.
19 Deutscher Text abgedruckt in: Bundesgesetzblatt 1994, II, S. 1798;
online über das Viadrina International Law Project: http://www.vilp.
de/Depdf/d024.pdf
20 Art. 77 Abs. 1 und 2 SRÜ.
21 Art. 78 SRÜ.
22 Art. 82 Abs. 1, 2 und 4 SRÜ.
23 Art. 136 und 137 SRÜ.
21
König · Neumann | Streit um die Arktis
mit den Vorgaben des Art. 76 SRÜ hin gerichtlich
überprüft werden. Denkbar wäre auch, dass Versammlung oder Rat der Meeresbodenbehörde die Kammer
für Meeresbodenstreitigkeiten gemäß Art. 191 SRÜ
um ein entsprechendes Rechtsgutachten ersuchen.28
Festlandsockelrechte in der Arktis
Quelle: CIA World Factbook, Public Domain.
len von den Basislinien oder 100 Seemeilen von der
2500-Meter-Wassertiefenlinie, überschreiten.
Nach Art. 76 Abs. 8 S. 1 SRÜ sind die Küstenstaaten verpflichtet, Angaben über die seewärtigen
Grenzen ihrer Festlandsockel zu machen, wenn diese
jenseits der 200-Seemeilen-Grenze liegen. Diese Angaben müssen an die Kommission zur Begrenzung
des Festlandsockels (Commission on the Limits of the
Continental Shelf – CLCS) übermittelt werden.24 Die
Kommission arbeitet anhand der ihr übermittelten
Daten eine unverbindliche Empfehlung für den Verlauf der äußeren Festlandsockelgrenze aus. Auf Grundlage dieser Empfehlung legen die Küstenstaaten dann
die Grenzen des Festlandsockels endgültig und verbindlich fest.25 Eine Regelung für den Fall, dass der
Küstenstaat und die CLCS nicht übereinstimmen, existiert jedoch nicht. Außerdem darf sich die Kommission
nicht mit der Frage der Abgrenzung des Festlandsockels zwischen benachbarten oder gegenüberliegenden Staaten beschäftigen.26 Da die CLCS nicht als
Streitpartei vor dem IGH, dem Internationalen Seegerichtshof (ISGH) oder einem Schiedsgericht auftreten kann,27 könnte eine strittige Abgrenzungslinie
allenfalls implizit im Rahmen eines Rechtsstreits über
die Abgrenzung des Festlandsockels benachbarter oder
gegenüberliegender Staaten auf ihre Übereinstimmung
22
Anträge der Küstenstaaten bei der CLCS sind innerhalb eines Zeitraums von zehn Jahren, beginnend mit
dem Inkrafttreten des SRÜ für den jeweiligen Staat,29
jedoch frühestens mit dem 13. Mai 1999,30 zu stellen. Von den neun Staaten, die bis dato Ansprüche
bei der CLCS geltend gemacht haben, betreffen nur
die Ansprüche Russlands und Norwegens das Nordpolarmeer.31
Russland hat der CLCS seine Unterlagen bereits
im Jahr 2001 vorgelegt. Aus dem öffentlich zugänglichen Kartenmaterial geht hervor, dass es ein Gebiet beansprucht, welches nahezu mit dem früher beanspruchten sowjetischen Sektor identisch ist und den
Polpunkt einbezieht. Russland begründet seinen Anspruch unter Verweis auf drei unterseeische Bergrücken. Bisher ist Russland jedoch den Nachweis, dass
diese Bergrücken feste und natürliche Bestandteile
des russischen Kontinentalschelfs sind, schuldig geblieben, und so hat die CLCS die russische Regierung
um ergänzende Daten ersucht. Zudem könnte der
russische Anspruch mit den Ansprüchen der übrigen
Anrainerstaaten kollidieren. So haben Dänemark, Kanada, Japan, Norwegen und die USA die von Russland
vorgelegten Daten in Frage gestellt oder rechtswahrende Erklärungen abgegeben. Die Staaten betonten,
dass die Datenlage nicht ausreichend sei, um sich
abschließend zur russischen Dokumentation zu äußern und dass eine Empfehlung der CLCS ohne Auswirkung für die zwischenstaatliche Abgrenzung des
Kontinentalschelfs bleibe.
Norwegen hat im Jahr 2007 seinen Antrag mit
Unterlagen an die CLCS übermittelt. Im direkten
Vergleich zum russischen Anspruch fällt auf, dass der
nördlichste Punkt des norwegischen Festlandsockels
mit etwa 84º41’N noch eindeutig südlich des geo-
24 Anlage II Art. 2 Abs. 1 SRÜ.
25 Art. 76 Abs. 8 S. 2 und 3 SRÜ.
26 Anlage II Art. 9 SRÜ.
27 Dies folgt aus Art. 291 Abs. 2 SRÜ und Art. 20 ISGH-Statut.
28 Die Rechtsschutzmöglichkeiten sind umstritten. Vgl. Vicente Marotta Rangel, Settlement of Disputes Relating to the Delimitation of
the Outer Continental Shelf: The Role of International Courts and
Tribunals, The International Journal of Marine and Coastal Law, 2006,
S. 347–362, hier S. 360.
29 Anlage II Art. 4 SRÜ.
30 UN Doc. SPLOS/72 v. 29.5.2001.
31 Die Dokumente sind abrufbar unter: http://www.un.org/Depts/
los/clcs_new/clcs_home.htm
VEREINTE NATIONEN 1/2008
König · Neumann | Streit um die Arktis
graphischen Nordpols liegt. Zudem favorisiert Norwegen, anders als Russland, eine Abgrenzung des gemeinsamen Festlandsockels nach dem Mittellinienprinzip32 und nicht entlang der russischen Sektorengrenze. Neben Dänemark sahen sich Spanien33, Island und Russland durch den norwegischen Antrag
veranlasst, Erklärungen zur Wahrung ihrer Interessen bei der CLCS einzureichen.
Doch auch die übrigen Arktisanrainer, einschließlich der USA, sind nicht untätig geblieben und haben
in den vergangenen Jahren damit begonnen, die Ausdehnung der eigenen Festlandsockel zu vermessen.34
Die USA sind dem SRÜ noch nicht beigetreten, weil
die erforderliche Mehrheit im Senat aus wirtschaftlichen und politischen Gründen bisher nicht zu erreichen war.35
Es ist daher zu erwarten, dass alle Anrainerstaaten
innerhalb der gesetzten Fristen eigene Ansprüche bei
der CLCS geltend machen werden.36 Das Ergebnis dieser Bemühungen könnte eine fast vollständige funktionale Nationalisierung des arktischen Meeresbodens sein. Nach einer Studie anhand der im Jahr 2001
öffentlich zugänglichen Daten würden nur zwei kleinere Gebiete übrig bleiben, die nicht dem äußeren
Festlandsockel eines der Anrainerstaaten zugeordnet
werden könnten.37 Ob es den Anrainerstaaten jedoch
gelingen wird, ausreichende Daten für eine entsprechende Empfehlung der CLCS zu erheben, ist ungewiss.
Ein Vertragswerk für die Arktis?
Mit der geplanten intensiveren Ausbeutung arktischer
Ressourcen ist das Ökosystem dieser besonders anfälligen Region in Gefahr. Die Folgen wären aufgrund der klimatischen Besonderheiten gravierend.
Bedingt durch die kurzen jährlichen Wachstumsphasen erholt sich die Natur nur langsam von menschlichen Eingriffen. Zudem können Schadstoffe, die bei
der Förderung der Bodenschätze freigesetzt werden,
aufgrund der niedrigen Temperaturen nur langsam
abgebaut werden.43 Gleichzeitig stellen die durch
Wind, Niederschläge und Meeresströmungen aus anderen Regionen in die Arktis gelangenden Emissionen eine zusätzliche Bedrohung für die arktische
Umwelt dar.44
Anders als für die Antarktis existiert jedoch für die
Arktis kein internationales Vertragswerk, das dem
Schutz dieses fragilen Ökosystems dient. Dies liegt
sowohl an der relativ kleinen Zahl der Anrainerstaa-
Anders als für die
Antarktis existiert
jedoch für die Arktis
kein internationales
Vertragswerk, das
dem Schutz
dieses fragilen
Ökosystems dient.
32 Die Mittellinie zwischen zwei benachbarten Staaten folgt einer Linie, die nach dem Grundsatz der gleichen Entfernung von den nächstgelegenen Punkten der Basislinien festgelegt wird.
33 Spanien behält sich als Vertragsstaat des Spitzbergen-Vertrags von
1920 das Recht vor, den Spitzbergen zugehörigen Festlandsockel auszubeuten.
Nordwest- und Nordostpassage
34 Für einen Überblick über das dänische Kontinentalschelf-Projekt
siehe http://a76.dk/lang_uk/main.html
Mit dem Rückgang des Packeises im Nordpolarmeer38
erscheint erstmalig die kommerzielle Nutzung der
Nordwestpassage, welche den Atlantik mit dem Pazifik verbindet und zu weiten Teilen durch den kanadischen Archipel führt, möglich. Gegenüber der Nutzung des Panama-Kanals würde sich der Seeweg von
Hamburg nach Schanghai von 25 200 Kilometer auf
17 000 Kilometer verkürzen. Ob der zunehmenden
Erderwärmung auch zwingend eine Intensivierung
des Schiffsverkehrs folgen wird,39 erscheint jedoch
fraglich. Aufgrund zusätzlicher Kosten, etwa durch
notwendige Versicherungspolicen, ist eine Nutzung
dieses nördlichen Seewegs derzeit wenig attraktiv.40
Ferner eröffnen sich mit dem Abschmelzen der arktischen Packeisdecke im Nordpolarmeer oder der
Nordostpassage gleichzeitig weitere attraktive transpolare Seewege, zumal der rechtliche Status der Nordwestpassage nicht geklärt ist. Nach Ansicht der kanadischen Regierung führt die Passage durch historisch
kanadische Binnengewässer, während die USA und
die Europäische Union der Auffassung sind, dass es
sich bei der Nordwestpassage um eine internationale
Seestraße handelt.41 Die Bedrohungsszenarien des internationalen Terrorismus könnten jedoch die USA
veranlassen, den kanadischen Anspruch anzuerkennen, um eine bessere Kontrolle dieses Seewegs zu ermöglichen.42
VEREINTE NATIONEN 1/2008
35 Am 15. Mai 2007 ermahnte Präsident George W. Bush den Senat, für eine Ratifikation des SRÜ zu stimmen, um unter anderem ausschließliche Zugriffsrechte auf die Ressourcen des Festlandsockels zu sichern. President’s
Statement on Advancing U.S. Interests in the World’s Oceans, 15.5. 2007.
36 Die Fristen für Norwegen, Island und Russland laufen im Jahr
2009 aus. Kanada und Dänemark müssen ihre Dokumentationen erst
im Jahr 2013 beziehungsweise 2014 einreichen.
37 Macnab, a.a.O. (Anm. 18), S. 95, Abb. 10.
38 Am 14. September 2007 meldete die Europäische Weltraumorganisation ESA, dass die Nordwestpassage erstmalig seit Beginn der Satellitenüberwachung komplett eisfrei war, http://www.esa.int/esaCP/
SEMYTC13J6F_index_0.html
39 Ingo Winkelmann, Wem gehört die Arktis?, Stiftung Wissenschaft
und Politik (SWP), SWP-Aktuell 56, November 2007, S. 4.
40 Für eine Kostenkalkulation vgl. Franklin Griffiths, New Illusions of a
Northwest Passage, in: Myron H. Nordquist (Ed.), International Energy Policy, the Arctic and the Law of the Sea, Leiden 2005, S. 303–319, hier S. 309ff.
41 Rob Huebert, Climate Change and Canadian Sovereignty in the
Northwest Passage, ISUMA – Canadian Journal of Policy Research,
Winter 2001, S. 86–94.
42 Michael Byers, Internationales Recht und internationale Politik in
der Nordwestpassage: Konsequenzen des Klimawandels, Zeitschrift
für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht, 67. Jg., 2007, S.
145–157, hier S. 155ff.
43 Huebert, a.a.O. (Anm. 13), S. 195.
44 Olav S. Stokke, A Legal Regime for the Arctic? Interplay with the Law
of the Sea Convention, Marine Policy, 31. Jg., 2007, S. 402–408, hier S. 404.
23
König · Neumann | Streit um die Arktis
Angesichts der
weitgehenden
Aufteilung der
Arktis unter den
Anrainerstaaten
erscheint es
unwahrscheinlich,
dass es gelingen
könnte, einen internationalen Vertrag
unter Federführung
der Vereinten
Nationen nach dem
Modell des
Antarktisvertrags
auszuhandeln.
Es ist zweifelhaft,
dass durch einen
internationalen
Arktisvertrag
Fortschritte erzielt
werden könnten,
die nicht auch mit
dem bisherigen
regionalen Ansatz zu
erreichen sind.
24
ten, welche Ansprüche auf dieses Gebiet erheben, als
auch an der strategischen Bedeutung der Region im
Kalten Krieg, die zu einer starken Militärpräsenz geführt hat. So waren alle früheren Versuche, die Arktis
einem multilateralen Vertragswerk zu unterstellen,
zum Scheitern verurteilt.45 Damit stellt sich die Frage,
ob unter der Ägide der Vereinten Nationen nach dem
Vorbild der Antarktis ein verbindlicher Rechtsrahmen für den Schutz der arktischen Umwelt geschaffen werden sollte.46
Die Rechtsordnung der Antarktis lässt sich jedoch
nicht ohne weiteres auf die Arktis übertragen. Mögen
die Umweltbedingungen auch vergleichbar sein, so
waren es doch gerade die Abwesenheit einer indigenen Bevölkerung, die industrielle Unerschlossenheit
und eine drohende, aber noch nicht realisierte militärische Nutzung, die es erlaubt haben, die Region zum
Gegenstand eines internationalen Vertragswerks zu
machen. Das Zentrum der Arktis hingegen bildet nicht
etwa unbewohnbares Terrain, sondern ein Ozean,
der größtenteils den Anrainerstaaten als Raum ausschließlicher Nutzungsrechte zugeordnet ist. Dementsprechend ist die Nutzung der arktischen Ressourcen
und die damit einhergehende Verpflichtung zum
Schutz der Meeresumwelt nach dem SRÜ weitestgehend den Anrainerstaaten zugewiesen worden. Die
Arktis ist zudem Lebensraum indigener Völker und
wird sowohl wirtschaftlich als auch militärisch genutzt. Entsprechende Maßnahmen zum Schutz der
Umwelt fanden daher vornehmlich auf regionaler
Ebene statt. So haben die Arktisanrainerstaaten eine
Vielzahl von bilateralen und multilateralen Verträgen
abgeschlossen, welche unter anderem dem Schutz der
arktischen Umwelt dienen.47 Diese Bemühungen führten im Jahr 1991 auf Initiative Finnlands zur Unterzeichnung der ›Arctic Environmental Protection Strategy‹ (AEPS) durch die acht Arktisanrainerstaaten.
Im Jahr 1996 wurde mit dem Arktischen Rat (AR)48
ein politisches Forum geschaffen, das es den Anrainerstaaten ermöglicht, wissenschaftliche Erkenntnisse auszutauschen, die globalen Ursachen der arktischen Probleme hervorzuheben und die Mitgliedstaaten bei der Umsetzung bisher erzielter Vereinbarungen zum Schutz der arktischen Umwelt zu unterstützen.49 Der Arktische Rat hat die Koordination und
Überwachung der unter der AEPS entwickelten Programme sowie der neuen Arbeitsgruppe für nachhaltige Entwicklung (Sustainable Development Working
Group – SDWG) übernommen.
In den gleichen Zeitraum fällt die Entstehung internationalen Vertragsrechts, das sich mit Meeresverschmutzung, Klimawandel und dem Schutz biologischer Vielfalt beschäftigt und damit Einfluss auf die
Kernprobleme der arktischen Region nimmt.50 In Interaktion mit den regionalen Vertragswerken ist damit ein eigenes arktisches Rechtsregime entstanden,
das sich insbesondere mit der Bewahrung der arktischen Umwelt befasst.51
Ausblick
Angesichts der weitgehenden Aufteilung der Arktis
unter den Anrainerstaaten erscheint es unwahrscheinlich, dass es gelingen könnte, einen internationalen
Vertrag unter Federführung der Vereinten Nationen
nach dem Modell des Antarktisvertrags auszuhandeln. Denn ein solcher Vertrag würde den Verzicht
der Anrainerstaaten auf die zukünftige Nutzung der
Ressourcen, die ihnen nach dem SRÜ zugewiesen
sind, voraussetzen. Zudem würde er sich möglicherweise mit den bereits bestehenden globalen Verträgen
zum Teil überschneiden und damit den Rechtsrahmen
unübersichtlicher machen. Deshalb ist es zweifelhaft,
dass durch einen internationalen Arktisvertrag Fortschritte erzielt werden könnten, die nicht auch mit
dem bisherigen regionalen Ansatz zu erreichen sind.52
Die Einbeziehung polarspezifischer Belange in bestehende Regime könnte schneller, kostengünstiger und
effektiver sein als die Schaffung eines neuen verbindlichen Rechtsrahmens. Die UN sollten daher die Arktisanrainerstaaten zu weiterer und engerer Zusammenarbeit ermutigen. Ein Austausch von Erkenntnissen zwischen den relevanten Unterorganisationen
der UN und den Arbeitsgruppen des Arktischen Rates würde dabei den Kenntnisstand über die Region
und ihre besondere Gefährdung erweitern. Schließlich sollten die UN darauf hinwirken, dass die Anrainerstaaten die Abgrenzungsprobleme, die sich im
Hinblick auf die von ihnen beanspruchten verlängerten Festlandsockel stellen, rasch und einvernehmlich
lösen.
45 Für einen Überblick vgl. Donald R. Rothwell, The Polar Regions and
the Development of International Law, Cambridge 1996, S. 223ff.
46 Winkelmann, a.a.O. (Anm. 39), S. 8.
47 Für einen Überblick vgl. Johannes E. Harders, Regionaler Umweltschutz in der Arktis, Baden-Baden 1997, S. 82ff.
48 Dem Rat gehören an: Dänemark, Finnland, Island, Kanada, Norwegen, Russland, Schweden und die USA. Ferner sind sechs internationale
Organisationen als Vertreter der indigenen Bevölkerung als ständige
Mitglieder des arktischen Rates beteiligt. Darüber hinaus haben acht
nichtarktische Staaten, darunter die Bundesrepublik Deutschland, sowie zahlreiche Internationale Regierungs- und nichtstaatliche Organisationen Beobachterstatus.
49 Stokke, a.a.O. (Anm. 44), S. 402–408, hier S. 407.
50 Vgl. etwa Übereinkommen über weiträumige grenzüberschreitende
Luftverunreinigung (1979); Übereinkommen über die biologische Vielfalt
(1992).
51 Rothwell, a.a.O. (Anm. 45), S. 156ff., mit weiteren Nachweisen.
52 So auch Oran R. Young, The Structure of Arctic Cooperation: Solving Problems/Seizing Opportunities, A paper prepared at the request
of Finland in preparation for the fourth conference of Parliamentarians of the Arctic Region, Rovaniemi, 27.–29. August 2000, S. 1–22.,
hier S. 9f., http://www.arcticparl.org/resource/static/conf4_sac.pdf
VEREINTE NATIONEN 1/2008
Edgar | Der ›Academic Council on the United Nations System‹
Der ›Academic Council on the United Nations System‹
Ein internationales Netzwerk von UN-Forschern
Alistair D. Edgar
Der ›Academic Council on the United Nations System‹
(ACUNS) ist ein internationales Netzwerk von Akademikern und Praktikern, die sich für die Vereinten Nationen interessieren. Beheimatet in Nordamerika ist
es ein Ziel des Netzwerks, UN-Studien an den politikwissenschaftlichen Fakultäten der USA zu fördern.
Ein weiteres Ziel ist der Wissens- und Erfahrungsaustausch von Wissenschaftlern und Praktikern weltweit.
ACUNS hat damit eine Nische im akademischen Bereich gefunden, die es versucht weiter auszubauen.
ACUNS wurde im Jahr 1987 von einer kleinen
Gruppe von Wissenschaftlern – vor allem aus den
USA, Kanada und Mexiko – gegründet. Ziel der Gruppe war, Wissenschaftler und Praktiker zusammenzubringen, die an den Vereinten Nationen, an mit den
UN verwandten internationalen Organisationen und
generell am Multilateralismus interessiert waren. Ein
weiteres Ziel war, ein Netzwerk aufzubauen, das junge Lehrbeauftragte und fortgeschrittene Studierende
(im Aufbaustudium) in den USA unterstützen sollte.
Die Unterstützung war und ist wichtig, weil es oft eine
schwierige und nicht selten kostspielige Berufsentscheidung ist, die Vereinten Nationen oder internationale Organisationen zum Studiengegenstand und
damit vielleicht zum Beruf zu machen. Denn das Thema UN gehört nicht zum Studienschwerpunkt der
üblichen Ausrichtung der Politikwissenschaften (insbesondere Mitte der achtziger Jahre in den USA, als
das oft gehässige Schlechtmachen der Vereinten Nationen salonfähig wurde). Durch die Vernetzung dieser jungen Akademiker mit älteren und gestandeneren
Wissenschaftlern einerseits und durch das Bekanntmachen bereits vorhandener Wissenschaftlervereinigungen andererseits, konnte ACUNS einen kontinuierlichen Diskurs über die Vereinten Nationen innerhalb der USA fördern, wo ein Großteil der öffentlichen Debatte aus kritischer, wenn nicht gar feindlicher Rhetorik bestand.
ACUNS nimmt nicht für sich in Anspruch – und
könnte es auch gar nicht – einen andernfalls verlorenen Bereich wissenschaftlichen Studiums in den USA
oder in anderen Ländern ›gerettet‹ zu haben. Das politisch-akademische Klima in den USA veränderte sich
beträchtlich mit dem Ende des Kalten Krieges und
dem Ende der zweiten Amtszeit von Präsident Ronald Reagan. Dennoch kann ACUNS sicherlich für
sich in Anspruch nehmen, zur Verbesserung der Qualität der Forschung beigetragen zu haben. Ferner hat
ACUNS als Interessennetzwerk für amerikanische
Wissenschaftler gedient, die sich für andere Themen
VEREINTE NATIONEN 1/2008
interessierten und andere Bezugssysteme als die vorherrschenden realistischen und neorealistischen Sichtweisen entwickelten. In der Zeit nach dem Einmarsch
der USA in Irak im Jahr 2003 und der darauf folgenden Feindseligkeit der Republikaner gegen alles, was
mit den UN zu tun hatte, ließ sich ACUNS nicht von
seiner Aufgabe abbringen; auch dann nicht, als durch
politischen Druck die Finanzmittel für jene UN-Forschungsgruppen gekürzt wurden, die die Weltorganisation nicht in ebenso schrillen Tönen anprangerten.
Zugleich gelang es ACUNS, durch das Zusammenbringen von Theorie und Praxis sich und seiner Flagschiff-Publikation ›Global Governance‹, eine Nische
zu schaffen. Die vierteljährlich erscheinende Zeitschrift
hat eine andere Ausrichtung als vergleichbare wissenschaftliche Publikationen.
Das ACUNS-Sekretariat wechselt alle fünf Jahre
seinen Sitz. In den ersten 15 Jahren seines Bestehens
waren dies: Dartmouth College (New Hampshire),
Brown University (Rhode Island) und Yale University (Connecticut). Aus administrativen Gründen ist
es stets an eine Universität angebunden. Am Ende der
dritten Fünf-Jahres-Periode des Sekretariats in den
Jahren 2002/2003 meinten sowohl das Direktorium
als auch andere Mitglieder, dass ACUNS erwägen
sollte, eine Anbindung an eine Institution außerhalb
der USA zu suchen. Für einen international ausgerichteten Forschungsbereich mit zunehmend geografisch breit gestreuter Mitgliedschaft gab es gute Argumente für eine solche Verlegung, auch wenn dies
bedeutete, sich physisch vom Amtssitz der Vereinten
Nationen in New York City zu entfernen.
Seit dem Jahr 2003 hat das ACUNS-Sekretariat
seinen Sitz an der Wilfrid Laurier University im kanadischen Ontario. Das Sekretariat wird dort nicht
nur von der Laurier University, sondern auch von der
University of Waterloo sowie vom ›Centre for International Governance Innovation‹ (CIGI) unterstützt.
Kanada hat sich seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs sowohl im akademischen Bereich als auch in
den internationalen Beziehungen für die Vereinten
Nationen und den Multilateralismus stark gemacht
– dieses Engagement ist ein fester Bestandteil seiner
Außenpolitik.
Im Laufe der nunmehr 20 Jahre seines Bestehens
stieg die Mitgliederzahl von ACUNS von einigen Dutzend auf etwa 900 Personen und mehr als 60 Institutionen aus etwa 55 Ländern. Etwa 40 Prozent der
Mitglieder kommen aus den USA und weitere zehn
Prozent aus Kanada; am schnellsten steigt die Mitgliederzahl derzeit in Frankreich und Deutschland.
Dr. Alistair D. Edgar,
geb. 1962, ist
Exekutivdirektor
›Academic Council on
the United Nations
System‹ (ACUNS)
und außerordentlicher Professor für
Politikwissenschaften, Wilfrid
Laurier University,
Ontario, Kanada.
25
Edgar | Der ›Academic Council on the United Nations System‹
Ein Rückblick auf
die letzten 20 Jahre
von ACUNSkam zu
dem Schluss, dass
die ersten zwei
Jahrzehnte größtenteils eine Erfolgsgeschichte waren.
26
Wie bereits erwähnt, ist es das Anliegen von
ACUNS, erstens Innovation und Exzellenz in der Wissenschaft, bei der Ausbildung und Praxis in allen UNrelevanten Fragen sowie bei der Analyse internationaler Organisationen in den internationalen Beziehungen zu fördern. Zweitens strebt ACUNS einen verstärkten Dialog zwischen Praktikern und Wissenschaftlern an, um die Arbeit beider Gruppen zu fördern.
ACUNS verfolgt diese Aufgabe auf verschiedenen
Wegen. Zum einen wird eine Jahreskonferenz an jeweils anderen Orten und zu anderen Themen abgehalten. Dadurch sollen junge sowie gestandenere Wissenschaftler und Praktiker aus der ganzen Welt mit
interessierten Vereinigungen von Akademikern und
Praktikern im Gastland vernetzt werden. Zu den weiteren Programmen und Projekten gehört die Organisation eines jährlichen zweiwöchigen Workshops
für bis zu 20 jüngere Akademiker und Praktiker. Damit sollen Berufseinsteiger mit den Teilnehmern vergangener Jahre in Kontakt gebracht werden. Weitere
Instrumente des Wissensaustauschs sind die Herausgabe der Zeitschrift ›Global Governance: A Review
of Multilateralism and International Organizations,‹
des ›ACUNS-Newsletters‹ und der Reihe ›Occasional
Papers‹ sowie die Bereitstellung administrativer und
anderer Unterstützung zur Förderung von Mitglieder-Projekten. ACUNS ist seit dem Jahr 1996 bei der
Hauptabteilung Presse und Information und dem
Wirtschafts- und Sozialrat der Vereinten Nationen
akkreditiert, verfügt daher über den allgemeinen Konsultativstatus als nichtstaatliche Organisation.
Es bleibt sicherlich einiges mehr zu tun, um ACUNS
stärker mit den Vereinten Nationen in New York und
weiteren UN-Organisationen zusammenzubringen.
Die Zahl der Mitarbeiter im UN-System, die ACUNS
nicht kennen, ist größer als die Zahl derer, die es kennen. Das liegt vor allem an der hohen Fluktuation
und Mobilität der Mitarbeiter im UN-System, insbesondere bei den unteren und mittleren Dienstgraden,
aber auch bei den Diplomaten. Ihnen ACUNS näher
zu bringen, ist eine stete Herausforderung. Trotzdem
arbeitet ACUNS in seiner Programmgestaltung mit
den Vereinten Nationen zusammen und wird von UNAbteilungen und -Mitarbeitern angefragt, zu diversen
Vorgängen, einschließlich Resolutionen der Generalversammlung, Stellung zu nehmen. Der ehemalige Generalsekretär Kofi Annan war schon früh Mitglied von
ACUNS und unterstützte dessen Arbeit während und
nach seiner Amtszeit. Generalsekretär Ban Ki-moon
ist eingeladen, bei der Jahreskonferenz 2008 in Bonn
zu sprechen. Und die Stellvertretende Generalsekretärin Asha-Rose Migiro hat auf der Jahreskonferenz
2007 in New York eine Rede gehalten.
Ein Rückblick auf die letzten 20 Jahre von
ACUNS1, die im Jahr 2007 von Leon Gordenker, Professor emeritus der Princeton University, vorgelegt
wurde, kam zu dem Schluss, dass die ersten zwei
Jahrzehnte größtenteils eine Erfolgsgeschichte waren.
Die Finanzierung eines langfristigen Forschungsprogramms bleibt schwierig, da Stiftungen und Regierungen im Allgemeinen schnelle und greifbare Ergebnisse bevorzugen. Weiterhin merkte Gordenker in
seiner Studie an, dass jede seriöse Organisation oder
Gesellschaft sich der Frage, ob sie ihren Zweck erfüllt hat, stellen und diese ehrlich beantworten müsse.
Auch wenn ACUNS weiterhin versucht, seiner Aufgabe gerecht zu werden und das Direktorium der Ansicht ist, dass ACUNS damit erfolgreich war, bleibt
in dieser Hinsicht intern und extern viel zu tun: Dies
könnte bedeuten, sich durch neue Verbindungsbüros
oder neue Projekte zu vergrößern, langfristige Aktivitäten auszubauen und zu verbessern oder neue Partnerschaften anzustreben und zu entwickeln. ACUNS
beginnt also das dritte Jahrzehnt seines Bestehens mit
einem vollen Programm.
Ein Höhepunkt davon wird das diesjährige Jahrestreffen sein. Es findet vom 5. bis 7. Juni 2008 in
Bonn statt. Das Thema der Konferenz ist: »Die Vereinten Nationen und die globale Entwicklungsarchitektur« (The United Nations and the Global Development Architecture).
Auf der Konferenz wird es vier Plenarveranstaltungen geben zu den Themen:
1. Nachhaltigkeit und Klimawandel;
2. Nexus zwischen Entwicklung und Frieden;
3. Handel, Finanzierung und Entwicklung; sowie
4. Migration und Entwicklung.
Alle Plenarveranstaltungen sind als Diskussion
am ›runden Tisch‹ geplant, um einen offenen Gedankenaustausch zu fördern. Drei bis vier Experten für
die jeweiligen Themen werden an den Diskussionen
teilnehmen. Zusätzlich wird eine Vielzahl von Workshops angeboten. Sie sind in drei Gruppen aufgeteilt,
von bis zu zehn gleichzeitig abgehaltenen Sitzungen
und widmen sich anderen Aspekten des Konferenzthemas.2
Bei Fragen zur ACUNS-Jahreskonferenz, vom
5. bis 7. Juni 2008 in Bonn, können Sie sich gern direkt
an das ACUNS-Sekretariat wenden,
entweder per E-Mail an:
Sarah Hucsko ([email protected]), an:
Exekutivdirektor Alistair Edgar ([email protected])
oder auch per Post an folgende Adresse:
ACUNS Secretariat
Wilfrid Laurier University
Waterloo, Ontario N2L 3C5
Kanada
1 ACUNS in the Decade 1996–2006, Report Commissioned by the
Board of Directors, Rapporteur: Leon Gordenker, 2007, über: http://
www.acuns.org
2 Die vorläufige Tagesordnung, das ›Call for Papers‹ sowie Informationen zur Anmeldung finden sich unter: http://www.acuns.org
VEREINTE NATIONEN 1/2008
Aus dem Bereich der Vereinten Nationen | Umwelt
Aus dem Bereich der Vereinten Nationen
Umwelt
Klimarahmenkonvention:
13. Vertragsstaatenkonferenz 2007
Kyoto-Protokoll:
3. Vertragsstaatenkonferenz 2007
■
■
Bali-Aktionsplan verabschiedet
Keine konkreten Reduktionsziele
vereinbart
Jürgen Maier
(Dieser Beitrag setzt den Bericht von Jürgen Maier
über die Klimarahmenkonvention und das KyotoProtokoll, VN, 1–2/2006, S. 45f., fort.)
Kaum eine Klimakonferenz wurde auf
derart hoher politischer Ebene vorbereitet wie die 13. Vertragsstaatenkonferenz
(VSK) des Rahmenübereinkommens der
Vereinten Nationen über Klimaänderungen (UNFCCC) und parallel die 3. Vertragsstaatenkonferenz des Kyoto-Protokolls in Bali vom 3. bis 15. Dezember 2007.
Wichtigster Verhandlungsgegenstand war
die mittel- und langfristige Zukunft des
Klimaregimes nach dem Auslaufen des
Kyoto-Protokolls am 31. Dezember 2012.
Noch im Dezember 2005 wäre die 11.
VSK in Montreal beinahe gescheitert. Bei
der 12. VSK in Nairobi im November 2006
wurde neben einem umfangreichen Arbeitsprogramm zur Anpassung an den Klimawandel – insbesondere in Entwicklungsländern – auch ein Arbeitsprogramm der
Ad-hoc-Arbeitsgruppe unter dem KyotoProtokoll für die Weiterentwicklung desselben beschlossen. Dies waren formal jedoch noch keine Verhandlungen, sondern
lediglich Beratungen. Für Bali stand die
Entscheidung an, nun auch ein offizielles
Verhandlungsmandat zu beschließen. Ob
dies tatsächlich gelingen würde, blieb bis
kurz vor Konferenzende offen.
Günstige Voraussetzungen
Im Frühjahr 2007 hatte sich die Europäische Union unter deutscher Präsidentschaft
mit einem vergleichsweise ambitionierten
Klima- und Energiepaket als Vorreiter in
Position gebracht. Für die Klimaverhandlungen ist hierbei besonders der Beschluss
VEREINTE NATIONEN 1/2008
hervorzuheben, dass die EU ihre Emissionen gegenüber 1990 um 20 Prozent bis
2020 reduzieren werde und, falls andere
wichtige Nationen sich beteiligen, sogar
um 30 Prozent. Auch mit dem KlimaSchwerpunkt des G-8-Gipfels in Heiligendamm im Juni 2007 spielte Bundeskanzlerin Angela Merkel mit hohem Einsatz.
Unter den G-8-Staaten befinden sich mit
Japan, Kanada, Russland und den USA
vier der wichtigsten Bremser der Klimaverhandlungen. Die Unterschrift des amerikanischen Präsidenten unter das Heiligendamm-Kommuniqué mit Sätzen wie
»Wir haben vereinbart, dass der UN-Klimaprozess das geeignete Forum ist, um
künftige globale Maßnahmen bezüglich des
Klimawandels auszuhandeln. Wir sind entschlossen, in diesem Forum voranzukommen, und rufen alle Parteien auf, sich aktiv
und konstruktiv an der UN-Klimakonferenz im Dezember 2007 in Indonesien mit
dem Ziel zu beteiligen, eine umfassende
Übereinkunft für die Zeit nach 2012 (Kyoto-Folgeübereinkommen) zu erzielen, die
alle wesentlichen Emissionsländer einbeziehen sollte« (G-8-Kommuniqué, S. 3),
war unter diesem Gesichtspunkt ein zwar
eigentlich banal klingendes, aber durchaus beachtliches Zugeständnis: Die USA
konnten nach dieser Zusage keine derart
offene Obstruktionspolitik mehr betreiben
wie noch bei der 11. VSK in Montreal.
Im Vorfeld der Konferenz wurden mit
dem 4. Sachstandsbericht des ›Intergovernmental Panel on Climate Change‹ (IPCC)
im Frühjahr, dem Hochrangigen Treffen
zum Klimawandel der Generalversammlung am 24. September, der Verleihung des
Friedensnobelpreises an das IPCC und den
früheren amerikanischen Vizepräsidenten
Al Gore sowie dem Regierungswechsel in
Australien im November die Erwartungshaltung nochmals erhöht, dass in Bali ein
greifbares Ergebnis herauskommen würde.
Australiens neuer Premierminister Kevin
Rudd verkündete als erste Amtshandlung
die Ratifizierung des Kyoto-Protokolls.
Danach reiste er persönlich zur Konferenz,
um die Ratifikationsurkunde zu übergeben. Auch die Tatsache, dass Bali mit
11 000 Teilnehmern die bisher größte Klimakonferenz war, trug zu der enormen Erwartungshaltung bei.
War die Klimakonferenz
in Bali ein Erfolg?
Formal gesehen hat die Konferenz ihr Ziel
erreicht. In Bali stand nicht die Verabschiedung eines neuen Abkommens auf der Tagesordnung, sondern lediglich die formelle Beschlussfassung über einen Verhandlungszeitplan. Mit dem ›Bali-Aktionsplan‹
wurden formelle Verhandlungen für ein
Nachfolgeabkommen für das am 31. Dezember 2012 auslaufende Kyoto-Protokoll aufgenommen. Sie sollen in zwei Jahren, also bis Dezember 2009 (15. VSK in
Kopenhagen), abgeschlossen sein. Damit
dürfte genügend Zeit zur Verfügung stehen für einen Ratifizierungsprozess in
den nationalen Parlamenten. So gesehen
hat die Konferenz ihr Ziel weitgehend erreicht. Viele Beobachter, insbesondere der
Medien, fragten allerdings, warum man
angesichts der Dramatik der Lage derart
viel Zeit verstreichen lassen muss, um ein
neues Abkommen abzuschließen.
Bei den Klimakonferenzen 2004/2005
war schon die Frage, ob es überhaupt eines Kyoto-Folgeübereinkommens bedarf,
höchst umstritten. Auf der 12. VSK im
Jahr 2006 in Nairobi wurden informelle
Gespräche über Verhandlungen beschlossen; im Jahr 2007 wurde der neue IPCCBericht veröffentlicht, worin festgestellt
wird, dass die Welt nur noch 10 bis 15
Jahre Zeit hat, das Klimaproblem zu lösen. Und nun reisten 11 000 Personen (darunter 3500 Regierungsvertreter) nach Bali,
um zwei Wochen lang zu diskutieren und
dann lediglich zu beschließen: Wir verhandeln jetzt auch offiziell. Das klingt mager.
Aber es gab weder eine klare inhaltliche
Festlegung, was das Ziel dieser Verhandlungen sei, noch eine Festlegung auf eine
Begrenzung des Temperaturanstiegs auf
2 °C noch eine klare Festlegung auf eine
Bandbreite für Reduktionsverpflichtungen. Es ist hilfreich, sich diese – im Grunde unglaubliche –Trägheit immer wieder
vor Augen zu führen und den Prozess nicht
schönzureden, denn schneller geht es in der
internationalen Politik nur selten.
Der Bali-Aktionsplan
Von den insgesamt 14 Beschlüssen der
VSK ist der wichtigste der ›Bali-Aktions27
Aus dem Bereich der Vereinten Nationen | Umwelt
plan‹. Darin ist das Verhandlungsmandat
bis 2009 festgelegt, das sich inhaltlich in
vier Themenbereiche gliedert:
1. Eindämmung: Maßnahmen zur weiteren Reduzierung von klimaschädlichen Emissionen, einschließlich der
künftigen Gestaltung von Instrumenten, wie dem Emissionshandel und der
Rolle des Waldschutzes;
2. Anpassung: Maßnahmen zur Anpassung an den unvermeidbaren Klimawandel und Unterstützung der besonders betroffenen Länder;
3. Technologie: Transfer klimafreundlicher Technologien; und
4. Finanzierung: Entwicklung neuer Mechanismen zur Finanzierung des Klimaschutzes.
Zu 1: Zentrales Thema der Konferenz war
die Festlegung eines Verhandlungsprozesses für Verpflichtungen zur Reduzierung
von klimaschädlichen Emissionen nach
2012. Darüber wurde in einer Reihe von
Gremien und Untergremien parallel im
Rahmen der Konvention und des KyotoProtokolls verhandelt. Der Konventionsprozess – unter Beteiligung der USA –
konzentrierte sich auf die Weiterentwicklung des in Montreal 2005 eingerichteten
›Dialogs zum langfristigen kooperativen
Handeln, um durch die Umsetzung der
Konvention dem Klimawandel zu begegnen‹. Die Ad-hoc-Arbeitsgruppe der Unterzeichnerstaaten des Kyoto-Protokolls
verhandelte über einen Zeitplan für die
Festlegung von Reduktionsverpflichtungen
für Industrieländer und über die zweite
Überprüfung gemäß Art. 9 des Protokolls.
Dieser Artikel besagt, im Lichte neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse zu überprüfen, ob die Verpflichtungen noch angemessen sind. Alle diese Verhandlungsstränge sind inhaltlich eng miteinander verwoben und sollten im Idealfall in einen
einzigen Vertrag zusammenfließen, der
Kyoto ablöst.
Die von der EU gewünschte konkretere Festlegung des Verhandlungsmandats
auf einen Emissionsreduktionsbereich von
25 bis 40 Prozent der Industrieländer (gegenüber 1990) war nicht durchsetzbar. Es
gelang lediglich, einen Verweis auf die
IPCC-Empfehlung für Reduktionen in dieser Bandbreite in einer Fußnote unterzubringen. Betont wurde im Bali-Aktionsplan erneut das Prinzip der »gemeinsamen,
aber differenzierten Verantwortlichkeit«.
Das heißt, es wird nur über Reduktions28
verpflichtungen für Industriestaaten verhandelt, wobei diese für alle Industriestaaten »vergleichbar« sein sollen. Doch wird
auch erstmals über »national angemessene Verpflichtungen« für Entwicklungsländer verhandelt: »im Kontext nachhaltiger
Entwicklung, unterstützt und ermöglicht
durch Technologie, Finanzmittel und Kapazitätsaufbau, in messbarer, zu berichtender und überprüfbarer Weise« (BaliAktionsplan, Ziff. 1 (b), (ii)).
Auch die seit Jahren diskutierte Aufnahme der Reduzierung von CO2-Emissionen durch Waldzerstörung1 in das Klimaregime taucht in den Beschlüssen von
Bali nun auf: Es sollen Pilotprogramme
initiiert und für die Zeit ab 2012 neue
Maßnahmen und finanzielle Anreize vereinbart werden. Dadurch sollen Bemühungen von Entwicklungsländern unterstützt
werden, ihre Wälder zu erhalten und damit zum Klimaschutz beizutragen (BaliAktionsplan sowie separater Beschluss
»Reducing emissions from deforestation
in developing countries: approaches to
stimulate action«).
Hier liegt der Teufel allerdings im Detail: Manche Akteure wollen darüber hinaus auch Anreizmechanismen für die Aufforstung und die Anlage von Holzplantagen beschließen lassen. Ein wichtiger –
und umstrittener – Verhandlungsgegenstand sind auch »kooperative Sektoransätze und sektorspezifische Maßnahmen«.
Damit sollen Maßnahmen beraten werden, die sich länderübergreifend auf bestimmte Industriebranchen beziehen, um
Befürchtungen insbesondere energieintensiver Branchen zu zerstreuen, ihnen könnten Wettbewerbsnachteile durch den Klimaschutz entstehen. So könnte erstmals
auch der internationale Flugverkehr – einer Branche, deren Treibhausgasemissionen mit am schnellsten wachsen – in das
Klimaregime einbezogen werden.
Zu 2: Abgeschlossen wurden in Bali,
trotz großer Meinungsverschiedenheiten
über die Kompetenz- und Machtverteilung, die Verhandlungen zur Einrichtung
des Anpassungsfonds der Konvention (Adaptation Fund). Für den Fonds wurde ein
Verwaltungsrat eingerichtet, in dem die
Entwicklungsländer mehrheitlich vertreten sind. Die Globale Umweltfazilität (Global Environment Facility – GEF) wird als
Sekretariat fungieren, aber mit wesentlich
weniger Kompetenzen als von ihr gefordert. Die Sitzungen des Verwaltungsrats
werden nicht am GEF-Sitz in der Weltbank in Washington stattfinden, sondern
am Sitz des Konventionssekretariats in
Bonn. Gespeist wird der Fonds zunächst
aus Abgaben aus dem ›Clean Development Mechanism‹ (CDM); die Verhandlungen bis 2009 werden zudem auch darum gehen, ob auch aus dem anderen flexiblen Mechanismen (vor allem dem internationalen Emissionshandel) Abgaben
an den Anpassungsfonds fließen sollen.
Nur so könnten die bisher eher bescheidenen Mittel des Fonds aufgestockt werden, damit er seiner Aufgabe auch nur ansatzweise gerecht werden kann.
Zu 3: Zur Technologie-Zusammenarbeit wurde in Bali ein umfangreiches Arbeitsprogramm beschlossen, das hoffentlich über die üblicherweise eher fruchtlosen Diskussionen in anderen UN-Gremien über Technologietransfer hinausgehen wird. Auch die Möglichkeiten der
Märkte für den Emissionshandel sollen
integriert werden. Die GEF erhielt den
Auftrag, bis Mai 2008 einen Vorschlag
für ein strategisches Arbeitsprogramm vorzulegen, mit der Technologie-Zusammenarbeit mit Entwicklungsländern sowohl für
klimafreundliche Technologien als auch
für die Anpassung an den Klimawandel
eingeleitet und ausgebaut werden sollen.
Die Entwicklungsländer machten in Bali
deutlich, dass diese Fragen für sie von
zentraler Bedeutung sind und es nur Fortschritte geben wird, wenn der Norden hier
substanzielle Zugeständnisse macht.
Sonstige Beschlüsse
Institutionell wurde neben der bereits bestehenden Ad-hoc-Arbeitsgruppe zur Weiterentwicklung des Kyoto-Protokolls nun
auch unter der Konvention selbst eine Arbeitsgruppe (Ad Hoc Working Group on
Long-term Cooperative Action) eingerichtet. Diese Konstellation könnte Probleme bereiten, wenn die beiden Gremien
nicht eng miteinander kooperieren. Letztlich hängt dies von jenen Staaten ab, die
1 Bei der Zerstörung von Wäldern werden zum Teil
erhebliche Mengen Kohlendioxid frei, nicht nur durch
die Freisetzung des im Holz gebundenen Kohlenstoffs,
sondern auch aus den Böden. Indonesien ist durch seine enorme Entwaldungsrate nach den USA und China
mittlerweile zum drittgrößten CO2-Emittenten aufgestiegen.
VEREINTE NATIONEN 1/2008
Aus dem Bereich der Vereinten Nationen | Umwelt
zwar die Konvention, nicht aber das Protokoll ratifiziert haben – etwa den USA.
Die Klimaverhandlungen finden inzwischen in immer mehr Gremien statt, so dass
mit dem erhofften Ende der amerikanischen Sonderrolle unter der nächsten Regierung vermutlich wieder einiges gebündelt werden kann.
Dramatischer Schlussakt
Das Verhandlungspaket wurde – wie bei
Klimakonferenzen üblich – erst mit einem
Tag Verspätung, am Nachmittag des 15.
Dezember, in einer dramatischen SchlussSitzung geschnürt. Nachdem die amerikanische Delegationsleiterin Paula Dobriansky zunächst – unter Buh-Rufen des
Plenums – erklärt hatte, die USA könnten
nicht zustimmen, drohte die Konferenz zu
scheitern: Ohne amerikanische Beteiligung
wären die Schwellenländer zu keinen Zusagen bereit gewesen und ohne die Schwellenländer wiederum eine Reihe anderer
Industriestaaten nicht. Erst nach dramatischen Appellen unter anderem des indonesischen Präsidenten und des UN-Generalsekretärs gab Dobriansky ihren Widerstand auf. Das Weiße Haus distanzierte
sich umgehend von den Bali-Beschlüssen;
möglicherweise hatte die amerikanische
Gesandte eigenmächtig ihre Kompetenzen überschritten.
Aussichten
Wie dem auch sei: der Bremsklotz für die
Klimaverhandlungen ist einstweilen gelöst. Mit dem Verhandlungsmandat bis
zur übernächsten Vertragsstaatenkonferenz im Dezember 2009 in Kopenhagen
liegt es jetzt an allen Akteuren – staatlichen wie nichtstaatlichen –, es mit Substanz zu füllen. Bis dahin wird in Washington eine neue Regierung im Amt sein, von
der anzunehmen ist, dass sie in jeder denkbaren Konstellation weitaus konstruktiver verhandeln wird als die gegenwärtige.
Dies wird auch Rückwirkungen auf andere, heute noch zögerliche Akteure wie
Japan und Kanada haben.
Die Gefahr, dass das Klimaregime insgesamt am Unwillen einer Reihe zentraler
Akteure scheitert, ist jedenfalls in Bali vorerst gebannt worden. Auch bei den Regierungen der Entwicklungs- und Schwellenländer gibt es noch viele, die noch nicht
wirklich bereit sind zur Kenntnis zu nehmen, dass ein auf importierte fossile Energieträger gestützter Entwicklungspfad inVEREINTE NATIONEN 1/2008
zwischen völlig unrealistisch geworden ist
und ein Verzicht darauf deshalb keine Konzession an die Industrieländer ist, sondern
alternativlos. Kurz nach Bali stieg der Ölpreis erstmals auf 100 US-Dollar pro Barrel.
Insbesondere China spürt gegenwärtig
besonders deutlich, wie diese Abhängigkeit
von importierter Energie zu enormen wirtschaftlichen Problemen führen kann. China, als mittlerweile weltweit größter CO2Emittent, spielte deshalb unter den großen
Schwellenländern die konstruktivste Rolle, mit der Bereitschaft, im Rahmen eines
neuen Klimavertrags Verpflichtungen zu
übernehmen. Indien übernahm lange Zeit
eher die Rolle des Hardliners, wobei die
Energieszenarien für Indien davon ausgehen, dass das Land bis zum Jahr 2030 nahezu seinen gesamten Erdölbedarf und 40
Prozent seines Kohleverbrauchs importieren muss. Ob der Weltmarkt dies überhaupt noch hergeben wird, ist fraglich. Es
war deshalb von großer Bedeutung, dass
sich Indien in Bali in der abschließenden
Plenarsitzung für den Beschluss eingesetzt
hat, dass die Schwellenländer zu Maßnahmen bereit sind, wenn auch die Industrieländer mehr tun.
So klar es ist, dass keines dieser Schwellenländer irgendwelche bindenden Verpflichtungen unterschreiben wird, wenn
nicht die USA ernstzunehmende Reduktionsverpflichtungen übernehmen, so klar
ist auch, dass diese Verpflichtungen anderer Natur sein werden als die für Industrieländer. Klimapolitik ist inzwischen zu großen Teilen Nord-Süd-Politik und zu einem
der Hauptschauplätze internationaler Politik – und zur Chefsache der Kanzlerinnen,
Präsidenten und Premierminister – avanciert. Dies trägt zwar der Bedeutung des
Problems Rechnung, zeigt aber auch, dass
das Einigungspaket für das Kyoto-Folgeübereinkommen viele Komponenten hat,
die bei weitem nicht nur umweltpolitische
sind. Eine Aufgabe, die vielleicht der Quadratur des Kreises gleichkommt. Für die
Vereinten Nationen und den Multilateralismus ist sie sicherlich eine der größten
Herausforderungen der nächsten Jahre.
Weitere Informationen und Dokumente: Webseite
der Klimarahmenkonvention, United Nations Framework Convention on Climate Change (UNFCCC), 13th
Conference of the Parties (COP) to the UNFCCC and
the 3rd Conference of the Parties Serving as the
Meeting of the Parties (CMP) to the Kyoto-Protocol,
3.–15. December 2007, Bali, Indonesia, http://unfccc.
int/meetings/cop_13/items/4049.php
Konvention gegen Wüstenbildung:
8. Vertragsstaatenkonferenz 2007
■
■
10-Jahres-Strategieplan verabschiedet
Zunächst keine Einigung über
Haushalt und außerordentliche
Vertragsstaatenkonferenz einberufen
Benno Pilardeaux
(Dieser Beitrag setzt den Bericht von Benno
Pilardeaux über die 7. Vertragsstaatenkonferenz
2005, VN, 1-2/2006, S. 46ff., fort.)
Mit einer Steigerung des UNCCD-Haushalts für 2008/2009 um vier Prozent auf
knapp 15 Millionen Euro endete in den
frühen Morgenstunden des 27. Novembers 2007 in New York die erste außerordentliche Vertragsstaatenkonferenz (VSK)
des am 26. Dezember 1996 in Kraft getretenen Übereinkommens der Vereinten
Nationen zur Bekämpfung der Wüstenbildung in den von Dürre und/oder Wüstenbildung schwer betroffenen Ländern,
insbesondere in Afrika (United Nations
Convention to Combat Desertification –
UNCCD). Das Übereinkommen hatte Ende 2007 191Vertragsstaaten. Die außerordentliche Vertragsstaatenkonferenz war
notwendig geworden, nachdem zuvor die
8. VSK des UNCCD, die vom 3. bis 14.
September 2007 in Madrid stattfand, in
letzter Minute an der Finanzierungsfrage
gescheitert war. Denn obwohl man sich
bereits auf eine Steigerung des UNCCDHaushalts um nominal fünf Prozent auf
Euro-Basis geeinigt hatte, zog Japan seine
ursprüngliche Zusage wieder zurück und
löste damit einen Eklat aus. Aufgrund des
Rücktritts von Regierungschef Shinzo Abe
drei Tage zuvor war man nicht entscheidungsfähig gewesen, hatte es geheißen. Die
Beitragserhöhung für Japan hätte 75 000
Euro betragen.
Finanzfragen sind beim UNCCD traditionell ein kritisches Thema, weil sich
hier am deutlichsten die Wertschätzung der
Geberländer zeigt. Ganz oben auf der Liste der säumigen Zahler stehen die USA,
die ihre nach dem UN-Schlüssel festgelegten Pflichtbeiträge als freiwillige Beiträge
ansehen und gerade so viel bezahlen, dass
sie nicht von den Verhandlungen ausgeschlossen werden können. Die Außenstände allein der USA belaufen sich gegenwärtig auf rund 1,8 Millionen Euro. Dadurch
wird der finanzielle Spielraum des Sekretariats deutlich eingeschränkt.
29
Aus dem Bereich der Vereinten Nationen | Umwelt
Dabei war die 8. VSK des Übereinkommens überwiegend von Aufbruchstimmung geprägt. Dies zeigte sich an der Verabschiedung eines ›10-Jahres-Strategieplans und Rahmens zur Förderung der
Umsetzung der Konvention (2008–2018)‹
[UN Doc ICCD/COP(8)/10/Add.2], zahlreichen Reformbeschlüssen für die UNCCD-Institutionen sowie an der Ernennung des neuen, allgemein wertgeschätzten Exekutivsekretärs, des 47-jährigen ehemaligen Umweltministers Benins, Luc Gnacadja, zum 1. Oktober 2007. Der Haushaltsbeschluss verpflichtet den neuen Exekutivsekretär auf Ausgabendisziplin, effektive Mittelverwendung im Sinne des 10Jahres-Strategieplans und transparente
Buchführung.
I. Ausschuss zur regionalen
Umsetzung: mehr Dialog
Entgegen anfänglicher Zweifel ist der
potenzielle Nutzen des Ausschusses zur
regionalen Umsetzung des Übereinkommens (Committee for the Regional Implementation of the Convention – CRIC)
inzwischen allgemein anerkannt. Daher
wurde sein auslaufendes Mandat verlängert. Allerdings mangelt es noch an einer
überzeugenden Konferenzgestaltung, die
den Raum für Dialog, Austausch und
Rückkopplung bietet. Aus diesem Grund
werden Staatenberichte erst wieder auf
der 9. Vertragsstaatenkonferenz im Jahr
2009 diskutiert.
Zunächst stehen auf der 7. Sitzung
des CRIC im Jahr 2008 methodische Fragen im Vordergrund, die sich aus der Umsetzung des 10-Jahres-Strategieplans ergeben. Außerdem stehen die Arbeitsprogramme von CRIC, des Ausschusses für
Wissenschaft und Technologie (Committee on Science and Technology – CST),
des Sekretariats sowie des Globalen Mechanismus’ auf der Tagesordnung. Zudem sollen Indikatoren für das Monitoring des 10-Jahres-Strategieplans sowie das Format künftiger CRIC-Sitzungen
besprochen werden: diese sollen künftig stärker dialogorientiert gestaltet werden. Die 7. CRIC-Sitzung soll dazu entsprechende Richtlinien verabschieden.
Zusätzlich wurde das Sekretariat beauftragt, ein neues Berichtsformat zu erarbeiten, bei dem der 10-Jahres-Strategieplan sowie die Fortschritte bei der nationalen Planung besonders berücksichtigt
werden.
30
II. Ausschuss für Wissenschaft
und Technologie: neues Format einer
wissenschaftlichen Konferenz
Aufgrund der bislang wenig überzeugenden Arbeitsergebnisse des CST und seiner
Arbeitsgruppen sowie erfolgloser Reformversuche in der Vergangenheit konzentrierten sich die Verhandlungen auf grundsätzliche Umstrukturierungen. Wichtigstes Ergebnis ist die künftige Neugestaltung der CST-Sitzungen überwiegend im
Format einer internationalen wissenschaftlichen Konferenz, die sich nur mit einem
Thema befasst. Organisiert werden diese
Sitzungen extern von einem Konsortium
oder einer Institution, die zum jeweiligen
Konferenzthema über besondere Expertise verfügt. Bei diesem Prozess hat das
CST-Büro die Führungsrolle. Ein kleiner
Teil der Sitzungszeit des CST soll auch
künftig im bisherigen ›Verhandlungsformat‹ gestaltet werden, um Raum für die
Diskussion prozeduraler Fragen beziehungsweise zur Erarbeitung von Empfehlungen an die Vertragsstaatenkonferenz zu
haben. Mit der Einführung dieses von
Deutschland vorgeschlagenen Formats ist
es erstmals gelungen, eine Reform zu verabschieden, die das Potenzial zur grundlegenden Verbesserung der Arbeitsergebnisse des CST bietet.
III. Reformbedarf:
allgemeine Zustimmung
Der zur 8. Vertragsstaatenkonferenz vorgelegte 10-Jahres-Strategieplan war im Jahr
2005 von der Gemeinsamen Inspektionsgruppe der UN angeregt (UN Doc. ICCD/
COP(7)/4) und einer zwischenstaatlichen
Arbeitsgruppe erarbeitet worden. Der Strategieplan enthält neben einer kurzen Beschreibung der Kernaufgabe des Übereinkommens (globale Rahmensetzung) eine
Reihe strategischer und operativer Ziele.
Darüber hinaus werden Vorschläge zur
Reform der UNCCD-Institutionen gemacht. Hinter diesen Bemühungen steht
die Einsicht, dass über ein Jahrzehnt nach
Inkrafttreten des Übereinkommens die in
das Vertragswerk gesetzten Erwartungen
nicht erfüllt wurden. Dem UNCCD fehlen konkrete, überprüfbare Zielvorgaben
mit klaren Zeithorizonten. So ist es bis
heute nicht möglich abzuschätzen, inwieweit das Übereinkommen beispielsweise
zur Eindämmung der Bodendegradation
in Trockengebieten beitragen konnte. Auch
konnten einzelne Organe des UNCCD den
in sie gesetzten Erwartungen nicht gerecht
werden. Beispielsweise hat es der CST bislang nicht vermocht, seine Funktion als
wissenschaftliches Beratungsorgan des
UNCCD auszufüllen. Ein weiteres Manko ist, dass die VSKs über die vergangene
Dekade zu sehr von prozeduralen Fragen
bestimmt waren, anstatt sich auf das eigentliche Thema Desertifikationsbekämpfung zu konzentrieren. In den letzten Jahren wurde daher deutlich, dass insbesondere die Geberstaaten zunehmend Vertrauen in den Sinn und Nutzen der Konvention verloren. Es war also in jeglicher
Hinsicht höchste Zeit für Reformen, um
die strukturellen und organisatorischen
Defizite zu überwinden sowie sich erneut
über Kernziele und Rolle des Übereinkommens zu verständigen.
Wesentliche Elemente der Reform sind:
■
Die Vereinbarung gemeinsamer strategischer und operationeller Ziele zur
Umsetzung des UNCCD bis zum Jahr
2018 sowie eine Verknüpfung des Arbeitsprogramms der UNCCD-Institutionen (Sekretariat, Globaler Mechanismus, CRIC, CST) mit dieser gemeinsamen Vision;
■
Mehr Klarheit über Mandat und Aufgaben der Organe des Übereinkommens sowie Verbesserung seiner Arbeitsweise, insbesondere durch Reformen des CRIC und des CST;
■
Die Einführung eines ergebnisorientierten Managements (results-based
management).
Die nächste Vertragsstaatenkonferenz findet im Herbst 2009 statt. Wenn sich kein
anderes Gastgeberland findet, wird Bonn
als Sitz des Sekretariats Tagungsort sein.
Weitere Informationen über die Konferenz: http://
www.unccd.int/. Abschlussdokument: Report of the
Conference of the Parties on its Eight Session, Held in
Madrid from 3 to 14 September 2007 – Addendum Part
Two: Action taken by the Conference of the Parties at
its eighth Session, UN Doc. ICCD/COP(8)/16/Add. 1.
Erratum
In Heft 6/2007, S.251, wurde Rüdiger von Wechmar als einziger Deutscher, der jemals den Posten des Präsidenten der UN-Generalversammlung
innehatte, bezeichnet. Dies stimmt nicht, da
Peter Florin, Stellvertretender Außenminister der
Deutschen Demokratischen Republik (DDR), ihm
1987/88 auf diesem Posten folgte.
VEREINTE NATIONEN 1/2008
Personalien
Personalien
Friedenssicherung
Der Niederländer Robert H.
Serry ist der neue Sonderkoordinator der Vereinten Nationen für den Nahost-Friedensprozess, Persönlicher Beauftragter des Generalsekretärs
bei der Palästinensischen Befreiungsorganisation und der
Palästinensischen Behörde sowie Sondergesandter des Nahost-Quartetts. Er folgt dem Briten Michael C. Williams, der lediglich sechs Monate im Amt
gewesen war (vgl. Personalien,
VN, 3/2007, S. 123). UN-Generalsekretär Ban Ki-moon ernannte den 1950 im indischen
Kalkutta geborenen Politikwissenschaftler und Diplomaten
am 4. Dezember 2007. Serry
hatte diplomatische Posten in
Bangkok, Moskau und New
York inne. Beim niederländischen Außenministerium leitete er die Abteilung Naher Osten
und war 1991 an den Vorbereitungen der Nahost-Friedenskonferenz in Madrid beteiligt.
UN-Generalsekretär Ban Kimoon hat am 29. November
2007 Vladimir Goryayev zum
Direktor des Registers der Vereinten Nationen für die Erfassung der durch den Bau der
Mauer in dem besetzten palästinensischen Gebiet verursachten Schäden berufen. Bis dahin
war er Direktor der Abteilung
Asien und Pazifik der UNHauptabteilung Politische Angelegenheiten gewesen. In der
neuen Funktion wird der Russe
alle eingehenden Klagen prüfen
und sie den Mitgliedern des Rates für die Aufnahme in das Register vorstellen (Näheres dazu
siehe: Personalien, VN, 4/2007,
S. 168).
Ahmedou Ould-Abdallah aus
Mauretanien wurde im SepVEREINTE NATIONEN 1/2008
Robert H. Serry
UN-Foto: 163503
tember 2007 von Ban Ki-moon
zum Sonderbeauftragten für
Somalia ernannt. Ould-Abdallahs Ziel ist es, die Friedensverhandlungen zwischen der
Übergangsregierung und der
Opposition voranzubringen
und für internationale Unterstützung der Mission der Afrikanischen Union in Somalia
(AMISOM) zu sorgen. OuldAbdallah war von 2002 bis
2007 Sonderbeauftragter für
Westafrika. Von 1985 bis 1996
war er in verschiedenen Bereichen des UN-Systems tätig, unter anderem als Sonderbeauftragter für Burundi und Sonderkoordinator für Afrika und
die am wenigsten entwickelten
Länder.
des Sicherheitsrats als Ergänzung zum Amt des Sonderbeauftragten für die Verhütung
von Völkermord und Massengräueltaten eingerichtet. Daher
wird Luck eng mit dem Sonderbeauftragten Francis Deng zusammenarbeiten. Neben seiner
Lehr- und Rektorentätigkeit an
der Columbia University ist
Luck seit Juni 2007 Vizepräsident und Studiendirektor der
›International Peace Academy‹
in New York. Zehn Jahre, von
1984 bis 1994, war er Präsident
und Geschäftsführer der amerikanischen UN-Gesellschaft.
Sekretariat
Wie bereits im vergangenen
Sommer vorgesehen, hat UNGeneralsekretär Ban Ki-moon
nun das Amt des Hohen Beauftragten der Vereinten Nationen
für die am wenigsten entwickelten Länder (LDC), Binnenentwicklungsländer (LLDC) und
kleinen Inselstaaten (SIDS) mit
dem des Sonderberaters für Afrika zusammengelegt. Somit ist
der im Juli 2007 ernannte Hohe Beauftragte Cheick Sidi Diarra aus Mali (vgl. Personalien, VN, 6/2007, S. 250) seit
dem 22. Januar 2008 auch Son-
Kultur
Am 9. Oktober 2007 wurde
der Deutsche Dr. Hans d’Orville
von UNESCO-Generaldirektor
Koichiro Matsuura zum Beigeordneten Generaldirektor für
strategische Planung ernannt.
Für seine Aufgaben stehen ihm
rund sechs Millionen US-Dollar und 30 Mitarbeiter zur Verfügung. Der Arbeitsbereich
strategische Planung ist ihm
vertraut: Seit dem Jahr 2000
war der 1949 geborene Diplomvolkswirt und promovierte Sozialwissenschaftler Direktor des Büros für strategische
Planung. D’Orville hatte seit
dem Jahr 1975 diverse Posten
in den Vereinten Nationen inne, unter anderem im Sekretariat und im Entwicklungsprogramm.
Deutschland
Die Mitglieder der Deutschen
Gesellschaft für die Vereinten
Nationen (DGVN) haben am
8. Dezember 2007 auf ihrer 29.
Mitgliederversammlung in
Leipzig Prof. Dr. Thomas Bruha, Völkerrechtler aus Hamburg, als Bundesvorsitzenden
bestätigt. Detlef Dzembritzki,
SPD-Bundestagsabgeordneter
und Vorsitzender des Unterausschusses Vereinte Nationen
im Deutschen Bundestag, und
Ekkehard Griep, Berlin, bleiben
stellvertretende Vorsitzende.
Menschenrechte
Edward C. Luck, Professor für
Internationale Beziehungen an
der New Yorker Columbia
University, ist zum ersten UNSonderberater für die Schutzverantwortung (Responsibilty
to Protect) im Rang eines Beigeordneten Generalsekretärs
berufen worden. Das Amt wurde auf Vorschlag von UN-Generalsekretär Ban Ki-moon im
Dezember 2007 mit Billigung
derberater für Afrika. Ban verspricht sich von der Zusammenlegung der beiden Ämter
Synergieeffekte, während etwa
die G-77 bereits die Überlegungen im Jahr 2007 als eine
Schwächung des Fokus der UN
auf Afrika kritisierten.
Edward C. Luck
Foto: Privat
Zusammengestellt von Jenny
Hagedorn und Anja Papenfuß.
31
Buchbesprechungen
Internationales Jahr des Planeten Erde:
Drei Berichte zur Lage
Udo E. Simonis
Zwischenstaatlicher
Ausschuss für
Klimaänderungen
(IPCC)
Klimaänderung
2007: Zusammenfassungen für politische Entscheidungsträger
Bern, Wien, Berlin
2007, 89 S.
Englisch:
Intergovernmental
Panel on Climate
Change (IPCC)
Climate Change
2007: Synthesis
Report
Genf 2007, 80 S.
32
2007 – das Jahr des Klimas. Vom Stern-Report über
den 4. Sachstandsbericht des ›Intergovernmental Panel
on Climate Change‹ (IPCC), die Verleihung des Friedensnobelpreises an das IPCC und den Klima-Kommunikator Al Gore bis hin zur 13. Vertragsstaatenkonferenz der UN-Klimarahmenkonvention auf Bali
– all dies zeigte, am Klimawandel kann kein Zweifel
mehr bestehen. Bildlich gesprochen: die Erde hat Fieber – und das Fieber steigt.
2008 – die Vereinten Nationen rufen das Internationale Jahr des Planeten Erde aus. Da wird es, da
muss es erneut um das Thema Klima gehen, doch zugleich um weit mehr. Es könnte nämlich sein, dass
die Erde nicht nur Fieber hat, sondern auch andere
Stoffwechselkrankheiten – wie Gicht, Rheuma, Diabetes mellitus.
In einer historisch einmaligen, wiewohl nicht abgestimmten Aktion legen drei umfangreiche Berichte dar, wie es um den Planeten Erde derzeit bestellt
ist und zukünftig bestellt sein könnte – einer mit einem
umfassenden Blick auf den globalen Wandel, zwei mit
einer Fokussierung auf das vielfach als größte Herausforderung angesehene Teilproblem Klimawandel.
Struktur, Botschaft und Timing des IPCC-Berichts
Climate Change 20071, an dem 450 Hauptautoren,
800 beitragende Autoren und 2500 Review-Autoren
mitgewirkt haben, erscheinen nachgerade genial – zumindest auf den ersten Blick. Das komplexe Thema
Klimawandel wurde nicht nur in drei überschaubare
Arbeitsgruppen aufgeteilt: 1.Wissenschaftliche Grundlagen; 2. Auswirkungen, Anpassung, Verwundbarkeiten; 3. Eindämmung des Klimawandels. Die Ergebnisse wurden auch zeitversetzt und an verschiedenen
Orten der Welt präsentiert. Das sicherte die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit von Februar bis Mai 2007
und mit dem Synthese-Bericht erneut im November
2007. Doch diese nie da gewesene Präsenz des Themas in den Medien – den Effekt des Nobelpreises
eingeschlossen – war keineswegs nur Show.
Mit deutlichen Worten, großer Eindringlichkeit,
aber zugleich gelassen und pragmatisch wird das
Wissen um die Ursachen des Klimawandels und seine Auswirkungen auf die Wirtschaft und die Regionen der Welt dargestellt. Die inhärente Spannung
hängt eng mit der gewählten Methodik zusammen:
das IPCC arbeitet mit insgesamt sechs Szenarien,
welche die Spannbreite der Möglichkeiten des Klimawandels bis zum Jahr 2100 aufzeigen. Während der
Optimist sich beim Erwärmungsszenario 2–2,4 °C
wiederfindet, wird der Pessimist beim Szenario 4,9–
6,1 °C landen. Damit verbindet sich zugleich die Zugehörigkeit zu zwei ›Lagern‹: jenen, die eine Eindämmung (mitigation) des Klimawandels weiterhin für
möglich halten, und jenen, die nur noch eine Anpassung (adaptation) für wahrscheinlich erachten.
Das IPCC ist, was die Aussagen über die Ursachen des Klimawandels angeht (Arbeitsgruppe I),
höchst penibel; unterschiedliche Unsicherheiten werden mit ausgewählten Begriffen charakterisiert: von
›high agreement‹, ›much evidence‹ bis ›medium agreement‹, ›medium evidence‹; von ›very high confidence‹ bis ›very low confidence‹; von ›virtually certain >99%‹ bis ›exceptionally unlikely <1%‹. Auch
bezüglich der Auswirkungen des Klimawandels (Arbeitsgruppe II) auf die verschiedenen Wirtschaftsbereiche, deren Verletzbarkeit und Reaktionsfähigkeit,
ist der Bericht so einfallsreich wie keiner zuvor, eine
echte Überraschung eingeschlossen: die Wälder als
Klimastabilisatoren und die ›Waldoption‹ in der Klimapolitik erhalten erstmals die nötige Aufmerksamkeit. Den regionalen Auswirkungen des Klimawandels gilt eine besondere Typologie, welche die Betroffenheit der möglichen Verbündeten einer aktiven
Klimapolitik einbezieht: Wer weiß, was in der eigenen Region geschehen kann, wird sensibler mit der
jeweiligen Klimainformation umgehen.
Die größten Schwächen des IPCC-Berichts liegen
im Teil ›Eindämmung‹ (Arbeitsgruppe III), den man
eigentlich mit pro-aktive Klimapolitik umschreiben
müsste. Doch dessen Autoren geht es weder um den
üblichen Politikzyklus, noch um ein konsistentes
Konzept internationaler Politik. Sie verstehen ihren
Beitrag eher als ›Vorüberlegungen‹ zu einer möglichen Politikgestaltung – eine Aufgabe also, die Andere in der Zukunft zu vollbringen haben. Dieses
eingeschränkte Politikverständnis verwundert angesichts aller Dramatik, die aus den ersten beiden Teilen des Berichts herauszulesen ist. Man verständigt
sich weder auf ein striktes Ziel des Klimaschutzes,
beispielsweise auf das 2 °C –Ziel des Wissenschaftlichen Beirats für Globale Umweltveränderungen
(WBGU), noch auf konkrete Maßnahmen, beispiels-
1 Die drei Teilberichte: Climate Change 2007. The Physical Science
Basis. UN/IPCC, Working Group I, 1056 S., 79,00 Euro; Climate Change
2007. Impacts, Adaptation and Vulnerability. UN/IPCC, Working Group II,
ca. 912 S., ca. 90,00 Euro; Climate Change 2007. Mitigation of Climate
Change. UN/IPCC, Working Group III, 750 S., 79,00 Euro.
VEREINTE NATIONEN 1/2008
Buchbesprechungen
weise eine CO2-Steuer. Es werden auch keine Vorschläge dazu gemacht, wie der institutionelle Rahmen einer effektiven Klimapolitik auszusehen hätte.
Der 4. IPCC-Bericht, der die internationale Klimapolitik grundlegend hatte reformieren sollen, hinterlässt selbst Reformbedarf.
Dieses Urteil wiederholt sich beim zweiten Bericht, wenn auch in ganz anderer Art und Weise. Der
Bericht über die menschliche Entwicklung 2007/2008
des UN-Entwicklungsprogramms (UNDP), der auch
dieses Jahr mit großem Aufwand, in kürzester Frist
und ansehnlicher Aufmachung ins Deutsche übersetzt wurde, trägt den Untertitel »Den Klimawandel
bekämpfen: Menschliche Solidarität in einer geteilten Welt«. Zu Beginn des 21. Jahrhunderts seien wir,
so heißt es in der Einleitung, mit der ›gnadenlosen
Dringlichkeit‹ einer Krise konfrontiert, die Gegenwart
und Zukunft miteinander verbinde: »Der Klimawandel ist das alles überragende Problem der menschlichen Entwicklung in unserer Generation« (S. 1). In
vier Kapiteln werden die Herausforderungen des Klimaschutzes, die Risiken und Anfälligkeiten in einer
ungleichen Welt beschrieben und die Aufgaben der
Verhinderung gefährlicher Klimaänderungen und der
Anpassung an das Unvermeidliche skizziert. Der Bericht ist kein genuin klimawissenschaftliches Produkt,
doch die Autoren sind bemüht, die wichtigsten Ergebnisse des IPCC-Berichts mit dem Mandat des UNDP
zu verknüpfen, nämlich der internationalen Zusammenarbeit zur Überwindung der Armut in der Welt.
So legt sich das Entwicklungsprogramm, anders
als das IPCC, bei der Zielvorgabe auf einen Schwellenwert der Erderwärmung von 2 °C über vorindustriellem Niveau fest, weil nur so gefährliche Klimaänderungen vermieden werden können, von denen
die Ärmsten der Welt am stärksten betroffen wären.
Bei den zu ergreifenden Maßnahmen setzt man sowohl
auf die Besteuerung von CO2-Emissionen als auch
auf den Handel mit Emissionszertifikaten. Letzterer
könne so ausgestaltet werden, dass er den Entwicklungsländern zugute käme. Dann aber verfallen die
Autoren, wie das bei Technikgläubigen üblich ist, der
Idee so genannter bahnbrechender Technologien,
insbesondere der CO2-Sequestrierung, statt sich darauf zu konzentrieren, was auch und besonders in
Entwicklungsländern Priorität haben sollte: die rasche Einführung und der umfassende Ausbau erneuerbarer Energien.
Es gibt eine Reihe anderer Ungereimtheiten, die
man in einem Bericht der Vereinten Nationen eigentlich nicht erwartet. So schildern die Autoren zwar ausführlich die notwendigen Anpassungen an den Klimawandel in den Entwicklungsländern, machen sich
aber keine Gedanken über die bevorstehenden neuen
Migrationswellen – die ›Klimaflüchtlinge‹. Man widmet sich zwar eingehend dem Problem der Zerstörung der Wälder in Entwicklungsländern, sieht die
Lösung aber nur in einem Finanztransfer von Nord
VEREINTE NATIONEN 1/2008
nach Süd. Eine institutionelle Lösung wird dagegen
nicht vorgeschlagen, weder in Form einer UN-Konvention zum Schutz der Wälder noch in Form eines
Waldprotokolls im Rahmen der UN-Biodiversitätskonvention. Überhaupt findet sich in diesem Bericht
keine ernsthafte Selbstreflexion darüber, wie es zu
einer strukturellen Reform der Vereinten Nationen
kommen könnte, insbesondere der notwendigen institutionellen, finanziellen und personellen Aufwertung des Umweltprogramms (UNEP) – ein eklatanter
Widerspruch zu den Worten der Einleitung von der
›gnadenlosen Dringlichkeit‹ einer Krise, die der Klimawandel darstelle.
Wenn die großen Worte wirklich Gewicht hätten,
dann hätte den Autoren auch noch eine ganz andere
Idee kommen müssen: In dem traditionsgemäß sehr
sorgsam erstellten Indikatorenteil des UNDP-Berichts (S. 281–408) tauchen die klimarelevanten
Faktoren erst an 23. Stelle (energy sources) beziehungsweise 24. Stelle (carbon dioxide emissions and
stocks) von insgesamt 35 Indikatoren, nicht aber an
vorderster Stelle auf. Und hätte man sich die enorm
divergierenden Zahlen über erneuerbare Energien
und CO2-Emissionen der untersuchten 177 Staaten
und 8 Staatengruppen wirklich angesehen, hätte man
daraus einen strategischen Bericht für den zukünftigen sektoralen und regionalen Klimaschutz erstellen
können, wie ihn die Vereinten Nationen bisher nie
erstellt haben. Spätestens hier mag sich manchem Leser wohl auch die Frage stellen, ob das Geld, das von
deutscher Seite (Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung) in die Übersetzung eines UN-Berichts investiert worden ist, nicht
besser anderweitig hätte angelegt werden können.
Was bei dem einen zuviel ist, mag bei dem anderen zu wenig sein. Dafür liefert der dritte Bericht ein
Beispiel. GEO-4 wurde von UNEP in Zusammenarbeit mit 54 Institutionen erstellt, darunter nur eine
einzige deutsche Institution, ein Institut der Universität Kassel. Wer weiß, was in Deutschland an ökologischer Kompetenz vorhanden ist, wer weiß, dass
es hierzulande seit 1992 den WBGU gibt, kann sich
nur wundern und wird es bedauern, dass davon nicht
mehr ins Spiel gebracht wurde – eine Aufgabe, der sich
das Bundesumweltministerium hätte widmen müssen.
Was aber Inhalt, Botschaft und Aufmachung des Berichts angeht, ist Bedauern nicht angesagt – ganz im
Gegenteil.
Mit GEO-4 ist ein Meilenstein der globalen ökologischen Berichterstattung erstellt worden, der höchstes Lob verdient. Auf den Seiten 498–501 wird der
Prozess beschrieben, der etwa 960 Wissenschaftler
aus allen Teilen der Welt miteinander vernetzte, ein
einzigartiges Datenportal schuf und über eine kooperative Abstimmung zu einem fulminanten Bericht
geführt hat. Sein Anspruch ist gewaltig: GEO-4 soll
eine globale, umfassende, verlässliche, wissenschaftlich fundierte und politik-relevante Bestandsaufnah-
Entwicklungsprogramm der
Vereinten Nationen
(UNDP)
Bericht über die
menschliche Entwicklung 2007/2008.
Den Klimawandel
bekämpfen: Menschliche Solidarität in
einer geteilten Welt
Berlin: Deutsche
Gesellschaft für die
Vereinten Nationen
2007
440 S., 28,90 Euro
United Nations
Environment
Programme (UNEP)
Global Environment
Outlook – GEO-4
Valetta: Progress
Press 2007
576 S., 92,00 Euro
33
Buchbesprechungen
me der Interaktionen zwischen Umwelt und Gesellschaft liefern und einen Ausblick in die nahe und
mittlere Zukunft ermöglichen; es sollen Stand und
Trends der globalen Ökologie in Relation zu den relevanten Triebkräften beschrieben, die Konsequenzen
des Umweltwandels auf die Ökosystemleistungen
und das menschliche Wohlbefinden ermittelt sowie
Fortschritte und Versäumnisse bei der Erreichung der
multilateralen Umweltabkommen dargestellt werden. Ein Anspruch, der hohe Erwartungen erweckt.
Wie werden sie erfüllt?
GEO-4 besteht aus sechs Abschnitten mit zehn
Kapiteln: einem Abschnitt über Status und Trends
in den Bereichen Atmosphäre, Land, Wasser und Biodiversität; einem Abschnitt über die Entwicklung in
sieben Regionen der Welt; einem Abschnitt über
menschliche Dimensionen des Umweltwandels; einem
Abschnitt Zukunft und einem Abschnitt Politikoptionen. Methodisch beruht der Bericht auf der DPSIRInteraktionsanalyse, das heißt der Analyse der Triebkräfte des Umweltwandels (drivers), der Belastung
(pressures), des Status (state), der Umweltauswirkungen (impacts) und der Antworten (responses) darauf.
Mit diesem Ansatz sollen die wesentlichen Komponenten der multidimensionalen, räumlichen und temporalen Ketten von Ursache/Wirkungs-Effekten beschrieben werden, welche die Interaktionen zwischen
Gesellschaft und Umwelt charakterisieren. Es entsteht in der Folge ein detailliertes Bild der ökologischen Lage und der Trends in den verschiedenen Bereichen und Regionen, das mit Hilfe von zahlreichen
Tabellen, Kästen und Abbildungen auch optisch hervorragend präsentiert wird. Jedes Kapitel endet mit
einer Betrachtung der wesentlichen Herausforderungen und Chancen. So wird deutlich, dass Umweltpolitik mehr ist als nur Klimapolitik, dass neben der
Entkarbonisierung auch die Entmaterialisierung der
Wirtschaft ansteht – dass der Planet Erde nicht nur
Fieber hat, sondern auch an Fettsucht und der Zuckerkrankheit leidet.
Auf diese Weise sind die abschließenden Sektionen gut vorbereitet, die – anders als der IPCC- und
der UNDP-Bericht – mit politisch hoch interessanten Rezepturen aufwarten: mit vier Szenarien, die
aus einer Kombination von Erzählungen und empirischen Daten bestehen: ›Markets First‹, ›Policy First‹,
›Security First‹ und ›Sustainability First‹. Höhepunkte und Endpunkte des Umweltwandels sind angesichts dieser vier möglichen Szenarien sehr verschieden: Nur auf die Kraft des Marktes zu setzen, hat andere Konsequenzen, als eine starke Umweltpolitik zu
betreiben; der Sicherheitsidee anzuhängen, hat andere Effekte, als strikter Nachhaltigkeit Priorität
zu geben. GEO-4 wird so nicht nur zu einer echten
Herausforderung für strategisches politisches Denken, hilft nicht nur bei der individuellen Wahrnehmung und Einschätzung komplexer Phänomene, sondern ermöglicht auch die Vorbereitung eines alter34
nativen individuellen und gesellschaftlichen Umgangs mit der Umwelt. Das ist Wissenschaft, wie
sie sein soll.
In GEO-4 schneidet Europa, teils aufgrund der
notwendigen Verkürzung der Argumentation, oft allzu gut ab. Da ist es besser zu wissen, dass es einen eigenen europäischen Umweltbericht gibt. Der vierte
Bericht der Europäischen Umweltagentur, EEA-4,
analysiert in differenzierter Form die ökologische Lage in Europa sowie die Erfolge und Misserfolge der
europäischen Umweltpolitik. Auf ihn kann an dieser
Stelle aber nur hingewiesen werden.
Conclusio: Das von den Vereinten Nationen ausgerufene Internationale Jahr des Planeten Erde beginnt mit einer guten Nachricht: Die Berichterstattung über seinen Zustand und seine Veränderungen
ist erheblich besser geworden; sie ist, dank der vorliegenden Berichte, so gut wie nie. Diese Berichterstattung muss jedoch weiter verbessert werden. Das
betrifft sowohl die Methodik der Darstellung als auch
ihre Reichweite. Da es sich bei ökologischen Problemen immer um Interaktionen von ökonomischen und
sozialen Systemen mit natürlichen Systemen handelt,
reicht die naturwissenschaftliche Bestandsaufnahme
nicht aus, die sozialwissenschaftliche muss hinzukommen. So sollte denn, um nur ein Beispiel zu nennen,
die politikwissenschaftliche Kompetenz des IPCC-Berichts in Zukunft gründlich verbessert werden. Zwar
lässt sich bei allen Berichten eine gewisse Scheu zur
politischen Positionierung feststellen, doch immer da,
wo es um potenziell irreversible Schäden geht, muss
man Farbe bekennen.
Ein anderes Fazit lässt sich für Deutschland ziehen, das immer wieder als ›Vorreiter‹ des internationalen Umweltschutzes apostrophiert wird – und sich
auch selbst so sieht. Wenn dem so ist, viele der in diesen Berichten behandelten Umweltprobleme aber globaler Art sind, dann gilt es grundsätzlich über die
Position Deutschlands im UN-System nachzudenken.
Wenn man das täte, würde schnell deutlich werden,
dass sich die politische Elite des Landes um eine systematische Aufwertung der Umweltkompetenz der
Vereinten Nationen – insbesondere des UNEP – einsetzen sollte, statt weiterhin, nunmehr seit 17 Jahren
vergeblich, der Idee anzuhängen, Deutschland müsse
unbedingt ständiges Mitglied im UN-Sicherheitsrat
werden.
Und ein Letztes: Die hier vorgestellten Berichte
zur Lage des Planeten Erde sind so inhaltsschwer und
faktenreich, so anregend und zukunftsträchtig, dass
sie auch Anlass und Gelegenheit zur Reform unseres
Bildungswesens bieten. Man muss nicht erneut auf
die Vorreiter Harvard oder Yale schielen, bevor sich
eine Exzellenzinitiative an deutschen Hochschulen
zur Erforschung der globalen Wandels bildet. Die
methodischen und statistischen Grundlagen für eine
planetarische Politik – eine ›Weltumweltpolitik‹ –
sind gelegt, die Initiative kann jetzt beginnen.
VEREINTE NATIONEN 1/2008
Buchbesprechungen
Autorisierte UNDP-Biografie
Manfred Kulessa
Craig N. Murphy
The United Nations
Development
Programme:
A Better Way?
Cambridge: Cambridge University
Press 2006
372 S., 19,99 brit.
Pfund
Von Menschen geschaffene Werke haben ihre eigenen
Geschicke. Dies gilt bekanntlich auch für Institutionen und Bücher. Was soll man davon halten, wenn
eine internationale Organisation in ihrem fünften Jahrzehnt eine Autobiografie schreiben lässt? Ist das etwa
ein Zeichen von ›midlife crisis‹ oder der beginnenden
Altersphase angesichts des 60. Jahrestags? Wer soll,
wer wird das lesen? Kann man erwarten, dass die entwicklungspolitische Szene von der in Deutschland etwas vernachlässigten multilateralen Entwicklungszusammenarbeit erfahren und lernen kann? Das sind die
Fragen, mit denen man an dieses Buch herangeht.
Kenner wissen, dass der große Kommunikator Mark
Malloch Brown den Auftrag an Professor Craig N.
Murphy vergeben und ihm zwei Jahre lang großzügige Unterstützung gewährt hat, um Mandat und Leistung des Entwicklungsprogramms der Vereinten Nationen (UNDP) einer weiteren Fachöffentlichkeit im
Zusammenhang vorzustellen und die vorhandenen
Studien (etwa Stephan Klingebiels ›Leistungsfähigkeit
und Reform des Entwicklungsprogramms der Vereinten Nationen UNDP‹, Köln 1998) umfassend zu ergänzen.
In seinem klugen Vorwort unterstreicht der derzeitige UNDP-Administrator Kemal Dervis die Bedeutung des kreativen Engagements einzelner Mitarbeiter für den Erfolg des UNDP-Netzwerks. Vielleicht ist das der Grund dafür, dass sich der Autor
überwiegend auf Interviews und Berichte von gestandenen UNDP-Leuten stützt. Die gewählte Methode ist nicht ganz unproblematisch und birgt die
Gefahr, der Legendenbildung zum Opfer zu fallen.
Auch hat Murphy nicht ganz vermeiden können, dass
sein Bericht durch die Aussagen der ihm und seinem
Team zur Verfügung stehenden Personen bestimmte Gewichtungen erhalten hat. Im Großen und Ganzen ist es ihm aber gelungen, die wechselhafte Geschichte des Entwicklungsprogramms abgewogen,
verständlich und lesbar darzustellen, wenn er auch
selten zu einem eigenen kritischen Urteil gelangt. Im
elften Kapitel jedoch, bei der Würdigung von Mark
Malloch Brown, bemerkt man leichte Züge von Hofberichterstattung in Anpassung an dessen recht ausgeprägte Selbsteinschätzung (siehe Interview in: Vereinte Nationen, 4/2007, S. 155ff. und BMZ-Spezial:
Die deutsche UNDP-Strategie, 2002). In der Schlussbemerkung lässt die vorsichtige Gesamtanalyse des
Wissenschaftlers freilich nur die vage Hoffnung zu,
dass sich die Arbeit von UNDP als zukunftsträchtig
erweisen werde.
VEREINTE NATIONEN 1/2008
Der Historiker Murphy weiß, dass es auch im UNSystem Könige und Kärrner gibt. Unter den Königen
hebt er zu Recht den großen Paul Hoffman und seine
europäischen Adjutanten sowie in späterer Zeit das
unvergleichliche Doppel Bradford Morse/George Arthur Brown hervor. Unter den Initiatoren und Gestaltern ragen neben den dominierenden Angelsachsen
vor allem prominente Köpfe des indischen Subkontinents heraus. Rafeeuddin Ahmed, Radhika Coomaraswamy, Mahbub ul Haq, Andrew Joseph, Chakravarthi V. Narasimhan, Indraprasad Gordhanbhai Patel und andere haben UNDP entscheidend geprägt und
bieten gleichzeitig in ihrer Biografie den Nachweis
für die oft bezweifelte enge Verbindung zum UN-Sekretariat wie auch zu Weltbank und Wissenschaft.
Das Entwicklungsprogramm arbeitet seit 37 Jahren auf der Grundlage der Konsens-Resolution 2688
(XXV) der Generalversammlung vom 11. Dezember
1970. Diese beruhte auf der Kapazitätsstudie, die Sir
Robert Jackson mit einem kleinen Team im Jahr zuvor erarbeitet hatte. Danach sollten UNDP weitreichende, übergreifende und koordinierende Aufgaben
für die gesamte technische Zusammenarbeit des Systems übertragen werden. ›Jacko‹ und Dame Margaret
Joan Anstee, seine engste Vertraute, haben oft ihre
Enttäuschung darüber geäußert, dass ihre Empfehlungen und auch der Konsens selbst nur zum Teil in die
Praxis umgesetzt worden sind. Ursache dafür dürfte
allerdings weniger das von Anstee (M. J. Anstee,
Never Learn to Type, Chichester 2003, S. 247ff.) und
Murphy (S. 139ff.) erwähnte Missvergnügen von Paul
Hoffman gewesen sein, der sich über die Bemerkung
von ›Dinosauriern und Höhlenmenschen im UNDP‹
wohl unberechtigt geärgert haben mag, als vielmehr
der Widerstand innerhalb des Systems und insbesondere bei den Sonderorganisationen. Da mussten dann
auch die UNDP-Vertreter bald die allgemein menschliche Erfahrung machen, dass auch da, wo alle für Koordinierung sind, kaum jemand sich gern koordinieren lassen will.
So gelang der große Wurf nicht ganz, und das Programm musste immer wieder manövrieren, um Geld
und Einfluss kämpfen und manchen Kompromiss
eingehen, um wenigstens in seiner Funktion und Bedeutung nicht weiter zurückzufallen. Das hat einerseits zu einer erfreulichen Lebendigkeit und Flexibilität, andererseits auch zu einem häufig beklagten
Mangel an Stetigkeit in der Durchführung geführt.
Besonders im letzten Jahrzehnt hat jeder Administrator sich daran versucht, UNDP neue Orientierung
35
Buchbesprechungen
und eine Strukturreform zu geben. Vielleicht resultiert aus dieser Beobachtung eine andere kritische Bemerkung der verehrten Dame Margaret: »UNDP has
spent years, desperately seeking a role by jumping on
every fashionable development or humanitarian bandwagon.« (Anstee, a.a.O.)
Man kann dies natürlich auch positiv sehen. Schließlich hat sich das entwicklungspolitische Denken zu
unseren Lebzeiten erheblich verändert, und UNDP
hat solche Änderungen aufgegriffen und gelegentlich
sogar initiiert. Dazu konnte es auch Mittel für Kampagnen, Studienprogramme und globale Projekte einsetzen. Die Liste der Schwerpunkte des Programms
in den Jahren 1998 bis 2006 (S. 321) kann in ihrer
Konzentration auf die Kernbereiche Armutsbekämpfung, Geschlechterfragen, Umwelt und gute Regierungsführung eher als Beleg für ›state of the art‹ als
für modische Verzettelung dienen. Richtig registriert
Murphy den Wandel in der Zielorientierung von den
benachteiligten Ländern zu den benachteiligten Menschen und Bevölkerungsgruppen. Verständlicherweise gab es für UNDP nach dem Jahr 2000 sowohl von
Mandat und Neigung her keine andere Wahl, als sich
an die Spitze der Kampagne für die Millenniums-Entwicklungsziele (MDGs) zu setzen.
In den politischen Verkrampfungen des Kalten
Krieges konnte UNDP seine Neutralität weitgehend
bewahren und genießt bis heute von Singapur bis Kuba
und selbst in Nordkorea ein positives Image. UNDP
muss aus seinem Selbstverständnis heraus nach Universalität streben und hat angesichts der weltpolitischen Veränderungen in den letzten Jahrzehnten seine
Präsenz enorm ausgeweitet, indem Programme in China, Zentralasien und Osteuropa neu vereinbart wurden. Nach wie vor stellen sich aber für die UNDPVertreter im Lande große Herausforderungen an diplomatisches Geschick, Teamgeist und Kreativität.
Dafür gibt es erfreulicherweise manch gutes Beispiel
zu nennen: etwa das Programm in Palästina (John
Olver), die Erfindung von Transfer of Knowledge
Through Expatriate Nationals (TOKTEN), Nessim
Shallon und sein Team in der Türkei, oder die Sahel-,
Mekong- und Tumenprojekte. In Ländern wie Afghanistan, Angola, Timor-Leste, Ruanda, Somalia oder
Sudan musste UNDP lernen, in einem Umfeld von
Krisen und Konflikten zu arbeiten, und spätestens
seit dem Anschlag auf das Bagdader Hauptquartier
im August 2003 ist die Sicherheit der Mitarbeiter eine ernste Sorge.
Natürlich musste sich UNDP immer nach der knappen Finanzdecke strecken. Vergangen sind die Hoffman-Zeiten, als die USA 40 Prozent des Haushalts
zu tragen pflegten. UNDP ist nach wie vor auf freiwillige Beiträge angewiesen. Die gingen schon lange
vor den Attacken des ehemaligen amerikanischen UNBotschafters John Bolton generell zurück und wurden nicht durch die erhoffte Friedensdividende aufgestockt. Kein Wunder, dass man sich seine Mittel da
36
holt, wo sie zu haben sind: bei den Partnerregierungen in Lateinamerika und am Golf, den Trustfonds
aufgeschlossener Geber oder der Global Environment Facility. Solange sich das im Rahmen der entwicklungspolitischen Prioritäten hält, erscheint es
sogar akzeptabel, wenn die regulären Beiträge nur
noch ein Fünftel der Einnahmen ausmachen (2006)
und die UNDP-Vertreter gelegentlich das Gefühl
haben, ihre Leistung werde vor allem am Erfolg im
Fundraising bemessen.
Im Gegensatz etwa zu UNICEF oder WHO war
es für UNDP immer schwer, den wünschenswerten
Bekanntheitsgrad zu erreichen. Ein ungewöhnlicher
und ursprünglich nicht vorgesehener Beitrag zur internationalen Diskussion ergab sich dann ab 1990
in dem jährlichen ›Bericht über die menschliche Entwicklung‹. Der Anfang ist mit den Namen Mahbub
ul Haq und Inge Kaul verbunden, die spätere Entwicklung mit denen von Richard Jolly, Sakiko Fukuda-Parr und Amartya Sen. Das weltweite Echo war
gewaltig. Es nährte sich nicht zuletzt aus dem Unbehagen an der ökonomischen Messlatte des Bruttosozialprodukts, für das Murphy Kronzeugen von Robert
Kennedy bis Barbara Ward anführen kann. Bald folgten nationale und regionale Versionen. Besondere Resonanz erhielt der Arabische Bericht über die menschliche Entwicklung (AHDR) aus dem Jahr 2002. Mit
der Herausgabe dieser Berichte hat UNDP eine neue
Dimension von ›Advocacy‹ erreicht. Dagegen sind
nach Meinung des Autors die beachtenswerten Berichte der UNDP-Studienstelle von Inge Kaul unter
anderem zu ›Global Public Goods‹ und ›The New
Public Finance‹ im Wesentlichen nur in der akademischen Fachdiskussion wahrgenommen worden
(S. 257).
Gelegentlich möchte man Korrekturen anbringen.
Wer das Netz so weit auswirft wie der Autor dieses
Bandes, dem kann man ein paar kleine Schnitzer ohne
weiteres nachsehen. Er muss ja nicht die Karrierelaufbahn chinesischer Führungsbeamten oder die Herkunft des Konzepts vom Bruttosozialglück zu genau
kennen. Dafür hat er erfreulich präzise Erinnerungen
zu Ghana (wo der junge Murphy einst studiert hat).
Denis Halliday und Hans von Sponeck haben in Irak
nicht wegen des Öl-für-Lebensmittel-Programms, sondern wegen der inhumanen Konsequenzen der Sanktionen den Dienst quittiert, was ihnen durchaus zur
Ehre gereicht.
Eine schon fast ernsthafte Schwäche des Buches
ist die bescheidene verlegerische Leistung, die ihm
zwar einen Index, aber weder UNDP-Texte noch eine Chronik und nur Fotos von geringer Bildqualität
mit auf den Weg gegeben hat und es wie einen hausgemachten UN-Berichtsband wirken lässt. Darüber
kann auch der schöne Umschlag nicht hinwegtäuschen. Den Inhalt selbst kann man aber Freunden wie
Kritikern multilateraler Zusammenarbeit mit gutem
Gewissen zur Lektüre empfehlen.
VEREINTE NATIONEN 1/2008
Buchbesprechungen
Memoiren eines Unverstandenen
Ian Williams
John Bolton
Surrender Is Not an
Option: Defending
America at the
United Nations
New York: Threshold
Editions/Simon and
Schuster 2007
496 S., 18,45 Euro
Das jüngste Opus des ehemaligen amerikanischen
UN-Botschafters John Bolton, ›Surrender Is Not an
Option‹, ist eine religiös anmutende Abhandlung über
seine 16-monatige Amtszeit als Botschafter, die seinen absoluten Glauben an die Vereinigten Staaten
demonstriert. Ausländer werden bei ihm danach beurteilt, ob und wie konstant sie seine Auffassung von
amerikanischer Politik teilen. Dass dabei die Europäische Union schlecht wegkommt, liegt an Boltons
tief sitzender Verachtung gegen das, was er als sozialdemokratischen Gegenentwurf zu den Vereinigten
Staaten und somit als potenziellen Rivalen sieht.
Großbritanniens Treue zu den USA (›Special Relationship‹) dankt er mit besonderem Spott und Hohn
für UN-Botschafter Emyr Jones Parry und Außenminister Jack Straw sowie für Großbritanniens postimperiale Ansprüche generell. Er giftet gegen Deutschlands »wütenden, verbitterten und immer erfolgloseren« ehemaligen UN-Botschafter Gunter Pleuger,
gegen Joschka Fischer und Deutschlands Politik im
Allgemeinen.
Aber dies ist nicht nur schlichte Fremdenfeindlichkeit: Feinde sieht er auch an der Heimatfront: die Eliten der Ostküste, die ›Karrieristen‹ im Außenministerium, die Hochgeistigen, die wahren Gläubigen,
die ›EAPeasers‹ (East Asian and Pacific Affairs, State
Department) und schließlich jene, die durch die ›an
die Macht gekommenen Bürokraten‹ verführt wurden, namentlich Colin Powell, Condoleezza Rice und
– obwohl er direkte Kritik vermeidet – sogar George
W. Bush. Nicht zuletzt weil sie so erfolgreich die ›wahre konservative‹ Außenpolitik verwässert haben, hat
Bolton die UN verlassen. Dieses Buch ist eine seitenlange Anklage gegen sie alle.
Man spürt in allen Zeilen Boltons große Unsicherheit. Er gibt immerzu höfliches Lob wieder, aber niemals einen der zahlreichen Tadel, die er bekommen
hat. Da es ihm selbst an diplomatischem Gespür mangelte, konnte er die diplomatischen Nettigkeiten auch
nicht dechiffrieren, die er seitens des diplomatischen
Corps zu hören bekam. Natürlich wollte niemand
dem Repräsentanten der USA ins Gesicht sagen, dass
er ein Bauerntölpel sei. Er ist überraschend dünnhäutig, wenn andere ihn kritisieren. Höchst erstaunlich ist sein Lob für Norwegens Terje Rød-Larsen
und dessen »Eigenschaft, immer frei heraus zu sprechen ... stets zu meinem Entzücken«. Natürlich war
es die fast sklavische Unterwürfigkeit, die den Autor
entzückte, da ähnliche Offenheiten des »unbedeutenden Bürokraten« Mark Malloch Brown, Kofi Annans
VEREINTE NATIONEN 1/2008
sowie Boltons zahlreicher weiterer Hassfiguren ihn
in Rage versetzen.
Andererseits wird seine Verzweiflung über den UN›Prozess‹, der den ›Konsens‹ oder die ›Einheit des (Sicherheits-)Rates‹ durch tatsächliche Ergebnisse ersetzt, jenen in Erinnerung bleiben, die Slobodan Milosevics Resolutions-gesäumten Weg nach Srebrenica
oder gegenwärtig Khartums Spiel mit Resolutionen
und Erklärungen von einem Leichenberg herab mit
Schrecken verfolgen. Doch obwohl er auf dem UNProzess herumreitet, erklärt Bolton freiheraus, dass
›Konsens‹ wohl bedeuten solle, dass die USA zufriedengestellt seien. Er vermag in seiner Entrüstung nicht
einzusehen, dass die anderen 191 Mitgliedstaaten auch
mitspielen und so den Entscheidungsprozess lähmen
können.
Recht hat er zwar, wenn er die zunehmende Unwirksamkeit des Menschenrechtsrats beklagt. Doch
setzt er sich ungeniert über die zerstörerische Rolle
der USA hinweg, die für dieses Ergebnis verantwortlich waren, indem sie die Menschenrechtsverletzungen ihrer Feinde, wie Kuba, überbewerteten, während sie die ihrer Freunde bagatellisierten. Man denke an Israel, ganz zu schweigen von Abu Ghraib und
Guantánamo. Indem er die EU bei den Verhandlungen nicht unterstützte und eine Kandidatur Amerikas im Rat ablehnte, ist Bolton ein Hauptschuldiger
am Scheitern des Rates, den Hoffnungen seiner Befürworter gerecht zu werden.
Dies ist ein obsessives, ja neurotisches Buch, voller
Details bürokratischer Fehden und interner Kreuzzüge und bietet daher auf eine seltsam negative (im
fotografischen Sinn) Art wertvolle Einsichten darin,
wie die USA ihre Außenpolitik gestalten – man könnte
fast sagen, wie die UN infolgedessen nachgerade scheitern müssen, eine effektive Politik zu betreiben. Denn
letztlich zieht ziemlich viel, was Bolton und seine Verbündeten für amerikanische Politik halten, die Verhinderung oder Abschwächung von UN-Resolutionen nach sich.
Im Grunde sagt der Titel des Buches bereits alles:
Bolton sieht die internationale Gemeinschaft in direkter Gegnerschaft zu den amerikanischen Interessen, und er ist stolz darauf, dass er an sie keine Zugeständnisse gemacht hat. Abgesehen davon, dass er
das tiefe Misstrauen der anderen UN-Mitgliedstaaten gegenüber der amerikanischen Politik weiter vergrößert hat, hat seine Amtszeit als – vom Senat nicht
bestätigter – UN-Botschafter weder die Politik der
USA noch die der UN nachhaltig beeinflusst.
37
Buchbesprechungen
›Handlanger des Bösen‹?
Joachim Hütter
Adam LeBor
Complicity with Evil.
The United Nations
in the Age of
Modern Genocide
New Haven, London:
Yale University
Press 2006
326 S., 17,99 brit.
Pfund
38
Der Titel des Buches »Complicity with Evil« stammt
aus dem Bericht über Friedensoperationen, den eine
Arbeitsgruppe unter Lakhdar Brahimi im Auftrag
des UN-Generalsekretärs im Jahr 2000 vorlegte. Dort
heißt es: »Unparteilichkeit muss für die Vereinten Nationen daher heißen, an den Prinzipien der Charta
festzuhalten: Wo eine Partei eines Friedensabkommens
eindeutig und unbestreitbar dessen Bestimmungen
verletzt, kann fortdauernde Gleichbehandlung aller
Parteien die Vereinten Nationen im besten Fall ineffektiv und im schlimmsten Fall zum Handlanger des
Bösen machen« (A/55/305–S/2000/809, S. ix). Die
Massenmorde in Ruanda 1994, Srebrenica 1995 und
Darfur seit dem Jahr 2003 sind für Adam LeBor solche
Fälle, nämlich Fälle von Völkermord, und er wirft den
Vereinten Nationen vor, nicht wirksam eingeschritten zu sein, obwohl sie die Mittel dazu gehabt hätten.
Ob Völkermord oder nicht, darüber kann man
streiten; es ist aber letztlich nicht entscheidend. Angesichts hundertausender toter Tutsi wirkte die Diskussion der Sicherheitsratsmitglieder über diese Frage im Frühjahr 1994 bizarr und unterstrich eher die
politische Verantwortung vor allem der USA für ihre
Entscheidung gegen eine Intervention, als dass sie sie
kaschierte. Zehn Jahre später bestätigte der damalige amerikanische Außenminister Colin Powell dem
Kongress, dass in Darfur zwar ein Völkermord stattfinde, fügte aber sogleich hinzu, dass diese Feststellung
aber keine neuen Maßnahmen erfordere, da die USA
ohnehin schon alles täten, was sie könnten (S.198f.).
LeBor ist Mitteleuropa-Korrespondent der Londoner Times und berichtete lange vom Balkan. Den Fall
Srebrenica beschreibt er ausführlich und führt dabei
Themen ein, die bei Ruanda und Darfur dann wiederkehren. Dazu gehört die eingangs erwähnte Unparteilichkeit. Dagegen habe die UN-Mission in Jugoslawien unter Yasushi Akashi zu einer eher taktisch orientierten Neutralität geneigt, die zwischen den streitenden Parteien gleichen Abstand zu wahren suchte.
Zu Letzterer habe die UN-Mission in Jugoslawien unter Yasushi Akashi allzusehr geneigt. Eng damit verbunden kritisiert LeBor mangelnde Standfestigkeit
gegenüber den Konfliktparteien. Er ist für robustes
Auftreten und hat kein Verständnis dafür, dass Akashi die von der NATO bereitgestellte Luftunterstützung verhindern konnte. Er beklagt die »übertriebene Vorsicht«, mit der dem Kommandeur der UNTruppe in Ruanda im Februar 1994 verboten wurde, Waffenlager auszuheben, von denen er erfahren
hatte. Und er bedauert die Langmut der Mitglied-
staaten mit dem Taktieren der sudanesischen Regierung wegen Darfur.
LeBor merkt an, dass im UN-Sekretariat jene, die
für Ruanda und Srebrenica verantwortlich waren, anschließend nicht entlassen oder versetzt, sondern im
Gegenteil befördert wurden, allen voran Kofi Annan.
Zustimmend zitiert er Mukesh Kapila, einen früheren
Mitarbeiter der Vereinten Nationen in Sudan: »Warum hat niemand im Sekretariat oder in den Außenministerien der mächtigsten Staaten der Welt wegen
des Versagens in Darfur seinen Job verloren? Nur wenn
Einzelpersonen für Unterlassungen zur Rechenschaft
gezogen werden, ... werden wir wirklich in der Lage
sein, zu Völkermord ›nie wieder‹ zu sagen« (S. 272).
Ebenso wie das UN-Sekretariat kritisiert LeBor
die Mitglieder des Sicherheitsrats. Er kennt natürlich
und beschreibt die komplexen Abhängigkeiten und
vielfältigen Hindernisse, die den Handlungsspielraum
beschränken. Aber er ist schlicht nicht bereit – Abhängigkeiten hin, Hindernisse her – zu akzeptieren,
dass die internationale Gemeinschaft wieder und wieder die Ermordung Hunderttausender zulässt.
Er fordert von allen Beteiligten mehr Mut und
energischeres Handeln: Vom Generalsekretär unter
Verweis auf Artikel 99 der Charta, dass er die Tagesordnung bestimmt und nicht den Interessen der ständigen Mitglieder des Sicherheitsrats entgegenkommt.
Von den Mitgliedstaaten fordert er robuste Interventionen, konsequenten Einsatz gezielter Sanktionen
gegen verantwortliche Personen und notfalls auch die
Suspendierung oder den Ausschluss eines Staates (hier
Sudan) von der Weltorganisation gemäß Artikel 5
und 6 der Charta.
Wie so oft ist auch hier die Diagnose einfacher als
die Therapie. Wie effektiv wäre wohl ein Generalsekretär, der eine eigenständige Politik neben dem Sicherheitsrat oder gar gegen ihn betriebe? Wie viel Engagement im Ausland, wie viel Robustheit (lies: Verluste) und wie viele Misserfolge würden wohl die Bürger der Mitgliedstaaten auf Dauer hinnehmen? Ist es
wahrscheinlich, dass China die Suspendierung Sudans
zulassen würde?
»Complicity with Evil« ist gut recherchiert, gedankenreich und sehr viel abgewogener als der Titel
erwarten lässt. Das Buch passt gut in die fortdauernde Diskussion über die Schutzverantwortung, die von
den Staats- und Regierungschefs vor gut zwei Jahren
anerkannt wurde, und bietet reiches Anschauungsmaterial dafür, wie schwierig der Weg vom allgemeinen Prinzip zur konkreten Praxis ist.
VEREINTE NATIONEN 1/2008
Dokumente
Dokumente der Vereinten Nationen
Seit dem Jahrgang 2006 werden in der Zeitschrift VEREINTE NATIONEN
nur noch besonders wichtige deutschsprachige Dokumente des Sicherheitsrats, der Generalversammlung und anderer Organe der Vereinten Nationen im Volltext abgedruckt. Stattdessen wird eine Liste
der im zurückliegenden Zeitraum verabschiedeten Resolutionen und
Erklärungen des Präsidenten des Sicherheitsrats sowie ausgesuchter Resolutionen der Generalversammlung oder anderer Organe
mit einer kurzen Inhaltsangabe und den (etwaigen) Abstimmungsergebnissen abgedruckt. Zu finden sind diese Dokumente über die
Website des Deutschen Übersetzungsdienstes: http://www. un.org/
Depts/german oder über das allgemeine elektronische Dokumen-
tenarchiv der Vereinten Nationen (Official Document System – ODS)
unter: http://documents.un.org. (Zu den Recherchemöglichkeiten siehe: Monika Torrey, Der Deutsche Übersetzungsdienst der
UN. Ein Leitfaden für die Dokumentenrecherche, VN 1–2/2006,
S. 72f.)
In der folgenden Übersicht sind Resolutionen der Generalversammlung von Dezember 2006 sowie Resolutionen und die Erklärungen des Präsidenten des Sicherheitsrats von November bis Dezember 2007 aufgeführt. Die Dokumente sind alphabetisch nach Ländern, Regionen oder Themen sortiert. In der jeweiligen Rubrik erfolgt die Auflistung chronologisch (das älteste Dokument zuerst).
Generalversammlung
UN-Dok.-Nr.
Menschenrechte
Datum
Gegenstand
Abstimmungsergebnis
A/RES/61/106,
Anlagen
(Übereinkommen,
Fakultativprotokoll)
13.12.2006
Die Generalversammlung verabschiedet das Übereinkommen über die Rech- Ohne förmliche
te von Menschen mit Behinderungen und dessen Fakultativprotokoll und Abstimmung
fordert alle Staaten auf, die Unterzeichnung und Ratifikation beider Doku- angenommen
mente mit Vorrang zu erwägen.
Zweck des Übereinkommens ist es, den vollen und gleichberechtigten Genuss aller Menschenrechte und Grundfreiheiten durch alle Menschen mit Behinderungen zu fördern, zu schützen und zu gewährleisten und die Achtung
der ihnen innewohnenden Würde zu fördern. Zu den Menschen mit Behinderungen zählen jene, die langfristige körperliche, seelische, geistige oder
Sinnesbeeinträchtigungen haben, welche sie in Wechselwirkung mit verschiedenen Barrieren an der vollen, wirksamen und gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft hindern können.
Mit der Unterzeichnung der Dokumente verpflichten sich die Vertragsstaaten unter anderem alle geeigneten Gesetzgebungs-, Verwaltungs- und sonstigen Maßnahmen zur Umsetzung der in diesem Übereinkommen anerkannten Rechte zu treffen, den Schutz und die Förderung der Rechte von Menschen mit Behinderungen in allen politischen Konzepten zu berücksichtigen
sowie die Forschung und Entwicklung für neue Technologien, Güter, Dienstleistungen, Geräte und Einrichtungen zu fördern. Die Vertragsstaaten verbieten jede Diskriminierung auf Grund von Behinderung, ergreifen Maßnahmen zur Stärkung der Autonomie der Frauen und gewährleisten, dass
Kinder mit Behinderungen ihre Meinung in allen sie berührenden Angelegenheiten frei äußern können.
Es wird ein Ausschuss eingesetzt, der die Umsetzung des Übereinkommens
anhand von Staatenberichten überprüft. Er ist ebenso zuständig für die Entgegennahme und Prüfung von Individualbeschwerden nach dem Fakultativprotokoll zum Übereinkommen.
A/RES/61/177,
Anlage
(Übereinkommen)
20.12.2006
Die Generalversammlung verabschiedet das Internationale Übereinkom- Ohne förmliche
men zum Schutz aller Personen vor dem Verschwindenlassen. Darin sind die Abstimmung
Vertragsstaaten übereingekommen, dass niemand dem Verschwindenlas- angenommen
sen unterworfen werden darf.
Im Sinne dieses Übereinkommens bedeutet ›Verschwindenlassen‹ die Festnahme, den Entzug der Freiheit, die Entführung oder jede andere Form der
Freiheitsberaubung durch Bedienstete des Staates oder durch Personen oder
Personengruppen, die mit Ermächtigung, Unterstützung oder Duldung des
Staates handeln, gefolgt von der Weigerung, diese Freiheitsberaubung anzuerkennen, oder der Verschleierung des Schicksals oder des Verbleibs der verschwundenen Person, wodurch sie dem Schutz des Gesetzes entzogen wird.
Die ausgedehnte oder systematische Praxis des Verschwindenlassens stellt
ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne des anwendbaren Völkerrechts dar. Demzufolge trifft jeder Vertragsstaat die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass das Verschwindenlassen nach seinem Strafrecht eine Straftat darstellt und vorgesehene Konsequenzen nach sich zieht.
Es wird ein Ausschuss eingerichtet, der die Umsetzung des Übereinkommens anhand von Staatenberichten überprüft. Er ist auch befugt, Anträge
auf Suche nach verschwundenen Personen anzunehmen.
VEREINTE NATIONEN 1/2008
39
Dokumente
Sicherheitsrat
UN-Dok.-Nr.
Datum
Abstimmungsergebnis
Gegenstand
Burundi
S/RES/1791(2007)
19.12.2007
Der Sicherheitsrat beschließt, das in Resolution 1719(2006) festgelegte Man- Einstimmige
dat des Integrierten Büros der Vereinten Nationen in Burundi (BINUB) bis Annahme
zum 31. Dezember 2008 zu verlängern.
Ehemaliges
Jugoslawien
S/RES/1785(2007)
21.11.2007
Der Sicherheitsrat bestätigt, dass die Truppe der Europäischen Union (EU) Einstimmige
und die fortgesetzte Präsenz der Nordatlantikvertrags-Organisation (NATO) Annahme
die Rechtsnachfolger der Stabilisierungstruppe (SFOR) sind und die erforderlichen Maßnahmen treffen, um die Befolgung der Anhänge 1-A und 2 des Friedensübereinkommens (S/1995/999, Anlage) und der einschlägigen Resolutionen des Sicherheitsrats zu gewährleisten. Der Rat ermächtigt die Mitgliedstaaten, für einen weiteren Zeitraum von zwölf Monaten eine multinationale Stabilisierungstruppe (EUFOR) als Rechtsnachfolgerin der SFOR unter
gemeinsamer Führung einzurichten.
13.11.2007
Der Sicherheitsrat fordert sowohl Äthiopien als auch Eritrea nachdrücklich
auf, konkrete Maßnahmen zur sofortigen und bedingungslosen Durchführung der Entscheidung der Grenzkommission über die Festlegung der
Grenze, die beide Parteien akzeptiert haben, zu ergreifen und dabei die auf
dem Treffen der Grenzkommission vom 6. bis 7. September 2007 ausgesprochenen Verpflichtungen zu berücksichtigen. Ferner fordert er die Parteien
auf, die Anwendung von Gewalt zu unterlassen und ihre Differenzen auf
friedliche Weise beizulegen. Der Rat unterstützt die fortgesetzte Tätigkeit
der Mission der Vereinten Nationen in Äthiopien und Eritrea (UNMEE).
Horn von Afrika S/PRST/2007/43
Internationale
Strafgerichte
S/RES/1786(2007)
28.11.2007
Der Sicherheitsrat beschließt, Serge Brammertz für eine vierjährige Amts- Einstimmige
zeit beginnend am 1. Januar 2008 zum Ankläger des Internationalen Straf- Annahme
gerichtshofs für das ehemalige Jugoslawien (IStGHJ) zu ernennen. Er erinnert, dass der Strafgerichtshof in Resolution 1503(2003) aufgefordert wurde, alle erforderlichen Maßnahmen zu treffen, um alle Gerichtsverfahren
der ersten Instanz bis Jahresende 2008 und die gesamte Tätigkeit im Jahr 2010
abzuschließen (IStGHJ-Abschlussstrategie). Dementsprechend kann die Amtszeit Brammertz’ durch den Sicherheitsrat früher beendet werden, wenn der
Gerichtshof seine Tätigkeit abgeschlossen hat.
Irak
S/RES/1790(2007),
Anlagen I, II
18.12.2007
Der Sicherheitsrat beschließt unter Berücksichtigung des Schreibens des ira- Einstimmige
kischen Ministerpräsidenten vom 7. Dezember 2007 (Anlage I) sowie des Annahme
Schreibens der Außenministerin der Vereinigten Staaten vom 10. Dezember 2007 (Anlage II), das in Resolution 1546(2004) festgelegte Mandat der
multinationalen Truppe bis zum 31. Dezember 2008 zu verlängern und
dieses auf Ersuchen der Regierung Iraks, spätestens jedoch am 15. Juni
2008, erneut zu prüfen. Der Rat beschließt ferner, die Regelungen für die
Einzahlung der Erlöse aus den Exportverkäufen von Erdöl, Erdölprodukten
und Erdgas in den Entwicklungsfonds für Irak sowie für die Überwachung des
Entwicklungsfonds durch den Internationalen Überwachungsbeirat ebenso
bis zum 31. Dezember 2008 zu verlängern.
Konfliktprävention/
Konfliktfolgezeit
S/PRST/2007/42
6.11.2007
Liberia
S/RES/1792(2007)
19.12.2007
40
Der Sicherheitsrat erkennt die wichtige Rolle der regionalen und subregionalen Organisationen bei der Verhütung, Bewältigung und Beilegung von
Konflikten an. Er beabsichtigt, sich mit ihnen bei künftigen Friedenssicherungseinsätzen sowie politischen und integrierten Missionen eng abzustimmen. Der Rat erkennt an, dass die Kommission für Friedenskonsolidierung
in ihrem Zuständigkeitsbereich ein Forum für die Koordinierung zwischen
dem System der Vereinten Nationen und den regionalen und subregionalen Organisationen in Postkonfliktsituationen ist und ersucht den Generalsekretär, Empfehlungen für die Ausweitung und Verstärkung dieser Zusammenarbeit abzugeben.
Der Sicherheitsrat beschließt, nach seiner Einschätzung der Fortschritte, Einstimmige
die bei der Erfüllung der Bedingungen für die Aufhebung der mit Resolution Annahme
1521(2003) verhängten Maßnahmen bisher erzielt wurden, die in den Resolutionen 1521(2003), 1683(2006), 1731(2006) und 1521(2003) verhängten beziehungsweise geänderten Maßnahmen betreffend Rüstungsgüter sowie
Reisen um einen weiteren Zeitraum von zwölf Monaten zu verlängern. Er
beschließt ferner, das Mandat der mit Resolution 1760(2007) ernannten
Sachverständigengruppe bis zum 20. Juni 2008 zu verlängern. Der Rat ersucht den Generalsekretär, die derzeitigen Mitglieder der Sachverständigengruppe wieder zu ernennen. Er weist außerdem darauf hin, dass er die
Maßnahmen in Resolution 1521(2003) betreffend aus Liberia stammende
Rundhölzer und Holzprodukte nicht verlängert und betont, dass Liberia das
Nationale Forstreformgesetz anwenden und durchsetzen muss.
VEREINTE NATIONEN 1/2008
Dokumente
UN-Dok.-Nr.
Datum
Gegenstand
Abstimmungsergebnis
S/PRST/2007/46
11.12.2007
Der Sicherheitsrat ist tief besorgt über die wiederholten Verschiebungen
der Präsidentschaftswahl in Libanon und erneuert seinen Aufruf zur unverzüglichen Abhaltung einer freien und fairen Präsidentschaftswahl ohne
jede ausländische Einmischung oder Einflussnahme und unter uneingeschränkter Achtung der demokratischen Institutionen. Der Rat fordert erneut die vollständige Durchführung aller seiner Resolutionen über Libanon.
S/PRST/2007/47
12.12.2007
Der Sicherheitsrat verurteilt nachdrücklich den am 12. Dezember 2007 in
Baabda verübten Terroranschlag, bei dem François al-Hadsch, General der
Libanesischen Streitkräfte, getötet wurde und mehrere andere Personen
ums Leben kamen oder verletzt wurden. Der Rat betont, dass es von größter Wichtigkeit ist, diejenigen, die dieses abscheuliche Verbrechen begangen, organisiert und gefördert haben, vor Gericht zu bringen und weist darauf hin, dass er die Anstrengungen des Generalsekretärs zur raschen Errichtung des Sondergerichtshofs für Libanon als Mittel zur Beendigung der
Straflosigkeit in Libanon unterstützt.
S/RES/1788(2007)
14.12.2007
Der Sicherheitsrat beschließt, das Mandat der Beobachtertruppe der Ver- Einstimmige
einten Nationen für die Truppenentflechtung (UNDOF) bis zum 30. Juni Annahme
2008 zu verlängern. Er fordert die beteiligten Parteien zur sofortigen Durchführung seiner Resolution 338(1973) vom 22. Oktober 1973 auf und ersucht
den Generalsekretär, am Ende des genannten Zeitraums einen Bericht
über die Entwicklung der Lage und die zur Durchführung der in Resolution
338(1973) getroffenen Maßnahmen vorzulegen.
S/PRST/2007/48
14.12.2007
Der Sicherheitsrat gibt die folgende Erklärung ab: »Bekanntlich heißt es in
Ziffer 11 des Berichts des Generalsekretärs über die UNDOF (S/2007/698):
›… die Situation im Nahen Osten ist angespannt, woran sich voraussichtlich
auch nichts ändern wird, solange keine umfassende, alle Aspekte des Nahost-Problems einbeziehende Regelung erzielt werden kann.‹ Diese Erklärung des Generalsekretärs gibt die Auffassung des Sicherheitsrats wieder.«
Ostafrikanisches S/PRST/2007/44
Zwischenseengebiet
21.11.2007
Der Sicherheitsrat würdigt das am 9. November 2007 von den Regierungen
der Demokratischen Republik Kongo und der Republik Ruanda in Nairobi
unterzeichnete Kommuniqué (S/2007/679, Anlage) über ein gemeinsames
Konzept zur Beendigung der in den beiden Ländern und in der Region der
Großen Seen für den Frieden und die Stabilität bestehenden Gefahr als einen wichtigen Meilenstein zur endgültigen Lösung des Problems illegaler
bewaffneter Gruppen im östlichen Teil der Demokratischen Republik Kongo.
Er ermutigt die Verantwortlichen, ihre in dem Kommuniqué eingegangenen
Verpflichtungen vollständig zu erfüllen und bei der Lösung ihrer gemeinsamen Sicherheitsprobleme auch weiterhin zusammenzuarbeiten.
S/RES/1794(2007)
21.12.2007
Der Sicherheitsrat beschließt, das Mandat und die Kapazitäten der Mission Einstimmige
der Organisation der Vereinten Nationen in der Demokratischen Republik Annahme
Kongo (MONUC) bis zum 31. Dezember 2008 zu verlängern, und genehmigt bis zu diesem Datum die Beibehaltung eines Personalbestands von bis
zu 17 030 Soldaten, 760 Militärbeobachtern, 391 Polizisten und 6 organisierten Polizeieinheiten mit jeweils bis zu 125 Mitgliedern. Der Rat ermutigt
die MONUC, die integrierten Brigaden der Streitkräfte der Demokratischen
Republik Kongo (FARDC) zu unterstützen und sicherzustellen, dass sich die
aufsässigen ausländischen und kongolesischen bewaffneten Gruppen an
dem Prozess der Entwaffnung, Demobilisierung, Rückführung, Neuansiedlung oder Wiedereingliederung beteiligen. Er ersucht den Generalsekretär,
bis zum 31. März 2008 darüber Bericht zu erstatten, inwiefern die MONUC
die FARDC weiter unterstützen oder welche anderen Maßnahmen sie ergreifen könnte.
Sierra Leone
S/RES/1793(2007)
21.12.2007
Der Sicherheitsrat beschließt, das in Resolution 1620(2005) festgelegte Man- Einstimmige
dat des Integrierten Büros der Vereinten Nationen in Sierra Leone (UNIOSIL) Annahme
bis zum 30. September 2008 zu verlängern und ersucht diesbezüglich den
Generalsekretär, dem Rat bis zum 31. Januar 2008 eine Abschlussstrategie
zur Prüfung vorzulegen.
Somalia
S/PRST/2007/49
19.12.2007
Der Sicherheitsrat bekräftigt seine Achtung der Souveränität, der territorialen Unversehrtheit, der politischen Unabhängigkeit und der Einheit Somalias. Er begrüßt die Ernennung Nur Hassan Husseins zum neuen Ministerpräsidenten Somalias und sieht der baldigen Bildung einer wirksamen Regierung erwartungsvoll entgegen. Der Rat fordert alle somalischen Parteien
nachdrücklich auf, der Gewalt abzuschwören.
Zypern
S/RES/1789(2007)
14.12.2007
Der Sicherheitsrat bekundet der Friedenstruppe der Vereinten Nationen in Einstimmige
Zypern (UNFICYP) seine volle Unterstützung und beschließt, ihr Mandat bis Annahme
zum 15. Juni 2008 zu verlängern.
Nahost
VEREINTE NATIONEN 1/2008
41
Abkürzungen | Das UN-System auf einen Blick
Das UN-System auf einen Blick
Die Einrichtungen des Verbands der Vereinten Nationen jeweils in der Reihenfolge ihrer Einbeziehung*
Hauptorganisation
UN United Nations | Vereinte Nationen
Sonderorganisationen
ILO International Labour Organisation | Internationale Arbeitsorganisation FAO Food and
Agriculture Organization of the United Nations
| Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation
der Vereinten Nationen UNESCO United Nations Educational, Scientific and Cultural Organization | Organisation der Vereinten Nationen
für Bildung, Wissenschaft und Kultur ICAO International Civil Aviation Organization | Internationale Zivilluftfahrt-Organisation Weltbankgruppe: IBRD International Bank for Reconstruction and Development | Internationale
Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (Weltbank) IFC International Finance Corporation |
Internationale Finanz-Corporation IDA International Development Association | Internationale Entwicklungsorganisation IMF International Monetary Fund | Internationaler Währungsfonds UPU Universal Postal Union |
Weltpostverein WHO World Health Organization | Weltgesundheitsorganisation ITU International Telecommunication Union | Internationale Fernmeldeunion WMO World Meteorological Organization | Weltorganisation für Meteorologie IMO International Maritime Organization | Internationale Seeschifffahrts-Organisation WIPO World Intellectual Property Organization | Weltorganisation für geistiges Eigentum IFAD International Fund for Agricultural
Development | Internationaler Fonds für landwirtschaftliche Entwicklung UNIDO United
Nations Industrial Development Organization |
Organisation der Vereinten Nationen für industrielle Entwicklung UNWTO World Tourism
Organization | Weltorganisation für Tourismus
Weitere in Beziehung zu den
Vereinten Nationen stehende
Organisationen
IAEA International Atomic Energy Agency | Internationale Atomenergie-Organisation WTO
World Trade Organization | Welthandelsorganisation CTBTO PrepCom Preparatory Commission for the Comprehensive Nuclear-Test-Ban
Treaty Organization | Vorbereitungkommission
für die Organisation des Vertrags über das umfassende Verbot von Nuklearversuchen OPCW
Organisation for the Prohibition of Chemical
Weapons | Organisation für das Verbot chemischer Waffen
Spezialorgane
mit direkter Berichterstattung an die
Generalversammlung:
UNRWA United Nations Relief and Works
Agency for Palestine Refugees in the Near East |
Hilfswerk der Vereinten Nationen für Palä42
stinaflüchtlinge im Nahen Osten UNITAR United Nations Institute for Training and Research |
Ausbildungs- und Forschungsinstitut der Vereinten Nationen
mit Berichterstattung an die Generalversammlung über den Wirtschaftsund Sozialrat:
UNICEF United Nations Children’s Fund | Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen UNHCR
United Nations High Commissioner for Refugees | Hoher Flüchtlingskommissar der Vereinten
Nationen WFP World Food Programme | Welternährungsprogram UNCTAD United Nations
Conference on Trade and Development | Handels- und Entwicklungskonferenz der Vereinten
Nationen UNDP United Nations Development
Programme | Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen UNFPA United Nations Population Fund | Bevölkerungsfonds der Vereinten
Nationen UNV United Nations Volunteers Programme | Freiwilligenprogramm der Vereinten
Nationen UNU United Nations University | Universität der Vereinten Nationen UNEP United
Nations Environment Programme | Umweltprogramm der Vereinten Nationen INSTRAW International Research and Training Institute for
the Advancement of Women | Internationales
Forschungs- und Ausbildungsinstitut zur Förderung der Frau UNHSP (UN-Habitat) United
Nations Human Settlements Programme | Programm der Vereinten Nationen für menschliche
Siedlungen
Regionalkommissionen
ECE Economic Commission for Europe | Wirtschaftskommission für Europa ESCAP Economic and Social Commission for Asia and the Pacific | Wirtschafts- und Sozialkommission für
Asien und den Pazifik ECLAC Economic Commission for Latin America and the Caribbean |
Wirtschaftskommission für Lateinamerika und
die Karibik ECA (Economic Commission for Africa | Wirtschaftskommission für Afrika ESCWA
Economic and Social Commission for Western
Asia | Wirtschafts- und Sozialkommission für
Westasien
Menschenrechtsgremien
(Vertragsorgane)
CERD Committee on the Elimination of Racial
Discrimination | Ausschuss für die Beseitigung
der Rassendiskriminierung CCPR (Human Rights
Committee (under the International Covenant
on Civil and Political Rights | Menschenrechtsausschuss (unter dem Internationalen Pakt über
bürgerliche und politische Rechte) CEDAW
Committee on the Elimination of Discrimination against Women | Ausschuss für die Beseitigung der Diskriminierung der Frau CESCR
Committee on Economic, Social and Cultural
Rights | Ausschuss für wirtschaftliche, soziale
und kulturelle Rechte CAT Committee against
Torture | Ausschuss gegen Folter CRC Committee on the Rights of the Child | Ausschuss für die
Rechte des Kindes CMW Committee on the Protection of the Rights of All Migrant Workers
and Members of Their Families | Ausschuss zum
Schutz der Rechte aller Wanderarbeitnehmer
und ihrer Familienangehörigen
Friedensmissionen
UNTSO United Nations Truce Supervision Organization | Organisation der Vereinten Nationen zur Überwachung des Waffenstillstands in
Palästina UNMOGIP United Nations Military
Observer Group in India and Pakistan | Militärbeobachtergruppe der Vereinten Nationen in Indien
und Pakistan UNFICYP United Nations Peacekeeping Force in Cyprus | Friedenstruppe der
Vereinten Nationen in Zypern UNDOF United
Nations Disengagement Observer Force | Beobachtertruppe der Vereinten Nationen für die
Truppenentflechtung zwischen Israel und Syrien
UNIFIL United Nations Interim Force in Lebanon | Interimstruppe der Vereinten Nationen in
Libanon MINURSO Misión de las Naciones
Unidas para el Referéndum del Sáhara Occidental | Mission der Vereinten Nationen für das Referendum in Westsahara UNOMIG United Nations Observer Mission in Georgia | Beobachtermission der Vereinten Nationen in Georgien
UNMIK United Nations Interim Administration
Mission in Kosovo | Übergangsverwaltungsmission der Vereinten Nationen im Kosovo
MONUC Mission de l’Organisation des Nations
Unies en République démocratique du Congo |
Mission der Vereinten Nationen in der Demokratischen Republik Kongo UNMEE United Nations Mission in Ethiopia and Eritrea | Mission
der Vereinten Nationen in Äthiopien und Eritrea
UNMIL United Nations Mission in Liberia |
Mission der Vereinten Nationen in Liberia
UNOCI United Nations Operation in Côte
d’Ivoire | Operation der Vereinten Nationen in
Côte d’Ivoire MINUSTAH Mission des Nations
Unies pour la stabilisation en Haiti | Stabilisierungsmission der Vereinten Nationen in Haiti
UNMIS United Nations Mission in the Sudan |
Mission der Vereinten Nationen in Sudan
UNMIT United Nations Integrated Mission in
Timor-Leste | Integrierte Mission der Vereinten
Nationen in Timor-Leste UNAMID African
Union-United Nations Hybrid Operation in
Darfur | Hybrider Einsatz der Afrikanischen
Union und der Vereinten Nationen in Darfur
MINURCAT Mission des Nations Unies en République centrafricaine et au Tchad | Mission
der Vereinten Nationen in der Zentralafrikanischen Republik und in Tschad
* Die Auflistung erhebt nicht den Anspruch auf
Vollständigkeit.
Stand: 31. Januar 2008
VEREINTE NATIONEN 1/2008
Übersichten | Die Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen
Die Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen
(Stand: 29. Januar 2008)
Die nachstehenden Tabellen 1 und 2 zu den Mitgliedstaaten geben den Stand von Jahresbeginn 2008 wieder. Tabelle 1 führt die 192 Mitglieder
der Vereinten Nationen in alphabetischer Reihenfolge mit den Daten ihrer Aufnahme auf. Tabelle 2 informiert über die Verteilung der Mitgliedstaaten auf die fünf Regionalgruppen. Diese spielen bei Wahlen zu UN-Gremien mit beschränkter Mitgliedschaft eine Rolle. Die Auflistung ist
dem United Nations Handbook 2007/08 des New Zealand Ministry of Foreign Affairs and Trade entnommen.
Die Tabellen 3 und 4 ordnen die Mitgliedstaaten nach Gebietsgröße beziehungsweise Bevölkerungszahl. Die Zahlen zur Fläche sind der 53. Ausgabe des ›Demographic Yearbook‹ der Vereinten Nationen (UN Publ. E/F.06.XIII.1) sowie dem ›World Statistic Pocketbook 2006‹ (UN Publ.
E.06.XVII.3) entnommen. Die Angaben hinsichtlich der Bevölkerung fußen auf der im Dezember 2007 veröffentlichten Übersicht ›Social Indicators‹
der Abteilung für Bevölkerungsfragen und der Statistikabteilung der Vereinten Nationen und geben im Allgemeinen (teils grobe) Schätzungen für
den Stand von 2007 wieder. In der Tabelle 5 sind die Mitgliedstaaten entsprechend ihrer Wirtschaftsleistung im Jahr 2006 aufgeführt; Quelle ist die
›World Development Indicators Database‹ der Weltbank vom Juli 2007.
Die Mitgliedstaaten in alphabetischer Ordnung mit Beitrittsdaten (Tabelle 1)
1.
2.
3.
4.
5.
6.
7.
8.
9.
10.
11.
12.
13.
14.
15.
16.
17.
18.
19.
20.
21.
22.
23.
24.
25.
26.
27.
28.
29.
30.
31.
32.
33.
34.
35.
36.
37.
38.
39.
40.
41.
42.
43.
44.
45.
46.
47.
48.
49.
50.
51.
52.
53.
54.
55.
56.
57.
58.
59.
60.
61.
62.
63.
64.
65.
Ägypten
Äquatorialguinea
Äthiopien
Afghanistan
Albanien
Algerien
Andorra
Angola
Antigua und Barbuda
Argentinien
Armenien
Aserbaidschan
Australien
Bahamas
Bahrain
Bangladesch
Barbados
Belarus
Belgien
Belize
Benin
Bhutan
Bolivien
Bosnien-Herzegowina
Botswana
Brasilien
Brunei Darussalam
Bulgarien
Burkina Faso
Burundi
Chile
China
Costa Rica
Côte d’Ivoire
Dänemark
Deutschland
Dominica
Dominikanische Republik
Dschibuti
Ecuador
El Salvador
Eritrea
Estland
Fidschi
Finnland
Frankreich
Gabun
Gambia
Georgien
Ghana
Grenada
Griechenland
Großbritannien
Guatemala
Guinea
Guinea-Bissau
Guyana
Haiti
Honduras
Indien
Indonesien
Irak
Iran
Irland
Island
VEREINTE NATIONEN 1/2008
24.10.1945
12.11.1968
13.11.1945
19.11.1946
14.12.1955
8.10.1962
28.7.1993
1.12.1976
11.11.1981
24.10.1945
2.3.1992
2.3.1992
1.11.1945
18.9.1973
21.9.1971
17.9.1974
9.12.1966
24.10.1945
27.12.1945
25.9.1981
20.9.1960
21.9.1971
14.11.1945
22.5.1992
17.10.1966
24.10.1945
21.9.1984
14.12.1955
20.9.1960
18.9.1962
24.10.1945
24.10.1945
2.11.1945
20.9.1960
24.10.1945
18.9.1973
18.12.1978
24.10.1945
20.9.1977
21.12.1945
24.10.1945
28.5.1993
17.9.1991
13.10.1970
14.12.1955
24.10.1945
20.9.1960
21.9.1965
31.7.1992
8.3.1957
17.9.1974
25.10.1945
24.10.1945
21.11.1945
12.12.1958
17.9.1974
20.9.1966
24.10.1945
17.12.1945
30.10.1945
28.9.1950
21.12.1945
24.10.1945
14.12.1955
19.11.1946
66.
67.
68.
69.
70.
71.
72.
73.
74.
75.
76.
77.
78.
79.
80.
81.
82.
83.
84.
85.
86.
87.
88.
89.
90.
91.
92.
93.
94.
95.
96.
97.
98.
99.
100.
101.
102.
103.
104.
105.
106.
107.
108.
109.
110.
111.
112.
113.
114.
115.
116.
117.
118.
119.
120.
121.
122.
123.
124.
125.
126.
127.
128.
129.
130.
Israel
11.5.1949
Italien
14.12.1955
Jamaika
18.9.1962
Japan
18.12.1956
Jemen
30.9.1947
Jordanien
14.12.1955
Kambodscha
14.12.1955
Kamerun
20.9.1960
Kanada
9.11.1945
Kap Verde
16.9.1975
Kasachstan
2.3.1992
Katar
21.9.1971
Kenia
16.12.1963
Kirgisistan
2.3.1992
Kiribati
14.9.1999
Kolumbien
5.11.1945
Komoren
12.11.1975
Kongo (Demokratische Rep.)
20.9.1960
Kongo (Republik)
20.9.1960
Korea (Demokratische Volksrep.) 17.9.1991
Korea (Republik)
17.9.1991
Kroatien
22.5.1992
Kuba
24.10.1945
Kuwait
14.5.1963
Laos
14.12.1955
Lesotho
17.10.1966
Lettland
17.9.1991
Libanon
24.10.1945
Liberia
2.11.1945
Libyen
14.12.1955
Liechtenstein
18.9.1990
Litauen
17.9.1991
Luxemburg
24.10.1945
Madagaskar
20.9.1960
Malawi
1.12.1964
Malaysia
17.9.1957
Malediven
21.9.1965
Mali
28.9.1960
Malta
1.12.1964
Marokko
12.11.1956
Marshallinseln
17.9.1991
Mauretanien
27.10.1961
Mauritius
24.4.1968
Mazedonien
8.4.1993
Mexiko
7.11.1945
Mikronesien
17.9.1991
Moldau
2.3.1992
Monaco
28.5.1993
Mongolei
27.10.1961
Montenegro
28.6.2006
Mosambik
16.9.1975
Myanmar
19.4.1948
Namibia
23.4.1990
Nauru
14.9.1999
Nepal
14.12.1955
Neuseeland
24.10.1945
Nicaragua
24.10.1945
Niederlande
10.12.1945
Niger
20.9.1960
Nigeria
7.10.1960
Norwegen
27.11.1945
Österreich
14.12.1955
Oman
7.10.1971
Pakistan
30.9.1947
Palau
15.12.1994
131.
132.
133.
134.
135.
136.
137.
138.
139.
140.
141.
142.
143.
144.
145.
146.
147.
148.
149.
150.
151.
152.
153.
154.
155.
156.
157.
158.
159.
160.
161.
162.
163.
164.
165.
166.
167.
168.
169.
170.
171.
172.
173.
174.
175.
176.
177.
178.
179.
180.
181.
182.
183.
184.
185.
186.
187.
188.
189.
190.
191.
192.
Panama
13.11.1945
Papua-Neuguinea
10.10.1975
Paraguay
24.10.1945
Peru
31.10.1945
Philippinen
24.10.1945
Polen
24.10.1945
Portugal
14.12.1955
Rumänien
14.12.1955
Russland
24.10.1945
Ruanda
18.9.1962
Salomonen
19.9.1978
Sambia
1.12.1964
Samoa
15.12.1976
San Marino
2.3.1992
São Tomé und Príncipe
16.9.1975
Saudi-Arabien
24.10.1945
Schweden
19.11.1946
Schweiz
10.9.2002
Senegal
28.9.1960
Serbien
1.11.2000
Seychellen
21.9.1976
Sierra Leone
27.9.1961
Simbabwe
25.8.1980
Singapur
21.9.1965
Slowakei
19.1.1993
Slowenien
22.5.1992
Somalia
20.9.1960
Spanien
14.12.1955
Sri Lanka
14.12.1955
St. Kitts und Nevis
23.9.1983
St. Lucia
18.9.1979
St. Vincent und die Grenadinen 16.9.1980
Sudan
12.11.1956
Südafrika
7.11.1945
Suriname
4.12.1975
Swasiland
24.9.1968
Syrien
24.10.1945
Tadschikistan
2.3.1992
Tansania
14.12.1961
Thailand
16.12.1946
Timor-Leste
27.9.2002
Togo
20.9.1960
Tonga
14.9.1999
Trinidad und Tobago
18.9.1962
Tschad
20.9.1960
Tschechien
19.1.1993
Türkei
24.10.1945
Tunesien
12.11.1956
Turkmenistan
2.3.1992
Tuvalu
5.9.2000
Uganda
25.10.1962
Ukraine
24.10.1945
Ungarn
14.12.1955
Uruguay
18.12.1945
Usbekistan
2.3.1992
Vanuatu
15.9.1981
Venezuela
15.11.1945
Vereinigte Arabische Emirate 9.12.1971
Vereinigte Staaten
24.10.1945
Vietnam
20.9.1977
Zentralafrikanische Republik
20.9.1960
Zypern
20.9.1960
Sonstige Staaten
Vatikanstadt
43
Übersichten | Die Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen
Die Mitgliedstaaten nach Regionalgruppen (Tabelle 2)
Afrikanische Staaten
1. Ägypten
2. Äquatorialguinea
3. Äthiopien
4. Algerien
5. Angola
6. Benin
7. Botswana
8. Burkina Faso
9. Burundi
10. Côte d'Ivoire
11. Dschibuti
12. Eritrea
13. Gabun
14. Gambia
15. Ghana
16. Guinea
17. Guinea-Bissau
18. Kamerun
19. Kap Verde
20. Kenia
21. Komoren
22. Kongo (Demokratische Rep.)
23. Kongo (Republik)
24. Lesotho
25. Liberia
26. Libyen
27. Madagaskar
28. Malawi
29. Mali
30. Marokko
31. Mauretanien
32. Mauritius
33. Mosambik
34. Namibia
35. Niger
36. Nigeria
37. Ruanda
38. Sambia
39. São Tomé und Príncipe
40. Senegal
41. Seychellen
42. Sierra Leone
43. Simbabwe
44. Somalia
45. Sudan
46. Südafrika
47. Swasiland
48. Tansania
49. Togo
50. Tschad
51. Tunesien
52. Uganda
53. Zentralafrikanische Republik
Asiatische Staaten
1. Afghanistan
2. Bahrain
3. Bangladesch
4. Bhutan
5. Brunei Darussalam
6. China
7. Fidschi
8. Indien
9. Indonesien
10. Irak
11. Iran
12. Japan
13. Jemen
14. Jordanien
15. Kambodscha
16. Kasachstan
17. Katar
18. Kirgisistan
19. Korea (Dem. Volksrep.)
20. Korea (Republik)
21. Kuwait
22. Laos
23. Libanon
24. Malaysia
25. Malediven
26. Marshallinseln
27. Mikronesien
28. Mongolei
29. Myanmar
30. Nauru
31. Nepal
32. Oman
33. Pakistan
34. Palau
35. Papua-Neuguinea
36. Philippinen
37. Salomonen
38. Samoa
39. Saudi-Arabien
40. Singapur
41. Sri Lanka
42. Syrien
* wird bei Wahlen als Mitglied dieser Gruppe geführt; außerdem Mitglied der
asiatischen Regionalgruppe
** wird bei Wahlen der Gruppe der westeuropäischen und anderen Staaten zugerechnet
*** Kiribati wird keiner Regionalgruppe zugeordnet
43. Tadschikistan
44. Thailand
45. Timor-Leste
46. Tonga
47. Turkmenistan
48. Tuvalu
49. Usbekistan
50. Vanuatu
51. Vereinigte Arabische Emirate
52. Vietnam
53. Zypern
Lateinamerikanische
und karibische Staaten
1. Antigua und Barbuda
2. Argentinien
3. Bahamas
4. Barbados
5. Belize
6. Bolivien
7. Brasilien
8. Chile
9. Costa Rica
10. Dominica
11. Dominikanische Republik
12. Ecuador
13. El Salvador
14. Grenada
15. Guatemala
16. Guyana
17. Haiti
18. Honduras
19. Jamaika
20. Kolumbien
21. Kuba
22. Mexiko
23. Nicaragua
24. Panama
25. Paraguay
26. Peru
27. St. Kitts und Nevis
28. St. Lucia
29. St. Vincent und die Grenadinen
30. Suriname
31. Trinidad und Tobago
32. Uruguay
33. Venezuela
Osteuropäische Staaten
1. Albanien
2. Armenien
3. Aserbaidschan
4. Belarus
5. Bosnien-Herzegowina
6. Bulgarien
7. Estland
8. Georgien
9. Kroatien
10. Lettland
11. Litauen
12. Mazedonien
13. Moldau
14. Montenegro
15. Polen
16. Rumänien
17. Russland
18. Serbien
19. Slowakei
20. Slowenien
21. Tschechien
22. Ukraine
23. Ungarn
Westeuropäische
und andere Staaten
1. Andorra
2. Australien
3. Belgien
4. Dänemark
5. Deutschland
6. Finnland
7. Frankreich
8. Griechenland
9. Großbritannien
10. Irland
11. Island
12. Israel
13. Italien
14. Kanada
15. Liechtenstein
16. Luxemburg
17. Malta
18. Monaco
19. Neuseeland
20. Niederlande
21. Norwegen
22. Österreich
23. Portugal
24. San Marino
25. Schweden
26. Schweiz
27. Spanien
28. Türkei*
Ohne Gruppenzugehörigkeit
1. Vereinigte Staaten**
2. Kiribati***
Die Mitgliedstaaten nach Gebietsgröße (Fläche in Quadratkilometern) (Tabelle 3)
1. Russland
2. Kanada
3. Vereinigte Staaten
4. China
5. Brasilien
6. Australien
7. Indien
8. Argentinien
9. Kasachstan
10. Sudan
11. Algerien
12. Kongo (Demokratische Rep.)
13. Saudi-Arabien
14. Mexiko
15. Indonesien
16. Libyen
17. Iran
18. Mongolei
19. Peru
20. Tschad
21. Niger
22. Angola
23. Mali
24. Südafrika
25. Kolumbien
26. Äthiopien
27. Bolivien
28. Mauretanien
44
17 075 400
9 970 610
9 629 091
9 596 961
8 514 215
7 741 220
3 287 263
2 780 400
2 724 900
2 505 813
2 381 741
2 344 858
2 149 690
1 958 201
1 904 569
1 759 540
1 648 195
1 566 500
1 285 216
1 284 000
1 267 000
1 246 700
1 240 192
1 221 037
1 138 914
1 104 300
1 098 581
1 025 520
29. Ägypten
30. Nigeria
31. Venezuela
32. Tansania
33. Namibia
34. Mosambik
35. Pakistan
36. Türkei
37. Chile
38. Sambia
39. Myanmar
40. Afghanistan
41. Somalia
42. Zentralafrikanische Republik
43. Ukraine
44. Madagaskar
45. Botswana
46. Kenia
47. Frankreich
48. Jemen
49. Thailand
50. Spanien
51. Turkmenistan
52. Kamerun
53. Papua-Neuguinea
54. Schweden
55. Usbekistan
56. Marokko
1 001 449
923 768
912 050
883 749
824 292
801 590
796 095
774 815
756 626
752 618
676 578
652 090
637 657
622 984
603 700
587 041
581 730
580 367
551 500
527 968
513 115
505 992
488 100
475 442
462 840
449 964
447 400
446 550
57.
58.
59.
60.
61.
62.
63.
64.
65.
66.
67.
68.
69.
70.
71.
72.
73.
74.
75.
76.
77.
78.
79.
80.
81.
82.
83.
84.
Irak
Paraguay
Simbabwe
Japan
Deutschland
Kongo (Republik)
Finnland
Vietnam
Malaysia
Norwegen
Polen
Côte d'Ivoire
Oman
Italien
Philippinen
Ecuador
Burkina Faso
Neuseeland
Gabun
Guinea
Großbritannien
Uganda
Ghana
Rumänien
Laos
Guyana
Belarus
Kirgisistan
438 317
406 752
390 757
377 829
357 022
342 000
338 145
331 689
329 758
323 877
323 250
322 463
309 500
301 318
300 000
283 561
274 000
270 534
267 668
245 857
242 900
241 038
238 533
238 391
236 800
214 969
207 600
199 900
VEREINTE NATIONEN 1/2008
Übersichten | Die Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen
85.
86.
87.
88.
89.
90.
91.
92.
93.
94.
95.
96.
97.
98.
99.
100.
101.
102.
103.
104.
105.
106.
107.
108.
109.
110.
111.
112.
113.
114.
115.
116.
117.
118.
119.
120.
Senegal
Syrien
Kambodscha
Uruguay
Suriname
Tunesien
Nepal
Bangladesch
Tadschikistan
Griechenland
Nicaragua
Korea (Demokratische Volksrep.)
Malawi
Eritrea
Benin
Honduras
Liberia
Bulgarien
Kuba
Guatemala
Island
Korea (Republik)
Ungarn
Portugal
Serbien
Jordanien
Aserbaidschan
Österreich
Vereinigte Arabische Emirate
Tschechien
Panama
Sierra Leone
Irland
Georgien
Sri Lanka
Litauen
196 722
185 180
181 035
175 016
163 820
163 610
147 181
143 998
143 100
131 957
130 000
120 538
118 484
117 600
112 622
112 088
111 369
110 912
110 861
108 889
103 000
99 268
93 032
91 982
88 361
89 324
86 600
83 859
83 600
78 866
75 517
71 740
70 273
69 700
65 610
65 200
121.
122.
123.
124.
125.
126.
127.
128.
129.
130.
131.
132.
133.
134.
135.
136.
137.
138.
139.
140.
141.
142.
143.
144.
145.
146.
147.
148.
149.
150.
151.
152.
153.
154.
155.
156.
Lettland
Togo
Kroatien
Bosnien-Herzegowina
Costa Rica
Slowakei
Dominikanische Republik
Bhutan
Estland
Dänemark
Niederlande
Schweiz
Guinea-Bissau
Moldau
Belgien
Lesotho
Armenien
Salomonen
Albanien
Äquatorialguinea
Burundi
Haiti
Ruanda
Mazedonien
Dschibuti
Belize
Israel
El Salvador
Slowenien
Fidschi
Kuwait
Swasiland
Timor-Leste
Bahamas
Montenegro
Vanuatu
64 600
56 785
56 538
51 197
51 100
49 012
48 511
47 000
45 100
43 094
41 526
41 284
36 125
33 851
30 528
30 355
29 800
28 896
28 748
28 051
27 834
27 750
26 338
25 713
23 200
22 696
22 145
21 041
20 256
18 274
17 818
17 364
14 874
13 878
13 812
12 189
157.
158.
159.
160.
161.
162.
163.
164.
165.
166.
167.
168.
169.
170.
171.
172.
173.
174.
175.
176.
177.
178.
179.
180.
181.
182.
183.
184.
185.
186.
187.
188.
189.
190.
191.
192.
Gambia
Katar
Jamaika
Libanon
Zypern
Brunei Darussalam
Trinidad und Tobago
Kap Verde
Samoa
Luxemburg
Komoren
Mauritius
São Tomé und Príncipe
Dominica
Kiribati
Mikronesien
Bahrain
Singapur
Tonga
St. Lucia
Andorra
Palau
Seychellen
Antigua und Barbuda
Barbados
St. Vincent und die Grenadinen
Grenada
Malta
Malediven
St. Kitts und Nevis
Marshallinseln
Liechtenstein
San Marino
Tuvalu
Nauru
Monaco
23 790
23 478
22 389
21 437
21 396
20 743
19 928
19 683
19 299
19 261
18 549
17 024
16 634
16 418
15 421
14 784
14 443
14 225
13 925
13 353
13 349
13 341
12 378
12 336
11 922
11 267
11 146
10 780
10 623
10 457
10 327
10 186
10 029
9 858
9 759
9 724
9 688
9 597
9 524
9 370
9 119
9 032
8 698
8 508
8 467
8 360
93.
94.
95.
96.
97.
98.
99.
100.
101.
102.
103.
104.
105.
106.
107.
108.
109.
110.
111.
112.
113.
114.
115.
116.
117.
118.
119.
120.
121.
122.
123.
124.
125.
126.
127.
128.
129.
130.
131.
132.
133.
134.
135.
136.
137.
138.
Bulgarien
Schweiz
Honduras
Israel
El Salvador
Tadschikistan
Togo
Papua-Neuguinea
Libyen
Paraguay
Jordanien
Sierra Leone
Laos
Nicaragua
Dänemark
Slowakei
Kirgisistan
Finnland
Turkmenistan
Eritrea
Norwegen
Kroatien
Costa Rica
Singapur
Georgien
Vereinigte Arabische Emirate
Zentralafrikanische Republik
Irland
Neuseeland
Libanon
Bosnien-Herzegowina
Moldau
Kongo (Republik)
Liberia
Litauen
Panama
Uruguay
Albanien
Mauretanien
Armenien
Kuwait
Jamaika
Mongolei
Oman
Lettland
Namibia
11 295
11 000
10 991
10 400
9 251
5 765
5 130
4 033
2 831
2 586
2 235
2 040
964
751
726
702
694
683
650
539
468
459
455
442
430
388
344
316
298
261
181
160
61
26
21
1
Die Mitgliedstaaten nach Bevölkerungszahl (in Tausend) (Tabelle 4)
1. China
1 328 629
2. Indien
1 169 015
3. Vereinigte Staaten
305 826
4. Indonesien
231 627
5. Brasilien
191 790
6. Pakistan
163 902
7. Bangladesch
158 665
8. Nigeria
148 092
9. Russland
142 498
10. Japan
127 966
11. Mexiko
106 534
12. Philippinen
87 960
13. Vietnam
87 375
14. Äthiopien
83 099
15. Deutschland
82 599
16. Ägypten
75 497
17. Türkei
74 876
18. Iran
71 208
19. Thailand
63 883
20. Kongo (Demokratische Republik) 62 635
21. Frankreich
61 647
22. Großbritannien
60 768
23. Italien
58 876
24. Myanmar
48 798
25. Südafrika
48 576
26. Korea (Republik)
48 223
27. Ukraine
46 205
28. Kolumbien
46 156
29. Spanien
44 279
30. Tansania
40 453
31. Argentinien
39 531
32. Sudan
38 560
33. Polen
38 082
34. Kenia
37 537
35. Algerien
33 857
36. Kanada
32 876
37. Marokko
31 224
38. Uganda
30 883
39. Irak
28 993
40. Nepal
28 196
41. Peru
27 902
42. Venezuela
27 656
43. Usbekistan
27 372
44. Afghanistan
27 145
45. Malaysia
26 571
46. Saudi-Arabien
24 734
VEREINTE NATIONEN 1/2008
47.
48.
49.
50.
51.
52.
53.
54.
55.
56.
57.
58.
59.
60.
61.
62.
63.
64.
65.
66.
67.
68.
69.
70.
71.
72.
73.
74.
75.
76.
77.
78.
79.
80.
81.
82.
83.
84.
85.
86.
87.
88.
89.
90.
91.
92.
Korea (Demokratische Volksrep.)
Ghana
Jemen
Rumänien
Mosambik
Australien
Syrien
Madagaskar
Sri Lanka
Côte d’Ivoire
Kamerun
Angola
Chile
Niederlande
Kasachstan
Burkina Faso
Kambodscha
Niger
Malawi
Guatemala
Simbabwe
Ecuador
Senegal
Mali
Sambia
Kuba
Griechenland
Tschad
Portugal
Belgien
Tunesien
Tschechien
Ungarn
Serbien
Dominikanische Republik
Ruanda
Belarus
Haiti
Bolivien
Guinea
Schweden
Benin
Somalia
Burundi
Aserbaidschan
Österreich
7 638
7 484
7 106
6 927
6 857
6 736
6 585
6 331
6 160
6 127
5 924
5 865
5 859
5 603
5 442
5 390
5 316
5 276
4 965
4 850
4 698
4 555
4 467
4 436
4 395
4 380
4 342
4 300
4 178
4 099
3 934
3 793
3 768
3 750
3 389
3 343
3 339
3 190
3 123
3 002
2 851
2 713
2 678
2 595
2 277
2 074
45
Übersichten | Die Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen
139.
140.
141.
142.
143.
144.
145.
146.
147.
148.
149.
150.
151.
152.
153.
154.
155.
156.
Mazedonien
Lesotho
Slowenien
Botswana
Gambia
Guinea-Bissau
Estland
Trinidad und Tobago
Gabun
Mauritius
Timor-Leste
Swasiland
Zypern
Katar
Komoren
Fidschi
Dschibuti
Bahrain
2 038
2 007
2 001
1 881
1 708
1 695
1 335
1 333
1 330
1 261
1 154
1 141
854
840
839
838
833
752
157.
158.
159.
160.
161.
162.
163.
164.
165.
166.
167.
168.
169.
170.
171.
172.
173.
174.
Guyana
Bhutan
Montenegro
Kap Verde
Äquatorialguinea
Salomonen
Luxemburg
Suriname
Malta
Brunei Darussalam
Bahamas
Malediven
Island
Barbados
Belize
Vanuatu
Samoa
St. Lucia
737
658
598
530
507
495
466
458
406
390
331
305
301
293
287
226
187
164
175.
176.
177.
178.
179.
180.
181.
182.
183.
184.
185.
186.
187.
188.
189.
190.
191.
192.
São Tomé und Príncipe
St. Vincent und die Grenadinen
Mikronesien
Grenada
Tonga
Seychellen
Kiribati
Antigua und Barbuda
Andorra
Dominica
Marshallinseln
St. Kitts und Nevis
Liechtenstein
Monaco
San Marino
Palau
Nauru
Tuvalu
157
120
111
105
100
86
84
81
74
69
54
40
34
32
30
19
10
9
Die Mitgliedstaaten nach Wirtschaftsleistung (Bruttoinlandsprodukt in Millionen US-Dollar) (Tabelle 5)
1.
2.
3.
4.
5.
6.
7.
8.
9.
10.
11.
12.
13.
14.
15.
16.
17.
18.
19.
20.
21.
22.
23.
24.
25.
26.
27.
28.
29.
30.
31.
32.
33.
34.
35.
36.
37.
38.
39.
40.
41.
42.
43.
44.
45.
46.
47.
48.
49.
50.
51.
52.
53.
54.
55.
56.
57.
58.
59.
60.
61.
62.
63.
64.
46
Vereinigte Staaten
13 201 819
Japan
4 340 133
Deutschland
2 906 681
China
2 668 071
Großbritannien
2 345 015
Frankreich
2 230 721
Italien
1 844 749
Kanada
1 251 463
Spanien
1 223 988
Brasilien
1 067 962
Russland
986 940
Indien
906 268
Korea (Republik)
888 024
Mexiko
839 182
Australien
768 178
Niederlande
657 590
Türkei
402 710
Belgien
392 001
Schweden
384 927
Schweiz
379 758
Indonesien
364 459
Polen
338 733
Österreich
322 444
Norwegen
310 960
Saudi-Arabien
309 778
Dänemark
275 237
Südafrika
254 992
Griechenland
244 951
Iran
222 889
Irland
222 650
Argentinien
214 058
Finnland
209 445
Thailand
206 247
Portugal
192 572
Venezuela
181 862
Malaysia
148 940
Chile
145 841
Tschechien
141 801
Kolumbien
135 836
Singapur
132 158
Vereinigte Arabische Emirate
129 702
Pakistan
128 830
Israel
123 434
Rumänien
121 609
Philippinen
116 931
Algerien
114 727
Nigeria
114 686
Ungarn
112 899
Ägypten
107 484
Ukraine
106 111
Neuseeland
103 873
Peru
93 269
Kuwait
80 781
Kasachstan
77 237
Bangladesch
61 961
Vietnam
60 884
Marokko
57 307
Slowakei
55 049
Libyen
50 320
Angola
44 033
Kroatien
42 653
Katar
42 463
Luxemburg
41 382
Ecuador
40 800
65.
66.
67.
68.
69.
70.
71.
72.
73.
74.
75.
76.
77.
78.
79.
80.
81.
82.
83.
84.
85.
86.
87.
88.
89.
90.
91.
92.
93.
94.
95.
96.
97.
98.
99.
100.
101.
102.
103.
104.
105.
106.
107.
108.
109.
110.
111.
112.
113.
114.
115.
116.
117.
118.
119.
120.
121.
122.
123.
124.
125.
126.
127.
128.
Sudan
Slowenien
Belarus
Guatemala
Syrien
Serbien (ohne Kosovo)
Bulgarien
Dominikanische Republik
Tunesien
Litauen
Sri Lanka
Oman
Libanon
Costa Rica
Kenia
Aserbaidschan
Lettland
Trinidad und Tabago
Uruguay
Jemen
Kamerun
El Salvador
Côte d’Ivoire
Usbekistan
Panama
Estland
Island
Zypern
Jordanien
Äthiopien
Bahrain
Ghana
Tansania
Bosnien-Herzegowina
Bolivien
Sambia
Jamaika
Turkmenistan
Botswana
Gabun
Uganda
Honduras
Albanien
Paraguay
Senegal
Äquatorialguinea
Kongo (Demokratische Republik)
Afghanistan
Nepal
Mosambik
Georgien
Kongo (Republik)
Kambodscha
Tschad
Mauritius
Armenien
Brunei Darussalam
Namibia
Mazedonien
Burkina Faso
Mali
Papua-Neuguinea
Malta
Madagaskar
37 565
37 303
36 945
35 290
34 902
31 808
31 483
30 581
30 298
29 791
26 967
24 284
22 722
22 145
21 186
20 122
20 116
19 911
19 308
19 057
18 323
18 306
17 484
17 178
17 097
16 410
15 854
15 418
14 176
13 315
12 914
12 906
12 784
11 296
11 163
10 907
10 533
10 496
10 328
9 546
9 322
9 235
9 136
9 110
8 936
8 563
8 543
8 399
8 052
7 608
7 550
7 385
7 193
6 541
6 448
6 406
6 400
6 372
6 217
6 205
5 929
5 654
5 570
5 499
129.
130.
131.
132.
133.
134.
135.
136.
137.
138.
139.
140.
141.
142.
143.
144.
145.
146.
147.
148.
149.
150.
151.
152.
153.
154.
155.
156.
157.
158.
159.
160.
161.
162.
163.
164.
165.
166.
167.
168.
169.
170.
171.
172.
173.
174.
175.
176.
177.
178.
179.
180.
Nicaragua
Simbabwe
Haiti
Benin
Niger
Laos
Guinea
Moldau
Barbados
Fidschi
Tadschikistan
Kirgisistan
Mongolei
Mauretanien
Swasiland
Ruanda
Montenegro
Malawi
Togo
Suriname
Zentralafrikanische Republik
Lesotho
Sierra Leone
Belize
Kap Verde
Eritrea
Antigua und Barbuda
Bhutan
Malediven
St. Lucia
Guyana
Burundi
Dschibuti
Seychellen
Liberia
Grenada
Gambia
St. Kitts und Nevis
St. Vincent und die Grenadinen
Samoa
Komoren
Vanuatu
Timor-Leste
Salomonen
Guinea-Bissau
Dominica
Mikronesien
Tonga
Palau
Marshallinseln
São Tomé und Príncipe
Kiribati
5 369
5 010
4 961
4 775
3 544
3 404
3 317
3 266
3 091
2 822
2 811
2 695
2 689
2 663
2 648
2 494
2 347
2 232
2 206
1 597
1 486
1 476
1 443
1 217
1 144
1 085
962
927
915
906
896
807
757
750
631
519
511
487
466
422
403
388
356
335
304
300
245
223
157
155
123
71
Für folgende Staaten liegen keine Daten vor:
Andorra
Bahamas
Irak
Korea (Demokratische Volksrepublik)
Kuba
Liechtenstein
Monaco
Myanmar
Nauru
San Marino
Somalia
Tuvalu
VEREINTE NATIONEN 1/2008
English Abstracts
German Review on the United Nations | Abstracts
Volume 56 | 2008 | No. 1
The UN and Climate Change
Steffen Bauer
pp. 3–9
“Admit that the Waters Around You Have Grown”.
The Significance of Climate Change for the United Nations
Daniel Mittler
pp. 16–19
Weak, Weaker, CSD? The UN Commission on Sustainable
Development 15 Years after Rio
The United Nations is both a driver and an arena of international climate policy. Even in the 1970s it was calling attention
to the threats posed by anthropogenic climate change and
created the pertinent institutional architecture from which today’s international consensus on climate change evolved. Only
the implementation of the recently adopted Bali Roadmap
will tell, however, whether the United Nations is really capable
of preventing unmitigated global warming and of managing
its unavoidable consequences. This article reviews the multiple tasks and roles of the United Nations in view of climate
change, not only in the immediate context of the UNFCCC,
but also through its principal bodies, specialized agencies and
programs. It argues that climate change concerns virtually all
areas of UN activity and that the current international focus
on climate change is not a topical trend but a lasting dynamic
to which the UN system will need to adjust. Scholars who study
international organizations should accept that climate change
is no longer a peripheral ›soft‹ issue, but also requires their attention.
The year 2007 marked the 15th anniversary of the Commission on Sustainable Development (CSD). There was no celebration, as the 15th session of the Commission in May 2007
ended in acrimony. Countries proved unable to reach agreement on how to pursue a sustainable global energy path. Daniel Mittler argues that, even though the CSD did frustrate all
initial hopes and expectations no other UN body—at least in
the short term—is better suited to monitor the implementation of the results of the ‘Earth Summits’ in Rio (1992) and Johannesburg (2002).
Frank Biermann · Ingrid Boas
pp. 10–15
The Case for a Protocol on the Protection of Climate Refugees.
Towards a Global Governance System to Adapt to a Warmer
World
Climate change threatens to cause the biggest refugee crisis in
human history. More than 200 million people, largely in Africa
and Asia, might be forced to leave their homes to seek refuge in
other places or countries over the course of the century. Yet the
current institutions, organizations and funding mechanisms are
not sufficiently equipped to deal with this looming crisis. The situation calls for new governance. Frank Biermann and Ingrid
Boas outline a blueprint for a global governance architecture for
the protection and voluntary resettlement of climate refugees.
They provide a definition of climate refugees as well as a summary of current estimates of their likely numbers and probable
regions of origin. Regarding existing institutions, the authors
argue against the extension of the definition of refugees under
the 1951 Geneva Convention Relating to the Status of Refugees.
Key elements of their proposal are a new legal instrument specifically tailored to the needs of climate refugees—a Protocol on
Recognition, Protection, and Resettlement of Climate Refugees
to the United Nations Framework Convention on Climate
Change—as well as a separate funding mechanism, the Climate
Refugee Protection and Resettlement Fund.
VEREINTE NATIONEN 1/2008
Doris König · Thilo Neumann
pp. 20–24
Fight for the Arctic. The Existing Agreements Are Sufficient
This article analyzes the current international legal situation in
the Arctic and provides an overview of the different attempts of
the Arctic states to expand their sovereignty to Arctic waters. It
elaborates the division of the Arctic Ocean into different national
maritime zones under the regime of the UN Convention on the
Law of the Sea (UNCLOS) and explains how a coastal state can
secure sovereign rights over the outer continental shelf and its natural resources, such as oil and gas, beyond its exclusive economic
zone. Taking into account the impending environmental pollution
in the Arctic, this article examines the possibility of negotiating,
under the auspices of the UN, an Arctic treaty system modeled on
the Antarctic Treaty. Since the legal situation in the Arctic is very
different from that in Antarctica, the authors prefer the current
approach of close regional cooperation between the Arctic States
to an international treaty for the Arctic.
Alistair D. Edgar
pp. 25–26
The Academic Council on the United Nations System.
An International UN Studies Network
The author, Alistair D. Edgar, Executive Director of the Academic Council on the UN System (ACUNS), provides insights as
well as a review on the work of the Council from its foundation
in 1987 until present. ACUNS is an association and a network
of scholars and practitioners interested in the United Nations
and strives to better inform and enhance the work of each
group. Edgar concludes that ACUNS, with its conscious objective of integrating theory with policy and practice, has found its
academic niche. Nevertheless, much remains to be done and the
Council enters its third decade with a full agenda.
47
Impressum
Impressum
Deutsche Gesellschaft für die Vereinten nationen
VEREINTE NATIONEN
Vorstand
Prof. Dr. Thomas Bruha (Vorsitzender)
Detlef Dzembritzki, MdB (Stellvertretender Vorsitzender)
Ekkehard Griep (Stellvertretender
Vorsitzender)
Ana Dujic (Schatzmeisterin)
Sabine Birken
Prof. Dr. Manuel Fröhlich
Armin Laschet
Astrid van der Merwe
Dr. Wolfgang Münch
Winfried Nachtwei, MdB
Dr. Christian Tams
Zeitschrift für die Vereinten Nationen und
ihre Sonderorganisationen.
Begründet von Kurt Seinsch. ISSN 0042-384X
Herausgeber:
Deutsche Gesellschaft für die
Vereinten Nationen (DGVN), Berlin.
Chefredakteurin: Anja Papenfuß
Redaktionsassistenz/DTP: Monique Lehmann
Redaktionsanschrift:
VEREINTE NATIONEN
Zimmerstr. 26/27, D–10969 Berlin
Telefon 030 | 25 93 75–10
Telefax: 030 | 25 93 75–29
E-Mail: [email protected]
Internet: http://www.dgvn.de/zeitschrift.html
Druck und Verlag:
Nomos Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG
Waldseestr. 3–5, D–76530 Baden-Baden
Telefon 0 72 21 | 21 04–0
Telefax 0 72 21 | 21 04–27
Erscheinungsweise: zweimonatlich
Bezugspreise:
Jahresabonnement (6 Hefte) 57,– Euro*.
Einzelheft: 11,– Euro.* Alle Preise inkl. MwSt.
zuzüglich Vertriebs-/Direktbeorderungsgebühren Inland (7,70 Euro/2,14 Euro) 9,84 Euro.
Bestellungen nehmen entgegen:
Nomos Verlagsgesellschaft
Aloisia Hohmann
Telefon 0 72 21 | 21 04–39
Telefax 0 72 21 | 21 04–43
E-Mail: [email protected]
sowie der Buchhandel;
Kündigung jeweils drei Monate zum Kalenderjahresende. Zahlungen jeweils im Voraus an:
Nomos Verlagsgesellschaft, Postbank Karlsruhe,
Konto 73 636–751, und Stadtsparkasse
Baden-Baden, Konto 5–002266.
Für Mitglieder der Deutschen Gesellschaft für
die Vereinten Nationen ist der Bezugspreis im
Mitgliedsbeitrag enthalten.
Anzeigenverwaltung und Anzeigenannahme:
sales friendly, Bettina Roos
Siegburger Str. 123, 53229 Bonn
Telefon 02 28 | 9 78 98–10
Telefax 02 28 | 9 78 98–20
E-Mail: [email protected]
Die Zeitschrift sowie alle in ihr enthaltenen einzelnen Beiträge und Abbildungen sind urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht
ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des
Verlags. Dies gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Namentlich gezeichnete Beiträge geben nicht notwendigerweise die Meinung des Herausgebers oder
der Redaktion wieder.
48
Präsidium
Dr. Hans Arnold
Prof. Dr. Kurt Biedenkopf
Dr. Hans Otto Bräutigam
Dr. Eberhard Brecht
Dr. Fredo Dannenbring
Prof. Dr. Klaus Dicke
Bärbel Dieckmann
Hans Eichel
Manfred Eisele
Prof. Dr. Tono Eitel
Joschka Fischer
Hans-Dietrich Genscher
Dr. Wilhelm Höynck
Prof. Dr. Klaus Hüfner
Prälat Dr. Karl Jüsten
Dr. Dieter Kastrup
Dr. Hans-Peter Kaul
Dr. Inge Kaul
Dr. Klaus Kinkel
Matthias Kleinert
Dr. Manfred Kulessa
Dr. Hans-Werner Lautenschlager
Prof. Dr. Klaus Leisinger
Walter Lewalter
Ingrid Matthäus-Maier
Prof. Dr. Jens Naumann
Karl Theodor Paschke
Dr. Gunter Pleuger
Detlev Graf zu Rantzau
Prälat Dr. Stephan Reimers
Prof. Dr. Volker Rittberger
Dr. Irmgard Schwaetzer
Prof. Bruno Simma
Heide Simonis
Dr. Frank-Walter Steinmeier
Prof. Dr. Rita Süssmuth
Dr. Helga Timm
Prof. Dr. Klaus Töpfer
Prof. Dr. Christian Tomuschat
Dr. Günther Unser
Dr. Hans-Joachim Vergau
Dr. Ernst Ulrich von Weizsäcker
Dr. Richard von Weizsäcker
Heidemarie Wieczorek-Zeul
Prof. Dr. Rüdiger Wolfrum
Alexander Graf York von Wartenburg
Zeitschriftenbeirat
Friederike Bauer
Prof. Dr. Thomas Bruha
Prof. Dr. Manuel Fröhlich
Henni Hensen
Prof. Dr. Klaus Hüfner
Thomas Nehls
Dr. Martin Pabst
Prof. Dr. Dr. Sabine von Schorlemer
Dr. Norman Weiß
Landesverbände
Landesverband Baden-Württemberg
Vorsitzender:
Prof. Dr. Karl-Heinz Meier-Braun
[email protected]
Landesverband Bayern
Vorsitzender:
Prof. Dr. Alexander Siedschlag
[email protected]
Landesverband Berlin-Brandenburg
Vorsitzende: Dr. Christine Kalb
[email protected]
Landesverband Hessen
Vorsitzender: Dustin Dehéz
[email protected]
Landesverband Nordrhein-Westfalen
Vorsitzende: Sabine Birken
[email protected]
Landesverband Sachsen, SachsenAnhalt, Thüringen
Vorsitzender: Dr. Nils Geißler
[email protected]
Generalsekretariat
Dr. Beate Wagner, Generalsekretärin
Deutsche Gesellschaft für die
Vereinten Nationen
Zimmerstr. 26/27, D–10969 Berlin
Telefon: 030 | 25 93 75–0
Telefax: 030 | 25 93 75–29
E-Mail: [email protected]
Internet: www.dgvn.de
VEREINTE NATIONEN 1/2008
Herunterladen