VEREINTE NATIONEN Zeitschrift für die Vereinten Nationen und ihre Sonderorganisationen German Review on the United Nations Herausgegeben von der UN und Klimawandel Deutschen Gesellschaft für die Vereinten Nationen (DGVN) Aus dem Inhalt »Admit that the Waters Around You Have Grown«. Die Bedeutung des Klimawandels für die Vereinten Nationen Steffen Bauer Für ein Protokoll zum Schutz von Klimaflüchtlingen. Global Governance zur Anpassung an eine wärmere Welt Frank Biermann · Ingrid Boas Streit um die Arktis. Bestehendes Vertragswerk reicht aus Doris König · Thilo Neumann Aus dem Bereich der Vereinten Nationen Klimarahmenkonvention | 13. Vertragsstaatenkonferenz 2007 Kyoto-Protokoll | 3. Vertragsstaatenkonferenz 2007 Jürgen Maier Konvention gegen Wüstenbildung 8. Vertragsstaatenkonferenz 2007 Benno Pilardeaux Nomos 1 08 56. Jahrgang | Seite 1 – 48 ISSN 0042-384X | M 1308 F Editorial ›Klima Mainstreaming‹ Das Thema Klimawandel rückte im Jahr 2007 ganz nach oben auf die UN-Agenda: durch den Bericht des ›Intergovernmental Panel on Climate Change‹, die Verleihung des Friedensnobelpreises an das Panel und den Aktivisten Al Gore sowie durch die Klimakonferenz von Bali. Von diesem prominenten Platz könnte es jedoch aller Erfahrung nach bald wieder verschwinden. Dies wäre nur dann akzeptabel, wenn stattdessen innerhalb der Weltorganisation ein thematisches ›Mainstreaming‹ stattfinden würde: Der Klimaaspekt muss in allen Bereichen und Organisationen der Vereinten Nationen angemessen berücksichtigt werden. Nur so kann es der internationalen Gemeinschaft gelingen, dieser gewaltigen, die Menschheit gefährdenden Herausforderung zu begegnen. Welche Teile des UN-Systems bereits eine Art ›Klima Mainstreaming‹ betreiben und wo nachzubessern ist, beschreibt Steffen Bauer in seinem Überblicksbeitrag. Ein Teil, der dringend dieser klimapolitischen Nachbesserung bedarf, ist der Flüchtlingsschutz. Schätzungen zufolge könnten Klimakatastrophen, wie Dürren, Stürme oder Überschwemmungen, mittelfristig bis zu 200 Millionen Menschen zwingen, ihre Heimat für lange Zeit oder für immer zu verlassen. Die bestehenden UN-Organisationen sind für den zu erwartenden Flüchtlingsstrom nicht gewappnet. Frank Biermann und Ingrid Boas schlagen ein Protokoll zum Schutz und zur Umsiedlung von Klimaflüchtlingen vor, mithilfe dessen diese Aufgabe bewältigt werden könnte. Ein weiteres Problem tritt durch den Klimawandel zu Tage: Die Bodenschätze in der Arktis werden bald leichter auszubeuten sein, was die Arktisanrainerstaaten veranlasst hat, bereits jetzt Gebietsansprüche geltend zu machen. Wie die völkerrechtliche Lage in der Arktis aussieht und wie das Gebiet vor Ausbeutung und Umweltzerstörung geschützt werden könnte, schildern Doris König und Thilo Neumann. Enormer klimapolitischer Anpassungsbedarf besteht für die Kommission für nachhaltige Entwicklung. Das im Jahr 1992 eigens für die Umsetzung der Beschlüsse des Erdgipfels von Rio geschaffene Gremium spielt zurzeit in der Klimapolitik keine Rolle, so Daniel Mittler. Weitere Beiträge zum Thema Klimawandel in diesem Heft: Jürgen Maier berichtet über die Klimakonferenz von Bali und Benno Pilardeaux über die 8. Vertragsstaatenkonferenz der Konvention gegen Wüstenbildung. In einer Sammelrezension nimmt sich Udo E. Simonis dreier bemerkenswerter UN-Berichte zum Klimawandel an, die im Jahr 2007 erschienen sind. Wenn das Thema Klimawandel, statt auf Platz 1 der UN-Agenda zu stehen, integraler Bestandteil der Arbeitsprogramme aller UN-Organisationen geworden ist, dann ist viel erreicht. ›Klima Mainstreaming‹ – die Vereinten Nationen sind auf einem guten Weg. Ich wünsche eine anregende Lektüre. Anja Papenfuß, Chefredakteurin [email protected] VEREINTE NATIONEN 1/2008 1 Inhalt VEREINTE NATIONEN 56. Jahrgang | 2008 | Heft 1 UN und Klimawandel Inhalt Steffen Bauer »Admit that the Waters Around You Have Grown«. Die Bedeutung des Klimawandels für die Vereinten Nationen 3 Frank Biermann · Ingrid Boas Für ein Protokoll zum Schutz von Klimaflüchtlingen. Global Governance zur Anpassung an eine wärmere Welt 10 Daniel Mittler Schwach, schwächer, CSD? Die Kommission für nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen 15 Jahre nach Rio 16 Doris König · Thilo Neumann Streit um die Arktis. Bestehendes Vertragswerk reicht aus 20 Alistair D. Edgar Der ›Academic Council on the United Nations System‹ . Ein internationales Netzwerk von UN-Forschern 25 Aus dem Bereich der Vereinten Nationen Umwelt 2 Jürgen Maier Klimarahmenkonvention | 13. Vertragsstaatenkonferenz 2007 Kyoto-Protokoll | 3. Vertragsstaatenkonferenz 2007 27 Benno Pilardeaux Konvention gegen Wüstenbildung | 8. Vertragsstaatenkonferenz 2007 29 Erratum 30 Personalien 31 Buchbesprechungen 32 Dokumente der Vereinten Nationen 39 Das UN-System auf einen Blick | Abkürzungen 42 Die Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen | Übersichten 43 English Abstracts 47 Impressum 48 VEREINTE NATIONEN 1/2008 Bauer | »Admit that the Waters Around You Have Grown« »Admit that the Waters Around You Have Grown«* Die Bedeutung des Klimawandels für die Vereinten Nationen Steffen Bauer Die Vereinten Nationen sind gleichermaßen Antreiber und Handlungsrahmen der internationalen Klimapolitik. Schon in den siebziger Jahren wiesen sie auf die Gefahren eines vom Menschen verursachten Klimawandels hin und schufen die maßgeblichen institutionellen Grundlagen für den heute erreichten internationalen Konsens über den Klimawandel. Erst die Umsetzung des im Dezember 2007 auf der Weltklimakonferenz von Bali beschlossenen Verhandlungsmandats wird aber zeigen, ob die Vereinten Nationen der Herausforderung des globalen Klimawandels tatsächlich gewachsen sind. Dieser Beitrag untersucht die vielfältigen Aufgaben und Rollen, die den Vereinten Nationen gleichermaßen als Arena und Akteur der internationalen Klimapolitik zufallen. Er unterstreicht, dass der Klimawandel kein randständiges Umweltthema ist, sondern nahezu alle Handlungsfelder der Vereinten Nationen nachhaltig betrifft. Die 13. Vertragsstaatenkonferenz des Rahmenübereinkommens der Vereinten Nationen über Klimaänderungen und zugleich 3. Vertragsstaatenkonferenz des Kyoto-Protokolls (fortan: Weltklimakonferenz) bildeten den mit Spannung erwarteten diplomatischen Schlusspunkt eines für die internationale Klimapolitik außergewöhnlichen Jahres. Mit ungekannter Aufmerksamkeit hatten sich Staatengemeinschaft und Weltöffentlichkeit in den vorangegangenen zwölf Monaten mit den Ursachen und Folgen eines vom Menschen verursachten Klimawandels befasst. Die Dringlichkeit zu handeln war in den zwischen Februar und Mai veröffentlichten Teilberichten des ›Intergovernmental Panel on Climate Change‹ ( IPCC) unmissverständlich deutlich geworden.1 Die erstmalige ausführliche Befassung des UN-Sicherheitsrats mit dem Thema Klimawandel im April, die klimapolitische Schwerpunktsetzung des G-8-Gipfels von Heiligendamm im Juni, das Hochrangige Treffen zum Klimawandel der UN-Generalversammlung im September sowie die Entscheidung des NobelpreisKomitees, das IPCC und den Klima-Aktivisten Al Gore im Dezember mit dem Friedensnobelpreis auszuzeichnen, waren nur die bedeutendsten unter vielen medienwirksamen Ereignissen, die den Klimawandel stärker als je zuvor ins globale Bewusstsein riefen. So konnte die Weltklimakonferenz von Bali zum vorläufigen Höhepunkt eines internationalen Prozesses werden, der sich bis in die siebziger Jahre zurückverfolgen lässt. VEREINTE NATIONEN 1/2008 Kurze Geschichte der internationalen Klimapolitik Die internationale Klimapolitik entwickelte sich von Beginn an im Rahmen der Vereinten Nationen. Die Weltmeteorologieorganisation (WMO) und das Umweltprogramm der Vereinten Nationen (UNEP) waren die maßgeblichen politischen Akteure, die ab Ende der siebziger Jahre des vergangen Jahrhunderts das Augenmerk der internationalen Gemeinschaft auf eine mögliche, vom Menschen verursachte Aufheizung der Erdatmosphäre lenkten und die mit der Gründung des einzigartigen Wissenschaftsgremiums IPCC 1988 die institutionellen Grundlagen für den heute erreichten internationalen Konsens über den Klimawandel legten. Die erste internationale Klimakonferenz trat im Februar 1979 auf Einladung der WMO in Genf zusammen. Die naturwissenschaftlichen Grundlagen des so genannten Treibhauseffekts waren zu diesem Zeitpunkt bereits eingehend erforscht und von der WMO durch Programme, wie das im Jahr 1963 eingerichtete ›World Weather Watch‹ und das ›Global Atmospheric Research Programme‹ (1967–1982), institutionell gefördert worden. Auf Grundlage der vorliegenden wissenschaftlichen Erkenntnisse und Modelle wurden die möglichen Konsequenzen einer steigenden CO2-Konzentration in der Erdatmosphäre erstmals in einer breiteren Fachöffentlichkeit diskutiert. Die Konferenz schloss mit einer politischen Erklärung, die forderte, der weiteren Entwicklung des Weltklimas größere Aufmerksamkeit zu widmen (»to foresee and to prevent potential man-made changes in climate that might be adverse to the well-being of humanity«) und die die Einrichtung eines ›World Climate Programme‹ unter der Ägide der WMO initiierte.2 Davon ausgehend begann in den achtziger Jahren der Übergang von der reinen naturwissenschaft- Steffen Bauer, geb. 1973, ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Deutschen Institut für Entwicklungspolitik (DIE) in Bonn und Referent des Wissenschaftlichen Beirats der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen (WBGU). * Bob Dylan, The Times They Are A-Changin’, 1964. 1 Es handelte sich dabei um die Teilberichte der drei IPCC-Arbeitsgruppen Physical Science Basis (Working Group I), Impacts, Adaptation, and Vulnerability (WG II) und Mitigation of Climate Change (WG III). Der alle Ergebnisse zusammenführende 4. Sachstandsbericht ›Climate Change 2007‹ wurde im November veröffentlicht. Vgl. auch die Buchkritik von Udo E. Simonis, S. 32–34, in diesem Heft. Alle Berichte des IPCC sind frei zugänglich unter: http://www.ipcc.ch/index.htm 2 Declaration of the World Climate Conference, Genf, 12.–23.2.1979, http://unesdoc.unesco.org/images/0003/000376/037648eb.pdf 3 Bauer | »Admit that the Waters Around You Have Grown« Die Weltklimakonferenz auf Bali hat endlich die politischen Voraussetzungen für eine Klimapolitik geschaffen, mit der der Klimawandel auf ein noch beherrschbares Maß begrenzt werden kann. Zunehmend wird deutlich, dass die Auswirkungen der globalen Erwärmung praktisch alle klassischen Tätigkeitsfelder der Vereinten Nationen durchdringen. 4 lichen Bestandsaufnahme zu politischen Diskussionen über die Notwendigkeit, dem Treibhauseffekt zu begegnen und eine ungebremste Aufheizung der Erdatmosphäre zu vermeiden. Neben der WMO war es nun vor allem das UNEP, das dazu beitrug, das Thema Klima als Gegenstand der internationalen Umweltpolitik zu etablieren.3 Wichtige Meilensteine auf dem Weg zur Gründung des IPCC waren zwei von UNEP und der WMO gemeinsam veranstaltete Tagungen im österreichischen Villach (1985) und im italienischen Bellagio (1987). Der im gleichen Zeitraum entstandene Bericht der von UN-Generalsekretär Pérez de Cuéllar eingerichteten Weltkommission für Umwelt und Entwicklung ›Unsere gemeinsame Zukunft‹ verdeutlichte zudem die grundsätzliche Notwendigkeit, langfristige Wechselwirkungen zwischen menschlichem Handeln und naturräumlichen Veränderungen in politische Entscheidungsprozesse einzubeziehen.4 Indem sie einen zukunftsorientierten Entwicklungsbegriff postulierte, wonach Entwicklung die Bedürfnisse der Gegenwart befriedigen solle ohne die Entwicklungschancen künftiger Generationen zu riskieren, zeichnete die Kommission nicht nur der für das Jahr 1992 anberaumten UN-Konferenz über Umwelt und Entwicklung (UNCED) das Leitbild der ›nachhaltigen Entwicklung‹ vor. Sie lieferte damit auch einen wichtigen normativen Bezugspunkt für die dort verabschiedete Klimarahmenkonvention (United Nations Framework Convention on Climate Change – UNFCCC), unter deren Dach die Vereinten Nationen seither die Ausgestaltung und Umsetzung der internationalen Klimapolitik aushandeln. Erst mit dem inzwischen 4. Sachstandsbericht des IPCC aus dem Jahr 2007 hat sich aber das Wissen über den Klimawandel so weit verdichtet, dass die Notwendigkeit einschneidender internationaler Maßnahmen nicht mehr grundsätzlich angezweifelt und die Dringlichkeit zu handeln unmissverständlich wurden. Neustart auf Bali Entsprechend groß waren Medieninteresse und Erwartungsdruck, als vom 3. bis 15. Dezember 2007 knapp 11 000 Menschen – darunter etwa 3500 Staatenvertreter und nahezu 1500 akkreditierte Journalisten – zur bis heute größten Weltklimakonferenz in Nua Dusa auf der indonesischen Insel Bali zusammenkamen.5 Am Ende hat das diplomatische Großereignis den von UN-Generalsekretär Ban Ki-moon auf dem Hochrangigen Treffen zum Klimawandel der UN-Generalversammlung vom 24. September 2007 eingeforderten ›Durchbruch‹ erreicht und darf somit als Erfolg gewertet werden. Das wesentliche Ergebnis ist dabei der so genannte Bali-Aktionsplan, ein Fahrplan für die Aushandlung eines umfassenden Klimaschutzregimes für die Zeit nach 2012. Ein entscheidender Fortschritt ist dabei das grundsätzliche Zugeständnis sowohl der Vereinigten Staaten als auch der Gruppe der Entwicklungsländer, sich in den be- vorstehenden Verhandlungsrunden in einen Dialog über künftige messbare und nachweisbare Beiträge zum Klimaschutz einbinden zu lassen. Zudem soll sich die Ausgestaltung des künftigen Klimaschutzregimes an den vom IPCC ermittelten Erfordernissen zur Emissionsminderung orientieren. Damit hat die Weltklimakonferenz nach vielen harten und zähen Verhandlungen endlich die grundsätzlichen politischen Voraussetzungen für eine Klimapolitik geschaffen, mit der es überhaupt nur gelingen kann, den Klimawandel auf ein noch beherrschbares Maß zu begrenzen. Retrospektiv könnte die Weltklimakonferenz von Bali somit zur ›Stunde Null‹ einer wirksamen multilateralen Klimaschutzpolitik werden, neben der die zwei Jahrzehnte klimapolitischer Verhandlungen seit der Gründung des IPCC einmal wie ein Prolog aussehen werden. Dies setzt allerdings voraus, dass die Vertragsstaaten der Klimarahmenkonvention das Verhandlungsmandat von Bali unverzüglich umsetzen und bis Ende 2009 ein verbindliches Abkommen verabschieden, das den Empfehlungen des IPCC folgt und nahtlos an das Ende 2012 auslaufende KyotoProtokoll anknüpft. Weitere Verzögerungen oder gar ein Scheitern würde hingegen mit hoher Wahrscheinlichkeit zu unumkehrbaren Rückkopplungseffekten im Klimasystem führen und verheerende Folgen für die menschliche Zivilisation haben.6 UN-Themen auf dem Klimaprüfstand Der Klimawandel ist aber für die Vereinten Nationen nicht nur wegen seines genuin globalen Problemcharakters und der Größenordnung seines Bedrohungspotenzials relevant. Zunehmend wird deutlich, dass die Auswirkungen der globalen Erwärmung praktisch alle klassischen Tätigkeitsfelder der Vereinten Nationen durchdringen. Während der Klimawandel als solcher zunächst ein Umweltphänomen darstellt, betreffen die sich daraus ergebenden Konsequenzen mittel- oder unmittelbar die menschliche Entwicklung, den Menschenrechtsdiskurs, den Flüchtlingsschutz und nicht zuletzt Frieden, Sicherheit und Stabilität im internationalen System. Menschliche Entwicklung Die schon wegen der Trägheit des Klimasystems nicht mehr vermeidbare globale Erwärmung von mindestens 1,5 °C wird weitreichende Folgen für die menschliche Entwicklung haben. Die Gesellschaften der ärmsten Entwicklungsländer werden dabei als erste und am härtesten betroffen sein. Die internationalen Bemühungen zur Erreichung der Millenniums-Entwicklungsziele, vor allem in den Bereichen Armutsbekämpfung, Ernährung, Gesundheitsvorsorge und Bildung, werden durch die Auswirkungen des Klimawandels massiv beeinträchtigt.7 Zudem wird der Klimawandel die nachholende Entwicklung in den stark VEREINTE NATIONEN 1/2008 Bauer | »Admit that the Waters Around You Have Grown« wachsenden Schwellenländern bedrohen und allein in China und Indien hunderte Millionen von Menschen unmittelbar betreffen.8 Die ökonomischen Kosten des Klimawandels werden die weltwirtschaftliche Dynamik insgesamt beeinträchtigen und die Wachstumsaussichten sowohl von Schwellen- und Entwicklungsländern als auch von Industrieländern erheblich schmälern.9 Menschenrechte Der Klimawandel berührt auch international anerkannte soziale Rechte, wie insbesondere das Recht auf Nahrung und das Recht auf Wasser.10 Ein Anstieg des Meeresspiegels und klimainduzierte extreme Wetterereignisse können zudem wirtschaftliche Lebensgrundlagen gefährden. Dass die Verantwortung für den Klimawandel maßgeblich bei westlichen Demokratien liegt, die regelmäßig Menschenrechtsverletzungen in anderen Teilen der Welt anprangern, wird für den internationalen Menschenrechtsdiskurs kaum ohne Folgen bleiben. Der Vorwurf, durch CO2Emissionen wissentlich oder zumindest de facto, Menschenrechte zu verletzen, bietet den akut vom Klimawandel betroffenen ärmsten Entwicklungsländern und internationalen Menschenrechtsorganisationen stichhaltige Argumente, emissionsstarke Industriestaaten und Schwellenländer auf die Anklagebank zu setzen.11 Vielfältige Aufgaben der Vereinten Nationen Auch deshalb lieferten die Vereinten Nationen »einen idealen Rahmen« für die internationale Klimapolitik, wie Generalsekretär Ban Ki-moon am 24. September 2007 vor der UN-Generalversammlung betonte. Dabei sind die Vereinten Nationen weit mehr als nur der Rahmen für zwischenstaatliche Verhandlungen über die richtige Klimapolitik. Sie nehmen vielfältige klimapolitische Aufgaben wahr und treten gleichermaßen als Arena und Akteur der internationalen Klimapolitik in Erscheinung. Das IPCC als Maß der Dinge Schon der erste Sachstandsbericht, den das IPCC im Vorfeld der UN-Konferenz über Umwelt und Entwicklung im Jahr 1990 vorlegte, wurde zur entscheidenden Grundlage für die erfolgreiche Aushandlung der Klimarahmenkonvention. Das IPCC erfüllte damit von Beginn an seinen Zweck, nämlich im Auftrag der Vereinten Nationen politischen Entscheidungsträgern eine umfassende, objektive, offene und transparente Einschätzung über den Stand der weltweit verfügbaren wissenschaftlichen, technischen und soziökonomischen Fachliteratur zum Klimawandel zu geben. Tatsächlich geht es im IPCC nicht darum, eige- Der Vorwurf, durch CO2-Emissionen Menschenrechte zu verletzen, bietet den vom Klimawandel betroffenen ärmsten Entwicklungsländern Argumente, emissionsstarke Industriestaaten und Schwellenländer auf die Anklagebank zu setzen. Frieden und Sicherheit Darüber hinaus wird die erwartete Zunahme wetterbedingter Katastrophenereignisse häufigere Hilfseinsätze erfordern. Nach Berechnungen des Entwicklungsprogramms der Vereinten Nationen (UNDP) waren in den Jahren 2000 bis 2004 bereits 262 Millionen Menschen klimabedingten Katastrophen ausgesetzt, 98 Prozent davon in armen Entwicklungsländern.12 In diesem Zusammenhang ist auch die klimabedingte Zunahme von Flüchtlingen zu sehen, die den internationalen Flüchtlingsschutz und die politische Stabilität der betroffenen Regionen bald in bislang ungekannter Größenordnung strapazieren wird.13 Nicht zuletzt droht der Klimawandel, Ressourcenkonflikte um Wasser und fruchtbare Böden zu verschärfen und den Problemdruck auf Entwicklungsländer sowie schwache und fragile Staaten zu erhöhen. Werden diese schließlich überfordert, drohen sie zu kollabieren und können mittelbar zu einer Destabilisierung der internationalen Ordnung beitragen. Der Bedarf nach internationalen Maßnahmen zur Krisenprävention und friedenserhaltenden Interventionen in gefährdeten Ländern und Regionen würde entsprechend zunehmen.14 Kurzum, die zur Vermeidung einer unkontrollierbaren Klimakatastrophe und zur Anpassung an den bereits unvermeidlichen Klimawandel zu treffenden Maßnahmen reichen über die bekannten Herausforderungen der internationalen Umweltpolitik weit hinaus. VEREINTE NATIONEN 1/2008 3 Vgl. Mostafa K. Tolba/Iwona Rummel-Bulska, Global Environmental Diplomacy: Negotiating Environmental Agreements for the World, 1973–1992, Cambridge 1998, S. 89–96. 4 World Commission on Environment and Development, Our Common Future, Oxford 1987. 5 Vgl. Auch den Bericht von Jürgen Maier, S. 27f. in diesem Heft. 6 Siehe IPCC (WG I), Climate Change 2007: The Physical Science Basis, Genf 2007. 7 Vgl. UNDP, Bericht über die menschliche Entwicklung 2007/2008, Den Klimawandel bekämpfen: Menschliche Solidarität in einer geteilten Welt, DGVN, Berlin 2007. 8 Vgl. Steffen Bauer und Carmen Richerzhagen, Nachholende Entwicklung und Klimawandel, Aus Politik und Zeitgeschichte, 47/2007, S. 20–26. 9 Nicholas Stern, The Economics of Climate Change. The Stern Review, London 2006; vgl. Claudia Kemfert, Die ökonomischen Folgen des Klimawandels, Aus Politik und Zeitgeschichte, 47/2007, S. 14–19. 10 Vgl. Internationaler Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte aus dem Jahr 1966. Das Recht auf Nahrung ist in Art. 11 (Recht auf einen angemessenen Lebensstandard) explizit formuliert, das Recht auf Wasser wird in der Regel aus Art. 11 und Art. 12 (Recht auf Gesundheit) abgeleitet. 11 Wissenschaftlicher Beirat der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen (WBGU), Sicherheitsrisiko Klimawandel, Berlin 2007, S. 187. 12 UNDP, a.a.O. (Anm. 7). 13 Siehe dazu ausführlich den Beitrag von Frank Biermann und Ingrid Boas, S. 10–16, in diesem Heft; vgl. auch Cord Jakobeit/Chris Methmann, Klimaflüchtlinge: Die verleugnete Katastrophe, Hamburg 2007. 14 Dazu ausführlich WBGU, a.a.O. (Anm. 11). 5 Bauer | »Admit that the Waters Around You Have Grown« Dank eines aufwändigen, dreistufigen Gutachterverfahrens konnte sich das IPCC in der Fachwelt binnen weniger Jahre als maßgebliche globale Autorität zum Klimawandel etablieren. ne Klimaforschung zu betreiben, sondern vorhandenes Wissen dahingehend auszuwerten, das Risiko eines vom Menschen verursachten Klimawandels, beobachtete und projizierte Auswirkungen des Klimawandels sowie die Möglichkeiten zur Anpassung (adaptation) an den Klimawandel und seine Eindämmung (mitigation) seriös beurteilen zu können.15 Die einzigartige Expertise des IPCC, dessen Sekretariat von UNEP unterstützt wird, aber bei der WMO in Genf angesiedelt ist, fußt auf der Mitarbeit von mehr als zweitausend Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aus aller Welt, die von den Mitgliedstaaten des IPCC aufgrund ihrer fachlichen Expertise berufen werden und die dem Rat neben ihrer eigentlichen professionellen Tätigkeit ehrenamtlich, unentgeltlich und politisch unabhängig zuarbeiten.16 Dank eines aufwändigen, dreistufigen Gutachterverfahrens konnte sich das IPCC in der Fachwelt binnen weniger Jahre als maßgebliche globale Autorität zum Klimawandel etablieren. Seine Berichte gelten als der fundierteste und zuverlässigste Überblick über den weltweiten Kenntnisstand zur Klimaentwicklung. Um diesen Status dauerhaft gewährleisten zu können, werden zum einen auch strittige Fragen, Fehlergrenzen und Unsicherheiten ausführlich behandelt und zum andern die Autoren- und Gutachterteams für jeden Sachstandsbericht neu bestimmt.17 Politisch brisant ist die Zusammenfassung für Entscheidungsträger (Summary for Policymakers), ein zwanzigseitiges Konzentrat der mehreren Tausend Berichtsseiten, das Satz für Satz vom zwischenstaatlichen Plenum des IPCC verabschiedet wird. Auch hier achten jedoch die verantwortlichen Autoren darauf, dass wissenschaftliche Aussagen des eigentlichen Sachstandsberichts korrekt wiedergegeben werden.18 Die Klimarahmenkonvention von 1992 Zwar verfügt das Klimasekretariat in dem stark formalisierten Vertragsregime kaum über nennenswerten Handlungsspielraum, seine politische Bedeutung sollte dennoch nicht unterschätzt werden. 6 Das Ziel der im Juni 1992 in Rio verabschiedeten und am 21. März 1994 in Kraft getretenen Klimarahmenkonvention ist eine Stabilisierung der atmosphärischen Treibhausgaskonzentration auf einem Niveau, das eine gefährliche vom Menschen verursachte Störung des Klimasystems verhindert.19 Als Rahmenkonvention bestimmt sie noch keine konkreten Verpflichtungen für die Vertragsstaaten, schreibt aber völkerrechtlich fest, dass die Stabilisierung so erreicht werden müsse, dass die Ökosysteme sich »auf natürliche Weise den Klimaänderungen anpassen können, die Nahrungsmittelerzeugung nicht bedroht wird und die wirtschaftliche Entwicklung auf nachhaltige Weise fortgeführt werden kann«.20 Dem Vorbild der Wiener Konvention zum Schutz der Ozonschicht folgend beschloss die 1. Vertragsstaatenkonferenz der UNFCCC im Jahr 1995 in Berlin ein separates Zusatzprotokoll auszuhandeln, das konkrete Zielvorgaben zur Verminderung der Treibhausgasemissionen verbindlich festschreibt. Dieses wurde nach acht harten Verhandlungsrunden 1997 im japanischen Kyoto verabschiedet. Die in der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) organisierten Industriestaaten und die Industriestaaten des ehemaligen Warschauer Paktes (Annex-I-Länder) verpflichteten sich darin zu einer Reduzierung ihrer gemeinsamen Treibhausgasemissionen um 5,2 Prozent bis 2012 gegenüber dem Basisjahr 1990. Die in Annex II des Kyoto-Protokolls aufgelisteten Entwicklungsländer sind im Sinne ihrer nachholenden wirtschaftlichen Entwicklung von Reduktionsverpflichtungen ausgenommen. Den AnnexI-Ländern ist es aber möglich, durch so genannte flexible Mechanismen ihre Verpflichtungen auch durch Klimaschutzprojekte in Entwicklungsländern zu erfüllen.21 Als das Kyoto-Protokoll im Februar 2005 nach einem äußerst schleppenden Ratifizierungsprozess endlich in Kraft treten konnte, war bereits klar, dass seine Bedeutung für den internationalen Klimaschutz vor allem symbolischer Natur sein würde. Selbst wenn seine Ziele erreicht würden, was angesichts der tatsächlichen Emissionstrends der Unterzeichnerstaaten nur noch theoretisch möglich ist, würde es das Konventionsziel einer Stabilisierung der atmosphärischen Treibhausgaskonzentration weit verfehlen. Auch deshalb wird die Frage, ob die Weltgemeinschaft zu einer effektiven Klimaschutzpolitik fähig ist, mit der Umsetzung des Bali-Aktionsplans entschieden. Neben den beschlussfassenden Weltklimakonferenzen spielen die diesen zuarbeitenden Nebenorgane der Klimarahmenkonvention eine wesentliche Rolle für den Fortgang des Verhandlungsprozesses.22 Sie bilden die Foren, in denen die Vertragsstaaten jenseits der großen Weltklimakonferenzen über technische Details, Verfahrensfragen, die Bewertung wissenschaftlicher Erkenntnisse, Fragen der Umsetzung und nicht zuletzt der Finanzierung beraten und entsprechende Beschlussvorlagen erarbeiten. Wie die Vertragsstaatenkonferenzen selbst werden sie vom Sekretariat der Klimarahmenkonvention (fortan: Klimasekretariat) betreut, das seit dem Jahr 1996 in Bonn angesiedelt ist und im komplexen Gefüge des Klimaregimes eine Schlüsselstellung einnimmt. In ihm ist die Klimapolitik der Vereinten Nationen organisatorisch verankert. Sein Exekutivsekretär bekleidet zugleich den Rang eines Beigeordneten Generalsekretärs der Vereinten Nationen und leitet einen Stab von inzwischen annähernd 300 internationalen Beamten und Verwaltungsfachkräften.23 Zwar verfügt das Klimasekretariat in dem stark formalisierten Vertragsregime kaum über nennenswerten Handlungsspielraum, seine politische Bedeutung sollte dennoch nicht unterschätzt werden.24 Die professionelle Vorbereitung und Durchführung der beständig größer und komplexer werdenden Vertragsstaatenkonferenzen stellt für sich genommen bereits eine wesentliche Voraussetzung für konstruktive Verhandlungen dar. Nicht minder wichtig ist das informelle VEREINTE NATIONEN 1/2008 Bauer | »Admit that the Waters Around You Have Grown« Beratungsverhältnis zwischen den jährlich wechselnden Konferenzvorsitzenden aus den Reihen der Vertragsstaaten und den internationalen Beamten des Klimasekretariats, wodurch diesen hinter den Kulissen ein nicht unerheblicher Einfluss zufallen kann.25 Priorisierung durch Hauptorgane Der ehemalige UN-Generalsekretär Kofi Annan zählte innerhalb der Vereinten Nationen mit zu den ersten, die die übergreifende Bedeutung des Klimawandels betonten. »Der Klimawandel ist nicht nur, wie zu viele Menschen noch immer glauben, ein Umweltthema. Er ist eine allumfassende Bedrohung« appellierte er am 15. November 2006 eindringlich an die Delegierten der Weltklimakonferenz in Nairobi. Am 17. April 2007 befasste sich auf Initiative des ständigen Mitglieds Großbritannien erstmals auch der Sicherheitsrat offiziell mit dem Klimawandel.26 In einer dramatischen Rede betonte die britische Außenministerin Margaret Beckett, dass der sich abzeichnenden Klimawandel die Bedeutung wesentlicher Konflikttreiber verschärfen werde. Um seinem friedenssichernden Mandat gerecht werden zu können, müsse sich der Sicherheitsrat also auch diesem Thema zuwenden. Auch wenn Russland und China dies als eine Überdehnung des Mandats des Sicherheitsrats kritisierten, so erhielt die Dynamik der internationalen Diskussion um die mit dem Klimawandel verbundenen Gefahren damit doch zusätzlichen Auftrieb.27 Schließlich leistete auch die UN-Generalversammlung einen Beitrag, das weltweite Momentum im Vorfeld der Weltklimakonferenz von Bali zu erhöhen, indem sie auf Einladung von Generalsekretär Ban Ki-moon am 24. September 2007 zu einem Hochrangigen Treffen zum Klimawandel zusammentrat, an dem sich mehr als 80 Staats- und Regierungschefs beteiligten. Hier wurde noch einmal auf höchster Ebene deutlich gemacht, dass die Zeit knapp ist, um zu vermeiden, das der Klimawandel unbeherrschbar wird, und dass auf Bali ein Durchbruch erreicht werden musste, um zumindest die Chance dazu zu erhalten. Zuvor hatten die Hauptorgane der Vereinten Nationen dem Klimawandel nur geringe Priorität eingeräumt. In der UN-Generalversammlung, die 1989 formal den Beschluss zur Aushandlung der Klimarahmenkonvention gefasst hatte,28 wurde der Klimawandel vor allem als Umweltproblem thematisiert. Ein wichtiges Problem zwar, aber eben keine Frage von Krieg und Frieden. Entsprechend fanden Umweltzerstörung und Klimawandel im 2004 vorgelegten Bericht der von Generalsekretär Kofi Annan eingesetzten Hochrangigen Gruppe für Bedrohungen, Herausforderungen und Wandel nur am Rande Erwähnung, als Unterkategorie der von wirtschaftlicher und sozialer Not ausgehenden Sicherheitsrisiken.29 Annans eigener Reformbericht ›In größerer Freiheit‹ ging unter der Überschrift ›Sicherung der ökologischen Nachhaltigkeit‹ im März 2005 zwar schon stärker auf den VEREINTE NATIONEN 1/2008 Klimawandel ein.30 Der zentrale Stellenwert des Klimawandels für die Welt des 21. Jahrhunderts wird aber auch darin nicht deutlich. Die ungleichen Programme UNEP und UNDP Seiner Aufgabe, als ›Umweltgewissen der Vereinten Nationen‹ zu fungieren, entsprechend, hat vor allem das Umweltprogramm UNEP kontinuierlich auf die aus dem Klimawandel erwachsenden Herausforderungen hingewiesen und eine umsichtigere Politik der Mitgliedstaaten angemahnt. Es entbehrt deshalb nicht einer gewissen Ironie, dass gerade in der Klimapoli- Der ehemalige UNGeneralsekretär Kofi Annan zählte innerhalb der Vereinten Nationen mit zu den ersten, die die übergreifende Bedeutung des Klimawandels betonten. 15 Siehe http://www.ipcc.ch/about/index.htm; vgl. IPCC, 16 Years of Scientific Assessment in Support of the Climate Convention, Genf 2004. 16 Vgl. Elizabeth R. DeSombre, Global Environmental Institutions, London 2006, S. 118–119; Stefan Rahmstorf/Hans Joachim Schellnhuber, Der Klimawandel: Diagnose, Prognose, Therapie, München 2006, S. 87–89. 17 Stefan Rahmstorf/Hans Joachim Schellnhuber, a.a.O. (Anm. 16), S. 88. 18 Ebd. 19 UNFCCC, Art. 2; Text abgedruckt in: Vereinte Nationen (VN), 4/1992, S. 140ff.; deutsche Fassung: http://unfccc.int/resource/docs/convkp/ convger.pdf 20 Ebd. 21 Vgl. ausführlich Sebastian Oberthür/Hermann E. Ott, Das KyotoProtokoll. Internationale Klimapolitik für das 21. Jahrhundert, Opladen 2000; Farhana Yamin/Joanna Depledge, The International Climate Change Regime: A Guide to Rules, Institutions and Procedures, Cambridge, UK, 2005. 22 Nebenorgan für wissenschaftliche und technologische Beratung und Nebenorgan für die Durchführung des Übereinkommens; weiterführend Yamin/Depledge, a.a.O. (Anm. 21). 23 Die Zahl der Sekretariatsmitarbeiter hat sich seit dem Jahr 2003 (133) etwa verdoppelt und wird absehbar weiter wachsen; die Sekretariate der Artenschutzkonvention CBD und der Wüstenkonvention UNCCD beschäftigen zum Vergleich jeweils 60 bis 70 Personen (vgl. Steffen Bauer/Bernd Siebenhüner/Per-Olof Busch, Administering International Governance. What Role for Treaty Secretariats?, Global Governance Working Paper Nr. 29, Amsterdam 2007, http://www.glogov.org/ images/doc/wp29.1.pdf). 24 Per-Olof Busch, The Secretariat of the Climate Convention: Make a Living in a Straitjacket, Global Governance Working Paper Nr. 22, Amsterdam 2006, http://www.glogov.org/images/doc/wp22.pdf; Joanna Depledge, A Special Relationship: Chairpersons and the Secretariat in the Climate Change Negotiations, Global Environmental Politics, 7. Jg., 1/2007, S. 45–68. 25 Depledge, a.a.O. (Anm. 24). 26 Noch zu Beginn des Jahres waren die nichtständigen Mitglieder Belgien und Peru mit dem Versuch gescheitert, den Sicherheitsrat zu einer Diskussion über den Klimawandel zu bewegen. 27 Vgl. WBGU, a.a.O. (Anm. 11), S. 212. 28 UN-Dok. A/RES/44/207 v. 22.12.1989. 29 Eine sicherere Welt: Unsere gemeinsame Verantwortung, UN-Dok. A/59/565 v. 2.12.2004. 30 In größerer Freiheit: Auf dem Weg zu Entwicklung, Sicherheit und Menschenrechten für alle, UN-Dok. A/59/2005 v. 21.3.2005. 7 Bauer | »Admit that the Waters Around You Have Grown« Oft treten Widersprüche zwischen Entwicklungszielen und klimapolitischen Erfordernissen auf, zum Beispiel bei der Energieversorgung, einem für UNDP wichtigen Aufgabenfeld. Die klimapolitischen Diskussionen der vergangenen Jahre haben inzwischen auch zahlreiche Sonderorganisationen erreicht und sie zu programmatischen Anpassungen veranlasst. 8 tik neben den Stärken auch die Schwächen dieser dem UN-Sekretariat nachgeordneten Behörde deutlich werden. Einerseits gehörte UNEP von Anfang an zu den wichtigsten Wegbereitern und Begleitern der internationalen Klimapolitik. Andererseits ist es strukturell und politisch nicht in der Lage, ihre Ausdifferenzierung und Umsetzung maßgeblich mitzugestalten und steht seit Inkrafttreten der Klimarahmenkonvention und dem Aufbau des UN-Klimasekretariats faktisch am Rand. Generell findet sich UNEP in der undankbaren Position, immer wieder seine Bedeutung als zentrales umweltpolitisches Organ der Vereinten Nationen bestätigt zu bekommen, ohne aber von den Mitgliedstaaten die Kompetenzen und Mittel zu erhalten, um den damit verbundenen Erwartungen gerecht werden zu können.31 So bleibt UNEP kaum mehr zu tun, als die Wechselwirkungen zwischen dem Klimawandel und den in seiner Zuständigkeit verbleibenden Umweltproblemen zu untersuchen und »als legitime Stimme der Umwelt innerhalb des gesamten UN-Systems«32 das globale Bewusstsein dafür zu schärfen. Dazu leistet UNEP gleichwohl Beachtliches. In der Beobachtung und Bewertung globaler und regionaler Umwelttrends hat es sich zur führenden Autorität unter den zwischenstaatlichen Organisationen entwickelt, wie der inzwischen vierte Bericht ›Global Environment Outlook‹ belegt.33 Einer aktiveren Rolle bei der Bearbeitung der identifizierten Probleme, die UNEP zum Beispiel als ausführende Organisation der Globalen Umweltfazilität (GEF) einnehmen könnte, stehen aber formal das nichtoperative Mandat des Umweltprogramms und faktisch die darin begründeten Kapazitätsengpässe entgegen. Hier verfügt das UN-Entwicklungsprogramm UNDP, das in den allermeisten Entwicklungsländern eigene Büros unterhält und als operativer Arm der Vereinten Nationen unmittelbar an der Umsetzung zahlreicher Programme und Projekte beteiligt ist, über eindeutige komparative Vorteile. Eine klimapolitische Bewertung der Aktivitäten des Entwicklungsprogramms muss zwangsläufig ambivalent ausfallen. Schon wegen der vielfältigen Projekte, die die absehbaren Auswirkungen des Klimawandels berücksichtigen müssten, zum Beispiel im Wassersektor, ist die klimapolitische Relevanz des UNDP kaum zu überschätzen, wie ja auch der aktuelle Bericht über die menschliche Entwicklung unterstreicht.34 Oft treten jedoch Widersprüche zwischen Entwicklungszielen und klimapolitischen Erfordernissen auf, zum Beispiel bei der Energieversorgung, einem für UNDP wichtigen Aufgabenfeld. Eine systematische Berücksichtigung der Klimaproblematik bei der Vergabe von UNDP-Mitteln steht gegenwärtig bestenfalls am Anfang.35 Es bleibt abzuwarten, in wie weit der im Jahr 2005 vom UNEP-Verwaltungsrat verabschiedete Strategieplan, durch den UNEP in die Lage versetzt wer- den soll, Entwicklungsländer stärker als bisher beim Aufbau umweltpolitischer Kapazitäten zu unterstützen, und eine verbesserte Zusammenarbeit zwischen UNDP und UNEP den Schwächen beider Programme entgegenwirken können.36 Das gilt insbesondere für die von UNDP-Administrator Kemal Dervis und UNEP-Exekutivsekretär Achim Steiner auf der Weltklimakonferenz von Nairobi 2006 vorgestellte Partnerschaft zum Klimaschutz.37 In deren Rahmen wollen UNEP und UNDP Entwicklungsländer unter anderem gezielt in der Nutzung des ›Clean Development Mechanism‹ unterstützen, einem der zentralen Politikinstrumente des Kyoto-Protokolls, über das die Industrieländer die Nutzung klimafreundlicher Technologien in den Entwicklungsländern finanzieren. Erwachen der Sonderorganisationen Die klimapolitischen Diskussionen der vergangenen Jahre haben inzwischen auch zahlreiche Sonderorganisationen der Vereinten Nationen erreicht und sie zu programmatischen Anpassungen veranlasst. Wie schon bei UNDP lässt sich hier von einem langsamen Erwachen schlafender Riesen sprechen. Angesichts der Trägheit großer internationaler Behörden und der organisationssoziologisch zu erwartenden Abwehrreflexe gegenüber dem Meta-Thema Klimawandel kann dies nicht überraschen. Entscheidend ist, dass auch die Sonderorganisationen erkennen, dass der Klimawandel die Rahmenbedingungen internationaler Zusammenarbeit in nahezu allen Politikfeldern dauerhaft verändert. Zum Beispiel zeigt sich aus Sicht der Weltgesundheitsorganisation WHO, dass klimabedingt zunehmende Hitzewellen, Überflutungen und Dürren bekannte Gesundheitsrisiken absehbar erhöhen werden. Hinzu kommt der zentrale Einfluss des Klimas auf die Ausbreitung vieler lebensgefährlicher Krankheiten wie Malaria, Dengue-Fieber oder Durchfallerreger.38 Um die gesundheitliche Anfälligkeit der Menschen gegenüber dem Klimawandel zu vermindern, bedarf es nach Einschätzung der WHO vor allem einer verbesserten Gesundheitsaufklärung und verbesserter medizinischen Einrichtungen, insbesondere in den Entwicklungsländern. Gemeinsam mit UNDP hat die WHO im Jahr 2006 ein Pilotprojekt aufgelegt, das aus der Globalen Umweltfazilität finanziert wird und praktische Maßnahmen zum Schutz der Gesundheit unter den Bedingungen des Klimawandels erarbeiten und möglichst viele verschiedene klimabedingte Gesundheitsrisiken erfassen und bewerten soll.39 Langfristig soll das Projekt ausgeweitet und die in der Pilotphase gewonnen Erkenntnisse auf andere Länder übertragen werden. Mit Blick auf die gesundheitlichen Auswirkungen des Klimawandels in Industrieländern hat außerdem das europäische Regionalbüro der WHO in den vergangenen Jahren unterschiedliche InitiatiVEREINTE NATIONEN 1/2008 Bauer | »Admit that the Waters Around You Have Grown« ven angestoßen, um die öffentlichen Gesundheitssysteme besser auf extreme Wetterereignisse vorzubereiten, wie die Hitzewelle des Jahres 2003, die allein in Frankreich und Italien mehrere tausend Todesopfer forderte.40 Vielen Sonderorganisationen wird erst langsam klar, dass auch sie sich mit dem Klimawandel befassen müssen. So wird die Welternährungsorganisation FAO ihre Szenarien und Modelle zur globalen Nahrungsmittelproduktion stärker als bisher mit langfristigen Klimatrends abstimmen müssen, die UNOrganisation für industrielle Entwicklung UNIDO könnte eine wichtige Rolle bei der Förderung klimafreundlicher Technologien in Entwicklungsländern spielen, die UN-Tourismusorganisation UNWTO wird Antworten auf Küstenerosion finden müssen, um nur einige Beispiele zu nennen. diges, ›weiches‹ Thema zu betrachten scheint.43 Auch die deutsche UN-Forschung wird nicht umhin kommen, sich stärker als bisher mit den Zusammenhängen zwischen der Organisation internationaler Beziehungen und dem Phänomen eines globalen Umweltwandels zu befassen. Der Klimawandel wird sich nicht als vorübergehendes Modethema erweisen, seine Bedeutung für die unterschiedlichsten Handlungsfelder der Vereinten Nationen im Gegenteil weiter zunehmen. The times they are a-changin’. Die Eindämmung der globalen Erwärmung auf ein noch beherrschbares Maß erfordert zwingend die internationale Zusammenarbeit. Fazit Der Klimawandel stellt unzweifelhaft eine globale Herausforderung dar, die kein Staat jemals allein wird bewältigen können. Die Eindämmung der globalen Erwärmung auf ein noch beherrschbares Maß erfordert daher zwingend die internationale Zusammenarbeit. Zwar bleibt es fraglich, ob »unser Planet je gegen unsere Zerstörungskraft geschützt werden kann«.41 Aber es ist schwer vorstellbar, dass das dazu erforderliche Maß zwischenstaatlicher Kooperation außerhalb der Vereinten Nationen erreicht werden kann. Die Suche nach wirkungsmächtigeren Alternativen mag bisweilen wünschenswert erscheinen, lenkt aber von den drängenden Erfordernissen des Klimaschutzes nur ab. Angesichts der knappen Zeit, die verbleibt, um die vom Menschen verursachten Treibhausgasemissionen nennenswert zu reduzieren, erscheint es müßig, die grundsätzliche Befähigung der Weltorganisation zu diskutieren. Stattdessen stellt sich die keineswegs neue Frage, ob die kollektive ökologische Bedrohung ausreicht, die Mitgliedstaaten erkennen zu lassen, »dass sie mehr gewinnen als verlieren, wenn sie die Vereinten Nationen in den Stand setzen, Aufgaben zu übernehmen, die kein Land allein erledigen kann«.42 Parallel zur Umsetzung des Bali-Aktionsplans durch die Weltklimakonferenzen in Poznan 2008 und Kopenhagen 2009 müssen die Vereinten Nationen deshalb beginnen, sich insgesamt auf die unterschiedlichen Herausforderungen des Klimawandels einzustellen. Dabei ist es wichtig, nicht in Aktionismus zu verfallen, sondern institutionelle Veränderungen anzustoßen, mit denen der Klimawandel als langfristiger Parameter der jeweiligen Aktivitäten der vielfältigen Programme, Fonds und Sonderorganisationen berücksichtigt werden kann. Es stimmt vor diesem Hintergrund bedenklich, dass der internationale Mainstream der UN-Forschung den Klimawandel noch immer als randstänVEREINTE NATIONEN 1/2008 31 Vgl. Steffen Bauer, Die Reform der Vereinten Nationen und die Umweltpolitik: Das UNEP zwischen Anspruch und Wirklichkeit, in: Eckart Klein/Helmut Volger (Hrsg.), Chance für eine Reform der Vereinten Nationen?, Potsdam 2006, S. 117–131. 32 Achim Steiner, Zukunftsaufgabe globaler Umweltschutz. Das UNEP vor neuen Herausforderungen, VN, 6/2006, S. 232–237, hier S. 237. 33 UNEP, GEO-4: Environment for Development, Nairobi 2007, vgl. die Buchkritik von Udo E. Simonis, S. 32–34, in diesem Heft. 34 UNDP, a.a.O. (Anm. 6). 35 In Craig N. Murphys umfassender Geschichte des UNDP findet die Klimapolitik noch keine Erwähnung, der Umweltpolitik ist unter der bezeichnenden Überschrift ›New Sources of Funding‹ ein kurzes Unterkapitel gewidmet (Craig N. Murphy, The United Nations Development Programme: A Better Way?, Cambridge 2005), vgl. die Buchkritik von Manfred Kulessa, S. 35–36, in diesem Heft; vgl. Frank Biermann/Steffen Bauer, UNEP und UNDP. Expertise für das WBGU-Hauptgutachten »Armutsbekämpfung durch Umweltpolitik«, Berlin 2004, http:// www.wbgu.de/wbgu_jg2004_ex02.pdf 36 Vgl. Steiner, a.a.O. (Anm. 32), S. 236. 37 Siehe UN Doc. UNEP/GC/24/INF/19 v. 13.12.2006. 38 Vgl. IPCC (WG II), a.a.O. (Anm. 1), Chapter 8: Climate and Human Health Impacts. 39 Siehe http://www.who.int/globalchange/climate/gefproject/en/ index.html 40 Siehe etwa die Projekte EUROHeat http://www.euro.who.int/ globalchange/Topics/20050524_2 und ›Climate Change and Adaptation Strategies for Human Health in Europe (eCASHh)‹ http://www. euro.who.int/globalchange/Assessment/20070403_1 41 Paul Kennedy, Parlament der Menschheit. Die Vereinten Nationen und der Weg zur Weltregierung, München 2007, S. 196. 42 Kennedy, a.a.O. (Anm. 41), S. 323. 43 Vgl. die Sammelrezension ›Parlament der Menschheit? Die Vereinten Nationen auf dem Prüfstand‹, Steffen Bauer und Julia Leininger, Internationale Politik, 62. Jg., 12/2006, 133–136. 9 Biermann · Boas | Für ein Protokoll zum Schutz von Klimaflüchtlingen Für ein Protokoll zum Schutz von Klimaflüchtlingen Global Governance zur Anpassung an eine wärmere Welt* Frank Biermann · Ingrid Boas Prof. Dr. Frank Biermann, geb. 1967, ist Leiter der Abteilung für Umweltpolitikanalyse am Institut für Umweltstudien (IVM) der Vrije Universiteit Amsterdam und Direktor der Netherlands Research School for Socio-economic and Natural Sciences of the Environment (SENSE). Ingrid Boas, geb. 1984, ist Wissenschaftliche Mitarbeiterin der Abteilung für Umweltpolitikanalyse am Institut für Umweltstudien (IVM) der Vrije Universiteit Amsterdam, Niederlande. 10 Der Klimawandel könnte die größte Flüchtlingskrise in der Geschichte der Menschheit auslösen. Über 200 Millionen Menschen, insbesondere in Afrika und Asien, könnten im Laufe des Jahrhunderts gezwungen werden, ihre Heimat zu verlassen, um an anderen Orten oder in anderen Ländern Schutz zu suchen. Die bestehenden Institutionen, Organisationen und Finanzierungsmechanismen sind jedoch nicht geeignet, um mit dieser drohenden Krise umzugehen. Die Autoren stellen einen Entwurf für ein Rechtsinstrument und einen Finanzierungsmechanismus zum Schutz und zur langfristigen und geplanten Umsiedlung von Klimaflüchtlingen vor. Klimaflüchtlinge: eine drohende Krise Im August 2006 organisierte die Republik der Malediven eine erste Konferenz von Vertretern von Regierungen sowie nichtstaatlichen und zwischenstaatlichen Organisationen zu einem Thema, das politisch noch kaum behandelt wird: den Schutz von ›Klimaflüchtlingen‹. Die Malediven, die nur wenig über dem Meeresspiegel liegen, haben hiermit eine Debatte angestoßen, die das nationale Überleben ihres Inselstaates besonders betrifft. Doch darüber hinaus geht es um eine drohende Krise von weltpolitischem Ausmaß. Manchen Schätzungen zufolge müssen gut 200 Millionen Menschen um das Jahr 2050 wegen der Erderwärmung ihre Heimat aufgeben und damit zu Klimaflüchtlingen werden. Derartige Schätzungen sind zwar mit Vorsicht zu betrachten, da sie von den Annahmen der jeweils zugrundeliegenen Zukunftsszenarien abhängen (zum Beispiel über die Entwicklung des Bevölkerungswachstums, des Wirtschaftswachstums, des Klimasystems oder die Trends beim Ausstoß von Treibhausgasen).1 Doch stimmen die meisten Analysen derzeit darin überein, dass die steigende Konzentration von Treibhausgasen in der Atmosphäre und die hieraus folgende Erderwärmung mehrere hundert Millionen Menschen in Gefahr bringen könnten. Viele dieser Klimaflüchtlinge werden aus Asien kommen, das aufgrund der dicht bevölkerten Küstenebenen besonders anfällig für Klimafolgeschäden wie Wirbelstürme, Sturmfluten und ein Ansteigen des Meeresspiegels ist.2 Die Zahl der Klimaflüchtlinge allein aus Bangladesch könnte um das Jahr 2050 herum die Zahl aller heutigen Flüchtlinge weltweit übertreffen.3 Millionen von Menschen werden auch durch Wasserknappheit und Dürre ernsthaft bedroht. Ähnliches gilt für Afrika.5 Heute leiden 14 afrikanische Länder unter Wasserknappheit. Bis zum Jahr 2030 könnten es 25 sein. Viele Inseln in den Tropen, die nur knapp über dem Meeresspiegel liegen, sind von zunehmender Küstenerosion und teils vom Untergang bedroht,7 auch wenn hier wegen insgesamt geringerer Bevölkerungszahlen weniger Menschen bedroht sind als in den großen Küstenebenen Afrikas und Asiens. Mit Blick auf diese zu erwartenden Ströme von Millionen von Klimaflüchtlingen aus den Küstengebieten Asiens und Afrikas ins Hinterland oder aus den trockenen Regionen in günstigere Klimazonen wirkt das gegenwärtige internationale Regime zum Schutz von Flüchtlingen wenig vorbereitet. Im Jahr 2006 fielen unter das Regime der Genfer Flüchtlingskonvention von 1951 und des Amtes des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge (UNHCR) nur 9,9 Millionen Flüchtlinge.8 Es ist zu bezweifeln, dass das bestehende Regime geeignet ist, einen Flüchtlingsstrom zu bewältigen, der um das Jahr 2050 möglicherweise 20 Mal größer sein wird als die gegenwärtig von UN-Organisationen erfassten Menschen. Kein Zusatzprotokoll zur Genfer Flüchtlingskonvention Zum einen sind Klimaflüchtlinge schon rechtlich vom gegenwärtigen Regime ausgeschlossen. Die Genfer Konvention und ihr Zusatzprotokoll von 1967 berücksichtigen lediglich Flüchtlinge, die aus ihrem eigenen Land fliehen, weil sie dort staatlich verfolgt werden. Dabei werden nur eine eng begrenzte Zahl von Fluchtgründen zugrunde gelegt, vor allem Verfolgung aufgrund von politischer und religiöser Überzeugung und Aktivitäten. Klimaflüchtlinge sind hier nicht erfasst. Auf der Konferenz auf den Malediven vom August 2006 wurde deshalb ein Entwurf für ein Zusatzprotokoll für die Genfer Flüchtlingskonvention vorgestellt, um auch Klimaflüchtlinge unter das Regime zu fassen.9 Der rechtliche Charakter des Protokollentwurfs, der auf dieser Konferenz formuliert wurde, bleibt unklar und liefert unseres Erachtens weder eine umsetzbare noch eine wirksame Lösung des Problems.10 Schon die politische Umsetzungschance dieses Vorschlags ist mehr als unwahrscheinlich. Die meisten Regierungen tendieren derzeit eher zu einer restriktiven Auslegung und Anwendung der Genfer Konvention. Eine Ausweitung der Konvention um eine weitere Kategorie von Flüchtlingen, deren Zahl der Hälfte der Bevölkerung Europas entsprechen könnte, ist nicht anzunehmen. Auch würde die AusVEREINTE NATIONEN 1/2008 Biermann · Boas | Für ein Protokoll zum Schutz von Klimaflüchtlingen weitung des Flüchtlingsbegriffs der Genfer Konvention problematische moralische Konsequenzen mit sich bringen, da der Schutz gegenwärtiger politischer Flüchtlinge mit ihren besonderen Bedürfnissen gefährdet wäre.11 Es ist zudem unwahrscheinlich, dass durch die Änderung und Ausweitung der Genfer Konvention ein effektives Schutzregime geschaffen werden würde, mit dem eine 20-fach größere Zahl an Flüchtlingen versorgt werden kann. Vor allem aber wird dieser Vorschlag dem besonderen Charakter und den Bedürfnissen von Klimaflüchtlingen im Vergleich zu politischen Flüchtlingen nicht gerecht. Klimaflüchtlinge werden nicht von ihrem eigenen Staat verfolgt, sondern können im Grundsatz weiterhin dessen Schutz genießen, soweit die staatliche Leistungsfähigkeit (noch) reicht. Der Schutz von Klimaflüchtlingen ist daher im Kern ein entwicklungspolitisches Problem. Für die betroffenen Menschen sind umfangreiche, langfristig geplante Programme zur Umsiedlung innerhalb ihres eigenen Landes erforderlich. Sie müssen oft zusammen mit Anpassungsprogrammen für andere Bevölkerungsgruppen durchgeführt werden, die zwar nicht evakuiert, aber etwa durch verstärkte Küstenbefestigungen geschützt werden können. Nicht das UNHCR, sondern andere internationale Organisationen, insbesondere das Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen (UNDP) oder die Weltbank werden die Hauptlast des Klimaflüchtlingsproblems tragen müssen. Das Amt des Hohen Flüchtlingskommissars wird eine Rolle spielen müssen, doch kaum eine zentrale. Klimaflüchtlinge sind schutzbedürftig und benötigen internationale Hilfe. Doch unterscheidet sich diese Art von Hilfeleistung von den Bedürfnissen politischer Flüchtlinge, die ihr Heimatland aus Angst vor staatlicher Verfolgung verlassen müssen. Die rechtlichen und politischen Schutzmechanismen beider Arten von Flüchtlingen müssen sich daher unterscheiden. Eine Ausweiterung der Genfer Konvention würde unnötigerweise zwei unterschiedliche Gruppen von Betroffenen vermischen. ten. Das Protokoll könnte durch eine Anbindung an das Klimaregime die notwendige Einbeziehung der Erkenntnisse der Klimaforschung in den Entscheidungsprozess verbessern. * Dieser Beitrag beruht auf dem längeren Arbeitspapier: Frank Biermann und Ingrid Boas, Preparing for a Warmer World: Towards a Global Governance System to Protect Climate Refugees, Working Paper No. 33, November 2007, Global Governance Project, über http://www. glogov.org 1 Vgl. für eine ausführliche Darstellung des Sachstands: Biermann und Boas, a.a.O. (Anm. *). Die Schätzung von 200 Millionen Menschen geht zurück auf Berechnungen von Norman Myers, Environmental Refugees: A Growing Phenomenon of the 21st Century, Philosophical Transactions: Biological Sciences, 357 Jg., H. 1420, April 2002, S. 609– 613, hier S. 609 und 611. 2 Vgl. u.a. Robert J. Nicholls, Frank M. J. Hoozemans und Marcel Marchand, Increasing Flood Risk and Wetland Losses Due to Global Sea-level Rise: Regional and Global Analyses, Global Environmental Change, 9. Jg., 1999, S. 69–87, hier S. 80. 3 Myers zum Beispiel schätzt, dass 26 Millionen Klimaflüchtlinge aus Bangladesch kommen werden. Vgl. Myers, a.a.O. (Anm. 1), S. 611. 4 Vgl. u.a. Rachel Warren et al., Understanding the Regional Impacts of Climate Change, Forschungsbericht für das ›Stern Review on the Economics of Climate Change‹, Tyndall Centre Working Paper No. 90, Norwich 2006. 5 Vgl. Nicholls, Hoozemans und Marchand, a.a.O. (Anm. 2), S. 71; Vgl. Norman Myers und Jennifer Kent, Environmental Exodus. An Emergent Crisis in the Global Arena, Climate Institute, Washington, DC 1995, S. 151–153, hier S. 148; Vgl. u.a. Warren et al., a.a.O. (Anm. 4), S. 18. 6 Vgl. Tearfund, Fleeing the Heat, Teddington 2006, S. 12. 7 Vgl u.a. Nicholls, Hoozemans und Marchand, a.a.O. (Anm. 2), S. 81; N. W. Arnell et al., The Consequences of CO2 Stabilization for the Impacts of Climate Change, Climate Change, 53. Jg., 2002, S. 413–446, hier S. 414, 429 und 431. 8 United Nations High Commissioner for Refugees (UNHCR), 2006 Global Trends: Refugees, Asylum-seekers, Returnees, Internally Displaced and Stateless Persons, Genf 2007, S. 4–5. Dies ist eine eher eingeschränkte Zahl. Wie das UNHCR schreibt: »Rund 4,3 Millionen paläs- Für ein eigenes Regime zum Schutz von Klimaflüchtlingen tinensische Flüchtlinge, die unter das Mandat des UN-Hilfswerks für Palästinaflüchtlinge im Nahen Osten (UNRWA) fallen, sind zum Beispiel im Bericht nicht enthalten.« S. 2. Aus diesen Gründen plädieren wir für ein eigenes Regime für Klimaflüchtlinge in Form eines Zusatzprotokolls zur Klimarahmenkonvention der Vereinten Nationen. Dieses ist am besten geeignet, Klimaflüchtlinge anzuerkennen, ihnen Schutz zu gewähren und ihre Umsiedlung auf freiwilliger Basis zu gewährleisten: ein ›Protokoll für die Anerkennung, den Schutz und die Umsiedlung von Klimaflüchtlingen‹ (fortan Klimaflüchtlingsprotokoll). Solch ein Protokoll könnte sich auf weithin vereinbarte Grundsätze der Klimapolitik stützen, wie den Grundsatz gemeinsamer, aber differenzierter Verantwortlichkeit und den Grundsatz der Erstattung der vollen MehrkosVEREINTE NATIONEN 1/2008 9 Republic of Maldives (Ministry of Environment, Energy and Water), Report on the First Meeting on Protocol on Environmental Refugees: Recognition of Environmental Refugees in the 1951 Convention and 1967 Protocol Relating to the Status of Refugees, Male, Malediven, 14.–15.8.2006, Archiv Frank Biermann. 10 Siehe auch Fabrice Renaud et al., Control, Adapt or Flee: How to Face Environmental Migration?, Interdisciplinary Security Connections No. 5, Universität der Vereinten Nationen, Institut für Umwelt und menschliche Sicherheit (UNU-EHS), Bonn 2007, S. 34. 11 JoAnn McGregor, Climate Change and Involuntary Migration: Implications for Food Security, Food Policy, 19. Jg., 2/1994, S. 128.; Gaim Kibreab, Environmental Causes and Impact of Refugee Movements: A Critique of the Current Debate, Disasters, 21. Jg., 1/1997, S. 21. 11 Biermann · Boas | Für ein Protokoll zum Schutz von Klimaflüchtlingen Der Klimawandel ist ein globales Problem, sowohl was die Ursachen als auch was die Folgen angeht, und die Industriestaaten tragen den Löwenanteil der Verantwortung für seine Opfer. Im Kern eines Klimaflüchtlingsregimes stünden keine Programme des Katastrophenschutzes, sondern die geplante und freiwillige Umsiedlung über Jahrzehnte hinweg. 12 Ein eigenes Regime für die Anerkennung, den Schutz und die Umsiedlung von Klimaflüchtlingen muss auf Grundsätzen aufbauen, die auf das spezifische Problem von Klimaflüchtlingen zugeschnitten sind und dessen politische, rechtliche und ethische Dimensionen umfassen. Wir schlagen fünf Grundsätze als Grundlage für die institutionelle Entwicklung des Regimes vor: 1. Umsiedlung statt zeitlich begrenztes Asyl. Klimaflüchtlinge können nicht in ihre Heimat zurückkehren. Daher muss die zugrunde liegende Annahme des gegenwärtigen Flüchtlingssystems, dass Flüchtlinge zurückkehren können, sobald die staatliche Verfolgung in ihren Heimatländern beendet ist, durch eine institutionelle Struktur ersetzt werden, die Klimaflüchtlinge als dauerhafte Einwanderer der sie aufnehmenden Regionen oder Länder betrachtet. 2. Langfristige Planung von Umsiedlungsprogrammen. Auch wenn sich die Auswirkungen des Klimawandels vor allem in unvorhersehbaren Katastrophen, wie Stürmen, Fluten oder Dürren, manifestieren werden, können Ausmaß und Häufigkeit solcher Katastrophen vorausgesehen werden. Die daraus resultierende Notwendigkeit, besonders gefährdete Siedlungsgebiete zu verlassen, ist prognostizierbar. Die Ströme von Klimaflüchtlingen können daher besser organisiert werden als bei Opfern politischer Unruhen oder von Kriegen. Sie können geplant werden. Mit Programmen zur geplanten, freiwilligen Um- und Wiederansiedlung für bestimmte Bevölkerungsgruppen – manchmal über viele Jahre und Jahrzehnte – kann man dem Problem daher viel besser gerecht werden als bei spontanen Fluchtbewegungen. Im Kern eines Klimaflüchtlingsregimes stünden daher keine Programme des Katastrophenschutzes, sondern die geplante und freiwillige Umsiedlung über Jahrzehnte hinweg. 3. Kollektive Rechte für Bevölkerungen. Die Genfer Konvention beruht auf individueller Verfolgung. Dies umfasst zwar auch quasi-kollektive Ansprüche – zum Beispiel, wenn ganze ethnische oder religiöse Gruppen in einem Land als verfolgt gelten – aber das System ist hauptsächlich auf die staatliche Verfolgung von Individuen ausgelegt. Ein Klimaflüchtlingsregime müsste stattdessen auf regional definierte Gruppen von Menschen, wie Einwohner bestimmter Dörfer, Städte, Bezirke bis hin zu – wie im Falle kleiner Inseln – ganzer Nationen zugeschnitten werden. 4. Internationale Unterstützung für nationale Maßnahmen. Klimaflüchtlinge genießen im Prinzip den Schutz ihrer Heimatländer, und in vielen Fällen werden schwere Schäden des Klimawandels nur Teile eines Landes betreffen. Daher wird ein internationales Klimaflüchtlingsregime weniger auf den Schutz von Menschen außerhalb ihrer Staaten, sondern eher auf die Unterstützung ihrer eigenen Regierungen, Gemeinden und öffentlichen Hilfseinrichtungen abzielen. Bei der organisatorischen Herausforderung, Kli- maflüchtlinge zu schützen und umzusiedeln, geht es daher im Kern um internationale Unterstützung und Finanzierung für nationale Hilfs- und Umsiedlungsmaßnahmen in Ländern, die Hilfe angefordert haben. 5. Internationale Lastenverteilung. Der Klimawandel ist ein globales Problem, sowohl was die Ursachen als auch was die Folgen angeht, und die Industriestaaten tragen den Löwenanteil der Verantwortung für seine Opfer. Daher liegt es nahe, auch zum Schutz von Klimaflüchtlingen institutionelle Elemente vorhandener Klimavereinbarungen zu übernehmen. Diese könnten zum Beispiel den Grundsatz gemeinsamer, aber differenzierter Verantwortlichkeit und entsprechender Kapazitäten umfassen (so dass reichere Staaten höhere Kosten für den Schutz von Klimaflüchtlingen tragen müssen) wie auch den Grundsatz der Erstattung der vollen Mehrkosten eines betroffenen Landes für die Umsiedlung von Klimaflüchtlingen durch die internationale Gemeinschaft. Der Begriff Klimaflüchtling Einige zwischenstaatliche Organisationen, wie die Internationale Organisation für Migration (IOM) und das UNHCR, scheinen den Begriff Klimaflüchtling oder Umweltflüchtling abzulehnen, weil er bestimmte Rechte unter der Genfer Flüchtlingskonvention suggeriert. Hier wird der Begriff ›Flüchtling‹ oft auch auf grenzüberschreitende Flucht beschränkt, da die Genfer Konvention auf Personen begrenzt ist, die keinen Schutz durch ihr Heimatland genießen, sondern von diesem verfolgt werden. Deshalb bevorzugen manche internationale Organisationen den Begriff der ›Umweltvertriebenen‹ (environmentally displaced persons).12 Dieser könnte Klimaflüchtlinge umfassen, von denen viele noch den Schutz ihrer Heimatstaaten genießen, zumindest im Prinzip.13 Das Amt des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Menschenrechte definiert Binnenvertriebene als »Personen oder Personengruppen, die gezwungen wurden zu fliehen oder ihre Häuser oder gewöhnlichen Aufenthaltsorte zu verlassen, insbesondere als Folge von bewaffneten Konflikten, Situationen allgemeiner Gewalt, Menschenrechtsverletzungen oder von natürlichen oder von Menschen gemachten Katastrophen oder um den Folgen dieser zu entgehen und die keine international anerkannte Staatsgrenze überschritten haben«.14 Ähnlich definierte die IOM Umweltvertriebene.15 Das Sekretariat der Klimarahmenkonvention scheint dieser Sprachregelung zu folgen. So vermied der Exekutivsekretär der Klimarahmenkonvention in einer Presseerklärung den Begriff ›Flüchtling‹ und sprach stattdessen von ›Umweltvertriebenen‹.16 Andererseits war es das UN-Umweltprogramm, das den Begriff Umwelt-›Flüchtling‹ bereits im Jahr 1985 bekannt machte.17 Ebenso benutzt die ›Agenda 21‹, auf die sich fast alle Regierungen auf der UNKonferenz über Umwelt und Entwicklung in Rio im VEREINTE NATIONEN 1/2008 Biermann · Boas | Für ein Protokoll zum Schutz von Klimaflüchtlingen Jahr 1992 geeinigt haben, an mehreren Stellen den Begriff ›Umweltflüchtlinge‹.18 Auch in einigen nationalen Politikdebatten scheint die Bezeichnung Akzeptanz zu finden. Beispielsweise schlug Australiens Labor Party im Oktober 2006 eine internationale Koalition vor, um ›Klimaflüchtlinge‹ aus der Pazifikregion aufzunehmen19 – als Reaktion auf die Haltung der damaligen australischen Regierung, die den Begriff Klimaflüchtlinge ablehnte.20 Australiens Grüne legten im Jahr 2007 einen Änderungsentwurf für das Migrationsgesetz bezüglich ›Klimaflüchtlingen‹ vor. Dieser Gesetzesentwurf definiert Klimaflüchtlinge allgemein als »durch eine Umweltkatastrophe, die aus rasch fortschreitenden ökologischen und klimatischen Veränderungen und Zerstörungen resultiert. Diese umfassen das Ansteigen des Meeresspiegels, Küstenerosion, Wüstenbildung, Zusammenbrechen von Ökosystemen, Trinkwasserverschmutzung, häufigeres Auftreten extremer Wetterereignisse, wie Zyklone, Tornados, Fluten oder Dürren, vertriebene Personen; das bedeutet, dass es Einwohnern unmöglich ist, ein sicheres oder zukunftsfähiges Leben in ihrer unmittelbaren Umwelt zu führen.«21 Somit gibt es im Bereich der öffentlichen Politik keinen Konsens über eine angemessene Terminologie. Wir sehen vor allem zwei Gründe, die gegen eine eingeschränkte Definition des Flüchtlingsbegriffs sprechen. Erstens hilft die Unterscheidung zwischen grenzüberschreitender Flucht und Binnenflucht, die ein Kernelement des Flüchtlingskonzepts des UNHCR ist, nicht weiter, da es in der Tat (auch) zu grenzüberschreitender Flucht aufgrund des Klimawandels kommen wird. Einige Inselstaaten werden im wahrsten Sinne des Wortes untergehen, und manche Staaten, besonders die von Dürren betroffenen, könnten durch das Ausmaß ihrer prekären Lage überfordert werden. Diese Menschen werden Zuflucht außerhalb ihres Heimatlands finden müssen. Einige Klimaflüchtlinge werden daher Grenzen überschreiten (müssen), auch wenn die meisten in ihren Heimatländern bleiben können. Es ist schwierig zu begründen, dass ein globaler Regelungsmechanismus Klimaflüchtlingen eine andere Rechtsstellung und Bezeichnung verleiht, je nachdem, ob sie eine Grenze überschreiten oder nicht. Zweitens besteht a priori kein Grund, den stärkeren Begriff des ›Flüchtlings‹ für eine Gruppe von Menschen zu reservieren, die im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit nach 1945 standen, und weniger angemessene Begriffe für Menschen zu erfinden, die heute gezwungen werden, ihre Heimat zu verlassen, mit ähnlich gravierenden Folgen. Warum sollten die Einwohner mancher Atolle auf den Malediven, die umgesiedelt werden müssen aufgrund der berechtigten Befürchtung, spätestens im Jahr 2050 überschwemmt zu werden, weniger Schutz erhalten als Menschen, die politische Verfolgung fürchten? Aus diesen Gründen halten wir es für unverzichtbar, den Begriff Klimaflüchtlinge zu gebrauchen. VEREINTE NATIONEN 1/2008 Ausgestaltung des Protokolls über Klimaflüchtlinge Wie könnte dieses Protokoll zur Klimarahmenkonvention zum Schutz von Klimaflüchtlingen konkret ausgestaltet werden? Liste potenziell betroffener Siedlungsgebiete Zum einen müsste das Protokoll einen Exekutivausschuss für die Anerkennung, den Schutz und die Umsiedlung von Klimaflüchtlingen vorsehen, der unter der Weisungsbefugnis der Vertragsstaaten der Klimarahmenkonvention arbeitet (welche mutatis mutandis als Vertragsstaatenkonferenz des Klimaflüchtlingsprotokolls dienen würde). Dieser Exekutivausschuss würde eine Liste führen über bestimmte Verwaltungseinheiten (wie Dörfer, Inseln, Bezirke) unter der Zuständigkeit der Vertragsstaaten, die unmittelbar oder in absehbarer Zeit aufgrund des Klimawandels umgesiedelt werden müssen. Jeder Vertragsstaat des Protokolls wäre berechtigt, Gebiete unter seiner Zuständigkeit zu benennen, die in die Liste betroffener Gebiete aufgenommen werden sollen. Im Einklang mit dem Souveränitätsprinzip der Vereinten Nationen würde über die Aufnahme betroffener Gebiete sowie über die Art der Unterstützung ausschließlich auf offiziellen Antrag der Regierung des betroffenen Gebiets hin entschieden werden. Es besteht kein Grund, den stärkeren Begriff des ›Flüchtlings‹ für eine Gruppe von Menschen zu reservieren, die im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit nach 1945 standen. 12 UNHCR, Environmental migrants and refugees, Refugees, Jg. 127, 2002 (hrsg. von Ray Wilkinson), S. 12–13, hier S. 13; siehe auch: David Keane, The Environmental Causes and Consequences of Migration: A Search for the Meaning of ›Environmental Refugees‹, Georgetown International Environmental Law Review, 16. Jg., 2/2004, S. 209–223, hier S. 215–217. 13 Vgl. Keane, a.a.O. (Anm. 12), S. 215–217. 14 Office of the High Commissioner for Human Rights, Guiding Principles on Internal Displacement, UN-Dok. E/CN.4/1998/53/Add.2 v. 11.2.1998; Siehe auch Keane, a.a.O. (Anm. 12), S. 217. 15 International Organization for Migration, Environmentally-Induced Population Displacements and Environmental Impacts Resulting from Mass Migration (International Symposium), Genf, 21.–24.4.1996, S. 4; Keane, a.a.O. (Anm. 12), S. 215. 16 Yvo de Boer, Exekutivsekretär der Klimarahmenkonvention, ›UNFCCC Executive Secretary Says Significant Funds Needed to Adapt to Climate Change Impacts‹, UNFCCC-Presseerklärung, 6.4.2007. 17 Essam El-Hinnawi, Environmental Refugees, UNEP, Nairobi 1985. 18 Vereinte Nationen, Agenda 21: Das Aktionsprogramm der Vereinten Nationen von Rio de Janeiro, 1992. Vgl. Kapitel 12, insbesondere 12.4, 12.46 und 12.47. Text: http://www.agrar.de/agenda/agd21k00.htm 19 Australian Labor Party, Labor Calls for International Coalition to Accept Climate Change Refugees, Presseerklärung, 9.10.2006. 20 Renaud et al., a.a.O. (Anm. 10), S. 20–21. 21 Senator Kelly Nettle, Climate Change Refugees, Presseerklärung 2007, http://www.kerrynettle.org.au/300_campaigns_sub.php?&dept ItemID=51 13 Biermann · Boas | Für ein Protokoll zum Schutz von Klimaflüchtlingen Exekutivausschuss Die betroffenen Menschen würden besondere Rechte und Unterstützung, einschließlich für den Erwerb neuen Landes, erhalten. Ein eigenes Regime für Klimaflüchtlinge wird lediglich, in einem separaten Rechtsdokument, eine neue Art von Schutz für eine neue, anders definierte Art von Flüchtlingen hinzufügen. Auch wenn über die Zusammensetzung und Verfahrensweisen dieses Exekutivausschusses in den Verhandlungen vermutlich hart gerungen werden wird, mag es hilfreich sein, sich ein Beispiel zu nehmen, etwa am Montrealer Protokoll über Stoffe, die zum Abbau der Ozonschicht führen. Dem Beispiel folgend könnte der Exekutivausschuss paritätisch mit betroffenen Staaten und Geberländern besetzt werden. Die Beschlüsse würden mit doppelter Mehrheit gefasst werden, das heißt, mit der einfachen Mehrheit der Geberländer und gleichzeitig der einfachen Mehrheit der betroffenen Länder. Dies würde beiden Seiten ein kollektives Vetorecht in Bezug auf die künftige Ausgestaltung des Regimes einräumen. Exekutivausschuss, betroffene Staaten und die Vertragsstaatenkonferenz des Klimaflüchtlingsprotokolls werden auf regelmäßige wissenschaftliche Beratung angewiesen sein, insbesondere bezüglich regionaler Auswirkungen von Klimaänderungen. Daher ist es entscheidend, dass Regierungen, Exekutivausschuss und die Vertragsstaatenkonferenz des Klimaflüchtlingsprotokolls von einem wissenschaftlichen Gremium unterstützt werden. Dies könnte entweder ein Unterorgan des bestehenden Beratungsausschusses der Klimarahmenkonvention sein oder ein neu eingerichtetes Gremium, das nur für das Klimaflüchtlingsprotokoll zuständig ist. Ebenso könnte das IPCC aktuelle Schätzungen zuliefern. Eine Aufnahme in die Liste der Siedlungsgebiete, die unmittelbar oder in absehbarer Zeit aufgrund des Klimawandels aufgegeben werden müssen, könnte unter anderem folgendes nach sich ziehen: die betroffenen Menschen würden besondere Rechte und Unterstützung, einschließlich für den Erwerb neuen Landes, erhalten, und langfristige freiwillige Umsiedlungsprogramme über mehrere Jahre hinweg würden mit internationaler Unterstützung organisiert. Die Bewohner kleiner Inselstaaten würden bei der Auswanderung unterstützt werden, einschließlich von Integrationsprogrammen in ihre neuen Gastländer. Wahrscheinlich werden diese Rechte auf Einwohner von Ländern beschränkt werden können, die nicht in Annex I der Klimarahmenkonvention aufgelistet sind, mithin auf Entwicklungsländer laut der (breiten) Definition des Klimaregimes.22 Abgrenzung zur Genfer Flüchtlingskonvention Neue Rechtsstrukturen für Klimaflüchtlinge können zu Reibungsproblemen mit existierenden Rechtsstrukturen für politische Flüchtlinge unter der Genfer Konvention und anderen Abkommen und nationalen Gesetzen führen. Daher wurde von manchen Beobachtern vorgeschlagen, dass der Flüchtlingsbegriff auf politische Flüchtlinge laut der Definition der Genfer Konvention beschränkt werden müsse. Allerdings gibt es, wie bereits erläutert, a priori keinen Grund, den Flüchtlingsbegriff für Menschen, die auf- 14 grund politischer Verfolgung fliehen, zu reservieren. Eine Unterscheidung zwischen dem Rechtsstatus politischer Flüchtlinge, die durch die Genfer Konvention geschützt werden, und dem Rechtsstatus von Klimaflüchtlingen, die durch ein Klimaflüchtlingsprotokoll geschützt werden, bedarf eines terminologischen Abgleichs innerhalb des UNHCR-Systems, ist aber rechtlich und praktisch unproblematisch. Insbesondere bedarf ein Rechtsdokument für Klimaflüchtlinge keiner Änderung der Genfer Konvention und ihres Protokolls, da diese Dokumente den Flüchtlingsbegriff nur für ihr eigenes Regime definieren.23 Bereits heute arbeiten die regionalen Flüchtlingskonventionen in Afrika und Zentralamerika mit Flüchtlingsdefinitionen, die sich von der Definition der Genfer Konvention unterscheiden, und bieten verschiedenen Arten von Flüchtlingen daher verschiedene Arten von Schutz. Ein eigenes Regime für Klimaflüchtlinge wird lediglich, in einem separaten Rechtsdokument, eine neue Art von Schutz für eine neue, anders definierte Art von Flüchtlingen hinzufügen. Finanzierung Die beste Art der Finanzierung für den Schutz von Klimaflüchtlingen wäre ein eigener Fonds: ein »Fonds zum Schutz und zur Umsiedlung von Klimaflüchtlingen«.24 Während der operative Aspekt dieses Fonds mit anderen finanziellen Mechanismen verbunden werden könnte, um die Effizienz zu erhöhen, sollte die Verwaltung des Fonds unabhängig sein und unter der Aufsicht der Vertragsstaaten des Klimaflüchtlingsprotokolls stehen. Wichtige Fragen für diese neue Einrichtung speziell für Klimaflüchtlinge werden zum einen die Höhe der Finanzierung sein, die von der internationalen Gemeinschaft bereitgestellt werden muss, und zum andern das Finanzierungsprinzip, das ihrem Schutz zugrunde liegt. Für Programme der Klimarahmenkonvention zur Eindämmung von Treibhausgasemissionen haben sich Industriestaaten verpflichtet, Entwicklungsländer für die vereinbarten vollen Mehrkosten zu entschädigen. Ähnliche Vorschriften gelten für die Anpassung. Ferner verpflichtet die Klimarahmenkonvention Industriestaaten, die anfälligsten Länder bei der Übernahme der Anpassungskosten zu unterstützen (Art. 4.4) und räumt den am wenigsten entwickelten Ländern Sonderrechte (Art. 4.9) ein.25 Dies legt nahe, das Prinzip der vollen Mehrkostenerstattung auch auf den Schutz und die Umsiedlung von Klimaflüchtlingen anzuwenden, zumindest in solchen Situationen, in denen der Kausalzusammenhang mit dem Klimawandel unstrittig ist, namentlich der Anstieg des Meeresspiegels. In anderen Situationen, in denen der Klimawandel nur ein Grund für die Verschlechterung der Umwelt ist – zum Beispiel bei Wasserknappheit –, ist das Prinzip der zusätzlichen Finanzierung statt voller Mehrkostenerstattung allerdings eher angemessen. VEREINTE NATIONEN 1/2008 Biermann · Boas | Für ein Protokoll zum Schutz von Klimaflüchtlingen In jedem Fall werden die Kosten freiwilliger Umsiedlung und Wiedereingliederung von Millionen von Menschen, die ihre Inseln, Küstenregionen oder wasserarmen Gebiete verlassen müssen, beträchtlich sein und in kommenden Jahrzehnten wahrscheinlich in Milliardenhöhe (Euro) anfallen. Selbst wenn neuartige Quasi-Steuern wie eine internationale Flugverkehrsabgabe eingeführt würden, wird die Hauptverantwortung für die Finanzierung durch solche Mechanismen bei den Regierungen der Industrieländer liegen. Verwaltung des Protokolls Die Umsiedlung von Millionen von Klimaflüchtlingen im Laufe dieses Jahrhunderts wird nicht nur ein neues Rechtssystem erfordern, sondern auch eine oder mehrere internationale Organisationen, die diese Aufgabe übernehmen. Da klimabedingte Flucht unterschiedliche Gründe hat, ist es unwahrscheinlich, dass eine Organisation allein mit der Aufgabe betraut werden würde. Die bessere Alternative wäre, einen Verbund von Organisationen einzurichten, die als operative Organisationen unter Weisungsbefugnis der Vertragsstaaten des Protokolls die Aufgabe übernehmen. Sie würden in ihrem jeweiligen Kompetenzbereich und abhängig von der Gruppe und den Umständen der Menschen, die der Hilfe und Umsiedlung bedürfen, arbeiten. Eine wichtige Rolle dürfte dem UN-Entwicklungsprogramm und der Weltbank zukommen. Beide kämen als Umsetzungsorganisationen für die geplante freiwillige Umsiedlung von Bevölkerungen, die von den Vertragsstaaten festgelegt werden, in Frage. Obwohl ihm ein starkes operatives Mandat fehlt, könnte auch das UN-Umweltprogramm unschätzbare zusätzliche Unterstützung im Sinne von Forschung, Informationsweitergabe, rechtlicher und politischer Beratung und anderer Kernaufgaben dieser Organisation bereitstellen. Ein kleines, koordinierendes Sekretariat für das Protokoll wäre nötig, möglicherweise als Unterabteilung des UNFCCC-Sekretariats in Bonn. Darüber hinaus wird das Amt des Hohen Kommissars für Flüchtlinge eine Rolle spielen, auch wenn es angesichts der besonderen Charakteristika der Klimaflüchtlingskrise wenig wahrscheinlich ist, dass es die federführende Organisation werden würde. Jedoch wird seine Kompetenz in punkto humanitäre Notstände ebenso wie sein rechtliches und technisches Fachwissen unverzichtbar auch für den Schutz von Klimaflüchtlingen sein.26 allem in den ärmeren, dichtbesiedelten Gebieten der Entwicklungsländer – dazu zwingen, ihre Siedlungsgebiete aufzugeben. Die bestehenden Institutionen und Organisationen sind jedoch bislang nicht darauf ausgerichtet, dieser sich abzeichnenden Flüchtlingskrise effektiv zu begegnen. Wir schlagen deshalb ein neues, speziell auf die Bedürfnisse von Klimaflüchtlingen zugeschnittenes Rechtsdokument vor – ein Protokoll für die Anerkennung, den Schutz und die Umsiedlung von Klimaflüchtlingen zur Klimarahmenkonvention der Vereinten Nationen. Zu dessen Finanzierung plädieren wir für einen eigenen Finanzierungsmechanismus, den Klimaflüchtlingsschutz- und -umsiedlungsfonds. Die grundsätzliche Vorhersagbarkeit von Folgeschäden des Klimawandels erfordert – ermöglicht aber auch – rechtzeitige Vorbereitung und Planung. Daher haben wir unseren Vorschlag gerade nicht im Sinne einer Nothilfeplanung entworfen, sondern als geplante, organisierte und freiwillige Umsiedlungsprogramme. Wenn es um den Anstieg des Meeresspiegels geht, gibt es keinen Grund, zu warten bis Orkane und Flutwellen Inseln und Küstenregionen überfluten. Alle Gebiete, die aus praktischen oder ökonomischen Gründen nicht durch verstärkten Küstenschutz gesichert werden können, müssen frühzeitig in langfristige Umsiedlungs- und Wiedereingliederungsprogramme aufgenommen werden, die den Prozess für die betroffenen Menschen annehmbar und erträglich machen. Dies jedoch erfordert rechtzeitiges Handeln im Sinne des Aufbaus angemessener und effektiver Regelungsmechanismen. Die Planung eines Flüchtlingsprotokolls und damit zusammenhängender institutioneller Vorkehrungen kann nicht bis zum Jahr 2050 warten, weil es für geregelte und organisierte Maßnahmen dann zu spät sein wird. Sie muss jetzt beginnen. Die Hauptverantwortung für die Finanzierung der Umsiedlung von Klimaflüchtlingen wird bei den Regierungen der Industrieländer liegen. Die Planung eines Flüchtlingsprotokolls und damit zusammenhängender institutioneller Vorkehrungen kann nicht bis zum Jahr 2050 warten. 22 Siehe hierzu allgemein Frank Biermann, Weltumweltpolitik zwischen Nord und Süd. Die neue Verhandlungsmacht der Entwicklungsländer, Baden-Baden 1998. 23 Vgl. Art. 1 lit. a (2) der Genfer Konvention von 1951. 24 Vgl. Wissenschaftlicher Beirat der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen (WBGU), Welt im Wandel: Sicherheitsrisiko Klimawandel, Berlin 2006, der einen Umweltmigrationsfonds vorgeschlagen hat, S. 13 und 228; http://www.wbgu.de/wbgu_jg2007.html 25 Vgl. Biermann, a.a.O. (Anm. 22), Kapitel 6. 26 Gemäß Art. 9 des Statuts des Hohen Kommissars für Flüchtlinge Fazit kann die Generalversammlung den Hohen Kommissar bitten, »sich innerhalb der ihm zur Verfügung stehenden Mittel mit solchen zusätzli- Trotz aller derzeitigen Anstrengungen der Klimapolitik ist es unwahrscheinlich, dass eine Veränderung des Weltklimas noch aufgehalten werden kann. Die beginnende Erderwärmung wird in einigen Jahrzehnten voraussichtlich Millionen von Menschen – vor VEREINTE NATIONEN 1/2008 chen Aktivitäten, einschließlich Wiedereinbürgerung und Wiederansiedlung … zu befassen.« UNHCR, Genf 2007. Diese Klausel könnte die Grundlage eines von der UN-Generalversammlung zu verabschiedenden formalen Mandats sein, bei der Umsetzung eines Protokolls für Klimaflüchtlinge zur Klimarahmenkonvention zu helfen. 15 Mittler | Schwach, schwächer, CSD? Schwach, schwächer, CSD? Die Kommission für nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen 15 Jahre nach Rio Daniel Mittler Daniel Mittler, geb. 1973, ist seit dem Jahr 2004 Politischer Berater von Greenpeace International in Berlin. Er ist dort unter anderem für Fragen der UNReform zuständig. Im Jahr 2007 wurde die Kommission für nachhaltige Entwicklung 15 Jahre alt. Statt zu einer Feier kam es bei der 15. Tagung aber zum Eklat. Zu der brisanten Frage einer nachhaltigen globalen Energiepolitik konnte keine Einigung erzielt werden. Dieser Beitrag skizziert die Hintergründe dieses Scheiterns und fragt, ob die Kommission noch eine produktive Rolle in der internationalen Nachhaltigkeitspolitik spielen kann. Der Autor argumentiert, dass die Kommission alle in sie gesetzten Hoffnungen enttäuscht hat, es aber kurzfristig kein anderes UN-Organ gibt, welches die Umsetzung der Beschlüsse von Rio und Johannesburg überwachen kann. 2007 war ein ungewöhnliches Jahr für die Kommission für nachhaltige Entwicklung (Commission on Sustainable Development – CSD), die in diesem Jahr ihren 15. Jahrestag beging. Ausgerechnet im Jahr eines besonders hohen Medieninteresses am Klimawandel war ein Schwerpunktthema der 15. Tagung die Energiepolitik, die eng mit Klimafragen verbunden ist. Ausgerechnet 2007 konnte kein Konsens erzielt werden. Die Tagung scheiterte und dieses Scheitern – sonst vielleicht als Fußnote der UN-Geschichte eher belächelt – machte in dem vom Klimaschutz dominierten Jahr 2007 Schlagzeilen. Hat die CSD nach dem Eklat des letzten Jahres überhaupt noch eine Zukunft? Entstehung und Aufgabe der CSD Rosig waren die Zeiten für die Kommission zugegebener Maßen noch nie. Doch vor dem Hintergrund der Schwierigkeiten, die die Vereinten Nationen seit Jahrzehnten damit haben, für entscheidende Zukunftsfragen, wie Umwelt- und Energiepolitik, eine adäquate institutionelle Antwort zu finden, galt die auf der Konferenz der Vereinten Nationen über Umwelt und Entwicklung (›Erdgipfel‹) von Rio de Janeiro im Jahr 1992 beschlossene Kommission als institutionelle Innovation. So wurde auch in einem Beitrag in dieser Zeitschrift im Jahr 1993 die Schaffung der Kommission »[D]as wichtigste Ergebnis des Erdgipfels [...] auf institutioneller Ebene« genannt.1 Die CSD wurde im Dezember 1992 mit Resolution 191 der UN-Generalversammlung ins Leben gerufen.2 Ihre erste Tagung fand im Juni 1993 am Sitz der Vereinten Nationen in New York statt. Sie ist eine Fachkommission des Wirtschafts- und Sozialrats (ECOSOC) und das Besondere an ihr ist, dass sie nicht nur aus 53, jeweils für drei Jahre gewählten Staaten16 vertretern besteht, sondern auch aus Vertretern von UN-Sonderorganisationen. Die Kommission tagt im Frühjahr für zwei Wochen. Im so genannten ›High Level Segment‹ an den letzten zwei bis drei Tagen nehmen Minister teil. Aufgabe der Kommission ist, die internationale und nationale Umsetzung der Beschlüsse von Rio, insbesondere die ›Agenda 21‹, sowie des Folgegipfels ›Rio+10‹ im Jahr 2002 in Johannesburg, vor allem den dort verabschiedeten ›Durchführungsplan‹, voranzutreiben und zu kontrollieren. Von Anfang an allerdings plagte die CSD ihre mangelnde realpolitische Macht. Die Kommission kann nur kommentieren und Diskussionen anstoßen. Sie kann weder eigene Politikvorgaben beschließen noch über die Kohärenz der Maßnahmen anderer UN-Organisationen wachen; sie kann Geldflüsse weder initiieren noch (wirklich) beeinflussen. Die CSD hatte immer nur diskurspolitische Macht. Wie bereits erwähnt, gehört immerhin ein Ministersegment zu den Tagungen der Kommission. Wenn aktive Minister wie der Neuseeländer Simon Upton Ende der neunziger Jahre die Kommission leiteten, dann zeigte dies Wirkung und viele Minister kamen (im Jahr 1999 waren es immerhin 87). Auf diesem Wege bekamen die Beschlüsse und Reden der CSD zumindest ein gewisses Gewicht im globalen Diskurs. Ansonsten konnte man die Rolle der Kommission am besten als eine Art ›NachhaltigkeitsVolkshochschule‹ des internationalen Beamtentums verstehen. Neue Konzepte – etwa Indikatoren für die nachhaltige Entwicklung – konnten dort zur internationalen Diskussion gestellt werden. Ideen wie eine Pro-Kopf-Verteilung von CO2-Emissionsmengen, wie sie heute die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel propagiert, wurden zum Beispiel bereits Mitte der neunziger Jahre bei CSD-Tagungen rege diskutiert. Offen für die Zivilgesellschaft Die mangelnde politische Macht hatte, neben der Etablierung der CSD als Diskussionsforum, gerade in den Anfangsjahren aber auch positive Seiten. So half die Tatsache, dass sich niemand vor der CSD fürchtete, dass dem Gremium erlaubt wurde, neue Wege zu gehen. Insbesondere entwickelte es sich über einige Jahre zum Experimentierfeld für neue Formen der Zusammenarbeit zwischen Vereinten Nationen und Zivilgesellschaft. So genannte ›Stakeholder Dialogues‹, in denen verschiedenste Interessengruppen, von Regierungen über Wissenschaftler, GewerkVEREINTE NATIONEN 1/2008 Mittler | Schwach, schwächer, CSD? schaften bis hin zu nichtstaatlichen Organisationen (NGOs), zu Wort kommen, wurden zu einem festen Bestandteil der Arbeit der Kommission. Die Vertreter der Zivilgesellschaft durften an allen Sitzungen (ob formell oder informell) teilnehmen, eigene Informationen verteilen und hatten oft auch Rederecht. Dies mag nicht spektakulär klingen. Es ist aber Lichtjahre entfernt von der Praxis anderer UNInstitutionen, in denen NGOs oft der Zugang zu entscheidenden Treffen verwehrt wird, geschweige denn der Praxis zum Beispiel der Welthandelsorganisation (WTO). Diese lässt bei ihren Ministerkonferenzen die NGOs nicht weiter als bis zum Pressezentrum vor und schließt sie bei Verhandlungen in Genf ganz aus. Noch offener für die Wirtschaft Als sich die Vereinten Nationen Anfang des neuen Jahrtausends stärker der Wirtschaft öffnen wollten, wurde wiederum die CSD einer der Orte, wo eine neue Form des Multilateralismus erprobt wurde.3 So werden die aus dem Weltgipfel für nachhaltige Entwicklung im Jahr 2002 hervorgegangenen ›Partnerschaften für eine nachhaltige Entwicklung‹4 offiziell von der CSD verwaltet. Jedes Jahr ist eine PartnerschaftsMesse Teil der zweiwöchigen CSD-Tagungen. Dort stellen sich gemeinsame Initiativen von Wirtschaft, NGOs und Mitgliedstaaten für eine nachhaltige Entwicklung vor. NGOs sehen dies allerdings kritisch, insbesondere da das CSD-Sekretariat nicht annähernd über die Ressourcen verfügt, um die wirkliche Umsetzung der in den Partnerschaften versprochenen Maßnahmen zu überprüfen.5 Gleichzeitig gab die Kommission in den letzten Jahren den Vertretern von NGOs, Gewerkschaften oder indigenen Gruppen immer weniger Raum, dafür jedoch immer mehr der Wirtschaft – insbesondere den Vertretern internationaler Konzerne. Im Jahr 2005 wurde beispielsweise der Dialog mit der Zivilgesellschaft vom Vorsitzenden der Kommission einfach gestrichen. Auf der 14. Tagung im Jahr 2006, auf der es bereits um das Thema Energie ging, wurden alle zivilgesellschaftlichen Vertreter angehalten, sich kurz zu halten. Gleichzeitig durfte ein gutes Dutzend Wirtschaftsvertreter das Wort ergreifen, die fast alle die Interessen der ›fossilen Industrien‹ – also der Öl-, Gas- und Kohleindustrie – vertraten. Angesichts dieser Umdeutung der ›innovativen Offenheit‹ der Kommission reiste selbst der Vertreter des Windmarkt-Weltmarktführer Vestas, der als einziger Wirtschaftsvertreter aus dem Bereich Zukunftsenergien eingeladen war, bereits nach einer Woche enttäuscht wieder ab.6 Vertreter entsandt wurden. Während Industrieländer themenbezogen Experten entsandten, wurden Entwicklungsländer – schon allein aus Kostengründen – im Regelfall von ihren Ständigen Vertretern in New York repräsentiert. Diese sind in der Regel keine Experten auf dem Gebiet der nachhaltigen Entwicklung. Sie betrachten gerade die Umweltdiplomaten der Industrieländer oft mit Unverständnis oder gar Misstrauen. Da die Tagungen der Kommission in der Regel in New York stattfinden, hat die Gruppe der 77 (G-77) einen noch größeren Einfluss auf die Diskussionen als in anderen entwicklungs- oder umweltpolitischen Debatten und Konferenzen (wie etwa auf den internationalen Klimakonferenzen). Im Jahr 2007 sollte gerade auch dieser Punkt zum Scheitern der 15. Tagung beitragen. Entwicklung in den ersten zehn Jahren In den neunziger Jahren war die Beteiligung der Zivilgesellschaft äußerst rege. Man wollte der neu geschaffenen Institution eine Chance geben und den diskursiven Platz, der von den Vereinten Nationen angeboten wurde, nutzen. Ende der neunziger Jahre und mit Beginn des neuen Jahrtausends machte sich jedoch Lethargie breit. Ein Grund dafür war sicherlich die allgemeine Wahrnehmung, dass die Kommission zunehmend an Einfluss verlor. Auf der 9. Tagung im Jahr 2001 war die aktive Beteiligung der nichtstaatlichen Akteure besonders gering. Dieses Vakuum wurde von Teilen der Wirtschaft genutzt. Der energiepolitische Beschluss der 9. CSD war deshalb aus Sicht der NGOs äußerst unbefriedigend. Es wurden keine Fortschritte erzielt, die Atomkraft wurde nicht (explizit) aus der Familie der ›nachhaltigen Energieträger‹ ausgeschlossen und es wurde vor allem auf die ›effizientere Nutzung‹ fossiler Energieressourcen gebaut. Ein Grund für diesen einseitigen Beschluss war die mangelnde aktive Beteiligung der Zivilgesellschaft. Als Reaktion darauf entsandten einige internationa- Die Vertreter der Entwicklungsländer betrachten die Umweltdiplomaten der Industrieländer oft mit Unverständnis oder gar Misstrauen. 1 Jens Martens, Kommission für nachhaltige Entwicklung: 1. Tagung, Vereinte Nationen, 6/1993, S. 206f. 2 UN Doc. A/RES/47/191 v. 22.12.1992. 3 Jens Martens, Multistakeholder Partnerships – Future Models of Mulitlateralism?, Friedrich-Ebert-Stiftung, Occasional Papers Berlin, No. 29, Januar 2007, http://www.globalpolicy.org/eu/en/publ/martens _multistakeholder_partnerships_online_version.pdf 4 Siehe: http://www.un.org/esa/sustdev/partnerships/partnerships _fair.htm 5 Siehe Daniel Mittler, Wachsender Einfluss der Konzerne? Partner- Strukturelle Mängel schaften und die Privatisierung der UN, in: WEED u.a. (Hrsg.), Verbindliche Regeln für Multis – Corporate Accountability, 2006, S. 16–20, http:// Ein struktureller Mangel der Kommission war von Anfang an, dass zu ihren Tagungen von den Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen sehr unterschiedliche VEREINTE NATIONEN 1/2008 www.cora-netz.de/wp-content/uploads/doku2005.pdf 6 Siehe Jürgen Maier, Energiepolitische Metamorphosen in der UNO, Forum Umwelt und Entwicklung, Rundbrief 2/2006. S. 3–4. 17 Mittler | Schwach, schwächer, CSD? Die Diskussionen im so genannten Policy-Jahr hatten keinen erkennbaren Zusammenhang mit denen des vorangegangenen ›Review-Jahres‹. Die Europäische Union weigerte sich, das inakzeptable Schlusskommuniqué, welches das Loblied der fossilen Industrien sang, mitzutragen. le NGOs in den folgenden Jahren bewusst Vertreter zu den CSD-Tagungen, um Schadensbegrenzung zu betreiben. So sollten zumindest Beschlüsse, die einen Rückschritt gegenüber dem in Rio Erreichten bedeuteten, verhindert werden. Darüber hinaus war im Jahr 2002 die Beteiligung an der CSD äußerst rege, da die Kommission offiziell den bis dahin größten UN-Gipfel aller Zeiten, den Weltgipfel für nachhaltige Entwicklung in Johannesburg, vorbereitete. Wiedererwachtes Interesse nach Johannesburg Auch im darauf folgenden Jahr war das Interesse an der Zukunft der Kommission im Vergleich zu der Frustration und Lethargie gerade zwischen 1999 und 2001 immens. Zunächst schien die CSD auch bereit, durch ein neues Verhandlungsprozedere und eine Schwerpunktthemensetzung mehr Einfluss zu nehmen. Die 11. Tagung im Jahr 2003 gab jedenfalls Auftrieb. Es handelte sich um die erste große UNTagung nach Beginn des Irak-Krieges. Die Diplomaten waren zwar auf das Treffen schlecht vorbereitet, wollten aber (in der Mehrzahl) unbedingt beweisen, dass die Vereinten Nationen handlungsfähig sind. Der südafrikanische Umweltminister Valli Moosa setzte sich mit seinem Vorschlag durch, dass die CSD künftig im Zwei-Jahres-Zyklen tagt (was seitdem Praxis ist). Im ersten Jahr soll eine umfassende Überprüfung (Review) auf dem Programm stehen. Dabei soll die Umsetzung von Maßnahmen im jeweils festgelegten Themenbereich überprüft werden. Im zweiten Jahr folgt dann die Formulierung von politischen Schlussfolgerungen (Policies), die aus der Überprüfung gezogen werden sollen. Moosa setzte außerdem durch, dass zentrale Themen, die keinen prominenten Platz in den Vereinten Nationen haben, wie Wasser (2004/ 2005) und Energie (2006/2007), die ersten Themen wurden, denen sich das Gremium nach Johannesburg widmete. Dies klang nach einem Programm für eine gestärkte, relevantere CSD. Falsche Richtung Doch es kam anders. Schon im Jahr 2005 konnten Beobachter ernsthafte Zweifel hegen, ob der neue Zwei-Jahres-Zyklus wirklich etwas bewirkt hatte. Die Diskussionen im so genannten Policy-Jahr hatten keinen erkennbaren Zusammenhang mit denen des vorangegangenen ›Review-Jahres‹. Die Ergebnisse blieben so wenig konkret wie eh und je. Der kleinste gemeinsame Nenner hatte sich wieder durchgesetzt. Nun galt es für die CSD, das prominente Thema Energie im Zwei-Jahres-Zyklus 2006/2007 zu nutzen. Dies gelang schon im ersten Jahr kaum. Der bis Mai 2006 amtierende Vorsitzende, der Georgier Aleksi Aleksishvili, konnte nur zu einer Stippvisite nach New York kommen, da sein Land während der Ta18 gung im Streit mit dem russischen Gaslieferanten Gazprom lag. Das illustrierte zwar die Brisanz des Themas Energiesicherheit, war dem Fortgang der Verhandlungen aber nicht gerade förderlich (der Vorsitzende hat großen Einfluss, da er es ist, der das Schlussdokument vorlegt). Vielen Umweltschützern schwante weiteres Unheil als dem Erdgas-Produzenten Katar der CSDVorsitz für die Amtszeit von Mai 2006 bis Mai 2007 übertragen wurde. Die G-77 als wichtigste Verhandlungsgruppe der Entwicklungsländer hatte sich in die Hand der erdölexportierenden Länder (OPEC) begeben und einen OPEC-Minister als CSD-Vorsitzenden durchgesetzt. Der Energieminister Katars, Abdullah bin Hamad Al-Attiyah, sollte während seines Vorsitzes die Macht seines Amtes vollends geltend machen. So legte er im März 2007 auf der Vorbereitungssitzung zur 15. Tagung in New York ein Schlusskommuniqué vor, das schlicht eine Provokation darstellte. Darin erklärte er im Prinzip, dass das bestehende Energiesystem so bleiben solle wie es ist und mehr Geld in die Entwicklung sauberer fossiler Energieträger investiert werden solle.7 Vom Klimawandel besonders betroffene Länder, wie die kleinen Inselstaaten, wagten nicht, laut zu protestieren. Auch sie sind meist abhängig von Importen fossiler Energien, und bei den Tagungen der CSD sind sie oft nicht mit Klimaexperten vertreten. Eine Allianz aus OPEC-Staaten, Kanada, Russland, Sudan und den USA unterstützte dieses Schlusskommuniqué (und andere Formulierungen dieser Art) auch auf der vom 30. April bis 11. Mai 2007 stattfindenden 15. Tagung der CSD. Al-Attiyah weigerte sich derweil, als Diplomat und Vermittler zu fungieren, wie es von einem Vorsitzenden zu erwarten ist. Er verkündete am 10. Mai 2007 öffentlich, dass er ein »Gasmann aus einem Gasland« sei und »Gas verkaufen wolle.«8 Damit war der Eklat programmiert. Die Europäische Union weigerte sich, das inakzeptable Schlusskommuniqué, welches das Loblied der fossilen Industrien sang, mitzutragen.9 Die EU und der Leiter der EU-Delegation, der deutsche Umweltminister Sigmar Gabriel, zogen negative Schlagzeilen einem CSD-Beschluss vor, der hinter dem Stand früherer Vereinbarungen zurückbleibt. Die CSD-15 endete somit am 11. Mai 2007 ohne inhaltliches Ergebnis – dafür mit einem weiteren schlechten Omen: Eine neue Präsidentschaft wurde für das nächste Jahr gewählt. In – bis dahin nie praktizierter – geheimer Abstimmung wählten die Staatenvertreter ausgerechnet Simbabwe. Simbabwe, wie im Jahr zuvor die OPEC, hatte geschickt die Wut vieler G-77-Staaten instrumentalisiert, die sich gegen die (in der Tat skandalöse) mangelnde Umsetzung von Entwicklungs- und Nachhaltigkeitsversprechen durch die Industriestaaten richtet. So gerierte sich ausgerechnet der simbabwische Minister für Umwelt und Tourismus, Francis Nhema, dem massive Menschenrechtsverletzungen angelasVEREINTE NATIONEN 1/2008 Mittler | Schwach, schwächer, CSD? tet werden, als Stimme der Entrechteten. Aufgrund der aufgeheizten, polarisierten Stimmung hatte er damit auf der 15. Tagung Erfolg. Simbabwe – ein Regime, das die Versorgung der eigenen Bevölkerung mit Lebensmitteln nicht sicherstellen kann – wird somit ironischerweise den Vorsitz für den im Jahr 2008 beginnenden Verhandlungszyklus zur nachhaltigen Landwirtschaft und ländlicher Entwicklung übernehmen. Genau wie beim Thema Energie im Jahr 2007 durch die Wahl eines Vorsitzenden eines OPEC-Landes, wird auch im Jahr 2008 beim Thema Landwirtschaft mit Simbabwe der Bock zum Gärtner gemacht. Aussichten Angesichts dieser äußerst ernüchternden Bilanz ist es ein Leichtes, der CSD jegliche Relevanz abzusprechen. Die (auch damals nicht großen) Hoffnungen der Jahre 1993 und 2003 wurden in der Tat enttäuscht. Gleichzeitig wird die entscheidende Frage der nachhaltigen Entwicklung – der Kampf gegen den Klimawandel – innerhalb der Vereinten Nationen in anderen, Erfolg versprechenderen Foren als der CSD angegangen. Der Generalsekretär hat sich zum Beispiel den Klimaschutz auf die Fahnen geschrieben. Durch die Organisation eines Hochrangigen Treffens zum Klimawandel10 und seine Anwesenheit bei den globalen Klimaverhandlungen in Bali im Dezember 2007 hat Ban Ki-moon sowohl die Klimarahmenkonvention (UNFCCC) als auch deren Kyoto-Protokoll gestärkt. Durch das Verhandlungsergebnis von Bali ist ein (hoffentlich produktives) Ringen um entscheidende, weiter gehende Beschlüsse zum globalen Klimaschutz im Rahmen der Klimarahmenkonvention und dem Kyoto-Protokoll beschlossene Sache. Mindestens bis zum Jahr 2009 wird die Bühne für den globalen Klimaschutz die Klimarahmenkonvention sein. Darüber hinaus beschäftigen sich auch andere UN-Institutionen immer eingehender mit dem Klimaschutz: das UN-Entwicklungsprogramm hat seinen Bericht über die menschliche Entwicklung 2007/2008 zu diesem Thema verfasst, und auch das Umweltprogramm UNEP sucht nach einer stärkeren Rolle in der globalen Klimapolitik: Es baut in Paris eine eigene Klimaabteilung auf. Worin liegt, in Anbetracht dieser Vielfalt von Initiativen, noch die Rolle der CSD? Nun, ohne Klimaschutz ist alle nachhaltige Entwicklung hinfällig; Klimapolitik alleine garantiert aber noch keine nachhaltige Entwicklung. Es bleiben viele Themen, die innerhalb des UN-Systems diskutiert und verhandelt werden sollten und müssen, die im Moment keine andere Heimat haben als die CSD. Bis zu einer umfassenden Reform der Vereinten Nationen im Bereich Umweltschutz und nachhaltige Entwicklung11, ist der einzige Ort, wo diese Überprüfung – wenn überhaupt – stattfinden kann, die CSD. Eine ersatzlose Abschaffung des Gremiums ist deshalb weder realistisch noch sinnvoll. ›Weiter so!‹ kann allerVEREINTE NATIONEN 1/2008 dings auch nicht die Losung des Tages sein. Im Jahr 2008 sollte die Zivilgesellschaft die CSD in Anbetracht des Vorsitzes von Simbabwe, die nicht legitimiert werden sollte, nach Möglichkeit ignorieren und ihre Bemühungen auf die Stärkung der nachhaltigen Entwicklung im UN-System ausrichten. Die Diskussion um eine Weiterentwicklung von UNEP hin zu einer UN-Umweltorganisation (UNEO) ist aus umweltpolitischer Sicht hierbei besonders interessant (auch wenn sie kaum kurzfristig zu Ergebnissen führen wird).12 Nach dem Jahr 2008 sollte die Zivilgesellschaft die CSD weiter kritisch beobachten. Sie sollte ausloten, ob etwa die Themen Verkehr, Konsummuster und Bergbau, die in den Jahren 2010 bis 2011 auf der Tagesordnung stehen, Chancen bieten, Diskussionen auf globaler Ebene anzustoßen, die in anderen internationalen Diskussionsforen keinen Platz finden. Auf internationaler Ebene bleibt die CSD gegenwärtig das einzige Organ, das die Umsetzung der Verpflichtungen von Rio und Johannesburg kritisch prüfen kann. Dabei ist sie aber so schwach wie nie zuvor. Diese Schwäche ist ein akkurater Gradmesser dafür, wie wenig ernst es die internationale Gemeinschaft mit der nachhaltigen Entwicklung 16 Jahre nach Rio meint. Der konkreteste zivilgesellschaftliche Beitrag, damit das Ziel der nachhaltigen Entwicklung in den Vereinten Nationen nicht verloren geht, ist deshalb ein stärkeres Engagement für die nationale Umsetzung der Beschlüsse der beiden ›Erdgipfel‹. Von dieser Umsetzung ist auch Deutschland meilenweit entfernt. Die Schwäche der CSD ist ein akkurater Gradmesser dafür, wie wenig ernst es die internationale Gemeinschaft mit der nachhaltigen Entwicklung 16 Jahre nach Rio meint. 7 »Given that fossil fuels will continue to play a dominant role in the energy mix in the decades to come, the development and use of advanced and cleaner fossil fuels should be increased. More efforts should go into supporting the further development and dissemination of these technologies.«, zitiert nach Jürgen Maier, CSD 2007 endet ergebnislos, Forum Umwelt und Entwicklung, Rundbrief 2/2007, S. 6. 8 Zitiert nach Jürgen Maier, The Collapse of the CSD Energy and Climate Negotiations – and some Remarks on the Underlying Problems, Manuskript. 9 Deutschland und die EU bedauern Scheitern der Nachhaltigkeitskonferenz in New York, Gemeinsame Presseerklärung mit der EUKommission, BMU Pressedienst Nr. 135/07, 12.5.2007. 10 Siehe: http://www.un.org/climatechange/2007highlevel/ 11 Überlegungen etwa in Richtung einer institutionellen Aufwertung des Umweltprogramms zu einer Umweltorganisation, die stärkere Verankerung nachhaltiger Entwicklung beim Wirtschafts- und Sozialrat oder eine stärkere Kohärenz von nachhaltiger Entwicklung (systemweite Kohärenz) in den nationalen Programmen der UN-Hilfsorganisationen kommen leider nur sehr schleppend voran. Siehe: http:// www.reformtheun.org/index.php/issues/2063?theme=alt4 und http:// www.reformtheun.org/index.php/issues/2061?theme=alt4 12 Siehe u.a Daniel Mittler, Vorschläge zur UN-Reform, Forum Umwelt und Entwicklung, Rundbrief 3/2006, S. 32. 19 König · Neumann | Streit um die Arktis Streit um die Arktis Bestehendes Vertragswerk reicht aus Doris König · Thilo Neumann Prof. Dr. Doris König, geb. 1957, ist Professorin für Öffentliches Recht, Allgemeine Staatslehre, Völker- und Europarecht an der Bucerius Law School, Hamburg. Thilo Neumann, geb. 1980, ist Doktorand am Lehrstuhl für Öffentliches Recht, Allgemeine Staatslehre, Völkerund Europarecht an der Bucerius Law School, Hamburg. Die Hoffnung, begünstigt durch den Klimawandel, die in der Arktis vermuteten Bodenschätze1 zukünftig ausbeuten zu können, veranlasste alle Arktisanrainerstaaten, Forschungsmissionen zu entsenden, um exklusive Nutzungsansprüche in der Region zu begründen. Diese Aktivitäten lassen vermuten, dass mit einer weitgehenden Nationalisierung des bisher internationalisierten Meeresbodens zu rechnen ist. Die Nutzung der arktischen Ressourcen und die zu erwartende Intensivierung der Schifffahrt stellen jedoch eine Bedrohung für die Umwelt in der Region dar. Ein neues verbindliches Regelwerk für die Arktis nach dem Vorbild der Antarktis ist jedoch nicht notwendig, da es keinen Vorteil gegenüber dem bestehenden Vertragsgefüge und der Zusammenarbeit der Anrainerstaaten bietet, um die Region vor einer nachhaltigen Schädigung zu bewahren. Die Arktis – Region und Anrainer Die Arktis ist der nördlichste zirkumpolare Erdgürtel, dessen südliche Grenze im System der mathematisch-astronomischen Zonen durch den nördlichen Polarkreis gebildet wurde. Heute sind dagegen klimatische und vegetationsgeografische Kriterien wie die 10ºC-Juli-Isotherme und die nördliche Baumgrenze für die Abgrenzung zu südlicheren Regionen maßgebend. Damit hat die Arktis eine Fläche von etwa 26 Millionen km2, wobei mehr als die Hälfte, etwa 18 Millionen km2, aus größtenteils eisbedeckten Meeresflächen besteht.2 Zu den acht Arktisanrainerstaaten gehören: Russland, die USA (Alaska), Kanada, Dänemark (Grönland), Norwegen (Spitzbergen), Finnland und Schweden (Lappland). Island wird, da es zwar südlich des Polarkreises, jedoch nördlich der 10ºC-Juli-Isotherme liegt, als subarktischer Staat bezeichnet. über das Archipel Nowaja Semlja, die Neusibirischen Inseln sowie die Inselgruppen Sewernaja Semlja und Franz-Joseph-Land aus.5 Seegebiete a) Sektorentheorie Die von Kanada und der Sowjetunion vertretene Sektorentheorie geht von der Annahme aus, dass jeder Staat Anspruch auf ein Gebiet erheben kann, welches durch ein Dreieck zwischen seiner äußersten westlichen und östlichen Grenze sowie dem geographischen Polpunkt bestimmt wird.6 Obgleich sich der Anspruch ursprünglich nur auf die in dem so gebildeten Sektor befindlichen Landmassen beschränken sollte, forderte die Sowjetunion in den Verhandlungen mit Norwegen über die Abgrenzung der 200-Seemeilen-Zone und des Festlandsockels eine Grenzziehung entlang ihrer Sektorengrenze.7 Allein Kontiguität als solche, das heißt räumliche Nachbarschaft, vermag jedoch keinen Anspruch auf souveräne Rechte über ausgedehnte Sektoren zu begründen.8 So haben auch die USA und Norwegen der Geltung des Sektorenprinzips beständig widersprochen.9 b) Terra firma oder Terra glacia? Auch die Eisdecke, welche große Teile der arktischen Gewässer dauerhaft bedeckt, kann keine Sonderstellung des Nordpolarmeers im völkerrechtlichen Ge- 1 Nach aktuellen Prognosen sollen 10 bis 25 Prozent der weltweiten Erdöl- und Erdgasvorkommen in der Arktis liegen, vgl. Shamil M. Yenikeyeff/Timothy F. Krysiek, The Battle for the Next Energy Frontier: The Russian Polar Expedition and the Future of Arctic Hydrocarbons, Oxford Energy Comment, August 2007. 2 Arktis, in: Brockhaus, 21. Auflage, Leipzig 2006, Band 2, S. 404f. Völkerrechtliche Aufteilung der Arktis 3 Permanent Court of International Justice, PCIJ Series A/B, No. 53, 1933, S. 4. 4 Erik Franckx, Maritime Claims in the Arctic, Canadian and Russian Festland Nahezu sämtliche in der Arktis liegenden Inseln gehören zum Staatsgebiet eines der Anrainerstaaten. Spitzbergen und Jan Mayen unterstehen Norwegen, während die dänische Hoheitsgewalt über Grönland durch den Ständigen Internationalen Gerichtshof bestätigt wurde.3 Der Anspruch Kanadas auf die seiner Küste vorgelagerten Inseln wird seit den dreißiger Jahren durch die anderen Anrainerstaaten anerkannt4 und Russland übt die uneingeschränkte Souveränität 20 Perspectives, Dordrecht 1993, S. 71ff. 5 Wolfgang Graf Vitzthum (Hrsg.), Völkerrecht, 4. Auflage, Berlin 2007, 5. Abschnitt, Rn. 87. 6 Viktor Böhmert, Sektorentheorie, in: Hans J. Schlochauer, Wörterbuch des Völkerrechts, Bd. III, Berlin 1962, S. 248-250, hier S. 248. 7 Felix Neumann, Der Rechtsstatus der Arktis, Die Aufteilung des Nordpolarraumes als Problem des Völkerrechts, Tübingen 1991, S. 130ff. 8 Graf Vitzthum, a.a.O. (Anm. 5), Rn. 86. 9 Green H. Hackworth, Digest of International Law I, Washington 1940, S. 463ff. VEREINTE NATIONEN 1/2008 König · Neumann | Streit um die Arktis füge begründen. In den Verhandlungen zum 1982 verabschiedeten UN-Seerechtsübereinkommen (SRÜ) hat sich gezeigt, dass eine Gleichstellung von Eis und Festland10 keine Unterstützung in der Staatengemeinschaft findet.11 So widmet sich lediglich ein Artikel des SRÜ den arktischen Eigenheiten: In Art. 234 weist die so genannte arktische12 oder Kanadische Klausel13 den Staaten besondere Kompetenzen bezüglich der in ihrer ausschließlichen Wirtschaftszone gelegenen eisbedeckten Gebiete zu. c) Die Bedeutung des Seerechtsübereinkommens Folglich untersteht der Arktische Ozean trotz seiner klimatischen und geographischen Besonderheiten in allen seinen Teilen dem Regime des SRÜ. Damit steht es den Anrainerstaaten frei, ausgehend von der Basislinie,14 folgende Gebiete zu beanspruchen: ■ ■ ■ ein Küstenmeer mit einer Ausdehnung von bis zu zwölf Seemeilen;15 eine Anschlusszone von weiteren zwölf Seemeilen16 und eine ausschließliche Wirtschaftszone mit einer maximalen Ausdehnung von 200 Seemeilen. Sie verleiht den Küstenstaaten Hoheitsrechte bezüglich der Ausbeutung der Ressourcen des Meeresbodens, des Meeresuntergrunds und der darüber liegenden Wassersäule.17 Da alle fünf Anrainerstaaten eine ausschließliche Wirtschaftszone proklamiert haben, unterfallen heute nahezu 50 Prozent des Nordpolarmeers solchen Zonen, in denen nationale Hoheits- beziehungsweise souveräne Nutzungsrechte bestehen.18 Der Festlandsockel Wollen die Anrainerstaaten die Bodenschätze außerhalb der 200-Seemeilen-Zone ausbeuten, müssen sie einen verlängerten Festlandsockel geltend machen. Das SRÜ definiert den Festlandsockel eines Küstenstaats in Art. 76 Abs. 1 als: »[...] den jenseits seines Küstenmeers gelegenen Meeresboden und Meeresuntergrund der Unterwassergebiete, die sich über die gesamte natürliche Verlängerung seines Landgebiets bis zur äußeren Kante des Festlandrands erstrecken oder bis zu einer Entfernung von 200 Seemeilen von den Basislinien, [...] wo die äußere Kante des Festlandrands in einer geringeren Entfernung verläuft.«19 Allein der Küstenstaat übt souveräne Rechte über den Festlandsockel zum Zweck seiner Erforschung und der Ausbeutung seiner natürlichen Ressourcen aus.20 Der Rechtsstatus der darüber liegenden Wassersäule als ausschließliche Wirtschaftszone beziehungsweise Hohe See sowie des Luftraums bleibt davon unberührt.21 Eine weitere Einschränkung ergibt sich für die Ausbeutung nichtlebender Ressourcen des verlängerten Festlandsockels, der über die 200-SeemeilenGrenze hinausgeht. Die Küstenstaaten sind gehalten, nach Ablauf einer 5-Jahres-Frist Förderabgaben an die Internationale Meeresbodenbehörde zu entrichVEREINTE NATIONEN 1/2008 ten, welche vornehmlich den Entwicklungsländern zugute kommen sollen.22 Das internationalisierte Meeresbodengebiet außerhalb der Festlandsockelgrenzen gilt hingegen als das gemeinsame Erbe der Menschheit, dessen Ressourcen nur unter Beachtung besonderer Regelungen unter Führung der Internationalen Meeresbodenbehörde ausgebeutet werden dürfen.23 Die seewärtige Grenze des Festlandsockels Sofern die äußere Kante des Festlandrands in einer geringeren Entfernung als 200 Seemeilen von der Basislinie liegt, gelten die Festlandsockelrechte unabhängig von dem tatsächlichen Vorhandensein eines Festlandsockels im geologischen Sinne (Distanzkriterium). Will ein Küstenstaat dagegen einen verlängerten Festlandsockel in Anspruch nehmen, so obliegt es diesem darzulegen, dass die äußere Kante des Festlandrands jenseits der 200-Seemeilen-Grenze liegt (geomorphologisches Kriterium). Die maximale Ausdehnung des beanspruchten Festlandsockels darf jedoch nicht die in Art. 76 Abs. 5 SRÜ niedergelegten Grenzen, das heißt eine Entfernung von 350 Seemei- Das internationalisierte Meeresbodengebiet außerhalb der Festlandsockelgrenzen gilt als das gemeinsame Erbe der Menschheit, dessen Ressourcen nur unter Beachtung besonderer Regelungen ausgebeutet werden dürfen. 10 Einmalig in diesem Zusammenhang ist ein Dekret Russlands von 1911, welches als Basislinie wahlweise die Niedrigwasserlinie oder die äußere Kante des unbeweglichen Küsteneises bestimmt und damit Seeeis mit Land gleichstellt. Vgl. W. E. Butler, New Soviet Legislation on Straight Base Lines, International and Comparative Law Quarterly, 1971, S. 750–752, hier S. 750. 11 Philip Kunig, Arctic, in: Rudolf Bernhardt (Hrsg.), Encyclopedia of Public International Law, Bd. I, Amsterdam 1992, S. 244–247, hier S. 245. 12 Myron H. Nordquist (Hrsg.), United Nations Convention on the Law of the Sea 1982, Kommentar, Bd. IV, Dordrecht 1991, Rn. 234.1. 13 Rob Huebert, The Law of the Sea and the Arctic: An Unfulfilled Legacy, in: Ocean Yearbook 2004, S. 193–219, hier S. 202. 14 Die Basislinie wird durch die Niedrigwasserlinie des Küstenstaates definiert, sofern nicht tiefe Einbuchtungen und Einschnitte der Küste, unmittelbar vorgelagerte Inselketten oder veränderliche Küstenlinien die Anwendung gerader Basislinien gestatten, vgl. Art. 5 und 7 SRÜ. 15 Art. 3 SRÜ. 16 Art. 33 SRÜ. 17 Art. 56 und 57 SRÜ. 18 Ron Macnab unter anderem Cooperative Preparations for Determining the Outer Limit of the Juridical Continental Shelf in the Arctic Ocean, International Boundaries Research Unit (IBRU), Boundary and Security Bulletin 2001, S. 86–96, hier S. 91, Abb. 6. 19 Deutscher Text abgedruckt in: Bundesgesetzblatt 1994, II, S. 1798; online über das Viadrina International Law Project: http://www.vilp. de/Depdf/d024.pdf 20 Art. 77 Abs. 1 und 2 SRÜ. 21 Art. 78 SRÜ. 22 Art. 82 Abs. 1, 2 und 4 SRÜ. 23 Art. 136 und 137 SRÜ. 21 König · Neumann | Streit um die Arktis mit den Vorgaben des Art. 76 SRÜ hin gerichtlich überprüft werden. Denkbar wäre auch, dass Versammlung oder Rat der Meeresbodenbehörde die Kammer für Meeresbodenstreitigkeiten gemäß Art. 191 SRÜ um ein entsprechendes Rechtsgutachten ersuchen.28 Festlandsockelrechte in der Arktis Quelle: CIA World Factbook, Public Domain. len von den Basislinien oder 100 Seemeilen von der 2500-Meter-Wassertiefenlinie, überschreiten. Nach Art. 76 Abs. 8 S. 1 SRÜ sind die Küstenstaaten verpflichtet, Angaben über die seewärtigen Grenzen ihrer Festlandsockel zu machen, wenn diese jenseits der 200-Seemeilen-Grenze liegen. Diese Angaben müssen an die Kommission zur Begrenzung des Festlandsockels (Commission on the Limits of the Continental Shelf – CLCS) übermittelt werden.24 Die Kommission arbeitet anhand der ihr übermittelten Daten eine unverbindliche Empfehlung für den Verlauf der äußeren Festlandsockelgrenze aus. Auf Grundlage dieser Empfehlung legen die Küstenstaaten dann die Grenzen des Festlandsockels endgültig und verbindlich fest.25 Eine Regelung für den Fall, dass der Küstenstaat und die CLCS nicht übereinstimmen, existiert jedoch nicht. Außerdem darf sich die Kommission nicht mit der Frage der Abgrenzung des Festlandsockels zwischen benachbarten oder gegenüberliegenden Staaten beschäftigen.26 Da die CLCS nicht als Streitpartei vor dem IGH, dem Internationalen Seegerichtshof (ISGH) oder einem Schiedsgericht auftreten kann,27 könnte eine strittige Abgrenzungslinie allenfalls implizit im Rahmen eines Rechtsstreits über die Abgrenzung des Festlandsockels benachbarter oder gegenüberliegender Staaten auf ihre Übereinstimmung 22 Anträge der Küstenstaaten bei der CLCS sind innerhalb eines Zeitraums von zehn Jahren, beginnend mit dem Inkrafttreten des SRÜ für den jeweiligen Staat,29 jedoch frühestens mit dem 13. Mai 1999,30 zu stellen. Von den neun Staaten, die bis dato Ansprüche bei der CLCS geltend gemacht haben, betreffen nur die Ansprüche Russlands und Norwegens das Nordpolarmeer.31 Russland hat der CLCS seine Unterlagen bereits im Jahr 2001 vorgelegt. Aus dem öffentlich zugänglichen Kartenmaterial geht hervor, dass es ein Gebiet beansprucht, welches nahezu mit dem früher beanspruchten sowjetischen Sektor identisch ist und den Polpunkt einbezieht. Russland begründet seinen Anspruch unter Verweis auf drei unterseeische Bergrücken. Bisher ist Russland jedoch den Nachweis, dass diese Bergrücken feste und natürliche Bestandteile des russischen Kontinentalschelfs sind, schuldig geblieben, und so hat die CLCS die russische Regierung um ergänzende Daten ersucht. Zudem könnte der russische Anspruch mit den Ansprüchen der übrigen Anrainerstaaten kollidieren. So haben Dänemark, Kanada, Japan, Norwegen und die USA die von Russland vorgelegten Daten in Frage gestellt oder rechtswahrende Erklärungen abgegeben. Die Staaten betonten, dass die Datenlage nicht ausreichend sei, um sich abschließend zur russischen Dokumentation zu äußern und dass eine Empfehlung der CLCS ohne Auswirkung für die zwischenstaatliche Abgrenzung des Kontinentalschelfs bleibe. Norwegen hat im Jahr 2007 seinen Antrag mit Unterlagen an die CLCS übermittelt. Im direkten Vergleich zum russischen Anspruch fällt auf, dass der nördlichste Punkt des norwegischen Festlandsockels mit etwa 84º41’N noch eindeutig südlich des geo- 24 Anlage II Art. 2 Abs. 1 SRÜ. 25 Art. 76 Abs. 8 S. 2 und 3 SRÜ. 26 Anlage II Art. 9 SRÜ. 27 Dies folgt aus Art. 291 Abs. 2 SRÜ und Art. 20 ISGH-Statut. 28 Die Rechtsschutzmöglichkeiten sind umstritten. Vgl. Vicente Marotta Rangel, Settlement of Disputes Relating to the Delimitation of the Outer Continental Shelf: The Role of International Courts and Tribunals, The International Journal of Marine and Coastal Law, 2006, S. 347–362, hier S. 360. 29 Anlage II Art. 4 SRÜ. 30 UN Doc. SPLOS/72 v. 29.5.2001. 31 Die Dokumente sind abrufbar unter: http://www.un.org/Depts/ los/clcs_new/clcs_home.htm VEREINTE NATIONEN 1/2008 König · Neumann | Streit um die Arktis graphischen Nordpols liegt. Zudem favorisiert Norwegen, anders als Russland, eine Abgrenzung des gemeinsamen Festlandsockels nach dem Mittellinienprinzip32 und nicht entlang der russischen Sektorengrenze. Neben Dänemark sahen sich Spanien33, Island und Russland durch den norwegischen Antrag veranlasst, Erklärungen zur Wahrung ihrer Interessen bei der CLCS einzureichen. Doch auch die übrigen Arktisanrainer, einschließlich der USA, sind nicht untätig geblieben und haben in den vergangenen Jahren damit begonnen, die Ausdehnung der eigenen Festlandsockel zu vermessen.34 Die USA sind dem SRÜ noch nicht beigetreten, weil die erforderliche Mehrheit im Senat aus wirtschaftlichen und politischen Gründen bisher nicht zu erreichen war.35 Es ist daher zu erwarten, dass alle Anrainerstaaten innerhalb der gesetzten Fristen eigene Ansprüche bei der CLCS geltend machen werden.36 Das Ergebnis dieser Bemühungen könnte eine fast vollständige funktionale Nationalisierung des arktischen Meeresbodens sein. Nach einer Studie anhand der im Jahr 2001 öffentlich zugänglichen Daten würden nur zwei kleinere Gebiete übrig bleiben, die nicht dem äußeren Festlandsockel eines der Anrainerstaaten zugeordnet werden könnten.37 Ob es den Anrainerstaaten jedoch gelingen wird, ausreichende Daten für eine entsprechende Empfehlung der CLCS zu erheben, ist ungewiss. Ein Vertragswerk für die Arktis? Mit der geplanten intensiveren Ausbeutung arktischer Ressourcen ist das Ökosystem dieser besonders anfälligen Region in Gefahr. Die Folgen wären aufgrund der klimatischen Besonderheiten gravierend. Bedingt durch die kurzen jährlichen Wachstumsphasen erholt sich die Natur nur langsam von menschlichen Eingriffen. Zudem können Schadstoffe, die bei der Förderung der Bodenschätze freigesetzt werden, aufgrund der niedrigen Temperaturen nur langsam abgebaut werden.43 Gleichzeitig stellen die durch Wind, Niederschläge und Meeresströmungen aus anderen Regionen in die Arktis gelangenden Emissionen eine zusätzliche Bedrohung für die arktische Umwelt dar.44 Anders als für die Antarktis existiert jedoch für die Arktis kein internationales Vertragswerk, das dem Schutz dieses fragilen Ökosystems dient. Dies liegt sowohl an der relativ kleinen Zahl der Anrainerstaa- Anders als für die Antarktis existiert jedoch für die Arktis kein internationales Vertragswerk, das dem Schutz dieses fragilen Ökosystems dient. 32 Die Mittellinie zwischen zwei benachbarten Staaten folgt einer Linie, die nach dem Grundsatz der gleichen Entfernung von den nächstgelegenen Punkten der Basislinien festgelegt wird. 33 Spanien behält sich als Vertragsstaat des Spitzbergen-Vertrags von 1920 das Recht vor, den Spitzbergen zugehörigen Festlandsockel auszubeuten. Nordwest- und Nordostpassage 34 Für einen Überblick über das dänische Kontinentalschelf-Projekt siehe http://a76.dk/lang_uk/main.html Mit dem Rückgang des Packeises im Nordpolarmeer38 erscheint erstmalig die kommerzielle Nutzung der Nordwestpassage, welche den Atlantik mit dem Pazifik verbindet und zu weiten Teilen durch den kanadischen Archipel führt, möglich. Gegenüber der Nutzung des Panama-Kanals würde sich der Seeweg von Hamburg nach Schanghai von 25 200 Kilometer auf 17 000 Kilometer verkürzen. Ob der zunehmenden Erderwärmung auch zwingend eine Intensivierung des Schiffsverkehrs folgen wird,39 erscheint jedoch fraglich. Aufgrund zusätzlicher Kosten, etwa durch notwendige Versicherungspolicen, ist eine Nutzung dieses nördlichen Seewegs derzeit wenig attraktiv.40 Ferner eröffnen sich mit dem Abschmelzen der arktischen Packeisdecke im Nordpolarmeer oder der Nordostpassage gleichzeitig weitere attraktive transpolare Seewege, zumal der rechtliche Status der Nordwestpassage nicht geklärt ist. Nach Ansicht der kanadischen Regierung führt die Passage durch historisch kanadische Binnengewässer, während die USA und die Europäische Union der Auffassung sind, dass es sich bei der Nordwestpassage um eine internationale Seestraße handelt.41 Die Bedrohungsszenarien des internationalen Terrorismus könnten jedoch die USA veranlassen, den kanadischen Anspruch anzuerkennen, um eine bessere Kontrolle dieses Seewegs zu ermöglichen.42 VEREINTE NATIONEN 1/2008 35 Am 15. Mai 2007 ermahnte Präsident George W. Bush den Senat, für eine Ratifikation des SRÜ zu stimmen, um unter anderem ausschließliche Zugriffsrechte auf die Ressourcen des Festlandsockels zu sichern. President’s Statement on Advancing U.S. Interests in the World’s Oceans, 15.5. 2007. 36 Die Fristen für Norwegen, Island und Russland laufen im Jahr 2009 aus. Kanada und Dänemark müssen ihre Dokumentationen erst im Jahr 2013 beziehungsweise 2014 einreichen. 37 Macnab, a.a.O. (Anm. 18), S. 95, Abb. 10. 38 Am 14. September 2007 meldete die Europäische Weltraumorganisation ESA, dass die Nordwestpassage erstmalig seit Beginn der Satellitenüberwachung komplett eisfrei war, http://www.esa.int/esaCP/ SEMYTC13J6F_index_0.html 39 Ingo Winkelmann, Wem gehört die Arktis?, Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP), SWP-Aktuell 56, November 2007, S. 4. 40 Für eine Kostenkalkulation vgl. Franklin Griffiths, New Illusions of a Northwest Passage, in: Myron H. Nordquist (Ed.), International Energy Policy, the Arctic and the Law of the Sea, Leiden 2005, S. 303–319, hier S. 309ff. 41 Rob Huebert, Climate Change and Canadian Sovereignty in the Northwest Passage, ISUMA – Canadian Journal of Policy Research, Winter 2001, S. 86–94. 42 Michael Byers, Internationales Recht und internationale Politik in der Nordwestpassage: Konsequenzen des Klimawandels, Zeitschrift für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht, 67. Jg., 2007, S. 145–157, hier S. 155ff. 43 Huebert, a.a.O. (Anm. 13), S. 195. 44 Olav S. Stokke, A Legal Regime for the Arctic? Interplay with the Law of the Sea Convention, Marine Policy, 31. Jg., 2007, S. 402–408, hier S. 404. 23 König · Neumann | Streit um die Arktis Angesichts der weitgehenden Aufteilung der Arktis unter den Anrainerstaaten erscheint es unwahrscheinlich, dass es gelingen könnte, einen internationalen Vertrag unter Federführung der Vereinten Nationen nach dem Modell des Antarktisvertrags auszuhandeln. Es ist zweifelhaft, dass durch einen internationalen Arktisvertrag Fortschritte erzielt werden könnten, die nicht auch mit dem bisherigen regionalen Ansatz zu erreichen sind. 24 ten, welche Ansprüche auf dieses Gebiet erheben, als auch an der strategischen Bedeutung der Region im Kalten Krieg, die zu einer starken Militärpräsenz geführt hat. So waren alle früheren Versuche, die Arktis einem multilateralen Vertragswerk zu unterstellen, zum Scheitern verurteilt.45 Damit stellt sich die Frage, ob unter der Ägide der Vereinten Nationen nach dem Vorbild der Antarktis ein verbindlicher Rechtsrahmen für den Schutz der arktischen Umwelt geschaffen werden sollte.46 Die Rechtsordnung der Antarktis lässt sich jedoch nicht ohne weiteres auf die Arktis übertragen. Mögen die Umweltbedingungen auch vergleichbar sein, so waren es doch gerade die Abwesenheit einer indigenen Bevölkerung, die industrielle Unerschlossenheit und eine drohende, aber noch nicht realisierte militärische Nutzung, die es erlaubt haben, die Region zum Gegenstand eines internationalen Vertragswerks zu machen. Das Zentrum der Arktis hingegen bildet nicht etwa unbewohnbares Terrain, sondern ein Ozean, der größtenteils den Anrainerstaaten als Raum ausschließlicher Nutzungsrechte zugeordnet ist. Dementsprechend ist die Nutzung der arktischen Ressourcen und die damit einhergehende Verpflichtung zum Schutz der Meeresumwelt nach dem SRÜ weitestgehend den Anrainerstaaten zugewiesen worden. Die Arktis ist zudem Lebensraum indigener Völker und wird sowohl wirtschaftlich als auch militärisch genutzt. Entsprechende Maßnahmen zum Schutz der Umwelt fanden daher vornehmlich auf regionaler Ebene statt. So haben die Arktisanrainerstaaten eine Vielzahl von bilateralen und multilateralen Verträgen abgeschlossen, welche unter anderem dem Schutz der arktischen Umwelt dienen.47 Diese Bemühungen führten im Jahr 1991 auf Initiative Finnlands zur Unterzeichnung der ›Arctic Environmental Protection Strategy‹ (AEPS) durch die acht Arktisanrainerstaaten. Im Jahr 1996 wurde mit dem Arktischen Rat (AR)48 ein politisches Forum geschaffen, das es den Anrainerstaaten ermöglicht, wissenschaftliche Erkenntnisse auszutauschen, die globalen Ursachen der arktischen Probleme hervorzuheben und die Mitgliedstaaten bei der Umsetzung bisher erzielter Vereinbarungen zum Schutz der arktischen Umwelt zu unterstützen.49 Der Arktische Rat hat die Koordination und Überwachung der unter der AEPS entwickelten Programme sowie der neuen Arbeitsgruppe für nachhaltige Entwicklung (Sustainable Development Working Group – SDWG) übernommen. In den gleichen Zeitraum fällt die Entstehung internationalen Vertragsrechts, das sich mit Meeresverschmutzung, Klimawandel und dem Schutz biologischer Vielfalt beschäftigt und damit Einfluss auf die Kernprobleme der arktischen Region nimmt.50 In Interaktion mit den regionalen Vertragswerken ist damit ein eigenes arktisches Rechtsregime entstanden, das sich insbesondere mit der Bewahrung der arktischen Umwelt befasst.51 Ausblick Angesichts der weitgehenden Aufteilung der Arktis unter den Anrainerstaaten erscheint es unwahrscheinlich, dass es gelingen könnte, einen internationalen Vertrag unter Federführung der Vereinten Nationen nach dem Modell des Antarktisvertrags auszuhandeln. Denn ein solcher Vertrag würde den Verzicht der Anrainerstaaten auf die zukünftige Nutzung der Ressourcen, die ihnen nach dem SRÜ zugewiesen sind, voraussetzen. Zudem würde er sich möglicherweise mit den bereits bestehenden globalen Verträgen zum Teil überschneiden und damit den Rechtsrahmen unübersichtlicher machen. Deshalb ist es zweifelhaft, dass durch einen internationalen Arktisvertrag Fortschritte erzielt werden könnten, die nicht auch mit dem bisherigen regionalen Ansatz zu erreichen sind.52 Die Einbeziehung polarspezifischer Belange in bestehende Regime könnte schneller, kostengünstiger und effektiver sein als die Schaffung eines neuen verbindlichen Rechtsrahmens. Die UN sollten daher die Arktisanrainerstaaten zu weiterer und engerer Zusammenarbeit ermutigen. Ein Austausch von Erkenntnissen zwischen den relevanten Unterorganisationen der UN und den Arbeitsgruppen des Arktischen Rates würde dabei den Kenntnisstand über die Region und ihre besondere Gefährdung erweitern. Schließlich sollten die UN darauf hinwirken, dass die Anrainerstaaten die Abgrenzungsprobleme, die sich im Hinblick auf die von ihnen beanspruchten verlängerten Festlandsockel stellen, rasch und einvernehmlich lösen. 45 Für einen Überblick vgl. Donald R. Rothwell, The Polar Regions and the Development of International Law, Cambridge 1996, S. 223ff. 46 Winkelmann, a.a.O. (Anm. 39), S. 8. 47 Für einen Überblick vgl. Johannes E. Harders, Regionaler Umweltschutz in der Arktis, Baden-Baden 1997, S. 82ff. 48 Dem Rat gehören an: Dänemark, Finnland, Island, Kanada, Norwegen, Russland, Schweden und die USA. Ferner sind sechs internationale Organisationen als Vertreter der indigenen Bevölkerung als ständige Mitglieder des arktischen Rates beteiligt. Darüber hinaus haben acht nichtarktische Staaten, darunter die Bundesrepublik Deutschland, sowie zahlreiche Internationale Regierungs- und nichtstaatliche Organisationen Beobachterstatus. 49 Stokke, a.a.O. (Anm. 44), S. 402–408, hier S. 407. 50 Vgl. etwa Übereinkommen über weiträumige grenzüberschreitende Luftverunreinigung (1979); Übereinkommen über die biologische Vielfalt (1992). 51 Rothwell, a.a.O. (Anm. 45), S. 156ff., mit weiteren Nachweisen. 52 So auch Oran R. Young, The Structure of Arctic Cooperation: Solving Problems/Seizing Opportunities, A paper prepared at the request of Finland in preparation for the fourth conference of Parliamentarians of the Arctic Region, Rovaniemi, 27.–29. August 2000, S. 1–22., hier S. 9f., http://www.arcticparl.org/resource/static/conf4_sac.pdf VEREINTE NATIONEN 1/2008 Edgar | Der ›Academic Council on the United Nations System‹ Der ›Academic Council on the United Nations System‹ Ein internationales Netzwerk von UN-Forschern Alistair D. Edgar Der ›Academic Council on the United Nations System‹ (ACUNS) ist ein internationales Netzwerk von Akademikern und Praktikern, die sich für die Vereinten Nationen interessieren. Beheimatet in Nordamerika ist es ein Ziel des Netzwerks, UN-Studien an den politikwissenschaftlichen Fakultäten der USA zu fördern. Ein weiteres Ziel ist der Wissens- und Erfahrungsaustausch von Wissenschaftlern und Praktikern weltweit. ACUNS hat damit eine Nische im akademischen Bereich gefunden, die es versucht weiter auszubauen. ACUNS wurde im Jahr 1987 von einer kleinen Gruppe von Wissenschaftlern – vor allem aus den USA, Kanada und Mexiko – gegründet. Ziel der Gruppe war, Wissenschaftler und Praktiker zusammenzubringen, die an den Vereinten Nationen, an mit den UN verwandten internationalen Organisationen und generell am Multilateralismus interessiert waren. Ein weiteres Ziel war, ein Netzwerk aufzubauen, das junge Lehrbeauftragte und fortgeschrittene Studierende (im Aufbaustudium) in den USA unterstützen sollte. Die Unterstützung war und ist wichtig, weil es oft eine schwierige und nicht selten kostspielige Berufsentscheidung ist, die Vereinten Nationen oder internationale Organisationen zum Studiengegenstand und damit vielleicht zum Beruf zu machen. Denn das Thema UN gehört nicht zum Studienschwerpunkt der üblichen Ausrichtung der Politikwissenschaften (insbesondere Mitte der achtziger Jahre in den USA, als das oft gehässige Schlechtmachen der Vereinten Nationen salonfähig wurde). Durch die Vernetzung dieser jungen Akademiker mit älteren und gestandeneren Wissenschaftlern einerseits und durch das Bekanntmachen bereits vorhandener Wissenschaftlervereinigungen andererseits, konnte ACUNS einen kontinuierlichen Diskurs über die Vereinten Nationen innerhalb der USA fördern, wo ein Großteil der öffentlichen Debatte aus kritischer, wenn nicht gar feindlicher Rhetorik bestand. ACUNS nimmt nicht für sich in Anspruch – und könnte es auch gar nicht – einen andernfalls verlorenen Bereich wissenschaftlichen Studiums in den USA oder in anderen Ländern ›gerettet‹ zu haben. Das politisch-akademische Klima in den USA veränderte sich beträchtlich mit dem Ende des Kalten Krieges und dem Ende der zweiten Amtszeit von Präsident Ronald Reagan. Dennoch kann ACUNS sicherlich für sich in Anspruch nehmen, zur Verbesserung der Qualität der Forschung beigetragen zu haben. Ferner hat ACUNS als Interessennetzwerk für amerikanische Wissenschaftler gedient, die sich für andere Themen VEREINTE NATIONEN 1/2008 interessierten und andere Bezugssysteme als die vorherrschenden realistischen und neorealistischen Sichtweisen entwickelten. In der Zeit nach dem Einmarsch der USA in Irak im Jahr 2003 und der darauf folgenden Feindseligkeit der Republikaner gegen alles, was mit den UN zu tun hatte, ließ sich ACUNS nicht von seiner Aufgabe abbringen; auch dann nicht, als durch politischen Druck die Finanzmittel für jene UN-Forschungsgruppen gekürzt wurden, die die Weltorganisation nicht in ebenso schrillen Tönen anprangerten. Zugleich gelang es ACUNS, durch das Zusammenbringen von Theorie und Praxis sich und seiner Flagschiff-Publikation ›Global Governance‹, eine Nische zu schaffen. Die vierteljährlich erscheinende Zeitschrift hat eine andere Ausrichtung als vergleichbare wissenschaftliche Publikationen. Das ACUNS-Sekretariat wechselt alle fünf Jahre seinen Sitz. In den ersten 15 Jahren seines Bestehens waren dies: Dartmouth College (New Hampshire), Brown University (Rhode Island) und Yale University (Connecticut). Aus administrativen Gründen ist es stets an eine Universität angebunden. Am Ende der dritten Fünf-Jahres-Periode des Sekretariats in den Jahren 2002/2003 meinten sowohl das Direktorium als auch andere Mitglieder, dass ACUNS erwägen sollte, eine Anbindung an eine Institution außerhalb der USA zu suchen. Für einen international ausgerichteten Forschungsbereich mit zunehmend geografisch breit gestreuter Mitgliedschaft gab es gute Argumente für eine solche Verlegung, auch wenn dies bedeutete, sich physisch vom Amtssitz der Vereinten Nationen in New York City zu entfernen. Seit dem Jahr 2003 hat das ACUNS-Sekretariat seinen Sitz an der Wilfrid Laurier University im kanadischen Ontario. Das Sekretariat wird dort nicht nur von der Laurier University, sondern auch von der University of Waterloo sowie vom ›Centre for International Governance Innovation‹ (CIGI) unterstützt. Kanada hat sich seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs sowohl im akademischen Bereich als auch in den internationalen Beziehungen für die Vereinten Nationen und den Multilateralismus stark gemacht – dieses Engagement ist ein fester Bestandteil seiner Außenpolitik. Im Laufe der nunmehr 20 Jahre seines Bestehens stieg die Mitgliederzahl von ACUNS von einigen Dutzend auf etwa 900 Personen und mehr als 60 Institutionen aus etwa 55 Ländern. Etwa 40 Prozent der Mitglieder kommen aus den USA und weitere zehn Prozent aus Kanada; am schnellsten steigt die Mitgliederzahl derzeit in Frankreich und Deutschland. Dr. Alistair D. Edgar, geb. 1962, ist Exekutivdirektor ›Academic Council on the United Nations System‹ (ACUNS) und außerordentlicher Professor für Politikwissenschaften, Wilfrid Laurier University, Ontario, Kanada. 25 Edgar | Der ›Academic Council on the United Nations System‹ Ein Rückblick auf die letzten 20 Jahre von ACUNSkam zu dem Schluss, dass die ersten zwei Jahrzehnte größtenteils eine Erfolgsgeschichte waren. 26 Wie bereits erwähnt, ist es das Anliegen von ACUNS, erstens Innovation und Exzellenz in der Wissenschaft, bei der Ausbildung und Praxis in allen UNrelevanten Fragen sowie bei der Analyse internationaler Organisationen in den internationalen Beziehungen zu fördern. Zweitens strebt ACUNS einen verstärkten Dialog zwischen Praktikern und Wissenschaftlern an, um die Arbeit beider Gruppen zu fördern. ACUNS verfolgt diese Aufgabe auf verschiedenen Wegen. Zum einen wird eine Jahreskonferenz an jeweils anderen Orten und zu anderen Themen abgehalten. Dadurch sollen junge sowie gestandenere Wissenschaftler und Praktiker aus der ganzen Welt mit interessierten Vereinigungen von Akademikern und Praktikern im Gastland vernetzt werden. Zu den weiteren Programmen und Projekten gehört die Organisation eines jährlichen zweiwöchigen Workshops für bis zu 20 jüngere Akademiker und Praktiker. Damit sollen Berufseinsteiger mit den Teilnehmern vergangener Jahre in Kontakt gebracht werden. Weitere Instrumente des Wissensaustauschs sind die Herausgabe der Zeitschrift ›Global Governance: A Review of Multilateralism and International Organizations,‹ des ›ACUNS-Newsletters‹ und der Reihe ›Occasional Papers‹ sowie die Bereitstellung administrativer und anderer Unterstützung zur Förderung von Mitglieder-Projekten. ACUNS ist seit dem Jahr 1996 bei der Hauptabteilung Presse und Information und dem Wirtschafts- und Sozialrat der Vereinten Nationen akkreditiert, verfügt daher über den allgemeinen Konsultativstatus als nichtstaatliche Organisation. Es bleibt sicherlich einiges mehr zu tun, um ACUNS stärker mit den Vereinten Nationen in New York und weiteren UN-Organisationen zusammenzubringen. Die Zahl der Mitarbeiter im UN-System, die ACUNS nicht kennen, ist größer als die Zahl derer, die es kennen. Das liegt vor allem an der hohen Fluktuation und Mobilität der Mitarbeiter im UN-System, insbesondere bei den unteren und mittleren Dienstgraden, aber auch bei den Diplomaten. Ihnen ACUNS näher zu bringen, ist eine stete Herausforderung. Trotzdem arbeitet ACUNS in seiner Programmgestaltung mit den Vereinten Nationen zusammen und wird von UNAbteilungen und -Mitarbeitern angefragt, zu diversen Vorgängen, einschließlich Resolutionen der Generalversammlung, Stellung zu nehmen. Der ehemalige Generalsekretär Kofi Annan war schon früh Mitglied von ACUNS und unterstützte dessen Arbeit während und nach seiner Amtszeit. Generalsekretär Ban Ki-moon ist eingeladen, bei der Jahreskonferenz 2008 in Bonn zu sprechen. Und die Stellvertretende Generalsekretärin Asha-Rose Migiro hat auf der Jahreskonferenz 2007 in New York eine Rede gehalten. Ein Rückblick auf die letzten 20 Jahre von ACUNS1, die im Jahr 2007 von Leon Gordenker, Professor emeritus der Princeton University, vorgelegt wurde, kam zu dem Schluss, dass die ersten zwei Jahrzehnte größtenteils eine Erfolgsgeschichte waren. Die Finanzierung eines langfristigen Forschungsprogramms bleibt schwierig, da Stiftungen und Regierungen im Allgemeinen schnelle und greifbare Ergebnisse bevorzugen. Weiterhin merkte Gordenker in seiner Studie an, dass jede seriöse Organisation oder Gesellschaft sich der Frage, ob sie ihren Zweck erfüllt hat, stellen und diese ehrlich beantworten müsse. Auch wenn ACUNS weiterhin versucht, seiner Aufgabe gerecht zu werden und das Direktorium der Ansicht ist, dass ACUNS damit erfolgreich war, bleibt in dieser Hinsicht intern und extern viel zu tun: Dies könnte bedeuten, sich durch neue Verbindungsbüros oder neue Projekte zu vergrößern, langfristige Aktivitäten auszubauen und zu verbessern oder neue Partnerschaften anzustreben und zu entwickeln. ACUNS beginnt also das dritte Jahrzehnt seines Bestehens mit einem vollen Programm. Ein Höhepunkt davon wird das diesjährige Jahrestreffen sein. Es findet vom 5. bis 7. Juni 2008 in Bonn statt. Das Thema der Konferenz ist: »Die Vereinten Nationen und die globale Entwicklungsarchitektur« (The United Nations and the Global Development Architecture). Auf der Konferenz wird es vier Plenarveranstaltungen geben zu den Themen: 1. Nachhaltigkeit und Klimawandel; 2. Nexus zwischen Entwicklung und Frieden; 3. Handel, Finanzierung und Entwicklung; sowie 4. Migration und Entwicklung. Alle Plenarveranstaltungen sind als Diskussion am ›runden Tisch‹ geplant, um einen offenen Gedankenaustausch zu fördern. Drei bis vier Experten für die jeweiligen Themen werden an den Diskussionen teilnehmen. Zusätzlich wird eine Vielzahl von Workshops angeboten. Sie sind in drei Gruppen aufgeteilt, von bis zu zehn gleichzeitig abgehaltenen Sitzungen und widmen sich anderen Aspekten des Konferenzthemas.2 Bei Fragen zur ACUNS-Jahreskonferenz, vom 5. bis 7. Juni 2008 in Bonn, können Sie sich gern direkt an das ACUNS-Sekretariat wenden, entweder per E-Mail an: Sarah Hucsko ([email protected]), an: Exekutivdirektor Alistair Edgar ([email protected]) oder auch per Post an folgende Adresse: ACUNS Secretariat Wilfrid Laurier University Waterloo, Ontario N2L 3C5 Kanada 1 ACUNS in the Decade 1996–2006, Report Commissioned by the Board of Directors, Rapporteur: Leon Gordenker, 2007, über: http:// www.acuns.org 2 Die vorläufige Tagesordnung, das ›Call for Papers‹ sowie Informationen zur Anmeldung finden sich unter: http://www.acuns.org VEREINTE NATIONEN 1/2008 Aus dem Bereich der Vereinten Nationen | Umwelt Aus dem Bereich der Vereinten Nationen Umwelt Klimarahmenkonvention: 13. Vertragsstaatenkonferenz 2007 Kyoto-Protokoll: 3. Vertragsstaatenkonferenz 2007 ■ ■ Bali-Aktionsplan verabschiedet Keine konkreten Reduktionsziele vereinbart Jürgen Maier (Dieser Beitrag setzt den Bericht von Jürgen Maier über die Klimarahmenkonvention und das KyotoProtokoll, VN, 1–2/2006, S. 45f., fort.) Kaum eine Klimakonferenz wurde auf derart hoher politischer Ebene vorbereitet wie die 13. Vertragsstaatenkonferenz (VSK) des Rahmenübereinkommens der Vereinten Nationen über Klimaänderungen (UNFCCC) und parallel die 3. Vertragsstaatenkonferenz des Kyoto-Protokolls in Bali vom 3. bis 15. Dezember 2007. Wichtigster Verhandlungsgegenstand war die mittel- und langfristige Zukunft des Klimaregimes nach dem Auslaufen des Kyoto-Protokolls am 31. Dezember 2012. Noch im Dezember 2005 wäre die 11. VSK in Montreal beinahe gescheitert. Bei der 12. VSK in Nairobi im November 2006 wurde neben einem umfangreichen Arbeitsprogramm zur Anpassung an den Klimawandel – insbesondere in Entwicklungsländern – auch ein Arbeitsprogramm der Ad-hoc-Arbeitsgruppe unter dem KyotoProtokoll für die Weiterentwicklung desselben beschlossen. Dies waren formal jedoch noch keine Verhandlungen, sondern lediglich Beratungen. Für Bali stand die Entscheidung an, nun auch ein offizielles Verhandlungsmandat zu beschließen. Ob dies tatsächlich gelingen würde, blieb bis kurz vor Konferenzende offen. Günstige Voraussetzungen Im Frühjahr 2007 hatte sich die Europäische Union unter deutscher Präsidentschaft mit einem vergleichsweise ambitionierten Klima- und Energiepaket als Vorreiter in Position gebracht. Für die Klimaverhandlungen ist hierbei besonders der Beschluss VEREINTE NATIONEN 1/2008 hervorzuheben, dass die EU ihre Emissionen gegenüber 1990 um 20 Prozent bis 2020 reduzieren werde und, falls andere wichtige Nationen sich beteiligen, sogar um 30 Prozent. Auch mit dem KlimaSchwerpunkt des G-8-Gipfels in Heiligendamm im Juni 2007 spielte Bundeskanzlerin Angela Merkel mit hohem Einsatz. Unter den G-8-Staaten befinden sich mit Japan, Kanada, Russland und den USA vier der wichtigsten Bremser der Klimaverhandlungen. Die Unterschrift des amerikanischen Präsidenten unter das Heiligendamm-Kommuniqué mit Sätzen wie »Wir haben vereinbart, dass der UN-Klimaprozess das geeignete Forum ist, um künftige globale Maßnahmen bezüglich des Klimawandels auszuhandeln. Wir sind entschlossen, in diesem Forum voranzukommen, und rufen alle Parteien auf, sich aktiv und konstruktiv an der UN-Klimakonferenz im Dezember 2007 in Indonesien mit dem Ziel zu beteiligen, eine umfassende Übereinkunft für die Zeit nach 2012 (Kyoto-Folgeübereinkommen) zu erzielen, die alle wesentlichen Emissionsländer einbeziehen sollte« (G-8-Kommuniqué, S. 3), war unter diesem Gesichtspunkt ein zwar eigentlich banal klingendes, aber durchaus beachtliches Zugeständnis: Die USA konnten nach dieser Zusage keine derart offene Obstruktionspolitik mehr betreiben wie noch bei der 11. VSK in Montreal. Im Vorfeld der Konferenz wurden mit dem 4. Sachstandsbericht des ›Intergovernmental Panel on Climate Change‹ (IPCC) im Frühjahr, dem Hochrangigen Treffen zum Klimawandel der Generalversammlung am 24. September, der Verleihung des Friedensnobelpreises an das IPCC und den früheren amerikanischen Vizepräsidenten Al Gore sowie dem Regierungswechsel in Australien im November die Erwartungshaltung nochmals erhöht, dass in Bali ein greifbares Ergebnis herauskommen würde. Australiens neuer Premierminister Kevin Rudd verkündete als erste Amtshandlung die Ratifizierung des Kyoto-Protokolls. Danach reiste er persönlich zur Konferenz, um die Ratifikationsurkunde zu übergeben. Auch die Tatsache, dass Bali mit 11 000 Teilnehmern die bisher größte Klimakonferenz war, trug zu der enormen Erwartungshaltung bei. War die Klimakonferenz in Bali ein Erfolg? Formal gesehen hat die Konferenz ihr Ziel erreicht. In Bali stand nicht die Verabschiedung eines neuen Abkommens auf der Tagesordnung, sondern lediglich die formelle Beschlussfassung über einen Verhandlungszeitplan. Mit dem ›Bali-Aktionsplan‹ wurden formelle Verhandlungen für ein Nachfolgeabkommen für das am 31. Dezember 2012 auslaufende Kyoto-Protokoll aufgenommen. Sie sollen in zwei Jahren, also bis Dezember 2009 (15. VSK in Kopenhagen), abgeschlossen sein. Damit dürfte genügend Zeit zur Verfügung stehen für einen Ratifizierungsprozess in den nationalen Parlamenten. So gesehen hat die Konferenz ihr Ziel weitgehend erreicht. Viele Beobachter, insbesondere der Medien, fragten allerdings, warum man angesichts der Dramatik der Lage derart viel Zeit verstreichen lassen muss, um ein neues Abkommen abzuschließen. Bei den Klimakonferenzen 2004/2005 war schon die Frage, ob es überhaupt eines Kyoto-Folgeübereinkommens bedarf, höchst umstritten. Auf der 12. VSK im Jahr 2006 in Nairobi wurden informelle Gespräche über Verhandlungen beschlossen; im Jahr 2007 wurde der neue IPCCBericht veröffentlicht, worin festgestellt wird, dass die Welt nur noch 10 bis 15 Jahre Zeit hat, das Klimaproblem zu lösen. Und nun reisten 11 000 Personen (darunter 3500 Regierungsvertreter) nach Bali, um zwei Wochen lang zu diskutieren und dann lediglich zu beschließen: Wir verhandeln jetzt auch offiziell. Das klingt mager. Aber es gab weder eine klare inhaltliche Festlegung, was das Ziel dieser Verhandlungen sei, noch eine Festlegung auf eine Begrenzung des Temperaturanstiegs auf 2 °C noch eine klare Festlegung auf eine Bandbreite für Reduktionsverpflichtungen. Es ist hilfreich, sich diese – im Grunde unglaubliche –Trägheit immer wieder vor Augen zu führen und den Prozess nicht schönzureden, denn schneller geht es in der internationalen Politik nur selten. Der Bali-Aktionsplan Von den insgesamt 14 Beschlüssen der VSK ist der wichtigste der ›Bali-Aktions27 Aus dem Bereich der Vereinten Nationen | Umwelt plan‹. Darin ist das Verhandlungsmandat bis 2009 festgelegt, das sich inhaltlich in vier Themenbereiche gliedert: 1. Eindämmung: Maßnahmen zur weiteren Reduzierung von klimaschädlichen Emissionen, einschließlich der künftigen Gestaltung von Instrumenten, wie dem Emissionshandel und der Rolle des Waldschutzes; 2. Anpassung: Maßnahmen zur Anpassung an den unvermeidbaren Klimawandel und Unterstützung der besonders betroffenen Länder; 3. Technologie: Transfer klimafreundlicher Technologien; und 4. Finanzierung: Entwicklung neuer Mechanismen zur Finanzierung des Klimaschutzes. Zu 1: Zentrales Thema der Konferenz war die Festlegung eines Verhandlungsprozesses für Verpflichtungen zur Reduzierung von klimaschädlichen Emissionen nach 2012. Darüber wurde in einer Reihe von Gremien und Untergremien parallel im Rahmen der Konvention und des KyotoProtokolls verhandelt. Der Konventionsprozess – unter Beteiligung der USA – konzentrierte sich auf die Weiterentwicklung des in Montreal 2005 eingerichteten ›Dialogs zum langfristigen kooperativen Handeln, um durch die Umsetzung der Konvention dem Klimawandel zu begegnen‹. Die Ad-hoc-Arbeitsgruppe der Unterzeichnerstaaten des Kyoto-Protokolls verhandelte über einen Zeitplan für die Festlegung von Reduktionsverpflichtungen für Industrieländer und über die zweite Überprüfung gemäß Art. 9 des Protokolls. Dieser Artikel besagt, im Lichte neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse zu überprüfen, ob die Verpflichtungen noch angemessen sind. Alle diese Verhandlungsstränge sind inhaltlich eng miteinander verwoben und sollten im Idealfall in einen einzigen Vertrag zusammenfließen, der Kyoto ablöst. Die von der EU gewünschte konkretere Festlegung des Verhandlungsmandats auf einen Emissionsreduktionsbereich von 25 bis 40 Prozent der Industrieländer (gegenüber 1990) war nicht durchsetzbar. Es gelang lediglich, einen Verweis auf die IPCC-Empfehlung für Reduktionen in dieser Bandbreite in einer Fußnote unterzubringen. Betont wurde im Bali-Aktionsplan erneut das Prinzip der »gemeinsamen, aber differenzierten Verantwortlichkeit«. Das heißt, es wird nur über Reduktions28 verpflichtungen für Industriestaaten verhandelt, wobei diese für alle Industriestaaten »vergleichbar« sein sollen. Doch wird auch erstmals über »national angemessene Verpflichtungen« für Entwicklungsländer verhandelt: »im Kontext nachhaltiger Entwicklung, unterstützt und ermöglicht durch Technologie, Finanzmittel und Kapazitätsaufbau, in messbarer, zu berichtender und überprüfbarer Weise« (BaliAktionsplan, Ziff. 1 (b), (ii)). Auch die seit Jahren diskutierte Aufnahme der Reduzierung von CO2-Emissionen durch Waldzerstörung1 in das Klimaregime taucht in den Beschlüssen von Bali nun auf: Es sollen Pilotprogramme initiiert und für die Zeit ab 2012 neue Maßnahmen und finanzielle Anreize vereinbart werden. Dadurch sollen Bemühungen von Entwicklungsländern unterstützt werden, ihre Wälder zu erhalten und damit zum Klimaschutz beizutragen (BaliAktionsplan sowie separater Beschluss »Reducing emissions from deforestation in developing countries: approaches to stimulate action«). Hier liegt der Teufel allerdings im Detail: Manche Akteure wollen darüber hinaus auch Anreizmechanismen für die Aufforstung und die Anlage von Holzplantagen beschließen lassen. Ein wichtiger – und umstrittener – Verhandlungsgegenstand sind auch »kooperative Sektoransätze und sektorspezifische Maßnahmen«. Damit sollen Maßnahmen beraten werden, die sich länderübergreifend auf bestimmte Industriebranchen beziehen, um Befürchtungen insbesondere energieintensiver Branchen zu zerstreuen, ihnen könnten Wettbewerbsnachteile durch den Klimaschutz entstehen. So könnte erstmals auch der internationale Flugverkehr – einer Branche, deren Treibhausgasemissionen mit am schnellsten wachsen – in das Klimaregime einbezogen werden. Zu 2: Abgeschlossen wurden in Bali, trotz großer Meinungsverschiedenheiten über die Kompetenz- und Machtverteilung, die Verhandlungen zur Einrichtung des Anpassungsfonds der Konvention (Adaptation Fund). Für den Fonds wurde ein Verwaltungsrat eingerichtet, in dem die Entwicklungsländer mehrheitlich vertreten sind. Die Globale Umweltfazilität (Global Environment Facility – GEF) wird als Sekretariat fungieren, aber mit wesentlich weniger Kompetenzen als von ihr gefordert. Die Sitzungen des Verwaltungsrats werden nicht am GEF-Sitz in der Weltbank in Washington stattfinden, sondern am Sitz des Konventionssekretariats in Bonn. Gespeist wird der Fonds zunächst aus Abgaben aus dem ›Clean Development Mechanism‹ (CDM); die Verhandlungen bis 2009 werden zudem auch darum gehen, ob auch aus dem anderen flexiblen Mechanismen (vor allem dem internationalen Emissionshandel) Abgaben an den Anpassungsfonds fließen sollen. Nur so könnten die bisher eher bescheidenen Mittel des Fonds aufgestockt werden, damit er seiner Aufgabe auch nur ansatzweise gerecht werden kann. Zu 3: Zur Technologie-Zusammenarbeit wurde in Bali ein umfangreiches Arbeitsprogramm beschlossen, das hoffentlich über die üblicherweise eher fruchtlosen Diskussionen in anderen UN-Gremien über Technologietransfer hinausgehen wird. Auch die Möglichkeiten der Märkte für den Emissionshandel sollen integriert werden. Die GEF erhielt den Auftrag, bis Mai 2008 einen Vorschlag für ein strategisches Arbeitsprogramm vorzulegen, mit der Technologie-Zusammenarbeit mit Entwicklungsländern sowohl für klimafreundliche Technologien als auch für die Anpassung an den Klimawandel eingeleitet und ausgebaut werden sollen. Die Entwicklungsländer machten in Bali deutlich, dass diese Fragen für sie von zentraler Bedeutung sind und es nur Fortschritte geben wird, wenn der Norden hier substanzielle Zugeständnisse macht. Sonstige Beschlüsse Institutionell wurde neben der bereits bestehenden Ad-hoc-Arbeitsgruppe zur Weiterentwicklung des Kyoto-Protokolls nun auch unter der Konvention selbst eine Arbeitsgruppe (Ad Hoc Working Group on Long-term Cooperative Action) eingerichtet. Diese Konstellation könnte Probleme bereiten, wenn die beiden Gremien nicht eng miteinander kooperieren. Letztlich hängt dies von jenen Staaten ab, die 1 Bei der Zerstörung von Wäldern werden zum Teil erhebliche Mengen Kohlendioxid frei, nicht nur durch die Freisetzung des im Holz gebundenen Kohlenstoffs, sondern auch aus den Böden. Indonesien ist durch seine enorme Entwaldungsrate nach den USA und China mittlerweile zum drittgrößten CO2-Emittenten aufgestiegen. VEREINTE NATIONEN 1/2008 Aus dem Bereich der Vereinten Nationen | Umwelt zwar die Konvention, nicht aber das Protokoll ratifiziert haben – etwa den USA. Die Klimaverhandlungen finden inzwischen in immer mehr Gremien statt, so dass mit dem erhofften Ende der amerikanischen Sonderrolle unter der nächsten Regierung vermutlich wieder einiges gebündelt werden kann. Dramatischer Schlussakt Das Verhandlungspaket wurde – wie bei Klimakonferenzen üblich – erst mit einem Tag Verspätung, am Nachmittag des 15. Dezember, in einer dramatischen SchlussSitzung geschnürt. Nachdem die amerikanische Delegationsleiterin Paula Dobriansky zunächst – unter Buh-Rufen des Plenums – erklärt hatte, die USA könnten nicht zustimmen, drohte die Konferenz zu scheitern: Ohne amerikanische Beteiligung wären die Schwellenländer zu keinen Zusagen bereit gewesen und ohne die Schwellenländer wiederum eine Reihe anderer Industriestaaten nicht. Erst nach dramatischen Appellen unter anderem des indonesischen Präsidenten und des UN-Generalsekretärs gab Dobriansky ihren Widerstand auf. Das Weiße Haus distanzierte sich umgehend von den Bali-Beschlüssen; möglicherweise hatte die amerikanische Gesandte eigenmächtig ihre Kompetenzen überschritten. Aussichten Wie dem auch sei: der Bremsklotz für die Klimaverhandlungen ist einstweilen gelöst. Mit dem Verhandlungsmandat bis zur übernächsten Vertragsstaatenkonferenz im Dezember 2009 in Kopenhagen liegt es jetzt an allen Akteuren – staatlichen wie nichtstaatlichen –, es mit Substanz zu füllen. Bis dahin wird in Washington eine neue Regierung im Amt sein, von der anzunehmen ist, dass sie in jeder denkbaren Konstellation weitaus konstruktiver verhandeln wird als die gegenwärtige. Dies wird auch Rückwirkungen auf andere, heute noch zögerliche Akteure wie Japan und Kanada haben. Die Gefahr, dass das Klimaregime insgesamt am Unwillen einer Reihe zentraler Akteure scheitert, ist jedenfalls in Bali vorerst gebannt worden. Auch bei den Regierungen der Entwicklungs- und Schwellenländer gibt es noch viele, die noch nicht wirklich bereit sind zur Kenntnis zu nehmen, dass ein auf importierte fossile Energieträger gestützter Entwicklungspfad inVEREINTE NATIONEN 1/2008 zwischen völlig unrealistisch geworden ist und ein Verzicht darauf deshalb keine Konzession an die Industrieländer ist, sondern alternativlos. Kurz nach Bali stieg der Ölpreis erstmals auf 100 US-Dollar pro Barrel. Insbesondere China spürt gegenwärtig besonders deutlich, wie diese Abhängigkeit von importierter Energie zu enormen wirtschaftlichen Problemen führen kann. China, als mittlerweile weltweit größter CO2Emittent, spielte deshalb unter den großen Schwellenländern die konstruktivste Rolle, mit der Bereitschaft, im Rahmen eines neuen Klimavertrags Verpflichtungen zu übernehmen. Indien übernahm lange Zeit eher die Rolle des Hardliners, wobei die Energieszenarien für Indien davon ausgehen, dass das Land bis zum Jahr 2030 nahezu seinen gesamten Erdölbedarf und 40 Prozent seines Kohleverbrauchs importieren muss. Ob der Weltmarkt dies überhaupt noch hergeben wird, ist fraglich. Es war deshalb von großer Bedeutung, dass sich Indien in Bali in der abschließenden Plenarsitzung für den Beschluss eingesetzt hat, dass die Schwellenländer zu Maßnahmen bereit sind, wenn auch die Industrieländer mehr tun. So klar es ist, dass keines dieser Schwellenländer irgendwelche bindenden Verpflichtungen unterschreiben wird, wenn nicht die USA ernstzunehmende Reduktionsverpflichtungen übernehmen, so klar ist auch, dass diese Verpflichtungen anderer Natur sein werden als die für Industrieländer. Klimapolitik ist inzwischen zu großen Teilen Nord-Süd-Politik und zu einem der Hauptschauplätze internationaler Politik – und zur Chefsache der Kanzlerinnen, Präsidenten und Premierminister – avanciert. Dies trägt zwar der Bedeutung des Problems Rechnung, zeigt aber auch, dass das Einigungspaket für das Kyoto-Folgeübereinkommen viele Komponenten hat, die bei weitem nicht nur umweltpolitische sind. Eine Aufgabe, die vielleicht der Quadratur des Kreises gleichkommt. Für die Vereinten Nationen und den Multilateralismus ist sie sicherlich eine der größten Herausforderungen der nächsten Jahre. Weitere Informationen und Dokumente: Webseite der Klimarahmenkonvention, United Nations Framework Convention on Climate Change (UNFCCC), 13th Conference of the Parties (COP) to the UNFCCC and the 3rd Conference of the Parties Serving as the Meeting of the Parties (CMP) to the Kyoto-Protocol, 3.–15. December 2007, Bali, Indonesia, http://unfccc. int/meetings/cop_13/items/4049.php Konvention gegen Wüstenbildung: 8. Vertragsstaatenkonferenz 2007 ■ ■ 10-Jahres-Strategieplan verabschiedet Zunächst keine Einigung über Haushalt und außerordentliche Vertragsstaatenkonferenz einberufen Benno Pilardeaux (Dieser Beitrag setzt den Bericht von Benno Pilardeaux über die 7. Vertragsstaatenkonferenz 2005, VN, 1-2/2006, S. 46ff., fort.) Mit einer Steigerung des UNCCD-Haushalts für 2008/2009 um vier Prozent auf knapp 15 Millionen Euro endete in den frühen Morgenstunden des 27. Novembers 2007 in New York die erste außerordentliche Vertragsstaatenkonferenz (VSK) des am 26. Dezember 1996 in Kraft getretenen Übereinkommens der Vereinten Nationen zur Bekämpfung der Wüstenbildung in den von Dürre und/oder Wüstenbildung schwer betroffenen Ländern, insbesondere in Afrika (United Nations Convention to Combat Desertification – UNCCD). Das Übereinkommen hatte Ende 2007 191Vertragsstaaten. Die außerordentliche Vertragsstaatenkonferenz war notwendig geworden, nachdem zuvor die 8. VSK des UNCCD, die vom 3. bis 14. September 2007 in Madrid stattfand, in letzter Minute an der Finanzierungsfrage gescheitert war. Denn obwohl man sich bereits auf eine Steigerung des UNCCDHaushalts um nominal fünf Prozent auf Euro-Basis geeinigt hatte, zog Japan seine ursprüngliche Zusage wieder zurück und löste damit einen Eklat aus. Aufgrund des Rücktritts von Regierungschef Shinzo Abe drei Tage zuvor war man nicht entscheidungsfähig gewesen, hatte es geheißen. Die Beitragserhöhung für Japan hätte 75 000 Euro betragen. Finanzfragen sind beim UNCCD traditionell ein kritisches Thema, weil sich hier am deutlichsten die Wertschätzung der Geberländer zeigt. Ganz oben auf der Liste der säumigen Zahler stehen die USA, die ihre nach dem UN-Schlüssel festgelegten Pflichtbeiträge als freiwillige Beiträge ansehen und gerade so viel bezahlen, dass sie nicht von den Verhandlungen ausgeschlossen werden können. Die Außenstände allein der USA belaufen sich gegenwärtig auf rund 1,8 Millionen Euro. Dadurch wird der finanzielle Spielraum des Sekretariats deutlich eingeschränkt. 29 Aus dem Bereich der Vereinten Nationen | Umwelt Dabei war die 8. VSK des Übereinkommens überwiegend von Aufbruchstimmung geprägt. Dies zeigte sich an der Verabschiedung eines ›10-Jahres-Strategieplans und Rahmens zur Förderung der Umsetzung der Konvention (2008–2018)‹ [UN Doc ICCD/COP(8)/10/Add.2], zahlreichen Reformbeschlüssen für die UNCCD-Institutionen sowie an der Ernennung des neuen, allgemein wertgeschätzten Exekutivsekretärs, des 47-jährigen ehemaligen Umweltministers Benins, Luc Gnacadja, zum 1. Oktober 2007. Der Haushaltsbeschluss verpflichtet den neuen Exekutivsekretär auf Ausgabendisziplin, effektive Mittelverwendung im Sinne des 10Jahres-Strategieplans und transparente Buchführung. I. Ausschuss zur regionalen Umsetzung: mehr Dialog Entgegen anfänglicher Zweifel ist der potenzielle Nutzen des Ausschusses zur regionalen Umsetzung des Übereinkommens (Committee for the Regional Implementation of the Convention – CRIC) inzwischen allgemein anerkannt. Daher wurde sein auslaufendes Mandat verlängert. Allerdings mangelt es noch an einer überzeugenden Konferenzgestaltung, die den Raum für Dialog, Austausch und Rückkopplung bietet. Aus diesem Grund werden Staatenberichte erst wieder auf der 9. Vertragsstaatenkonferenz im Jahr 2009 diskutiert. Zunächst stehen auf der 7. Sitzung des CRIC im Jahr 2008 methodische Fragen im Vordergrund, die sich aus der Umsetzung des 10-Jahres-Strategieplans ergeben. Außerdem stehen die Arbeitsprogramme von CRIC, des Ausschusses für Wissenschaft und Technologie (Committee on Science and Technology – CST), des Sekretariats sowie des Globalen Mechanismus’ auf der Tagesordnung. Zudem sollen Indikatoren für das Monitoring des 10-Jahres-Strategieplans sowie das Format künftiger CRIC-Sitzungen besprochen werden: diese sollen künftig stärker dialogorientiert gestaltet werden. Die 7. CRIC-Sitzung soll dazu entsprechende Richtlinien verabschieden. Zusätzlich wurde das Sekretariat beauftragt, ein neues Berichtsformat zu erarbeiten, bei dem der 10-Jahres-Strategieplan sowie die Fortschritte bei der nationalen Planung besonders berücksichtigt werden. 30 II. Ausschuss für Wissenschaft und Technologie: neues Format einer wissenschaftlichen Konferenz Aufgrund der bislang wenig überzeugenden Arbeitsergebnisse des CST und seiner Arbeitsgruppen sowie erfolgloser Reformversuche in der Vergangenheit konzentrierten sich die Verhandlungen auf grundsätzliche Umstrukturierungen. Wichtigstes Ergebnis ist die künftige Neugestaltung der CST-Sitzungen überwiegend im Format einer internationalen wissenschaftlichen Konferenz, die sich nur mit einem Thema befasst. Organisiert werden diese Sitzungen extern von einem Konsortium oder einer Institution, die zum jeweiligen Konferenzthema über besondere Expertise verfügt. Bei diesem Prozess hat das CST-Büro die Führungsrolle. Ein kleiner Teil der Sitzungszeit des CST soll auch künftig im bisherigen ›Verhandlungsformat‹ gestaltet werden, um Raum für die Diskussion prozeduraler Fragen beziehungsweise zur Erarbeitung von Empfehlungen an die Vertragsstaatenkonferenz zu haben. Mit der Einführung dieses von Deutschland vorgeschlagenen Formats ist es erstmals gelungen, eine Reform zu verabschieden, die das Potenzial zur grundlegenden Verbesserung der Arbeitsergebnisse des CST bietet. III. Reformbedarf: allgemeine Zustimmung Der zur 8. Vertragsstaatenkonferenz vorgelegte 10-Jahres-Strategieplan war im Jahr 2005 von der Gemeinsamen Inspektionsgruppe der UN angeregt (UN Doc. ICCD/ COP(7)/4) und einer zwischenstaatlichen Arbeitsgruppe erarbeitet worden. Der Strategieplan enthält neben einer kurzen Beschreibung der Kernaufgabe des Übereinkommens (globale Rahmensetzung) eine Reihe strategischer und operativer Ziele. Darüber hinaus werden Vorschläge zur Reform der UNCCD-Institutionen gemacht. Hinter diesen Bemühungen steht die Einsicht, dass über ein Jahrzehnt nach Inkrafttreten des Übereinkommens die in das Vertragswerk gesetzten Erwartungen nicht erfüllt wurden. Dem UNCCD fehlen konkrete, überprüfbare Zielvorgaben mit klaren Zeithorizonten. So ist es bis heute nicht möglich abzuschätzen, inwieweit das Übereinkommen beispielsweise zur Eindämmung der Bodendegradation in Trockengebieten beitragen konnte. Auch konnten einzelne Organe des UNCCD den in sie gesetzten Erwartungen nicht gerecht werden. Beispielsweise hat es der CST bislang nicht vermocht, seine Funktion als wissenschaftliches Beratungsorgan des UNCCD auszufüllen. Ein weiteres Manko ist, dass die VSKs über die vergangene Dekade zu sehr von prozeduralen Fragen bestimmt waren, anstatt sich auf das eigentliche Thema Desertifikationsbekämpfung zu konzentrieren. In den letzten Jahren wurde daher deutlich, dass insbesondere die Geberstaaten zunehmend Vertrauen in den Sinn und Nutzen der Konvention verloren. Es war also in jeglicher Hinsicht höchste Zeit für Reformen, um die strukturellen und organisatorischen Defizite zu überwinden sowie sich erneut über Kernziele und Rolle des Übereinkommens zu verständigen. Wesentliche Elemente der Reform sind: ■ Die Vereinbarung gemeinsamer strategischer und operationeller Ziele zur Umsetzung des UNCCD bis zum Jahr 2018 sowie eine Verknüpfung des Arbeitsprogramms der UNCCD-Institutionen (Sekretariat, Globaler Mechanismus, CRIC, CST) mit dieser gemeinsamen Vision; ■ Mehr Klarheit über Mandat und Aufgaben der Organe des Übereinkommens sowie Verbesserung seiner Arbeitsweise, insbesondere durch Reformen des CRIC und des CST; ■ Die Einführung eines ergebnisorientierten Managements (results-based management). Die nächste Vertragsstaatenkonferenz findet im Herbst 2009 statt. Wenn sich kein anderes Gastgeberland findet, wird Bonn als Sitz des Sekretariats Tagungsort sein. Weitere Informationen über die Konferenz: http:// www.unccd.int/. Abschlussdokument: Report of the Conference of the Parties on its Eight Session, Held in Madrid from 3 to 14 September 2007 – Addendum Part Two: Action taken by the Conference of the Parties at its eighth Session, UN Doc. ICCD/COP(8)/16/Add. 1. Erratum In Heft 6/2007, S.251, wurde Rüdiger von Wechmar als einziger Deutscher, der jemals den Posten des Präsidenten der UN-Generalversammlung innehatte, bezeichnet. Dies stimmt nicht, da Peter Florin, Stellvertretender Außenminister der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), ihm 1987/88 auf diesem Posten folgte. VEREINTE NATIONEN 1/2008 Personalien Personalien Friedenssicherung Der Niederländer Robert H. Serry ist der neue Sonderkoordinator der Vereinten Nationen für den Nahost-Friedensprozess, Persönlicher Beauftragter des Generalsekretärs bei der Palästinensischen Befreiungsorganisation und der Palästinensischen Behörde sowie Sondergesandter des Nahost-Quartetts. Er folgt dem Briten Michael C. Williams, der lediglich sechs Monate im Amt gewesen war (vgl. Personalien, VN, 3/2007, S. 123). UN-Generalsekretär Ban Ki-moon ernannte den 1950 im indischen Kalkutta geborenen Politikwissenschaftler und Diplomaten am 4. Dezember 2007. Serry hatte diplomatische Posten in Bangkok, Moskau und New York inne. Beim niederländischen Außenministerium leitete er die Abteilung Naher Osten und war 1991 an den Vorbereitungen der Nahost-Friedenskonferenz in Madrid beteiligt. UN-Generalsekretär Ban Kimoon hat am 29. November 2007 Vladimir Goryayev zum Direktor des Registers der Vereinten Nationen für die Erfassung der durch den Bau der Mauer in dem besetzten palästinensischen Gebiet verursachten Schäden berufen. Bis dahin war er Direktor der Abteilung Asien und Pazifik der UNHauptabteilung Politische Angelegenheiten gewesen. In der neuen Funktion wird der Russe alle eingehenden Klagen prüfen und sie den Mitgliedern des Rates für die Aufnahme in das Register vorstellen (Näheres dazu siehe: Personalien, VN, 4/2007, S. 168). Ahmedou Ould-Abdallah aus Mauretanien wurde im SepVEREINTE NATIONEN 1/2008 Robert H. Serry UN-Foto: 163503 tember 2007 von Ban Ki-moon zum Sonderbeauftragten für Somalia ernannt. Ould-Abdallahs Ziel ist es, die Friedensverhandlungen zwischen der Übergangsregierung und der Opposition voranzubringen und für internationale Unterstützung der Mission der Afrikanischen Union in Somalia (AMISOM) zu sorgen. OuldAbdallah war von 2002 bis 2007 Sonderbeauftragter für Westafrika. Von 1985 bis 1996 war er in verschiedenen Bereichen des UN-Systems tätig, unter anderem als Sonderbeauftragter für Burundi und Sonderkoordinator für Afrika und die am wenigsten entwickelten Länder. des Sicherheitsrats als Ergänzung zum Amt des Sonderbeauftragten für die Verhütung von Völkermord und Massengräueltaten eingerichtet. Daher wird Luck eng mit dem Sonderbeauftragten Francis Deng zusammenarbeiten. Neben seiner Lehr- und Rektorentätigkeit an der Columbia University ist Luck seit Juni 2007 Vizepräsident und Studiendirektor der ›International Peace Academy‹ in New York. Zehn Jahre, von 1984 bis 1994, war er Präsident und Geschäftsführer der amerikanischen UN-Gesellschaft. Sekretariat Wie bereits im vergangenen Sommer vorgesehen, hat UNGeneralsekretär Ban Ki-moon nun das Amt des Hohen Beauftragten der Vereinten Nationen für die am wenigsten entwickelten Länder (LDC), Binnenentwicklungsländer (LLDC) und kleinen Inselstaaten (SIDS) mit dem des Sonderberaters für Afrika zusammengelegt. Somit ist der im Juli 2007 ernannte Hohe Beauftragte Cheick Sidi Diarra aus Mali (vgl. Personalien, VN, 6/2007, S. 250) seit dem 22. Januar 2008 auch Son- Kultur Am 9. Oktober 2007 wurde der Deutsche Dr. Hans d’Orville von UNESCO-Generaldirektor Koichiro Matsuura zum Beigeordneten Generaldirektor für strategische Planung ernannt. Für seine Aufgaben stehen ihm rund sechs Millionen US-Dollar und 30 Mitarbeiter zur Verfügung. Der Arbeitsbereich strategische Planung ist ihm vertraut: Seit dem Jahr 2000 war der 1949 geborene Diplomvolkswirt und promovierte Sozialwissenschaftler Direktor des Büros für strategische Planung. D’Orville hatte seit dem Jahr 1975 diverse Posten in den Vereinten Nationen inne, unter anderem im Sekretariat und im Entwicklungsprogramm. Deutschland Die Mitglieder der Deutschen Gesellschaft für die Vereinten Nationen (DGVN) haben am 8. Dezember 2007 auf ihrer 29. Mitgliederversammlung in Leipzig Prof. Dr. Thomas Bruha, Völkerrechtler aus Hamburg, als Bundesvorsitzenden bestätigt. Detlef Dzembritzki, SPD-Bundestagsabgeordneter und Vorsitzender des Unterausschusses Vereinte Nationen im Deutschen Bundestag, und Ekkehard Griep, Berlin, bleiben stellvertretende Vorsitzende. Menschenrechte Edward C. Luck, Professor für Internationale Beziehungen an der New Yorker Columbia University, ist zum ersten UNSonderberater für die Schutzverantwortung (Responsibilty to Protect) im Rang eines Beigeordneten Generalsekretärs berufen worden. Das Amt wurde auf Vorschlag von UN-Generalsekretär Ban Ki-moon im Dezember 2007 mit Billigung derberater für Afrika. Ban verspricht sich von der Zusammenlegung der beiden Ämter Synergieeffekte, während etwa die G-77 bereits die Überlegungen im Jahr 2007 als eine Schwächung des Fokus der UN auf Afrika kritisierten. Edward C. Luck Foto: Privat Zusammengestellt von Jenny Hagedorn und Anja Papenfuß. 31 Buchbesprechungen Internationales Jahr des Planeten Erde: Drei Berichte zur Lage Udo E. Simonis Zwischenstaatlicher Ausschuss für Klimaänderungen (IPCC) Klimaänderung 2007: Zusammenfassungen für politische Entscheidungsträger Bern, Wien, Berlin 2007, 89 S. Englisch: Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) Climate Change 2007: Synthesis Report Genf 2007, 80 S. 32 2007 – das Jahr des Klimas. Vom Stern-Report über den 4. Sachstandsbericht des ›Intergovernmental Panel on Climate Change‹ (IPCC), die Verleihung des Friedensnobelpreises an das IPCC und den Klima-Kommunikator Al Gore bis hin zur 13. Vertragsstaatenkonferenz der UN-Klimarahmenkonvention auf Bali – all dies zeigte, am Klimawandel kann kein Zweifel mehr bestehen. Bildlich gesprochen: die Erde hat Fieber – und das Fieber steigt. 2008 – die Vereinten Nationen rufen das Internationale Jahr des Planeten Erde aus. Da wird es, da muss es erneut um das Thema Klima gehen, doch zugleich um weit mehr. Es könnte nämlich sein, dass die Erde nicht nur Fieber hat, sondern auch andere Stoffwechselkrankheiten – wie Gicht, Rheuma, Diabetes mellitus. In einer historisch einmaligen, wiewohl nicht abgestimmten Aktion legen drei umfangreiche Berichte dar, wie es um den Planeten Erde derzeit bestellt ist und zukünftig bestellt sein könnte – einer mit einem umfassenden Blick auf den globalen Wandel, zwei mit einer Fokussierung auf das vielfach als größte Herausforderung angesehene Teilproblem Klimawandel. Struktur, Botschaft und Timing des IPCC-Berichts Climate Change 20071, an dem 450 Hauptautoren, 800 beitragende Autoren und 2500 Review-Autoren mitgewirkt haben, erscheinen nachgerade genial – zumindest auf den ersten Blick. Das komplexe Thema Klimawandel wurde nicht nur in drei überschaubare Arbeitsgruppen aufgeteilt: 1.Wissenschaftliche Grundlagen; 2. Auswirkungen, Anpassung, Verwundbarkeiten; 3. Eindämmung des Klimawandels. Die Ergebnisse wurden auch zeitversetzt und an verschiedenen Orten der Welt präsentiert. Das sicherte die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit von Februar bis Mai 2007 und mit dem Synthese-Bericht erneut im November 2007. Doch diese nie da gewesene Präsenz des Themas in den Medien – den Effekt des Nobelpreises eingeschlossen – war keineswegs nur Show. Mit deutlichen Worten, großer Eindringlichkeit, aber zugleich gelassen und pragmatisch wird das Wissen um die Ursachen des Klimawandels und seine Auswirkungen auf die Wirtschaft und die Regionen der Welt dargestellt. Die inhärente Spannung hängt eng mit der gewählten Methodik zusammen: das IPCC arbeitet mit insgesamt sechs Szenarien, welche die Spannbreite der Möglichkeiten des Klimawandels bis zum Jahr 2100 aufzeigen. Während der Optimist sich beim Erwärmungsszenario 2–2,4 °C wiederfindet, wird der Pessimist beim Szenario 4,9– 6,1 °C landen. Damit verbindet sich zugleich die Zugehörigkeit zu zwei ›Lagern‹: jenen, die eine Eindämmung (mitigation) des Klimawandels weiterhin für möglich halten, und jenen, die nur noch eine Anpassung (adaptation) für wahrscheinlich erachten. Das IPCC ist, was die Aussagen über die Ursachen des Klimawandels angeht (Arbeitsgruppe I), höchst penibel; unterschiedliche Unsicherheiten werden mit ausgewählten Begriffen charakterisiert: von ›high agreement‹, ›much evidence‹ bis ›medium agreement‹, ›medium evidence‹; von ›very high confidence‹ bis ›very low confidence‹; von ›virtually certain >99%‹ bis ›exceptionally unlikely <1%‹. Auch bezüglich der Auswirkungen des Klimawandels (Arbeitsgruppe II) auf die verschiedenen Wirtschaftsbereiche, deren Verletzbarkeit und Reaktionsfähigkeit, ist der Bericht so einfallsreich wie keiner zuvor, eine echte Überraschung eingeschlossen: die Wälder als Klimastabilisatoren und die ›Waldoption‹ in der Klimapolitik erhalten erstmals die nötige Aufmerksamkeit. Den regionalen Auswirkungen des Klimawandels gilt eine besondere Typologie, welche die Betroffenheit der möglichen Verbündeten einer aktiven Klimapolitik einbezieht: Wer weiß, was in der eigenen Region geschehen kann, wird sensibler mit der jeweiligen Klimainformation umgehen. Die größten Schwächen des IPCC-Berichts liegen im Teil ›Eindämmung‹ (Arbeitsgruppe III), den man eigentlich mit pro-aktive Klimapolitik umschreiben müsste. Doch dessen Autoren geht es weder um den üblichen Politikzyklus, noch um ein konsistentes Konzept internationaler Politik. Sie verstehen ihren Beitrag eher als ›Vorüberlegungen‹ zu einer möglichen Politikgestaltung – eine Aufgabe also, die Andere in der Zukunft zu vollbringen haben. Dieses eingeschränkte Politikverständnis verwundert angesichts aller Dramatik, die aus den ersten beiden Teilen des Berichts herauszulesen ist. Man verständigt sich weder auf ein striktes Ziel des Klimaschutzes, beispielsweise auf das 2 °C –Ziel des Wissenschaftlichen Beirats für Globale Umweltveränderungen (WBGU), noch auf konkrete Maßnahmen, beispiels- 1 Die drei Teilberichte: Climate Change 2007. The Physical Science Basis. UN/IPCC, Working Group I, 1056 S., 79,00 Euro; Climate Change 2007. Impacts, Adaptation and Vulnerability. UN/IPCC, Working Group II, ca. 912 S., ca. 90,00 Euro; Climate Change 2007. Mitigation of Climate Change. UN/IPCC, Working Group III, 750 S., 79,00 Euro. VEREINTE NATIONEN 1/2008 Buchbesprechungen weise eine CO2-Steuer. Es werden auch keine Vorschläge dazu gemacht, wie der institutionelle Rahmen einer effektiven Klimapolitik auszusehen hätte. Der 4. IPCC-Bericht, der die internationale Klimapolitik grundlegend hatte reformieren sollen, hinterlässt selbst Reformbedarf. Dieses Urteil wiederholt sich beim zweiten Bericht, wenn auch in ganz anderer Art und Weise. Der Bericht über die menschliche Entwicklung 2007/2008 des UN-Entwicklungsprogramms (UNDP), der auch dieses Jahr mit großem Aufwand, in kürzester Frist und ansehnlicher Aufmachung ins Deutsche übersetzt wurde, trägt den Untertitel »Den Klimawandel bekämpfen: Menschliche Solidarität in einer geteilten Welt«. Zu Beginn des 21. Jahrhunderts seien wir, so heißt es in der Einleitung, mit der ›gnadenlosen Dringlichkeit‹ einer Krise konfrontiert, die Gegenwart und Zukunft miteinander verbinde: »Der Klimawandel ist das alles überragende Problem der menschlichen Entwicklung in unserer Generation« (S. 1). In vier Kapiteln werden die Herausforderungen des Klimaschutzes, die Risiken und Anfälligkeiten in einer ungleichen Welt beschrieben und die Aufgaben der Verhinderung gefährlicher Klimaänderungen und der Anpassung an das Unvermeidliche skizziert. Der Bericht ist kein genuin klimawissenschaftliches Produkt, doch die Autoren sind bemüht, die wichtigsten Ergebnisse des IPCC-Berichts mit dem Mandat des UNDP zu verknüpfen, nämlich der internationalen Zusammenarbeit zur Überwindung der Armut in der Welt. So legt sich das Entwicklungsprogramm, anders als das IPCC, bei der Zielvorgabe auf einen Schwellenwert der Erderwärmung von 2 °C über vorindustriellem Niveau fest, weil nur so gefährliche Klimaänderungen vermieden werden können, von denen die Ärmsten der Welt am stärksten betroffen wären. Bei den zu ergreifenden Maßnahmen setzt man sowohl auf die Besteuerung von CO2-Emissionen als auch auf den Handel mit Emissionszertifikaten. Letzterer könne so ausgestaltet werden, dass er den Entwicklungsländern zugute käme. Dann aber verfallen die Autoren, wie das bei Technikgläubigen üblich ist, der Idee so genannter bahnbrechender Technologien, insbesondere der CO2-Sequestrierung, statt sich darauf zu konzentrieren, was auch und besonders in Entwicklungsländern Priorität haben sollte: die rasche Einführung und der umfassende Ausbau erneuerbarer Energien. Es gibt eine Reihe anderer Ungereimtheiten, die man in einem Bericht der Vereinten Nationen eigentlich nicht erwartet. So schildern die Autoren zwar ausführlich die notwendigen Anpassungen an den Klimawandel in den Entwicklungsländern, machen sich aber keine Gedanken über die bevorstehenden neuen Migrationswellen – die ›Klimaflüchtlinge‹. Man widmet sich zwar eingehend dem Problem der Zerstörung der Wälder in Entwicklungsländern, sieht die Lösung aber nur in einem Finanztransfer von Nord VEREINTE NATIONEN 1/2008 nach Süd. Eine institutionelle Lösung wird dagegen nicht vorgeschlagen, weder in Form einer UN-Konvention zum Schutz der Wälder noch in Form eines Waldprotokolls im Rahmen der UN-Biodiversitätskonvention. Überhaupt findet sich in diesem Bericht keine ernsthafte Selbstreflexion darüber, wie es zu einer strukturellen Reform der Vereinten Nationen kommen könnte, insbesondere der notwendigen institutionellen, finanziellen und personellen Aufwertung des Umweltprogramms (UNEP) – ein eklatanter Widerspruch zu den Worten der Einleitung von der ›gnadenlosen Dringlichkeit‹ einer Krise, die der Klimawandel darstelle. Wenn die großen Worte wirklich Gewicht hätten, dann hätte den Autoren auch noch eine ganz andere Idee kommen müssen: In dem traditionsgemäß sehr sorgsam erstellten Indikatorenteil des UNDP-Berichts (S. 281–408) tauchen die klimarelevanten Faktoren erst an 23. Stelle (energy sources) beziehungsweise 24. Stelle (carbon dioxide emissions and stocks) von insgesamt 35 Indikatoren, nicht aber an vorderster Stelle auf. Und hätte man sich die enorm divergierenden Zahlen über erneuerbare Energien und CO2-Emissionen der untersuchten 177 Staaten und 8 Staatengruppen wirklich angesehen, hätte man daraus einen strategischen Bericht für den zukünftigen sektoralen und regionalen Klimaschutz erstellen können, wie ihn die Vereinten Nationen bisher nie erstellt haben. Spätestens hier mag sich manchem Leser wohl auch die Frage stellen, ob das Geld, das von deutscher Seite (Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung) in die Übersetzung eines UN-Berichts investiert worden ist, nicht besser anderweitig hätte angelegt werden können. Was bei dem einen zuviel ist, mag bei dem anderen zu wenig sein. Dafür liefert der dritte Bericht ein Beispiel. GEO-4 wurde von UNEP in Zusammenarbeit mit 54 Institutionen erstellt, darunter nur eine einzige deutsche Institution, ein Institut der Universität Kassel. Wer weiß, was in Deutschland an ökologischer Kompetenz vorhanden ist, wer weiß, dass es hierzulande seit 1992 den WBGU gibt, kann sich nur wundern und wird es bedauern, dass davon nicht mehr ins Spiel gebracht wurde – eine Aufgabe, der sich das Bundesumweltministerium hätte widmen müssen. Was aber Inhalt, Botschaft und Aufmachung des Berichts angeht, ist Bedauern nicht angesagt – ganz im Gegenteil. Mit GEO-4 ist ein Meilenstein der globalen ökologischen Berichterstattung erstellt worden, der höchstes Lob verdient. Auf den Seiten 498–501 wird der Prozess beschrieben, der etwa 960 Wissenschaftler aus allen Teilen der Welt miteinander vernetzte, ein einzigartiges Datenportal schuf und über eine kooperative Abstimmung zu einem fulminanten Bericht geführt hat. Sein Anspruch ist gewaltig: GEO-4 soll eine globale, umfassende, verlässliche, wissenschaftlich fundierte und politik-relevante Bestandsaufnah- Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen (UNDP) Bericht über die menschliche Entwicklung 2007/2008. Den Klimawandel bekämpfen: Menschliche Solidarität in einer geteilten Welt Berlin: Deutsche Gesellschaft für die Vereinten Nationen 2007 440 S., 28,90 Euro United Nations Environment Programme (UNEP) Global Environment Outlook – GEO-4 Valetta: Progress Press 2007 576 S., 92,00 Euro 33 Buchbesprechungen me der Interaktionen zwischen Umwelt und Gesellschaft liefern und einen Ausblick in die nahe und mittlere Zukunft ermöglichen; es sollen Stand und Trends der globalen Ökologie in Relation zu den relevanten Triebkräften beschrieben, die Konsequenzen des Umweltwandels auf die Ökosystemleistungen und das menschliche Wohlbefinden ermittelt sowie Fortschritte und Versäumnisse bei der Erreichung der multilateralen Umweltabkommen dargestellt werden. Ein Anspruch, der hohe Erwartungen erweckt. Wie werden sie erfüllt? GEO-4 besteht aus sechs Abschnitten mit zehn Kapiteln: einem Abschnitt über Status und Trends in den Bereichen Atmosphäre, Land, Wasser und Biodiversität; einem Abschnitt über die Entwicklung in sieben Regionen der Welt; einem Abschnitt über menschliche Dimensionen des Umweltwandels; einem Abschnitt Zukunft und einem Abschnitt Politikoptionen. Methodisch beruht der Bericht auf der DPSIRInteraktionsanalyse, das heißt der Analyse der Triebkräfte des Umweltwandels (drivers), der Belastung (pressures), des Status (state), der Umweltauswirkungen (impacts) und der Antworten (responses) darauf. Mit diesem Ansatz sollen die wesentlichen Komponenten der multidimensionalen, räumlichen und temporalen Ketten von Ursache/Wirkungs-Effekten beschrieben werden, welche die Interaktionen zwischen Gesellschaft und Umwelt charakterisieren. Es entsteht in der Folge ein detailliertes Bild der ökologischen Lage und der Trends in den verschiedenen Bereichen und Regionen, das mit Hilfe von zahlreichen Tabellen, Kästen und Abbildungen auch optisch hervorragend präsentiert wird. Jedes Kapitel endet mit einer Betrachtung der wesentlichen Herausforderungen und Chancen. So wird deutlich, dass Umweltpolitik mehr ist als nur Klimapolitik, dass neben der Entkarbonisierung auch die Entmaterialisierung der Wirtschaft ansteht – dass der Planet Erde nicht nur Fieber hat, sondern auch an Fettsucht und der Zuckerkrankheit leidet. Auf diese Weise sind die abschließenden Sektionen gut vorbereitet, die – anders als der IPCC- und der UNDP-Bericht – mit politisch hoch interessanten Rezepturen aufwarten: mit vier Szenarien, die aus einer Kombination von Erzählungen und empirischen Daten bestehen: ›Markets First‹, ›Policy First‹, ›Security First‹ und ›Sustainability First‹. Höhepunkte und Endpunkte des Umweltwandels sind angesichts dieser vier möglichen Szenarien sehr verschieden: Nur auf die Kraft des Marktes zu setzen, hat andere Konsequenzen, als eine starke Umweltpolitik zu betreiben; der Sicherheitsidee anzuhängen, hat andere Effekte, als strikter Nachhaltigkeit Priorität zu geben. GEO-4 wird so nicht nur zu einer echten Herausforderung für strategisches politisches Denken, hilft nicht nur bei der individuellen Wahrnehmung und Einschätzung komplexer Phänomene, sondern ermöglicht auch die Vorbereitung eines alter34 nativen individuellen und gesellschaftlichen Umgangs mit der Umwelt. Das ist Wissenschaft, wie sie sein soll. In GEO-4 schneidet Europa, teils aufgrund der notwendigen Verkürzung der Argumentation, oft allzu gut ab. Da ist es besser zu wissen, dass es einen eigenen europäischen Umweltbericht gibt. Der vierte Bericht der Europäischen Umweltagentur, EEA-4, analysiert in differenzierter Form die ökologische Lage in Europa sowie die Erfolge und Misserfolge der europäischen Umweltpolitik. Auf ihn kann an dieser Stelle aber nur hingewiesen werden. Conclusio: Das von den Vereinten Nationen ausgerufene Internationale Jahr des Planeten Erde beginnt mit einer guten Nachricht: Die Berichterstattung über seinen Zustand und seine Veränderungen ist erheblich besser geworden; sie ist, dank der vorliegenden Berichte, so gut wie nie. Diese Berichterstattung muss jedoch weiter verbessert werden. Das betrifft sowohl die Methodik der Darstellung als auch ihre Reichweite. Da es sich bei ökologischen Problemen immer um Interaktionen von ökonomischen und sozialen Systemen mit natürlichen Systemen handelt, reicht die naturwissenschaftliche Bestandsaufnahme nicht aus, die sozialwissenschaftliche muss hinzukommen. So sollte denn, um nur ein Beispiel zu nennen, die politikwissenschaftliche Kompetenz des IPCC-Berichts in Zukunft gründlich verbessert werden. Zwar lässt sich bei allen Berichten eine gewisse Scheu zur politischen Positionierung feststellen, doch immer da, wo es um potenziell irreversible Schäden geht, muss man Farbe bekennen. Ein anderes Fazit lässt sich für Deutschland ziehen, das immer wieder als ›Vorreiter‹ des internationalen Umweltschutzes apostrophiert wird – und sich auch selbst so sieht. Wenn dem so ist, viele der in diesen Berichten behandelten Umweltprobleme aber globaler Art sind, dann gilt es grundsätzlich über die Position Deutschlands im UN-System nachzudenken. Wenn man das täte, würde schnell deutlich werden, dass sich die politische Elite des Landes um eine systematische Aufwertung der Umweltkompetenz der Vereinten Nationen – insbesondere des UNEP – einsetzen sollte, statt weiterhin, nunmehr seit 17 Jahren vergeblich, der Idee anzuhängen, Deutschland müsse unbedingt ständiges Mitglied im UN-Sicherheitsrat werden. Und ein Letztes: Die hier vorgestellten Berichte zur Lage des Planeten Erde sind so inhaltsschwer und faktenreich, so anregend und zukunftsträchtig, dass sie auch Anlass und Gelegenheit zur Reform unseres Bildungswesens bieten. Man muss nicht erneut auf die Vorreiter Harvard oder Yale schielen, bevor sich eine Exzellenzinitiative an deutschen Hochschulen zur Erforschung der globalen Wandels bildet. Die methodischen und statistischen Grundlagen für eine planetarische Politik – eine ›Weltumweltpolitik‹ – sind gelegt, die Initiative kann jetzt beginnen. VEREINTE NATIONEN 1/2008 Buchbesprechungen Autorisierte UNDP-Biografie Manfred Kulessa Craig N. Murphy The United Nations Development Programme: A Better Way? Cambridge: Cambridge University Press 2006 372 S., 19,99 brit. Pfund Von Menschen geschaffene Werke haben ihre eigenen Geschicke. Dies gilt bekanntlich auch für Institutionen und Bücher. Was soll man davon halten, wenn eine internationale Organisation in ihrem fünften Jahrzehnt eine Autobiografie schreiben lässt? Ist das etwa ein Zeichen von ›midlife crisis‹ oder der beginnenden Altersphase angesichts des 60. Jahrestags? Wer soll, wer wird das lesen? Kann man erwarten, dass die entwicklungspolitische Szene von der in Deutschland etwas vernachlässigten multilateralen Entwicklungszusammenarbeit erfahren und lernen kann? Das sind die Fragen, mit denen man an dieses Buch herangeht. Kenner wissen, dass der große Kommunikator Mark Malloch Brown den Auftrag an Professor Craig N. Murphy vergeben und ihm zwei Jahre lang großzügige Unterstützung gewährt hat, um Mandat und Leistung des Entwicklungsprogramms der Vereinten Nationen (UNDP) einer weiteren Fachöffentlichkeit im Zusammenhang vorzustellen und die vorhandenen Studien (etwa Stephan Klingebiels ›Leistungsfähigkeit und Reform des Entwicklungsprogramms der Vereinten Nationen UNDP‹, Köln 1998) umfassend zu ergänzen. In seinem klugen Vorwort unterstreicht der derzeitige UNDP-Administrator Kemal Dervis die Bedeutung des kreativen Engagements einzelner Mitarbeiter für den Erfolg des UNDP-Netzwerks. Vielleicht ist das der Grund dafür, dass sich der Autor überwiegend auf Interviews und Berichte von gestandenen UNDP-Leuten stützt. Die gewählte Methode ist nicht ganz unproblematisch und birgt die Gefahr, der Legendenbildung zum Opfer zu fallen. Auch hat Murphy nicht ganz vermeiden können, dass sein Bericht durch die Aussagen der ihm und seinem Team zur Verfügung stehenden Personen bestimmte Gewichtungen erhalten hat. Im Großen und Ganzen ist es ihm aber gelungen, die wechselhafte Geschichte des Entwicklungsprogramms abgewogen, verständlich und lesbar darzustellen, wenn er auch selten zu einem eigenen kritischen Urteil gelangt. Im elften Kapitel jedoch, bei der Würdigung von Mark Malloch Brown, bemerkt man leichte Züge von Hofberichterstattung in Anpassung an dessen recht ausgeprägte Selbsteinschätzung (siehe Interview in: Vereinte Nationen, 4/2007, S. 155ff. und BMZ-Spezial: Die deutsche UNDP-Strategie, 2002). In der Schlussbemerkung lässt die vorsichtige Gesamtanalyse des Wissenschaftlers freilich nur die vage Hoffnung zu, dass sich die Arbeit von UNDP als zukunftsträchtig erweisen werde. VEREINTE NATIONEN 1/2008 Der Historiker Murphy weiß, dass es auch im UNSystem Könige und Kärrner gibt. Unter den Königen hebt er zu Recht den großen Paul Hoffman und seine europäischen Adjutanten sowie in späterer Zeit das unvergleichliche Doppel Bradford Morse/George Arthur Brown hervor. Unter den Initiatoren und Gestaltern ragen neben den dominierenden Angelsachsen vor allem prominente Köpfe des indischen Subkontinents heraus. Rafeeuddin Ahmed, Radhika Coomaraswamy, Mahbub ul Haq, Andrew Joseph, Chakravarthi V. Narasimhan, Indraprasad Gordhanbhai Patel und andere haben UNDP entscheidend geprägt und bieten gleichzeitig in ihrer Biografie den Nachweis für die oft bezweifelte enge Verbindung zum UN-Sekretariat wie auch zu Weltbank und Wissenschaft. Das Entwicklungsprogramm arbeitet seit 37 Jahren auf der Grundlage der Konsens-Resolution 2688 (XXV) der Generalversammlung vom 11. Dezember 1970. Diese beruhte auf der Kapazitätsstudie, die Sir Robert Jackson mit einem kleinen Team im Jahr zuvor erarbeitet hatte. Danach sollten UNDP weitreichende, übergreifende und koordinierende Aufgaben für die gesamte technische Zusammenarbeit des Systems übertragen werden. ›Jacko‹ und Dame Margaret Joan Anstee, seine engste Vertraute, haben oft ihre Enttäuschung darüber geäußert, dass ihre Empfehlungen und auch der Konsens selbst nur zum Teil in die Praxis umgesetzt worden sind. Ursache dafür dürfte allerdings weniger das von Anstee (M. J. Anstee, Never Learn to Type, Chichester 2003, S. 247ff.) und Murphy (S. 139ff.) erwähnte Missvergnügen von Paul Hoffman gewesen sein, der sich über die Bemerkung von ›Dinosauriern und Höhlenmenschen im UNDP‹ wohl unberechtigt geärgert haben mag, als vielmehr der Widerstand innerhalb des Systems und insbesondere bei den Sonderorganisationen. Da mussten dann auch die UNDP-Vertreter bald die allgemein menschliche Erfahrung machen, dass auch da, wo alle für Koordinierung sind, kaum jemand sich gern koordinieren lassen will. So gelang der große Wurf nicht ganz, und das Programm musste immer wieder manövrieren, um Geld und Einfluss kämpfen und manchen Kompromiss eingehen, um wenigstens in seiner Funktion und Bedeutung nicht weiter zurückzufallen. Das hat einerseits zu einer erfreulichen Lebendigkeit und Flexibilität, andererseits auch zu einem häufig beklagten Mangel an Stetigkeit in der Durchführung geführt. Besonders im letzten Jahrzehnt hat jeder Administrator sich daran versucht, UNDP neue Orientierung 35 Buchbesprechungen und eine Strukturreform zu geben. Vielleicht resultiert aus dieser Beobachtung eine andere kritische Bemerkung der verehrten Dame Margaret: »UNDP has spent years, desperately seeking a role by jumping on every fashionable development or humanitarian bandwagon.« (Anstee, a.a.O.) Man kann dies natürlich auch positiv sehen. Schließlich hat sich das entwicklungspolitische Denken zu unseren Lebzeiten erheblich verändert, und UNDP hat solche Änderungen aufgegriffen und gelegentlich sogar initiiert. Dazu konnte es auch Mittel für Kampagnen, Studienprogramme und globale Projekte einsetzen. Die Liste der Schwerpunkte des Programms in den Jahren 1998 bis 2006 (S. 321) kann in ihrer Konzentration auf die Kernbereiche Armutsbekämpfung, Geschlechterfragen, Umwelt und gute Regierungsführung eher als Beleg für ›state of the art‹ als für modische Verzettelung dienen. Richtig registriert Murphy den Wandel in der Zielorientierung von den benachteiligten Ländern zu den benachteiligten Menschen und Bevölkerungsgruppen. Verständlicherweise gab es für UNDP nach dem Jahr 2000 sowohl von Mandat und Neigung her keine andere Wahl, als sich an die Spitze der Kampagne für die Millenniums-Entwicklungsziele (MDGs) zu setzen. In den politischen Verkrampfungen des Kalten Krieges konnte UNDP seine Neutralität weitgehend bewahren und genießt bis heute von Singapur bis Kuba und selbst in Nordkorea ein positives Image. UNDP muss aus seinem Selbstverständnis heraus nach Universalität streben und hat angesichts der weltpolitischen Veränderungen in den letzten Jahrzehnten seine Präsenz enorm ausgeweitet, indem Programme in China, Zentralasien und Osteuropa neu vereinbart wurden. Nach wie vor stellen sich aber für die UNDPVertreter im Lande große Herausforderungen an diplomatisches Geschick, Teamgeist und Kreativität. Dafür gibt es erfreulicherweise manch gutes Beispiel zu nennen: etwa das Programm in Palästina (John Olver), die Erfindung von Transfer of Knowledge Through Expatriate Nationals (TOKTEN), Nessim Shallon und sein Team in der Türkei, oder die Sahel-, Mekong- und Tumenprojekte. In Ländern wie Afghanistan, Angola, Timor-Leste, Ruanda, Somalia oder Sudan musste UNDP lernen, in einem Umfeld von Krisen und Konflikten zu arbeiten, und spätestens seit dem Anschlag auf das Bagdader Hauptquartier im August 2003 ist die Sicherheit der Mitarbeiter eine ernste Sorge. Natürlich musste sich UNDP immer nach der knappen Finanzdecke strecken. Vergangen sind die Hoffman-Zeiten, als die USA 40 Prozent des Haushalts zu tragen pflegten. UNDP ist nach wie vor auf freiwillige Beiträge angewiesen. Die gingen schon lange vor den Attacken des ehemaligen amerikanischen UNBotschafters John Bolton generell zurück und wurden nicht durch die erhoffte Friedensdividende aufgestockt. Kein Wunder, dass man sich seine Mittel da 36 holt, wo sie zu haben sind: bei den Partnerregierungen in Lateinamerika und am Golf, den Trustfonds aufgeschlossener Geber oder der Global Environment Facility. Solange sich das im Rahmen der entwicklungspolitischen Prioritäten hält, erscheint es sogar akzeptabel, wenn die regulären Beiträge nur noch ein Fünftel der Einnahmen ausmachen (2006) und die UNDP-Vertreter gelegentlich das Gefühl haben, ihre Leistung werde vor allem am Erfolg im Fundraising bemessen. Im Gegensatz etwa zu UNICEF oder WHO war es für UNDP immer schwer, den wünschenswerten Bekanntheitsgrad zu erreichen. Ein ungewöhnlicher und ursprünglich nicht vorgesehener Beitrag zur internationalen Diskussion ergab sich dann ab 1990 in dem jährlichen ›Bericht über die menschliche Entwicklung‹. Der Anfang ist mit den Namen Mahbub ul Haq und Inge Kaul verbunden, die spätere Entwicklung mit denen von Richard Jolly, Sakiko Fukuda-Parr und Amartya Sen. Das weltweite Echo war gewaltig. Es nährte sich nicht zuletzt aus dem Unbehagen an der ökonomischen Messlatte des Bruttosozialprodukts, für das Murphy Kronzeugen von Robert Kennedy bis Barbara Ward anführen kann. Bald folgten nationale und regionale Versionen. Besondere Resonanz erhielt der Arabische Bericht über die menschliche Entwicklung (AHDR) aus dem Jahr 2002. Mit der Herausgabe dieser Berichte hat UNDP eine neue Dimension von ›Advocacy‹ erreicht. Dagegen sind nach Meinung des Autors die beachtenswerten Berichte der UNDP-Studienstelle von Inge Kaul unter anderem zu ›Global Public Goods‹ und ›The New Public Finance‹ im Wesentlichen nur in der akademischen Fachdiskussion wahrgenommen worden (S. 257). Gelegentlich möchte man Korrekturen anbringen. Wer das Netz so weit auswirft wie der Autor dieses Bandes, dem kann man ein paar kleine Schnitzer ohne weiteres nachsehen. Er muss ja nicht die Karrierelaufbahn chinesischer Führungsbeamten oder die Herkunft des Konzepts vom Bruttosozialglück zu genau kennen. Dafür hat er erfreulich präzise Erinnerungen zu Ghana (wo der junge Murphy einst studiert hat). Denis Halliday und Hans von Sponeck haben in Irak nicht wegen des Öl-für-Lebensmittel-Programms, sondern wegen der inhumanen Konsequenzen der Sanktionen den Dienst quittiert, was ihnen durchaus zur Ehre gereicht. Eine schon fast ernsthafte Schwäche des Buches ist die bescheidene verlegerische Leistung, die ihm zwar einen Index, aber weder UNDP-Texte noch eine Chronik und nur Fotos von geringer Bildqualität mit auf den Weg gegeben hat und es wie einen hausgemachten UN-Berichtsband wirken lässt. Darüber kann auch der schöne Umschlag nicht hinwegtäuschen. Den Inhalt selbst kann man aber Freunden wie Kritikern multilateraler Zusammenarbeit mit gutem Gewissen zur Lektüre empfehlen. VEREINTE NATIONEN 1/2008 Buchbesprechungen Memoiren eines Unverstandenen Ian Williams John Bolton Surrender Is Not an Option: Defending America at the United Nations New York: Threshold Editions/Simon and Schuster 2007 496 S., 18,45 Euro Das jüngste Opus des ehemaligen amerikanischen UN-Botschafters John Bolton, ›Surrender Is Not an Option‹, ist eine religiös anmutende Abhandlung über seine 16-monatige Amtszeit als Botschafter, die seinen absoluten Glauben an die Vereinigten Staaten demonstriert. Ausländer werden bei ihm danach beurteilt, ob und wie konstant sie seine Auffassung von amerikanischer Politik teilen. Dass dabei die Europäische Union schlecht wegkommt, liegt an Boltons tief sitzender Verachtung gegen das, was er als sozialdemokratischen Gegenentwurf zu den Vereinigten Staaten und somit als potenziellen Rivalen sieht. Großbritanniens Treue zu den USA (›Special Relationship‹) dankt er mit besonderem Spott und Hohn für UN-Botschafter Emyr Jones Parry und Außenminister Jack Straw sowie für Großbritanniens postimperiale Ansprüche generell. Er giftet gegen Deutschlands »wütenden, verbitterten und immer erfolgloseren« ehemaligen UN-Botschafter Gunter Pleuger, gegen Joschka Fischer und Deutschlands Politik im Allgemeinen. Aber dies ist nicht nur schlichte Fremdenfeindlichkeit: Feinde sieht er auch an der Heimatfront: die Eliten der Ostküste, die ›Karrieristen‹ im Außenministerium, die Hochgeistigen, die wahren Gläubigen, die ›EAPeasers‹ (East Asian and Pacific Affairs, State Department) und schließlich jene, die durch die ›an die Macht gekommenen Bürokraten‹ verführt wurden, namentlich Colin Powell, Condoleezza Rice und – obwohl er direkte Kritik vermeidet – sogar George W. Bush. Nicht zuletzt weil sie so erfolgreich die ›wahre konservative‹ Außenpolitik verwässert haben, hat Bolton die UN verlassen. Dieses Buch ist eine seitenlange Anklage gegen sie alle. Man spürt in allen Zeilen Boltons große Unsicherheit. Er gibt immerzu höfliches Lob wieder, aber niemals einen der zahlreichen Tadel, die er bekommen hat. Da es ihm selbst an diplomatischem Gespür mangelte, konnte er die diplomatischen Nettigkeiten auch nicht dechiffrieren, die er seitens des diplomatischen Corps zu hören bekam. Natürlich wollte niemand dem Repräsentanten der USA ins Gesicht sagen, dass er ein Bauerntölpel sei. Er ist überraschend dünnhäutig, wenn andere ihn kritisieren. Höchst erstaunlich ist sein Lob für Norwegens Terje Rød-Larsen und dessen »Eigenschaft, immer frei heraus zu sprechen ... stets zu meinem Entzücken«. Natürlich war es die fast sklavische Unterwürfigkeit, die den Autor entzückte, da ähnliche Offenheiten des »unbedeutenden Bürokraten« Mark Malloch Brown, Kofi Annans VEREINTE NATIONEN 1/2008 sowie Boltons zahlreicher weiterer Hassfiguren ihn in Rage versetzen. Andererseits wird seine Verzweiflung über den UN›Prozess‹, der den ›Konsens‹ oder die ›Einheit des (Sicherheits-)Rates‹ durch tatsächliche Ergebnisse ersetzt, jenen in Erinnerung bleiben, die Slobodan Milosevics Resolutions-gesäumten Weg nach Srebrenica oder gegenwärtig Khartums Spiel mit Resolutionen und Erklärungen von einem Leichenberg herab mit Schrecken verfolgen. Doch obwohl er auf dem UNProzess herumreitet, erklärt Bolton freiheraus, dass ›Konsens‹ wohl bedeuten solle, dass die USA zufriedengestellt seien. Er vermag in seiner Entrüstung nicht einzusehen, dass die anderen 191 Mitgliedstaaten auch mitspielen und so den Entscheidungsprozess lähmen können. Recht hat er zwar, wenn er die zunehmende Unwirksamkeit des Menschenrechtsrats beklagt. Doch setzt er sich ungeniert über die zerstörerische Rolle der USA hinweg, die für dieses Ergebnis verantwortlich waren, indem sie die Menschenrechtsverletzungen ihrer Feinde, wie Kuba, überbewerteten, während sie die ihrer Freunde bagatellisierten. Man denke an Israel, ganz zu schweigen von Abu Ghraib und Guantánamo. Indem er die EU bei den Verhandlungen nicht unterstützte und eine Kandidatur Amerikas im Rat ablehnte, ist Bolton ein Hauptschuldiger am Scheitern des Rates, den Hoffnungen seiner Befürworter gerecht zu werden. Dies ist ein obsessives, ja neurotisches Buch, voller Details bürokratischer Fehden und interner Kreuzzüge und bietet daher auf eine seltsam negative (im fotografischen Sinn) Art wertvolle Einsichten darin, wie die USA ihre Außenpolitik gestalten – man könnte fast sagen, wie die UN infolgedessen nachgerade scheitern müssen, eine effektive Politik zu betreiben. Denn letztlich zieht ziemlich viel, was Bolton und seine Verbündeten für amerikanische Politik halten, die Verhinderung oder Abschwächung von UN-Resolutionen nach sich. Im Grunde sagt der Titel des Buches bereits alles: Bolton sieht die internationale Gemeinschaft in direkter Gegnerschaft zu den amerikanischen Interessen, und er ist stolz darauf, dass er an sie keine Zugeständnisse gemacht hat. Abgesehen davon, dass er das tiefe Misstrauen der anderen UN-Mitgliedstaaten gegenüber der amerikanischen Politik weiter vergrößert hat, hat seine Amtszeit als – vom Senat nicht bestätigter – UN-Botschafter weder die Politik der USA noch die der UN nachhaltig beeinflusst. 37 Buchbesprechungen ›Handlanger des Bösen‹? Joachim Hütter Adam LeBor Complicity with Evil. The United Nations in the Age of Modern Genocide New Haven, London: Yale University Press 2006 326 S., 17,99 brit. Pfund 38 Der Titel des Buches »Complicity with Evil« stammt aus dem Bericht über Friedensoperationen, den eine Arbeitsgruppe unter Lakhdar Brahimi im Auftrag des UN-Generalsekretärs im Jahr 2000 vorlegte. Dort heißt es: »Unparteilichkeit muss für die Vereinten Nationen daher heißen, an den Prinzipien der Charta festzuhalten: Wo eine Partei eines Friedensabkommens eindeutig und unbestreitbar dessen Bestimmungen verletzt, kann fortdauernde Gleichbehandlung aller Parteien die Vereinten Nationen im besten Fall ineffektiv und im schlimmsten Fall zum Handlanger des Bösen machen« (A/55/305–S/2000/809, S. ix). Die Massenmorde in Ruanda 1994, Srebrenica 1995 und Darfur seit dem Jahr 2003 sind für Adam LeBor solche Fälle, nämlich Fälle von Völkermord, und er wirft den Vereinten Nationen vor, nicht wirksam eingeschritten zu sein, obwohl sie die Mittel dazu gehabt hätten. Ob Völkermord oder nicht, darüber kann man streiten; es ist aber letztlich nicht entscheidend. Angesichts hundertausender toter Tutsi wirkte die Diskussion der Sicherheitsratsmitglieder über diese Frage im Frühjahr 1994 bizarr und unterstrich eher die politische Verantwortung vor allem der USA für ihre Entscheidung gegen eine Intervention, als dass sie sie kaschierte. Zehn Jahre später bestätigte der damalige amerikanische Außenminister Colin Powell dem Kongress, dass in Darfur zwar ein Völkermord stattfinde, fügte aber sogleich hinzu, dass diese Feststellung aber keine neuen Maßnahmen erfordere, da die USA ohnehin schon alles täten, was sie könnten (S.198f.). LeBor ist Mitteleuropa-Korrespondent der Londoner Times und berichtete lange vom Balkan. Den Fall Srebrenica beschreibt er ausführlich und führt dabei Themen ein, die bei Ruanda und Darfur dann wiederkehren. Dazu gehört die eingangs erwähnte Unparteilichkeit. Dagegen habe die UN-Mission in Jugoslawien unter Yasushi Akashi zu einer eher taktisch orientierten Neutralität geneigt, die zwischen den streitenden Parteien gleichen Abstand zu wahren suchte. Zu Letzterer habe die UN-Mission in Jugoslawien unter Yasushi Akashi allzusehr geneigt. Eng damit verbunden kritisiert LeBor mangelnde Standfestigkeit gegenüber den Konfliktparteien. Er ist für robustes Auftreten und hat kein Verständnis dafür, dass Akashi die von der NATO bereitgestellte Luftunterstützung verhindern konnte. Er beklagt die »übertriebene Vorsicht«, mit der dem Kommandeur der UNTruppe in Ruanda im Februar 1994 verboten wurde, Waffenlager auszuheben, von denen er erfahren hatte. Und er bedauert die Langmut der Mitglied- staaten mit dem Taktieren der sudanesischen Regierung wegen Darfur. LeBor merkt an, dass im UN-Sekretariat jene, die für Ruanda und Srebrenica verantwortlich waren, anschließend nicht entlassen oder versetzt, sondern im Gegenteil befördert wurden, allen voran Kofi Annan. Zustimmend zitiert er Mukesh Kapila, einen früheren Mitarbeiter der Vereinten Nationen in Sudan: »Warum hat niemand im Sekretariat oder in den Außenministerien der mächtigsten Staaten der Welt wegen des Versagens in Darfur seinen Job verloren? Nur wenn Einzelpersonen für Unterlassungen zur Rechenschaft gezogen werden, ... werden wir wirklich in der Lage sein, zu Völkermord ›nie wieder‹ zu sagen« (S. 272). Ebenso wie das UN-Sekretariat kritisiert LeBor die Mitglieder des Sicherheitsrats. Er kennt natürlich und beschreibt die komplexen Abhängigkeiten und vielfältigen Hindernisse, die den Handlungsspielraum beschränken. Aber er ist schlicht nicht bereit – Abhängigkeiten hin, Hindernisse her – zu akzeptieren, dass die internationale Gemeinschaft wieder und wieder die Ermordung Hunderttausender zulässt. Er fordert von allen Beteiligten mehr Mut und energischeres Handeln: Vom Generalsekretär unter Verweis auf Artikel 99 der Charta, dass er die Tagesordnung bestimmt und nicht den Interessen der ständigen Mitglieder des Sicherheitsrats entgegenkommt. Von den Mitgliedstaaten fordert er robuste Interventionen, konsequenten Einsatz gezielter Sanktionen gegen verantwortliche Personen und notfalls auch die Suspendierung oder den Ausschluss eines Staates (hier Sudan) von der Weltorganisation gemäß Artikel 5 und 6 der Charta. Wie so oft ist auch hier die Diagnose einfacher als die Therapie. Wie effektiv wäre wohl ein Generalsekretär, der eine eigenständige Politik neben dem Sicherheitsrat oder gar gegen ihn betriebe? Wie viel Engagement im Ausland, wie viel Robustheit (lies: Verluste) und wie viele Misserfolge würden wohl die Bürger der Mitgliedstaaten auf Dauer hinnehmen? Ist es wahrscheinlich, dass China die Suspendierung Sudans zulassen würde? »Complicity with Evil« ist gut recherchiert, gedankenreich und sehr viel abgewogener als der Titel erwarten lässt. Das Buch passt gut in die fortdauernde Diskussion über die Schutzverantwortung, die von den Staats- und Regierungschefs vor gut zwei Jahren anerkannt wurde, und bietet reiches Anschauungsmaterial dafür, wie schwierig der Weg vom allgemeinen Prinzip zur konkreten Praxis ist. VEREINTE NATIONEN 1/2008 Dokumente Dokumente der Vereinten Nationen Seit dem Jahrgang 2006 werden in der Zeitschrift VEREINTE NATIONEN nur noch besonders wichtige deutschsprachige Dokumente des Sicherheitsrats, der Generalversammlung und anderer Organe der Vereinten Nationen im Volltext abgedruckt. Stattdessen wird eine Liste der im zurückliegenden Zeitraum verabschiedeten Resolutionen und Erklärungen des Präsidenten des Sicherheitsrats sowie ausgesuchter Resolutionen der Generalversammlung oder anderer Organe mit einer kurzen Inhaltsangabe und den (etwaigen) Abstimmungsergebnissen abgedruckt. Zu finden sind diese Dokumente über die Website des Deutschen Übersetzungsdienstes: http://www. un.org/ Depts/german oder über das allgemeine elektronische Dokumen- tenarchiv der Vereinten Nationen (Official Document System – ODS) unter: http://documents.un.org. (Zu den Recherchemöglichkeiten siehe: Monika Torrey, Der Deutsche Übersetzungsdienst der UN. Ein Leitfaden für die Dokumentenrecherche, VN 1–2/2006, S. 72f.) In der folgenden Übersicht sind Resolutionen der Generalversammlung von Dezember 2006 sowie Resolutionen und die Erklärungen des Präsidenten des Sicherheitsrats von November bis Dezember 2007 aufgeführt. Die Dokumente sind alphabetisch nach Ländern, Regionen oder Themen sortiert. In der jeweiligen Rubrik erfolgt die Auflistung chronologisch (das älteste Dokument zuerst). Generalversammlung UN-Dok.-Nr. Menschenrechte Datum Gegenstand Abstimmungsergebnis A/RES/61/106, Anlagen (Übereinkommen, Fakultativprotokoll) 13.12.2006 Die Generalversammlung verabschiedet das Übereinkommen über die Rech- Ohne förmliche te von Menschen mit Behinderungen und dessen Fakultativprotokoll und Abstimmung fordert alle Staaten auf, die Unterzeichnung und Ratifikation beider Doku- angenommen mente mit Vorrang zu erwägen. Zweck des Übereinkommens ist es, den vollen und gleichberechtigten Genuss aller Menschenrechte und Grundfreiheiten durch alle Menschen mit Behinderungen zu fördern, zu schützen und zu gewährleisten und die Achtung der ihnen innewohnenden Würde zu fördern. Zu den Menschen mit Behinderungen zählen jene, die langfristige körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, welche sie in Wechselwirkung mit verschiedenen Barrieren an der vollen, wirksamen und gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft hindern können. Mit der Unterzeichnung der Dokumente verpflichten sich die Vertragsstaaten unter anderem alle geeigneten Gesetzgebungs-, Verwaltungs- und sonstigen Maßnahmen zur Umsetzung der in diesem Übereinkommen anerkannten Rechte zu treffen, den Schutz und die Förderung der Rechte von Menschen mit Behinderungen in allen politischen Konzepten zu berücksichtigen sowie die Forschung und Entwicklung für neue Technologien, Güter, Dienstleistungen, Geräte und Einrichtungen zu fördern. Die Vertragsstaaten verbieten jede Diskriminierung auf Grund von Behinderung, ergreifen Maßnahmen zur Stärkung der Autonomie der Frauen und gewährleisten, dass Kinder mit Behinderungen ihre Meinung in allen sie berührenden Angelegenheiten frei äußern können. Es wird ein Ausschuss eingesetzt, der die Umsetzung des Übereinkommens anhand von Staatenberichten überprüft. Er ist ebenso zuständig für die Entgegennahme und Prüfung von Individualbeschwerden nach dem Fakultativprotokoll zum Übereinkommen. A/RES/61/177, Anlage (Übereinkommen) 20.12.2006 Die Generalversammlung verabschiedet das Internationale Übereinkom- Ohne förmliche men zum Schutz aller Personen vor dem Verschwindenlassen. Darin sind die Abstimmung Vertragsstaaten übereingekommen, dass niemand dem Verschwindenlas- angenommen sen unterworfen werden darf. Im Sinne dieses Übereinkommens bedeutet ›Verschwindenlassen‹ die Festnahme, den Entzug der Freiheit, die Entführung oder jede andere Form der Freiheitsberaubung durch Bedienstete des Staates oder durch Personen oder Personengruppen, die mit Ermächtigung, Unterstützung oder Duldung des Staates handeln, gefolgt von der Weigerung, diese Freiheitsberaubung anzuerkennen, oder der Verschleierung des Schicksals oder des Verbleibs der verschwundenen Person, wodurch sie dem Schutz des Gesetzes entzogen wird. Die ausgedehnte oder systematische Praxis des Verschwindenlassens stellt ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne des anwendbaren Völkerrechts dar. Demzufolge trifft jeder Vertragsstaat die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass das Verschwindenlassen nach seinem Strafrecht eine Straftat darstellt und vorgesehene Konsequenzen nach sich zieht. Es wird ein Ausschuss eingerichtet, der die Umsetzung des Übereinkommens anhand von Staatenberichten überprüft. Er ist auch befugt, Anträge auf Suche nach verschwundenen Personen anzunehmen. VEREINTE NATIONEN 1/2008 39 Dokumente Sicherheitsrat UN-Dok.-Nr. Datum Abstimmungsergebnis Gegenstand Burundi S/RES/1791(2007) 19.12.2007 Der Sicherheitsrat beschließt, das in Resolution 1719(2006) festgelegte Man- Einstimmige dat des Integrierten Büros der Vereinten Nationen in Burundi (BINUB) bis Annahme zum 31. Dezember 2008 zu verlängern. Ehemaliges Jugoslawien S/RES/1785(2007) 21.11.2007 Der Sicherheitsrat bestätigt, dass die Truppe der Europäischen Union (EU) Einstimmige und die fortgesetzte Präsenz der Nordatlantikvertrags-Organisation (NATO) Annahme die Rechtsnachfolger der Stabilisierungstruppe (SFOR) sind und die erforderlichen Maßnahmen treffen, um die Befolgung der Anhänge 1-A und 2 des Friedensübereinkommens (S/1995/999, Anlage) und der einschlägigen Resolutionen des Sicherheitsrats zu gewährleisten. Der Rat ermächtigt die Mitgliedstaaten, für einen weiteren Zeitraum von zwölf Monaten eine multinationale Stabilisierungstruppe (EUFOR) als Rechtsnachfolgerin der SFOR unter gemeinsamer Führung einzurichten. 13.11.2007 Der Sicherheitsrat fordert sowohl Äthiopien als auch Eritrea nachdrücklich auf, konkrete Maßnahmen zur sofortigen und bedingungslosen Durchführung der Entscheidung der Grenzkommission über die Festlegung der Grenze, die beide Parteien akzeptiert haben, zu ergreifen und dabei die auf dem Treffen der Grenzkommission vom 6. bis 7. September 2007 ausgesprochenen Verpflichtungen zu berücksichtigen. Ferner fordert er die Parteien auf, die Anwendung von Gewalt zu unterlassen und ihre Differenzen auf friedliche Weise beizulegen. Der Rat unterstützt die fortgesetzte Tätigkeit der Mission der Vereinten Nationen in Äthiopien und Eritrea (UNMEE). Horn von Afrika S/PRST/2007/43 Internationale Strafgerichte S/RES/1786(2007) 28.11.2007 Der Sicherheitsrat beschließt, Serge Brammertz für eine vierjährige Amts- Einstimmige zeit beginnend am 1. Januar 2008 zum Ankläger des Internationalen Straf- Annahme gerichtshofs für das ehemalige Jugoslawien (IStGHJ) zu ernennen. Er erinnert, dass der Strafgerichtshof in Resolution 1503(2003) aufgefordert wurde, alle erforderlichen Maßnahmen zu treffen, um alle Gerichtsverfahren der ersten Instanz bis Jahresende 2008 und die gesamte Tätigkeit im Jahr 2010 abzuschließen (IStGHJ-Abschlussstrategie). Dementsprechend kann die Amtszeit Brammertz’ durch den Sicherheitsrat früher beendet werden, wenn der Gerichtshof seine Tätigkeit abgeschlossen hat. Irak S/RES/1790(2007), Anlagen I, II 18.12.2007 Der Sicherheitsrat beschließt unter Berücksichtigung des Schreibens des ira- Einstimmige kischen Ministerpräsidenten vom 7. Dezember 2007 (Anlage I) sowie des Annahme Schreibens der Außenministerin der Vereinigten Staaten vom 10. Dezember 2007 (Anlage II), das in Resolution 1546(2004) festgelegte Mandat der multinationalen Truppe bis zum 31. Dezember 2008 zu verlängern und dieses auf Ersuchen der Regierung Iraks, spätestens jedoch am 15. Juni 2008, erneut zu prüfen. Der Rat beschließt ferner, die Regelungen für die Einzahlung der Erlöse aus den Exportverkäufen von Erdöl, Erdölprodukten und Erdgas in den Entwicklungsfonds für Irak sowie für die Überwachung des Entwicklungsfonds durch den Internationalen Überwachungsbeirat ebenso bis zum 31. Dezember 2008 zu verlängern. Konfliktprävention/ Konfliktfolgezeit S/PRST/2007/42 6.11.2007 Liberia S/RES/1792(2007) 19.12.2007 40 Der Sicherheitsrat erkennt die wichtige Rolle der regionalen und subregionalen Organisationen bei der Verhütung, Bewältigung und Beilegung von Konflikten an. Er beabsichtigt, sich mit ihnen bei künftigen Friedenssicherungseinsätzen sowie politischen und integrierten Missionen eng abzustimmen. Der Rat erkennt an, dass die Kommission für Friedenskonsolidierung in ihrem Zuständigkeitsbereich ein Forum für die Koordinierung zwischen dem System der Vereinten Nationen und den regionalen und subregionalen Organisationen in Postkonfliktsituationen ist und ersucht den Generalsekretär, Empfehlungen für die Ausweitung und Verstärkung dieser Zusammenarbeit abzugeben. Der Sicherheitsrat beschließt, nach seiner Einschätzung der Fortschritte, Einstimmige die bei der Erfüllung der Bedingungen für die Aufhebung der mit Resolution Annahme 1521(2003) verhängten Maßnahmen bisher erzielt wurden, die in den Resolutionen 1521(2003), 1683(2006), 1731(2006) und 1521(2003) verhängten beziehungsweise geänderten Maßnahmen betreffend Rüstungsgüter sowie Reisen um einen weiteren Zeitraum von zwölf Monaten zu verlängern. Er beschließt ferner, das Mandat der mit Resolution 1760(2007) ernannten Sachverständigengruppe bis zum 20. Juni 2008 zu verlängern. Der Rat ersucht den Generalsekretär, die derzeitigen Mitglieder der Sachverständigengruppe wieder zu ernennen. Er weist außerdem darauf hin, dass er die Maßnahmen in Resolution 1521(2003) betreffend aus Liberia stammende Rundhölzer und Holzprodukte nicht verlängert und betont, dass Liberia das Nationale Forstreformgesetz anwenden und durchsetzen muss. VEREINTE NATIONEN 1/2008 Dokumente UN-Dok.-Nr. Datum Gegenstand Abstimmungsergebnis S/PRST/2007/46 11.12.2007 Der Sicherheitsrat ist tief besorgt über die wiederholten Verschiebungen der Präsidentschaftswahl in Libanon und erneuert seinen Aufruf zur unverzüglichen Abhaltung einer freien und fairen Präsidentschaftswahl ohne jede ausländische Einmischung oder Einflussnahme und unter uneingeschränkter Achtung der demokratischen Institutionen. Der Rat fordert erneut die vollständige Durchführung aller seiner Resolutionen über Libanon. S/PRST/2007/47 12.12.2007 Der Sicherheitsrat verurteilt nachdrücklich den am 12. Dezember 2007 in Baabda verübten Terroranschlag, bei dem François al-Hadsch, General der Libanesischen Streitkräfte, getötet wurde und mehrere andere Personen ums Leben kamen oder verletzt wurden. Der Rat betont, dass es von größter Wichtigkeit ist, diejenigen, die dieses abscheuliche Verbrechen begangen, organisiert und gefördert haben, vor Gericht zu bringen und weist darauf hin, dass er die Anstrengungen des Generalsekretärs zur raschen Errichtung des Sondergerichtshofs für Libanon als Mittel zur Beendigung der Straflosigkeit in Libanon unterstützt. S/RES/1788(2007) 14.12.2007 Der Sicherheitsrat beschließt, das Mandat der Beobachtertruppe der Ver- Einstimmige einten Nationen für die Truppenentflechtung (UNDOF) bis zum 30. Juni Annahme 2008 zu verlängern. Er fordert die beteiligten Parteien zur sofortigen Durchführung seiner Resolution 338(1973) vom 22. Oktober 1973 auf und ersucht den Generalsekretär, am Ende des genannten Zeitraums einen Bericht über die Entwicklung der Lage und die zur Durchführung der in Resolution 338(1973) getroffenen Maßnahmen vorzulegen. S/PRST/2007/48 14.12.2007 Der Sicherheitsrat gibt die folgende Erklärung ab: »Bekanntlich heißt es in Ziffer 11 des Berichts des Generalsekretärs über die UNDOF (S/2007/698): ›… die Situation im Nahen Osten ist angespannt, woran sich voraussichtlich auch nichts ändern wird, solange keine umfassende, alle Aspekte des Nahost-Problems einbeziehende Regelung erzielt werden kann.‹ Diese Erklärung des Generalsekretärs gibt die Auffassung des Sicherheitsrats wieder.« Ostafrikanisches S/PRST/2007/44 Zwischenseengebiet 21.11.2007 Der Sicherheitsrat würdigt das am 9. November 2007 von den Regierungen der Demokratischen Republik Kongo und der Republik Ruanda in Nairobi unterzeichnete Kommuniqué (S/2007/679, Anlage) über ein gemeinsames Konzept zur Beendigung der in den beiden Ländern und in der Region der Großen Seen für den Frieden und die Stabilität bestehenden Gefahr als einen wichtigen Meilenstein zur endgültigen Lösung des Problems illegaler bewaffneter Gruppen im östlichen Teil der Demokratischen Republik Kongo. Er ermutigt die Verantwortlichen, ihre in dem Kommuniqué eingegangenen Verpflichtungen vollständig zu erfüllen und bei der Lösung ihrer gemeinsamen Sicherheitsprobleme auch weiterhin zusammenzuarbeiten. S/RES/1794(2007) 21.12.2007 Der Sicherheitsrat beschließt, das Mandat und die Kapazitäten der Mission Einstimmige der Organisation der Vereinten Nationen in der Demokratischen Republik Annahme Kongo (MONUC) bis zum 31. Dezember 2008 zu verlängern, und genehmigt bis zu diesem Datum die Beibehaltung eines Personalbestands von bis zu 17 030 Soldaten, 760 Militärbeobachtern, 391 Polizisten und 6 organisierten Polizeieinheiten mit jeweils bis zu 125 Mitgliedern. Der Rat ermutigt die MONUC, die integrierten Brigaden der Streitkräfte der Demokratischen Republik Kongo (FARDC) zu unterstützen und sicherzustellen, dass sich die aufsässigen ausländischen und kongolesischen bewaffneten Gruppen an dem Prozess der Entwaffnung, Demobilisierung, Rückführung, Neuansiedlung oder Wiedereingliederung beteiligen. Er ersucht den Generalsekretär, bis zum 31. März 2008 darüber Bericht zu erstatten, inwiefern die MONUC die FARDC weiter unterstützen oder welche anderen Maßnahmen sie ergreifen könnte. Sierra Leone S/RES/1793(2007) 21.12.2007 Der Sicherheitsrat beschließt, das in Resolution 1620(2005) festgelegte Man- Einstimmige dat des Integrierten Büros der Vereinten Nationen in Sierra Leone (UNIOSIL) Annahme bis zum 30. September 2008 zu verlängern und ersucht diesbezüglich den Generalsekretär, dem Rat bis zum 31. Januar 2008 eine Abschlussstrategie zur Prüfung vorzulegen. Somalia S/PRST/2007/49 19.12.2007 Der Sicherheitsrat bekräftigt seine Achtung der Souveränität, der territorialen Unversehrtheit, der politischen Unabhängigkeit und der Einheit Somalias. Er begrüßt die Ernennung Nur Hassan Husseins zum neuen Ministerpräsidenten Somalias und sieht der baldigen Bildung einer wirksamen Regierung erwartungsvoll entgegen. Der Rat fordert alle somalischen Parteien nachdrücklich auf, der Gewalt abzuschwören. Zypern S/RES/1789(2007) 14.12.2007 Der Sicherheitsrat bekundet der Friedenstruppe der Vereinten Nationen in Einstimmige Zypern (UNFICYP) seine volle Unterstützung und beschließt, ihr Mandat bis Annahme zum 15. Juni 2008 zu verlängern. Nahost VEREINTE NATIONEN 1/2008 41 Abkürzungen | Das UN-System auf einen Blick Das UN-System auf einen Blick Die Einrichtungen des Verbands der Vereinten Nationen jeweils in der Reihenfolge ihrer Einbeziehung* Hauptorganisation UN United Nations | Vereinte Nationen Sonderorganisationen ILO International Labour Organisation | Internationale Arbeitsorganisation FAO Food and Agriculture Organization of the United Nations | Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen UNESCO United Nations Educational, Scientific and Cultural Organization | Organisation der Vereinten Nationen für Bildung, Wissenschaft und Kultur ICAO International Civil Aviation Organization | Internationale Zivilluftfahrt-Organisation Weltbankgruppe: IBRD International Bank for Reconstruction and Development | Internationale Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (Weltbank) IFC International Finance Corporation | Internationale Finanz-Corporation IDA International Development Association | Internationale Entwicklungsorganisation IMF International Monetary Fund | Internationaler Währungsfonds UPU Universal Postal Union | Weltpostverein WHO World Health Organization | Weltgesundheitsorganisation ITU International Telecommunication Union | Internationale Fernmeldeunion WMO World Meteorological Organization | Weltorganisation für Meteorologie IMO International Maritime Organization | Internationale Seeschifffahrts-Organisation WIPO World Intellectual Property Organization | Weltorganisation für geistiges Eigentum IFAD International Fund for Agricultural Development | Internationaler Fonds für landwirtschaftliche Entwicklung UNIDO United Nations Industrial Development Organization | Organisation der Vereinten Nationen für industrielle Entwicklung UNWTO World Tourism Organization | Weltorganisation für Tourismus Weitere in Beziehung zu den Vereinten Nationen stehende Organisationen IAEA International Atomic Energy Agency | Internationale Atomenergie-Organisation WTO World Trade Organization | Welthandelsorganisation CTBTO PrepCom Preparatory Commission for the Comprehensive Nuclear-Test-Ban Treaty Organization | Vorbereitungkommission für die Organisation des Vertrags über das umfassende Verbot von Nuklearversuchen OPCW Organisation for the Prohibition of Chemical Weapons | Organisation für das Verbot chemischer Waffen Spezialorgane mit direkter Berichterstattung an die Generalversammlung: UNRWA United Nations Relief and Works Agency for Palestine Refugees in the Near East | Hilfswerk der Vereinten Nationen für Palä42 stinaflüchtlinge im Nahen Osten UNITAR United Nations Institute for Training and Research | Ausbildungs- und Forschungsinstitut der Vereinten Nationen mit Berichterstattung an die Generalversammlung über den Wirtschaftsund Sozialrat: UNICEF United Nations Children’s Fund | Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen UNHCR United Nations High Commissioner for Refugees | Hoher Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen WFP World Food Programme | Welternährungsprogram UNCTAD United Nations Conference on Trade and Development | Handels- und Entwicklungskonferenz der Vereinten Nationen UNDP United Nations Development Programme | Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen UNFPA United Nations Population Fund | Bevölkerungsfonds der Vereinten Nationen UNV United Nations Volunteers Programme | Freiwilligenprogramm der Vereinten Nationen UNU United Nations University | Universität der Vereinten Nationen UNEP United Nations Environment Programme | Umweltprogramm der Vereinten Nationen INSTRAW International Research and Training Institute for the Advancement of Women | Internationales Forschungs- und Ausbildungsinstitut zur Förderung der Frau UNHSP (UN-Habitat) United Nations Human Settlements Programme | Programm der Vereinten Nationen für menschliche Siedlungen Regionalkommissionen ECE Economic Commission for Europe | Wirtschaftskommission für Europa ESCAP Economic and Social Commission for Asia and the Pacific | Wirtschafts- und Sozialkommission für Asien und den Pazifik ECLAC Economic Commission for Latin America and the Caribbean | Wirtschaftskommission für Lateinamerika und die Karibik ECA (Economic Commission for Africa | Wirtschaftskommission für Afrika ESCWA Economic and Social Commission for Western Asia | Wirtschafts- und Sozialkommission für Westasien Menschenrechtsgremien (Vertragsorgane) CERD Committee on the Elimination of Racial Discrimination | Ausschuss für die Beseitigung der Rassendiskriminierung CCPR (Human Rights Committee (under the International Covenant on Civil and Political Rights | Menschenrechtsausschuss (unter dem Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte) CEDAW Committee on the Elimination of Discrimination against Women | Ausschuss für die Beseitigung der Diskriminierung der Frau CESCR Committee on Economic, Social and Cultural Rights | Ausschuss für wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte CAT Committee against Torture | Ausschuss gegen Folter CRC Committee on the Rights of the Child | Ausschuss für die Rechte des Kindes CMW Committee on the Protection of the Rights of All Migrant Workers and Members of Their Families | Ausschuss zum Schutz der Rechte aller Wanderarbeitnehmer und ihrer Familienangehörigen Friedensmissionen UNTSO United Nations Truce Supervision Organization | Organisation der Vereinten Nationen zur Überwachung des Waffenstillstands in Palästina UNMOGIP United Nations Military Observer Group in India and Pakistan | Militärbeobachtergruppe der Vereinten Nationen in Indien und Pakistan UNFICYP United Nations Peacekeeping Force in Cyprus | Friedenstruppe der Vereinten Nationen in Zypern UNDOF United Nations Disengagement Observer Force | Beobachtertruppe der Vereinten Nationen für die Truppenentflechtung zwischen Israel und Syrien UNIFIL United Nations Interim Force in Lebanon | Interimstruppe der Vereinten Nationen in Libanon MINURSO Misión de las Naciones Unidas para el Referéndum del Sáhara Occidental | Mission der Vereinten Nationen für das Referendum in Westsahara UNOMIG United Nations Observer Mission in Georgia | Beobachtermission der Vereinten Nationen in Georgien UNMIK United Nations Interim Administration Mission in Kosovo | Übergangsverwaltungsmission der Vereinten Nationen im Kosovo MONUC Mission de l’Organisation des Nations Unies en République démocratique du Congo | Mission der Vereinten Nationen in der Demokratischen Republik Kongo UNMEE United Nations Mission in Ethiopia and Eritrea | Mission der Vereinten Nationen in Äthiopien und Eritrea UNMIL United Nations Mission in Liberia | Mission der Vereinten Nationen in Liberia UNOCI United Nations Operation in Côte d’Ivoire | Operation der Vereinten Nationen in Côte d’Ivoire MINUSTAH Mission des Nations Unies pour la stabilisation en Haiti | Stabilisierungsmission der Vereinten Nationen in Haiti UNMIS United Nations Mission in the Sudan | Mission der Vereinten Nationen in Sudan UNMIT United Nations Integrated Mission in Timor-Leste | Integrierte Mission der Vereinten Nationen in Timor-Leste UNAMID African Union-United Nations Hybrid Operation in Darfur | Hybrider Einsatz der Afrikanischen Union und der Vereinten Nationen in Darfur MINURCAT Mission des Nations Unies en République centrafricaine et au Tchad | Mission der Vereinten Nationen in der Zentralafrikanischen Republik und in Tschad * Die Auflistung erhebt nicht den Anspruch auf Vollständigkeit. Stand: 31. Januar 2008 VEREINTE NATIONEN 1/2008 Übersichten | Die Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen Die Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen (Stand: 29. Januar 2008) Die nachstehenden Tabellen 1 und 2 zu den Mitgliedstaaten geben den Stand von Jahresbeginn 2008 wieder. Tabelle 1 führt die 192 Mitglieder der Vereinten Nationen in alphabetischer Reihenfolge mit den Daten ihrer Aufnahme auf. Tabelle 2 informiert über die Verteilung der Mitgliedstaaten auf die fünf Regionalgruppen. Diese spielen bei Wahlen zu UN-Gremien mit beschränkter Mitgliedschaft eine Rolle. Die Auflistung ist dem United Nations Handbook 2007/08 des New Zealand Ministry of Foreign Affairs and Trade entnommen. Die Tabellen 3 und 4 ordnen die Mitgliedstaaten nach Gebietsgröße beziehungsweise Bevölkerungszahl. Die Zahlen zur Fläche sind der 53. Ausgabe des ›Demographic Yearbook‹ der Vereinten Nationen (UN Publ. E/F.06.XIII.1) sowie dem ›World Statistic Pocketbook 2006‹ (UN Publ. E.06.XVII.3) entnommen. Die Angaben hinsichtlich der Bevölkerung fußen auf der im Dezember 2007 veröffentlichten Übersicht ›Social Indicators‹ der Abteilung für Bevölkerungsfragen und der Statistikabteilung der Vereinten Nationen und geben im Allgemeinen (teils grobe) Schätzungen für den Stand von 2007 wieder. In der Tabelle 5 sind die Mitgliedstaaten entsprechend ihrer Wirtschaftsleistung im Jahr 2006 aufgeführt; Quelle ist die ›World Development Indicators Database‹ der Weltbank vom Juli 2007. Die Mitgliedstaaten in alphabetischer Ordnung mit Beitrittsdaten (Tabelle 1) 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. 12. 13. 14. 15. 16. 17. 18. 19. 20. 21. 22. 23. 24. 25. 26. 27. 28. 29. 30. 31. 32. 33. 34. 35. 36. 37. 38. 39. 40. 41. 42. 43. 44. 45. 46. 47. 48. 49. 50. 51. 52. 53. 54. 55. 56. 57. 58. 59. 60. 61. 62. 63. 64. 65. Ägypten Äquatorialguinea Äthiopien Afghanistan Albanien Algerien Andorra Angola Antigua und Barbuda Argentinien Armenien Aserbaidschan Australien Bahamas Bahrain Bangladesch Barbados Belarus Belgien Belize Benin Bhutan Bolivien Bosnien-Herzegowina Botswana Brasilien Brunei Darussalam Bulgarien Burkina Faso Burundi Chile China Costa Rica Côte d’Ivoire Dänemark Deutschland Dominica Dominikanische Republik Dschibuti Ecuador El Salvador Eritrea Estland Fidschi Finnland Frankreich Gabun Gambia Georgien Ghana Grenada Griechenland Großbritannien Guatemala Guinea Guinea-Bissau Guyana Haiti Honduras Indien Indonesien Irak Iran Irland Island VEREINTE NATIONEN 1/2008 24.10.1945 12.11.1968 13.11.1945 19.11.1946 14.12.1955 8.10.1962 28.7.1993 1.12.1976 11.11.1981 24.10.1945 2.3.1992 2.3.1992 1.11.1945 18.9.1973 21.9.1971 17.9.1974 9.12.1966 24.10.1945 27.12.1945 25.9.1981 20.9.1960 21.9.1971 14.11.1945 22.5.1992 17.10.1966 24.10.1945 21.9.1984 14.12.1955 20.9.1960 18.9.1962 24.10.1945 24.10.1945 2.11.1945 20.9.1960 24.10.1945 18.9.1973 18.12.1978 24.10.1945 20.9.1977 21.12.1945 24.10.1945 28.5.1993 17.9.1991 13.10.1970 14.12.1955 24.10.1945 20.9.1960 21.9.1965 31.7.1992 8.3.1957 17.9.1974 25.10.1945 24.10.1945 21.11.1945 12.12.1958 17.9.1974 20.9.1966 24.10.1945 17.12.1945 30.10.1945 28.9.1950 21.12.1945 24.10.1945 14.12.1955 19.11.1946 66. 67. 68. 69. 70. 71. 72. 73. 74. 75. 76. 77. 78. 79. 80. 81. 82. 83. 84. 85. 86. 87. 88. 89. 90. 91. 92. 93. 94. 95. 96. 97. 98. 99. 100. 101. 102. 103. 104. 105. 106. 107. 108. 109. 110. 111. 112. 113. 114. 115. 116. 117. 118. 119. 120. 121. 122. 123. 124. 125. 126. 127. 128. 129. 130. Israel 11.5.1949 Italien 14.12.1955 Jamaika 18.9.1962 Japan 18.12.1956 Jemen 30.9.1947 Jordanien 14.12.1955 Kambodscha 14.12.1955 Kamerun 20.9.1960 Kanada 9.11.1945 Kap Verde 16.9.1975 Kasachstan 2.3.1992 Katar 21.9.1971 Kenia 16.12.1963 Kirgisistan 2.3.1992 Kiribati 14.9.1999 Kolumbien 5.11.1945 Komoren 12.11.1975 Kongo (Demokratische Rep.) 20.9.1960 Kongo (Republik) 20.9.1960 Korea (Demokratische Volksrep.) 17.9.1991 Korea (Republik) 17.9.1991 Kroatien 22.5.1992 Kuba 24.10.1945 Kuwait 14.5.1963 Laos 14.12.1955 Lesotho 17.10.1966 Lettland 17.9.1991 Libanon 24.10.1945 Liberia 2.11.1945 Libyen 14.12.1955 Liechtenstein 18.9.1990 Litauen 17.9.1991 Luxemburg 24.10.1945 Madagaskar 20.9.1960 Malawi 1.12.1964 Malaysia 17.9.1957 Malediven 21.9.1965 Mali 28.9.1960 Malta 1.12.1964 Marokko 12.11.1956 Marshallinseln 17.9.1991 Mauretanien 27.10.1961 Mauritius 24.4.1968 Mazedonien 8.4.1993 Mexiko 7.11.1945 Mikronesien 17.9.1991 Moldau 2.3.1992 Monaco 28.5.1993 Mongolei 27.10.1961 Montenegro 28.6.2006 Mosambik 16.9.1975 Myanmar 19.4.1948 Namibia 23.4.1990 Nauru 14.9.1999 Nepal 14.12.1955 Neuseeland 24.10.1945 Nicaragua 24.10.1945 Niederlande 10.12.1945 Niger 20.9.1960 Nigeria 7.10.1960 Norwegen 27.11.1945 Österreich 14.12.1955 Oman 7.10.1971 Pakistan 30.9.1947 Palau 15.12.1994 131. 132. 133. 134. 135. 136. 137. 138. 139. 140. 141. 142. 143. 144. 145. 146. 147. 148. 149. 150. 151. 152. 153. 154. 155. 156. 157. 158. 159. 160. 161. 162. 163. 164. 165. 166. 167. 168. 169. 170. 171. 172. 173. 174. 175. 176. 177. 178. 179. 180. 181. 182. 183. 184. 185. 186. 187. 188. 189. 190. 191. 192. Panama 13.11.1945 Papua-Neuguinea 10.10.1975 Paraguay 24.10.1945 Peru 31.10.1945 Philippinen 24.10.1945 Polen 24.10.1945 Portugal 14.12.1955 Rumänien 14.12.1955 Russland 24.10.1945 Ruanda 18.9.1962 Salomonen 19.9.1978 Sambia 1.12.1964 Samoa 15.12.1976 San Marino 2.3.1992 São Tomé und Príncipe 16.9.1975 Saudi-Arabien 24.10.1945 Schweden 19.11.1946 Schweiz 10.9.2002 Senegal 28.9.1960 Serbien 1.11.2000 Seychellen 21.9.1976 Sierra Leone 27.9.1961 Simbabwe 25.8.1980 Singapur 21.9.1965 Slowakei 19.1.1993 Slowenien 22.5.1992 Somalia 20.9.1960 Spanien 14.12.1955 Sri Lanka 14.12.1955 St. Kitts und Nevis 23.9.1983 St. Lucia 18.9.1979 St. Vincent und die Grenadinen 16.9.1980 Sudan 12.11.1956 Südafrika 7.11.1945 Suriname 4.12.1975 Swasiland 24.9.1968 Syrien 24.10.1945 Tadschikistan 2.3.1992 Tansania 14.12.1961 Thailand 16.12.1946 Timor-Leste 27.9.2002 Togo 20.9.1960 Tonga 14.9.1999 Trinidad und Tobago 18.9.1962 Tschad 20.9.1960 Tschechien 19.1.1993 Türkei 24.10.1945 Tunesien 12.11.1956 Turkmenistan 2.3.1992 Tuvalu 5.9.2000 Uganda 25.10.1962 Ukraine 24.10.1945 Ungarn 14.12.1955 Uruguay 18.12.1945 Usbekistan 2.3.1992 Vanuatu 15.9.1981 Venezuela 15.11.1945 Vereinigte Arabische Emirate 9.12.1971 Vereinigte Staaten 24.10.1945 Vietnam 20.9.1977 Zentralafrikanische Republik 20.9.1960 Zypern 20.9.1960 Sonstige Staaten Vatikanstadt 43 Übersichten | Die Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen Die Mitgliedstaaten nach Regionalgruppen (Tabelle 2) Afrikanische Staaten 1. Ägypten 2. Äquatorialguinea 3. Äthiopien 4. Algerien 5. Angola 6. Benin 7. Botswana 8. Burkina Faso 9. Burundi 10. Côte d'Ivoire 11. Dschibuti 12. Eritrea 13. Gabun 14. Gambia 15. Ghana 16. Guinea 17. Guinea-Bissau 18. Kamerun 19. Kap Verde 20. Kenia 21. Komoren 22. Kongo (Demokratische Rep.) 23. Kongo (Republik) 24. Lesotho 25. Liberia 26. Libyen 27. Madagaskar 28. Malawi 29. Mali 30. Marokko 31. Mauretanien 32. Mauritius 33. Mosambik 34. Namibia 35. Niger 36. Nigeria 37. Ruanda 38. Sambia 39. São Tomé und Príncipe 40. Senegal 41. Seychellen 42. Sierra Leone 43. Simbabwe 44. Somalia 45. Sudan 46. Südafrika 47. Swasiland 48. Tansania 49. Togo 50. Tschad 51. Tunesien 52. Uganda 53. Zentralafrikanische Republik Asiatische Staaten 1. Afghanistan 2. Bahrain 3. Bangladesch 4. Bhutan 5. Brunei Darussalam 6. China 7. Fidschi 8. Indien 9. Indonesien 10. Irak 11. Iran 12. Japan 13. Jemen 14. Jordanien 15. Kambodscha 16. Kasachstan 17. Katar 18. Kirgisistan 19. Korea (Dem. Volksrep.) 20. Korea (Republik) 21. Kuwait 22. Laos 23. Libanon 24. Malaysia 25. Malediven 26. Marshallinseln 27. Mikronesien 28. Mongolei 29. Myanmar 30. Nauru 31. Nepal 32. Oman 33. Pakistan 34. Palau 35. Papua-Neuguinea 36. Philippinen 37. Salomonen 38. Samoa 39. Saudi-Arabien 40. Singapur 41. Sri Lanka 42. Syrien * wird bei Wahlen als Mitglied dieser Gruppe geführt; außerdem Mitglied der asiatischen Regionalgruppe ** wird bei Wahlen der Gruppe der westeuropäischen und anderen Staaten zugerechnet *** Kiribati wird keiner Regionalgruppe zugeordnet 43. Tadschikistan 44. Thailand 45. Timor-Leste 46. Tonga 47. Turkmenistan 48. Tuvalu 49. Usbekistan 50. Vanuatu 51. Vereinigte Arabische Emirate 52. Vietnam 53. Zypern Lateinamerikanische und karibische Staaten 1. Antigua und Barbuda 2. Argentinien 3. Bahamas 4. Barbados 5. Belize 6. Bolivien 7. Brasilien 8. Chile 9. Costa Rica 10. Dominica 11. Dominikanische Republik 12. Ecuador 13. El Salvador 14. Grenada 15. Guatemala 16. Guyana 17. Haiti 18. Honduras 19. Jamaika 20. Kolumbien 21. Kuba 22. Mexiko 23. Nicaragua 24. Panama 25. Paraguay 26. Peru 27. St. Kitts und Nevis 28. St. Lucia 29. St. Vincent und die Grenadinen 30. Suriname 31. Trinidad und Tobago 32. Uruguay 33. Venezuela Osteuropäische Staaten 1. Albanien 2. Armenien 3. Aserbaidschan 4. Belarus 5. Bosnien-Herzegowina 6. Bulgarien 7. Estland 8. Georgien 9. Kroatien 10. Lettland 11. Litauen 12. Mazedonien 13. Moldau 14. Montenegro 15. Polen 16. Rumänien 17. Russland 18. Serbien 19. Slowakei 20. Slowenien 21. Tschechien 22. Ukraine 23. Ungarn Westeuropäische und andere Staaten 1. Andorra 2. Australien 3. Belgien 4. Dänemark 5. Deutschland 6. Finnland 7. Frankreich 8. Griechenland 9. Großbritannien 10. Irland 11. Island 12. Israel 13. Italien 14. Kanada 15. Liechtenstein 16. Luxemburg 17. Malta 18. Monaco 19. Neuseeland 20. Niederlande 21. Norwegen 22. Österreich 23. Portugal 24. San Marino 25. Schweden 26. Schweiz 27. Spanien 28. Türkei* Ohne Gruppenzugehörigkeit 1. Vereinigte Staaten** 2. Kiribati*** Die Mitgliedstaaten nach Gebietsgröße (Fläche in Quadratkilometern) (Tabelle 3) 1. Russland 2. Kanada 3. Vereinigte Staaten 4. China 5. Brasilien 6. Australien 7. Indien 8. Argentinien 9. Kasachstan 10. Sudan 11. Algerien 12. Kongo (Demokratische Rep.) 13. Saudi-Arabien 14. Mexiko 15. Indonesien 16. Libyen 17. Iran 18. Mongolei 19. Peru 20. Tschad 21. Niger 22. Angola 23. Mali 24. Südafrika 25. Kolumbien 26. Äthiopien 27. Bolivien 28. Mauretanien 44 17 075 400 9 970 610 9 629 091 9 596 961 8 514 215 7 741 220 3 287 263 2 780 400 2 724 900 2 505 813 2 381 741 2 344 858 2 149 690 1 958 201 1 904 569 1 759 540 1 648 195 1 566 500 1 285 216 1 284 000 1 267 000 1 246 700 1 240 192 1 221 037 1 138 914 1 104 300 1 098 581 1 025 520 29. Ägypten 30. Nigeria 31. Venezuela 32. Tansania 33. Namibia 34. Mosambik 35. Pakistan 36. Türkei 37. Chile 38. Sambia 39. Myanmar 40. Afghanistan 41. Somalia 42. Zentralafrikanische Republik 43. Ukraine 44. Madagaskar 45. Botswana 46. Kenia 47. Frankreich 48. Jemen 49. Thailand 50. Spanien 51. Turkmenistan 52. Kamerun 53. Papua-Neuguinea 54. Schweden 55. Usbekistan 56. Marokko 1 001 449 923 768 912 050 883 749 824 292 801 590 796 095 774 815 756 626 752 618 676 578 652 090 637 657 622 984 603 700 587 041 581 730 580 367 551 500 527 968 513 115 505 992 488 100 475 442 462 840 449 964 447 400 446 550 57. 58. 59. 60. 61. 62. 63. 64. 65. 66. 67. 68. 69. 70. 71. 72. 73. 74. 75. 76. 77. 78. 79. 80. 81. 82. 83. 84. Irak Paraguay Simbabwe Japan Deutschland Kongo (Republik) Finnland Vietnam Malaysia Norwegen Polen Côte d'Ivoire Oman Italien Philippinen Ecuador Burkina Faso Neuseeland Gabun Guinea Großbritannien Uganda Ghana Rumänien Laos Guyana Belarus Kirgisistan 438 317 406 752 390 757 377 829 357 022 342 000 338 145 331 689 329 758 323 877 323 250 322 463 309 500 301 318 300 000 283 561 274 000 270 534 267 668 245 857 242 900 241 038 238 533 238 391 236 800 214 969 207 600 199 900 VEREINTE NATIONEN 1/2008 Übersichten | Die Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen 85. 86. 87. 88. 89. 90. 91. 92. 93. 94. 95. 96. 97. 98. 99. 100. 101. 102. 103. 104. 105. 106. 107. 108. 109. 110. 111. 112. 113. 114. 115. 116. 117. 118. 119. 120. Senegal Syrien Kambodscha Uruguay Suriname Tunesien Nepal Bangladesch Tadschikistan Griechenland Nicaragua Korea (Demokratische Volksrep.) Malawi Eritrea Benin Honduras Liberia Bulgarien Kuba Guatemala Island Korea (Republik) Ungarn Portugal Serbien Jordanien Aserbaidschan Österreich Vereinigte Arabische Emirate Tschechien Panama Sierra Leone Irland Georgien Sri Lanka Litauen 196 722 185 180 181 035 175 016 163 820 163 610 147 181 143 998 143 100 131 957 130 000 120 538 118 484 117 600 112 622 112 088 111 369 110 912 110 861 108 889 103 000 99 268 93 032 91 982 88 361 89 324 86 600 83 859 83 600 78 866 75 517 71 740 70 273 69 700 65 610 65 200 121. 122. 123. 124. 125. 126. 127. 128. 129. 130. 131. 132. 133. 134. 135. 136. 137. 138. 139. 140. 141. 142. 143. 144. 145. 146. 147. 148. 149. 150. 151. 152. 153. 154. 155. 156. Lettland Togo Kroatien Bosnien-Herzegowina Costa Rica Slowakei Dominikanische Republik Bhutan Estland Dänemark Niederlande Schweiz Guinea-Bissau Moldau Belgien Lesotho Armenien Salomonen Albanien Äquatorialguinea Burundi Haiti Ruanda Mazedonien Dschibuti Belize Israel El Salvador Slowenien Fidschi Kuwait Swasiland Timor-Leste Bahamas Montenegro Vanuatu 64 600 56 785 56 538 51 197 51 100 49 012 48 511 47 000 45 100 43 094 41 526 41 284 36 125 33 851 30 528 30 355 29 800 28 896 28 748 28 051 27 834 27 750 26 338 25 713 23 200 22 696 22 145 21 041 20 256 18 274 17 818 17 364 14 874 13 878 13 812 12 189 157. 158. 159. 160. 161. 162. 163. 164. 165. 166. 167. 168. 169. 170. 171. 172. 173. 174. 175. 176. 177. 178. 179. 180. 181. 182. 183. 184. 185. 186. 187. 188. 189. 190. 191. 192. Gambia Katar Jamaika Libanon Zypern Brunei Darussalam Trinidad und Tobago Kap Verde Samoa Luxemburg Komoren Mauritius São Tomé und Príncipe Dominica Kiribati Mikronesien Bahrain Singapur Tonga St. Lucia Andorra Palau Seychellen Antigua und Barbuda Barbados St. Vincent und die Grenadinen Grenada Malta Malediven St. Kitts und Nevis Marshallinseln Liechtenstein San Marino Tuvalu Nauru Monaco 23 790 23 478 22 389 21 437 21 396 20 743 19 928 19 683 19 299 19 261 18 549 17 024 16 634 16 418 15 421 14 784 14 443 14 225 13 925 13 353 13 349 13 341 12 378 12 336 11 922 11 267 11 146 10 780 10 623 10 457 10 327 10 186 10 029 9 858 9 759 9 724 9 688 9 597 9 524 9 370 9 119 9 032 8 698 8 508 8 467 8 360 93. 94. 95. 96. 97. 98. 99. 100. 101. 102. 103. 104. 105. 106. 107. 108. 109. 110. 111. 112. 113. 114. 115. 116. 117. 118. 119. 120. 121. 122. 123. 124. 125. 126. 127. 128. 129. 130. 131. 132. 133. 134. 135. 136. 137. 138. Bulgarien Schweiz Honduras Israel El Salvador Tadschikistan Togo Papua-Neuguinea Libyen Paraguay Jordanien Sierra Leone Laos Nicaragua Dänemark Slowakei Kirgisistan Finnland Turkmenistan Eritrea Norwegen Kroatien Costa Rica Singapur Georgien Vereinigte Arabische Emirate Zentralafrikanische Republik Irland Neuseeland Libanon Bosnien-Herzegowina Moldau Kongo (Republik) Liberia Litauen Panama Uruguay Albanien Mauretanien Armenien Kuwait Jamaika Mongolei Oman Lettland Namibia 11 295 11 000 10 991 10 400 9 251 5 765 5 130 4 033 2 831 2 586 2 235 2 040 964 751 726 702 694 683 650 539 468 459 455 442 430 388 344 316 298 261 181 160 61 26 21 1 Die Mitgliedstaaten nach Bevölkerungszahl (in Tausend) (Tabelle 4) 1. China 1 328 629 2. Indien 1 169 015 3. Vereinigte Staaten 305 826 4. Indonesien 231 627 5. Brasilien 191 790 6. Pakistan 163 902 7. Bangladesch 158 665 8. Nigeria 148 092 9. Russland 142 498 10. Japan 127 966 11. Mexiko 106 534 12. Philippinen 87 960 13. Vietnam 87 375 14. Äthiopien 83 099 15. Deutschland 82 599 16. Ägypten 75 497 17. Türkei 74 876 18. Iran 71 208 19. Thailand 63 883 20. Kongo (Demokratische Republik) 62 635 21. Frankreich 61 647 22. Großbritannien 60 768 23. Italien 58 876 24. Myanmar 48 798 25. Südafrika 48 576 26. Korea (Republik) 48 223 27. Ukraine 46 205 28. Kolumbien 46 156 29. Spanien 44 279 30. Tansania 40 453 31. Argentinien 39 531 32. Sudan 38 560 33. Polen 38 082 34. Kenia 37 537 35. Algerien 33 857 36. Kanada 32 876 37. Marokko 31 224 38. Uganda 30 883 39. Irak 28 993 40. Nepal 28 196 41. Peru 27 902 42. Venezuela 27 656 43. Usbekistan 27 372 44. Afghanistan 27 145 45. Malaysia 26 571 46. Saudi-Arabien 24 734 VEREINTE NATIONEN 1/2008 47. 48. 49. 50. 51. 52. 53. 54. 55. 56. 57. 58. 59. 60. 61. 62. 63. 64. 65. 66. 67. 68. 69. 70. 71. 72. 73. 74. 75. 76. 77. 78. 79. 80. 81. 82. 83. 84. 85. 86. 87. 88. 89. 90. 91. 92. Korea (Demokratische Volksrep.) Ghana Jemen Rumänien Mosambik Australien Syrien Madagaskar Sri Lanka Côte d’Ivoire Kamerun Angola Chile Niederlande Kasachstan Burkina Faso Kambodscha Niger Malawi Guatemala Simbabwe Ecuador Senegal Mali Sambia Kuba Griechenland Tschad Portugal Belgien Tunesien Tschechien Ungarn Serbien Dominikanische Republik Ruanda Belarus Haiti Bolivien Guinea Schweden Benin Somalia Burundi Aserbaidschan Österreich 7 638 7 484 7 106 6 927 6 857 6 736 6 585 6 331 6 160 6 127 5 924 5 865 5 859 5 603 5 442 5 390 5 316 5 276 4 965 4 850 4 698 4 555 4 467 4 436 4 395 4 380 4 342 4 300 4 178 4 099 3 934 3 793 3 768 3 750 3 389 3 343 3 339 3 190 3 123 3 002 2 851 2 713 2 678 2 595 2 277 2 074 45 Übersichten | Die Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen 139. 140. 141. 142. 143. 144. 145. 146. 147. 148. 149. 150. 151. 152. 153. 154. 155. 156. Mazedonien Lesotho Slowenien Botswana Gambia Guinea-Bissau Estland Trinidad und Tobago Gabun Mauritius Timor-Leste Swasiland Zypern Katar Komoren Fidschi Dschibuti Bahrain 2 038 2 007 2 001 1 881 1 708 1 695 1 335 1 333 1 330 1 261 1 154 1 141 854 840 839 838 833 752 157. 158. 159. 160. 161. 162. 163. 164. 165. 166. 167. 168. 169. 170. 171. 172. 173. 174. Guyana Bhutan Montenegro Kap Verde Äquatorialguinea Salomonen Luxemburg Suriname Malta Brunei Darussalam Bahamas Malediven Island Barbados Belize Vanuatu Samoa St. Lucia 737 658 598 530 507 495 466 458 406 390 331 305 301 293 287 226 187 164 175. 176. 177. 178. 179. 180. 181. 182. 183. 184. 185. 186. 187. 188. 189. 190. 191. 192. São Tomé und Príncipe St. Vincent und die Grenadinen Mikronesien Grenada Tonga Seychellen Kiribati Antigua und Barbuda Andorra Dominica Marshallinseln St. Kitts und Nevis Liechtenstein Monaco San Marino Palau Nauru Tuvalu 157 120 111 105 100 86 84 81 74 69 54 40 34 32 30 19 10 9 Die Mitgliedstaaten nach Wirtschaftsleistung (Bruttoinlandsprodukt in Millionen US-Dollar) (Tabelle 5) 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. 12. 13. 14. 15. 16. 17. 18. 19. 20. 21. 22. 23. 24. 25. 26. 27. 28. 29. 30. 31. 32. 33. 34. 35. 36. 37. 38. 39. 40. 41. 42. 43. 44. 45. 46. 47. 48. 49. 50. 51. 52. 53. 54. 55. 56. 57. 58. 59. 60. 61. 62. 63. 64. 46 Vereinigte Staaten 13 201 819 Japan 4 340 133 Deutschland 2 906 681 China 2 668 071 Großbritannien 2 345 015 Frankreich 2 230 721 Italien 1 844 749 Kanada 1 251 463 Spanien 1 223 988 Brasilien 1 067 962 Russland 986 940 Indien 906 268 Korea (Republik) 888 024 Mexiko 839 182 Australien 768 178 Niederlande 657 590 Türkei 402 710 Belgien 392 001 Schweden 384 927 Schweiz 379 758 Indonesien 364 459 Polen 338 733 Österreich 322 444 Norwegen 310 960 Saudi-Arabien 309 778 Dänemark 275 237 Südafrika 254 992 Griechenland 244 951 Iran 222 889 Irland 222 650 Argentinien 214 058 Finnland 209 445 Thailand 206 247 Portugal 192 572 Venezuela 181 862 Malaysia 148 940 Chile 145 841 Tschechien 141 801 Kolumbien 135 836 Singapur 132 158 Vereinigte Arabische Emirate 129 702 Pakistan 128 830 Israel 123 434 Rumänien 121 609 Philippinen 116 931 Algerien 114 727 Nigeria 114 686 Ungarn 112 899 Ägypten 107 484 Ukraine 106 111 Neuseeland 103 873 Peru 93 269 Kuwait 80 781 Kasachstan 77 237 Bangladesch 61 961 Vietnam 60 884 Marokko 57 307 Slowakei 55 049 Libyen 50 320 Angola 44 033 Kroatien 42 653 Katar 42 463 Luxemburg 41 382 Ecuador 40 800 65. 66. 67. 68. 69. 70. 71. 72. 73. 74. 75. 76. 77. 78. 79. 80. 81. 82. 83. 84. 85. 86. 87. 88. 89. 90. 91. 92. 93. 94. 95. 96. 97. 98. 99. 100. 101. 102. 103. 104. 105. 106. 107. 108. 109. 110. 111. 112. 113. 114. 115. 116. 117. 118. 119. 120. 121. 122. 123. 124. 125. 126. 127. 128. Sudan Slowenien Belarus Guatemala Syrien Serbien (ohne Kosovo) Bulgarien Dominikanische Republik Tunesien Litauen Sri Lanka Oman Libanon Costa Rica Kenia Aserbaidschan Lettland Trinidad und Tabago Uruguay Jemen Kamerun El Salvador Côte d’Ivoire Usbekistan Panama Estland Island Zypern Jordanien Äthiopien Bahrain Ghana Tansania Bosnien-Herzegowina Bolivien Sambia Jamaika Turkmenistan Botswana Gabun Uganda Honduras Albanien Paraguay Senegal Äquatorialguinea Kongo (Demokratische Republik) Afghanistan Nepal Mosambik Georgien Kongo (Republik) Kambodscha Tschad Mauritius Armenien Brunei Darussalam Namibia Mazedonien Burkina Faso Mali Papua-Neuguinea Malta Madagaskar 37 565 37 303 36 945 35 290 34 902 31 808 31 483 30 581 30 298 29 791 26 967 24 284 22 722 22 145 21 186 20 122 20 116 19 911 19 308 19 057 18 323 18 306 17 484 17 178 17 097 16 410 15 854 15 418 14 176 13 315 12 914 12 906 12 784 11 296 11 163 10 907 10 533 10 496 10 328 9 546 9 322 9 235 9 136 9 110 8 936 8 563 8 543 8 399 8 052 7 608 7 550 7 385 7 193 6 541 6 448 6 406 6 400 6 372 6 217 6 205 5 929 5 654 5 570 5 499 129. 130. 131. 132. 133. 134. 135. 136. 137. 138. 139. 140. 141. 142. 143. 144. 145. 146. 147. 148. 149. 150. 151. 152. 153. 154. 155. 156. 157. 158. 159. 160. 161. 162. 163. 164. 165. 166. 167. 168. 169. 170. 171. 172. 173. 174. 175. 176. 177. 178. 179. 180. Nicaragua Simbabwe Haiti Benin Niger Laos Guinea Moldau Barbados Fidschi Tadschikistan Kirgisistan Mongolei Mauretanien Swasiland Ruanda Montenegro Malawi Togo Suriname Zentralafrikanische Republik Lesotho Sierra Leone Belize Kap Verde Eritrea Antigua und Barbuda Bhutan Malediven St. Lucia Guyana Burundi Dschibuti Seychellen Liberia Grenada Gambia St. Kitts und Nevis St. Vincent und die Grenadinen Samoa Komoren Vanuatu Timor-Leste Salomonen Guinea-Bissau Dominica Mikronesien Tonga Palau Marshallinseln São Tomé und Príncipe Kiribati 5 369 5 010 4 961 4 775 3 544 3 404 3 317 3 266 3 091 2 822 2 811 2 695 2 689 2 663 2 648 2 494 2 347 2 232 2 206 1 597 1 486 1 476 1 443 1 217 1 144 1 085 962 927 915 906 896 807 757 750 631 519 511 487 466 422 403 388 356 335 304 300 245 223 157 155 123 71 Für folgende Staaten liegen keine Daten vor: Andorra Bahamas Irak Korea (Demokratische Volksrepublik) Kuba Liechtenstein Monaco Myanmar Nauru San Marino Somalia Tuvalu VEREINTE NATIONEN 1/2008 English Abstracts German Review on the United Nations | Abstracts Volume 56 | 2008 | No. 1 The UN and Climate Change Steffen Bauer pp. 3–9 “Admit that the Waters Around You Have Grown”. The Significance of Climate Change for the United Nations Daniel Mittler pp. 16–19 Weak, Weaker, CSD? The UN Commission on Sustainable Development 15 Years after Rio The United Nations is both a driver and an arena of international climate policy. Even in the 1970s it was calling attention to the threats posed by anthropogenic climate change and created the pertinent institutional architecture from which today’s international consensus on climate change evolved. Only the implementation of the recently adopted Bali Roadmap will tell, however, whether the United Nations is really capable of preventing unmitigated global warming and of managing its unavoidable consequences. This article reviews the multiple tasks and roles of the United Nations in view of climate change, not only in the immediate context of the UNFCCC, but also through its principal bodies, specialized agencies and programs. It argues that climate change concerns virtually all areas of UN activity and that the current international focus on climate change is not a topical trend but a lasting dynamic to which the UN system will need to adjust. Scholars who study international organizations should accept that climate change is no longer a peripheral ›soft‹ issue, but also requires their attention. The year 2007 marked the 15th anniversary of the Commission on Sustainable Development (CSD). There was no celebration, as the 15th session of the Commission in May 2007 ended in acrimony. Countries proved unable to reach agreement on how to pursue a sustainable global energy path. Daniel Mittler argues that, even though the CSD did frustrate all initial hopes and expectations no other UN body—at least in the short term—is better suited to monitor the implementation of the results of the ‘Earth Summits’ in Rio (1992) and Johannesburg (2002). Frank Biermann · Ingrid Boas pp. 10–15 The Case for a Protocol on the Protection of Climate Refugees. Towards a Global Governance System to Adapt to a Warmer World Climate change threatens to cause the biggest refugee crisis in human history. More than 200 million people, largely in Africa and Asia, might be forced to leave their homes to seek refuge in other places or countries over the course of the century. Yet the current institutions, organizations and funding mechanisms are not sufficiently equipped to deal with this looming crisis. The situation calls for new governance. Frank Biermann and Ingrid Boas outline a blueprint for a global governance architecture for the protection and voluntary resettlement of climate refugees. They provide a definition of climate refugees as well as a summary of current estimates of their likely numbers and probable regions of origin. Regarding existing institutions, the authors argue against the extension of the definition of refugees under the 1951 Geneva Convention Relating to the Status of Refugees. Key elements of their proposal are a new legal instrument specifically tailored to the needs of climate refugees—a Protocol on Recognition, Protection, and Resettlement of Climate Refugees to the United Nations Framework Convention on Climate Change—as well as a separate funding mechanism, the Climate Refugee Protection and Resettlement Fund. VEREINTE NATIONEN 1/2008 Doris König · Thilo Neumann pp. 20–24 Fight for the Arctic. The Existing Agreements Are Sufficient This article analyzes the current international legal situation in the Arctic and provides an overview of the different attempts of the Arctic states to expand their sovereignty to Arctic waters. It elaborates the division of the Arctic Ocean into different national maritime zones under the regime of the UN Convention on the Law of the Sea (UNCLOS) and explains how a coastal state can secure sovereign rights over the outer continental shelf and its natural resources, such as oil and gas, beyond its exclusive economic zone. Taking into account the impending environmental pollution in the Arctic, this article examines the possibility of negotiating, under the auspices of the UN, an Arctic treaty system modeled on the Antarctic Treaty. Since the legal situation in the Arctic is very different from that in Antarctica, the authors prefer the current approach of close regional cooperation between the Arctic States to an international treaty for the Arctic. Alistair D. Edgar pp. 25–26 The Academic Council on the United Nations System. An International UN Studies Network The author, Alistair D. Edgar, Executive Director of the Academic Council on the UN System (ACUNS), provides insights as well as a review on the work of the Council from its foundation in 1987 until present. ACUNS is an association and a network of scholars and practitioners interested in the United Nations and strives to better inform and enhance the work of each group. Edgar concludes that ACUNS, with its conscious objective of integrating theory with policy and practice, has found its academic niche. Nevertheless, much remains to be done and the Council enters its third decade with a full agenda. 47 Impressum Impressum Deutsche Gesellschaft für die Vereinten nationen VEREINTE NATIONEN Vorstand Prof. Dr. Thomas Bruha (Vorsitzender) Detlef Dzembritzki, MdB (Stellvertretender Vorsitzender) Ekkehard Griep (Stellvertretender Vorsitzender) Ana Dujic (Schatzmeisterin) Sabine Birken Prof. Dr. Manuel Fröhlich Armin Laschet Astrid van der Merwe Dr. Wolfgang Münch Winfried Nachtwei, MdB Dr. Christian Tams Zeitschrift für die Vereinten Nationen und ihre Sonderorganisationen. Begründet von Kurt Seinsch. ISSN 0042-384X Herausgeber: Deutsche Gesellschaft für die Vereinten Nationen (DGVN), Berlin. Chefredakteurin: Anja Papenfuß Redaktionsassistenz/DTP: Monique Lehmann Redaktionsanschrift: VEREINTE NATIONEN Zimmerstr. 26/27, D–10969 Berlin Telefon 030 | 25 93 75–10 Telefax: 030 | 25 93 75–29 E-Mail: [email protected] Internet: http://www.dgvn.de/zeitschrift.html Druck und Verlag: Nomos Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG Waldseestr. 3–5, D–76530 Baden-Baden Telefon 0 72 21 | 21 04–0 Telefax 0 72 21 | 21 04–27 Erscheinungsweise: zweimonatlich Bezugspreise: Jahresabonnement (6 Hefte) 57,– Euro*. Einzelheft: 11,– Euro.* Alle Preise inkl. MwSt. zuzüglich Vertriebs-/Direktbeorderungsgebühren Inland (7,70 Euro/2,14 Euro) 9,84 Euro. Bestellungen nehmen entgegen: Nomos Verlagsgesellschaft Aloisia Hohmann Telefon 0 72 21 | 21 04–39 Telefax 0 72 21 | 21 04–43 E-Mail: [email protected] sowie der Buchhandel; Kündigung jeweils drei Monate zum Kalenderjahresende. 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Namentlich gezeichnete Beiträge geben nicht notwendigerweise die Meinung des Herausgebers oder der Redaktion wieder. 48 Präsidium Dr. Hans Arnold Prof. Dr. Kurt Biedenkopf Dr. Hans Otto Bräutigam Dr. Eberhard Brecht Dr. Fredo Dannenbring Prof. Dr. Klaus Dicke Bärbel Dieckmann Hans Eichel Manfred Eisele Prof. Dr. Tono Eitel Joschka Fischer Hans-Dietrich Genscher Dr. Wilhelm Höynck Prof. Dr. Klaus Hüfner Prälat Dr. Karl Jüsten Dr. Dieter Kastrup Dr. Hans-Peter Kaul Dr. Inge Kaul Dr. Klaus Kinkel Matthias Kleinert Dr. Manfred Kulessa Dr. Hans-Werner Lautenschlager Prof. Dr. Klaus Leisinger Walter Lewalter Ingrid Matthäus-Maier Prof. Dr. Jens Naumann Karl Theodor Paschke Dr. Gunter Pleuger Detlev Graf zu Rantzau Prälat Dr. Stephan Reimers Prof. Dr. Volker Rittberger Dr. Irmgard Schwaetzer Prof. Bruno Simma Heide Simonis Dr. Frank-Walter Steinmeier Prof. Dr. Rita Süssmuth Dr. Helga Timm Prof. Dr. Klaus Töpfer Prof. Dr. Christian Tomuschat Dr. Günther Unser Dr. Hans-Joachim Vergau Dr. Ernst Ulrich von Weizsäcker Dr. Richard von Weizsäcker Heidemarie Wieczorek-Zeul Prof. Dr. Rüdiger Wolfrum Alexander Graf York von Wartenburg Zeitschriftenbeirat Friederike Bauer Prof. Dr. Thomas Bruha Prof. Dr. Manuel Fröhlich Henni Hensen Prof. Dr. Klaus Hüfner Thomas Nehls Dr. Martin Pabst Prof. Dr. Dr. Sabine von Schorlemer Dr. Norman Weiß Landesverbände Landesverband Baden-Württemberg Vorsitzender: Prof. Dr. Karl-Heinz Meier-Braun [email protected] Landesverband Bayern Vorsitzender: Prof. Dr. Alexander Siedschlag [email protected] Landesverband Berlin-Brandenburg Vorsitzende: Dr. Christine Kalb [email protected] Landesverband Hessen Vorsitzender: Dustin Dehéz [email protected] Landesverband Nordrhein-Westfalen Vorsitzende: Sabine Birken [email protected] Landesverband Sachsen, SachsenAnhalt, Thüringen Vorsitzender: Dr. Nils Geißler [email protected] Generalsekretariat Dr. Beate Wagner, Generalsekretärin Deutsche Gesellschaft für die Vereinten Nationen Zimmerstr. 26/27, D–10969 Berlin Telefon: 030 | 25 93 75–0 Telefax: 030 | 25 93 75–29 E-Mail: [email protected] Internet: www.dgvn.de VEREINTE NATIONEN 1/2008