das eigene leben selbst im griff.

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DAS EIGENE
LEBEN SELBST
IM GRIFF.
Endlich wieder ich.
Merck engagiert
sich in der
MS-Forschung
INHALTSVERZEICHNIS
3
4
8
MS auf einen Blick
Wichtige Fakten zur Erkrankung
Entstehung der MS
Die Rolle der T- und B-Zellen
sowie der Zytokine
12
Wichtige Therapieziele
Hohe Wirksamkeit bei mehr
Lebensqualität
14
Behandlung der MS
Die Therapieoptionen im Überblick 18
2
Vorwort
Herausforderung MS-Therapie
Enorme Fortschritte dank
intensiver Forschung
20
Interview
Prof. Rieckmann zum Thema
„Therapieansatz der Zukunft‟
24
Glossar 26
Quellen & Nützliche Links
VORWORT
Liebe Leser,
MS ist eine alltägliche Heraus­
forderung für alle, die mit ihr
zu tun haben. Als „Krankheit
mit 1.000 Gesichtern‟ ist sie in
ihrer jeweiligen Ausprägung so
indi­vi­duell wie die Betroffenen
selbst. Warum? Als entzünd­
liche Erkrankung des Nerven­
systems greift die MS die
schützende Ummantelung der
„Nerven­leitungen‟ an. Vom
Ort der Schädigung hängen
dann die jeweiligen Symptome
und deren Schwere ab.
Aber – und das ist die gute
Nachricht – mittlerweile gibt es
eine Vielzahl moderner Therapie­
optionen zur Behandlung der
MS. Dank der immunologischen Forschung verstehen
wir das Krankheitsgeschehen –
beispielsweise die Funktion
der T- und B-Zellen und der
be­teiligten Botenstoffe – immer
besser. Wir können inzwischen
gezielter und mit länger wirksa­
men Medikamenten eingreifen.
Moderne Medikamente werden
es zukünftig wahrscheinlich
auch möglich machen, die Ent­
zündungsaktivitäten im Rah­
men der MS „auf Eis‟ zu legen
und den wichtigsten Wunsch
der Betroffenen zu erfüllen:
möglichst lange ein freies und
selbstbestimmtes Leben führen
zu können.
Auch das Bedürfnis vieler
MS-Patienten, keine Marionette
eng getakteter Therapieabläufe
und -kontrollen mehr zu sein,
wird langfristig wohl keine
Utopie mehr sein. Warum dies
so ist und was sich in der
MS-Forschung tut, erfahren
Sie auf den folgenden Seiten.
Ihr
Professor Dr. Thomas Müller
(Chefarzt der neurologischen Klinik
im St. Joseph Krankenhaus BerlinWeißensee)
3
MS AUF
EINEN BLICK
Wichtige Fakten zur Erkrankung
Definition
Bei Multipler Sklerose (MS)
handelt es sich um eine chro­
nisch-entzündliche Autoimmun­
erkrankung des zentralen
Nervensystems (ZNS). Das
heißt, die Krankheit betrifft
die Nerven des Gehirns und
des Rückenmarks.1
Verbreitung
Rund 200.000 Menschen in
Deutschland leben mit MS.2
Weltweit gibt es etwa 2,5 Mil­
lionen MS-Patienten.3
Ursachen & Risikofaktoren
Was genau die MS auslöst,
ist bisher noch nicht geklärt.3
Eine Fehlregulierung des
Immunsystems spielt eine
zentrale Rolle.3 Hinzu kommen
Faktoren wie Umweltbedin­
gungen, die ebenfalls an der
Entstehung von MS beteiligt
zu sein scheinen.4
4
Symptome
Bei MS treten viele verschie­
dene Symptome auf. Zu den
häufigsten gehören beispiels­
weise Sehstörungen, Spastiken
und Depressionen.5
Formen & Verlauf
Die MS tritt in verschiedenen
Verlaufsformen auf:6
1. Die schubförmig remittie­
rende MS (RRMS) kommt bei
rund 90 Prozent der Patienten
vor 7 und verläuft in Schüben.
Während der Schübe treten
Beschwerden auf, die sich häu­
fig zurückbilden, unter Um­
ständen aber auch bestehen
bleiben können.6
2. Die sekundär chronisch-pro­
grediente MS (SPMS) verläuft
zunächst ebenfalls in Schüben.
Später nehmen diese ab und
die Erkrankung verschlechtert
sich kontinuierlich. 40 Prozent
der Patienten mit RRMS entwi­
ckeln nach etwa zehn Jahren
eine SPMS.6
3. Nur etwa jeder zehnte MSPatient leidet unter der primär
chronisch-progredienten MS
(PPMS).7 Hier schreitet die
Erkrankung von Beginn an –
ohne erkennbare Schübe –
kontinuierlich voran.6
Prognose
MS äußert sich bei jedem
Patienten individuell. Daher
ist es kaum möglich, den
genauen Verlauf der Erkran­
kung vorherzusagen.6
Leben mit MS
MS gilt als nicht heilbar – ist
inzwischen jedoch sehr gut
behandelbar. Moderne Medikamente können bei vielen
Menschen mit MS Schübe
verhindern und das Fortschreiten ihrer Erkrankung
verlangsamen .8 Ergänzende
Behandlungen wie Physiotherapie können bestehende
Beschwerden verbessern.
Bei der Therapie kommt den
Patienten eine wichtige Rolle
zu: Sie sollten sorgfältig auf
die Signale ihres Körpers
achten und sich bei Verände­
rungen möglichst frühzeitig
an ihren behandelnden Arzt
wenden. So kann er die
MS-Therapie auf die speziellen
Bedürfnisse seines Patienten
ausrichten bzw. frühzeitig
wichtige Anpassungen vorneh­
men, damit seine Patienten
ihrem gewohnten Alltag nach­
gehen und mit MS ein erfülltes
Leben genießen können.
5
MULTIPLE SKLEROSE –
WER IST BETROFFEN??
?
Beginn der Erkrankung zwischen
20–40
Jahren
70 % der Betroffenen
sind Frauen
URsachen
deR MS
ungekläRt
UNGEDECKTE
BEDürFNISSE
VON MS-PATIENTEN
37 %
der Befragten geben
Nebenwirkungen als Grund
für ihre Unzufriedenheit mit
der Therapie an
4.500
200.000
Längere Einnahmepausen
ohne Wirkverlust?
Acht von zehn Befragten wünschen sich eine
solche Therapieoption
4.
Menschen mit MS in Deutschland
Adaptiert nach Quellen:
6
1, 2, 3, 8, 9, 10, 11
der Betroffenen wünschen
sich eine Einnahme nur
einmal täglich oder noch
seltener
Rund
Neuerkrankungen pro Jahr
KRankheit
deR 1.000
GesichteR
79 %
2.
Enormer Fortschritt dank
intensiver kontinuierlicher
Forschung
Jeder
Patient* gibt an, mehr
unter der Belastung durch Therapie
und Kontrolluntersuchungen zu leiden,
als unter der MS selbst
Jeder
MS-Patient* fühlt sich
allein durch die häufige
Therapie weniger gesund
* Unter Injektionstherapie
7
ENTSTEHUNG DER MS
Die Rolle der T- und B-Zellen
sowie der Zytokine
Die Ursache der MS konnte
bis heute noch nicht eindeutig
geklärt werden.3 Fest steht,
dass bestimmte Zellen und
Botenstoffe eine zentrale Rolle
bei der Fehlsteuerung des
Immunsystems spielen: die
T- und B-Zellen sowie Boten­
stoffe (sogenannte Zytokine).
Teil der Immunabwehr
Die T- und B-Zellen sind
Teil der erworbenen Immun­
abwehr 12 und kommen dann
zum Einsatz, wenn ein Erreger
es schafft, die natürlichen
Barrieren des Körpers – wie
die Haut – zu überwinden.13
Die B-Zellen produzieren Anti­
körper, die den Erreger zerstö­
ren.13 Die T-Zellen hingegen
können Zellen vernichten, die
von Erregern befallen sind12,
8
oder bestimmte Zytokine
ausschütten, die wiederum
die B-Zellen dazu anregen,
Antikörper zu bilden.13
oder sogar vollständig unter­
brochen. Infolgedessen treten
bei MS-Patienten unterschied­
liche Symptome auf.19
Auf Abwegen
Bei der MS treten die T- und
B-Zellen durch eine beschädig­
te Blut-Hirn-Schranke in das
zentrale Nervensystem (ZNS)
ein.14, 15, 16, 17 Die T-Zellen richten
sich dort autoreaktiv (also ge­
gen körpereigene Strukturen)
gegen die Myelinscheide der
Nervenfasern und setzen Zyto­
kine frei. Diese wirken entzün­
dungsfördernd18 und aktivieren
gleichzeitig sogenannte „Fress­
zellen”, die die Myelinscheide
zerstören.14, 16 Durch die Schä­
den an der Myelinscheide und
den Nervenfasern wird die
Reizweiterleitung behindert
Die B-Zellen:
Produktion von Antikörpern
Auch die B-Zellen setzen im
ZNS Zytokine frei. Sie tragen
damit ebenfalls zu den Entzün­
dungsprozessen bei. B-Zellen
produzieren außerdem soge­
nannte Autoantikörper. Diese
richten sich gegen die Myelin­
scheide der Nervenfasern und
attackieren diese.20
T-, B-Zellen und Zytokine –
beteiligt an der Entstehung
der MS
Die T- und B-Zellen sowie die
Zytokine tragen folglich ge­
meinsam zur Entstehung der
MS bei. Ihre gezielte
Modu­la­tion (Veränderung)
stellt daher einen vielversprechenden Ansatz für die
Therapie der MS dar.
Die Herausforderung
bei der Entwicklung neuer
Therapieoptionen: Um
even­tuelle Nebenwirkungen
so gering wie möglich zu
halten, soll die angeborene
Immun­abwehr – bei gleich­
zeitiger Eliminierung der
fehlgeleiteten Immunzellen
und Zytokine – aufrecht­
erhalten werden. Therapien,
die diese Anfor­derungen
erfüllen, befinden sich aktuell
in verschiedenen Stadien
der Entwicklung und könnten
einen weiteren Durchbruch
in der MS-Therapie bedeuten.
9
B-Zelle
1. In der Peripherie
(Blut und Lymphknoten)
werden zunächst auto­
reaktive T-Zellen aktiviert.
Dies geschieht durch
Antigen-präsentierende
Zellen (z. B. dendritische
Zellen und B-Zellen), die
Bestandteile von Zellen
des zen­tralen Nerven­
systems, sogenannte
Antigene, präsentieren.
Aktivierte
autoreaktive
T-Zelle
Peripherie
Antigenpräsentierende Autoreaktive
B-Zelle T-Zelle
1
2
Beschädigte
Blut-Hirn-Schranke
2. Die aktivierten autoreaktiven
T-Zellen und die B-Zellen wandern
durch die Blut-Hirn-Schranke,
die bei MS-Patienten beschädigt
ist, ins zentrale Nervensystem
(ZNS) ein.
Antigen
ZNS (Gehirn und Rückenmark
bilden das zentrale Nervensystem)
3. Antikörper, die von B-Zellen gebildet
werden, und weitere Zytokine, die von
den B-Zellen abgegeben werden, tragen
zur Zerstörung der Myelinscheide bei (5).
4. Im ZNS werden weitere T-Zellen
re­akti­viert. Diese T-Zellen geben verschie­
dene Botenstoffe (Zytokine) ab, welche
die Myelinscheide attackieren (5).
B-Zelle
4
3
Nervenzelle
Zytokine
Intakte
Myelinscheide
Reaktivierte
T-Zellen
5
Freigelegte
Nervenfaser
Angegriffene
Myelinscheide
Therapien, die sowohl T- als auch B-Zellen und die
Zytokine beeinflussen, könnten in Zukunft wirksame
Behandlungsoptionen für die MS werden.
10
Adaptiert nach Quellen:
Antikörper gegen
die Myelinscheide
7, 21, 22
11
WICHTIGE
THERAPIEZIELE
Hohe Wirksamkeit bei mehr Lebensqualität
Die Diagnose MS kann die Pati­
enten sehr stark verunsichern
und viele Fragen aufwerfen:
Wie stark wird sich mein Leben
verändern? Kann ich weiterhin
meinem Beruf, meinen Hobbys
nachgehen und für meine Fami­
lie da sein? Kann ich wei­ter­hin
selbstbestimmt leben? Sport
treiben? Diese Fragen wird auch
kein Experte zufriedenstellend
beantworten können. Dennoch
kann gerade diese Unsicherheit
ungeahnte Ener­gien freisetzen:
Viele Menschen mit MS reali­
sieren bereits unmittelbar nach
der Diagnose Vorhaben und
Träume, die sie bislang vor
sich hergeschoben haben. Sie
entwickeln eine regelrechte
„Jetzt-erst-recht-Haltung‟,
visieren beispielsweise ambi­
tionierte sportliche Ziele an –
und verwirklichen diese. Es
gibt sehr viele beeindruckende
Patientengeschichten, die Mut
machen und allesamt zeigen,
dass Ziele und Träume helfen
können, mit der Erkrankung
umzugehen und sie nicht zum
Mittelpunkt des Lebens werden
zu lassen.
Früh und passend
Dank der MS-Forschung kön­
nen MS-Patienten positiv in
die Zukunft blicken: Die MS ist
heutzutage sehr gut behandel­
bar. Jedoch ist Schnelligkeit
geboten, denn besonders zu
Beginn der Erkrankung ist die
entzündliche Aktivität der MS
am stärksten. Wird MS beim
ersten Auftreten von Krank­
heitszeichen sofort behandelt,
kann der Krankheitsverlauf
um Jahre verzögert werden.23
Allerdings ist dies nur möglich,
wenn die Therapie konsequent
eingenommen wird. Auch
wenn die Krankheit trotz The­
rapie zu Beschwerden oder
die Behandlung zu starken Ein­
schränkungen im Alltag führt,
z. B. durch Nebenwirkungen
oder die häufige Anwendung,
ist zeitnahes Handeln gefragt.
Patienten sollten sich dann
schnellstmöglich an ihren Arzt
wenden.24
Die MS-Therapie:
Herausforderung im Alltag
Auch wenn die Medikamente
gut vertragen werden, kann
die Therapie für Menschen mit
MS eine Herausforderung dar­
stellen: Die Injektionstherapie
bietet beispielsweise entschei­
dende Vorteile darin, dass nur
alle zwei Tage bzw. drei Mal
in der Woche injiziert werden
muss – im Gegensatz zu Tab­
letten, bei denen ein- bis zwei­
mal tägliche Einnahme notwen­
dig ist. Die Herausforderung
dabei: Die Spritzen und die
Tatsache, sich selbst spritzen
zu müssen, empfinden einige
Patienten jedoch als unange­
nehm. Zudem können die
modernen MS-Therapien auch
einen hohen Aufwand in Bezug
auf die Überwachung der Maß­
nahmen erfordern – und zwar
über Jahre hinweg. Eine Befra­
gung unter MS-Patienten ergab:
Jedem fünften Patienten fällt
die korrekte und regelmäßige
Injektion, Infusion oder Ein­
nahme seiner MS-Medikamente
schwer.11 Mehr als ein Drittel
der befragten Patienten* fühlt
sich durch die Therapie im
Alltag und der Freizeitgestal­
tung eingeschränkt.11 Und
sogar jeder vierte Patient* lei­
det mehr unter der Belastung
durch Therapie und Kon­troll­
unter­suchungen als unter der
Krankheit selbst.11
MS-Therapie der Zukunft
für ein weitestgehend unabhängiges und freies Leben
Mehr als 80 Prozent der be­
fragten MS-Patienten möchte
frei sein und Leben und Alltag
unabhängig von aufwendigen
Kontrolluntersuchungen und
regelmäßiger Medikamenten­
einnahme genießen. Sie wün­
schen sich eine Therapie, die
beispielsweise längere ein­
nahmefreie Zeiten bei gleich­
bleibender Wirkung ermöglicht.
Und 79 Prozent würden die
Medikamente gerne nur einmal
täglich oder noch seltener ein­
nehmen.11 Das klingt utopisch?
Die MS-Forschung arbeitet mit
Hochdruck daran, um diese
Wünsche vielleicht schon in
naher Zukunft erfüllen zu kön­
nen. Einige Therapie-Ansätze
befinden sich bereits in der
klinischen Erprobung.
* Unter Injektionstherapie
12
13
BEHANDLUNG
DER MS
Die Therapieoptionen im Überblick
Je nach Symptomen, Krank­
heitsstadium/-verlauf, Alter,
Geschlecht sowie Begleit­
erkran­kungen oder einem
eventuellen Kinderwunsch von
Menschen mit MS können alle
drei Optionen miteinander
kombiniert werden.25
sowie ein Fortschreiten der
Behinderung verhindert wer­
den.26 Mithilfe der verlaufs­
modifizierenden Therapie wird
in das Immunsystem des MS-­
Patien­ten eingegriffen. So wird
bei der Immunsuppression
das Immunsystem unterdrückt,
um zu verhindern, dass die
Erkran­kung zu Schäden an den
Nervenzellen führt. Bei der
Immun­modulation wird die
Immun­antwort des Körpers hin­
gegen auf andere Weise beein­
flusst.27 Bei allen Medikamenten
der verlaufsmodifizierenden
Therapie sind regelmäßige Kon­
trolluntersuchungen empfohlen
oder sogar vorgeschrieben.27
Verlaufsmodifizierende
Therapie
Die verlaufsmodifizierende
Therapie zielt auf die bestmög­
liche Freiheit von Krankheits­
aktivität ab. Dabei sollen Schübe
möglichst verhindert oder die
Anzahl und Schwere verringert
Die Schubtherapie
Ziel der Schubtherapie ist es,
akute Entzündungen zu stop­
pen, um so die Dauer und
Schwere eines Schubs zu redu­
zieren.28 Dafür werden soge­
nannte Steroide in Form von
kortisonhaltigen Präparaten
Ziel der MS-Therapie ist es, die
Erkrankung aufzuhalten bzw. ihr
Fortschreiten zu verlangsamen.
Sie basiert auf drei unterschied­
lichen Möglichkeiten:25
• Verlaufsmodifizierende
Therapie
• Schubtherapie • Symptomatische Therapie 14
eingesetzt. Kortison ist ein kör­
per­eigenes Hormon, das eine
entzündungshemmende Wir­
kung besitzt und die Blut-HirnSchranke stärkt.29 Mit dem
Einsatz von kortisonhaltigen
Präparaten kann es gelingen,
die Beschwerden schnell zu
stoppen.29 Aufgrund starker
Nebenwirkungen wird diese
Behandlung meist nur kurzfris­
tig eingesetzt.
Zeigen die kortisonhaltigen
Präparate keine Wirkung, wird
in speziellen Fällen eine Blut­
wäsche durchgeführt (Plasmapherese).30 Dabei werden aus
dem Blut jene schädlichen
Bestandteile entfernt, die zur
Schädigung des Myelins beitra­
gen.30 Diese Art der Behand­
lung wird stationär in einem
MS-Zentrum durchgeführt.30
tomatische Therapie helfen,
bestehende Symptome zu ver­
bessern, um so die Lebens­
qualität von Menschen mit MS
zu steigern.31 Zur symptomati­
schen Therapie zählen medikamentöse (z. B. Präparate, die
Schmerzen lindern oder die
Muskulatur entspannen) und
nicht-medikamentöse Behand­
lungsmöglichkeiten.31 In einer
MS-Reha kann beispielsweise
individuell auf die Beschwerden
des Patienten eingegangen
werden. Zur symptomatischen
Therapie gehören unter
anderem:28
•
•
•
•
Physiotherapie Logopädie Psychotherapie Neuropsychologische
Therapie • Multimodale Rehabilitation Symptomatische Therapie
Ergänzend zu den genannten
Therapieformen kann die symp­
15
AKTUELLE THERAPIEMÕGLICHKEITEN
Applikationsart
Oral (Tabletten und Kapseln)
Injektion
Infusion
Applikationshäufigkeit
•
Je nach Präparat
1x täglich oder
• 2x täglich
Je nach Präparat
• an 3 bis max. 5 aufeinander­
folgenden Tagen oder
• jeden 2. Tag oder
• 1–3x wöchentlich oder
• alle 2 Wochen oder
• 1x pro Monat oder
• alle 1 bis 3 Monate
Je nach Präparat
• an 3 bis max. 5 aufeinander­
folgenden Tagen oder
• 1x alle 4 Wochen
Je nach Präparat
nach Therapieentscheidung des Arztes
• regelmäßige ärztliche Kontrollen
einschließlich
∙ vierteljährlicher augenärztlicher
Kontrollen
∙ Messung des Blutdrucks
∙ monatlicher bis wöchentlicher
Kontrollen der Leberwerte
∙ vierteljährlicher o. häufigerer
Kontrollen des Blutbildes
∙ EKG-Überwachunga
Je nach Präparat
• nach Therapieentscheidung
des Arztes
• regelmäßige ärztliche Kon­
trollen einschließlich
∙ vierteljährlicher augen­
ärztlicher Kontrollen
∙ Messung der Leberwerte
∙ Leberfunktionstest
∙ Schilddrüsenfunktionstest
∙ (großes) Blutbild
∙ Nierenfunktionstest
Je nach Präparat
• nach Therapieentscheidung
des Arztes
• regelmäßige ärztliche Kon­
trollen einschließlich
∙ vierteljährlicher augen­
ärztlicher Kontrollen
∙ Leberfunktionstest
∙ monatliches (großes)
Blutbild
∙ monatliche Urin­
untersuchung
∙ vierteljährlicher Schild­
drüsenfunktionstest
∙ jährliches HPV-Screeningb
∙ jährliches MRTc
Monitoring
•
EKG: Schmerzlose Messung der elektrischen Ströme des Herzens, um z. B.
Herzrhythmus und Herzfrequenz zu untersuchen.
b
HPV-Screening: Untersuchung, ob eine Infektion mit dem Humanen Papillomavirus vorliegt.
c
MRT: Bildgebendes Verfahren, bei dem durch Magnetwellen Gewebe und
Organe im Detail dargestellt werden können.
a
16
Adaptiert nach Quellen:
29, 32, 33, 34, 35, 36, 37, 38, 39, 40, 41, 42, 43, 44, 45
17
HERAUSFORDERUNG
MS-THERAPIE
Enorme Fortschritte dank intensiver Forschung
Noch vor dreißig Jahren war
MS kaum behandelbar: Ledig­
lich die Kortisonstoßtherapie
stand für den kurzzeitigen Ein­
satz zur Verfügung, sodass nur
einzelne Symptome behandelt
werden konnten. Mitte der
neunziger Jahre kamen schließ­
lich die ersten Basis-Wirkstoffe
auf den Markt – und sorgten
für einen Durchbruch in der
MS-Therapie. Inzwischen gibt
es eine Vielzahl von Therapie­
optionen zur Behandlung von
MS46, doch für einen Teil der
Patienten sind sie (noch) keine
Option – denn für sie ist ihre
Behandlung belastend.
Herausforderung:
Therapietreue
45 Prozent der MS-Patienten
brechen bereits im ersten Jahr
ihre Basistherapie ab und
können ihre Gesundheit damit
ernsthaft gefährden. Die Gründe
sind unterschiedlich: So führen
der Eindruck, die Therapie wirke
nicht, unerwünschte Neben­
wirkungen, die Angst vor
Spritzen oder die komplizierte
Verabreichung der Therapie
zu diesem Schritt. Heute weiß
man: Eine Therapie muss zur
Lebenssituation des Patienten
passen – und seine individuel­
len Wünsche und Bedürfnisse
berücksichtigen. Deshalb sollten
Ärzte ihre Patienten aktiv am
Prozess der Therapiefindung
beteiligen. Entscheidend für
den Therapieerfolg, aber auch
für die Patienten selbst, ist
außerdem ein genaues Ver­
ständnis der Erkrankung mit
allen Auswirkungen. So erlan­
gen die Patienten ein Kontroll­
gefühl über ihre Krankheit.
Und: Informierte Patienten
sind zudem in der Lage, ihre
Behandlung mitzugestalten.47
Herausforderung:
Patientenbedürfnisse
Um die bestehenden Bedürf­
nisse von MS-Patienten genauer
zu bestimmen, führte Merck
eine Umfrage unter ihnen durch.
Ein zentrales Resultat: Jeder
Vierte* leidet im Alltag oft mehr
unter der Belastung durch die
Therapie und den notwendigen
Kontrolluntersuchungen als
unter der MS selbst.11 Die
Umfrage belegt zudem: Jeder
zweite MS-Patient* fühlt sich
allein durch die hochfrequente
Therapie weniger gesund.11
MS-Therapie der Zukunft:
Wirksam bei optimaler Freiheit und Selbstbestimmung
Die Patientenbedürfnisse
müssen in den Fokus rücken,
deshalb ist eine weitere Opti­
mierung der MS-Therapien
und die Entwicklung neuer
Ansätze notwendig: Für die
Patienten sind Medikamente,
die seltener eingenommen
werden müssen und ihre Wir­
kung trotzdem nicht verlieren,
elementar. Dadurch werden
sie im Alltag weniger an die
Erkrankung erinnert und kön­
nen mehr Freiheit sowie Selbst­
ständigkeit erleben.
Merck:
Engagiert für Patienten
Um den Bedürfnissen der MS-­
Patienten gerecht zu werden,
arbeitet Merck kontinu­ierlich
an einer Optimierung der
Therapie. Bisher ist bekannt,
dass sowohl die T- und B-Zel­
len als auch die Zytokine bei
der Entstehung der MS eine
wichtige Rolle spielen. Ihre
Regulation ist deshalb ein viel­
versprechender Ansatz in der
MS-Therapie. Merck engagiert
sich aktiv für die Erforschung
von Autoimmunerkrankungen
wie MS und für die Entwicklung sowie Optimierung beste­
hender Behandlungsoptionen.
Ziel ist es, Menschen mit MS
eine wirksame Therapie zur
Verfügung zu stellen, die die
Belastung reduziert sowie ihnen
ein freieres und selbstbestimm­
teres Leben ermöglicht.
* Unter Injektionstherapie
18
19
THERAPIEANSATZ
”DER
ZUKUNFT”
Interview mit Prof. Rieckmann
(Chefarzt der Neurologischen Klinik am Klinikum Bamberg)
Herr Professor Rieckmann,
wie sieht die typische Therapie der MS aus?
Die typische Therapie der MS
ist eine verlaufsmodifizierende
Therapie, die Schubanzahl
und Krankheitsprogression
reduzieren soll. Die Therapie
muss regelmäßig angewendet
werden, also zum Beispiel
täglich oder – bei Injektionen –
alle zwei Tage oder dreimal
wöchentlich.
Die Therapie verlangt dem
Patienten demnach einiges
an Disziplin ab?
Ja, die derzeitigen Therapien
verlangen Adhärenz von den
Patienten, also die Einhaltung
der gemeinsam von Arzt und
Patienten gesetzten Therapie­
20
ziele. Ein wichtiger Punkt ist
die dauerhafte Einnahme der
Medikamente, was die Patien­
ten stark belastet.
Die „Compliance‟, also die
Bereitschaft der Patienten,
ihre Medikamente regel­
mäßig anzuwenden, ist bei
chronischen Erkrankungen
häufig ein Problem. Wie
sieht es bei der MS-Therapie
damit aus?
handlung in den Alltag zu
integrieren. Was genau
bedeutet die MS-Therapie
für den Patienten, etwa
bei der Urlaubsplanung?
Tatsächlich ist die Compliance
auch bei der MS-Therapie ein
Problem, so beobachten wir in
der Praxis Abbruchraten von
bis zu 50 Prozent innerhalb der
ersten sechs bis zwölf Monate
nach Behandlungsbeginn.
Medikamente in Tablettenform
müssen mitgenommen und
ein- bis zweimal täglich einge­
nommen werden. Injektions­
therapeutika müssen zum
Teil gekühlt werden, was die
Mobilität einschränkt. Ein
Infusionstherapeutikum wie­
derum erfordert regelmäßige
Arzt­besuche. Der Patient ist
also in der Ausübung seines
sozialen Lebens eingeschränkt
und wird durch die Medika­
menteneinnahme zudem regel­
mäßig an die MS erinnert.
Das zeigt, dass Patienten
Probleme haben, die Be-
Wünschenswert wäre daher
ein Präparat, das aufgrund
einer längerfristigen Wirkdauer seltener eingenommen
werden muss.
Wie beurteilen Sie die Entwicklung der MS-Therapie?
Die medikamentöse Therapie
begann vor über 20 Jahren
mit den Injektionstherapeutika. Sehr schnell waren die
Patienten unzufrieden mit den
ständigen Injektionen und
verlangten nach einer Therapie
in Tablettenform. Auch mit den
Tabletten aber waren Adhärenz
und Compliance der Patienten
nicht optimal, etwa, weil die
Einnahme vergessen wurde.
Dann gibt es die Infusionsthera­
peutika, für deren Anwendung
der Arzt oder ein Infusions­
zentrum aufgesucht werden
muss, was die Lebensqualität
21
beeinträchtigt. Von Seiten der
Patienten besteht also großes
Interesse an einem Präparat,
idealerweise als Tablette, das
selten eingenommen werden
muss und ihnen so mehr
Therapiefreiheit – und damit
auch mehr Lebensqualität –
ermöglicht.
Können die Patienten denn
auf ein solches Medikament
hoffen? Was tut sich aktuell
in der Entwicklung neuer
MS-Therapien?
Derzeit tut sich einiges in der
Entwicklung neuer MS-Medika­
mente. Dies liegt unter anderem
daran, dass das Immunsystem,
was ja ursächlich für die Entste­
hung der MS ist, immer besser
erforscht wird. Die Forschungs­
ergebnisse liefern Erkenntnisse
darüber, wo neue Medikamente
im Immunsystem ansetzen
sollten, um etwa die Schubrate
zu reduzieren. Dabei wurden in
den letzten Jahren unterschied­
liche Substanzen untersucht,
die auf verschiedene Immun­
zellen wirken. Einige davon
sind bereits so weit entwickelt,
dass sie noch im Jahr 2017
zugelassen werden könnten.
22
Wo genau setzen diese
neuen Therapien an?
NOTIZEN
Es wird noch immer daran
geforscht, den wirklich relevan­
ten Zelltyp für die Entwicklung
der MS zu finden. Die große
Bedeutung bestimmter Immun­
zellen etwa, wurde erst in
den letzten Jahren erkannt
und intensiv erforscht. Diese
Immun­zellen, die T- und
B-Lymphozyten, sind Angriffs­
punkte verschiedener neuer
Substanzen. Auch Botenstoffe,
sogenannte Zytokine, die unter
anderem den entzündlichen
Prozess der MS fördern, stehen
im Zentrum der Forschung.
T- und B-Lymphozyten sowie
Zytokine beeinflussen sich
gegenseitig und tragen so zur
Entstehung der MS bei. Sub­
stanzen, die regulierend in das
Wechselspiel dieser drei Kom­
ponenten eingreifen, könnten
daher sinnvolle neue Optionen
für die MS-Therapie sein.
23
GLOSSAR
Adhärenz Einhaltung der
gemeinsam von Arzt und Pati­
enten gesetzten Therapieziele
von den Flüssigkeiten im
Gehirn und dem Rückenmark
trennt
Immunsuppression Unterdrü­
ckung des körpereigenen Immun­
systems durch Medi­kamente
Antikörper Werden von Zellen
des Immunsystems als Reak­
tion auf z. B. Krankheitserreger
gebildet und helfen bei deren
Bekämpfung
Botenstoffe Stoff im Körper,
der u. a. die Reizweiterleitung
vermittelt
Immunsystem Abwehrsystem
des Körpers, das Krankheits­
erreger wie Viren oder Bakterien
unschädlich macht
Angeborenes Immunsystem
Reaktion von bestimmten Im­
munzellen auf fremde Eindring­
linge, wie z. B. Bakterien, um
Infektionen abzuwehren; von
Geburt an vorhanden
Autoreaktiv Gegen körpereigene Strukturen (z. B. be­
stimmte Zellen oder Gewebe)
gerichtet
Autoimmunerkrankung
Erkrankung, bei der sich das
körpereigene Immunsystem
gegen körpereigene Strukturen
(z. B. bestimmte Zellen oder
Gewebe) richtet
Blut-Hirn-Schranke Selek­
tive, durchlässige Barriere im
Gehirn und im Rückenmark, die
die Peripherie (Blutkreislauf)
24
B-Zellen Teil des erworbenen
Immunsystems
Compliance Bereitschaft des
Patienten, seine Medikamente
regelmäßig anzuwenden
Erworbenes Immunsystem
Spezifische Reaktion des Kör­
pers gegen Krankheitserreger,
die im Laufe des Lebens erwor­
ben wird
Immunzellen Am Immun­
system beteiligte Zellen
Kortison Körpereigener Stoff,
der auch chemisch hergestellt
werden kann und in der Medi­
zin als Medikament gegen Ent­
zündungen zum Einsatz kommt
Krankheitsprogression
Fortschreiten einer Erkrankung
Fresszellen Zellen, die lebende
oder tote Teile von Strukturen
(z. B. Krankheitserregern) auf­
nehmen und verdauen können
MS-Schub Phase der Erkran­
kung, in der Beschwerden über
die Dauer von mindestens
24 Stunden anhalten
Immunantwort Reaktion des
Körpers gegen körperfremde
Substanzen
MS-Zentrum Anlaufstelle
für MS-Patienten mit auf MS
spezialisierten Ärzten
Immunmodulation Beeinflus­
sung des körpereigenen Immun­
systems durch Medikamente
Multimodale Rehabilitation
Gleichzeitiger Einsatz verschie­
dener Therapiestrategien
Myelinscheide Schutzhülle
der Nervenfasern
Neuropsychologische
Therapie Behandlung von
Störungen der geistigen
Leistungsfähigkeit nach einer
Schädigung des Gehirns
Spastik Erhöhte Anspannung
der Muskulatur, die durch eine
Schädigung im Gehirn oder
Rückenmark verursacht wird
T-Zellen Teil des erworbenen
Immunsystems
Zentrales Nervensystem
(ZNS) Teil des Nervensystems,
das sich im Gehirn und Rücken­
mark befindet
Zytokine Botenstoffe, die
u. a. das körpereigene Immun­
system steuern
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