Bergische Universität Wuppertal – FB B Schumpeter School of Economics and Management Makroökonomische Theorie und Politik Übung zur Einführung in die VWL / Makroökonomie Teil 8: Das Mundell-Fleming-Modell Thomas Domeratzki Version vom 18. Februar 2010 Anregungen, Kritik, Wünsche, Vorschläge bitte an mich: [email protected] Büro: M.12.12 INHALTSVERZEICHNIS Seite 1 Inhaltsverzeichnis 1 Einführung 2 2 Die Zahlungsbilanz 2 2.1 Die Leistungsbilanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 2.2 Außenhandel und IS-Kurve . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 2.3 Die Kapitalbilanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 2.4 Zahlungsbilanz und ZZ-Kurve . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 2.5 Kapitalmobilität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8 3 Das Mundell-Fleming-Modell 10 3.1 Negative Nettokapitalimporte (also Kapitalexporte) und Devisenmarkt . . . 12 3.2 Kapitalimporte und Devisenmarkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16 4 Wirtschaftspolitik im Mundell-Fleming-Modell 19 4.1 Fiskalpolitik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20 4.2 Geldpolitik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Thomas Domeratzki, Makroskript, 18. Februar 2010 21 2 Die Zahlungsbilanz 1 Seite 2 Einführung Das Mundell-Fleming-Modell stellt eine Erweiterung des IS-LM-Modells dar. Während das IS-LM-Modell von einer geschlossenen Volkswirtschaft ausgeht, wollen wir nun eine kleine offene Volkswirtschaft betrachten. „Offen“ bedeutet in diesem Zusammenhang, dass Außenhandel stattfindet, wir jetzt also Exporte und Importe berücksichtigen müssen. „Klein“ bedeutet, dass die inländische Volkswirtschaft im Vergleich zur Weltwirtschaft klein ist, d. h. nur wenig Einfluss auf diese hat. Wichtig für das Verständnis des Mundell-Fleming-Modells ist es, die Verbindungen zum Ausland zu verstehen, denn diese werden wir nun in das bekannte IS-LM-Modell einbauen. Die Verbindung zum Ausland findet auf zwei Wegen statt, einmal über den Außenhandel, d. h. den Nettoexporten, und über den Kapitaltransfer zwischen In- uns Ausland. Erfasst werden beide Arten von Transfers durch die Zahlungsbilanz. Die Zahlungsbilanz ist Teil der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung, in ihr werden die Transfers statistisch erfasst. 2 Die Zahlungsbilanz Die Zahlungsbilanz besteht aus den Teilbilanzen Leistungsbilanz, Kapitalbilanz und Devisenbilanz. Die Leistungsbilanz erfasst gerade den Außenhandel, also Exporte minus Importe.1 Die Kapitalbilanz kann man Nettokapitalimporte verstehen, hier werden also alle grenzüberschreitenden Kapitalbewegungen erfasst. Die dritte Teilbilanz, die Devisenbilanz, stellt die Änderungen des Devisenbestands der Zentralbank dar. Wir gehen hier davon aus, dass die Devisenbilanz immer ausgeglichen ist und damit keinen weiteren Einfluss auf die Zahlungsbilanz hat. Für uns sind dann nur die Leistungs- und die Kapitalbilanz maßgeblich. Die Zahlungsbilanz selbst ist immer ausgeglichen (dies ist definitorisch festgelegt), dies bedeutet hier, dass sich Leistungs- und Kapitalbilanz gegenseitig ausgleichen müssen. 2.1 Die Leistungsbilanz Betrachten wir nun Leistungs- und Kapitalbilanz genauer. Die Leistungsbilanz entspricht im wesentlichen den Nettoexporten, aus Vereinfachungsgründen nehmen wir hier an, dass sie genau gleich sind. Die Nettoexporte N X sind einfach die Exporte minus den Importen. 1 Korrekterweise müsste man noch grenzüberschreitende Faktoreinkommen berücksichtigen, dies vernachlässigen wir hier aber, da diese ohnehin vergleichsweise gering sind und es die Analyse somit vereinfacht. Thomas Domeratzki, Makroskript, 18. Februar 2010 2 Die Zahlungsbilanz Seite 3 Wir haben bei der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung schon gesehen, dass die Nettoexporte bei der Verwendungsgleichung des BIP berücksichtigt werden, diese ergibt sich dann zu Y = C + I + G + N X. Exporte steigen an, wenn das Einkommen im Ausland (Y ∗ ) ansteigt, das Ausland kann dann mehr konsumieren und wird dann mehr Güter, auch von uns, einführen. Sternchen ∗ an den Variablen bedeuten übrigens, dass es sich um ausländische Größen handelt, während Buchstaben ohne Sternchen inländische Variablen bezeichnen. Eine zweite Einflussgröße neben dem ausländischen Einkommensniveau ist der Wechselkurs q∗. Ein Anstieg dieses Wechselkurses bedeutet eine Abwertung der inländischen Währung gegenüber der ausländischen Währung, die inländische Währung wird also im Vergleich zur ausländischen Währung weniger wert. Wenn nun ein inländisches Unternehmen seine Waren im Ausland verkauft und für diese Waren einen festen Preis in inländischer Währung haben möchte, dann bedeutet eine Abwertung der einheimischen Währung, dass der Preis im Ausland sinken kann und dass trotzdem, in inländische Währung umgerechnet, das Unternehmen den festen Preis in inländischer Währung erzielt. Bei einer Abwertung kann das Unternehmen den Preis im Ausland (in ausländischer Währung) also senken. Dadurch werden die Waren im Ausland günstiger und damit verstärkt nachgefragt. Auf die gesamte Volkswirtschaft bezogen bedeutet somit eine Abwertung der einheimischen Währung, dass die Exporte ansteigen, da einheimische Waren im Ausland günstiger werden. Umgekehrt ist der Zusammenhang bei einer Aufwertung der inländischen Währung, dies bedeutet nämlich, dass die ausländische Währung relativ zur inländischen an Wert verliert. Ein inländisches Unternehmen, dass für seine Waren einen in inländische Währung umgerechneten festen Preis erzielen möchte, muss die Preise im Ausland dann anheben. Dies führt aber dazu, dass die Nachfrage nach inländischen Gütern im Ausland zurückgeht. Wir können somit festhalten, dass sich eine Abwertung der inländischen Währung (q ∗ steigt) positiv auf die Exporte auswirkt und sich eine Aufwertung (q ∗ sinkt) negativ auf die Exporte auswirkt. Wiederum umgekehrt ist es bei den Importen. Wenn unsere Währung gegenüber dem Ausland abwertet, dann werden ausländische Waren teurer, die ausländischen Waren werden weniger nachgefragt und somit auch weniger importiert. Bei einer Aufwertung der inländischen Währung werden ausländische Waren dementsprechend günstiger, und es wird mehr importiert. So wie bei den Exporten das ausländische Einkommensniveau eine Einflussgröße war, so ist bei den Importen das inländische Einkommensniveau Y eine Einflussgröße. Denn ein Anstieg des inländischen Einkommens führt zu mehr Konsum und damit auch mehr Güterimporten. Thomas Domeratzki, Makroskript, 18. Februar 2010 2 Die Zahlungsbilanz Seite 4 Wir können also festhalten, dass eine Abwertung der inländischen Währung zu höheren Exporten und geringeren Importen und damit insgesamt zu höheren Nettoexporten führt, während eine Aufwertung zu geringeren Exporten und höheren Importen und damit auch zu geringeren Nettoexporten führt. Schreiben wir dies nun etwas formaler auf. Die Exporte bezeichnen wir mit EX und diese sind positiv abhängig vom ausländischen Einkommen und vom Wechselkurs. Es gilt also: (1) EX = EX(Y ∗ , q ∗ ) + + Die Importe IM dagegen sind positiv vom inländischen Einkommen und negativ vom Wechselkurs abhängig: (2) IM = IM (Y , q ∗ ) + − Die Nettoexporte N X = EX − IM sind somit ebenfalls vom ausländischen Einkommen, vom inländischen Einkommen und vom Wechselkurs abhängig. Ein Anstieg des ausländischen Einkommens führt zu höheren Exporten und steigert somit auch die Nettoexporte. Ein Anstieg des inländischen Einkommens erhöht die Importe und verringert damit die Nettoexporte. Ein Anstieg des Wechselkurses (eine Abwertung) lässt die Exporte ansteigen und verringert die Importe, die Nettoexporte steigen dann an. Zusammengefasst erhalten wir: N X = EX(Y ∗ , q ∗ ) − IM (Y , q ∗ ) = N X(Y ∗ , Y , q ∗ ) + 2.2 + + − + + + (3) Außenhandel und IS-Kurve Die IS-Kurve kann man als Interpretation der Verwendungsgleichung des BIP (Y = C(Y )+ I(r) + G) verstehen, indem wir nämlich alle Kombinationen von Y - und r-Werten suchen, für die diese Gleichung erfüllt ist (siehe Herleitung der IS-Kurve im Teil 7 dieses Skriptes). Nun haben wir der Verwendungsgleichung die Nettoexporte hinzugefügt und erhalten als Verwendungsgleichung des BIP Y = C(Y ) + I(r) + G + N X(Y ∗ , Y, q ∗ ). Dies bedeutet dann aber, dass die Nettoexporte auch die IS-Kurve beeinflussen. Die Nettoexporte wiederum ändern sich z. B. bei einer Änderung des ausländischen Einkommens oder des Wechselkurses. Wenn das Einkommen im Ausland also ansteigt, würden die Nettoexporte ansteigen und damit würde sich die IS-Kurve nach außen verschieben. Dies ist derselbe Effekt wie eine exogene Erhöhung der Staatsausgaben, auch hier verschiebt sich die IS-Kurve nach außen. Thomas Domeratzki, Makroskript, 18. Februar 2010 2 Die Zahlungsbilanz 2.3 Seite 5 Die Kapitalbilanz Die zweite Teilbilanz der Zahlungsbilanz ist die Kapitalbilanz, die im wesentlichen den Nettokapitalimporten entspricht. Die Nettokapitalimporte ergeben sich als Kapitalimporte minus Kapitalexporte. Kapitalimporte sowie Kapitalexporte und somit auch die Nettokapitalimporte hängen vom inländischen Zinssatz r und vom ausländischen Zinssatz r ∗ ab. Man muss sich vorstellen, dass es überall Investoren gibt, die nach den weltweit besten Renditen suchen. Wenn der Zinssatz im Inland nun ansteigt, bedeutet dies eine höhere Rendite, ausländische Investoren werden somit verstärkt ihr Geld bei uns im Inland anlegen, es kommt also zu steigenden (Netto-)Kapitalimporten. Steigt dagegen der Zinssatz im Ausland an, werden mehr Investoren ihr Geld im Ausland anlegen und ihr Geld evtl. sogar aus dem Inland abziehen. Ein Anstieg des ausländischen Zinssatzes führt also zu sinkenden Kapitalimporten und steigenden Kapitalexporten, die Nettokapitalimporte insgesamt gehen somit zurück. Wir werden die Nettokapitalimporte im weiteren mit Q bezeichnen, und es gilt dann: Q = Q(r , r ∗ ) + − (4) Diese Formel ist noch recht allgemein. Wichtiger scheint zu sein, welcher der beiden Zinssätze größer ist. Wenn der Inlandszins höher als der Auslandszins ist, werden Anleger aus dem Ausland ihr Geld bei uns anlegen (stellt euch diese Anleger wie Roboter oder Computer vor, die völlig emotionslos ihr Geld da anlegen, wo sie die höchste Rendite bekommen) und Kapital wird „importiert“ , die Nettokapitalimporte sind also positiv. Umgekehrt, bei einem Auslandszins, der höher als der Inlandszins ist, werden Inländer ihr Geld im Ausland anlegen, und Kapital wird „exportiert“ , die Nettokapitalimporte sind somit negativ. Um dies mathematisch ausdrücken zu können, verwenden wir die folgende Funktion für die Nettokapitalimporte: Q = Q(r − r ∗ ) (5) + Dies bedeutet einfach, dass die Nettokapitalimporte positiv von der Differenz r − r ∗ abhängen. Wenn diese Differenz positiv ist, der Inlandszins also größer als der Auslandszins ist, dann sind auch die Nettokapitalimporte positiv. Umgekehrt, wenn die Zinsdifferenz negativ ist, der Zins im Ausland also höher als im Inland ist, dann sind auch die Nettokapitalimporte negativ, es wird somit Kapital exportiert. Thomas Domeratzki, Makroskript, 18. Februar 2010 2 Die Zahlungsbilanz 2.4 Seite 6 Zahlungsbilanz und ZZ-Kurve Die Zahlungsbilanz besteht aus der Leistungsbilanz, welche wir durch die Nettoexporte erklärt haben, und aus der Kapitalbilanz, welche wir durch die Nettokapitalimporte erklärt haben. Wie oben schon gesagt, muss die Zahlungsbilanz ausgeglichen sein, d. h. Leistungsund Kapitalbilanz bzw. Nettoexporte und Nettokapitalimporte müssen sich zu null addieren. Die Zahlungsbilanz bezeichnen wir mit ZZ, dann gilt: ZZ = N X(Y ∗ , Y , q ∗ ) + Q(r − r ∗ ) = 0 + − + (6) + Warum muss die Zahlungsbilanz eigentlich ausgeglichen sein, also warum ist sie gleich null? Man kann sich vorstellen, dass die Leistungsbilanz den Güter- und Dienstleistungsfluss beschreibt und die Kapitalbilanz den Fluss von Finanzmitteln und dass diese beiden Flüsse entgegengesetzt verlaufen. Wenn also Güter ins Land kommen (Importe) fließt Geld (als Bezahlung dieser Güter) ins Ausland, und umgekehrt, wenn Güter exportiert werden, fließt Geld ins Land. Fangen wir mit negativen Nettoexporten an (es werden also mehr Güter importiert als exportiert), dann bedeutet dies, dass das Inland mehr Zahlungen an das Ausland leisten muss, als es umgekehrt vom Ausland erhält. Diese Lücke in den Zahlungen muss somit vom Ausland geschlossen werden, es muss also zu Nettokapitalimporten in Höhe des Leistungsbilanzdefizits kommen. Im Fall eines Leistungsbilanzüberschusses gilt das Gegenteil, dann importiert das Ausland von uns nämlich mehr als es an uns exportiert. Dementsprechend hat das Ausland mehr Ausgaben als Einnahmen, und es wird die Güter, die es von uns importiert, nicht unmittelbar bezahlen können. Dies heißt dann aber, dass sich das Ausland bei uns verschuldet, wir geben dem Ausland sozusagen Kredit. Wir haben damit zwar eine positive Leistungsbilanz, die dann aber durch die negative Kapitalbilanz (negativ aufgrund der Kreditgewährung, die einem Kapitalexport entspricht) wieder ausgeglichen wird. Leistungs- und Kapitalbilanz bewegen sich also entgegengesetzt, wobei ein Ausgleich der Zahlungsbilanz dann über Zins und Wechselkurs stattfindet, wie wir noch sehen werden. Die Zahlungsbilanz stellt also sozusagen einen Gleichgewichtszustand dar, sie gleicht damit mehtodisch der IS- und der LM-Kurve, die ja auch Gleichgewichte, auf dem Güterbzw. auf dem Geldmarkt, darstellen. Wir können auch bei der Zahlungsbilanz fragen, welcher Zusammenhang zwischen Y und r in Gleichung 6 besteht, wenn wir wissen, dass ZZ = 0 gilt. Dieser Zusammenhang zwischen Y und r gibt uns dann an, wie die ZZ-Kurve Thomas Domeratzki, Makroskript, 18. Februar 2010 2 Die Zahlungsbilanz Seite 7 im Y -r-Diagramm verlaufen muss. Anhand von Gleichung 6 können wir sehen, dass ein Anstieg von Y zurückgehende Nettoexporte zur Folge hat, denn der Zusammenhang zwischen inländischem Einkommen Y und Nettoexporten ist negativ. Diese nun niedrigeren Nettoexporte sorgen jetzt für ein Zahlungsbilanzungleichgewicht, nach Formel 6 gilt dann ZZ 6= 0. Wir suchen hier nach einem Zusammenhang zwischen Y und r, um die ZZ-Kurve in das IS-LM-Diagramm einzeichnen zu können, somit müssen wir jetzt fragen, wie sich der Zinssatz r ändern muss, um das durch den Anstieg von Y verursachte Zahlungsbilanzungleichgewicht wieder auszugleichen. Es ist hier wichtig zu verstehen, dass sich nur Y und r ändern können, dies sind die einzigen aendogenen Variablen, alle anderen Variablen sind exogen, d. h. sie werden außerhalb des Modells bestimmt, z. B. vom Weltmarkt festgelegt. Der Zinssatz r beeinflusst die Nettokapitalimporte, wie wir auch wieder in Gleichung 6 sehen können. Hier müssen wir nun aufpassen, Nettoexporte N X und Nettokapitalimporte Q werden addiert, um zusammen null ergeben zu können. Wir können uns somit drei Fälle vorstellen, in denen die Zahlungsbilanz jeweils ausgeglichen ist: Erstens, die Nettoexporte können positiv sein, dann müssen die Nettokapitalimporte aber negativ sein. Zweitens, die Nettoexporte sind negativ, dann müssen die Nettokapitalimporte positiv sein. Oder drittens, Nettoexporte und Nettokapitalimporte sind jeweils beide gleich null. Wir haben vorhin gesagt, dass ein Ansteigen von Y die Nettoexporte verringert. Im ersten Fall bedeuten kleinere Nettoexporte, dass die Nettokapitalimporte zwar negativ bleiben, vom Betrag her aber kleiner werden müssen, oder anders ausgedrückt, die Nettokapitalimporte müssen größer werden. Im zweiten Fall sind die Nettoexporte negativ, und sie werden noch „negativer“ , vom Betrag her also größer. Auch hier müssen die Nettokapitalimporte größer werden. Im dritten Fall werden die Nettoexporte negativ, nachdem sie vor der Erhöhung von Y gleich null waren. Auch hier müssen die Nettokapitalimporte also größer werden. Wir erhalten somit in allen drei Fällen dasselbe Ergebnis, dass ein mit dem Ansteigen von Y verbundene Verringerung der Nettoexporte nur durch eine Erhöhung der Nettokapitalimporte ausgeglichen werden kann, damit die Zahlungsbilanz ausgeglichen wird, d. h. gleich null ist. Da wir den Zusammenhang zwischen Y und r suchen, wie muss sich r nun ändern, damit die Nettokapitalimporte größer werden? Wir schauen wieder in Gleichung 6 und sehen den positiven Zusammenhang zwischen Q und r. Damit wissen wir, dass ein Ansteigen der Nettokapitalimporte Q in Abhängigkeit von r nur bei steigendem r erreicht werden kann (oder genauer: r muss größer als r ∗ werden). Das ergibt nun genau den Zusammenhang den wir gesucht haben: Wenn Y ansteigt, muss auch r ansteigen, damit die Zahlungsbilanz ausgeglichen bleibt. Der Zusammenhang zwischen Y und r ist also Thomas Domeratzki, Makroskript, 18. Februar 2010 2 Die Zahlungsbilanz Seite 8 positiv, was bezüglich des Diagramms bedeutet, dass wir eine steigenden Gerade erhalten (siehe Abbildung 1). r ZZ-Kurve Y Abbildung 1: Die ZZ-Kurve, sie gibt alle Kombinationen von r und Y an, für die die Zahlungsbilanz ausgeglichen ist. Diese ZZ-Kurve gibt uns alle Kombinationen von r und Y an, für die die Zahlungsbilanz ausgeglichen ist. Punkte oberhalb der ZZ-Kurve, bei denen der Zinssatz also höher ist als im Zahlungbilanzgleichgewicht (während wir Y nicht ändern), repräsentieren Zahlungsbilanzüberschüsse (weil hier gerade aufgrund des höheren Zinssatzes die Nettokapitalimporte höher sind, als für das Zahlungsbilanzgleichgewicht notwendig). Oberhalb der ZZ-Kurve haben wir somit einen Zahlungsbilanzüberschuss, und umgekehrt, unterhalb der ZZ-Kurve haben wir dann ein Zahlungsbilanzdefizit. 2.5 Kapitalmobilität Wie wir vorhin gesehen haben, führen Zinsänderungen zu einer Änderung der Nettokapitalimporte, oder genauer: eine Abweichung des inländischen Zinses r vom ausländischen Zins r ∗ führt zu einer Änderung der Nettokapitalimporte. Wie wir schon gesehen haben, Thomas Domeratzki, Makroskript, 18. Februar 2010 2 Die Zahlungsbilanz Seite 9 führt ein inländischer Zinssatz der höher als der ausländische ist, zu positiven Nettokapitalimporten, während ein inländischer Zinssatz, der unterhalb des ausländischen liegt, zu negativen Nettokapitalimporten, also Nettokapitalexporten, führt. Dies ist nun aber nur eine Aussage über die Richtung, in die das Kapital fließt. Wie stark dieser Kapitalfluss ist, können wir noch nicht sagen, das sagt uns aber die Kapitalmobilität. Die Kapitalmobilität misst, wie sensibel die Kapitalbewegungen (also die Kapitalflüsse zwischen In- und Ausland) auf Zinsänderungen reagieren. Man kann die Kapitalmobilität somit als die Elastizität der Nettokapitalimporte in Bezug auf Zinsänderungen auffassen. Wenn Kapital über Ländergrenzen hinweg ohne Beschränkungen fließen kann und wenn wir den Akteuren an den internationalen Finanzmärkten Rationalität und perfekte Marktübersicht unterstellen, dann spricht man von perfekter Kapitalmobilität, da kleinste Zinsunterschiede zwischen In- und Ausland sofort zum Abfließen des Kapitals in das Land mit den höchsten Zinsen führen, auch wenn diese nur minimal höher sind als anderswo. Der andere Extremfall wäre, dass es gar keine Kapitalmobilität gibt. Dies bedeutet, dass auch riesige Zinsänderungen keine Kapitalflüsse nach sich ziehen. Die Kapitalmobilität können wir wie die Elastizität anhand der Steigung der Kurve festmachen. Perfekte Kapitalmobilität bedeutet, dass kleinste Abweichungen des Inlandszinses vom Auslandszins sofort in solch großen Kapitalströmen enden, dass die Zahlungsbilanz nicht mehr ausgeglichen werden kann. Wenn wir von einem Zahlungsbilanzgleichgewicht ausgehen und perfekter Kapitalmobilität unterstellen, dann führt eine minimale Erhöhung des inländischen Zinssatzes über den ausländischen Zinssatz zu unendlich großen Nettokapitalimporten. Diese könnten, wenn wir die Formel für die Zahlungsbilanz 6 betrachten nur durch ein unendlich großes Ansteigen von Y ausgeglichen werden, wodurch die Nettoexporte negativ würden und diese somit die Nettokapitalimporte ausgleichen. Dies ist die horizontale Kurve in Abbildung 2. Gar keine Kapitalmobilität bedeutet demgegenüber, dass es egal ist, wie sich der inländische Zinssatz verändert, es kommt zu keinen Kapitalflüssen zwischen In- und Ausland. Dies bedeutet dann aber auch, dass sich Y gar nicht anpassen muss. Die Zahlungsbilanz bleibt also für alle Zinssätze im Gleichgewicht. Dies ist die vertikale Kurve in Abbildung 2. Thomas Domeratzki, Makroskript, 18. Februar 2010 3 Das Mundell-Fleming-Modell r Seite 10 keine Kapitalmobilität ZZ-Kurve perfekte Kapitalmobilität Y Abbildung 2: Die ZZ-Kurve zwischen perfekter Kapitalmobilität (horizontale Kurve) und gar keiner Kapitalmobilität (vertikale Kurve). 3 Das Mundell-Fleming-Modell Wir kommen nun zum eigentlichen Mundell-Fleming-Modell, das eine Erweiterung des ISLM-Modells ist. Das IS-LM-Modell besteht aus der IS- und der LM-Kurve, es betrachtet damit Gleichgewichte auf dem Güter- und dem Geldmarkt. Nun fügen wir als dritte Kurve die ZZ-Kurve hinzu. Ein gesamtwirtschaftliches Gleichgewicht ist jetzt gegeben, wenn Güter- und Geldmarkt und die Zahlungsbilanz im Gleichgewicht sind, und dies ist gerade der Schnittpunkt der drei Kurven (siehe Abbildung 3). Kann denn so ein gesamtwirtschaftliches Gleichgewicht mit einem einzigen Schnittpunkt aller drei Kurven existieren? Warum verläuft die ZZ-Kurve nicht ober- oder unterhalb des Schnittpunktes von IS- und LM-Kurve? Nehmen wir also einmal an, die ZZ-Kurve würde oberhalb des Schnittpunktes von IS-LM-Kurve verlaufen. Dann bedeutet dies erstmal, dass das gesamtwirtschaftliche Gleichgewicht im Inland (Schnittpunkt von IS- und LM-Kurve) nicht mit dem außenwirtschaftlichen Gleichgewicht (alle Punkte auf der ZZKurve) übereinstimmt. Dies kann aber kein stabiler Zustand sein, denn durch das inländi- Thomas Domeratzki, Makroskript, 18. Februar 2010 3 Das Mundell-Fleming-Modell Seite 11 r LM ZZ-Kurve r_0 IS Y_0 Y Abbildung 3: Das Mundell-Fleming-Modell: das gesamtwirtschaftliche Gleichgewicht liegt im Schnittpunkt der drei Kurven. sche Gleichgewicht würde ein inländischer Zinssatz festgelegt, der unterhalb der ZZ-Kurve liegt. Wie wir vorhin gesehen haben, bedeutet ein Punkt unterhalb der ZZ-Kurve ein Zahlungsbilanzdefizit, da durch diesen niedrigen Zinssatz zu wenig (oder auch gar kein) Kapital aus dem Ausland angezogen wird sondern eher noch Kapital exportiert wird. An diesem Punkt wird es nun etwas komplizierter, denn wir müssen jetzt zum Devisenmarkt springen. Ale erstes muss man sich klarmachen, dass man für das Anlegen von Kapital in einem Land auch die Währung des Landes braucht. Der Versuch sollte zwecklos sein, Euros in den USA anlegen zu wollen, wir müssten die Euros vorher in Dollar tauschen. Und genau dies passiert jetzt. Der Zins im Inland ist tiefer als im Ausland. Deshalb ziehen Anleger bei uns ihr Geld ab und legen es im Ausland an. Um aber das Geld, das bisher im Inland angelegt war, im Ausland anlegen zu können, muss das Geld in ausländische Währung getauscht werden. Dies bedeutet dann aber einfach, dass die inländische Währung auf dem Devisenmarkt angeboten wird, bzw. dass das Angebot massiv ausgeweitet wird. Zudem wird die ausländische Währung verstärkt nachgefragt. Dies zusammen bedeutet, dass die inländische Währung uninteressant wird, von den internationalen Anlegern will sie niemand haben. Thomas Domeratzki, Makroskript, 18. Februar 2010 3 Das Mundell-Fleming-Modell Seite 12 Dagegen ist die ausländische Währung begehrt, da im Ausland die Zinsen höher sind und die Anleger dort ihr Geld anlegen wollen. Damit verliert die inländische Währung an Wert, es kommt zu einer Abwertung (ihr könnt auch ein einfaches Preis-Mengen-Diagramm mit Angebots- und Nachfragekurve malen und schauen, was passiert, wenn das Angebot ausgeweitet wird, der Preis wird fallen). Man muss nun unterscheiden, ob die Wechselkurse sich frei bewegen können oder ob sie fix sind. Im ersten Fall kommt es einfach zu einer Abwertung der Währung. Diese Abwertung wirkt sich aber auf die Güterexporte aus, denn inländische Güter werden im Ausland jetzt günstiger. Die Abwertung führt somit zu steigenden Exporten. Dies wiederum wird die IS-Kurve verschieben und zwar solange bis sich alle drei Kurven wieder in einem Punkt schneiden. Im Fall von fixen Wechselkursen muss die Zentralbank eingreifen. Sie ist verpflichtet, den fixen Wechselkurs zu „verteidigen“ , d. h. Maßnahmen zu ergreifen, so dass sich Angebot und Nachfrage auf dem Devisenmarkt wieder bei dem fixen Wechselkurs schneiden. Bei einer drohenden Abwertung der Währung aufgrund der Kapitalexporte kann die Zentralbank nur die Nachfrage nach inländischer Währung erhöhen, indem sie versucht ausländische Währung anzubieten und inländische Währung nachzufragen. Dies würde die Nachfrage nach inländischer Währung erhöhen und somit den Wechselkurs verteidigen. Diese Maßnahme beeinflusst aber den inländischen Geldmarkt, denn die Geldmenge im Inland wird durch diese Maßnahme verringert, so dass sich die LM-Kurve nach links verschieben wird, und zwar so lange, bis sich die drei Kurven wieder in einem Punkt schneiden. Bitte nicht verzweifeln, ich werde das gleich nochmal genauer erklären , 3.1 Negative Nettokapitalimporte (also Kapitalexporte) und Devisenmarkt Den Devisenmarkt hatte ich schon bei dem Skript über die Makroökonomischen Märkte behandelt, deshalb werde ich hier nicht auf alle Details eingehen. Grundsätzlich können wir einen Devisenmarkt, wie so ziemlich jeden anderen Markt auch, durch ein Preis-MengenDiagramm darstellen, auf der Abzisse tragen wir die Menge ab (hier die Menge an einheimischer Währung), auf der Ordinate den Preis (hier den Wechselkurs). Dann können wir Angebots- und Nachfragekurven einzeichnen, wobei das Angebot steigend ist im Preis und Nachfrage fallend ist im Preis. Die Situationen für flexible und fixe Wechselkurse sind in den Abbildungen 4 und 5 dargestellt. Was passiert nun, wenn der inländische Zinssatz zu niedrig ist, um für einen Ausgleich Thomas Domeratzki, Makroskript, 18. Februar 2010 3 Das Mundell-Fleming-Modell e Seite 13 $ e e Z $ e s Zs e∗ ē Zd Zd qe∗ qe∗ qe Abbildung 4: Devisenmarkt für den Euro mit flexiblen Wechselkursen qe Abbildung 5: Devisenmarkt mit fixen Wechselkursen der Handelsbilanz zu sorgen? Dies kann passieren, wenn sich IS- und LM-Kurve unterhalb der ZZ-Kurve schneiden. Diese Situation wird zu Nettokapitalexporten führen, da die Anleger ihr Geld lieber im Ausland anlegen wollen, da dort der Zinssatz höher ist, deshalb ist ja auch die Zahlungsbilanz gerade nicht im Gleichgewicht. Dies führt nun dazu, dass die Anleger die inländische Währung (in den Abbildungen durch egekennzeichnet) verstärkt anbieten, das Angebot an inländischer Währung wird also ausgeweitet, und diese Ausweitung des Angebots führt zu einem Absinken des Wechselkurses, d. h. einer Abwertung (siehe Abbildungen 6 und 7) e $ e e $ e Z2s Z1s e∗ e∗∗ Z1s Z2s ē e∗∗ Zd qe∗ qe∗∗ Zd qe Abbildung 6: Ausweitung der Nachfrage auf dem Devisenmarkt für den Euro bei flexiblen Wechselkursen qe∗ qe∗∗ Abbildung 7: Ausweitung der Nachfrage auf dem Devisenmarkt bei fixen Wechselkursen Thomas Domeratzki, Makroskript, 18. Februar 2010 qe 3 Das Mundell-Fleming-Modell Seite 14 Flexible Wechselkurse Betrachten wir erst die Situation für flexible Wechselkurse, wie sie in Abbildung 6 dargestellt ist. Durch die Ausweitung des Angebots kommt es zu einer Abwertung der einheimischen Währung, was einfach bedeutet, dass sie gegenüber der ausländischen Währung an Wert verliert. Damit ist die Analyse des Devisenmarktes auch schon abgeschlossen. Allerdings müssen wir jetzt wieder in unser IS-LM-ZZ-Diagramm zurückkehren, denn eine Abwertung der inländischen Währung hat wiederum Einfluss auf den Export von Gütern, denn einheimische Güter werden im Ausland durch diese Abwertung jetzt günstiger. Es werden deshalb mehr Güter exportiert. Hier, im Fall einer offenen Volkswirtschaft, werden Exporte in der Verwendungsgleichung des BIP und damit auch bei der IS-Kurve berücksichtigt. Ein Ansteigen der Exporte wird sich somit auf die IS-Kurve auswirken. Dies ist ungefähr so wie ein Ansteigen der Staatsausgaben im IS-LM-Modell, ein Ansteigen der Exporte wird somit zu einer Rechtsverschiebung der IS-Kurve führen. r r LM LM ZZ r0 ZZ r1 r0 IS1 IS0 IS0 Y0 Y Abbildung 8: Ausgangssituation: Der Zins im Inland, der sich aus dem inländischen Gleichgewicht (Schnittpunkt von IS- und LM-Kurve ergibt) ist zu niedrig, um die Zahlungsbilanz auszugleichen. Es wird zu Kapitalexporten und damit zu einer Abwertung der inländischen Währung kommen. Y0 Y1 Y Abbildung 9: Durch die Abwertung der inländischen Währung kommt es zu einer Steigerung der Güterexporte und einer Rechtsverschiebung der ISKurve. Das neue Gleichgewicht liegt dann auf allen drei Kurven. Die IS-Kurve verschiebt sich in diesem Anpassungsprozess genau soweit nach rechts, dass sich alle drei Kurven in genau einem Punkt schneiden. Ein zu niedriger Zinssatz im Inland wird bei flexiblen Wechselkursen somit über eine Abwertung der inländischen Währung und der damit verbundenen Erhöhung von Exporten und Rechtsverschiebung der IS-Kurve ausgeglichen (siehe Abbildungen 8 und 9). Thomas Domeratzki, Makroskript, 18. Februar 2010 3 Das Mundell-Fleming-Modell Fixe Wechselkurse Seite 15 Wie ist aber nun die Situation für fixe Wechselkurse, hier kann es schließlich zu keiner Abwertung und einer damit verbundenen Erhöhung von Exporten und Rechtsverschiebung der IS-Kurve kommen. Vielmehr ist hier die Zentralbank angehalten, am Devisenmarkt zu intervenieren. Wie macht sie das? Betrachten wir noch einmal Abbildung 7. Der Wechselkurs, der sich am Markt ergäbe, läge unterhalb des fixen Wechselkurses, die Zentralbank muss also eingreifen. e $ e Z1s Z2s ē = e∗ e∗∗ Z2d Z1d qe∗ qe∗∗ qe∗∗∗ q$ Abbildung 10: Die Zentralbank muss verstärkt die inländische Währung aufkaufen, damit sich die Nachfrage nach inländischer Währung nach rechts verschiebt und der Gleichgewichtswechselkurs wieder mit dem fixen Wechselkurs übereinstimmt. Wie in Abbildung 10 dargestellt, wird die Zentralbank die inländische Währung aufkaufen, d. h. sie wird die Nachfrage nach inländischer Währung steigern. Bezahlen wird sie dies mit ihren Devisenreserven, das sind die Bestände an ausländischer Währung, über die die Zentralbank verfügt. Dadurch wird die Nachfragekurve nach rechts verschoben, und der fixe Wechselkurs kann wieder erreicht werden. Dies ist die einzige Möglichkeit, wie die Zentralbank hier eingreifen kann. Man könnte ja auch denken, dass die Zentralbank einfach das Angebot verringern kann, also die Angebotskurve nach links verschieben. Man muss sich hier aber klar machen, dass die Zentralbank selbst nur ein Akteur am Devisenmarkt ist, sie kann also nicht einfach das Angebot verknappen, denn dazu müsste sie die einheimische Währung einziehen und vernichten, was nicht möglich ist. Sie muss die einheimische Währung schon aufkaufen, also für den Erwerb der einheimischen Währung bezahlen, so wie jeder andere Marktakteur auch. Die Zentralbank wird also die Nachfrage nach einheimischer Währung erhöhen, die Nachfragekurve verschiebt sich nach rechts, und die Zentralbank kauft einheimische Währung. Was bedeutet es jetzt aber, wenn die einheimische Währung im Besitz der Zentralbank ist? Nun, die Währung ist nicht mehr im Umlauf und kann nicht mehr für TransThomas Domeratzki, Makroskript, 18. Februar 2010 3 Das Mundell-Fleming-Modell Seite 16 aktionen verwendet werden. Da die Zentralbank die einheimische Währung ursprünglich herausgegeben hat, hat sie nun über den Devisenmarkt die einheimische Währung wieder teilweise aufgekauft und damit die Menge an einheimischer Währung verringert. Die Menge an einheimischer Währung entspricht aber gerade der Geldmenge (im Inland), die im Umlauf ist. Letztendlich hat die Zentralbank durch diese Devisenmarktintervention die inländische Geldmenge verringert. Aus dem IS-LM-Modell wissen wir, dass Änderungen der Geldmenge die LM-Kurve verschieben. Eine Erhöhung der Geldmenge verschiebt die LM-Kurve nach rechts, eine Verringerung verschiebt sie nach links. Hier wird sich die LMKurve also nach links verschieben bis die drei Kurven sich in einem Punkt schneiden (siehe Abbildung 12). r r LM1 LM LM0 ZZ ZZ r1 r0 r0 IS Y0 IS Y Abbildung 11: Ausgangssituation: Der Zins im Inland, der sich aus dem inländischen Gleichgewicht (Schnittpunkt von IS- und LM-Kurve ergibt) ist zu niedrig, um die Zahlungsbilanz auszugleichen. Es wird zu Kapitalexporten und damit zu einer Abwertung der inländischen Währung kommen. 3.2 Y1 Y0 Y Abbildung 12: Durch den Eingriff der Zentralbank am Devisenmarkt und dem Aufkaufen der inländischen Währung verringert sich die Geldmenge im Inland. Die LM-Kurve verschiebt sich nach links bis alle Kurven im Gleichgewicht sind. Kapitalimporte und Devisenmarkt Im vorherigen Abschnitt habe ich gezeigt, was passiert, wenn der inländische Zinssatz zu niedrig ist, also wenn sich IS- und LM-Kurve unterhalb der ZZ-Kurve schneiden. Jetzt wollen wir den Fall betrachten, dass der inländische Zinssatz zu hoch ist, weil der Schnittpunkt von IS- und LM-Kurve oberhalb der ZZ-Kurve liegt (siehe Abbildung 13). Was wird hier passieren? Durch den hohen Zinssatz wird es zu Kapitalimporten kommen. Ausländische Thomas Domeratzki, Makroskript, 18. Februar 2010 3 Das Mundell-Fleming-Modell Seite 17 r LM-Kurve r0 ZZ-Kurve IS-Kurve Y0 Y Abbildung 13: Die ZZ-Kurve, sie gibt alle Kombinationen von r und Y an, für die die Zahlungsbilanz ausgeglichen ist. Anleger wollen ihr Geld also bei uns anlegen. Dies bedeutet dann aber, bezogen auf den Devisenmarkt, dass die Nachfrage nach inländischer Währung steigt, denn die ausländischen Anleger müssen ihr Geld ja erst in unsere Währung umtauschen, damit sie es bei uns anlegen können. Dies bedeutet aber einfach, dass diese ausländischen Anleger unsere Währung nachfragen und kaufen, die Nachfrage auf dem Devisenmarkt nach unserer Währung steigt also; dies ist dann eine Rechtsverschiebung der Devisennachfragekurve (siehe Abbildungen 14 und 15). Diese Ausweitung der Nachfrage nach einheimischer Währung hat nun unterschiedliche Folgen, je nachdem ob wir einen Devisenmarkt mit fixen oder einen Devisenmarkt mit flexiblen Wechselkursen betrachte. Flexible Wechselkurse Betrachten wir zuerst wieder den Fall für flexible Wechselkurse. Wie wir in Abbildung 14 sehen können, führt die Ausweitung der Nachfrage nach inländischer Währung, die aufgrund der höheren inländischen Zinsen entsteht, zu einem Ansteigen des gleichgewichtigen Wechselkurses. Es kommt also zu einer Aufwertung der Thomas Domeratzki, Makroskript, 18. Februar 2010 3 Das Mundell-Fleming-Modell e Seite 18 $ e e $ e Zs Zs e∗∗ ē e∗∗ e∗ Z2d Z2d Z1d qe∗ qe∗∗ Z1d qe∗ qe∗∗ qe Abbildung 14: Ausweitung der Nachfrage nach inländischer Währung auf dem Devisenmarkt mit flexiblen Wechselkursen. Abbildung Nachfrage Währung markt mit qe 15: Ausweitung der nach inländischer auf dem Devisenfixen Wechselkursen. einheimischen Währung. Diese Aufwertung hat nun Einfluss auf den Außenhandel, denn durch die Aufwertung werden einheimische Güter im Ausland teurer und Importe werden günstiger. Dies wird dazu führen, dass die Nettoexporte zurückgehen, was wiederum Einfluss auf die IS-Kurve hat, welche sich nun nach links verschiebt, bis sich alles drei Kurven im IS-LM-ZZ-Digramm wieder in einem Punkt schneiden (siehe Abbildung 17). Fixe Wechselkurse Im Fall von fixen Wechselkursen muss die Zentralbank wieder eingreifen. Durch die Ausweitung der Nachfrage nach der inländischen Währung ist der Wechselkurs jetzt zu hoch (siehe Abbildung 15). Die Zentralbank ist gehalten, geeignete Maßnahmen durchzuführen, um den Wechselkurs wieder auf das Niveau des fixen Wechselkurses zu bringen. Was ist aber in diesem Fall eine „geeignete Maßnahme“ ? Die Nachfrage selbst nach inländischer Währung kann die Zentralbank nicht verringern, sie kann sie höchstens erhöhen. Die Zentralbank kann aber das Angebot an einheimischer Währung vergrößern, sie kann ja einfach mehr Geld in Umlauf bringen. Und genau dies macht die Zentralbank auch, sie erhöht das Angebot an inländischer Währung, wodurch sich auf dem Devisenmarkt für inländische Währung dann die Angebotskurve nach rechts verschiebt bis der fixe Wechselkurs erreicht ist (siehe Abbildung 18). Die Erhöhung des Angebots an inländischer Währung ist nichts anderes als eine Erhöhung der inländischen Geldmenge, und wir wissen aus dem IS-LM-Modell, dass eine Erhöhung der Geldmenge die LM-Kurve nach rechts verschiebt. Genau dies passiert hier Thomas Domeratzki, Makroskript, 18. Februar 2010 4 Wirtschaftspolitik im Mundell-Fleming-Modell r Seite 19 r LM r0 LM r0 r1 ZZ ZZ IS0 IS0 IS1 Y0 Abbildung 16: Ausgangssituation: Der Zins im Inland, der sich aus dem inländischen Gleichgewicht (Schnittpunkt von IS- und LM-Kurve ergibt) ist zu hoch, um die Zahlungsbilanz auszugleichen. Es wird zu Kapitalimporten und damit zu einer Aufwertung der inländischen Währung kommen. Y Y1 Y0 Y Abbildung 17: Durch die Aufwertung der inländischen Währung kommt es zu einer Verringerung der Nettoexporte und damit zu einer Linksverschiebung der IS-Kurve. Das neue Gleichgewicht liegt dann auf allen drei Kurven. auch. Die LM-Kurve verschiebt sich nach rechts bis alle drei Kurven sich wieder in einem Punkt schneiden (siehe Abbildung 19). 4 Wirtschaftspolitik im Mundell-Fleming-Modell Im Grunde haben wir das Mundell-Fleming-Modell jetzt schon hinreichend behandelt. Was jetzt noch kommt, ist eher eine Zusammenfassung mit Bezug zu politischen Maßnahmen. Ich werde das Mundell-Fleming-Modell hier jetzt so darstellen, wie man es häufig in der Literatur findet. Dort geht man nämlich meistens von perfekter Kapitalmobilität aus, was einfach bedeutet, dass die ZZ-Kurve eine waagerechte Gerade ist. Wir gehen von einem gesamtwirtschaftlichen Gleichgewicht aus, alle Kurven schneiden sich in einem Punkt, wie dies in Abbildung 20 dargestellt ist. Wir werden jetzt die politischen Maßnahmen Fiskal- und Geldpolitik untersuchen, die im wesentlichen analog zum IS-LM-Modell funktionieren. Es sei daran erinnert, dass der Zweck politischer Maßnahmen immer ist, den Output bzw. das Einkommen Y zu erhöhen. Thomas Domeratzki, Makroskript, 18. Februar 2010 4 Wirtschaftspolitik im Mundell-Fleming-Modell e Seite 20 $ e Z1s Z2s e∗∗ ē = e∗ Z1d qe∗ qe∗∗ qe∗∗∗ Z2d q$ Abbildung 18: Die Zentralbank muss verstärkt die inländische Währung aufkaufen, damit sich die Nachfrage nach inländischer Währung nach rechts verschiebt und der Gleichgewichtswechselkurs wieder mit dem fixen Wechselkurs übereinstimmt. 4.1 Fiskalpolitik Wir betrachten hier den Fall expansiver Fiskalpolitik, was eine Erhöhung der Staatsausgaben bedeutet. Wie im IS-LM-Modell verschiebt sich die IS-Kurve nach rechts und wir erhalten einen Schnittpunkt von IS- und LM-Kurve, der oberhalb der ZZ-Kurve liegt. Diese Situation hatten wir vorhin schon betrachtet. Hier ist der Zinssatz im Inland nun zu hoch, um eine ausgeglichene Zahlungsbilanz erreichen zu können. Je nach Wechselkursregime werden nun also folgende Dinge passieren. Flexible Wechselkurse Durch den zu hohen Zinssatz kommt es zu Nettokapitalimpor- ten, die inländische Währung wird verstärkt nachgefragt, und es kommt zu einer Aufwertung der Währung. Dies wiederum bewirkt einen Rückgang der Nettoexporte, und die IS-Kurve verschiebt sich wieder nach links (siehe Abbildung 22). Fiskalpolitik hat bei flexiblen Wechselkursen also keinen Effekt, da die Verschiebung der IS-Kurve aufgrund der erhöhten Staatsausgaben durch den Rückgang der Nettoexporte und der damit verbundenen Linksverschiebung der IS-Kurve wieder kompensiert wird. Thomas Domeratzki, Makroskript, 18. Februar 2010 4 Wirtschaftspolitik im Mundell-Fleming-Modell r Seite 21 LM0 LM1 r0 ZZ r1 IS Y0 Y1 Y Abbildung 19: Durch das Eingreifen der Zentralbank auf dem Devisenmarkt erhöht sich die inländische Geldmenge, was eine Verschiebung der LM-Kurve nach rechts bedeutet. Fixe Wechselkurse Betrachten wir den Fall fixer Wechselkurse. Hier muss die Zentralbank am Devisenmarkt eingreifen. Sie wird das Angebot an inländischer Währung, d. h. die Geldmenge, erhöhen. Dies bringt den Wechselkurs wieder auf den fixen Wechselkurs zurück, und die LM-Kurve verschiebt sich nach rechts. Dadurch schneiden sich alle drei Kurven dann in einem Punkt, und dieser Punkt stellt insgesamt eine Erhöhung des Gleichgewichtseinkommens Y dar (siehe Abbildung 23). Fiskalpolitik ist bei fixen Wechselkursen also wirksam. 4.2 Geldpolitik Kommen wir nun noch zur Geldpolitik. Geldpolitik werden wir hier als expansive Geldpolitik verstehen, was eine Verschiebung der LM-Kurve nach rechts bedeutet. Es kommt zu einem neuen Schnittpunkt von IS- und LM-Kurve unterhalb der ZZKurve (siehe Abbildung 24), was bedeutet, dass der inländische Zinssatz zu niedrig ist und es zu Kapitalexporten kommt. Dies führt zu einem gestiegenen Angebot an inländischer Währung, und der Wechselkurs fällt, es kommt also zu einer Abwertung. Thomas Domeratzki, Makroskript, 18. Februar 2010 4 Wirtschaftspolitik im Mundell-Fleming-Modell Seite 22 r LM ZZ r0 IS Y0 Y Abbildung 20: Die Ausgangssituation, die Volkswirtschaft befindet sich im Gleichgewicht. Flexible Wechselkurse Im Fall flexibler Wechselkurse bedeutet eine Abwertung, dass die Nettoexporte steigen. Dadurch wird sich die IS-Kurve nach rechts verschieben (siehe Abbildung 25). Hier sehen wir, dass das neue Gleichgewichtseinkommen rechts vom ursprünglichen liegt. Geldpolitik ist bei flexiblen Wechselkursen also wirksam. Fixe Wechselkurse Bei fixen Wechselkursen kann die Zentralbank die Abwertung nicht akzeptieren. Die Zentralbank wird auf dem Devisenmarkt intervenieren und die Nachfrage nach inländischer Währung erhöhen. Diese Maßnahme kommt aber einer Verknappung der inländischen Geldmenge gleich, also wird sich die LM-Kurve wieder nach links verschieben (siehe Abbildung 26). Wir sehen, dass Geldpolitik in diesem Fall völlig unwirksam ist. Thomas Domeratzki, Makroskript, 18. Februar 2010 4 Wirtschaftspolitik im Mundell-Fleming-Modell Seite 23 r LM r1 ZZ r0 IS1 IS0 Y0 Y1 Y Abbildung 21: Expansive Fiskalpolitik verschiebt die IS-Kurve nach rechts außen. Thomas Domeratzki, Makroskript, 18. Februar 2010 4 Wirtschaftspolitik im Mundell-Fleming-Modell Seite 24 r LM 2 1 r1 ZZ r0 IS1 IS0 Y0 Y1 Y Abbildung 22: Durch die Aufwertung der Währung gehen die Nettoexporte zurück und die IS-Kurve verschiebt sich wieder nach links. Thomas Domeratzki, Makroskript, 18. Februar 2010 4 Wirtschaftspolitik im Mundell-Fleming-Modell Seite 25 r LM LM_1 2 1 r1 ZZ r0 IS1 IS0 Y0 Y1 Y2 Y Abbildung 23: Bei fixen Wechselkursen muss die Zentralbank eingreifen. Sie erhöht die Geldmenge, und die LM-Kurve verschiebt sich nach rechts. Es gibt dann ein neues gesamtwirtschaftliches Gleichgewicht, bei dem das Einkommen größer als vor der wirtschaftspolitischen Maßnahme ist. Thomas Domeratzki, Makroskript, 18. Februar 2010 4 Wirtschaftspolitik im Mundell-Fleming-Modell Seite 26 r LM0 LM1 ZZ r0 r1 IS Y0 Y1 Y Abbildung 24: Expansive Geldpolitik verschiebt die LM-Kurve nach rechts, dadurch wird der Zinssatz im Inland zu niedrig. Thomas Domeratzki, Makroskript, 18. Februar 2010 4 Wirtschaftspolitik im Mundell-Fleming-Modell Seite 27 r LM0 LM1 1 2 ZZ r0 r1 IS1 IS0 Y0 Y1 Y2 Y Abbildung 25: Durch die Abwertung werden die Nettoexporte erhöht, und die IS-Kurve verschiebt sich nach rechts Thomas Domeratzki, Makroskript, 18. Februar 2010 4 Wirtschaftspolitik im Mundell-Fleming-Modell Seite 28 r LM0 2 LM1 1 ZZ r0 r1 IS Y0 Y1 Y Abbildung 26: Durch Eingreifen der Zentralbank wird die Geldmenge wieder gesenkt, die LM-Kurve verschiebt sich also wieder nach links. Thomas Domeratzki, Makroskript, 18. Februar 2010