ÄGYPTEN, ALEXANDRIA WAEL SHAWKY The Cabaret Crusades Von 2010 bis 2015 hat der ägyptische Künstler Wael Shawky am Projekt «Cabaret Crusades» gearbeitet, das aus einer Serie von Zeichnungen, Objekten, Marionetten und Animationsfilmen besteht und die Geschehnisse während der Kreuzzüge in Form einer dreiteiligen Video-Installation dokumentiert. Basis seiner künstlerischen Arbeit ist das 1983 erschienene Buch «Der Heilige Krieg der Barbaren. Die Kreuzzüge aus der Sicht der Araber» des französisch-libanesischen Schriftstellers Amin Maalouf (Deutsch 1996 im Eugen Diederichs Verlag). Es konzentriert sich auf die Analyse der geschriebenen Geschichte und bezieht seine Inspiration aus verschiedenen historische Quellen, um die Geschichte der Kreuzzüge aus einer neuen Perspektive darzustellen und zu übersetzen. Jeder Teil der Trilogie «Cabaret Crusades» beschreibt spezifische Szenen und Ereignisse der zerstörerischen religiösen Kriege mit Hilfe von sorgfältig gefertigten Figuren, Musik, Bühnenbild und Text. Was diese Videos einzigartig macht, ist die Darstellung der Charaktere. In allen drei Kapiteln verwendet Shawky spezifische, handgemachte Marionetten, um die Geschichte der Aggressoren und Opfer der Kreuzzüge zu verkörpern. Marionettentheater ist eine uralte Aufführungsform. Das stoische, emotionslose Wesen der Marionetten ermöglicht es Shawky, die Geschehnisse der Kreuzzüge auf eine objektive Weise zu erzählen. Der Gebrauch von Marionetten unterstreicht die Idee von Kontrolle und Manipulation, die während Kriegszeiten vorherrscht. Werft | DI 22. August, 21.15–22.45 Uhr TEIL 1: THE HORROR SHOW FILE 2010, 31 Min. «The Horror Show File» beschreibt die ersten vier Jahre der Kreuzzüge, während derer die Kirche ­Anführer und Armeen versammelte. Da sich diese Ereignisse hauptsächlich in Europa abspielten, hat Wael Shawky 200-jährige ausdrucksstarke Marionetten aus der Turiner Lupi-Sammlung verwendet, mit denen er die historischen Ereignisse zum Leben erweckt. Die Marionetten werden von sichtbaren Fäden bewegt und tragen historische Kostüme der damaligen christlichen und muslimischen Armeen. Die Texte und Handlungen beziehen sich auf geschichtliche Referenzen zu den Kriegen, im Speziellen auf das Buch «Der Heilige Krieg der Barbaren. Die Kreuzzüge aus der Sicht der Araber» von Amin Maalouf. Der Film übersetzt Ursache und Wirkung der religiös sanktionierten Kriegszüge in Bilder. Sie basieren auf einer Rekonstruktion von Ereignissen, die aus der Sicht der Leidtragenden der Invasion erzählt wird. Obwohl das Geschehen auf historischen Fakten und Dokumen­ tationen beruht, entsteht im Film eine surreale und mythische Atmosphäre, in der sich Drama und Zynismus vermischen und eine Geschichte erzählt wird, die zeitgenössischer nicht sein könnte. TEIL 2: THE PATH TO CAIRO 2012, 60 Min. | Premiere Documenta 2012, Kassel Teil zwei der Cabaret Crusades ist der zweiten Phase der religiös sanktionierten militärischen Expeditionen durch das westliche Christentum nach Jerusalem und dem Heiligen Land gewidmet. Er spielt hauptsächlich in islamischen Städten im Nahen Osten: Edessa, Jerusalem, Tripolis, Antioch, Aleppo, Damaskus, Mosul, Akko und Kairo. Die Handlung basiert auf den Chroniken der Zeit zwischen dem ersten und dem zweiten Kreuzzug (1099–1149) und zeigt historische Protagonisten wie Nur ad-Din Zangi, Rukn al-Din Mesud, Kilij Arslan, Sigurd I von Norwegen, Bernard von Clairvaux, Louis VII. von Frankreich, Konrad III. von Deutschland, Graf Raymond Berenguer IV. von Barcelona, Papst Eugen III., Bischof Albert von Pommern, William II. von Nevers und Ratibor I. von Pommern. Die Marionetten sind aus Keramik und Glas handgefertigt, Materialien, die traditionell auch für die Herstellung von Votivstatuen und Ikonen verwendet werden. Sie tragen Kostüme aus Spitze, Samt und Seide. Das Bühnenbild erinnert an islamische Beleuchtungen und Miniaturen. «The Path to Cairo» ist ein Musikfilm, bei dem das Skript, basierend wiederum auf dem Buch von Amin Maalouf, von einem Kinderchor interpretiert wird. Die musikalische Komposition lehnt sich an die traditionelle Musik der Perlenfischer von Bahrain an. hatte zur Eroberung des Heiligen Landes aufgerufen, die Flotte der Venezianischen Republik wird geheuert. Doch das Unternehmen stockt bereits in der Adria, da die ausgehandelte Summe nicht rechtzeitig beglichen wird. Das christliche Heer beschliesst die Stadt Zadar zu plündern, um an das nötige Geld zu kommen. Christen morden Christen, um danach Muslime zu morden. Es geht in diesem dritten Teil um Verrat der Gefolgschaft und die Zerbrechlichkeit des Menschen. Shawky kreierte dafür 270 individuelle Marionetten aus Murano-Glass. Einige von ihnen haben die Form von Tieren, andere sind entstellt und werden so zum Sinnbild der grotesken Brutalität dieser Kriege. Neben den Marionetten hat Shawky 131 unbewegliche ­Sta­tuetten geschaffen, die im Film als Statisten und Zuschauer figurieren. Dank Die Filmvorführungen wurden ermöglicht durch die Unterstützung der Galerie Seifr-Semler Hamburg. Zudem im Programm von Wael Shawky Song of Roland: The Arabic Version Eine ­Musikperformance, in der 20 Fidjeri-Musiker aus Bahrain das «Rolandslied» interpretieren. Das «Rolandslied» ist eines der bekanntesten mittelalterlichen Epen der europäischen ­Kulturgeschichte und besingt die Kriegszüge Karls des Grossen ­gegen die islamischen Sarazenen in Spanien. Werft | DI 22. und MI 23. August Werft | MI 23. August, 21.00–23.00 Uhr TEIL 3: THE SECRETS OF KARBALAA 2015, 120 Min. | Premiere MoMA PS1, New York, 2015 Das dritte und letzte Kapitel, «The Secrets of Karbalaa», folgt nicht der linearen Chronologie der ersten beiden Kapitel, sondern bewegt sich zwischen dem 7. und 12. Jahrhundert hin und her und behandelt die historische Periode zwischen dem zweiten und dritten Kreuzzug. Der Film beginnt mit der Trennung der Muslime in Schiiten und Sunniten in der Schlacht von Kerbala. Später zeigt er die Kluft zwischen den ortho­doxen und den katholischen Christen während des vierten Kreuzzuges anhand der Geschichte von Noureldin Al Zenki und des Feldherrn Saladin. Die Kreuzzüge enden mit der Zerstörung Konstantinopels durch die Kreuzfahrer im Jahr 1204. Papst Innozenz III.