Derivate Absicherung gegen die Marktrisiken NZZ am Sonntag V 14. Oktober 2012 ILLUSTRATION: LORENZ MEIER 4 Derivative Produkte eignen sich als Schutz vor Schwankungen von Preisen und Währungen. Entsprechende Instrumente gibt es für kleine und grosse Portfolios. Von Leo Hug H ging aber zuerst an Finanzderivate. Ohne sie lassen sich Marktrisiken nur schwer absichern. Klassische Instrumente für die Absicherung von Finanzanlagen sind im Zinsbereich die Swaps, bei den Devisen die Termingeschäfte und bei Rohstoffen und Aktien die Futures. Zu den traditionellen Absicherungsinstrumenten zählen aber auch die Optionen. Sie haben den Vorteil, dass sie selbst auf eine Seite hin abgesichert sind und man beim Kauf von Optionen keine Si- edge-Geschäfte sichern einen Preis über eine bestimmte Zeit ab. Der so abgesicherte Preis kann eine Ware, ein Zinssatz, ein Wechselkurs oder auch ein Wertpapier sein. Ein bei uns alltäglicher Hedge ist die Festhypothek: Im Gegensatz zum variablen Marktsatz wird ein bestimmter Zinssatz für mehrere Jahre fixiert. In der Regel denkt man beim Begriff Hed- ANZEIGE cherheitsleistung, die sogenannte Margin, hinterlegen muss. Andererseits muss sich ein Anleger bei Optionen mit der Auswahl von Laufzeiten, Strikes oder Volatilitäten befassen, bis er das passende Produkt gefunden hat. Zudem gilt bei den Optionen, dass in effizienten Märkten die Unsicherheiten bereits in die Preise eingeflossen sind. Das alles erfordert Produkte- und finanzmathematisches Know-how für das korrekte Absichern von Positionen. Optionen als Absicherungsinstrument sind darum anspruchsvoll und in angespannten Marktlagen relativ teuer. Kontraktgrössen als Nachteil Geld macht glücklich, wenn man einen Partner zur Seite hat, der zu jedem Lebensabschnitt die persön­ liche Vorsorgelösung bereit hat. Der Kundenberater Ihrer Kantonalbank Einfacher und günstiger sind Absicherungen mit Futures. Ihr Nachteil sind die Kontraktgrössen. Da der SMI-Future das Zehnfache des Indexstandes beträgt, können damit nur Beträge in der Grössenordnung von 65 000 Franken oder das Vielfache davon abgesichert werden. Futures als Hedging-Instrumente eignen sich demnach wohl eher für institutionelle Anleger als für Kleinanleger. Immer beliebter werden deshalb die sogenannten Mini-Futures. Sie zeichnen sich durch weit geringere Kontraktgrössen und eine theoretisch unbeschränkte Laufzeit aus. Allerdings haben sie – wie die Knock-out-Produkte – eine Knock-out-Schwelle. Durchbricht (Call) oder überschreitet (Put) der Mini-Futures diese Schwelle, wird das Produkt durch den Emittenten glattgestellt. Der Investor erhält dann noch den Restwert ausbezahlt. Anders als bei den Put-Optionen haben die impliziten Volatilitäten nur einen geringen Einfluss auf die Preisbildung. Das macht die Mini-Futures nicht nur günstiger, sondern auch leichter nachvollziehbar als die traditionellen Optionen. Einzelne Broker bieten auch sogenannte CFD (Contract For Difference) an. Diese Differenzkontrakte stellen eine Laufzeit-unabhängige Vereinbarung über einen Barausgleich aus der Differenz zwischen dem Kauf- und Verkaufspreis eines Finanzinstruments dar. Er reflektiert so die genaue Kursentwicklung des zugrunde liegenden Basiswertes, ohne dass dieser durch entsprechenden Kapitaleinsatz erworben werden muss. CFD funktionieren ähnlich wie Futures, nur dass sie in kleineren Einheiten gehandelt werden. Das Angebot an Absicherungsinstrumenten für grosse und kleine Anleger ist also durchaus vorhanden. Allerdings ist der Einsatz solcher Instru- mente nur beschränkt sinnvoll. Mit dem Hedging wird zwar das Risiko abgebaut, man verzichtet aber auch auf die Chance auf einen Gewinn. Dies aber ist in der Regel der Sinn einer Finanzanlage. Kommt hinzu, dass jedes Hedging auch mit Gebühren verbunden ist, die von der Rendite abgeht. Risiken unvermeidlich Wer längerfristig an den Märkten Geld verdienen will, muss Risiken eingehen. Der Portfoliomanager muss also immer zwischen akzeptablem Risiko und erwarteter Rendite abwägen. Besonders aufwendig wird das Hedging, wenn mehrere Positionen in einem Portefeuille einzeln und möglichst gleichzeitig abgesichert werden sollen. Wer etwa in Schweizer Aktien investiert hat und plötzlich einen generellen Börseneinbruch befürchtet, für den kann es unter Umständen auch sinnvoll sein, sich direkt über den Verkauf eines liquiden Produkts auf den SMI oder auf einen sonst ähnlich gelagerten Index abzusichern. Das geht schneller und wird günstiger. Und wenn es um die Absicherung einzelner Positionen geht, ist es möglicherweise am einfachsten, den Wert einer Position mittels Verkauf sicherzustellen. Absicherung lädt Sie gerne zu einem Beratungs­ «Firmen wollen mit ihren Produkten Geld verdienen» gespräch ein. NZZ am Sonntag: In welchen Bereichen gehört das Hedging zum Alltag? Alex Hinder: Grundsätzlich sollte ein Unternehmen sich in all jenen Bereichen absichern, die für das eigene Kerngeschäft nicht relevant sind. Der Kaffeeröster bei den Kaffeepreisen, und der Exporteur gegen Währungsrisiken. Die Firmen wollen ja mit Produkten Geld verdienen und nicht auf den Finanzmärkten. Auch in der Vermögensverwaltung werden zur Risikoreduktion oft Absicherungsgeschäfte getätigt, seien dies Aktienoptionen, Termingeschäfte, Futures oder Swaps. <wm>10CAsNsjY0MDAx1TU0NzczMwQA3Vto2g8AAAA=</wm> <wm>10CFWMIQ4DMQwEX-Ro146dcwOrY6eC6rjJqbj_R23KCkZLZuc4pjf8uO-Pc39OAt2FY0Rwmlqjz9jQ7LtImIJ6IxiW3PqfLmCGAbUcQQqsCKGLjor0oq5CrTd6e1-vD_yNLih_AAAA</wm> Und bei welcher Art von Finanzanlagen gehört das Hedging unbedingt dazu? Bei Investitionen in Fremdwährungsobligationen sind Währungs- Alex Hinder Bei FremdwährungsInvestitionen ist die Absicherung Pflicht, sagt der Gründer und Chef von Hinder Asset Management. absicherungen unerlässlich. Die meisten grösseren Pensionskassen beispielsweise investieren in ausländische festverzinsliche Anlage nur auf Basis solcher Absicherungen. Studien zeigen, dass höhere Zinsen in der Fremdwährung langfristig die Wechselkursrisiken nicht entschädigen. Die Renditeunterschiede zwischen zwei Währungen werden durch entspre- chende Wechselkursveränderungen wieder ausgeglichen. Das Wechselkursrisiko wird längerfristig nicht durch eine entsprechende Risikoprämie entschädigt. Wann ist Hedging weniger sinnvoll? In einem gut diversifizierten und dem Risikoprofil des Investors angepassten Portfolio macht ein zu häufiges Hedging wenig Sinn. Je nach Marktsituation entwickeln sich die verschiedenen Anlageklassen teilweise gegenläufig. Dank der Risikostreuung werden die Schwankungen des Portfolios gedämpft. Aber wenn man vorübergehend sehr negativ ist, kann Hedging auch bei diversifizierten Portfolios sinnvoll sein. Interview: Leo Hug News aus der Branche ................................................................................................................................................................................................................................................................... Wechsel bei Scoach Simone Kahnt-Eckner, 46, heisst die neue Finanzchefin von Scoach, der in Europa führenden Handelsplattform für strukturierte Produkte. Sie löst Marco Steeg ab, der in neuer Funktion zur Deutschen Börse wechselt. Kahnt-Eckner übernimmt ab 1. November bei Scoach Schweiz in Zürich und bei Scoach Europa in Frankfurt zudem das Amt des Chief Operating Officer (COO), wird also verantwortlich für das Tagesgeschäft. Freunde von «Strukis» Fest etabliert hat sich der Freundeskreis Strukturierte Produkte, kurz «Friends of Strukis», der sich in Zürich regelmässig trifft. Thema des letzten Treffens, an dem NZZaS-Autor Beat Kappeler mitdiskutierte, war die Zinsentwicklung. Der nächste Anlass findet am 27. 11. in Zürich statt. Umteilung auf der Karte Seit dem 5. Oktober findet sich auf der Derivate-Übersicht des Verbands für Strukturierte Produkte (SVSP) mit dem «Constant Leverage Zertifikat» eine neue Kategorie. In diese wurden rund 260 Produkte, bei denen Anleger zusätzliche Risiken durch den Hebelfaktor in Kauf nehmen, umgeteilt. Zugleich sind auf der «Derivative Map» zwei Produkttypen unter einem neuen Titel vereinigt, die «Weiteren HebelZertifikate mit und ohne Knock-out» heissen neu nur noch «Weitere HebelZertifikate». Betroffen sind hiervon etwa 100 Produkte. Neue Regeln für OTC Das Eidgenössische Finanzdepartement soll nach dem Willen des Bundesrates bis zum kommenden Frühjahr eine Vernehmlassungsvorlage zur Regulierung des Over-the-CounterDerivatehandels (OTC) ausarbeiten. Die bestehenden Regelungen seien nicht mehr angemessen und vor allem nicht konform mit den Vorgaben der Gruppe der 20 grössten Industrieländer (G-20), findet der Bundesrat. (dst.)