Grundpraktikum Elektrotechnik Transformator Versuch-Nr.: ET5 Ziel: In diesem Versuch werden die grundsätzlichen Funktionsweisen von einem Einphasen- und einem Dreiphasen-Transformator untersucht. Bemerkung: Für die Versuchsdurchführung ist Millimeterpapier mitzubringen. Für diesen Versuch ist die Arbeitsgruppe Leistungselektronik Prof. Dr.-Ing. Marco Liserre verantwortlich. Sollten Sie Erweiterungs- oder Verbesserungsvorschläge für diesen Versuch haben, so melden Sie sich bitte bei uns. Einige Versuchsteile sollen vor der Versuchsdurchführung – d.h. während der Versuchsvorbereitung – durchgeführt werden. Solche Versuchsteile sind durch eine Markierung, wie sie rechts dargestellt ist, gekennzeichnet. Hinweis: V orbereitungsaufgabe Zu diesem Versuch ist ein Abschluss-Protokoll zu erstellen. rev MM Stand: 25. Oktober 2017 Inhaltsverzeichnis 1 Grundlagen 1.1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.2 Funktion des Transformators . . . . . . . . . 1.3 Definitionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.4 Der ideale Transformator . . . . . . . . . . . 1.5 Der reale Transformator . . . . . . . . . . . . 1.6 Ersatzschaltbild des Transformators . . . . . 1.7 Beschaltungen des Transformators . . . . . . 1.7.1 Leerlaufversuch . . . . . . . . . . . . . 1.7.2 Kurzschlussversuch . . . . . . . . . . . 1.7.3 Parallelschaltung von Transformatoren 1.8 Spartransformatoren . . . . . . . . . . . . . . 1.9 Mehrphasentransformatoren . . . . . . . . . . 1.9.1 Schaltung der Wicklungen . . . . . . . 1.9.2 Unsymmetrische Belastungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 3 3 4 5 6 7 9 9 11 12 12 13 13 16 2 Versuchsdurchführung 2.1 Verwendete Geräte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2 Versuchsablauf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 17 17 3 Abschluss-Protokoll 26 Literaturverzeichnis 27 2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 Grundlagen 1.1 Einleitung Transformatoren finden in der Elektrotechnik vielfältige Anwendungen. In der Energietechnik heißen sie Umspanner und werden z. B. in den Versorgungsnetzen zur Anpassung der Übertragungsan die jeweilige Verbraucher- oder Erzeugerspannung eingesetzt. In der Starkstromtechnik ermöglichen sie hohe Übertragungsspannungen (bis 380 kV) um große Leistungen bei geringen Leitungsverlusten transportieren zu können. Als Übertrager passen sie in der Nachrichtentechnik Verbraucher optimal an eine Quelle an (Impedanzanspassung). Im Bereich der Hochfrequenztechnik dienen sie unter anderem zur Realisierung von selektiven Filtern. Die vielen unterschiedlichen Anwendungsbereiche weisen auf die Bedeutung des Transformators in der Elektrotechnik hin. Der prinzipielle Aufbau und die physikalische Wirkungsweise unterscheiden sich in sämtlichen oben genannten Einsatzbereichen nicht, lediglich Bauform und Ausführungsart sind von der jeweiligen Anwendung abhängig. In diesem Praktikumsversuch soll mit einem Einphasen- und einem Dreiphasentransformator experimentiert werden. Im Mittelpunkt stehen dabei die Bestimmung ihrer Kennwerte und die Ermittlung der Parameter ihrer Ersatzschaltbilder. 1.2 Funktion des Transformators Der Transformator überträgt elektrische Energie über ein elektromagnetisches Wechselfeld von einem System gegebener Spannung in ein System gewünschter Spannung. Der Einphasentransformator koppelt zwei Spannungsebenen eines Einphasensystems. Im Prinzip besteht er aus einem magnetischen Kreis und zwei Wicklungen, der Primär- und der Sekundärwicklung (siehe Abb. 1.1 ). Die Bezeichnungen Primär- und Sekundärwicklung geben die Richtung des Leistungsflusses im Betrieb des Transformators an. Unterscheidet man entsprechend der Spannungen, so spricht man von der Oberspannungs-(OS) und der Unterspannungswicklung (US). Bei Leerlauf der Sekundärklemmen wirkt ein Transformator wie eine Spule mit Eisenkern. Wird die Ausgangswicklung mit einer Impedanz belastet, so fließt ein Sekundärstrom. Er erzeugt eine Durchflutung des magnetischen Kreises. Der Fluss durch den magnetischen Kreis ist aber eindeutig durch die vorgegebene Klemmenspannung der Primärwicklung gegeben, so dass der durch den Sekundärstrom zusätzlich erzeugte Fluss kompensiert werden muss. Die Kompensation erfolgt durch einen zusätzlichen primärseitigen Strom, der sich dem primären Leerlaufstrom überlagert. Für eine eindeutige Interpretation sollen den Spannungen, den Strömen und den magnetischen Flüssen Zählpfeile zugeordnet werden. Entsprechend einer an der Wicklung 1 anliegenden Klemmenspannung ist der Strom durch die Wicklung 1 positiv zu zählen. Ein positiver Strom durch 3 ET5: Transformator Abbildung 1.1: Festlegung der Zählrichtungen Wicklung 2 soll in gleicher Weise magnetisieren, so dass die positive Zählrichtung für den Strom und somit auch die Klemmenspannung der Wicklung 2 festgelegt sind. Neben den Zählpfeilen für die Ströme ist der Wicklungssinn der beiden Wicklungen von Bedeutung. Er wird im Schaltbild durch einen Punkt gekennzeichnet. 1.3 Definitionen Die wichtigsten Begriffe zur Beschreibung der Eigenschaften eines Transformators seien hier vorweg erläutert. Es wird zwischen Bemessungswerten und Nennbetrieb unterschieden. Begriff Parameter Definition Bemessungswerte Werte, für die der Transformator ausgelegt ist Nennbetrieb Betrieb mit Nennprimärspannung U1N , Nennfrequenz fN , Nennsekundärstrom I2N und der Betriebsart laut Leistungsschild Bemessungsprimärspannung U1B Spannung, für die der Transformator ausgelegt ist Bemessungssekundärspannung U2B Leerlaufspannung an der Sekundärwicklung bei primärer Speisung mit U1B Bemessungsprimärstrom I1B I1B = I2B · (U2B /U1B ) = I2B /ü Bemessungssekundärstrom I2B Volllaststrom, für den die Sekundärwicklung ausgelegt ist Bemessungsleistung P2B Leistung, für die der Transformator ausgelegt ist Nennprimärspannung U1N Spannung, die im Normalbetrieb vorliegt 4 ET5: Transformator Begriff Parameter Definition Bemessungsfrequenz fB Frequenz, für die der Transformator gebaut ist Nennsekundärspannung U2N Leerlaufspannung an der Sekundärwicklung bei primärer Speisung mit Nennspannung U1N Übersetzung ü ü = U1N /U2N das Verhältnis der Nennprimärspannung zur Nennsekundärspannung Nennsekundärstrom I2N Vollaststrom auf der Sekundärseite im Nennbetrieb Nennprimärstrom I1N I1N = I2N · (U2N /U1N ) = I2N /ü Nennleistung P2N P2N = U2N · I2N · cos ϕ2N die bei Nennbetrieb abgegebene Wirkleistung cos ϕ2N Leistungsfaktor fN Frequenz im Nennbetrieb Nennfrequenz 1.4 Der ideale Transformator Um den Transformator bzgl. seines Strom- und Spannungsverhaltens zu beschreiben, ist es zunächst am einfachsten, sein Verhalten stark zu idealisieren. Das Modell des idealen Transformators beinhaltet folgende Annahmen: a) Die Trafowicklungen weisen keine ohmschen Verluste auf, d.h., die elektrische Leitfähigkeit des Wicklungsmaterials ist gleich unendlich (R1 = 0). b) Die Induktion ist außerhalb des magnetischen Kreises gleich Null (µLuft = 0), so dass kein Streufluss auftritt. Beide Wicklungen werden also vom gleichen Fluss Φh durchsetzt. c) Die Permeabilität des magnetischen Kreises ist unendlich groß (µFe = ∞). Daher gilt für jeden Integrationsweg der innerhalb des magnetischen Kreises verläuft I ~ Fe · d~s = 0 . H (1.1) Da die Streuung vernachlässigt wird, lautet das Durchflutungsgesetz: I 1 w1 + I 2 w2 = 0 . (1.2) Hierbei geben die Parameter w1 und w2 die Anzahl der Wicklungen auf der Primär- und Sekundärseite an. 5 ET5: Transformator Aus dem Durchflutungsgesetz und dem Induktionsgesetz ergeben sich folgende Beziehungen für den idealen Transformator: Spannungstransformation: U1 w1 = , U2 w2 ϕU1 = ϕU2 +π (1.3) w2 I1 = , I2 w1 ϕi1 = ϕi2 + π (1.4) Der Sekundärstrom verfügt folglich über einen bezüglich des Primärstroms entgegengesetzten Richtungssinn. 1.5 Der reale Transformator Die realen Eigenschaften der Werkstoffe des Transformators verursachen Abweichungen von dem Betriebsverhalten eines idealen Transformators. Die Verluste des Leistungsflusses von Primärzur Sekundärwicklung werden durch eine vorhandene Hysterese (Ummagnetisierungsverluste), durch die Wirbelströme im magnetischen Kern und durch die endlichen Wicklungswiderstände bewirkt. Um eine geschlossene analytische Betrachtung des Transformators zu erhalten, müssen allerdings einige Näherungen vorgenommen werden. Hierzu werden eine endliche und konstante Permeabilität und eine sehr geringe elektrische Leitfähigkeit des magnetischen Werkstoffs angenommen. Der Transformator dieses Modells besitzt daher keine Ummagnetisierungsverluste und kann durch eine lineare Theorie beschrieben werden. Der in der einen Wicklung erzeugte magnetische Fluss wird nicht vollständig durch die zweite Wicklung geführt, sondern unterteilt sich in einen Hauptfluss, der beide Wicklungen durchsetzt, einen Streufluss, der nur mit der Primärwicklung verkettet ist, und einen Streufluss, der nur mit der Sekundärwicklung verkettet ist (Abb. 1.2). Abbildung 1.2: Schema eines Transformators • Φ1σ : Streufluss der Wicklung 1 (nur mit Wicklung 1 verkettet) • Φ2σ : Streufluss der Wicklung 2 (nur mit Wicklung 2 verkettet) • Φh : Hauptfluss (mit beiden Wicklungen verkettet) 6 ET5: Transformator Die erste Wicklung wird daher von dem Gesamtfluss Φ1 = Φh + Φ1σ durchsetzt, die zweite Wicklung umfasst den Gesamtfluss Φ2 = Φh + Φ2σ . Aus den magnetischen Flüssen erhält man die Flussverkettungen der beiden Spulen: Ψ1 = w1 Φ1 = w1 Φh + w1 Φ1σ = Ψ1h + Ψ1σ (1.5) Ψ2 = w2 Φ2 = w2 Φh + w2 Φ2σ = Ψ2h + Ψ2σ (1.6) 1.6 Ersatzschaltbild des Transformators Der reale Transformator aus Abb. 1.2 kann also durch folgendes Ersatzschaltbild aus Abb. 1.3 beschrieben werden. Die Punkte an den Induktivitäten geben den jeweiligen Wicklungssinn der Wicklung an. Sind beide Punkte oben angeordnet, dann haben Primär- und Sekundärwicklung denselben Wicklungssinn bzgl. der Richtung des magnetischen Flusses. Abbildung 1.3: Ersatzschaltbild Wegen der vorausgesetzten linearen magnetischen Verhältnisse bestehen lineare Beziehungen zwischen den Flussverkettungen und den Strömen. Mit der Gegeninduktivität (bezieht sich auf “gegenseitig”) M zwischen den Wicklungen 1 und 2 und ihren Selbstinduktivitäten L1 und L2 ergibt sich: Ψ1 = L1 i1 + M i2 , (1.7) Ψ2 = L2 i2 + M i1 . (1.8) Aus den Gleichungen für die Spannungen lässt sich ein weiteres Ersatzschaltbild des Transformators ableiten, in dem die ohmschen Widerstände der Wicklungen und die Streuinduktivitäten neben der Hauptinduktivität berücksichtigt sind. 7 ET5: Transformator Aus der Anwendung des Induktionsgesetzes ergeben sich die elektrischen Maschengleichungen: u1 = R1 i1 + dΨ1 di1 di2 = R1 i1 + L1 +M dt dt dt (1.9) u2 = R2 i2 + dΨ2 di2 di1 = R2 i2 + L2 +M dt dt dt (1.10) Diese Form der Spannungsgleichungen weist zwei Nachteile auf. Als Erstes ergeben sich bei dem vollständigen Zeigerbild aller Ströme und Spannungen Darstellungsschwierigkeiten, da sich diese Größen in ihren Beträgen stark unterscheiden können. Als weiterer Nachteil erweist sich, dass in den Spannungsgleichungen keine Größen enthalten sind, die die realen Eigenschaften eines Transformators wie z. B. die Streuinduktivitäten, die Eisenverluste und den Magnetisierungsstrom beschreiben. Mit der Einführung dieser Netzwerkgrößen ist es sogar möglich, ein Ersatzschaltbild aufzustellen, das neben Widerständen und Induktivitäten einen idealen Transformator enthält. Dieses Ersatzschaltbild wird oft in der Nachrichtentechnik verwendet. Für eine bessere Darstellungsform werden daher die Größen der Sekundärseite auf die Primärseite transformiert. Die transformierten Größen sind im Folgenden mit einem Strich gekennzeichnet. w1 · u2 = ü · u2 w2 (1.11) i02 = w2 i2 · i2 = w1 ü (1.12) w1 w2 2 w1 w2 2 u02 = L02 R20 = = · L2 = ü2 · L2 (1.13) · R2 = ü2 · R2 (1.14) Der Summenstrom iµ wird als der Magnetisierungsstrom bezeichnet. iµ = i1 + i02 (1.15) Mit den Definitionen L1σ = L1 − ü · M, L1h = ü · M und L02σ = ü2 · L2σ = ü2 · L2 − ü · M , lauten die Spannungsgleichungen folgendermaßen: u1 = R1 i1 + L1σ diµ di1 + L1h dt dt (1.16) u02 = R20 i02 + L02σ diµ di02 + L1h dt dt (1.17) 8 ET5: Transformator Aus den Gleichungen (1.15), (1.16) und (1.17) folgt das in Abb. 1.4 gezeigte Ersatzschaltbild mit den auf die Primärseite bezogenen (transformierten) Größen. Abbildung 1.4: Ersatzschaltbild mit transformierten Größen. Bei rein sinusförmigen Vorgängen können die zeitvariablen Größen durch komplexe Zeiger ersetzt werden: U 1 = R1 I 1 + jωL1σ I 1 + jωL1h I µ (1.18) U 02 = R20 I 02 + jωL02σ I 02 + jωL1h I µ (1.19) In der Praxis sind einem Transformator aber immer eine endliche Permeabilität und ein nichtlinearer Zusammenhang zwischen der Induktion und der magnetischen Feldstärke in Form einer Hystereseschleife zuzuordnen. Bei einer starren primären Spannung erhält man unter der Vernachlässigung der Spannungsabfälle über R1 und L1σ mit Hilfe des Induktionsgesetzes einen sinusförmigen Verlauf für den magnetischen Fluss. Zur Erzeugung eines sinusförmigen Flusses ist aufgrund der nichtlinearen Beziehung Φ = f (θ) eine nichtsinusförmige Magnetisierungsdurchflutung nötig. Zur Berücksichtigung der Eisenverluste kann parallel zur Hauptinduktivität L1h noch ein Ersatzwiderstand RFe eingeführt werden. Ein Ersatzschaltbild, das die Eisenverluste berücksichtigt, zeigt Abb.1.5. 1.7 Beschaltungen des Transformators Ein Transformator wird durch seine Kenngrößen charakterisiert. Die Kenngrößen können experimentell durch Kurzschluss- und Leerlaufmessungen ermittelt werden. 1.7.1 Leerlaufversuch 9 ET5: Transformator Abbildung 1.5: Ersatzschaltbild mit Ersatzwiderstand für die Eisenverluste. Mit dem Leerlaufversuch kann z. B. die Hauptinduktivität ermittelt werden. Dafür wird der Transformator auf der Primärseite mit variabler Spannung B erechnung der Kenngrößen. gespeist und die Sekundärseite im Leerlauf geführt. Primärseitig werden der Leerlaufstrom und die aufgenommene Wirkleistung für den Betriebspunkt gemessen, bei dem an der Primärwicklung Nennspannung anliegt. Wegen der allgemein gültigen Verhältnisse L1h L1σ und RFe R1 vereinfacht sich das Ersatzschaltbild bei Messungen mit sekundärseitigem Leerlauf gemäß Abb. 1.6: Lernziel: Abbildung 1.6: Vereinfachtes Ersatzschaltbild für den Leerlauf. Bei primärer Nennspannung U1N werden die Leistung P10 und der Strom I10 gemessen und es lassen sich mit dem Leitwert: I 10 I 1 1 = 10 = Y 0 = + , Y0 = |Y 0 | U 10 U 1N RFe jX1h (1.20) RFe und X1h bestimmen zu: GFe = 1 P10 P10 = 2 = 2 RFe U10 U1N 10 (1.21) ET5: Transformator 1 X1h = q Y02 − G2Fe (1.22) 1.7.2 Kurzschlussversuch Mit dem Kurzschlussversuch ist es möglich, die Summe der Längswiderstände und der Streuinduktivitäten zu bestimmen. Hierzu wird der Transformator auf der Primärseite mit variabler Spannung U1 betrieben, während die Sekundärwicklung kurzgeschlossen ist. Die Primärspannung wird so eingestellt, dass primär Nennstrom I1N fließt. Ein größerer Strom kann den Transformator zerstören. Außer der Spannung U1 sind der Primärstrom I1k und die aufgenommene Wirkleistung P1k zu messen. Allgemein ist nur der Betriebspunkt von Interesse, bei dem in der Primärwicklung Nennstrom fließt. Für diesen Versuch vereinfacht sich das Ersatzschaltbild wegen L1h L02σ und RFe R20 zu Abb. 1.7. Abbildung 1.7: Vereinfachtes Ersatzschaltbild für den Kurzschluss. U 1 = U 1k = R1 + R20 + jω · (L1σ + L2σ ) I 1N (1.23) Die Kurzschlussimpedanz ist definiert als Z k = R1 + jωL1σ + R20 + jωL02σ = Rk + jωLk (1.24) Aus den Messergebnissen des Kurzschlussversuches ergeben sich Rk und Zk : Rk = P1k P1k = 2 2 I1k I1N (1.25) Zk = U1k U1k = I1k I1N (1.26) q Xk = Zk2 − Rk2 (1.27) Die relativen Größen der Spannungen im Kurzschlussversuch ermöglichen einen Vergleich von Transformatoren verschiedener Leistungen. 11 ET5: Transformator uk = Rk · I1N Lk · I1N U 1k = + jω = uR + jux U1N U1N U1N (1.28) 1.7.3 Parallelschaltung von Transformatoren Für die Erweiterung bestehender Anlagen hat der Parallelbetrieb von Transformatoren eine große praktische Bedeutung. Liegen zwei Transformatoren mit ihrer Primärseite auf dem gleichen starren Netz der Spannung U , dann können sie unter den folgenden Bedingungen parallel betrieben werden. 1. Es müssen die beiden parallel zu schaltenden Transformatoren das gleiche Übersetzungsverhältnis haben, um Ausgleichsströme aufgrund von Spannungsdifferenzen zu vermeiden. Ihre Nennleistungen dürfen jedoch voneinander abweichen. 2. Es müssen ihre Kurzschlussspannungen gleich sein, um eine den Nennleistungen entsprechende Lastaufteilung zu erreichen. 1.8 Spartransformatoren Im Gegensatz zu einem Transformator mit galvanisch getrennten Wicklungen wird bei einem Spartransformator (siehe Abb. 1.8) nur ein Teil der Leistung induktiv und der andere Teil der Leistung galvanisch übertragen. Anstelle von zwei getrennten Wicklungen benötigt man nur eine Wicklungsausführung mit einem Mittelabgriff. Somit besteht der Transformator aus zwei in Reihe geschalteten Wicklungsteilen. Abbildung 1.8: Spartransformator. Da bei dem Spartransformator die Primär- und Sekundärseite galvanisch verbunden sind, kann bei Störungen, z. B. bei einer Unterbrechung der gemeinsamen Wicklung, die Oberspannung in das Unterspannungsnetz eindringen. Der Anwendungsbereich ist daher aus Sicherheitsgründen begrenzt. Spartransformatoren mit veränderbarem Abgriff werden Stelltransformatoren genannt. 12 ET5: Transformator 1.9 Mehrphasentransformatoren Die Erzeugung und Verteilung elektrischer Energie erfolgt zum überwiegenden Teil über Mehrphasen-, speziell Dreiphasennetze. Wie jedes Schaltungselement eines Dreiphasensystems kann der Dreiphasentransformator aus Schaltungselementen des Einphasensystems aufgebaut werden. Eine solche Anordnung wird Transformatorenbank genannt. Die drei Einphasentransformatoren lassen sich zu einer Einheit vereinigen. Verlaufen die magnetischen Flüsse bei diesem Aufbau in getrennten magnetischen Kreisen, sodass es zu keiner magnetischen Kopplung kommt, so spricht man von einem Transformator mit freiem magnetischen Rückschluss. Die Summe der magnetischen Flüsse eines Transformators solcher Bauart ist im symmetrischen Betrieb gleich Null. Die Hauptbauformen des Dreiphasentransformators sind der DreiphasenKerntransformator, der Dreiphasen-Manteltransformator und der Fünfschenkeltransformator, von denen die beiden letzten Bauformen einen freien magnetischen Rückschluss aufweisen (siehe Abb. 1.9). Abbildung 1.9: a) Dreiphasen-Kerntransformator, b) Dreiphasen-Manteltransformator und c) Fünfschenkeltransformator. Arbeitet der Dreiphasen-Kerntransformator in einem symmetrischen Dreiphasensystem und wird symmetrisch belastet, so bilden die Flüsse der wicklungstragenden Schenkel ein symmetrisches Dreiphasensystem. Die Summe der drei Flüsse verschwindet somit. 1.9.1 Schaltung der Wicklungen Das Zusammenschalten der Wicklungen kann als Stern, im Dreieck oder im Zick-Zack erfolgen. Bei der Zick-Zack-Schaltung ist jede Wicklung unterteilt und die Hälften der Wicklungen liegen auf unterschiedlichen Schenkeln. Daraus ergibt sich der Vorteil, dass sich bei unsymmetrischen Belastungen die Belastung auf zwei Schenkel verteilt. Die Spannungen zwischen einem Außenleiter und dem Sternpunkt heißen Sternspannungen. Die Spannungen, die zwischen zwei 13 ET5: Transformator Außenleitern eines Dreiphasensystems bestehen, werden Außenleiterspannungen genannt. Die Wicklungsstränge können primär und sekundär gleichartig oder unterschiedlich verschaltet sein. Die Tabelle in Abb. 1.10 zeigt eine Übersicht der verschiedenen Kombinationen. Die Kennbuchstaben Y, D und Z bezeichnen Stern-, Dreieck- und Zick-Zack-Schaltung auf der Primärseite und y, d und z die entsprechenden Verschaltungen auf der Sekundärseite. Der herausgeführte Sternpunkt wird in diesem Versuch aus Übersichtsgründen mit Mp bzw. mp bezeichnet. Diese Bezeichnung ist die veraltete Schreibweise, nach aktueller DIN-Norm wird N bzw. n verwendet. Die Schaltgruppen werden außerdem durch eine Kennzahl klassifiziert, die angibt, um welches Vielfache von 30◦ die Unterspannung der Oberspannung gleicher Klemmenbezeichnung in der Phase nacheilt. 14 ET5: Transformator Abbildung 1.10: Übersicht der Schaltungen. 15 ET5: Transformator 1.9.2 Unsymmetrische Belastungen Ist der Dreiphasentransformator primärseitig an ein starres symmetrisches Netz angeschlossen, so können durch einphasige Verbraucher auf der Sekundärseite unsymmetrische Belastungen auftreten. Als Beispiel sei eine Bank aus drei Einphasen-Kerntransformatoren primär- und sekundärseitig als Stern verschaltet und nur ein Außenleiter belastet. Diese Anordnung stellt drei magnetische Kreise mit freiem Rückschluss dar. Fließt durch den Zweipol, der den Strang u-x belastet, ein Strom, müssen auch auf der Primärseite in den Strängen Ströme fließen. Da P nicht mit dem netzseitigen Neutralleiter verbunden ist, kann der Strom im Strang U-X nur über die Stränge V-Y und W-Z abfließen und wirkt hier wie ein Magnetisierungsstrom. Bei einem symmetrischen Aufbau der Transformatorbank und bei einem nahezu linearen Verhalten des belasteten Einphasentransformators sind die Ströme durch die Stränge V-Y und W-Z gleich groß und verursachen daher den gleichen Spannungsabfall über den beiden Wicklungen. Die magnetischen Flüsse in den beiden Eisenkernen, deren Sekundärwicklungen nicht belastet sind, hängen also von der Belastung durch Z ab. Die Wicklungen wirken wie zwei Drosseln in der Schaltung aus Abb. 1.11 und erzeugen Änderungen der primären Strangspannungen. Zwischen dem isolierten Sternpunkt und dem gedachten Neutralleiter liegt eine Spannung ∆U an. Bei einem magnetischen Kreis ohne freien Rückschluss (z. B. bei einem Dreiphasen-Kerntransformator) schließen sich die Flüsse im Falle unsymmetrischer Belastung zum Teil außerhalb des magnetischen Kreises. Die Summe der Flüsse der einzelnen Schenkel ist in diesem Fall ungleich Null. Die Differenzspannung nimmt in diesem Fall sehr viel kleinere Werte an. Die Störung der Symmetrie der primären Strangspannungen ist im Gegensatz zu einem Kreis mit freiem magnetischen Rückschluss klein. Der Fluss kann sich aber auch teilweise über ferromagnetische Konstruktionsteile (z. B. Kesselwand) schließen und in ihnen Verluste hervorrufen. Mit Transformatoren in der Yy-Schaltung und ohne freien magnetischen Rückschluss sollte deshalb nur 10% ihrer Nennleistung einsträngig übertragen werden. Abbildung 1.11: Unsymmetrische Belastung einer Transformatorbank. 16 2 Versuchsdurchführung Hinweis: Nur bei ausgeschaltetem Netz darf eine Schaltung auf- bzw. umgebaut werden. Bevor die Spannung eingeschaltet wird, muss die Schaltung von einer Betreuerin oder einem Betreuer abgenommen werden. Für die Auswertung im Versuch ist Millimeterpapier zu benutzen. 2.1 Verwendete Geräte 3 Transformatoren 2 Leistungsmessgeräte 1 Schiebewiderstand 3 Multimeter 2.2 Versuchsablauf Hinweis: Für die Versuchsteile b, c und d sollen im Abschlussprotokoll Zeigerdiagramme erstellt werden (siehe Kapitel 3). a) Bestimmen Sie die Wicklungswiderstände der Primär- und auch der Sekundärwicklung des Transformators mit einem Multimeter. Ergebnisse und Antworten b) Der Einphasentransformator wird sekundärseitig im Leerlauf betrieben (siehe Abb. 2.1 und Abb. 2.2). Der Strom I10 , die Spannung U20 und die Leistung P10 sind in Abhängigkeit von U10 im Bereich von 0, 3 · U1N ≤ U10 ≤ U1N zu messen. Beachten Sie die Angaben auf dem Typenschild des Transformators. Benutzen Sie das Leistungsmessgerät „Wattavi k“ von ELIMA! Wählen Sie die Messpunkte hierbei in einem Abstand von 10 V. Achten Sie auf die stromrichtige Kontaktierung des Messgerätes. Tragen Sie Ihre Messergebnisse in Tabelle 2.1 ein. Die gemessenen Größen sind außerdem in Abb. 2.3 als Funktion von U10 grafisch darzustellen. 17 ET5: Transformator Abbildung 2.1: Schaltung zur Leerlaufmessung. Abbildung 2.2: Schaltung zur Leerlaufmessung. 18 ET5: Transformator U10 in V I10 in mA U20 in V P10 in W RFe in kΩ L1h in mH Tabelle 2.1: Messergebnisse der Leerlaufmessung Geben Sie die Formeln für den Ersatzwiderstand RFe und die Hauptinduktivität L1h im Leerlaufversuch an. Platzhalter fuer Vorbereitungsaufgabe Platzhalter fuer Vorbereitungsaufgabe Platzhalter fuer Vorbereitungsaufgabe Platzhalter fuer Vorbereitungsaufgabe Ergebnisse und Antworten Hinweis: V orbereitungsaufgabe Bestimmen Sie die Werte des Ersatzwiderstandes RFe und der Induktivität L1h für den Bereich von 0, 3 · U1N ≤ U10 ≤ U1N . Tragen Sie Ihre Ergebnisse in Tabelle 2.1 ein und stellen Sie Ihre Ergebnisse in Abb. 2.4 grafisch dar. 19 ET5: Transformator Abbildung 2.3: I10 , U20 und P10 als Funktion von U10 im Leerlauffall. Abbildung 2.4: RFe und L1h als Funktion von U10 im Leerlauffall. 20 ET5: Transformator c) Der Einphasentransformator ist sekundärseitig kurzzuschließen (siehe Abb. 2.5 und Abb. 2.6). Der Strom I1k und die Leistung P1k sind in Abhängigkeit von der primären Kurzschlussspannung zu messen. Benutzen Sie das Leistungsmessgerät "HEWa" von GANZ im Messbereich 2, 5 A/12 V! Stellen Sie den Spartransformator für die Kurzschlussmessung so ein, dass seine Ausgangsspannung 15 - 20 V beträgt. Mit dem Schiebewiderstand R1 kann eine Feineinstellung des Stromes durchgeführt werden. Es ist darauf zu achten, dass der Kurzschlussstrom I1k den primären Nennstrom nicht übersteigt. Bei der Leistungsmessung darf der Strompfad des Leistungsmessers nicht überlastet werden! Tragen Sie Ihre Messergebnisse in Tabelle 2.2 ein. Stellen Sie in Abb. 2.7 die Größen I1k und P1k abhängig von U1k dar. U1k in V I1k in mA P1k in W Rk in Ω Lk in mH Tabelle 2.2: Messergebnisse der Kurzschlussmessung 21 ET5: Transformator Abbildung 2.5: Schaltung zur Kurzschlussmessung. Abbildung 2.6: Schaltung zur Kurzschlussmessung. 22 ET5: Transformator Abbildung 2.7: I1k und P1k in Abhängigkeit von U1k im Kurzschlussfall. Abbildung 2.8: Rk und Lk in Abhängigkeit von U1k im Kurzschlussfall. 23 ET5: Transformator Hinweis: V orbereitungsaufgabe Geben Sie die Formeln für den Widerstand Rk und die Induktivität Lk im Kurzschlussversuch an. Platzhalter Platzhalter Ergebnisse und Antworten Ermitteln Sie für alle Messpunkte den Widerstand Rk und die Induktivität Lk . Tragen Sie Ihre Ergebnisse in Tabelle 2.2 ein Stellen Sie in Abb. 2.8 Rk und Lk als Funktion von U1k graphisch dar. d) Bauen Sie mit drei Einphasentransformatoren einen Dreiphasentransformator in der YySchaltung auf. Achten Sie dabei unbedingt auf die farbige Kennzeichnung der Buchsen. Erhöhen Sie die Spannungen zwischen Nullleiter und Phasenleiter des Netzes auf 110 V und messen Sie die Potenzialdifferenz zwischen dem primären isolierten Sternpunkt und dem Neutralleiter des Netzes mit einem Multimeter. Interpretieren Sie das Messergebnis für den Effektivwert der Spannung, die zwischen diesen Punkten anliegt. Ergebnisse und Antworten Der Dreiphasentransformator soll nun in der Yy-Schaltung sekundärseitig zwischen einem Außenleiter und dem Mittelpunktleiter einseitig mit zwei parallel geschalteten 100 WGlühbirnen belastet werden. Bei diesem Versuchsaufbau sind neben den Strömen in den primären Strängen und im sekundären Stromkreis auch die Stern- und Außenleiterspannungen auf beiden Transformatorseiten zu bestimmen. Tragen Sie Ihre Messergebnisse in Tabelle 2.3 ein. 24 ET5: Transformator Messgrößen am Punkt U Messgrößen am Punkt V Messgrößen am Punkt W I1U = I1V = I1W = I2U = I2V = I2W = U1U = U1V = U1W = U2U = U2V = U2W = U1,U−V = U1,V−W = U1,W−U = U2,U−V = U2,V−W = U2,W−U = Tabelle 2.3: Messergebnisse für den Dreiphasentransformator. Warum sollten die Netzspannungen nicht größer als 110 V gewählt werden? Ergebnisse und Antworten 25 3 Abschluss-Protokoll Hinweis: Das anzufertigende Abschluss-Protokoll beinhaltet neben einer Liste der verwendeten Geräte auch eine Beschreibung des durchgeführten Versuchs sowie des Versuchsaufbaus. Die Beschreibung soll einem außenstehenden Leser das Vorgehen während des Experiments aufzeigen und die Möglichkeit der Reproduktion bieten. Des Weiteren ist darauf zu achten, dass Messergebnisse und Zeichnungen/Diagramme vollstÃďndig beschrieben und diskutiert werden müssen. Im Mittelpunkt der Diskussion steht das Herausstellen von Ergebnissen, die aus den Messwerten und/oder den Diagrammen abgeleitet werden können. Das Abschluss-Protokoll ist wie folgt zu ergänzen: 1. Zeigerbild für den Leerlauffall und dessen Diskussion 2. Zeigerbild für den Kurzschlussfall und dessen Diskussion 3. Zeigerbild, das die für den Dreiphasentransformator experimentell ermittelten Spannungen enthält, und dessen Diskussion Die Zeigerdiagramme sind auf Millimeter-Papier zu zeichnen. Verwenden Sie für die Zeigerdiagramme ein Koordinatenkreuz wie in der nachfolgenden Abb. 3.1 dargestellt. Die Realteilachse zeigt nach oben, die Imaginärteilachse nach links. Re Im Abbildung 3.1: Richtung von Real- und Imaginärteilachse für die Zeigerdiagramme. 26 Literaturverzeichnis [1] Moeller, K.: Grundgebiete der Elektrotechnik III [2] Ameling, W.: Grundlagen der Elektrotechnik II, Vieweg Verlag [3] Philippow, E.: Grundlagen der Elektrotechnik, Hüthig Verlag [4] Frohne, H.: Einführung in die Elektrotechnik, Teubner Verlag [5] Peier, D.: Einführung in die elektrische Energietechnik, Hüthig Verlag, Heidelberg [6] Müller, G.: Elektrische Maschinen: Grundlagen, Aufbau und Wirkungsweise, VEB Verlag Technik, Berlin [7] Küpfmüller, K.: Einführung in die Theoretische Elektrotechnik, Springer-Verlag [8] Moeller, F. / Vaske, P.: Elektrische Maschinen und Umformer 1, Teubner Verlag [9] Seinsch, H.O.: Grundlagen elektrischer Maschinen und Antriebe, Teubner Verlag 27