Beta-Blocker bei Myokardinfarkt – Wann und bei welchen Patienten?

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Beta-Blocker bei Myokardinfarkt – Wann und bei welchen
Patienten?
Frage:
Wie hoch ist die Sterblichkeit nach Myokardinfarkten bei umgehender β-Blockade verglichen
mit einer β-Blockade nach 24 Stunden.
Hintergrund:
β-Blocker verbessern die Prognose bei Herzinfarkten erwiesenermassen. Kontrovers ist
allerdings der Behandlungsbeginn. Für eine frühe Behandlung spricht die frühzeitige Reduktion
des myokardialen Sauerstoffverbrauchs mit der Absicht die Nekroseausbreitung zu vermindern.
Gleichzeitig vermindern β-Blocker jedoch auch die Kontraktionsfähigkeit des Herzens, sowie
die Herzfrequenz, was negative hämodynamische Auswirkungen befürchten lässt.
Einschlusskriterien:
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Patienten mit einem ST-Hebungsinfarkt (STEMI) entsprechend den Kriterien der American
Heart Association
Ausschlusskriterien:
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Patienten, die keinen β-Blocker erhalten hatten, oder einen β-Blocker im Zeitraum
zwischen 30 Minuten bis 24 Stunden nach Diagnosestellung erhalten hatten.
Studiendesign und Methode:
Nicht randomisierte prospektive Beobachtungsstudie während Juni 2006 bis Dezember 2010.
Alle Patienten mit STEMI wurden nach dem gleichen Protokoll behandelt mit Aspirin,
Clopidogrel, Bivalirudin, sowie perkutaner Koronarintervention (PCI) und ggf. Thrombolyse.
Eine umgehende β-Blockade war durch das Protokoll empfohlen falls keine Kontraindikationen
vorhanden waren (systolischer Blutdruck <100mmHg, Herzfrequenz <60/min, AV-block II°
oder III°, klinische Zeichen der Herzinsuffizienz).
Studienort:
Niederösterreich
Interventionen:
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Behandlung mit 2.5mg Bisoprolol innerhalb von 30 Minuten nach der Diagnosestellung
mittels EKG (umgehende β-Blockade)
Behandlung mit 2.5mg Bisoprolol 24 Stunden oder länger nach Diagnosestellung
(verzögerte β-Blockade)
Outcome:
Primärer Outcome
• Gesamtmortalität bei Patienten mit umgehender β-Blockade versus Patienten mit
verzögerter β-Blockade
Sekundäre Outcomes
• Kardiovaskulär bedingte Todesfälle innerhalb 30 Tage und 1 Jahr nach dem Myokardinfarkt
• Effekt von β-Blocker bei über 70-jährigen Patienten
• Effekt von β-Blocker bei Patienten mit einem erhöhten Schock-Risiko (>70 Jahre alt,
Symptome seit >12 Stunden, systolischer Blutdruck <120mmHg, Herzfrequenz >110/min)
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Häufigkeit von schwerer Herzinsuffizienz, kardiogenem Schock, interventionsbedürftigen
Bradyarrhythmien oder kardiopulmonaler Reanimation innerhalb von 24 Stunden nach
Myokardinfarkt
Resultat:
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664 Patienten mit STEMI wurden analysiert. 52% erhielten umgehend einen β-Blocker,
45% verzögert. 21 Patienten wurden ausgeschlossen, da sie keinen β-Blocker erhalten
hatten und 17, da sie einen β-Blocker zwischen 30 Minuten und 24 Stunden erhalten
hatten.
Patienten die umgehend mit β-Blockern behandelt wurden waren signifikant jünger und
hatten signifikant höhere Herzfrequenzen und Blutdrücke.
Patienten wurden im Mittel während 31 Monaten in der Studie verfolgt. Die gesamte
Mortalität während der Studiendauer betrug in der Gruppe mit umgehender Behandlung
10.7% versus 19.2% in der Gruppe mit verzögerter Behandlung.
Innerhalb des ersten Monats nach Myokardinfarkt zeigte sich bei umgehender Behandlung
eine kardiovaskuläre Sterblichkeit von 0.9% versus 4.3% bei verzögerter Behandlung. Nach
einem Jahr betrugen die Raten 1.9% versus 8.1%. Diese Unterschiede zugunsten der
umgehenden β-Blockade waren statistisch hoch signifikant.
In den Untergruppen von Patienten mit erhöhtem Schock-Risiko, sowie den über 70jährigen Patienten war die umgehende β-Blockade nicht mit einer signifikant erhöhten
Mortalität assoziiert.
Schwere Herzinsuffizienz, kardiogener Schock und Kammerflimmern traten in beiden
Gruppen gleich häufig auf, Hypotension und Bradykardien waren bei verzögerter βBlockade signifikant häufiger.
Kommentar:
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Es ist zu bedenken, dass es sich um Resultate einer Beobachtungsstudie handelt.
Die Einteilung der Patienten auf die unterschiedlichen Interventionen erfolgte nicht
randomisiert, sondern entsprechend der Einschätzung der Ärzte. In den BaselineCharakteristika zeigt sich denn auch, dass sich die Gruppen signifikant voneinander
unterscheiden: Jüngere Patienten und solche mit höherem Blutdruck und Puls erhielten
häufiger eine umgehende β-Blocker Behandlung. Es hat somit eine Auswahl stattgefunden,
möglicherweise wurden Patienten, die a priori eine bessere Prognose hatten eher in die
Gruppe der umgehenden β-Blocker Behandlung eingeteilt. Der Unterschied zwischen den
Gruppen ist somit nicht sicher auf den Zeitpunkt der β-Blocker Gabe zurückzuführen.
Eine umgehende β-Blocker Behandlung verbessert die Prognose vermutlich nicht bei allen
STEMI Patienten gleichermassen. Dass insbesondere Patienten mit höherem Blutdruck und
Puls eher einen β-Blocker erhalten und eher eine bessere Prognose haben scheint nicht
überraschend. Interessant ist jedoch, dass die Studie zwei Gruppen mit stark
unterschiedlicher Mortalität identifiziert. Der tatsächliche Einfluss der frühen β-Blockade
müsste jedoch in einer randomisierten Studie untersucht werden.
Literatur:
Hirschl MM, Wollmann CG, Erhart F, et al. Benefit of Immediate Beta-Blocker Therapy on
Mortality in Patients With ST-Segment Elevation Myocardial Infarction. Crit Care Med. Mar
2013
Verfasser:
Stefan Markun
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