Wissenswertes über Herz, Gefässe und Lunge

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UniversitätsSpital Zürich
Wissenswertes über Herz,
Gefässe und Lunge
Ein Team von
Spezialisten –
ein Ziel
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Zurück im
Leben –
Porträt eines
Geretteten
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sich ein Bild»
Sehr geehrte Leserin, sehr geehrter Leser
Inhaltsübersicht
Lungenerkrankungen behandeln
03
Lungenkrank: Porträt einer Patientin
05
Herzerkrankungen erkennen
06
Herzstillstand: Porträt eines Geretteten
08
Aortenerkrankungen kurieren
09
Verschlossene Gefässe öffnen
10
Gefässverschluss: Porträt eines Patienten
11
Professionelle Pflege
12
Herzinfarkt: Lebensstil ändern
13
Herz, Gefässe, Lunge: fünf Kliniken
14
Milena Moser: Mit dem Herzen atmen
16
Ob defekte Herzklappen, Lungenkrebs oder erweiterte Schlagadern – immer mehr Schweizerinnen
und Schweizer sind von Krankheiten an Herz, Gefässen oder Lunge betroffen. Grund dafür ist
zu einem guten Teil unsere hohe Lebenserwartung und damit einhergehend eine natürliche,
altersbedingte Abnützung der Organe. Ein stressiger Alltag, zu wenig Bewegung und Ausgleich
oder ein ungesundes Essverhalten können zudem manche Krankheit auslösen. Damit Betroffene
nach einer Erkrankung oder Operation wieder gesund werden oder allenfalls mit Einschränkungen leben lernen, ist nicht nur jeder Patient gefordert, sondern auch die Ärzte und Pflegenden
im UniversitätsSpital Zürich. Unsere Fachexperten setzen denn auch Tag für Tag alles daran,
dass Patientinnen und Patienten die für sie bestmögliche Therapie und Begleitung erhalten.
Eine bestmögliche Therapie bedeutet, dass im UniversitätsSpital Zürich alle involvierten Personen
Hand in Hand arbeiten. Die interprofessionelle Zusammenarbeit, also der Austausch zwischen
den einzelnen Fachrichtungen und Berufsgruppen, ist heute Alltag. Bei Lungenkrebs beispielsweise sucht ein Team von Lungenfachärzten, Krebsmedizinern, Strahlentherapeuten, Chirurgen
und Pflegenden gemeinsam nach der besten Lösung.
Ebenfalls den Patienten zu Gute kommt, dass Ärzten heute immer präzisere und schonendere
Operationsverfahren zur Verfügung stehen. So wird vermehrt die minimal-invasive Chirurgie,
auch Schlüssellochtechnik genannt, eingesetzt. Mit diesen lokalen, teils computergestützten
Eingriffen können grosse Operationen, wie beispielsweise das Öffnen eines Brustkorbs, vermieden werden.
Dass das UniversitätsSpital Zürich eine weltweite Spitzenstellung in der Behandlung von komplexen und schweren Erkrankungen einnimmt, ist keine Selbstverständlichkeit, sondern das
Ergebnis intensiver Forschung und Innovation. Denn nur damit ist es möglich, modernste
Diagnostik- und Therapiekonzepte zum Wohl der Betroffenen verfügbar zu machen.
Ich wünsche Ihnen eine spannende Lektüre.
Rita Ziegler, lic. oec. HSG
Vorsitzende der Spitaldirektion
02
Lungenerkrankungen behandeln
Prof. Dr. med. Rolf A. Stahel, Prof. Dr. med. Walter Weder und Prof. Dr. med. Erich W. Russi (von links nach rechts)
Ein Team von
Spezialisten – ein Ziel
Ein Team von Lungenfachärzten, Krebsmedizinern, Strahlentherapeuten und
Chirurgen sucht gemeinsam nach der optimalen Behandlung für Menschen
mit Lungenkrebs. Patienten mit einer Raucherlunge profitieren ebenfalls von
der interdisziplinären Zusammenarbeit.
Husten, der über Wochen anhält, ist einer der
häufigsten Gründe für einen Arztbesuch. Ursache ist vielfach ein verzögert verlaufender
Virusinfekt. Hartnäckiger Husten kann aber
auch das erste Anzeichen für Lungenkrebs sein.
Menschen, die mit dieser Diagnose ans UniversitätsSpital Zürich überwiesen werden, kommt
das Fachwissen mehrerer Spezialisten zugute.
Ein Mal pro Woche treffen sich Fachärzte für
Lungenerkrankungen, für Krebs, für Strahlentherapie und für Chirurgie, um die für jeden einzelnen Betroffenen beste Behandlung zu finden.
Eitelkeiten haben dabei keinen Platz: «Wir können nur dann das Beste für die Patienten erreichen, wenn wir uns gegenseitig respektieren»,
sagt der Thoraxchirurg Prof. Walter Weder. Der
Austausch unter den Experten habe sich in den
letzten 20 Jahren bestens etabliert – nun läuft
die Akkreditierung als Tumorzentrum für Lun-
genkrebs. 250 bis 300 Personen mit der Diagnose Lungenkrebs kommen pro Jahr zur Behandlung ans UniversitätsSpital Zürich. Jedes
Jahr erkranken in der Schweiz rund 3600 Menschen neu, zwei Drittel der Betroffenen sind
Männer, ein Drittel Frauen. Die meisten Patientinnen und Patienten sind zwischen 50 und 70
Jahre alt. Rauchen ist in 80 Prozent der Fälle
der wichtigste Auslöser für die Tumorerkrankung. Derzeit wird allerdings weltweit ein Anstieg von Lungenkrebs bei Nichtrauchern beobachtet.
Noch immer ist Lungenkrebs einer der gefährlichsten Killer, verantwortlich für ein Viertel aller
durch Krebs verursachten Todesfälle. Fortschritte in der Behandlung haben die Überlebenschancen in den letzten Jahren jedoch
deutlich verbessert. Überlebte früher nur jeder
Zwanzigste die ersten fünf Jahre nach Diag-
nose, ist es heute schweizweit jeder Sechste.
«Wir haben teilweise spektakuläre Erfolge, die
uns selbst ins Staunen bringen», sagt Walter
Weder. Erhebungen am UniversitätsSpital Zürich
hätten gezeigt, dass bei ausgewählten Patienten
mit Metastasen die Fünf-Jahres-Überlebensrate bei 38 Prozent liege.
Für die Behandlung entscheidend ist, wie gross
der Tumor ist, ob Lymphknoten befallen sind
und ob sich bereits Tochtergeschwüre, also
Metastasen, gebildet haben. Das Ausmass der
Erkrankung zeigt ein Röntgenschichtbild (Computertomogramm). Weitere wichtige Erkenntnisse liefert die Untersuchung von Gewebeproben. «Heute können wir aufgrund der molekularen Eigenschaften von Tumoren eine personalisierte Medizin anbieten», sagt der Krebsspezialist Prof. Rolf A. Stahel. So lassen sich
beispielsweise bestimmte Wachstumsfaktoren
03
«Heute können wir Tumoren mit massgeschneiderten
Medikamenten behandeln»
auf Krebszellen mit massgeschneiderten Medikamenten blockieren.
Je vielfältiger die Möglichkeiten zur Behandlung
sind, umso schwieriger ist die Wahl der richtigen Massnahmen. «Es braucht sehr viel Erfahrung», sagt Walter Weder, zumal heute meist
verschiedene Therapieverfahren miteinander
kombiniert würden. Nur wenn der Tumor klein
ist und die Lymphknoten nicht befallen sind,
kann es genügen, den Krebsherd operativ oder
mittels Bestrahlung zu entfernen. Im UniversitätsSpital Zürich wird heute in solchen Fällen
mit Schlüssellochtechnik operiert. Für den
Patienten ist ein solcher Eingriff deutlich schonender, als wenn der Brustkorb geöffnet werden muss.
Ist der Tumor grösser und finden sich Krebszellen in Lymphknoten, ist vor oder nach der
Operation meist eine zusätzliche Behandlung
mit Medikamenten (Chemotherapie) oder Bestrahlung nötig. «Hoffnungslose Fälle gibt es
nicht», sagt Rolf A. Stahel. Auch fortgeschrittene
Tumorerkrankungen – mit Metastasen oder
nach einem Rückfall – würden heute therapiert:
«Es gibt so viele mögliche Kombinationen und
Varianten.»
Die besten Heilungschancen haben Patienten,
deren Erkrankung in einem frühen Stadium entdeckt wird. «Leider ist das eher selten», sagt
Lungenspezialist Erich Russi. Es brauche eine
gewisse Grösse, ehe der Tumor Beschwerden
mache. Deshalb werde diskutiert, ob man
Personen mit einem stark erhöhten Risiko –
Raucher zwischen 55 und 75 – mittels Computertomographie routinemässig untersuchen soll.
Durch solche Screening-Programme könne
Prof. Dr. med. Rolf A. Stahel, 60, leitet das
Zentrum für Thorax-Onkologie. Er ist Facharzt
für Innere Medizin und für Onkologie (Krebsmedizin) und spezialisiert auf die Behandlung
von Tumoren der Lunge sowie anderer Organe
im Brustkorb. Er forscht über die erblichen
Ursachen von Krebs und über massgeschneiderte Therapien.
04
deren Lebenserwartung erhöht werden, sind
sich die Fachleute einig. Dass sie fächerübergreifend kooperieren, kommt längst auch Menschen zugute, die an einer Raucherlunge leiden,
im Fachjargon Chronisch Obstruktive Lungenkrankheit, kurz COPD, genannt. Unter dem
typischen Husten leidet jeder dritte Raucher.
«Die wenigsten haben aber eine schwere Form
von COPD», sagt Erich Russi. Formen mit leichterer Atemnot behandeln die Lungenspezialisten mit Medikamenten, die der Kranke inhaliert und die zu einer Erweiterung der Atemwege führen. Bei schwereren Formen sind die
Patienten häufig auf Sauerstoff angewiesen. Die
wichtigste Massnahme ist jedoch, die Betroffenen davon zu überzeugen, mit dem Rauchen
aufzuhören. «Eine grosse Zahl der Patienten mit
einer Raucherlunge schafft das», so Russi.
Medikamentöse Behandlung, Rauchverzicht und
körperliches Training helfen, die Symptome zu
lindern, heilbar ist die Erkrankung nicht. Fortgeschrittene Formen einer COPD gehen mit
einem Lungenemphysem einher. Weil die Lungenbläschen zerstört sind, verliert die Lunge
ihre Elastizität, sie ist überbläht und ihre Funktion als Gas-Austauscher ist stark beeinträchtigt. Die Betroffenen haben bei kleinster Anstrengung Atemnot.
Für den Lungenspezialisten ist das der Zeitpunkt, sich mit einem Chirurgen zu besprechen.
Denn nun kann nur noch eine Operation helfen,
eine Volumenreduktion oder eine Lungentransplantation. Letzteres kommt für ältere und häufig mehrfach kranke Patienten meist nicht in
Frage, zudem fehlt es an Spenderorganen. Bei
einer Volumenreduktion schneidet der Chirurg
die am stärksten zerstörten Gewebeteile heraus
und schafft so im Brustkorb wieder Platz zum
Atmen.
Die Operation ist jedoch nur dann möglich,
wenn noch gewisse Reste von funktionierendem Lungengewebe vorhanden sind. Die Auswahl geeigneter Personen erfordert Teamarbeit:
«Es braucht einen biologisch denkenden Chirurgen und einen chirurgisch denkenden Lungenfachmann», sagt Walter Weder. Gemeinsam treffen sie den heiklen Entscheid, welche Lungenareale entfernt werden können, so dass noch
genügend Gewebe für den Gasaustausch zurückbleibt. Zwischen 20 und 30 Patienten werden schliesslich pro Jahr operiert. Die Erkrankung schreitet trotzdem voran. Dennoch kann
die Volumenreduktion dem Lungenkranken eine
wertvolle Atempause verschaffen: Sie lindert
das Leiden über einige Jahre und hilft manchem, die Wartezeit bis zur Transplantation zu
überbrücken.
«Es braucht sehr viel Erfahrung,
um die richtige Therapie zu finden»
Prof. Dr. med. Walter Weder, 57, leitet die Klinik
für Thoraxchirurgie und ist medizinischer Co-Direktor. Walter Weder ist Facharzt für Chirurgie und
zählt zu den Pionieren der Lungentransplantation
und der minimal-invasiv ausgeführten Volumenreduktion bei Lungenemphysem. In der Forschung
geht er u. a. der Frage nach, wie man Operationen
schonender und mit besseren Ergebnissen durchführen kann.
Prof. Dr. med. Erich W. Russi, 64, leitet die
Klinik für Pneumologie. Er ist Facharzt für Innere
Medizin und für Pneumologie (Lungenheilkunde). In der Forschung interessiert er sich für
die chronisch-obstruktive Lungenerkrankung,
umgangssprachlich bekannt als Raucherlunge.
Aktuell erforscht er Mechanismen und klinische
Aspekte dieser Erkrankung.
Lungenkrank: Porträt einer Patientin
«Man darf
nicht aufgeben»
Sie hat nur Light-Zigaretten geraucht, davon allerdings eine Packung am
Tag. 35 Jahre später ist Margaretha Schwinn schwer lungenkrank. Mit dem
Rauchen hat sie aufgehört. Inhalieren und Trainieren helfen.
Dass man vom Rauchen Krebs bekommen
kann, wusste sie. Auch dass Raucher vielleicht
«ein bisschen schwerer atmen». Aber mehr
doch nicht. Als ihre Beine beim Treppensteigen
eines Tages «schwer wie Blei» werden und das
Herz rast, vermutet sie ein Herzproblem. An eine
Lungenerkrankung denkt sie nicht. Auch ihr
Hausarzt stellt keinen Zusammenhang her. Er
findet «keinen organischen Schaden» und verordnet ein Antidepressivum.
Die Ärzte des Spitals, das sie bald danach selbst
aufsucht, weil sie keine Kraft mehr hat, legen
sie auf die Intensivstation. «Sie sind schwer lungenkrank», sagt man der damals 54-Jährigen.
Für Margaretha Schwinn war das ein Schock.
Gut, sie hatte geraucht, 35 Jahre lang, eine Packung am Tag, aber doch nur Light-Zigaretten
mit einem niedrigeren Nikotin- und Teeranteil.
«Von all den anderen Giften, die sonst noch in
der Zigarette sind, wusste ich nichts», sagt sie.
Die langjährige Schädigung der Atemwege hat
bei ihr zur Lungenkrankheit COPD geführt.
Dabei sind die kleinen Atemwege in der Lunge
entzündlich verändert, verengt oder sogar zerstört. Der oder die Betroffene kann dadurch
schlechter ausatmen. Bemerkbar macht sich
das am Anfang vor allem unter Belastung, beim
Treppensteigen oder Laufen. Mit der Zeit werden die Symptome stärker, weil das Lungengewebe immer mehr Schaden nimmt. Heilbar
ist die Erkrankung nicht, aber man kann sie aufhalten. Doch dafür muss man wissen, dass man
betroffen ist. Viele wissen es nicht.
Obwohl jeder dritte Raucher mindestens eine
leichte Form von COPD hat, ist die Erkrankung
nur wenig bekannt. Margaretha Schwinn will
ihren Teil dazu beitragen, das zu ändern. «Ich
rede im Umfeld viel darüber», sagt sie. Über das
Internet hat sie eine Selbsthilfegruppe entdeckt,
wo sie sich regelmässig mit anderen Betroffenen austauscht. Dort hat sie auch erfahren,
dass es ästhetisch ansprechendere Methoden
gibt, um Sauerstoff zuzuführen, als einen gut erkennbaren Plastikschlauch im Gesicht zu tragen. Mit einer Brille, in der ein Schlauch fast
unsichtbar zur Nase führt, lässt sich die Luft viel
diskreter einatmen.
Mit dem Rauchen hat sie sofort aufgehört, als
sie die Diagnose bekommen hat. «Das Bedürfnis nach Zigaretten war schlagartig weg.» Ihre
Lunge war jedoch bereits so stark geschädigt,
dass sie ihre Arbeit aufgeben musste. Seither
ist sie invalid. Bis vor drei Monaten hat sie regelmässig Sauerstoff zugeführt, derzeit ist sie
nicht darauf angewiesen. «Meine Lunge wird
nicht mehr besser, aber ich kann den jetzigen
Zustand stabil halten», sagt Margaretha Schwinn.
«Wichtig ist, dass man nicht aufgibt», betont sie.
Täglich inhaliert sie Medikamente, die ihre Atemwege erweitern. Das hilft, Bewegung ebenfalls.
Deshalb trainiert sie regelmässig. Zuhause setzt
sie sich auf den Hometrainer, bei schönerem
Wetter steigt sie auf ihr Elektro-Velo oder geht
laufen. Gesellschaft will sie dabei keine. Ist sie
alleine, kann sie ihr Tempo selber bestimmen.
Ausserdem muss sie dann nicht reden. Sie weiss,
dass ihre Luft nur zum Laufen reicht.
Margaretha Schwinn
Herzerkrankungen erkennen
«Bei Schmerzen in der Brust
sofort zum Arzt gehen»
Viele Patienten ignorieren erste Anzeichen einer Herzerkrankung. Davor
warnen der Herzchirurg Prof. Volkmar Falk und der Kardiologe Prof. Thomas
F. Lüscher.
Herzerkrankungen kann man heute viel
besser behandeln als vor 50 Jahren. Wo
sehen Sie die grössten Fortschritte?
Prof. Thomas F. Lüscher: Ganz klar bei der
Therapie des Herzinfarkts, hier gibt es gewaltige Verbesserungen. Während früher jeder
zweite Patient gestorben ist, ist es heute nur
noch jeder zwanzigste.
Prof. Volkmar Falk: Wir müssen heute viel seltener notfallmässig operieren, weil die Ersttherapie durch die interventionelle Kardiologie
so gut geworden ist, insbesondere bei der
Behandlung des Herzinfarkts. Akute, lebensgefährliche Erkrankungen, wie ein Riss in der
Hauptschlagader, können wir heute viel besser
behandeln. Leider kommen die Patienten häufig
immer noch zu spät zu uns, weil sie die Anzeichen einer Herzerkrankung ignorieren.
Wann sollte man reagieren?
Falk: Wenn jemand Schmerzen in der Brust hat,
sollte er unverzüglich einen Arzt aufsuchen oder
noch besser den Notfalldienst verständigen.
Sobald wir diagnostizieren können, können wir
auch sehr schnell handeln. Die wertvolle Zeit
geht leider oft vorher verloren.
Wie häufig sehen Sie Patienten mit akuten
Herzerkrankungen?
Falk: Wir behandeln ein Mal pro Woche einen
Patienten mit einem Aortenriss. Wenn wir neben
den Aneurysmen – das sind Erweiterungen der
Schlagader, die zu einem Riss führen können –
im Brustkorb auch die im Bauchraum mitzählen,
kommen wir auf etwa 150 im Jahr, das sind
relativ viele.
Lüscher: Wir behandeln etwa 450 Herzinfarkte
im Jahr.
Dass Sie am Universitätsspital so viele
Patienten mit derselben Erkrankung behandeln, erhöht die Sicherheit für die Patienten.
06
Falk: Das gilt für die meisten Operationen wie
auch für Eingriffe mit Katheter – je mehr Erfahrungen ein Team damit sammeln kann, desto
besser sind die Ergebnisse. Das Operationsteam
ist dabei genauso wichtig wie die Personen, die
die Nachbetreuung übernehmen.
minimal-invasiv, das heisst, ohne den Brustkorb
zu öffnen. Dazu kommen grosse Fortschritte in
der Anästhesie und in der Intensivmedizin, die
es uns ermöglichen, immer kränkere Patienten
sicher zu operieren und die Behandlungsdauer
durch angepasste Narkosen zu verkürzen.
Wie wichtig ist, dass Kardiologen und
Chirurgen immer enger zusammenarbeiten?
Lüscher: Wir finden so die beste Lösung für den
einzelnen Patienten. Manchmal nehmen wir
auch gemeinsam Eingriffe vor, mit dem neuen
Hybrid-Operationssaal ist das gut möglich.
Falk: Wichtig ist, dass wir den Patienten durch
eine umfassende Information in die Lage versetzen mitzuentscheiden, welche Behandlung
für ihn oder sie die beste ist. Dafür müssen wir
eine Sprache finden, die der Patient versteht. In
der komplexen medizinischen Welt ist das gar
nicht so einfach.
Nun behandeln Sie zunehmend alte und
mehrfach kranke Patienten. Gelten hier andere Behandlungsmassstäbe?
Lüscher: Grundsätzlich nicht. Bei einem Infarkt
machen wir heute selbst bei Hochbetagten
akute Eingriffe. Die Leute sind eben nicht nur
älter geworden, sondern sie sind im Alter auch
fitter. Eine zunehmende Herausforderung sind
Patienten mit Herzschwäche. Anfänglich können
wir sie gut mit Medikamenten und mit Schrittmachern behandeln. Kommt es zum Pumpversagen, hilft nur noch eine Transplantation oder
ein Kunstherz. Die beste Therapie für diese
Patienten wäre eine Transplantation.
Falk: Das Problem ist, dass wir zu wenige
Spenderherzen haben. Sonst könnten wir viel
mehr Herzen transplantieren; aktuell stehen bei
uns zwölf Personen auf der Warteliste. Ich
meine, dass hier die Politiker gefordert sind.
Weil in der Schweiz einer Organspende ausdrücklich zugestimmt werden muss, werden die
Patienten hierzulande benachteiligt.
Welchen Methoden verdanken die Kardiologie und die Herzchirurgie ihre besseren
Behandlungsresultate?
Lüscher: Für die Kardiologen war es die Ballondilatation, mit der man die Herzkranzgefässe
erweitern kann. Über einen Stich in der Haut
kommen wir mit einem Katheter an die verengte
Stelle. So können wir Drahtgeflechte, so genannte Stents, einbringen, die mit Medikamenten
beschichtet werden können, um einen Wiederverschluss der Gefässe zu verhindern. Daneben
verfügen wir heute über ein breites Arsenal an
Medikamenten, welche wir einsetzen können.
Falk: In der Herzchirurgie ist es der Verzicht auf
die Herz-Lungen-Maschine, was wir bei über
90 Prozent der Bypass-Operationen machen.
Dadurch konnten wir die unerwünschten
Nebenwirkungen, insbesondere das Schlaganfallrisiko, entscheidend senken. Klappenfehler
in Aorta und Herz operieren wir wenn möglich
Wenn Sie einen Blick in die Zukunft wagen,
wo sehen Sie die Herztherapie in 20 Jahren?
Lüscher: Mein Traum ist, dass wir defekte
Gefässe, Klappen oder Muskelgewebe mit
patienteneigenen Stammzellen regenerieren
können. Auf dem Gebiet forschen wir intensiv.
Eines Tages wird man auch gentechnisch eingreifen und krank machende Veranlagungen
korrigieren können.
Falk: Auch wir würden uns mehr Eingriffe
wünschen, die mit patienteneigenem Gewebe
Prof. Dr. med. Thomas F. Lüscher und Prof. Dr. med. Volkmar Falk
durchgeführt werden können, vorzugsweise
minimal-invasiv. Im Bereich der Kunstherzen
wäre es wünschenswert, starre Bauteile durch
flexible, biologisch beschichtete Materialien
zu ersetzen, um die Systeme verträglicher zu
machen. Ein weiterer wichtiger Fortschritt wäre,
wenn man die Batterien durch die Haut aufladen könnte. Dann bräuchte man keine externe
Energieversorgung mit all ihren Komplikationen.
Sie beide investieren sehr viel Zeit und Energie in Ihre Arbeit. Was treibt Sie an?
Lüscher: Man muss im Leben das machen, was
einem Erfüllung bringt. Alles andere ist Zeitverschwendung. Wenn ich schwierige Fälle habe
und etwas tun kann, freut mich das. Als extrem
Prof. Dr. med. Thomas F. Lüscher, 57, ist
Direktor der Klinik für Kardiologie. Er ist Facharzt
für Innere Medizin, Kardiologie und Klinische
Pharmakologie. Lüscher ist Experte für die medikamentöse Behandlung von Herzerkrankungen
und führt regelmässig kardiologische Interventionen wie Ballonerweiterungen der Herzkranzgefässe durch. In der Forschung interessiert er
sich für die entzündlichen Prozesse in den Gefässen, die zu Arteriosklerose und letztlich zum
Herzinfarkt führen können. Lüscher ist Herausgeber des renommierten Fachblatts «European
Heart Journal» und gehört weltweit zu den
0,5 Prozent der am häufigsten zitierten
Forscher aller Fachgebiete.
bereichernd empfinde ich die Forschung und
den Austausch mit begabten Kollegen. Mir
macht es Freude, auf meinem Gebiet viel zu
wissen und Neues zu finden. Nur Routinearbeit
wäre mir viel zu langweilig.
Falk: Wenn man an einer universitären Einrichtung arbeitet, ist man immer wieder mit neuen
Entwicklungen konfrontiert, die man zum Teil
auch anstossen oder beeinflussen kann. Wenn
das gelingt, erzeugt das eine grosse Befriedigung. Mich stimuliert es, mit vielen klugen
Leuten, die Profis auf ihrem Gebiet sind, zusammenarbeiten zu können. Und ich finde es
erfreulich, in einer Institution zu arbeiten, die für
alle Patienten das ganze Behandlungsspektrum
anbietet und keine Rosinenpickerei betreibt.
«Wichtig ist, dass wir den
Patienten durch eine umfassende Information in die Lage
versetzen mitzuentscheiden,
welche Behandlung für ihn
oder sie die beste ist. Dafür
müssen wir eine Sprache finden, die der Patient versteht»
Prof. Dr. med. Volkmar Falk, 46, ist Direktor
der Klinik für Herz- und Gefässchirurgie. Er ist
Facharzt für Herzchirurgie und spezialisiert auf
minimal-invasive und katheterbasierte Herzklappenchirurgie sowie auf die Rekonstruktion
von Herzklappen. Er forscht über optimierte
Implantate, insbesondere Herzklappen, die
besser an die Anatomie des Patienten angepasst
sind, und arbeitet an der verbesserten Planung
und Durchführung von Operationen mittels
bildgebenden Verfahren.
07
Herzstillstand: Porträt eines Geretteten
«Ich habe überhaupt
nicht verstanden, was
geschehen ist»
Peter Krähenbühl
Zurück im Leben
Ein Stromstoss rettete den Hobbysportler Peter Krähenbühl, als sein Herz
stehen blieb. Weil die Rettung sehr schnell kam, trug er keine bleibenden
Schäden davon.
«Es wäre ein schöner Tod gewesen», sagt Peter
Krähenbühl. Ein Tod ohne Vorgeschichte mit
Krankheit, Schmerzen, Ängsten. Ein Sekundentod. Einfach umfallen. Ende.
Peter Krähenbühl wurde ins Leben zurückgeholt. «Bei meiner Rettung ist alles optimal
gelaufen», weiss er heute. «Ich habe keine bleibenden Schäden.» Ganz im Gegenteil, er fühlt
sich nicht anders als vorher, auch seine Freizeitaktivitäten sind dieselben geblieben. Er fährt
viel Velo und geht regelmässig ins Konditionstraining. Der schlanke 56-Jährige wirkt körperlich sehr fit.
So fühlte er sich auch im Mai letzten Jahres, als
er an einem Staffellauf in Zürich teilnehmen
wollte. Vom Zürcher Hausberg, dem Uetliberg,
hätte er zur Felsenegg laufen und dort die Staffel an den nächsten Läufer übergeben sollen.
Bereits am Morgen war er zum Uetliberg hochgejoggt. Ihm sei es gut gegangen, sagt er,
und erinnert sich an ein «komisches Gefühl».
Unmittelbar danach muss er von dem Baumstumpf, auf dem er sass, nach hinten gekippt
sein.
Das erzählt man ihm später. Auch, dass sofort
ein Arzt und ein Intensivpfleger zur Stelle waren
und sich das Sanitätszelt ganz in der Nähe befand. Die medizinischen Profis reanimieren ihn.
08
Es braucht mehrere Stromstösse, um sein Herz
wieder zum Schlagen zu bringen. Als Peter
Krähenbühl wieder zu sich kommt, sieht er den
Turm des Uetlibergs von unten. Das ist seine
erste Erinnerung, nachdem er wieder zurück im
Leben war. «Ich habe überhaupt nicht verstanden, was geschehen ist», sagt er. Ihm fehlt eine
halbe Stunde – die Zeit, in der er «gestorben»
war.
Die Untersuchungen, die später im UniversitätsSpital Zürich gemacht werden, liefern keine
Erklärung, weshalb es bei dem bisher kerngesunden Mann plötzlich zu einem Kammerflimmern kam. Bei dieser Rhythmusstörung
zuckt das Herz so unkoordiniert, dass es kein
Blut ausstösst und in den Körper pumpt. Nur
über einen Stromstoss kann das Herz zu einem
natürlichen Takt zurückfinden. Unbehandelt führt
das Kammerflimmern zum Herzstillstand. «Wenn
ich es nicht überlebt hätte, wäre das vor allem
für meine drei Kinder und meine Partnerin
schlimm gewesen», sagt Peter Krähenbühl.
Bei ihm selbst hat das Ereignis insofern Spuren
hinterlassen, als er immer wieder darüber nachdenkt, wie viel Glück er hatte, dass seine Retter
so schnell zur Stelle waren. Da er selbst Arzt ist,
weiss er, wie entscheidend schnelle Hilfe ist.
Das Glück sollte man nicht zwei Mal herausfordern, findet er. Um das Risiko einer Erkrankung
der Herzkranzgefässe zu minimieren, nimmt er
auf Anraten der Kardiologen Blutdruck- und
Lipidsenker ein. Ein implantierter Schockgeber
(Defibrillator) soll den rettenden Stromstoss abgeben, falls das Herz erneut stillstehen sollte.
«Ich glaube, ich werde ihn nie brauchen», sagt
Peter Krähenbühl.
Laien als Lebensretter
Gerät das Herz aus dem Takt, kann es
mithilfe eines Stromstosses den regelmässigen Rhythmus wiederfinden. Dank automatischer externer Defibrillatoren können
auch Laien zu Lebensrettern werden. Eine
Sprachansage leitet den Helfer Schritt für
Schritt an. Selbst gänzlich untrainierte Personen können das Gerät richtig einsetzen,
wie Versuche und Erfahrungsberichte zeigen. Wichtig ist, dass die Helfer schnell
reagieren. Pro Minute nehmen die Überlebenschancen um zehn Prozent ab. Bereits
nach drei Minuten bekommt das Gehirn zu
wenig Sauerstoff, nach fünf Minuten treten
erste Schäden auf, nach zehn Minuten sind
98 von 100 Betroffenen tot. In der Schweiz
könnten mit rechtzeitig ergriffenen Massnahmen rund 4000 Menschen vor dem
Herztod gerettet werden.
Aortenerkrankungen kurieren
Kleine Eingriffe
am grössten Gefäss
Prof. Dr. med. Mario Lachat
Selbst schwere Verletzungen der Hauptschlagader können heute in den
meisten Fällen über einen Kathetereingriff behandelt werden, sagt der Gefässchirurg Prof. Mario Lachat. Die Überlebenschancen der Patienten sind
dadurch «massiv verbessert».
Ist die Hauptschlagader, das grösste Gefäss im
Körper, beschädigt, besteht immer Lebensgefahr. Die Aorta ist beim erwachsenen Menschen
ein bis zu 3,5 Zentimeter dickes und bis zu 40
Zentimeter langes «Rohr», das enorme Blutmengen transportiert: Bis zu 150’000 Mal am
Tag pumpt das Herz auf diesem Weg Blut in den
Kreislauf. Reisst der Blutstrom ab, schädigt das
binnen kürzester Zeit sämtliche Organe: Die Zellen im Gehirn, im Herz oder in anderen Organen
sterben ab. Geschieht nichts, stirbt der Betroffene an Organversagen.
Besonders schnell handeln müssen die Ärzte,
wenn das Gefäss gerissen oder die AortenInnenwand an einer kritischen Stelle verletzt ist.
In beiden Fällen kommt es zu massiven Blutungen in das Gefäss oder in den Körper. «Etwa
neun von zehn Patienten mit einem Riss der
Aorten-Innenwand können wir retten, wenn sie
rechtzeitig ins Spital gelangen», sagt der Gefässchirurg Prof. Mario Lachat. Selbst bei einem
Aortenriss stehen die Chancen gut.
Musste bei solchen Erkrankungen früher immer
der Brustkorb eröffnet werden, nutzen die Gefässspezialisten heute, wenn immer möglich, die
Kathetertechnik. Über einen kleinen Schnitt in der
Leiste schieben sie mit dem Katheter eine mit
einem Metallnetz gestützte Kunststoff-Prothese
an den Ort der Verletzung und reparieren so den
Schaden. «Von offenen Operationen sind wir
abgekommen, weil der Blutverlust zu gross ist»,
sagt Lachat. Auch genügt häufig eine örtliche Betäubung. Dadurch kommt es viel seltener zu
Komplikationen bei den meist älteren oder geschwächten Patienten. Ihre Überlebenschancen
hat das laut Lachat «massiv verbessert».
Rund 200 Eingriffe an der Aorta werden jährlich
am UniversitätsSpital Zürich vorgenommen.
Risse, wie sie nach schweren Verkehrsunfällen
auftreten können, nach Unfällen in Risikosportarten oder spontan, sind mit rund 25 Fällen pro
Jahr eher selten. Dreimal häufiger behandeln
die Ärzte Risse der Aorten-Innenwand. Die so
genannten Dissektionen sind Folgen einer ererbten Bindegewebsschwäche und von hohem
Blutdruck. Sie sind gefährlich, weil sie Gefässe
verstopfen können, die aus der Aorta entspringen. Dieselben Risikofaktoren wie bei Dissektionen können bewirken, dass sich die geschwächte Aortenwand krankhaft erweitert zum
so genannten Aneurysma.
Bei allen drei Erkrankungen hängt die Behandlung entscheidend davon ab, wo genau sie auftreten. Liegen die Erweiterungen oder Risse an
Stellen in der Aorta, wo keine Gefässe in andere
Organe abgehen, sind bei Rissen und Aneurysmen Kathetereingriffe die Methode der Wahl.
Bei Dissektionen genügt in den allermeisten
Fällen sogar die Behandlung mit einem Blutdrucksenker. Ist aber eine Stelle betroffen, wo
Gefässe ins Herz oder andere Organe entspringen, wird es «sehr anspruchsvoll», so Lachat.
Selbst in solchen Fällen kommt, wenn immer
möglich, die Kathetertechnik zum Einsatz. Dass
dabei seine chirurgischen Talente wenig gefordert sind, stört Lachat nicht, im Gegenteil:
«Wenn ich aus dem Operationssaal hinauslaufe
und dem Patienten geht es gut, weiss ich, dass
wir das Beste getan haben.»
Prof. Dr. med. Mario Lachat, 52, ist stellvertretender Direktor der Klinik für Herz- und
Gefässchirurgie und leitet die Gefässchirurgie.
Lachat hat sich zum Allgemeinchirurgen ausbilden lassen, sich dann auf Herzchirurgie
und schliesslich auf Gefässchirurgie spezialisiert. Sein Spezialgebiet sind Erkrankungen
der Aorta – in dem Bereich entwickelt er
neue Prothesen und erforscht schonendere
Techniken.
09
Verschlossene Gefässe öffnen
«Blutgefässe bilden
sich auch im hohen
Alter noch neu»
Bei verengten Arterien ist Laufen die beste Therapie, sagt die Gefässspezialistin Prof. Beatrice Amann-Vesti. Wichtig ist, dass man sich regelmässig
bewegt und mindestens eine halbe Stunde lang.
mässig läuft, nicht zu langsam und am Stück.
Zwei Mal pro Tag eine halbe Stunde marschieren wäre ideal. Das konnten wir mit Untersuchungen klar nachweisen. Weil es schwierig ist,
sich alleine zu motivieren, bieten wir ein Gehtraining in Gruppen an. Leider spricht das nur
sehr wenige Leute an.
Was können Sie therapeutisch tun, wenn die
Gefässe verengt sind?
Amann-Vesti: In über 95 Prozent der Fälle gelingt es uns, die verschlossene Arterie mit
einem Kathetereingriff zu eröffnen. Oft legen wir
dabei so genannte Stents ein, die das Gefäss
stützen. Wenn wir den Verschluss nicht öffnen
können, sind die Chirurgen gefordert. Sie legen
dann mit einer Vene oder einem Kunststoffgefäss eine Umgehung für die Arterie, einen so
genannten Bypass.
Und danach sind die Patienten geheilt?
Amann-Vesti: Für Patienten mit der Schaufensterkrankheit ist die Prognose für die Beine
gut. Wenn sie ein Gehtraining machen, können
sie sich stabilisieren. Leider ist das Sterberisiko
bei dieser Art von Erkrankung hoch. Die arterielle Verschlusskrankheit ist ja Ausdruck einer
generalisierten Arterienverkalkung. Jeder dritte
Patient stirbt im Lauf von fünf Jahren an einem
Herzinfarkt oder einem Schlaganfall.
Prof. Dr. med. Beatrice Amann-Vesti
10
nicht täglich an. Oft laufen sie nicht mehr viel
und spüren das erste Stadium der Erkrankung
nicht. Da gerade Zuckerkranke meist ein stark
reduziertes Schmerzempfinden an den Füssen
haben, bemerkt erst der Ehepartner oder die
Pediküre, dass der Zeh schwarz wird.
Sie behandeln besonders häufig Patienten,
bei denen Gefässe im Becken oder in den
Beinen verschlossen sind. Welche Symptome haben die Patienten?
Prof. Beatrice Amann-Vesti: Typischerweise
beginnt es mit Schmerzen beim Gehen, weil die
Muskeln schlecht durchblutet sind. Die Betroffenen müssen Pausen einlegen, wenn sie zu
Fuss unterwegs sind. Weil sie dabei oft die Auslagen von Geschäften anschauen, spricht man
von der Schaufensterkrankheit. Wenn die
Durchblutungsstörung schlimmer wird, sind die
Schmerzen schon nach wenigen Schritten da.
Im nächsten Stadium haben die Patienten schon
im Ruhezustand Schmerzen. Schliesslich
kommt es zum Absterben von Gewebe. Die
Zehen können sich schwarz verfärben, was man
im Volksmund Raucherbein nennt.
Wenn man nichts unternimmt, stirbt der Zeh
ab und man muss amputieren.
Amann-Vesti: Ja, aber so weit muss es nicht
kommen. Ich erkläre meinen 80-jährigen Patienten immer gerne, dass der Körper bis zum
letzten Tag neue Blutgefässe bildet. Das macht
er, wenn Gewebe schlecht durchblutet ist. Neue
Gefässe entstehen aber nur, wenn man sich bewegt. Tut man das nicht, bilden sich die Blutgefässe nicht aus oder sie bilden sich sogar
wieder zurück, nachdem sie entstanden sind.
Die Patienten kommen ja hoffentlich vorher
zu Ihnen!
Amann-Vesti: Leider nicht immer. Gerade
ältere Leute und vor allem Zuckerkranke sehen
häufig nicht mehr gut und schauen ihre Füsse
Genügt einfaches Laufen oder ist mehr Anstrengung nötig?
Amann-Vesti: Laufen ist ideal. Velofahren
bringt weniger, weil man den Muskel dafür anders betätigt. Wichtig ist aber, dass man regel-
Was können Sie tun, um das zu verhindern?
Amann-Vesti: Wir behandeln die Patienten mit
Gerinnungshemmern und Cholesterinsenkern.
Bei Diabetikern muss der Blutzucker optimal
eingestellt sein. Wir raten ihnen, mit dem
Rauchen aufzuhören und sich regelmässig zu
bewegen. Dafür muss man gar nichts Aussergewöhnliches tun. Man kann zum Beispiel zwei
bis drei Stationen früher aussteigen, wenn man
mit dem Bus fährt, und den Rest des Weges zu
Fuss gehen. Wichtig ist, dass man es regelmässig tut und sich dafür Zeit nimmt. Körperliche
Bewegung sollte zum Alltag dazugehören wie
das tägliche Zähneputzen.
Prof. Dr. med. Beatrice Ruth Amann-Vesti,
47, ist Direktorin der Klinik für Angiologie.
Sie ist Fachärztin für Innere Medizin und
für Gefässkrankheiten (Angiologie). Neben
Durchblutungsstörungen der Beine behandeln
sie und ihr Team auch Durchblutungsstörungen von Nieren und Darm sowie Einengungen
der Halsschlagadern. Zudem werden Patienten mit Venenthrombosen, Krampfadern,
Erkrankungen der Lymphgefässe und mit
offenen Beinen behandelt.
Gefässverschluss: Porträt eines Patienten
Immer in Bewegung
Der Musiker Irwin Gage, 72, leidet seit Jahren an Arteriosklerose. Seine
Beingefässe verengen sich deshalb regelmässig. Ihn hindert das jedoch
nicht am Arbeiten und Reisen.
«Manchmal habe ich schon keine Lust mehr»,
sagt Irwin Gage. Immer diese Schmerzen in den
Beinen, wenn er länger läuft. Einkaufen empfindet er oft als «Qual». Doch dann lacht der gebürtige Amerikaner fröhlich: «Hey, man muss
immer weitermachen, ich will noch nützlich
sein.» Von seiner Gefässerkrankung, die ihn seit
zwölf Jahren plagt, will sich der Musiker nicht
unterkriegen lassen: «Das gehört jetzt einfach
zu mir, ich habe gelernt, damit zu leben.»
Die Krankheit brach plötzlich aus. Gage erinnert
sich noch genau daran: 1999 weilte er für ein
Konzert in Wien. Als er mittags den Schwarzenbergplatz überquert, bekommt er solche
Schmerzen im linken Bein, dass er eine Pause
machen muss, ehe er weiterlaufen kann. Drei
Tage später lässt er sich in der Klinik für Angiologie des UniversitätsSpitals Zürich untersuchen. Die Ärzte finden die Ursache für seine
Schmerzen sofort: Ein Gefäss im Oberschenkel
ist stark verengt. Der Muskel wird dadurch zu
wenig durchblutet; Schmerzen beim Gehen sind
die Folge.
Die Ärzte erweitern das Gefäss über einen Kathetereingriff. Irwin Gage bekommt Medikamente verordnet, welche die Blutgerinnung
hemmen und so einen Gefässverschluss verhindern sollen. 2006 passiert es dennoch.
«Mein Bein fühlte sich völlig kalt an», erinnert
sich Irwin Gage. Als er zwei Tage später endlich
in die Klinik geht, ist höchste Eile geboten.
Bleibt die Arterie verstopft, kann es zu Gewebeschäden kommen, die eine Amputation erforderlich machen können. Die Ärzte können die
Arterie öffnen und implantieren so genannte
Stents, die sie stützen sollen. Das Bein ist gerettet. Weil sich die Arterie aber trotzdem nach
einigen Monaten wieder verschliesst, legen die
Gefässchirurgen einen Bypass.
Für Irwin Gage war dieser Vorfall eine Warnung.
Er hat mit dem Rauchen aufgehört und geht nun
regelmässig zur Kontrolle in die Klinik. Immer
wieder muss ein Gefäss erweitert werden. Seit
2008 ist auch das rechte Bein betroffen. «Ich
weiss, dass ich nie wieder ganz gesund werde,
Irwin Gage
aber ich kann trotzdem fast alles tun», sagt er.
Zwei Dinge helfen ihm: Bewegung und Arbeit.
Alles, was die Beinmuskulatur aktiviert, hilft ihm.
Vor Jahren hat er sich deshalb ein Laufband gekauft, mit dem er trainiert, auch wenns weh tut.
Gerne würde er noch häufiger in die Physiotherapie, weil er dort lernen kann, «besser zu laufen»,
indem er mit den Füssen richtig abrollt und darauf achtet, sich in den Hüften nicht zu verkrampfen.
Seine Arbeit hat der inzwischen 72-jährige
Musiker gesundheitsbedingt modifiziert. 2005
gab er sein letztes öffentliches Konzert als Pianist. Seither gibt er sein Wissen weiter, indem
er Piano-Gesangsduos in seiner Spezialität, der
Liedinterpretation, unterrichtet. Auch die Meisterkurse, die er gut vierteljährlich gibt und für die er
dann täglich viele Stunden aufbringt, machen ihm
«grosse Freude», strahlt er. Und sie hält ihn sichtbar jung. Einzig das Reisen, insbesondere das
Fliegen, empfindet Irwin Gage als beschwerlich,
weil die Wege auf den Flughäfen häufig so lang
sind. Nach anfänglichem Widerstand lässt er sich
nun in einem Rollstuhl durch die Airports schieben. Was er früher als «komisch» empfunden hat,
schätzt er längst als Entlastung: «Vermeidbarer
Schmerz muss nicht sein», sagt er schmunzelnd.
«Ich weiss, dass ich nie
wieder ganz gesund werde,
aber ich kann trotzdem
fast alles tun»
11
Professionelle Pflege
«Das breite Betätigungsfeld macht die Arbeit für
Pflegende anspruchsvoll, aber auch
spannend und attraktiv»
Judith Schürmeyer
Stets einen
Schritt voraus
Pflegende, die Patienten mit Herz-, Gefäss- und Lungenerkrankungen betreuen, sollten sich in einem anspruchsvollen Umfeld professionell bewegen
können und stets auf Komplikationen vorbereitet sein.
Berufliche Neugier und die Bereitschaft, ständig dazuzulernen, sind Eigenschaften, die eine
Pflegefachperson in einem universitären Spital
grundsätzlich mitbringen muss. Entwickeln die
Ärzte neue Verfahren und Techniken, müssen
die Pflegenden mitziehen. Gefragt sind sie auch,
wenn neue Methoden oder Ansätze in der Pflege
auf ihre Anwendbarkeit und Wirksamkeit überprüft werden. Eine hochentwickelte Medizin
braucht eine hochentwickelte Pflege. «Die Medizin gibt das Tempo vor und wir reagieren darauf», sagt Judith Schürmeyer, Leiterin des
Pflegedienstes am UniversitätsSpital Zürich,
das Herz-, Gefäss- und Lungenkranke betreut.
Für Pflegende, die in diesem Bereich arbeiten,
ist es hilfreich, wenn sie zudem ein Flair für
Technik mitbringen. In der Angiologie wie in
der Kardiologie assistieren sie bei Kathetereingriffen und bei modernsten diagnostischen Verfahren. Das Rhythmologieteam der Kardiologie
betreut Patienten, bei denen Schrittmacher
implantiert oder bestimmte Stellen im Herzmuskel elektrisch verödet werden, um Rhythmusstörungen zu korrigieren.
Für die invasiven Disziplinen, in denen Eingriffe
für Diagnosen sowie Operationen vorgenommen
werden, sind ein Grundverständnis von Technik
und eine gute Ausbildung im Umgang mit verschiedensten Apparaten Voraussetzung. Auch
in den nicht-invasiven Bereichen benötigen die
12
Pflegefachpersonen Spezialwissen im Umgang
mit neuen Verfahren und Geräten. So nehmen
sie im kardiologischen Ambulatorium oder in
der kardiologischen Sprechstunde ErgometrieMessungen vor und bedienen Ultraschall- und
EKG-Geräte. In der Pneumologie assistieren sie
etwa bei Leistungs- und Lungenfunktionstests.
Auch auf den Bettenstationen sind laut Judith
Schürmeyer die Anforderungen an die Pflegefachpersonen höher als in anderen Spitälern,
weil hier auch Patienten zu betreuen sind, deren
Pflege sehr spezielle Kenntnisse voraussetzt:
Patienten, die ein Kunstherz tragen, oder Herzund Lungen-Transplantierte.
Man könnte vermuten, dass in diesen verstärkt
techniklastigen Disziplinen mehr Männer anzutreffen wären. Tatsächlich sind von den 182
Pflegefachpersonen 84 Prozent Frauen und 16
Prozent Männer – das entspricht ziemlich genau
dem Geschlechterverhältnis im gesamten Pflegebereich des UniversitätsSpitals Zürich.
«Das Technische darf man nicht überbewerten»,
sagt Judith Schürmeyer. Werden neue Pflegefachpersonen eingestellt, sind neben einem
breiten Fachwissen und einem technischen Verständnis andere Faktoren mindestens genauso
wichtig: «Wir wollen wissen, ob jemand bereit ist,
in einem hochkomplexen System seinen Beitrag
zu leisten», sagt die Pflegedienstleiterin.
Konkret geht es darum, wie lernfähig die Person ist, wie belastbar, verantwortungsbewusst
und flexibel sie ist, wie sie mit Fehlern umgeht
und ob sie sich in ein Team aus Pflegenden und
Ärzten integrieren kann. Und je anspruchsvoller
die Patientensituationen sind, desto mehr muss
sie auf Komplikationen vorbereitet sein und
angemessen reagieren können – Ärzte wie Pflegende sollten deshalb immer einen Schritt voraus sein. Zusätzlich muss die Pflegefachperson auch unter schwierigen Bedingungen eine
tragfähige, vertrauensvolle Beziehung zum Patienten aufbauen können – für Schürmeyer ist
das die «Grundlage jeder Pflegearbeit». In einem
hochkomplexen Umfeld ist es besonders wichtig, dem Patienten ein Gefühl der Sicherheit zu
vermitteln. Patienten im Herzkatheterlabor etwa,
haben häufig Angst. Hantiert die Pflegefachfrau
routiniert mit den benötigten Geräten und Materialien und hat sie zudem einen Blick für den
körperlichen und emotionalen Zustand des Patienten, beruhigt ihn das, weil er Vertrauen hat,
dass er in seiner gegenwärtigen Situation gut
aufgehoben ist.
Bei Gefässerkrankungen, wo Patienten oft nur
sehr kurze Zeit im Spital sind, müssen die Pflegenden besonders schnell einen guten Kontakt
zum Betroffenen finden. Ganz anders ist es bei
Patienten mit Lungenerkrankungen, wo häufig
chronisch Kranke über längere Zeit betreut werden. «Das breite Betätigungsfeld macht die Arbeit für Pflegende anspruchsvoll, aber auch
spannend und attraktiv», ist Judith Schürmeyer
überzeugt.
Herzinfarkt: Lebensstil ändern
Sandra Corrieri
Motivieren statt belehren
Pflegefachfrau Sandra Corrieri betreut Menschen nach einem Herzinfarkt.
Dafür bespricht sie mit ihnen die Ursachen des Leidens. Den Patienten soll
das helfen, ihren Lebensstil zu ändern.
Ein Herzinfarkt ist kein Leiden, das nach der Behandlung kuriert ist. Die Verschleisserkrankung
der Gefässe ist chronisch. «Mein Ziel ist, den
Patienten deutlich zu machen, dass die Erkrankung Arteriosklerose heisst und der Herzinfarkt
lediglich ein Symptom ist», sagt Sandra Corrieri.
Die Pflegefachfrau betreut im Rahmen eines
speziellen Programms Menschen nach einem
Infarkt. Gelingt es ihnen, ihren Lebensstil dauerhaft zu ändern, verbessert das ihre Überlebenschancen.
Kernstück des am Genfer Universitätsspitals entwickelten ELIPS-Programms ist die «motivierende Gesprächsführung». Vereinfacht gesagt
soll die Methode bewirken, dass Patientinnen
und Patienten ihr Verhalten von sich aus ändern.
Das soll eher zum Erfolg führen, als wenn die
Pflegefachfrau den Betroffenen belehrt, was
dieser künftig zu tun oder zu lassen hat. «Das
führt eher zu Abwehr», hat Sandra Corrieri beobachtet.
Freiwilligkeit ist eine Grundvoraussetzung –
deshalb wird der Patient zuerst gefragt, ob er
überhaupt ein Gespräch wünscht. Stimmt er zu,
geht es in einer ersten Sitzung um die Ursachen
der Erkrankung. «Ich lasse die Person erklären,
was sie darüber weiss, und beantworte ihre
Fragen», sagt die Pflegefachfrau. Im zweiten
Gespräch gilt es herauszufinden, zu welchen
Verhaltensänderungen jemand bereit ist. Dafür
geht sie mit der Person an eine Schautafel, auf
der die sieben wichtigsten Risikofaktoren für
Herzgefässerkrankungen notiert sind: Rauchen,
Diabetes, erhöhtes Cholesterin, Übergewicht,
Bluthochdruck, Bewegungsmangel, Stress. Über
verschiebbare Magnetknöpfe kann jeder Einzelne nun selbst abbilden, welche Risikofaktoren bei ihm im Vordergrund stehen.
Häufig korrigieren die Patienten ihre erste Einschätzung wieder, weil sie beispielsweise meinen, dass nicht das hohe Cholesterin die
eigentliche Ursache sei, sondern zu viel Stress.
«Solche Ambivalenzen nehme ich auf und
spiegle sie wider», sagt Sandra Corrieri. So kann
sich eine Diskussion entwickeln, die Einsicht ermöglicht. «Früher haben wir die Patienten einfach informiert», sagt die Pflegefachfrau, die
in motivierender Gesprächsführung geschult
wurde und heute andere Pflegende dazu anleitet und begleitet. Wollen die Betroffenen von
sich aus mehr wissen, finden sie weitere Informationen im Netz (www.elips.ch), in Flyern oder
in einem Film, der in fünf Sprachen vertont ist.
Ob Menschen nach solchen Gesprächen tatsächlich eher bereit sind, ihr Verhalten zu
ändern, soll in einer Studie geklärt werden. An
den vier Universitätsspitälern in Bern, Genf,
Lausanne und Zürich sollen insgesamt 1200
Patienten beraten und bezüglich ihres Gesundheitszustandes erfasst werden. Weitere 1200
Herzinfarkt-Patienten erhalten kein Beratungsgespräch, jedoch ebenfalls vorbeugend wirkende Medikamente; sie dienen als Vergleichsbasis.
Sandra Corrieri ist zuversichtlich, dass die motivierende Gesprächsberatung sich in den Studienergebnissen niederschlagen wird. Erste
Resultate seien sehr positiv, ebenso das Patientenecho: «Viele bedanken sich, dass sie nun
endlich verstanden haben, was ein Herzinfarkt ist.»
13
Herz, Gefässe, Lunge: fünf Kliniken
Modernste Diagnosen,
neuste Therapien
Erkrankungen des Herzens, der Gefässe und der Lunge umfassen das Diagnose- und Behandlungsspektrum von fünf Kliniken des UniversitätsSpitals Zürich. Jährlich werden dort
mehr als 3500 Patientinnen und Patienten stationär und rund 20’000 ambulant betreut.
Klinik für Angiologie
– Die Angiologie ist die Fachdisziplin, welche Erkrankungen der Arterien,
Venen und Lymphgefässe behandelt.
– Die Diagnose nutzt modernste Methoden: Arterien und Venen können
über ein spezielles Ultraschallverfahren farbig abgebildet werden. Wundheilungsstörungen erkennen die Fachärzte, indem sie die Sauerstoffversorgung und damit die Durchblutung in der Haut messen. Mit hochspezialisierten Methoden können die Lymphgefässe dargestellt und Lymphödeme von anderen Beinschwellungen unterschieden werden.
– Schwerpunkt der Behandlungen sind Verschlusskrankheiten der Arterien
in Becken, Beinen, Armen, Nieren, Darm und Hals. Die meisten Eingriffe
erfolgen mittels Katheter, entweder ambulant oder während eines kurzen
Spitalaufenthalts.
– Behandelt werden ferner Patienten mit entzündlichen Gefässerkrankungen, Venenthrombosen und Krampfadern. Störungen der kleinsten Blutgefässe (Mikrozirkulation) können durch Darstellung der Kapillaren und
Blutflussmessungen erfasst werden.
Klinik für Angiologie
Stationäre Patienten
Ambulante Konsultationen
Krampfader-Therapie mit Laser
Kathetereingriffe, total
– davon Becken- und Beinarterien
2010
673
9’749
145
1’682
1’580
www.angiologie.usz.ch
Klinik für Herzund Gefässchirurgie
– Die Herzchirurgie umfasst Bypass-Operationen bei verengten Herzkranzgefässen, Ersatz der Aortenklappen sowie Ersatz und Rekonstruktion der Mitralklappen im Herzen, welche linken Vorhof und linke Kammer trennen. Bei Patienten mit schwerer Herzschwäche (Herzinsuffizienz)
kann eine Herztransplantation oder die Implantation eines Kunstherzens
erforderlich sein. Rhythmusstörungen behandeln die Herzchirurgen,
indem sie Schrittmacher oder Schockgeber (Defibrillatoren) einsetzen.
– In der Gefässchirurgie geht es um die operative Korrektur von Engstellen oder Erweiterungen in Hals- und Hauptschlagader und in Bauch- oder
Beingefässen, um die operative Behandlung von Krampfadern und um
die Therapie von chronischen und komplexen Wunden.
– Die Herzchirurgen setzen auf minimal-invasive Eingriffe: Wenn möglich,
wird der Zugang zum Operationsgebiet über kleine Schnitte im Brustkorb eröffnet. Auf die Herz-Lungen-Maschine, die heute noch bei vielen
Eingriffen unverzichtbar ist, wird in 90 Prozent der Bypass-Operationen
verzichtet.
– Ein hochmoderner Hybrid-Operationssaal ermöglicht die Kombination von
katheterbasierten und chirurgischen Eingriffen, etwa beim Einsatz von
Aortenklappen (Transkatheterklappen) sowie von Clips für die Reparatur
defekter Mitralklappen.
Klinik für Herz- und Gefässchirurgie
Herzchirurgie mit und ohne
Herz-Lungen-Maschine, total
– nur Bypass
– Bypass und Klappe
– Klappe und Aortenchirurgie
– Transkatheterklappen und Mitralclip
interdisziplinär mit Klinik für Kardiologie
– Herztransplantationen
Gefässchirurgie, total
2010
1’145
257
79
418
104
12
447
www.herzgefaesschirurgie.usz.ch
14
Klinik für Kardiologie
– Die Kardiologie widmet sich der Diagnose und Behandlung von Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems.
– Zu den diagnostischen Verfahren zählen Darstellungen von Herz und
Gefässen mit bildgebenden Verfahren, verschiedene Formen des EKGs
sowie die Entnahme von Gewebeproben aus dem Herzmuskel.
– Behandelt werden Verschlusserkrankungen der Herzkranzgefässe,
Erkrankungen der Aortenklappen und Verengungen der Halsschlagadern.
Die Eingriffe erfolgen minimal-invasiv über Katheter, die über eine Vene
in der Leiste eingeführt und bis zu den Herzgefässen vorgeschoben
werden (perkutane koronare Intervention). Rhythmusstörungen behandeln die Kardiologen mit Medikamenten, Schrittmachern oder Schockgebern (Defibrillatoren). Bei schnellen Rhythmusstörungen werden bestimmte Stellen im Herzen verödet (Radiofrequenzablation). Neu werden
mit der Methode bei Patienten mit nicht behandelbarem Bluthochdruck
die Nierennerven verödet.
– Beratungen bietet die Klinik für Patienten mit Rhythmusstörungen, mit
Herzinsuffizienz, mit Blutfettstoffwechselstörungen, für Raucher und für
Patienten mit angeborenen Herzerkrankungen. Die Kardiologen kümmern
sich auch um die Betreuung von Patienten nach der Transplantation.
Klinik für Kardiologie
Konsultationen Herzsprechstunde
Konsultationen Spezialsprechstunden
Stationäre Patienten
EKG inkl. Langzeit-EKG, Belastungstests
Echokardiografie
Radiofrequenzablationen
Schrittmacher-/Defibrillatoren-Implantation
und -Wechsel
Koronarangiographien
Perkutane koronare Interventionen (PIC)
2010
5’118
6’838
2’482
21’407
8’201
279
198
2’575
1’137
www.kardiologie.usz.ch
Klinik für Pneumologie
– Die Klinik ist spezialisiert auf die ambulante und stationäre Abklärung
und Behandlung von Patienten mit allen Arten von Lungenkrankheiten
und Störungen der Atmung.
– Husten oder Atemnot mit unklarer Ursache zählen ebenso dazu wie
schwere Atemwegserkrankungen wie die Raucherlunge, Asthma oder
Cystische Fibrose. Bei Patienten mit Lungenkrebs und anderen Tumoren
der Atmungsorgane arbeiten die Pneumologen mit den Krebsspezialisten
(Onkologen) und den auf Eingriffe im Brustkorb spezialisierten Chirurgen
(Thoraxchirurgen) zusammen.
– Die Pneumologen beschäftigen sich mit Störungen der Atmung während
der Nacht und behandeln Patienten, die wegen Schnarchens und Atempausen unter einer vermehrten Einschlafneigung leiden. Sie behandeln
Infektionen wie Lungenentzündungen und betreuen Patienten, die wegen
Erkrankungen des Nervensystems und der Muskulatur unter einer Beeinträchtigung der Atmung leiden.
– Für die Diagnose werden Verfahren genutzt, die Informationen über die
Luftströmung in den Atemwegen, den Gasaustausch in den Lungen und
über die Kraft der Atemmuskulatur geben. Über eine Lungenspiegelung
(Bronchoskopie) können die Atemwege eingesehen und Gewebeproben
sowie Sekret entnommen werden. Im Schlaflabor zeichnen Sensoren
während einer Nacht die Atmung auf. Zusätzlich kann durch Aufzeichnung der Hirnstromkurve die Schlaftiefe festgestellt werden.
Klinik für Pneumologie
Ambulante Konsultationen
Schlaflaboruntersuchungen
Bronchoskopien
Lungenfunktionsuntersuchungen
2010
7’679
868
514
11’124
www.pneumologie.usz.ch
Klinik für Thoraxchirurgie
– Thoraxchirurgen behandeln operativ Erkrankungen der Lunge, des Brustfells, der Brustwand und anderer Strukturen in der Brusthöhle. Hierbei
gehen sie in etwa der Hälfte aller Behandlungen minimal-invasiv vor,
entweder mit der Schlüssellochtechnik oder dem Operationsroboter.
– Schwerpunkte sind Tumore des Brustkorbs und der darin enthaltenen
Organe – am häufigsten der Lunge. Die Thoraxchirurgie spielt hierbei
eine zentrale Rolle im Heilungsansatz. Dies nicht nur beim Lungenkrebs,
sondern auch bei Tumoren des Brustfells oder des Mediastinums, das
heisst des Mittelfells, das den Raum zwischen den beiden Lungen, dem
Herz und dem Brustbein beschreibt. Die operative Entfernung ist das
einzige komplett tumorentfernende Verfahren.
– Ein weiteres Gebiet ist die operative Behandlung irreversibel geschädigter, stark überblähter Lungenareale bei der Raucherlunge (Emphysem).
Dadurch wird die Überblähung der Lunge reduziert und die Atmung
verbessert.
– Seit der ersten Lungentransplantation der Schweiz, die 1992 am
UniversitätsSpital Zürich durch Prof. Weder vorgenommen wurde,
existiert ein sehr erfolgreiches Transplantationsprogramm.
– Missbildungen der Thoraxwand wie die Trichterbrust oder die nach aussen
gewölbte Hühnerbrust können erfolgreich thoraxchirurgisch behandelt
werden, ebenso schwere Fälle übermässigen Schwitzens (Hyperhidrose).
Klinik für Thoraxchirurgie
Operationen, total
Lungenresektionen
Lungentransplantationen
2010
982
386
26
www.thorax.usz.ch
15
Milena Moser:
Mit dem Herzen atmen
Es poltert, es stockt, es galoppiert. Mein Herz
ist eine Büffelherde, eine führerlose Lokomotive. Es überrollt mich, trampelt mich nieder. In
meinen Ohren rauscht das Blut. Ich kriege keine
Luft mehr.
Hier stehe ich im Halbdunkel des Bühnenaufgangs und warte auf meinen Einsatz. Genau wie
in meinen seit Kindheit immer wiederkehrenden
Albträumen. Da stehe ich jeweils in den Kulissen des Opernhauses, meist in einem langen
Kleid aus grünem Samt. Auf der Bühne singt
schon jemand sehr laut und sehr schön und ich
weiss: Ich bin als Nächste dran. Aber ich kann
doch gar nicht singen! Und ich weiss auch gar
nicht, was gespielt wird! Verzweifelt versuche
ich, jemanden auf mich aufmerksam zu machen, schattenhafte Wesen huschen an mir vorbei, doch keiner nimmt mich wahr. Keiner hört
mich. Dann geht der Vorhang auf, ein Kegel aus
gleissendem Licht fällt auf mich – und ich
wache auf.
Diesmal nicht. Dies ist kein Traum. Ich bin hellwach. Und ich trage kein grünes Kleid. Auf der
Bühne singt schon jemand laut und schön.
Gleich bin ich dran.
Mein Herz klopft laut, so laut, dass ich sicher
bin, es müsse durch das Ansteckmikrophon in
den Saal übertragen werden. Jeder könne es
hören. Ich öffne den Mund und schliesse ihn
wieder. Vor meinen Augen tanzen Lichtkreise.
«Mein Herz klopft laut,
so laut, dass ich sicher
bin, es müsse durch das
Ansteckmikrophon in
den Saal übertragen
werden. Jeder könne
es hören»
«Tief einatmen», höre ich die Stimme meiner erfahrenen Bühnenpartnerin. «Ganz in den Bauch
hinein!» In den Bauch? Was für ein Blödsinn! Wir
atmen mit der Lunge, und die wohnt nicht im
Bauch. Trotzdem, ich versuche es. Ich sauge die
Luft durch die Nasenlöcher ein, gierig erst, dann
langsamer. Das Blut reagiert sofort, das Rauschen in meinen Ohren wird schon leiser. Die
Luft verteilt sich in mir. Weit über die anatomischen Grenzen hinaus. Ich spüre meinen Atem
bis in die Zehenspitzen. Die Lichtkreise verschwinden, ich sehe wieder klar. Ganz, ganz
langsam strömt die Luft aus allen Winkeln meines Selbst zusammen, zur Nase zurück und aus
mir hinaus. Jetzt seufzt auch das Herz erleichtert auf. Es beruhigt sich. Es schlägt einmal,
zweimal, dann atmet es von alleine. Ich atme
mit dem Herzen. Und das ist mein Stichwort.
Impressum
Herausgeber:
Gesamtleitung:
Autorin:
Fotos:
Layout:
Auflage:
Milena Moser, 1963 in Zürich geboren, arbeitete nach
einer Buchhändlerlehre als freie Mitarbeiterin für Radio
DRS und verschiedene Zeitungen und Magazine,
bevor sie durch ihre Romane und Erzählungen über die
tragikomischen Wechselfälle des Lebens berühmt
wurde. Sie veröffentlichte 1990 ihre erste Kurzgeschichtensammlung «Gebrochene Herzen oder Mein erster bis
elfter Mord» in einem eigens von ihren Freunden für sie
gegründeten Verlag – bis sie mit «Die Putzfraueninsel»
1991 ihren ersten Bestseller landete. Es folgten weitere
erfolgreiche Romane und Erzählungen wie «Blondinenträume», «Das Leben der Matrosen», «Artischockenherz», «Bananenfüsse» und «Stutenbiss» und die
Sachbücher «Schlampenyoga oder Wo geht’s hier zur
Erleuchtung?» und «Flowers in your hair – Wie man in
San Francisco glücklich wird». Milena Mosers aktueller
Roman heisst «Möchtegern», erschienen im Verlag
Nagel & Kimche. Ende Juli 2011 erschien «High Noon
im Mittelland», eine Auswahl von Milena Mosers
Kolumnen aus der «Schweizer Familie». Die Website
von Milena Moser: www.milenamoser.com
UniversitätsSpital Zürich, Okt. 2011
Bettina Wildi
Helga Kessler
Patrick Stumm
schroederpartners.com
5000 Exemplare
UniversitätsSpital Zürich
Unternehmenskommunikation
Rämistrasse 100
8091 Zürich
www.usz.ch
[email protected]
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