Aus der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf Direktor Prof. Dr. Dieter Naber „Revised Clinical Institute Withdrawal Assessment for Alcohol Scale“ als Prädiktor für die Schwere des Alkoholentzugs Dissertation zur Erlangung des Grades eines Doktors der Medizin der Medizinischen Fakultät der Universität Hamburg vorgelegt von Luise Weitzdörfer aus Kaiserslautern Hamburg 2009 Angenommen von der Medizinischen Fakultät der Universität Hamburg am: 19.11.2009 Veröffentlicht mit Genehmigung der Medizinischen Fakultät der Universität Hamburg Prüfungsausschuss, der Vorsitzende: Prof. Dr. C. Haasen Prüfungsausschuss: 2. Gutachter: PD Dr. J. Reimer Prüfungsausschuss: 3. Gutachter: Prof. Dr. D. Naber La planète suivante était habitée par un buveur. Cette visite fut très courte mais elle plongea le petit prince dans une grande mélancolie: - Que fais-tu là? dit-il au buveur, qu’il trouva installeé en silence devant une collection de bouteilles vides et une collection de bouteilles pleines. - Je bois, répondit le buveur, d’un air lugubre. - Pourquoi bois-tu? Lui demanda le petit prince. - Pour oublier, répondit le buveur. - Pour oublier quoi? s’enquit le petit prince qui déjà le plaignait. - Pour oublier que j’ai honte, avoua le buveur en baissant la tête. - Honte de quoi? s’informa le petit prince qui désirait le secourir. - Honte de boire! acheva le buveur qui s’enferma définitivement dans la silence. Et le petit prince s’en fut, perplexe. Les grandes personnes sont décidément très bizarres, se disait-il en lui-même durant le voyage. “Le Petit Prince”, Antoine de Saint-Exupéry INHALTSVERZEICHNIS I 1 EINLEITUNG 1 2 THEORETISCHE GRUNDLAGEN 3 2.1 2.2 2.2.1 2.2.2 2.2.3 2.2.4 2.3 2.3.1 2.3.2 2.3.3 2.4 2.4.1 2.4.2 2.5 2.5.1 2.5.2 2.6 2.6.1 2.6.2 2.6.3 2.7 2.7.1 2.7.2 2.8 2.8.1 2.8.2 2.9 2.9.1 2.9.2 2.9.3 2.9.4 ABHÄNGIGKEITSSYNDROM ALKOHOLENTZUGSBEHANDLUNG ENTGIFTUNG – KÖRPERLICHER ENTZUG ENTWÖHNUNG – PSYCHISCHER ENTZUG AMBULANTE ODER STATIONÄRE BEHANDLUNG QUALIFIZIERTE ENTZUGSBEHANDLUNG ALKOHOLENTZUGSSYNDROM VORKOMMEN SYMPTOME DES ALKOHOLENTZUGS PATHOPHYSIOLOGIE DES ALKOHOLENTZUGSSYNDROMS KOMPLIKATIONEN KRAMPFANFALL DELIRIUM TREMENS BEGLEITERKRANKUNGEN DER ALKOHOLABHÄNGIGKEIT PSYCHIATRISCHE BEGLEITERKRANKUNGEN SOMATISCHE BEGLEITERKRANKUNGEN MEDIKAMENTÖSE THERAPIE INDIKATION ART DER MEDIKAMENTE THERAPIE NACH SYMPTOMEN ODER FESTEM APPLIKATIONSSCHEMA BEURTEILUNGSSKALEN ALS HILFSMITTEL ZUR DOSISFINDUNG CIWA-AR ÜBERBLICK ÜBER ANDERE BEURTEILUNGSSKALEN DIAGNOSTISCH WICHTIGE LABORPARAMETER MITTLERES ERYTHROZYTENEINZELVOLUMEN LEBERFUNKTIONSPARAMETER ALKOHOLENTZUG AM UNIVERSITÄTSKLINIKUM EPPENDORF ABLAUF MEDIKAMENTÖSE THERAPIE PSYCHOTHERAPIE CIWA-AR AM UKE 3 3 4 5 5 6 8 8 8 10 11 11 12 14 14 16 17 17 18 20 22 23 25 29 29 29 31 31 32 33 34 3 FRAGESTELLUNG 35 4 MATERIAL UND METHODEN 36 4.1 4.1.1 4.1.2 4.2 4.3 4.3.1 4.3.2 4.3.3 4.4 STICHPROBENBESCHREIBUNG EINSCHLUSSKRITERIEN AUSSCHLUSSKRITERIEN DATENGEWINNUNG AUFBAU UND INHALT DES ERFASSUNGSBOGENS AUFNAHME UND ABHÄNGIGKEITSVERHALTEN KOMORBIDITÄT AKTUELLE ENTZUGSDOKUMENTATION AUSWERTUNG DER DATEN 36 36 36 36 37 37 38 39 40 INHALTSVERZEICHNIS 5 ERGEBNISSE II 42 5.1 PATIENTENKOLLEKTIV 5.1.1 ABHÄNGIGKEITSVERHALTEN 5.1.2 KOMORBIDITÄT 5.1.3 DATEN BEI AUFNAHME 5.1.4 DATEN ZUM THERAPIEVERLAUF 5.1.5 MEDIKAMENTÖSE THERAPIE 5.1.6 GETRENNTE BETRACHTUNG VON FRAUEN UND MÄNNERN 5.2 CIWA-AR 5.2.1 ALLGEMEINE ERGEBNISSE 5.2.2 BEDEUTENDE ZUSAMMENHÄNGE 5.2.3 BESCHREIBUNG DER CIWA-AR-BEWERTUNGSEINHEITEN 5.2.4 GEMEINSAME BEWERTUNGSEINHEIT „HALLUZINATION“ 5.2.5 GRUPPENEINTEILUNG 5.2.6 VERGLEICH DER GRUPPEN 5.2.7 RELIABILITÄTSANALYSE DER EINZELNEN CIWA-AR-EINHEITEN 5.2.8 FAKTORENANALYSE MIT ANSCHLIEßENDER VARIMAXROTATION 42 43 43 44 45 45 46 47 47 48 50 52 52 53 60 62 6 64 DISKUSSION 6.1 6.1.1 6.1.2 6.1.3 6.1.4 6.2 6.2.1 6.2.2 6.2.3 6.3 6.4 6.4.1 6.4.2 6.5 METHODENKRITIK STICHPROBE BEWERTUNG DER SYMPTOMATIK ERSTELLEN DER CIWA-AR DATENAUSWERTUNG BEWERTUNG DER CIWA-AR EIGNUNG DER CIWA-AR ALS ENTZUGSINSTRUMENT EINMALIGE VERWENDUNG DER CIWA-AR CIWA-AR ALS PRÄDIKTOR FÜR EINEN SCHWEREN ENTZUGSVERLAUF ANDERE RELEVANTE PARAMETER ALS PRÄDIKTOREN OPTIMIERUNG DES CIWA-AR-BOGENS WEITERE PARAMETER ZUR EINSCHÄTZUNG DER ENTZUGSSCHWERE RELEVANZ EINZELNER BEWERTUNGSEINHEITEN KLINISCHE RELEVANZ DER ERGEBNISSE 64 64 66 67 67 68 68 69 71 74 75 76 76 78 7 ZUSAMMENFASSUNG 79 8 LITERATURVERZEICHNIS 81 9 ANHANG 87 9.1 9.2 9.3 9.4 9.5 ABBILDUNGS- UND TABELLENVERZEICHNIS AUSWERTUNGSBOGEN CIWA-AR LEBENSLAUF DANKSAGUNG 87 88 90 91 92 ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS a AAK AES AWMF AWS bzw. ca. CIWA CIWA-AD CIWA-Ar d DSM-IV EU fl g GABA GGT GOT GPT h ICD-10 l LARS MAWS MCV min mmHg mmol n NMDA p PS 5 QE r s U/l UKE WHO z. B. Jahre Alkoholkonzentration in der Atemluft Alkoholentzugssyndrom Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften Alcohol Withdrawal Scale beziehungsweise circa Clinical Institute Withdrawal Assessment for Alcohol Clinical Institute Withdrawal Assessment for Alcohol Scale, beruhend auf DSM-IV Clinical Institute Withdrawal Assessment for Alcohol Scale, revised Tag Diagnostisches und Statistisches Handbuch Psychischer Störungen, Version IV Europäische Union Femtoliter Gramm γ-Aminobuttersäure γ-Glutamyltransferase Glutamat-Oxalacetat-Transaminase Glutamat-Pyruvat-Transaminase Stunde Internationale Klassifikation der Krankheiten, 10. Revision Liter Lübeck Alcohol Withdrawal Risk Scale Mainz-Alcohol-Withdrawal-Scale Mittleres Erythrozyteneinzelvolumen Minute Millimeter Quecksilbersäule Millimol Anzahl N-Methyl-D-Aspartat Ergebnis eines statistischen Signifikanztests Psychiatrische Station 5, Uniklinik Hamburg-Eppendorf Qualifizierter Entzug Korrelationskoeffizient Standardabweichung Units pro Liter Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf Weltgesundheitsorganisation zum Beispiel III 1 EINLEITUNG 1 1 EINLEITUNG Alkohol gilt in vielen Kulturkreisen als alltägliches Genuss- und Rauschmittel. Seine Gefahren werden häufig unterschätzt. Es handelt sich um eine Substanz mit toxischer Wirkung, die zu Abhängigkeit führen kann. In Europa ist Alkoholabhängigkeit die häufigste Suchterkrankung. Etwa 90 Prozent (%) der erwachsenen Deutschen konsumieren Alkohol, es wird von circa 2,5 Millionen Abhängigen ausgegangen (Bühringer et al. 2000). Laut Deutscher Hauptstelle für Suchtfragen lag der Alkoholverbrauch im Jahre 2007 pro Einwohner bei 9,9 Litern (l), immerhin 2,2% weniger als im Vorjahr. Deutschland zählt zusammen mit Portugal, Luxemburg, Tschechien und Frankreich zu den Spitzenverbrauchern an Alkohol im EUVergleich. Bereits geringe Mengen Alkohol können schädigende Wirkungen hervorrufen. Nach Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation liegt die Risikogrenze des Konsums bei 20 Gramm (g) Reinalkohol täglich für Frauen und bei 30 g für Männer. Ein halber Liter Bier enthält bereits 20 g Alkohol. Der Großteil der Bevölkerung konsumiert täglich weit mehr als das (Bühringer et al. 2000). Übermäßiger Alkoholkonsum führt neben sozialen auch zu schwerwiegenden gesundheitlichen Problemen. Die Substanz beeinträchtigt nahezu jede Köperfunktion und ist Ursache schwerer Folgeschäden. Das Risiko für Lebererkrankungen, erhöhten Blutdruck oder bestimmte Krebserkrankungen verdoppelt sich bereits bei regelmäßigem Konsums geringer Trinkmengen (Mundle et al. 2003). Laut Statistischem Bundesamt starben im Jahr 2005 in Deutschland mehr Menschen im Zusammenhang mit Alkoholkonsum als durch Verkehrsunfälle und Suizide zusammengerechnet. Als häufigste Todesursache wurde die alkoholische Leberzirrhose erfasst. Die an Alkohol Verstorbenen sind durchschnittlich 20 Jahre jünger als die an anderen Ursachen Verstorbenen (Bühringer et al. 2000). Trotz dieser bekannten Fakten ist die Entscheidung zum Alkoholentzug für Patienten immer von starken Ängsten vor Entzugserscheinungen und der alkoholfreien Zukunft begleitet. Betroffene zögern die Behandlung meist lange Zeit hinaus. Viele von ihnen weisen deshalb zum Zeitpunkt des Entzuges bereits eine schwerwiegende 1 EINLEITUNG 2 Abhängigkeit auf. Es kann dann beim Entzug zu einer Vielzahl somatischer und psychischer Symptome kommen. Nervosität, Tremor, Schlafstörungen und Bluthochdruck bis hin zu schwerwiegenden Komplikationen wie Delirium tremens oder Krampfanfälle können auftreten. Das Alkoholentzugssyndrom (AES) variiert stark von Patient zu Patient. Der Übergang vom unkomplizierten Alkoholentzugssyndrom zum lebensbedrohlichen Alkoholentzugsdelir ist fließend. Zu Beginn sind individueller Verlauf und Komplikationen für den behandelnden Arzt jedoch schwer vorhersehbar, auch die Indikation zur medikamentösen Therapie sowie deren Dosierung ist im Vorfeld nicht planbar. Mit Hilfe der Entzugsskala Clinical Institute Withdrawal Assessment for Alcohol Scale, revised (CIWA-Ar), die häufige und seltene Symptome des Entzugs abfragt, ist die Schwere des AES numerisch quantifizierbar und im Verlauf vergleichbar. Nur bei Überschreitung Entzugsmedikamente. einer Durch festgelegten wiederholte Punktzahl erhält Erstellung der ermöglicht Patient diese symptomgesteuerte Behandlung eine optimale Dosierung der Medikamente, die auch auf variierende Symptomatik flexibel reagieren kann. Während sich der Einsatz der CIWA-Ar im angloamerikanischen Raum durchgesetzt hat, wird in der Bundesrepublik in vielen Einrichtungen weiterhin ohne Entzugsskalen nach eigenen fixen Arzneimittelschemata therapiert. Klare allgemeingültige Richtlinien fehlen. Die Folge ist eine häufig zu hohe Dosierung von Medikamenten mit hohem Suchtpotenzial und Nebenwirkungen (Hill und Williams 1993). Aufgrund dieser Tatsache wurde in der vorliegenden Arbeit die Verlässlichkeit der CIWA-Ar als Entzugsinstrument an einer deutschen Universitätsklinik untersucht. Es erfolgte die Überprüfung einzelner Bewertungseinheiten zur Optimierung der Skala. Darüber hinaus konnte eine neue Einsatzmöglichkeit der Skala vorgestellt und evaluiert werden. Es wurde geprüft, ob die einmalige CIWA-Ar-Erhebung zu Beginn des Entzugs bedeutende Hinweise für den Verlauf liefert. Eine dadurch ermöglichte frühe Risikoabschätzung eröffnet neue Möglichkeiten für die Praxis des Alkoholentzugs. Optimierung der Entzugsbehandlung im klinischen Bereich sowie Entlastung von Patienten durch Vermeidung von Komplikationen waren die Hauptanliegen dieser Studie. 2 THEORETISCHE GRUNDLAGEN 3 2 THEORETISCHE GRUNDLAGEN 2.1 Abhängigkeitssyndrom Das Abhängigkeitssyndrom wird nach dem Internationalen Klassifikationssystem der Krankheiten (ICD-10, F10.2) beschrieben als eine Gruppe körperlicher, kognitiver und sozialer Phänomene, die sich nach wiederholtem Substanzgebrauch entwickeln. Dabei besteht der starke Wunsch, die Substanz einzunehmen, selbst nach dem Auftreten schädlicher Folgen. Betroffene verlieren die Kontrolle über Menge und Frequenz des Konsums. Die Abhängigkeit führt zur Vernachlässigung anderer Aktivitäten und Pflichten zugunsten des Substanzgebrauchs. Toleranzentwicklung und körperliches Entzugssyndrom sind Folgen des regelmäßigen Konsums. Die Entwicklung einer Alkoholabhängigkeit dauert meist Jahre bis Jahrzehnte. Bei einem Rückfall treten die genannten Symptome einer Abhängigkeit häufig schon innerhalb von Tagen oder Wochen auf (Mundle et al. 2003). 2.2 Alkoholentzugsbehandlung Die Therapie der Alkoholabhängigkeit beinhaltet die Akut- und Postakutbehandlung, je nach individuellen Umständen ambulant, teilstationär oder stationär durchführbar. Sie umfasst zunächst die körperliche Entzugsbehandlung, die ambulant eine Woche, teilstationär oder stationär als qualifizierte Entzugsbehandlung drei Wochen dauert. Daran schließt sich die vier- bis sechsmonatige Entwöhnungsbehandlung in Suchtfachkliniken an. Bei guter sozialer Integration kann auch ambulant in Suchtberatungsstellen Aufrechterhaltung eine der einjährige Abstinenz Therapie sollte durchgeführt schließlich der werden. Zur Besuch von Selbsthilfegruppen und eine pharmakologische Behandlung als Rückfallprophylaxe erwogen werden. Für den Behandlungserfolg sind individuelle Therapieplanung und enge interdisziplinäre Zusammenarbeit von großer Bedeutung. Bei optimaler Therapie und Nutzung der oben genannten einzelnen Interventionen sind Abstinenzquoten von über 60% zu erzielen (Mann 2002). 2 THEORETISCHE GRUNDLAGEN 2.2.1 4 Entgiftung – körperlicher Entzug Während der Entgiftung steht die Behandlung körperlicher Entzugserscheinungen im Vordergrund. Nach dem abrupten Absetzen von Alkohol dauern diese, je nach körperlicher Verfassung, ein bis höchstens zwei Wochen an. Dabei sollte eine somatisch gut fundierte Behandlung der Entzugssymptome mit Diagnostik und Therapie der körperlichen Begleit- und Folgekrankheiten durchgeführt werden, um das Auftreten von Komplikationen möglichst zu vermeiden. Die beobachteten Symptome sind in ihrer Ausprägung sehr unterschiedlich. Das Spektrum reicht von Zittern und Unwohlsein über gastrointestinale Beschwerden bis zum Alkoholdelir, welches tödlich enden kann (Banger et al. 1997). Deshalb sollte die Behandlung unbedingt unter ärztlicher Kontrolle durchgeführt werden, unabhängig davon, ob stationär oder zuhause entzogen wird. Bei Risikopatienten, also multimorbiden und jenen mit vorangegangenen schweren Entzügen, ist die Entgiftung mit Flüssigkeitszufuhr und entsprechenden Medikamenten unbedingt stationär durchzuführen. Während der Behandlung muss auf ausreichende Elektrolytausgleich geachtet werden, außerdem sollte eine eventuell bestehende Mangelernährung behandelt werden. Bei Bedarf werden Magnesium, Thiamin und Flüssigkeit intravenös zugeführt (Kiefer und Mann 2007). Die Therapie der körperlichen Symptome stellt nur einen Teil der Anforderungen an die Behandlung dar, denn schon zu Beginn ist die grundlegende Auseinandersetzung mit der eigenen Suchtproblematik für einen positiven Ausgang von großer Bedeutung. Intensive psychotherapeutische Betreuung bereitet den Weg zur dauerhaften Abstinenz. Nur wenn der Patient seine Krankheit verstehen und akzeptieren lernt, wird er sich zur langfristigen Entwöhnungstherapie entschließen. Eine deutsche multizentrische Studie ergab weitaus höhere Abstinenzquoten bei Patienten, die sich zusätzlich zur kurzfristigen Entzugsbehandlung zu einer langfristigen Entwöhnungsbehandlung entschlossen (Feuerlein und Küfner 1989). Um Motivation für die langfristige Abstinenz zu wecken, sind folglich Aufklärungsgespräche über die Erkrankung und die gemeinsame Erstellung von Therapieplänen bezüglich der weiterführenden Behandlung essentiell. 2 THEORETISCHE GRUNDLAGEN 2.2.2 5 Entwöhnung – psychischer Entzug Die Rehabilitationsbehandlung sollte sich der Entgiftung direkt anschließen und dauert mindestens mehrere Wochen, häufig Monate. Sie kann ambulant, teilstationär oder stationär durchgeführt werden. Ambulant geschieht dies erfolgreich in entsprechend qualifizierten Suchtberatungsstellen (Soyka et al. 1997). Auch für die stationäre Entwöhnungsbehandlung in spezialisierten Einrichtungen konnte Wirksamkeit bewiesen werden (Mann et al. 2006). Psychotherapeutische Behandlung und soziale Betreuung einerseits sowie das Miteinbeziehen von Familienangehörigen andererseits sind vordergründige Aspekte der Entwöhnungstherapie. Die Langzeittherapie sollte genügend Zeit und Raum für soziales Training und Persönlichkeitsschulung schaffen. Der Entwöhnungsbehandlung folgt möglichst eine ambulante Nachbetreuung. In regelmäßigen Abständen kann so Hilfestellung bei der Wiedereingliederung in den Alltag und bei akuten psychischen Krisen mit Rückfallgefährdung gewährleistet werden. Zusätzlich haben sich Selbsthilfegruppen wie die „Anonymen Alkoholiker“ für die Nachbetreuung bewährt. 2.2.3 Die Ambulante oder stationäre Behandlung Entscheidung Entzugsphasen über die (Krankenhaus, Rahmenbedingungen Tagesklinik, während betreutes der Wohnen, einzelnen ambulante Behandlung) sollte abhängig von den Fähigkeiten des Patienten individuell getroffen werden. Vorteilhaft für den Ausgang der Therapie ist eine wenig restriktive Umgebung mit größtmöglicher Sicherheit. Wirksamkeit und Kosteneffizienz wurden für eine stationäre Behandlung von mindestens drei Wochen nachgewiesen (Driessen 1999a). Auch für ambulante Entgiftungen liegen günstige Ergebnisse vor, sofern tägliche Arztbesuche gesichert sind (Scherle et al. 2003). In einer katamnestischen Untersuchung (Soyka et al. 1997) waren nach 18 bis 24 Monaten 47,7% der Patienten mit ambulanter Therapie durchgehend abstinent (n = 65, nachuntersuchte Patienten = 51, durchgehend abstinent = 31). Studien zufolge gibt es zwischen ambulant und stationär betreuten Patienten keinen Unterschied bezüglich der Abstinenzrate nach sechs Monaten 2 THEORETISCHE GRUNDLAGEN 6 (Hayashida et al. 1989). Der qualifizierte ambulante Entzug stellt zum stationären also eine effiziente, kostengünstige Alternative dar. Sehr selbstständige Patienten, bei denen keine schweren Komplikationen zu erwarten sind und die zuhause sozial gut versorgt sind, können demnach ambulant entziehen (Kiefer und Mann 2007). Sie dürfen weder therapiebedürftige Begleiterkrankungen noch eine Vorgeschichte komplizierter Entzüge oder gescheiterter Entzugsversuche haben. Für die Behandlung muss ein strenger Therapieplan vorliegen, auf dessen Basis die Patienten vor allem in der ersten Woche täglich betreut werden und eine ihren Symptomen entsprechende Arzneimitteltherapie erhalten. Als Medikament der ersten Wahl wird Benzodiazepin für den ambulanten Entzug empfohlen. Die Verschreibung von Clomethiazol ist dagegen wegen des hohen Suchtpotenzials und der möglichen Komplikationen (bronchiale Hypersekretion, Atemdepression in Kombination mit Alkohol) obsolet. Besonders geschwächte Patienten ohne förderliches soziales Umfeld sollten unbedingt stationär entgiften, da mit schweren Komplikationen gerechnet werden muss (Driessen 1999a). Außerdem können so andere behandlungsbedürftige internistische oder psychische Begleiterkrankungen, die während des Aufenthalts diagnostiziert werden, zeitnah optimal therapiert werden. Es muss folglich für jeden Patienten individuell entschieden werden, ob ein stationärer Entzug gegenüber dem ambulanten vorzuziehen ist und ob die erforderlichen Rahmenbedingungen erfüllt werden. 2.2.4 Qualifizierte Entzugsbehandlung Unter Qualifiziertem Entzug (QE) versteht man die umfassende dreiwöchige Entzugsbehandlung, die den körperlichen Entzugs mit Behandlungskonzepten der Entwöhnungstherapie verbindet. Die umfassende Therapie der ersten Wochen des Entzugs soll eine intensive psychologische Betreuung der Patienten von Anfang an garantieren. Es ist hierbei von großer Bedeutung, dass der Patient über seine Erkrankung aufgeklärt und sich seiner Abhängigkeit bewusst wird. Er soll herangeführt werden an weitere Behandlungsschritte der langfristigen Therapie. „Lebenslange Alkoholabstinenz“ heißt die Idealvorstellung des Entzugs, tatsächlich 2 THEORETISCHE GRUNDLAGEN 7 demotiviert dieses scheinbar unerreichbare Ziel häufig Patienten (Kiefer und Mann 2007). Auch wenn in Kauf genommen werden muss, dass abstinente Perioden von Rückfällen unterbrochen werden, gilt es, Patienten generell zur Entzugsbehandlung zu motivieren (Mann et al. 2006). Das vorrangige Ziel ist eine Verbesserung der Lebensqualität des Patienten, das heißt Stabilisierung seiner Gesundheit, Reduktion der Trinkmenge und Erlangen von sozialer Sicherheit. Um dies zu erreichen, werden im QE die klassischen Behandlungsweisen mit alternativen Therapieansätzen kombiniert. Dazu gehören sport- und verhaltenstherapeutische Techniken (schrittweise Exposition, Ergotherapie), Entspannungsverfahren wie autogenes Training, Akupunkturbehandlungen sowie regelmäßige Gruppen- und Einzeltherapiesitzungen. Schon zu Beginn der Behandlung wird über weiterführende Therapieeinrichtungen aufgeklärt, Selbsthilfegruppen werden vorgestellt. Patienten haben die Möglichkeit, solche Einrichtungen zu besuchen, um über ihre weitere Behandlung entscheiden zu können. Der QE versteht sich demnach als flexibles, ganzheitliches Behandlungskonzept mit dem Ziel, Motivation und Anleitung für Behandlung und Abstinenz zu geben. Ermöglicht wird dies durch die Zusammenarbeit von Ärzten, Psychologen, Sozialarbeitern und geschulten Pflegekräften, die den Patienten kompetent unterstützen können. Grundlage für das Konzept des QE sind die Empfehlungen einer Expertenkommission der Bundesregierung (BMG 1988). Um flächendeckende Versorgung alkoholkranker Menschen zu garantieren, werden seither spezialisierte psychiatrische Suchtkompetenzzentren gefordert, in denen medizinisch, psycho- und sozialtherapeutisch geschultes Personal zusammenarbeitet. Beim Vergleich des Qualifizierten Entzugs mit dem allgemeinpsychiatrischen Entzug konnten langfristig finanzielle Vorteile für den QE nachgewiesen werden (Driessen et al. 1999b). Trotz anfangs erhöhter Kosten für den aufwendigen QE waren die Ausgaben in den dem Entzug folgenden fünf Jahren für Krankenbehandlung und Krankengeld nur halb so hoch. Obwohl die Effizienz des QE belegt ist, wird noch immer häufig konventionell behandelt, vor allem auf internistischen Abteilungen in Allgemeinkrankenhäusern (Schwoon et al. 2002). 2 THEORETISCHE GRUNDLAGEN 8 2.3 Alkoholentzugssyndrom 2.3.1 Vorkommen Das Alkoholentzugssyndrom kann auftreten, wenn ein über lange Zeit regelmäßig betriebener Konsum plötzlich unterbrochen oder stark vermindert wird. Durch den plötzlichen Abfall des Blutalkoholspiegels beim Entzug kommt es zur Übererregung des Zentralnervensystems (ZNS), auf dessen Transmittersysteme der chronische Konsum einen dämpfenden Effekt hatte (Zilker 1999). Die sehr unterschiedlichen Symptome beginnen sechs bis 24 Stunden nach Trinkende, häufig schon bevor die Alkoholblutkonzentration den Wert Null erreicht hat (Hall und Zador 1997). Abhängig vom Schweregrad treten über einen Zeitraum von drei bis fünf Tagen typische Entzugserscheinungen auf, die meist am zweiten Tag am ausgeprägtesten sind. 2.3.2 Symptome des Alkoholentzugs Die Art und Schwere der Symptome können sehr variabel sein. Risikofaktoren für einen schweren Entzug sind beispielsweise frühere Entzugssyndrome mit Delir oder körperliche Komorbidität. Im Folgenden werden die möglichen internistischen, vegetativen, neurologischen und psychischen Beschwerden aufgeführt (Feuerlein et al. 1998). Aus dem Bereich der somatisch-internistischen Symptome sind Unwohlsein und Schwäche, gastrointestinale Störungen (Appetitmangel, Magenschmerzen, Durchfall, Übelkeit, Erbrechen, Blutungen), Herz-Kreislaufstörungen (Pulsbeschleunigung und Blutdruckerhöhung, periphere Ödeme) und Hypoglykämie oder Elektrolytveränderungen möglich. Vegetative Erscheinungen wie Mundtrockenheit, übermäßiges Schwitzen, Juckreiz und Schlafstörungen treten häufig auf. Tremor (Zittern der Hände, Zunge und Augenlider), Artikulationsstörungen, Ataxie, Parästhesien, Nystagmus, Doppelbilder, Muskel- und Kopfschmerzen sowie erhöhte Krampfneigung zählen zu den neurologischen Symptomen. 2 THEORETISCHE GRUNDLAGEN 9 Auch psychische Auffälligkeiten wie Angst, Reizbarkeit, motorische und innere Unruhe, depressive Verstimmungen, Konzentrations- und Gedächtnisstörungen, selten Bewusstseinsstörungen und flüchtige Halluzinationen („weiße Mäuse“) sind zu erwarten. Das Spektrum reicht von milden vegetativen Entzugserscheinungen bis zu schweren Entzugssymptomen mit lebensbedrohlichen Komplikationen. Neurologische und psychische Symptome, wie Halluzinationen, Krampfanfälle und Orientierungslosigkeit, lassen auf ein schweres Entzugssyndrom schließen. Bei schweren AES, die mit einer Wahrscheinlichkeit von ca. 15% auftreten, kann es vorübergehend zu optischen und akustischen Halluzinationen kommen (SchröderRosenstock und Busch 1996). In Tabelle 1 sind die zu beobachtenden Entzugserscheinungen in der Reihenfolge des Auftretens aufgeführt. Abfolge und Dauer sind abhängig von der Schwere des Entzugs und den einzelnen Symptomen selbst. Tabelle 1: Auftreten von Alkoholentzugssymptomen (Bayard et al. 2004) Symptome des Alkoholentzugs Eintritt der Symptomatik Milde Entzugssymptomatik: Schlafstörung, Ängstlichkeit, Unruhe, Übelkeit, Erbrechen, Kopfweh, Schwitzen, Herzklopfen Nach 6 bis 12 h Halluzinationen: visuelle, akustische und taktile Nach 12 bis 24 h Entzugskrampfanfälle: generalisierte tonischklonische Krämpfe Nach 24 bis 48 h Delirium tremens: Halluzinationen (meist visuell), Desorientierung, Tachykardie, Hypertension, leichtes Fieber, Unruhe Nach 48 bis 72 h 2 THEORETISCHE GRUNDLAGEN 10 Es wird davon ausgegangen, dass die Schwere der Symptomatik mit der Menge des täglichen Alkoholkonsums und der Länge der letzten Konsumphase zusammenhängt. Oft wiederholen sich Entzugsereignisse bei einzelnen Patienten (Bayard et al. 2004). Delirien treten beispielsweise gehäuft bei jenen Patienten auf, die in ihrer Krankengeschichte bereits ein Delir aufweisen (Kraemer et al. 2003). Die Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Suchtforschung (Mundle et al. 2003) empfehlen, Art und Verlauf des Entzugssyndroms gezielt zu beobachten und zu dokumentieren, da sich die Symptomatik rasch verändern kann. Zur objektiven Einschätzung der Entzugsschwere wird die Verwendung standardisierter Skalen als Hilfsmittel gefordert. Die international am häufigsten verwendete Skala ist die CIWA-Ar. Diese ermöglicht eine an numerischen Ergebnissen orientierte AESBehandlung (Sullivan et al. 1989). Sie wurde in vielen kürzlich erschienenen Studien zur Pharmakotherapie des Alkoholentzugs verwendet (Favre et al. 2005; Addolorato et al. 2006). Da vorangegangene Studien bezüglich prognostischer Faktoren für die Entwicklung schwerer Entzugserscheinungen bis heute keine einheitlichen Ergebnisse liefern, wird in der hier vorliegenden Arbeit geprüft, ob mit Hilfe der CIWA-Ar-Erstellung zu Beginn eine Aussage über den zu erwartenden Verlauf des individuellen Entzugs gemacht werden kann. 2.3.3 Pathophysiologie des Alkoholentzugssyndroms Alkohol wirkt sich auf nahezu jedes Transmittersystem des Nervensystems aus. Noch nicht alle pathophysiologischen Mechanismen des Alkoholentzugs sind vollständig geklärt (Tiecks und Einhäupl 1994). Es wird im Folgenden nur auf die wichtigsten eingegangen. Im gesunden Nervensystem des Menschen besteht eine Balance zwischen hemmenden (inhibitorischen) und erregenden (exzitatorischen) Neurotransmittern. Der wichtigste inhibitorische Neurotransmitter ist GABA (γ-Aminobuttersäure), der über entsprechende Rezeptoren wirkt. Alkohol in hohen Dosen verstärkt die hemmende Wirkung an den GABA-Neurorezeptoren, was in einer generellen Minderung der Erregbarkeit resultiert. Bei chronischem Alkoholkonsum reagieren 2 THEORETISCHE GRUNDLAGEN 11 diese Rezeptoren kompensatorisch weniger sensitiv auf die Aktivierung durch GABA. Dies äußert sich in einer verstärkten Toleranz gegenüber Alkohol. Einer der wichtigsten exzitatorischen Neurotransmitter ist Glutamat, die zugehörigen Rezeptoren sind vom NMDA-Typ (N-Methyl-D-Aspartat-Typ). Auf diese Rezeptoren hat Ethanol einen hemmenden Effekt. Sie werden deshalb nach langem Alkoholkonsum kompensatorisch hochreguliert. Beim abrupten Absetzen des Alkohols kommt es zu Übererregbarkeit, da die hemmende Wirkung des Alkohols wegfällt (Rommelspacher et al. 1991; Schröder-Rosenstock und Busch 1996). Angst, Nervosität, Zittern und auch Krampfanfälle oder Delirium tremens sind die Folgen. Neurophysiologische Untersuchungen stellten ein Phänomen namens Kindling vor (Ballenger und Post 1978). Durch die wiederholte Einwirkung schwacher Reize, die alleine noch keine Reizantwort auslösen könnten, wird die Schwelle für Entladungen gesenkt. Die Reizantwort auf schwache Reize wird nach mehrmals erlebten Entzugssituationen fortlaufend stärker. Das bedeutet, dass bei langbestehender Abhängigkeit durch vorangegangene Induktion des ZNS das Risiko für folgende Entzugssymptome und epileptische Anfälle gesteigert ist. 2.4 Komplikationen 2.4.1 Krampfanfall Bei circa 15% der Entziehenden treten generalisierte Krampfanfälle auf (Soyka 1999). Sie stellen eine ernste Komplikation des schweren AES dar. Krampfanfälle können sich innerhalb von sechs bis 48 Stunden nach Absetzen des Alkohols entwickeln und äußern sich durch starke Zuckungen und Krämpfe, bei denen Patienten stürzen und sich ernsthaft verletzen können (Hughes 2009). Es gibt bestimmte Prädispositionen, die ein Krampfgeschehen begünstigen. Das Risiko steigt mit dem Ausgangsalkoholspiegel und beim Vorliegen eines Hirntraumas oder einer metabolischen Störung, wie einer Elektrolytentgleisung. An Epilepsie erkrankte Patienten erleiden häufiger entzugsbedingte Krampfanfälle. 2 THEORETISCHE GRUNDLAGEN 12 Auch mehrere durchgeführte Entzüge und früheres Krampfgeschehen begünstigen ihr Auftreten (Lechtenberg und Worner 1990). In einem Drittel der Fälle geht das Krampfgeschehen in ein Delirium tremens über (Zilker 1999). Patienten mit erhöhtem Anfallsrisiko sollten im Entzug zusätzlich zur generellen Entzugsmedikation krampfprophylaktisch behandelt werden, beispielsweise mit Carbamazepin. 2.4.2 Delirium tremens Auftreten Das Alkoholentzugsdelir (Delirium tremens) ist ein lebensbedrohlicher Zustand, der meist nach langjährigem Alkoholismus vorkommt. Auftreten kann ein Alkoholdelir 48 bis 96 h nach Absetzen von Alkohol, aber auch in einer Phase des extremen Konsums (Wright et al. 2006). Es wird angenommen, dass circa fünf Prozent aller hospitalisierten Menschen ein Delirium tremens entwickeln (Mayo-Smith et al. 2004). Abhängig von aktuellen Begleiterkrankungen wird das Risiko eines schweren AES mit Delirium tremens auf fünf bis 20% geschätzt (Ferguson et al. 1996). Laut Deutscher Krankenhausstatistik werden pro Jahr 15000 bis 20000 Patienten mit der Diagnose Alkoholdelir behandelt (Soyka 2008). Etwa die Hälfte aller Delirien beginnt mit einem zerebralen Krampfanfall (Soyka 1995a). Die Letalität des unbehandelten Delirs liegt bei 15%, unter optimaler Therapie hingegen bei nur 0 bis 5% (Ferguson et al. 1996). Ursächlich für das Versterben sind meist kardiovaskuläre Faktoren. Es ist die schwerste und gefährlichste Komplikation des Alkoholentzugs. 12 bis 23% der Alkoholiker, die ein Delir entwickeln, erleiden bei einem erneuten Entzug abermals ein Delir. Deshalb ist bei der Anamnese die diesbezügliche Vorgeschichte des Patienten sehr genau zu erfassen und für den bevorstehenden Entzug besonders relevant (Mayo-Smith 1997). Für die Früherkennung, medikamentöse Behandlung und mögliche Vermeidung des Delirs könnte die Verwendung der CIWA-Ar hilfreich sein. Dies wird in der vorliegenden Arbeit untersucht. 2 THEORETISCHE GRUNDLAGEN 13 Symptome Die klassischen Symptome des Delirium tremens sind nach Informationen der Weltgesundheitsorganisation Bewusstseinstrübung und Verwirrtheit, lebhafte Halluzinationen oder Illusionen jeglicher Wahrnehmungsqualität (besonders optischer Natur) sowie ausgeprägter Tremor (Dilling et al. 1999). Charakteristisch sind auch Temperaturanstieg, Tachykardie und vegetative Irritabilität. Das Alkoholentzugsdelir dauert meist weniger als eine Woche, Bewusstseinstrübung und Verwirrtheit können aber selbst unter medikamentöser Behandlung Wochen bis Monate anhalten (Wright et al. 2006). Sogar nach Ende des Delirs kann ein organisches Psychosyndrom mit Merkfähigkeits- und Konzentrationsstörungen sowie vegetativer Labilität bestehen bleiben. Auch der direkte Übergang in eine Wernicke-Enzephalopathie und ein alkoholbedingtes Korsakow-Syndrom ist möglich. Die Wernicke-Enzephalopathie zeichnet sich durch die Symptomtrias Verwirrung und Bewusstseinsstörung, Augenmuskelparese sowie Ataxie aus. Sie tritt gehäuft bei Alkoholikern mit Vitamin B1-Mangel aufgrund von Malabsorption auf und kann durch Behandlung mit hochdosiertem Thiamin teilweise geheilt werden. Im Gegensatz dazu ist das Korsakow-Syndrom meist irreversibel. Es geht häufig aus einer unbehandelten Wernicke-Enzephalopathie hervor und ist gekennzeichnet durch anterograde Amnesie und Konfabulationen. Patienten mit Korsakow-Syndrom füllen Erinnerungslücken mit reinen Phantasieinhalten aus. Risikofaktoren und Therapie Risikofaktoren für die Entwicklung eines Delirium tremens sind schwere Begleiterkrankungen, täglicher hoher Alkoholkonsum, Delir- und Krampfanfälle in der Vorgeschichte und eine schwere generelle Entzugssymptomatik schon bei Aufnahme im Krankenhaus (Bayard et al. 2004). Patienten, die aufgrund von Alkoholfolgekrankheiten, wie Pankreatitis, Leberzirrhose, obere gastrointestinale Blutung oder Schädel-Hirn-Trauma, stationär aufgenommen werden, entwickeln durch das abrupte Trinkende häufig ein Alkoholdelir. Für die Therapie ist bei Fehlen kardiopulmonaler Vorerkrankungen Clomethiazol das Mittel der ersten Wahl (Soyka und Küfner 2008). Bei Bedarf wird zusätzlich als Antipsychotikum Haloperidol 2 THEORETISCHE GRUNDLAGEN 14 (5-10 mg/Tag) gegeben. Alternativ können auch Benzodiazepine in Kombination mit einem Antipsychotikum verabreicht werden. Generell muss geprüft werden, wie schwerwiegend das Delir ist. Gegebenenfalls sollte die Weiterbehandlung des Patienten von der Intensivstation übernommen werden. 2.5 Begleiterkrankungen der Alkoholabhängigkeit 2.5.1 Psychiatrische Begleiterkrankungen Warum ist Alkoholismus in unserer Gesellschaft ein so häufig auftretendes Problem? Welche Umstände führen zu diesem Verhalten? Auch wenn der Entzug Gegenstand dieser Arbeit ist, sollte dabei Interesse an den gesellschaftlichen und psychischen Aspekten der Erkrankung bestehen. Es ist durchaus wichtig, die mögliche Komorbidität der Patientengruppe zu kennen. Entsprechende Therapiemaßnahmen müssen gezielt und individuell angepasst werden. Da sich die psychische Situation eines Patienten im Laufe des Entzugs und der Entwöhnung ändert, sollte der Patient nicht nur während der Behandlung, sondern auch nach zwei- bis vierwöchiger Abstinenz unbedingt psychiatrisch untersucht werden (Brown et al. 1995). Überdurchschnittlich häufig besteht bei Alkoholikern eine psychiatrische Begleiterkrankung. Nach dem ätiopathogenetischen Entstehungsmodell ist entweder der Alkoholismus die Ursache der psychiatrischen Störung oder aber eine psychiatrische Erkrankung führt zum Alkoholismus. Das pathologische Trinkverhalten kann im Sinne einer Selbstmedikation der vorbestehenden psychischen Störung gesehen werden (Wurmser 1987). Natürlich können beide Erkrankungen entsprechend dem Zufallsmodell auch ganz unabhängig voneinander auftreten. Das phänomenologische Modell jedoch sieht eine gemeinsame Ursache für beide Störungen, beispielsweise eine genetische Grundlage. Für den Verlauf der Alkoholerkrankung ist eine koexistente psychiatrische Störung relevant. Solange eine depressive Symptomatik besteht, stellt die Abstinenz ein nur schwer zu erreichendes Ziel dar. Beim Vorliegen einer Angststörung wiederum kann eine Panikvorstellung vor der Entzugssituation den Konsum fördern, die 2 THEORETISCHE GRUNDLAGEN 15 Entscheidung zum Entzug erschweren und so die Abhängigkeit entsprechend dem interaktionalen Prinzip verstärken. Es ist bekannt, dass der Genuss von Alkohol als Mittel zur Verringerung negativer psychophysiologischer Korrelate gilt. Die alkoholbezogene Wirkung ist zwar nur von kurzer Dauer, hat aber einen starken subjektiven Einfluss auf die Gemütslage des Menschen und ist somit alkoholismusfördernd. Der Langzeiteffekt des Alkohols hingegen scheint eher angstund depressionssteigernd zu sein. Es kommt zu einem circulus vitiosus, dem die Patienten alleine nur schwer entkommen können. Die fünf wichtigsten psychiatrischen Begleiterkrankungen des Alkoholismus werden im folgenden Abschnitt vorgestellt: Affektive Störungen lassen sich ursächlich in primäre und sekundäre Depressionen einteilen. Während der überwiegende Anteil männlicher Alkoholabhängiger durch die Alkoholabhängigkeit eine sekundäre Depression entwickelt, leiden Frauen häufiger primär unter einer depressiven Störung und diese verursacht gesteigerten Alkoholkonsum (Roy et al. 1991). Sekundäre Depressionen werden bei 12 bis 51% der Erkrankten diagnostiziert. Depressive Alkoholiker weisen eine größere tägliche Trinkmenge auf als Alkoholiker ohne depressive Störungen (Driessen 1999a). Es wurde ein positiver Zusammenhang zwischen depressiven Symptomen und einem erhöhten Rückfallrisiko festgestellt (Greenfield et al. 1998). Angststörungen gehören neben affektiven Störungen zu den häufigsten komorbiden Störungen bei Alkoholikern (Schuckit und Hesselbrock 1994). Meist handelt es sich um soziale Phobien, Agoraphobien oder Panikstörungen. Angststörungen werden vor allem als primäre Störungen vermutet, bei denen Alkohol im Sinne einer Selbstmedikation verstanden werden kann. Die Häufigkeit von Persönlichkeitsstörungen Alkoholabhängiger wird in der Literatur kontrovers diskutiert. Die Diagnose einer antisozialen Persönlichkeitsstörung wurde insbesondere in den angloamerikanischen Ländern bei bis zu 50% der alkoholabhängigen Patienten gestellt (Bucholz et al. 2000). Es konnte allerdings keine „Alkoholikerpersönlichkeit“ nachgewiesen werden. 2 THEORETISCHE GRUNDLAGEN 16 Generell existiert eine erhöhte Wahrscheinlichkeit für die Ausbildung einer Abhängigkeitsstörung und für Substanzmissbrauch bei einer schizophrenen Grunderkrankung. Die Angaben zur Lebenszeitprävalenz für Alkoholismus schwanken zwischen 10 und 40% (Soyka 1995a), wobei sich die Abhängigkeit meist nach der psychiatrischen Diagnose entwickelt (Hambrecht und Häfner 1996). Das lebenslange Suizidrisiko schließlich ist bei Alkoholabhängigen im Vergleich zur Gesamtbevölkerung 60- bis 120-fach erhöht (2,0-3,4%). Ein Viertel aller Suizide wird durch Alkoholiker begangen. Die Todesursache von 5 bis 27% der Erkrankten ist Suizid (Murphy und Wetzel 1990). Akute Risikofaktoren für einen Suizidversuch sind Trennung vom Lebenspartner, Verlust eines nahen Angehörigen oder aber eine gerade durchgemachte stationäre Entzugsbehandlung. Diese Tatsache bekräftigt die Notwendigkeit einer psychotherapeutischen Behandlung während des Entzugs und danach. 2.5.2 Somatische Begleiterkrankungen Häufig fällt es schwer, den kausalen Zusammenhang zwischen Alkohol und seinen negativen Folgen zu beweisen. Es gibt wahrscheinlich kein Organsystem, dass durch chronischen Alkoholkonsum nicht geschädigt wird. Immer spielen jedoch auch persönliche Variablen, wie Lebensstil und genetische Risikofaktoren, für die Ausbildung verschiedenster Folgeerkrankungen eine Rolle. Einen Überblick über die wichtigsten Begleiterkrankungen gibt folgender Auszug aus den Leitlinien der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF). 2 THEORETISCHE GRUNDLAGEN 17 Tabelle 2: Alkoholassoziierte Begleiterkrankungen (Mundle et al. 2003) Neurologisch Hepatologisch Gastrointestinal Kardiologisch Genetisch Polyneuropathie Hepatozell. Karzinom Refluxösophagitis Rhythmusstörung Embryopathie Krampfanfall Hepatitis Karzinome Ataxie Leberzirrhose Gastritis Hypertonus Kardiomyopathie Kleinhirnatrophie Aszites, portale Hypertonie Laktoseintoleranz Hypoglykämie Pankreatitis Porphyrien Hypovitaminämie Fehlbildung Steatohepatis Ösophagusvarizen Enzephalopathie/Koma 2.6 Medikamentöse Therapie 2.6.1 Indikation Im Vorfeld und im Laufe eines jeden Entzugs muss abgewogen werden, ob eine medikamentöse Therapie erforderlich ist. Viele Patienten können den Entzug auch sicher ohne pharmakologische Interventionen durchstehen (Shaw et al. 1981; Naranjo et al. 1983). Für Patienten mit schwacher oder nicht vorhandener Entzugssymptomatik ist keine pharmakologische Behandlung notwendig. Solche milden Entzüge können bei Patienten auftreten, die täglich nur relativ kleine Alkoholmengen konsumieren oder auch bei periodischen Trinkern. Periodische Trinker können über Tage und Wochen alkoholfrei leben und trinken nicht, um 2 THEORETISCHE GRUNDLAGEN 18 auftretenden Entzugssymptomen entgegen zu wirken, sondern konsumieren in unregelmäßigen Abständen exzessiv Alkohol bis zum Kontrollverlust. Schwere AES (mit Krampfanfall, Halluzinose oder Delirium tremens) müssen immer pharmakologisch behandelt werden, da mit schwerwiegenden Komplikationen zu rechnen ist. Auch sollten Patienten mit ernstzunehmenden körperlichen Erkrankungen schon bei nur milder Symptomatik medikamentös behandelt werden, da die Wahrscheinlichkeit für einen prolongierten und schweren Entzugsverlauf erhöht ist (Wojnar et al. 1999a). Generell ist eine pharmakologische Therapie bei aktuellen und anamnestisch erfassbaren schweren Entzugssyndromen indiziert. Schon bei mäßig ausgeprägten Symptomen können Pharmaka diese positiv beeinflussen (Mayo-Smith 1997). Beispielsweise kann Carbamazepin zerebrale Krampfanfälle verhindern, dadurch einen Antikindlingeffekt bewirken und zukünftige schwere AES verhindern. Studien zeigen, dass Entzugskomplikationen mit höherer Wahrscheinlichkeit auftreten, wenn die medikamentöse Behandlung erst spät begonnen wird (Sellers et al. 1983). Bevor die Blutalkoholkonzentration allerdings nicht auf mindestens 1‰ abgefallen ist, sollten Pharmaka vermieden werden, da die Wechselwirkungen zwischen Alkohol und den verabreichten Medikamenten schwer einzuschätzen sind. 2.6.2 Art der Medikamente Das Mittel der ersten Wahl für den Alkoholentzug in Deutschland ist Clomethiazol, bekannt unter dem Handelsnamen Distraneurin (Benkert und Hippius 2007). Es sollte maximal 14 Tage eingesetzt werden, da es selbst ein hohes Suchtpotenzial besitzt und schnell zu Abhängigkeit führen kann (Andritsch und Reimer 1976). Am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) wird es meist in Form von Kapseln verabreicht (1 Kapsel entspricht 194 mg Clomethiazol). Es verstärkt den hemmenden Effekt der Neurotransmitter GABA und Glycin und therapiert folgende Symptome des Alkoholentzugs: Pulsanstieg, Blutdruckspitzen, Ängstlichkeit und psychomotorische Unruhe. Aufgrund der delirverhütenden, antikonvulsiven Wirkung und der kurzen Halbwertszeit ist es im stationären Entzug gut steuerbar. Es ist sowohl nach einem festgesetzten Applikationsschema als auch symptomorientiert 2 THEORETISCHE GRUNDLAGEN 19 mit Hilfe einer Entzugsskala verabreichbar. Ziel bei der Dosisfindung ist es, den Patienten genau so stark zu sedieren, dass er noch zu jeder Zeit erweckbar ist. Nebenwirkungen von Clomethiazol sind vor allem kardiopulmonal, z. B. verstärkte Bronchialsekretion, Blutdruckabfall, und dermatologisch, wie gehäuftes Auftreten von Exanthemen (Huber 2005). Intravenös darf es nur in Beatmungsbereitschaft verabreicht werden, da es zu Atemdepression, massivem Blutdruckabfall sowie starker Bronchialsekretion führen kann. Auch Benzodiazepine sind hervorragend als Entzugsmedikamente geeignet (MayoSmith 1997), allerdings in dieser Indikation in Deutschland nicht primär empfohlen. In Nordamerika werden sie für den Alkoholentzug seit langem bevorzugt sowohl in der symptomorientierten als auch in der schematischen Applikation eingesetzt (O'Connor und Schottenfeld 1998). Die Wirkung von Benzodiazepinen beruht auf Verstärkung der Wirkung von GABA. Das Risiko für die Entwicklung von Delirium tremens und Krampfanfall wird durch die Gabe von Benzodiazepinen signifikant reduziert (Mayo-Smith 1997; Saitz 1998). Im Gegensatz zu Clomethiazol können Benzodiazepine sowohl parenteral als auch oral verabreicht werden. Ein antipsychotischer Effekt besteht nicht. Häufigste Nebenwirkungen sind Schläfrigkeit, Konzentrationsschwäche, Benommenheit und verlangsamtes Reaktionsvermögen. Die Entscheidung für eines der beiden genannten Medikamente hängt von individuellen Unverträglichkeiten oder etwaigen Kontraindikationen ab. Aufgrund kardiopulmonaler Nebenwirkungen von Clomethiazol sind besonders bei älteren und kreislauferkrankten Patienten Benzodiazepine zu bevorzugen. Eine vor kurzem erstellte retrospektive Studie, die 786 Patienten einschloss, ergab eine stärkere und effektivere Reduktion der Entzugssymptomatik durch Oxazepam. Weiterhin trat unter Oxazepam seltener die lebensbedrohliche Komplikation des Delirium tremens auf. Arzneimittelnebenwirkungen wurden hingegen in der mit Clomethiazol behandelten Gruppe seltener beobachtet (Ganzer 2008). Es kann folglich noch immer nicht von einem optimalen Entzugsmedikament ausgegangen werden. Die Wahl des Medikaments sollte individuell getroffen werden. Halluzinationen und andere Delirsymptome werden mit Hilfe von Antipsychotika, beispielsweise Haloperidol, behandelt (Mayo-Smith 1997). Sie dürfen allerdings 2 THEORETISCHE GRUNDLAGEN 20 nicht als Monotherapie beim Alkoholentzug verabreicht werden, da sie weder die Krampfschwelle erniedrigen noch eine delirverhütende Wirkung haben (Finzen und Kruse 1980). Carbamazepin wird als Anfallsprophylaxe eingesetzt, hauptsächlich bei Patienten mit Krampfanfällen in der Vorgeschichte. Carbamazepin kann auch eine schwache bis mäßige Entzugssymptomatik mildern (Mayo-Smith 1997). Die fehlende Interaktion mit Alkohol ermöglicht die frühzeitige Gabe bei noch bestehender Blutalkoholkonzentration. Clonidin kann bei leichtem AES eingesetzt werden, bevorzugt bei hohem Blutdruck. Dieses Medikament entlastet den Kreislauf während des Entzugs und vermindert Agitiertheit, Angst, Tremor und Muskelverspannung. Eine antikonvulsive oder delirverhütende Wirkung besteht nicht. Es gibt noch eine Reihe weiterer Medikamente in der Behandlung des AES, wie den D2-Antagonist Tiaprid, den Betablocker Atenolol oder sedierende Antidepressiva wie Doxepin, auf die hier nicht näher eingegangen werden soll. 2.6.3 Therapie nach Symptomen oder festem Applikationsschema Für die pharmakologische Therapie des Alkoholentzugssyndroms existieren zwei unterschiedliche Methoden zur Dosisfindung. Die Behandlung nach einem fixen Applikationsschema sieht in festgelegten Zeitspannen zu verabreichende Dosen vor, gegebenenfalls können zusätzliche Medikamente angesetzt werden. Dagegen wird bei der symptomgesteuerten Therapie im Falle der Entwicklung von Entzugssymptomen oder deren Verschlechterung entschieden, ob und wie stark medikamentös behandelt werden muss. Die symptomgesteuerte Therapie erfordert die ständige Überwachung des Patienten. Gerade weil nicht zwingend medikamentös behandelt wird, ist beispielsweise auf Zeichen eines beginnenden Delirs zu achten, um eine frühe Intervention ermöglichen zu können. Die Entwicklung entsprechender Symptome kann mit Hilfe einer Entzugsskala (Assessment-Scale) beobachtet, dokumentiert und quantifiziert werden (Wartenberg et al. 1990; Sullivan et al. 1991). Es werden erst dann Medikamente verabreicht, wenn eine bestimmte Punktzahl entsprechend der Entzugssymptomatik 2 THEORETISCHE GRUNDLAGEN 21 erreicht wird (Jaeger et al. 2001). Der Vorteil dieser Therapie liegt in der geringeren Medikation bei vergleichbarem Behandlungserfolg (Saitz et al. 1994; Reoux und Miller 2000; Daeppen et al. 2002). Bei der Therapie nach einem festgesetzten Dosierungsschema kann weniger flexibel auf die je nach Patient variierenden Entzugsverläufe eingegangen werden. Es führt zu übermäßiger oder sogar unnötiger Medikation und damit zu starker Sedierung, häufigerem Auftreten von Nebenwirkungen, Abhängigkeitsentwicklung und verlängerten Krankenhausaufenthalten (Spies et al. 2003). In einer vergleichenden Studie wurden zwei Gruppen gebildet. Die erste wurde nach einem fixen Dosierungsschema behandelt, die zweite symptomgesteuert mithilfe der CIWA-Ar. 100% der ersten Gruppe wurden medikamentös mit Oxazepam behandelt, dagegen nur 39% der CIWA-Ar-Gruppe. Pro Patient der zweiten Gruppe wurde außerdem signifikant weniger Oxazepam verabreicht (Daeppen et al. 2002). In einer randomisierten Studie erhielten die mit einem festen Dosierungsschema behandelten Patienten Chlordiazepoxid, ein im Laufe des langwirksames Entzugs durchschnittlich Benzodiazepin, die 425 mg Patienten der symptomgesteuerten Behandlungsgruppe dagegen nur 100 mg (Saitz et al. 1994). Die mittlere medikamentöse Behandlungsdauer der ersten Gruppe lag bei 68 Stunden, verglichen mit neun Stunden in der zweiten Gruppe. Es gab keine bedeutenden Unterschiede zwischen den zwei Gruppen hinsichtlich der Schwere des Entzugs oder des Auftretens von Krämpfen und Delirien. Patienten, die behandlungsbedürftige Begleiterkrankungen vorwiesen, wurden nicht in die Studie eingeschlossen. Diese Studie bestätigte, dass bei der symptomgesteuerten Behandlung Medikamente effizienter eingesetzt werden und die Behandlungsdauer verkürzt werden kann. Eine andere Untersuchung konnte diese Ergebnisse bestätigen (Reoux und Miller 2000). Patienten, die mittels CIWA-Ar symptomgesteuert behandelt wurden, erhielten signifikant weniger Medikamente über kürzere Dauer hinweg und auch die Anzahl der Medikationen war signifikant geringer. Alle Patienten mit einem CIWAAr-Wert von 10 nahmen Medikamente ein. Die Aufenthaltslänge wurde allerdings durch die Verwendung der CIWA-Ar nicht verkürzt (Wartenberg et al. 1990). Es 2 THEORETISCHE GRUNDLAGEN 22 zeigte sich weiterhin, dass Patienten, die mithilfe der CIWA-Ar behandelt wurden, seltener ein Delirium tremens entwickelten (Wartenberg et al. 1990; Jaeger et al. 2001). 2.7 Beurteilungsskalen als Hilfsmittel zur Dosisfindung Wie schon oben dargelegt, kann sich das Alkoholentzugssyndrom in neurologischen, psychischen und vegetativen Symptomen äußern. Auftreten und Schwere der Entzugserscheinungen sind schlecht vorhersehbar. Sie hängen von Trinkmenge, Dauer des Alkoholkonsums, Komorbidität, Entzugsgeschichte und vielen anderen Faktoren ab. Patienten können diesbezüglich häufig keine verlässlichen Angaben machen. Standardisierte Beurteilungsskalen stellen ein Hilfsmittel dar, um Alkoholentzugssymptome frühzeitig erkennen und entsprechend therapieren zu können (McKay et al. 2004). Auch um die komplexe Symptomatik besser zu kontrollieren, ist es vorteilhaft, sie summarisch in einer Skala zu erfassen, die alle wichtigen Symptomgruppen beinhaltet. Das Ergebnis gestattet eine Therapie des AES anhand von objektiven Kriterien. Der Punktestand der Skala entscheidet über Notwendigkeit und Menge an benötigten Medikamenten. Das Risiko der Unter- bzw. Überdosierung kann durch regelmäßige Durchführung der Tests vermindert werden. Auch für wissenschaftliche Zwecke dienen die aus dem Fragebogen gewonnenen Ergebnisse, da sich Punktzahlen zum Vergleich verschiedener Untersuchungen eignen. Die AWMF-Leitlinien empfehlen für die medikamentöse Behandlung die Verwendung von Alkoholentzugsskalen (Mundle et al. 2003). In den letzten Jahrzehnten kam es zur Entwicklung verschiedener Versionen von Entzugsskalen (Williams et al. 2001). Obwohl der Vorteil einer symptomorientierten Behandlung anhand von Bewertungsskalen als erwiesen gilt, haben Beurteilungsskalen an deutschen Kliniken in der Entzugsbehandlung bisher wenig Verwendung gefunden (Mayo-Smith 1997). Die Einführung eines solchen Hilfsmittels ist ohne großen Aufwand durchführbar. Für die Praxis eines skalengestützten Entzuges müssen folgende Vorraussetzungen erfüllt werden: Die Skala sollte alle möglichen Symptome beinhalten und diese in Form von Punktzahlen widerspiegeln. Geschultes Pflegepersonal sollte die Erhebung durchführen können. Nach Addition der 2 THEORETISCHE GRUNDLAGEN 23 einzelnen Punkte stellt die Gesamtsumme einen Anzeiger für die Schwere des Entzugs dar. Die Skala muss prognostisch relevant, mehrmals durchführbar und für die Qualität der momentanen Therapieeinstellung aussagekräftig sein (Wetterling et al. 1997). Es wird in dieser Untersuchung unter anderem geprüft, inwieweit einige dieser Anforderungen von der CIWA-Ar erfüllt werden. 2.7.1 CIWA-Ar Die CIWA-Ar ist eine Skala zur Beurteilung der Schwere und medikamentösen Behandlung des Alkoholentzugssyndroms, die eine am klinischen Befund orientierte Medikation ermöglicht. Sie ist die am häufigsten untersuchte und empfohlene Alkoholentzugsskala (Sullivan et al. 1989; Saitz 1998; Reoux und Miller 2000). Die Erhebung der CIWA-Ar erfolgt durch das Pflegepersonal. Routinierte Mitarbeiter füllen den einseitigen Fragebogen in nur einer Minute aus. Die Skala besteht aus zehn Bewertungseinheiten. Vier davon (Schweißausbrüche, Tremor, Unruhe, Übelkeit/Erbrechen) können anhand von klinischen Beobachtungen erhoben werden, die anderen sechs Einheiten (Ängstlichkeit, Kopfschmerzen und Druckgefühle im Kopf, Orientiertheit und Trübung des Bewusstseins, visuelle, taktile und akustische Störungen) müssen explizit erfragt werden. Für Erhebung und Therapie anhand der Ergebnisse muss das behandelnde Personal ausreichend geschult werden. Sollte dies nicht möglich sein, ist die Behandlung nach einem fixen Applikationsschema vorzuziehen (Mayo-Smith 1997). Die zehn Erhebungseinheiten des Bogens (siehe Tabelle 3) werden je nach Symptomen auf einer acht-, bei Einheit 10 fünfstufigen, numerisch verankerten Likert-Skala bewertet. Die einzelnen Ergebnisse werden zu einer Endsumme addiert, die zwischen null und 67 liegen kann. Ergebnisabhängig kann das Pflegepersonal dann entscheiden, ob und wie viele Medikamente benötigt werden. Eine Wiederholung des Tests alle vier bis acht Stunden ist vorgesehen, solange bis die errechnete Summe länger als 24 Stunden unter acht bzw. zehn Punkten bestehen bleibt und keine weiteren Komplikationen zu erwarten sind (Wetterling et al. 1997). Ein Anliegen der Skala ist es, schwere Entzugssymptome frühzeitig zu registrieren und lebensgefährliche Folgen zu verhindern. Patienten mit einer Punktzahl 15 (Foy 2 THEORETISCHE GRUNDLAGEN 24 et al. 1988; Sellers 1988), bzw. 10 (Kraemer et al. 2003; Nuss et al. 2004) entwickelten nachweislich häufiger ein kompliziertes AES als Patienten mit einer kleineren CIWA-Ar-Summe. Bayard teilte die CIWA-Ar-Ergebnisse zur Beurteilung in drei Gruppen ein (Bayard et al. 2004). Acht oder weniger Gesamtpunkte entsprachen einer milden Entzugssymptomatik, neun bis 15 Punkte deuteten auf einen moderaten Entzug hin und bei mehr als 15 Punkten musste mit einem schweren Verlauf gerechnet werden, der mit einer erhöhten Krampf- und Delirwahrscheinlichkeit einherging. Nach Bayard ist bei einer CIWA-Ar-Summe von 8 Punkten keine Medikation notwendig. Bei einer Summe von neun bis 15 profitierten die untersuchten Patienten von einer Medikation aufgrund einer Reduktion des Komplikationsrisikos. Patienten mit einer Gesamtsumme 16 müssen medikamentös behandelt werden, da dann ein signifikant erhöhtes Komplikationsrisiko besteht (Bayard et al. 2004). Bei der Verwendung der CIWA-Ar als Hilfsmittel des Alkoholentzugs ist zusätzlich immer auf die klinische und psychiatrische Situation des Patienten zu achten, da sie durch die Entzugssymptomatik verdeckt werden kann. Außerdem ist in Betracht zu ziehen, dass einige Medikamente, die zur Behandlung anderer Krankheiten eingesetzt werden (z. B. Betablocker), die zu beobachtende Entzugssymptomatik mildern und das Ergebnis verfälschen können. Entwicklung der CIWA-Ar 1978 wurde die CIWA-A (Clinical Institute Withdrawal Assessment for Alcohol Scale) durch die Addiction Research Foundation in Toronto eingeführt und seither regelmäßig für den Alkoholentzug verwendet. Erstmals in der Literatur wurde sie 1981 erwähnt durch Shaw et al. Es handelt sich um eine Bewertungsskala, die speziell für das geschulte Pflegepersonal entwickelt wurde. Die CIWA-A beinhaltet alle Bewertungseinheiten der heute gebräuchlichen CIWA-Ar und zusätzlich die Aspekte Krampfgeschehen, Kontaktqualität, Halluzinationen, Rötung des Gesichts und Gedankenstörungen. Die letztgenannten Punkte dieser ursprünglichen Skala wurden in der Auswertung unterschiedlich gewichtet, was das Verfahren komplizierte. Sullivan et. al überprüften deswegen 1989 alle Items auf Gültigkeit und 2 THEORETISCHE GRUNDLAGEN 25 klinische Relevanz. Dabei wurde festgestellt, dass die Bewertungseinheit „Krampfgeschehen“ ungenügend aussagekräftig war, da sich im Falle eines auftretenden Krampfanfalls die Gesamtsumme um sieben Punkte erhöhte, fehlendes Krampfgeschehen dagegen mit null Punkten bewertet wurde. Bei der Überprüfung der Interrater-Reliabilität für das Item „Kontaktqualität“, also der Verlässlichkeit der Ergebnisse bei unterschiedlichen Untersuchern (Objektivität), ergaben sich sehr subjektive Ergebnisse. Die Interrater-Reliabilität war zu gering für eine allgemein gebräuchliche Skala, deshalb wurde diese Kategorie entfernt. Zwei weitere Items wurden nicht übernommen (Rötung des Gesichts und Gedankenstörungen). Sie korrelierten am wenigsten mit der Gesamtpunktzahl. Der Punkt „Halluzinationen“ schien mit CIWA-A 6 - 8 schon abgedeckt und wurde ebenfalls entfernt. Die auf zehn Betrachtungseinheiten gekürzte CIWA-Ar war das Ergebnis der Untersuchung und stellt die heute meist verwendete Skala dar. 1991 wurde die CIWA-AD (Clinical Institute Withdrawal Assessment Scale for Alcohol, based on DSM-IV) vorgestellt. Sie besteht aus acht Bewertungseinheiten, die sich aus der CIWA-Ar ergaben und enthält zusätzlich noch den Parameter Puls (Sellers et al. 1991). In der CIWA-AD werden die drei verschiedenen Arten der Wahrnehmungsstörung in einer Bewertungseinheit zusammengefasst, die Einheit “Orientiertheit” wurde aus dem Bogen entfernt. In einer vergleichenden Studie konnte gezeigt werden, dass sowohl CIWA-Ar als auch CIWA-AD verlässliche Hilfsmittel für den Entzug sind und beide die Parameter erfassen, die auf ein Delirium hinweisen (Reoux und Oreskovich 2006). Der prädiktive Wert der CIWA wurde in mehreren Studien nachgewiesen (Shaw et al. 1981; Sellers et al. 1983; Foy et al. 1988; Kraemer et al. 2003). 2.7.2 Überblick über andere Beurteilungsskalen Außer der CIWA-Ar werden derzeit verschiedene andere Entzugsskalen verwendet. Die meisten beruhen auf der CIWA-A von 1978, sie wurden für unterschiedliche Anwendungen modifiziert, Items wurden hinzugefügt oder gestrichen. Im Folgenden soll ein Überblick über die wichtigsten Entzugsskalen gegeben werden. 2 THEORETISCHE GRUNDLAGEN 26 Banger et al. entwickelten 1991 die Mainz-Alcohol-Withdrawal-Scale (MAWS). Sie stellt ein Hilfsmittel für ärztliches Personal dar. Die ursprünglich zwölf Elemente beinhaltende Skala wurde nach Überprüfung jedes einzelnen Parameters auf seine Aussagekraft um die vier Elemente Bewusstseinbeeinträchtigung, Krampfanfall, Blutdruck und Puls reduziert. Insbesondere Blutdruck und Puls konnten nicht direkt mit der Schwere der Entzugssymptomatik in Verbindung gebracht werden. Die gleiche überraschende Beobachtung hatten auch Sullivan et al. 1989 gemacht. Die MAWS eignet sich vor allem als Instrument bei leichter bis mittlerer Entzugssymptomatik. Wetterling et al. erörterten, dass die Schwere der Alkoholentzugssymptomatik mit Hilfe der Alcohol Withdrawal Scale (AWS) im Verlauf gut bestimmbar sei (Wetterling et al. 1997). Die AWS stellt eine veränderte Version der CIWA-Ar dar. Sie besteht aus zwei Komponenten, einer für körperliche und einer für psychische Symptome. Patienten mit einer Punktzahl ≥ 10 wiesen ein hohes Risiko auf, ein Delir zu entwickeln. Eine AWS-Summe ≥ 10 wurde folglich als Zeichen eines schweren Entzugssyndroms gewertet. Die Entzugssymptomatik korrelierte mit der Dauer des Alkoholkonsums, allerdings weder mit Trinkfrequenz noch täglicher Trinkmenge. Von Wetterling et al. (1997) wurden ein der AWS-Punktzahl zugrunde liegender Behandlungsplan entwickelt, um die Medikation möglichst gering zu halten. Die Studie ergab, dass Patienten, die mit dem neu entwickelten Entzugsinstrument behandelt wurden, seltener und weniger Clomethiazol benötigten. Der Alkoholentzugssymptombogen (AESB) nach Lange-Asschenfeldt et al. hat zehn Untereinheiten: Blutdruck (altersabhängige Skaleneinteilung), Ruhepuls, Tremor, Schweißausbrüche, psychomotorische Übelkeit/Erbrechen/Durchfall, Unruhe, Orientiertheit und Ängstlichkeit/Nervosität, Trübung des Bewusstseins, Trugwahrnehmung/Halluzinationen und Krampfanfall. Je nach Bereich sind null bis zwei, vier oder fünf Punkte erreichbar. Die Skala beruht auf der CIWA-Ar mit Erweiterung um Halluzinationen die Items akustischer, Blutdruck, visueller und Puls und taktiler Entzugskrampfanfälle. Art wurden in einer 2 THEORETISCHE GRUNDLAGEN 27 Bewertungseinheit zusammengefasst und das Item Kopfschmerzen wurde im AESB gestrichen. Modifiziert wurde weiterhin die Skaleneinteilung, die abhängig von Alter und Bewertungseinheit variiert. Vor der Entwicklung der Skala wurden 33 Patienten symptomgesteuert mittels CIWA-Ar behandelt, während 32 anhand eines festen Dosierungsschemas versorgt wurden. Die erste Gruppe erhielt signifikant weniger Clomethiazol (4,4 ± 4,6 gegenüber 9,9 ± 6,6 mg) und über kürzere Dauer (4,2 ± 3,5 gegenüber 7,5 ± 3,3 Tage). Die statistischen Ergebnisse dieser Studie dienten der Modifizierung der CIWA-Ar und damit der Entwicklung des AESB (LangeAsschenfeldt et al. 2003). Von Wetterling et al. wurde schließlich die Lübeck Alcohol Withdrawal Risk Scale (LARS) vorgestellt. Mit deren Hilfe soll zu Beginn des Entzugsgeschehens eingeschätzt werden können, ob bei Patienten mit einem schwachen, mittelstarken oder schweren AES gerechnet werden muss. Dementsprechend kann entschieden werden, ob ein Patient ambulant oder stationär entziehen sollte. Die LARS beinhaltet 14 Einheiten mit je ein bis vier Unterpunkten. Es wird unter anderem Ernährungs-, Trink- und Schlafverhalten der letzten Woche erfasst. In Tabelle 3 sind nur einige der Items aufgeführt. Die Parameter, die am meisten mit dem Auftreten schwerer Entzugssymptome korrelierten sind Delirien oder Krämpfe in der Vorgeschichte, Ataxie, Polyneuropathie, Tremor, Schwitzen, Puls > 100 /min Blutalkoholkonzentrationen > 1 g/l bei Aufnahme (Wetterling et al. 2006). und 2 THEORETISCHE GRUNDLAGEN 28 Tabelle 3: Bewertungseinheiten der verschiedenen Entzugsskalen CIWA-Ar[a] MAWS[b] AWS[c] LARS[d] AESB[e] Orientiertheit, Trübung des Bewusstseins Desorientiertheit Orientiertheit Entzugsdelir Orientiertheit Taktile Störungen Halluzination Halluzination Entzugskrampfanfall Taktile, akustische, visuelle Störungen; Halluzination Akustische Störungen Unaufmerksamkeit Blutdruck, diastolisch Polyneuropathie Blutdruck Visuelle Störungen Kontaktqualität Puls Puls ≥ 100/min Puls Antriebsniveau Antrieb Antrieb Ataxie Antrieb Tremor Tremor Tremor Tremor Tremor Schweißausbrüche Schwitzen Schwitzen Schwitzen Schweißausbrüche Atemfrequenz [min-1] Chlorid < 96 mmol/l Ängstlichkeit Schlafstörungen Ängstlichkeit Übelkeit, Erbrechen Temperatur Albträume Übelkeit, Erbrechen Kopfschmerz, Druckgefühl im Kopf Kontaktqualität Alkoholspiegel Entzugskrampfanfälle Ängstlichkeit [a] Ängstlichkeit Clinical Institute Withdrawal Scale for Alcohol, revised (Sullivan et al. 1989); [b] MainzAlcohol-Withdrawal-Scale (Banger et al. 1992); [c] Alcohol Withdrawal Scale (Wetterling et al. 1997); [d] Lübeck Alcohol Withdrawal Risk Scale (Wetterling et al. 2006); [e] Alkoholentzugssymptombogen (Lange-Asschenfeldt et al. 2003) 2 THEORETISCHE GRUNDLAGEN 2.8 29 Diagnostisch wichtige Laborparameter Biologische Marker sind seit langem Teil der Alkoholismusdiagnostik, -anamnese und Verlaufskontrolle. Sie müssen in Zusammenhang mit klinischen Befunden interpretiert werden. Um Blutbild und Leberfunktionsparameter zu überprüfen, wird am UKE bei allen Patienten in den ersten Tagen Blut abgenommen. Bei auffälligen Werten wird die Untersuchung wiederholt oder gegebenenfalls weiterführende Diagnostik betrieben. In diesem Kapitel sollen die am häufigsten verwendeten Marker der Alkoholismusdiagnostik vorgestellt werden (Edwards et al. 1997). 2.8.1 Mittleres Erythrozyteneinzelvolumen Das mittlere Erythrozyteneinzelvolumen (MCV) gibt die durchschnittliche Größe der roten Blutkörperchen an, die bei starkem Alkoholkonsum durch toxisch bedingte Knochenmarksschädigung erhöht sein kann. Die Sensitivität des Tests beträgt je nach Studien und Stichprobe 20 bis 50%, die Spezifität 55 bis 100% (Conigrave et al. 1995). MCV ist mit wenig Aufwand bestimmbar und gehört zu den aussagekräftigen Parametern der Alkoholismusdiagnostik. Auch noch einige Monate nach Beendigung des Alkoholkonsums können erhöhte Werte festgestellt werden, was auf die relativ lange Lebensdauer der roten Blutkörperchen (ca. 120 Tage) zurückzuführen ist. Kurze Perioden der Abstinenz verändern das Ergebnis nicht, deshalb zählt MCV zu den langfristigen Markern. Es kann allerdings auch erhöht sein bei Patienten mit nicht alkoholisch bedingten Erkrankungen, wie toxischer Knochenmarksschädigung, Retikulozytosis, Folsäure- und Vitamin B12-Mangel sowie bei starken Rauchern (Wurst 2001). 2.8.2 Leberfunktionsparameter γ-Glutamyltranspeptidase (GGT) Die GGT wird seit über 30 Jahren als Marker für Alkoholscreeningverfahren eingesetzt. Trotz der in unterschiedlichen Studien stark variierenden Sensitivität von 20 bis 90% und einer Spezifität von 55 bis 100% gilt sie als Leitenzym für Screening und Diagnose von Alkoholmissbrauch (Conigrave et al. 1995). 2 THEORETISCHE GRUNDLAGEN 30 Liegt ein erhöhtes GGT zusammen mit anderen Enzymen vor, beispielsweise mit der Glutamat-Oxalacetat-Transaminase (GOT), ist auf eine Leberfunktionsstörung zu schließen. Das im Blut gemessene GGT stammt ausschließlich aus der Leber. Erhöhte Werte des membrangebundenen Enzyms weisen eher auf eine Enzyminduktion hin als auf Zellschäden. Schneller als das MCV, sinkt die GGT schon einige Wochen nach Absetzen von Alkohol auf Normalwerte. In experimentellen Studien wurde festgestellt, dass bei einem dreiwöchigen Konsum von täglich 60 g reinem Alkohol die GGT nicht erhöht war (Wurst 2001). Das lässt darauf schließen, dass nur extremes Trinkverhalten zu auffälligen Werten führt. Außer Alkohol gibt es viele andere Einflussgrößen, die zu einer Erhöhung der GGT führen, wie z. B. virale Hepatitiden, Schwangerschaft, Zytostatika und Barbiturate. Glutamat-Oxalacetat- und Glutamat-Pyruvat-Transaminase (GOT und GPT) Obwohl Sensitivität und Spezifität der GOT und GPT relativ gering sind, gilt ihre Bestimmung als Standarduntersuchung zur Diagnostik von Lebererkrankungen und Myopathien Alkoholkranker. Eine erhöhte Serumaktivität der GOT allein ist bereits Ausdruck einer unspezifischen hepatozellulären Schädigung. Die Sensitivität kann durch Bildung des de-Ritis-Quotienten (GOT/GPT) erhöht werden. Ein Ergebnis größer zwei spricht mit hoher Wahrscheinlichkeit für das Vorliegen einer alkoholinduzierten Lebererkrankung. Erhöhte GPT-Spiegel weisen relativ unspezifisch auf eine Leberschädigung hin. Um für die Diagnosestellung aufschlussreich zu sein, sollten GPT-Werte im Verhältnis zu anderen Leberenzymen interpretiert werden. Durch gemeinsame Beurteilung der genannten Laborparameter erhöht sich deren Aussagekraft beträchtlich. Die Sensitivität steigt bei einer kombinierten Betrachtung von GGT und GOT auf 92%, bei Hinzunahme von MCV je nach Studienaussagen auf 65 – 100% (Soyka 1995b). Auf der Psychiatrischen Station 5 (PS 5) des UKE werden bei Aufnahme und gegebenenfalls im Verlauf GGT, GOT, GPT und MCV bestimmt. 2 THEORETISCHE GRUNDLAGEN 31 Tabelle 4: Laborparameter der Alkoholismusdiagnostik (Conigrave et al. 1995; Soyka und Küfner 2008) Parameter Normalwert[a] Diagnostische Sensitivität [%] Diagnostische Spezifität [%] Normalisierung nach Entzug GGT < 60 U/l[b] 20-90 55-100 2-5 Wochen GOT < 50 U/l[b] 30-50 Ca. 90 1-3 Wochen GPT < 50 U/l[b] 20–45 Ca. 70 1-4 Wochen MCV < 92 fl[c] 20-50 55-100 1-3 Monate [a] Normalwerte für Männer; [b] Units pro Liter; [c] Femtoliter 2.9 Alkoholentzug am Universitätsklinikum Eppendorf 2.9.1 Ablauf In der psychiatrischen Abteilung des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf werden für den Qualifizierten Entzug gewöhnlich drei Wochen Aufenthalt eingeplant. Bei Aufnahme wird bei allen Patienten die Atemalkoholkonzentration gemessen und eine Urinprobe auf Benzodiazepine und Cannabis untersucht. Der Atemalkohol wird, wenn positiv, so lange überprüft, bis der Wert 0,0‰ erreicht, um den Zeitpunkt für den Beginn der Medikamentengabe optimal abzupassen. Am Abend des ersten Tages wird vom Pflegepersonal ein ausführlicher Entzugsstatus erhoben und auf dem CIWA-Ar-Bogen nach Punkten bewertet. Der behandelnde Arzt teilt dem Patienten nach eigenem Ermessen und entsprechend der Risikofaktoren ein Entzugsschema zu, nach dem die Medikamentengabe durch das Pflegepersonal durchgeführt wird. Das Pflegepersonal erfasst regelmäßig alle zwei Stunden die Vitalparameter der Patienten und überprüft die Schwere der Entzugserscheinungen, um bei Bedarf medikamentös zu behandeln. Bei erfolgloser Therapie oder Unsicherheiten seitens des Pflegepersonals erfolgt Rücksprache mit dem Arzt bezüglich der Medikamente. Falls der Patient ein Entzugsdelir entwickeln sollte, wird er in das Überwachungszimmer verlegt, um eine ständige Kontrolle zu garantieren. Bei komplikationslosen Entzügen wird ab dem dritten Tag die 2 THEORETISCHE GRUNDLAGEN 32 Medikamentendosis reduziert und der Patient nur noch viermal täglich zur Erfassung der Vitalparameter ins Schwesternzimmer einbestellt, um die Entzugsmedikation zu erhalten. Nach sieben Tagen ist der akute Alkoholentzug für gewöhnlich beendet (Hentschke 2007). Die Patienten verbleiben noch circa zwei weitere Wochen auf der Station, um den psychischen Entzug zu beginnen und sich einen Überblick über die verschiedenen Möglichkeiten der Weiterbehandlung zu verschaffen. Während der ersten Woche befinden sich alle Patienten in einer „Sperre“, das bedeutet, sie dürfen das Krankenhaus nicht verlassen und bleiben auch am Wochenende auf Station. Die Ausgangssperre kann sich bei schweren Entzügen verlängern. Möglichst schnell üben die Patienten durch „Belastungsproben“ wie Spaziergängen und Übernachtungen zuhause, auch in normaler Umgebung ohne Alkohol zurechtzukommen. Die Patienten dürfen nachmittags und am Wochenende nach Hause oder z. B. eine Selbsthilfegruppe besuchen, mit der sie eventuell eine weiterführende Therapie planen. 2.9.2 Medikamentöse Therapie Wie in Kapitel 2.6.2 erwähnt, bewies die am UKE durchgeführte vergleichende Studie zwischen den Entzugsmedikamenten Oxazepam und Clomethiazol, dass Oxazepam Entzugserscheinungen stärker vermindert (Ganzer 2008). Die meisten Entzugsbehandlungen auf der PS 5 werden mit dem Benzodiazepin Oxazepam (Handelsname Adumbran ) durchgeführt, alternativ wird Clomethiazol (Handelsname Distraneurin ) verwendet. Der Arbeitsbereich Sucht der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie des UKE sieht folgendes medikamentöses Entzugsschema vor: Am ersten Tag erfolgt eine zweistündliche Entzugsüberwachung, bei beginnender Entzugssymptomatik wird mit Oxazepam aufdosiert in Schritten von jeweils 25 mg (entspricht 2 Kapseln Distraneurin , hier Medikation bei einem Alkoholspiegel von > 1‰ nur nach ärztlicher Rücksprache). Eine Dosis von 300 mg Oxazepam sollte nur in medizinisch indizierten Ausnahmefällen überschritten werden. Am zweiten Tag wird die hochgerechnete Tagesdosis vom Vortag auf vier Einzeldosen verteilt, abhängig von der 2 THEORETISCHE GRUNDLAGEN 33 Entzugssymptomatik muss in der Findungsphase eventuell adaptiert werden. Wenn höhere Dosen als am Vortag verabreicht wurden, muss entschieden werden, ob der nächste Tag nochmals zur Dosisfindung notwendig ist. Ab dem dritten Tag wird die Dosis im Regelfall reduziert. Wenn die Dosis bei bis zu 100 mg Oxazepam täglich liegt, wird um 50 mg Oxazepam pro Tag reduziert, bei einer Tagesdosis über 100 mg wird um 25 mg reduziert, verteilt auf mindestens zwei Einzeldosen (tägliche Reduzierung um 2 Kapseln Distraneurin ). Bei besonders hohem Blutdruck kann zusätzlich Clonidin verabreicht werden. Wenn ein epileptischer Krampfanfall in der Patientenvorgeschichte bekannt ist, wird Carbamazepin oder Valproat zur Anfallsprophylaxe verordnet. Bei der Behandlung des alkoholinduzierten Delirs wird die Gabe eines hochpotenten Neuroleptikums empfohlen (Haloperidol), jedoch muss beachtet werden, dass dieses die Gefahr eines Krampfanfalles durch Senkung der Krampfschwelle erhöht. 2.9.3 Jeder Psychotherapie Patient wird am Aufnahmetag einer von zwei verschiedenen Behandlungsgruppen (gelb oder grün) zugeteilt. Der gelben Gruppe werden hauptsächlich Patienten zugeordnet, die das erste Mal einen stationären Entzug absolvieren und allgemeine Informationen benötigen. In der grünen Gruppe befinden sich Patienten, die schon mehrfach mit dem Suchthilfesystem in Berührung gekommen sind und über ausreichend Basiswissen verfügen. In den Therapiesitzungen wird beispielsweise die Situation des Rückfalls analysiert. Jede Woche beinhaltet drei Therapiesitzungen à 90 Minuten in der jeweiligen Gruppe. Einzelgespräche sind Akupunkturbehandlungen, medizinischer Information zusätzlich von Ergotherapie, sind Beginn Sportangebote weitere unterstützende an vorgesehen. sowie Vermittlung Maßnahmen der Entzugsbehandlung. Während der gesamten Aufnahmedauer wird jeder Patient außerdem von einer fest zugeteilten Bezugsperson begleitet, die auch für persönliche Fragen als Ansprechpartner zur Verfügung steht. Schon während des Aufenthalts im Krankenhaus werden dem Patienten andere Einrichtungen der 2 THEORETISCHE GRUNDLAGEN 34 Suchtkrankenversorgung vorgestellt, damit genügend Zeit besteht, weiterführende Therapie und Art der Einrichtung zu wählen. 2.9.4 CIWA-Ar am UKE Im April 2006 wurde die CIWA-Ar auf der PS 5 des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf neu eingeführt. Die Punktzahl wurde bei jedem Patienten einmalig gegen 18:30 am ersten Abend des Aufenthalts vom Pflegepersonal erhoben. Gewöhnlich lagen mindestens sieben Stunden zwischen Aufnahme und Durchführung des Tests, somit auch zwischen dem letzten Alkoholkonsum des Patienten und der Testerhebung. Die Patienten wurden über ihr Befinden befragt und die zehn Items der CIWA-Ar nacheinander entsprechend bewertet. Das gesamte Vorgehen dauerte nicht länger als circa fünf Minuten. Der Test wurde pro Patient nur einmal durchgeführt und das Ergebnis bei der Medikationsgabe nicht berücksichtigt. Nach zwölf Monaten wurde die Erstellung der CIWA-Ar vorerst eingestellt, um die Ergebnisse der vorliegenden Arbeit abzuwarten und dann zu entscheiden, ob eine Wiedereinführung sinnvoll wäre. 3 FRAGESTELLUNG 3 35 FRAGESTELLUNG In dieser Arbeit gilt es, folgende Fragen zu beantworten: 1. Ist die CIWA-Ar ein geeignetes Instrument zur Einschätzung der Schwere des Entzugs? 2. Korrelieren die CIWA-Ar-Punktzahlen mit den Ergebnissen der Parameter, die üblicherweise für die Einschätzung der Entzugsschwere an Kliniken gemessen werden (Blutdruck, Puls, Vegetativum, Laborwerte)? Wenn ja, wären sie eventuell durch die CIWA-Ar-Erhebung ersetzbar? 3. Welche Aussagekraft hat die einmalige Erstellung der CIWA-Ar am Aufnahmetag? Hatten Patienten mit einer hohen Punktzahl in Folge auch einen schweren Entzug oder entwickelten sie ein Delir? 4. Wenn ja, ist es möglich, die Patienten anhand der CIWA-Ar-Punktzahl in Hoch- und Niedrigrisikogruppen einzuteilen? Könnten mit Hilfe dieser Gruppeneinteilung im Vorfeld Entzugsverlaufsprognosen für die jeweiligen Patienten gestellt werden? 5. Welche der zehn CIWA-Ar-Items sind besonders richtungsweisend? Gibt es Bewertungsparameter, die nicht aussagekräftig sind und entfernt werden könnten? 6. Klinische Relevanz: Am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf wird der Alkoholentzug medikamentös nach einem Dosierungsschema durchgeführt. Anhand der Ergebnisse dieser Arbeit wird erörtert werden, ob die CIWA-Ar auf der PS 5 als Hilfsmittel zur symptomgesteuerten Behandlung eingeführt werden sollte. 4 MATERIAL UND METHODEN 36 4 MATERIAL UND METHODEN 4.1 Stichprobenbeschreibung 4.1.1 Einschlusskriterien In die Untersuchung wurden alle männlichen und weiblichen Patienten eingeschlossen, die zwischen dem 01.04.2006 und dem 31.03.2007 zum stationären Alkoholentzug auf die Suchtstation der psychiatrischen Abteilung am Universitätsklinikum Eppendorf aufgenommen wurden. Die Stichprobe beinhaltet auch Patienten mit bestehendem Medikamenten- oder Drogenabusus, bei denen vorrangig die Alkoholabhängigkeit therapiert wurde. Bei allen eingeschlossenen Patienten wurde eine Alkoholabhängigkeit nach den Kriterien des DSM-IV diagnostiziert. 4.1.2 Ausschlusskriterien Patienten, die zu einer kombinierten Entzugsbehandlung erschienen, beispielsweise von Alkohol und Benzodiazepinen, wurden ausgeschlossen. Genauso wurde mit Patienten verfahren, die schon seit über drei Tagen vor Aufnahme abstinent waren. Dabei handelte es sich um Patienten, die von einer anderen Station auf die PS 5 verlegt worden waren, den körperlichen Entzug weitestgehend zuhause durchgeführt hatten oder aus Angst vor einem Rückfall zur erneuten Behandlung erschienen waren. Wenn Patienten schon zum Zeitpunkt der Aufnahme ein Delirium tremens aufwiesen, wurden sie ebenfalls nicht in die Untersuchung einbezogen. 4.2 Datengewinnung Die Patienten der Stichprobe wurden engmaschig überwacht. Außer regelmäßigem Atemalkoholspiegel wurden vom Pflegepersonal bis zu zweistündlich Puls, Blutdruck, Allgemeinbefinden und psychovegetative Symptome erfasst. Das Pflegepersonal war vorab über die durchzuführende CIWA-Ar-Studie aufgeklärt 4 MATERIAL UND METHODEN worden. Der 37 Behandlungsverlauf wurde auf Aufnahmebögen, Untersuchungsberichten, Entzugs- und Medikamentenprotokollen sowie anhand von Laborergebnissen dokumentiert. Dieses Material wurde retrospektiv ausgewertet. Zusätzlich wurden Daten aus Krankengeschichte, CIWA-Ar und Entlassungsbriefen entnommen. Alle Informationen sind auf einem speziell dafür zusammengestellten Erfassungsbogen dokumentiert (siehe Anhang) und mit einer laufenden Nummer versehen worden. Weder Name, Geburtsdatum noch Adresse des Patienten waren dem Bogen zu entnehmen. Die statistischen Tests, die zur Datenverarbeitung eingesetzt wurden, werden in Kapitel 4.4 beschrieben. 4.3 Aufbau und Inhalt des Erfassungsbogens 4.3.1 Aufnahme und Abhängigkeitsverhalten Alter und Geschlecht des Patienten wurden mit dem Aufnahmedatum und der Aufenthaltsdauer notiert. Aus den anamnestischen Angaben der Patienten wurde die Dauer des regelmäßigen sowie des problematischen Konsums in Jahren errechnet. Es wurde nach Art und Menge der täglich konsumierten alkoholischen Getränke gefragt. Die Patienten gaben ihre Trinkmengen in der Regel in den Einheiten Flaschen bzw. Gläsern an. Die entsprechende Alkoholmenge wurde, wie in Tabelle 5 ersichtlich, errechnet. Außer Alkohol wurde der Beikonsum weiterer Substanzen erfasst und gegebenenfalls notiert, ob es sich um einen kombinierten Entzug handelte. Bei diesen Patienten ist zusätzlich noch ein Urindrogenscreening durchgeführt worden. Der Erfassungsbogen beinhaltet die Anzahl der jeweils lebenslang schon durchgeführten Alkoholentzüge, den aktuellen Entzug mit einbezogen. Falls Patienten nur etwaige Angaben machten wie „viele“ oder „einige“, wurde hierfür der Durchschnittswert aller Antworten eingesetzt. 4 MATERIAL UND METHODEN 38 Tabelle 5: Alkoholgehalt verschiedener Getränke in Gewichtsprozent, eigene Berechnung Art des Alkohols Alkoholgehalt [g/l] handelsübliche Flasche Alkoholgehalt [g/l] Bier 13 40 Wein 70 95 Sekt 63 90 Wodka 225 320 Boonekamp 225 320 Weinbrand 230 325 Likör 175 250 Sherry 112 160 Schließlich wurde festgehalten, ob Patienten schon schwere Komplikationen (Alkoholdelir und Krampfanfall) während eines vorherigen Entzuges entwickelt hatten oder an Epilepsie litten. 4.3.2 Komorbidität Fünf verschiedene Gruppen psychiatrischer Diagnosen wurden gebildet. In Tabelle 6 werden die zugehörigen Erkrankungen aufgeführt. Internistische und neurologische Begleiterkrankungen, die auf erhöhten Alkoholkonsum zurückzuführen sind, wurden mit entsprechender Diagnose vermerkt. 4 MATERIAL UND METHODEN 39 Tabelle 6: Einteilung psychiatrischer Begleiterkrankungen Angst-, Panikstörung Affektive Störung Agoraphobie mit Panikstörung Depressive Erkrankungen Abhängige PS Paranoid Akute Gefährdung Agoraphobie ohne Panikstörung Manische Erkrankungen Ängstliche PS Hebephren Anamnestisch erfasste ernste Versuche Soziale Phobie Bipolare Störung Emotional instabile PS Kataton Panikstörung Dysthymien Generalisierte Angststörung Zyklothymien 4.3.3 Der PersönlichSchizophrenie keitsstörung Suizidalität Aktuelle Entzugsdokumentation bei Aufnahme und Beginn der medikamentösen Therapie erfasste Alkoholspiegel in der Atemluft (in ‰) wurde im Erfassungsbogen notiert. Die Laborergebnisse aus der innerhalb von 24 Stunden nach stationärer Aufnahme erfolgten Blutentnahme wurden in den Erfassungsbogen aufgenommen. Als relevante Marker galten GGT, GPT, GOT und MCV. Der nächste Teil des Auswertungsbogens beschäftigte sich mit der Schwere des körperlichen Entzugs. Es wurde erfasst, ob im Verlauf des Entzugs ein Krampfanfall oder ein Delirium tremens aufgetreten war und falls ja, am wievielten Tag dies begonnen hatte. Während der Entgiftung wurde regelmäßig das körperliche Befinden der Patienten durch das Pflegepersonal protokolliert. Die Messungen von Blutdruck, Puls und Fragen nach vegetativen Symptomen wurden anfangs zweistündlich (auch nachts) durchgeführt, bei Abklingen der Entzugserscheinungen seltener, jedoch zumindest viermal täglich. Die vom Pflegepersonal notierten Ergebnisse bezüglich Blutdruck, Puls, Schwitzen und Zittern wurden zur Auswertung folgendermaßen vereinheitlicht: 4 MATERIAL UND METHODEN 40 Jeder Tag, an dem der systolische oder diastolische Blutdruck bei mindestens einer Messung über 160 bzw. 100 mmHg lag, wurde gezählt. Genauso wurde verfahren mit jedem Tag, an dem der Puls über 100 Schläge pro Minute gemessen wurde. Die vegetative Symptomatik beinhaltete Schwitzen, Zittern, Übelkeit, Erbrechen und Durchfall. Nach Abfragen dieser Symptome teilte das Pflegepersonal die vegetativen Erscheinungen in schwer, mittel, leicht oder nicht vorhanden ein. Für die statistische Auswertung zählte jeder Tag, an dem mindestens einmal eine mittlere oder schwere Symptomatik verzeichnet wurde. Die medikamentöse Therapie wurde für die ersten zwei Wochen des Aufenthalts erfasst. Als Hauptentzugsmedikament galten Oxazepam oder Clomethiazol. Weitere aufgelistete Medikamente sind Carbamazepin und Valproat (Krampfprophylaxe und –therapie) sowie entzugsbegleitende Mittel, wie Clonidin oder das Neuroleptikum Haloperidol, die in der Therapie des Alkoholdelirs eingesetzt werden. Für jeden Tag wurden die Einzelgaben addiert und als Tagesdosen notiert. Besondere Aufmerksamkeit wurde der CIWA-Ar geschenkt. Das Pflegepersonal füllte im Untersuchungszeitraum am ersten Abend des Aufenthalts die Beurteilungsskala aus. Die zehn Items wurden mit jeweils 0 - 7 Punkten (Bewertungseinheit 10: 0 - 4 Punkte) bewertet. Die Ergebnisse wurden für jede Bewertungseinheit gesondert auf den Auswertungsbogen übertragen, um Aussagen sowohl über Einzel- als auch Gesamtpunktzahl treffen zu können. Schließlich gab es auf den Bögen noch Platz für Bemerkungen, wo Verlegungen, Abbruchgründe, 4.4 Medikamentenwechsel und ähnliches dokumentiert wurde. Auswertung der Daten Abhängig von der CIWA-Ar-Punktzahl wurden die Patienten in zwei Gruppen eingeteilt. Gruppe 1 (G1) enthielt alle Patienten mit einer Summe von 0 - 9. Gruppe 2 (G2) jene, die eine Gesamtpunktzahl 10 aufwiesen. Die übrigen Patienten ohne CIWA-Ar-Erhebung wurden zum Vergleich in Gruppe 3 zusammengefasst. 4 MATERIAL UND METHODEN 41 Die Auswertung der erhobenen Daten erfolgte mittels verschiedener statistischer Verfahren. Nominalskalierte Daten wurden mittels Chi-Quadrat-Test auf signifikante Unterschiede untersucht. Für die Beurteilung der Mittelwertsvergleiche intervallskalierter Daten wurden entweder T-Tests oder ANOVAs herangezogen. Korrelationstechniken wurden angewendet, um die Enge von Zusammenhängen zwischen Merkmalen zu erfassen. Um Beziehungen zwischen einer abhängigen Variablen (CIWA-Ar-Wert) und mehreren unabhängigen Variablen zu bestimmen, wurde eine Regressionsanalyse gerechnet. Die Überprüfung der CIWA-Ar-Skala auf die ihr zugrunde liegende Dimensionalität erfolgte durch Faktorenanalyse mit anschließender Varimaxrotation. Um die Homogenität der CIWA-Ar-Skala abzuschätzen, wurde die Interne Konsistenz durch Berechnung von Cronbachs Alpha bestimmt. Das Signifikanzniveau wird bei einer Irrtumswahrscheinlichkeit von fünf Prozent angesetzt und jeweils angegeben. Die statistische Bearbeitung erfolgte mit dem Statistik-Programm SPSS, Version 10. Bei der Durchführung mehrerer Tests an identischen Daten ist die Wahrscheinlichkeit, sich irrtümlich gegen die Nullhypothese zu entscheiden, erhöht. Zur Absicherung gegen ein fälschlicherweise signifikantes Ergebnis ist eine AlphaFehler-Adjustierung möglich, üblicherweise eine Bonferoni-Korrektur, die jedoch eher zu konservativ ausfällt und zudem von orthogonalen, d.h. voneinander unabhängigen Einzeltests ausgeht. Hierbei wird die Irrtumswahrscheinlichkeit in Abhängigkeit von der Anzahl der Einzelvergleiche neu festgesetzt. Auf eine AlphaFehler-Adjustierung wurde in der vorliegenden Arbeit verzichtet, da davon ausgegangen werden kann, dass die einzelnen Tests nicht perfekt voneinander unabhängig sind und die Arbeit einen deskriptiv-explorativen Charakter hat. 5 ERGEBNISSE 5 ERGEBNISSE 5.1 Patientenkollektiv 42 Insgesamt wurden 409 Patienten in die Untersuchung einbezogen. Nach Prüfung der Einschlusskriterien verblieben 366 (siehe Tabelle 7), 43 Patienten wurden ausgeschlossen (siehe Ausschlusskriterien 4.1.2). Es verstarb kein Patient während des Krankenhausaufenthalts. Tabelle 7: Ausschlusskriterien des Patientenkollektivs 01.04.06 - 31.03.07 Ausschlusskriterium Anzahl Patienten Benzodiazepinentzug 18 Schlafmittelentzug 1 Cannabisentzug 1 Opiatentzug 2 Distraneurinabhängigkeit 1 Übernahme von anderer Station, Aufnahme in bereits delirantem Zustand 12 Drei Tage vor Aufnahme abstinent 8 Summe 43 Die Stichprobe weist nicht stets einen Umfang von n = 366 auf, da er aufgrund fehlender Daten in den Akten variiert. Je nach Untersuchung wurden nur Patienten mit erstellter CIWA-Ar verglichen. In diesem Fall beträgt die Anzahl der Patienten 245. Wenn das gesamte Patientenkollektiv eingeschlossen wurde, handelt es sich um 366 Patienten. Das durchschnittliche Alter der Patienten am Aufnahmetag betrug 44,36 Jahre (n = 366, s = 10,55), wobei der jüngste Patient 19 und der älteste 75 Jahre alt waren. Durchschnittlich 15,25 Tage (n = 366, s = 7,34) dauerte der Aufenthalt auf Station 5, 5 ERGEBNISSE 43 mindestens einen Tag und höchstens 42 Tage. 54 Patienten (14,8%) wurden vor Ende der Therapie entlassen. Gründe hierfür waren entweder Regelverstöße oder der Wunsch, die Einrichtung zu verlassen, obwohl die Therapie aus ärztlicher Sicht noch nicht als beendet galt. 5.1.1 Abhängigkeitsverhalten Im Mittel hatten die Patienten lebenslang schon 3,02 Alkoholentzugsbehandlungen (n = 353, s = 4,37) erlebt. Die Angaben bezüglich der Anzahl vorheriger Entzüge variierten von null bis 60. Über einen erlebten Krampfanfall berichteten 79 Patienten (21,9%, n = 360), über ein Alkoholdelir 70 Patienten (19,4%, n = 360). Die Patienten gaben an, seit durchschnittlich 23,68 Jahren (n = 314, s = 10,75) regelmäßigen und seit 12,89 Jahren (n = 318, s = 9,33) problematischen Alkoholkonsum betrieben zu haben. Die täglich konsumierte Reinalkoholmenge betrug im Mittel 282,11 g/d (n = 333, s = 146,41). Die angegebenen Mengen reichten von 28 bis 1100 g/d. 206 Patienten (56,3%, n = 366) konsumierten gelegentlich bis häufig Drogen und Medikamente. In Tabelle 8 ist die Häufigkeit des Missbrauchs der einzelnen Substanzen aufgelistet. Tabelle 8: Beikonsum Drogen und Medikamente Beikonsum [%]][a]] [a] Benzodiazepine Cannabis Kokain Opiate Sedativa Weckamine 20,5 18,3 3,3 1,6 0,3 0,8 Prozentualer Anteil der beikonsumierenden Patienten (n = 366) 5.1.2 Komorbidität Mindestens eine neurologische Komorbidität bestand bei 45 der Patienten (12,3%, n = 355) und bei 136 Patienten (37,3%, n = 355) wenigstens eine 5 ERGEBNISSE 44 internistische, vermutlich alkoholassoziierte Erkrankung. Psychiatrische Begleiterkrankungen bestanden bei 44,8% (n = 364). Affektive Störungen (32,9%, n = 365) konnten am häufigsten gezählt werden. Die gestellten psychiatrischen Diagnosen und ihre Häufigkeiten sind in folgender Tabelle aufgeführt. Tabelle 9: Psychiatrische Komorbidität Angst-, Affektive PersönlichkeitsSuizidalität Schizophrenie Panikstörung Störung störung Anteil [%]] 10,2 32,9 4,4 7,4 2,5 n[a]] 364 365 365 365 364 [a] Anzahl 5.1.3 Daten bei Aufnahme Tabelle 10: Laborwerte und AAK bei Aufnahme Laborwert Mittelwert Min Max n s[a]] GGT [U/l]][b]] 182,1 7 2426 346 289,3 GOT [U/l]][b]] 86,5 3 645 350 85,8 GPT [U/l]][b]] 67,4 4 425 350 63,1 MCV [fl]][c]] 95,5 12 113 348 7,6 AAK [ ‰]] 1,2 0 4,9 357 1,2 [a] Standardabweichung; [b] Units pro Liter; [c] Femtoliter Durchschnittlich wiesen die Patienten bei Aufnahme eine Alkoholkonzentration in der Atemluft (AAK) von 1,16‰ (n = 357, s = 1,15) auf. Die Werte lagen zwischen 0‰ und 4,9‰. 118 Patienten (33%) kamen nüchtern, mit einem Atemalkoholspiegel von 0‰ auf Station. Für Informationen zu den Laborwerten der ersten Blutentnahme siehe Tabelle 10. 5 ERGEBNISSE 5.1.4 45 Daten zum Therapieverlauf Zum Zeitpunkt der ersten Medikamentengabe lag der Alkoholgehalt in der Atemluft im Durchschnitt bei 0,45‰ (n = 315, s = 0,56). Der maximale Wert betrug 2,13‰. Aus den Untersuchungen durch das Pflegepersonal bezüglich Blutdruck, Puls und vegetativen Entzugserscheinungen konnten die in Tabelle 11 ersichtlichen Daten gewonnen werden. Im Laufe der Behandlung erlitten drei Patienten (0,8%, n = 366) einen Krampfanfall. Elf Patienten (3%, n = 366) entwickelten ein Alkoholentzugsdelir. Tabelle 11: Tage mit erhöhtem Blutdruck und Puls sowie vegetativen Entzugserscheinungen Mittelwert Min[e]] Max[e]] n s RR systolisch[a]] 0,95 0 15 365 1,9 RR diastolisch[b]] 0,54 0 10 365 1,4 Puls[c]] 1,58 0 14 365 2,1 Vegetativum[d]] 1,52 0 10 362 1,9 [a] Blutdruck > 160 mmHg, Anzahl Tage; [b] Blutdruck > 100 mmHg, Anzahl Tage; [c] Puls pro Minute > 100, Anzahl Tage; [d] mindestens mittelstarke Entzugssymptomatik, Anzahl Tage; [e] kleinste bzw. größte erfasste Anzahl an Tagen 5.1.5 Medikamentöse Therapie Insgesamt wurden 74,6% der Patienten (n = 366) medikamentös behandelt. Bei den übrigen 25,4% der Patienten wurde kein Entzugsmedikament benötigt. 19,7% der untersuchten Gruppe (n = 365) nahm während der Entzugsbehandlung Carbamazepin oder Valproat zur Krampfprophylaxe oder -therapie ein. Für die 168 Patienten, die mit Oxazepam behandelt wurden, konnte eine durchschnittliche Dosis am Tag der höchsten Medikamentengabe von 99,30 mg berechnet werden (min = 7, max = 250, s = 52,41). Im Mittel wurde den Patienten insgesamt 320,85 mg Oxazepam verabreicht (s = 258,23). Den 116 mit Clomethiazol 5 ERGEBNISSE 46 behandelten Patienten wurden am Tag der Höchstdosis durchschnittlich 10,49 Kapseln verabreicht (min = 1, max = 22 Kapseln, s = 4,65) und als Gesamtdosis 36,93 Kapseln (s = 25,86). Bei 3,6% der Untersuchten kam es unter der medikamentösen Therapie zu unerwünschten Arzneimittelwirkungen, auf die mit Medikamentenumstellung reagiert wurde. Falls durch solche Wechsel am selben Tag Clomethiazol (Kapseln oder Mixtur) und Oxazepam (Tabletten) verabreicht worden waren, wurden die Mengen entsprechend ihrer Äquivalenzdosen ineinander umgerechnet. Daraus resultierten die teilweise unüblichen Mengenangaben der statistischen Ergebnisse. 5.1.6 Getrennte Betrachtung von Frauen und Männern Die gewonnenen Ergebnisse zeigen bei gesonderter Betrachtung von Männern und Frauen keine ausgeprägten Unterschiede. Männer wiesen eine größere tägliche Trinkmenge auf und erhielten höhere Tages- und Gesamtdosen an Oxazepam. Die Entzugsverlaufsparameter hoher Blutdruck, schneller Puls und vegetative Symptomatik traten bei Männern häufiger auf als bei Frauen. Die Tages- und Gesamtdosis an Clomethiazol unterscheidet sich im Gegensatz zu Oxazepam nicht nennenswert zwischen Männern und Frauen (siehe Tabelle 12). Aufgrund der Tatsache, dass generell eine große Übereinstimmung der Ergebnisse vorliegt, wurde in den folgenden Untersuchungen auf eine nach Geschlechtern getrennte Betrachtung verzichtet. 5 ERGEBNISSE 47 Tabelle 12: Gegenüberstellung der Ergebnisse für Frauen (w) und Männer (m) Geschlechtl Mittelwert n[c] s[d] T[e] p[f] m 43,81 258 10,9 1,54 0,124 w 45,67 108 9,6 m 15,22 258 7,5 0,10 0,920 Aufenthaltsdauer [d][b] w 15,31 108 6,9 m 3,13 251 4,8 Anzahl Entzüge 0,75 0,452 w 2,75 102 3,3 m 235 147,5 302,18 3,96 0,000 Tägl. Trinkmenge [g/l]] w 98 132,6 233,96 m 112 56,4 108,86 3,95 0,000 Oxazepam max. [mg]] w 56 36,8 80,18 m 10,45 94 4,5 0,17 0,868 Clomethiazol max. [mg] w 10,64 22 5,5 m 112 287,1 369,71 4,38 0,000 Oxazepam insg. [mg]] w 56 146,7 223,13 m 37,02 94 25,5 0,08 0,472 Clomethiazol insg. [mg] w 36,55 22 28,0 m 257 1,9 1,09 2,20 0,028 RR, syst. [d][b] w 108 1,7 0,62 m 0,61 257 1,4 1,75 0,082 RR, diast. [d][b] w 0,36 108 1,2 m 1,63 257 2,2 0,65 0,516 Puls [d][b] w 1,47 108 1,9 m 1,61 256 1,9 1,50 0,320 Vegetativum [d][b] w 1,29 106 1,6 [a] [a] Jahre; [b] Tage; [c] Anzahl; [d] Standardabweichung; [e] T des T-Tests; [f] Signifikanz Alter [a][a] 5.2 CIWA-Ar 5.2.1 Allgemeine Ergebnisse Bei 66,9%, entsprechend 245 Patienten, wurde eine CIWA-Ar erstellt. 79 davon waren Frauen mit einem Mittelwert von 9,42 Punkten. Die 166 Männer erreichten durchschnittlich 9,71 Punkte. Für die beschriebene Gruppe wurde eine mittlere CIWA-Ar-Gesamtpunktzahl von 9,6 errechnet (n = 245, s = 7,87). Die Ergebnisse reichten von 0 - 37 (siehe Abbildung 1). 9,8% aller Fragebögen wurden mit 0 Punkten bewertet. 5 ERGEBNISSE 48 25 20 15 10 5 0 0 5 10 15 20 25 30 35 CIWA-Ar Gesamtpunktzahl 0 - 37 Abbildung 1: Häufigkeitsverteilung CIWA-Ar-Gesamtpunktzahl 5.2.2 Bedeutende Zusammenhänge Die CIWA-Ar-Punktzahl korreliert hochsignifikant mit der maximalen Tagesdosis an Clomethiazol (r = 0,376, p = 0,001, n = 73) und Oxazepam (r = 0,291, p = 0,001, n = 119). Die Gesamtdosen an Clomethiazol (r = 0,337, p = 0,004, n = 73) sowie Oxazepam (r = 0,185, p = 0,043, n = 119) stehen in signifikantem Zusammenhang mit der CIWA-Ar. Für die erfassten Entzugverlaufsparameter konnten folgende Zusammenhänge gefunden werden: Das CIWA-Ar-Ergebnis steht sowohl mit der Anzahl der Tage erhöhten Pulses (r = 0,344, p = 0,000, n = 245) als auch mit der Häufigkeit starker vegetativer Entzugserscheinungen (r = 0,278, p = 0,000, n = 244) hochsignifikant in positiver Wechselwirkung. Die Alkoholkonzentration in der Atemluft bei Aufnahme bezieht sich positiv auf den CIWA-Ar-Wert (r = 0,430, p = 0,000, n = 241), mit der AAK zum Zeitpunkt des medikamentösen Therapiebeginns verhält es sich ähnlich (r = 0,361, p = 0,000, n = 213). 40 5 ERGEBNISSE 49 Ein solcher Zusammenhang konnte auch zwischen der Anzahl schon durchgeführter Entzüge und den im CIWA-Ar-Bogen erreichten Punktzahlen gefunden werden (r = 0,185, p = 0,004, n = 239). Tabelle 13: CIWA-Ar: Korrelationen und Signifikanz Clome- Oxazethiazol[a]] pam[a]] Puls Vegetativum AAKA[b]] AAK-T[c]] Anzahl Entzüge Korrelation r 0,376 0,291 0,344 0,278 0,430 0,361 0,185 Signifikanz p 0,010 0,010 0,000 0,000 0,000 0,000 0,004 [a] [c] Tag der höchsten Dosis; [b] Alkoholkonzentration im Atem bei Aufnahme; Alkoholkonzentration im Atem bei Therapiebeginn Die einzigen Laborwerte, die signifikant in Wechselbeziehung zu den CIWA-ArErgebnissen stehen, sind GOT (r = 0,152, p = 0,018, n = 241) und GPT (r = 0,127, p = 0,045, n = 241). Der errechnete Korrelationskoeffizient ist allerdings für beide Parameter relativ klein. Nichtsignifikante Ergebnisse ergab die Gegenüberstellung der CIWA-Ar-Werte mit dem Alter der Patienten (r = 0,036, p = 0,580, n = 245) und der Aufenthaltsdauer (r = -0,081, p = 0,204, n = 245). Mit r = 0,047 (p = 0,461, n = 245) für die systolischen sowie r = 0,014 (p = 0,823, n = 245) für die diastolischen Blutdruckwerte besteht kein signifikanter Zusammenhang zwischen Blutdruck und CIWA-Ar-Punktzahl. Üblicherweise wird die Höhe des Blutdrucks jedoch als Hilfsmittel zur Entzugseinschätzung verwendet. Kein Zusammenhang fand sich für die Laborparameter MCV (r = 0,075, p = 0,244, n = 240) und GGT (r = 0,08, p = 0,219, n = 238). Überraschenderweise verhielt es sich so auch bezüglich der Dauer des regelmäßigen (r = 0,115, p = 0,09, n = 220) und problematischen (r = 0,088, p = 0,194, n = 222) Konsums sowie der täglich konsumierten Alkoholmenge (r = 0,067, p = 0,307, n = 231). 5 ERGEBNISSE 50 Regressionsanalyse Um zu untersuchen, welche der oben aufgeführten Parameter auf das CIWA-ArErgebnis den größten Einfluss hatten, wurde eine Regressionsanalyse durchgeführt. Es wurden nur Parameter eingeschlossen, die in signifikantem Zusammenhang mit der CIWA-Ar-Punktzahl standen und bei Beginn der Entzugsbehandlung bekannt gewesen waren. Die Atemalkoholkonzentration bei Aufnahme und medikamentösem Therapiebeginn sowie die Anzahl der vorherigen Entzüge wurden als Einflussfaktoren auf die abhängige Variable CIWA-Ar geprüft. Der Alkoholpegel bei Aufnahme ist mit Beta = 0,389 als wichtige Einflusskonstante errechnet worden (p = 0,000). Dem Alkoholpegel bei Therapiebeginn konnte hingegen keine solche Bedeutsamkeit zugewiesen werden. Bezüglich der Anzahl durchgeführter Entzüge konnte ein tendenzieller Einfluss mit Beta gleich 0,110 belegt werden (p = 0,087). 5.2.3 Beschreibung der CIWA-Ar-Bewertungseinheiten In Tabelle 14 werden die CIWA-Ar-Bewertungseinheiten 1 - 10 mit den jeweils errechneten Mittelwerten und Höchstpunktzahlen einzeln aufgeführt. Aus ihr ist ersichtlich, dass die Einheiten 6 - 10 nicht ein einziges Mal den möglichen Höchstwert erreichten. Tabelle 15 stellt die Häufigkeit von minimal und maximal erreichter Punktzahl für jede der Bewertungseinheit einzeln dar. 5 ERGEBNISSE 51 Tabelle 14: Mittelwerte der einzelnen CIWA-Ar-Bewertungseinheiten Möglicher max. Wert Erreichter max. Wert Mittelwert s Übelkeit und Erbrechen 7 7 0,86 1,7 2 Tremor 7 7 2,33 2,1 3 Schweißausbrüche 7 7 1,37 1,7 4 Angst 7 7 1,42 1,6 5 Unruhe 7 7 1,54 1,9 6 Taktile Störungen 7 5 0,39 0,9 7 Akustische Störungen 7 4 0,38 0,8 8 Visuelle Störungen 7 5 0,45 1,0 9 Kopfschmerzen/Druckgefühl 7 6 0,80 1,3 10 Orientiertheit/Trübung des Bewusstseins 4 2 0,07 0,3 Einheit Beschreibung 1 Tabelle 15: Auftreten Minimal- und Maximalpunktzahl 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 0 P.[a]] 69,4 27,3 44,1 38,0 52,7 78,4 78 78 62,4 93,5 7/4 P.[b]] 2,9 4,9 2,9 0,4 0,4 0,0 0,0 0,0 0,0 0,0 [a] Prozentualer Anteil mit 0 Gesamtpunkten in der CIWA-Ar; [b] Prozentualer Anteil mit Höchstpunktzahl 7 für Items 1-9; 4 für Item 10 5 ERGEBNISSE 5.2.4 52 Gemeinsame Bewertungseinheit „Halluzination“ Es fiel auf, dass die Bewertungseinheiten 6, 7 und 8 innerhalb eines CIWA-ArBogens häufig ähnliche Ergebnisse lieferten. Es handelt sich um drei verschiedene Formen nichtrealer Wahrnehmung (taktil, akustisch und visuell). Die Bildung von nicht-parametrischen Korrelationen bestätigte die vorherige Annahme. CIWA-Ar 6 und 7 korrelieren mit r = 0,349, CIWA-Ar 6 und 8 mit r = 0,393 (p jeweils = 0,000). CIWA-Ar 7 und 8 wiesen bei gleicher Signifikanz sogar eine Korrelation von r = 0,408 auf. Die Bildung einer gemeinsamen Bewertungseinheit für Item 6, 7 und 8 ist zu erwägen. 5.2.5 Gruppeneinteilung Bei 245 von 366 Patienten wurde eine CIWA-Ar ausgefüllt. 54,7% erreichten eine Punktzahl von höchstens 9, die übrigen 45,3% lagen zwischen 10 und 67 Punkten. Für die Auswertung wurden drei Gruppen gebildet (siehe Tabelle 16). Die 134 Patienten mit einer CIWA-Ar-Summe < 10 bildeten Gruppe 1, die 111 übrigen mit einem CIWA-Ar-Ergebnis 10 wurden in Gruppe 2 zusammengefasst. Alle 121 Patienten ohne CIWA-Ar gehörten Gruppe 3 an. Hinsichtlich des Geschlechts gab es bei der Gruppenzugehörigkeit keine relevanten Unterschiede, beispielsweise sind 29% aller Männer und 31% aller Frauen mit einem CIWA-Ar > 9 der Gruppe 2 zugehörig (chi2 = 2,923, p = 0,232). Tabelle 16: CIWA-Ar-Einteilung in 3 Gruppen Erreichte Punktzahl Gruppe Häufigkeit[a]] % 0-9 1 134 36,6 10-67 2 111 30,3 Ohne CIWA-Ar 3 121 33,1 [a] Gesamtanzahl n = 366: chi2 = 2,923; p = 0,232 5 ERGEBNISSE 5.2.6 53 Vergleich der Gruppen Die Aufenthaltsdauer betrug in Gruppe 1 durchschnittlich 16,8 Tage (s = 6,66), in Gruppe 2 nur 15,74 Tage (s = 6,958), (T = 1,215, p = 0,226, n = 245). Zur Überprüfung dieses nichtsignifikanten Ergebnisses wurde eine gesonderte Berechnung ohne „Abbrecherpatienten“ erstellt. Es konnte für Gruppe 1 eine signifikant längere Aufenthaltsdauer von durchschnittlich 17,92 (s = 5,942) im Vergleich zu 16,59 Tagen (s = 6,540) in Gruppe 2 bestätigt werden. Weiterhin wurde die mittlere Aufenthaltsdauer der Patienten ohne CIWA-Ar errechnet. Sie lag bei 15,04 (s = 7,295), (F = 4,07, p = 0,007, n = 366). Der Atemalkoholgehalt bei Aufnahme unterschied sich hochsignifikant mit Durchschnittswerten von 0,73‰ (s = 0,99) in Gruppe 1 und 1,62‰ (s = 1,14) in Gruppe 2 (T = 6,418, p = 0,000, n = 241). Mit gleichem p unterschieden sich die jeweiligen Atemalkoholspiegel bei medikamentösem Therapiebeginn. Gruppe 1 wies durchschnittlich 0,28‰ (s = 0,49) auf, Gruppe 2 hingegen 0,68‰ (s = 0,55), (T = 4,19, p = 0,000, n = 213). 1,8 G2 Atemalkoholkonzentration [ä] 1,6 1,4 1,2 1 0,8 G1 G2 0,6 0,4 G1 0,2 0 AAK-Aufnahme AAK-Therapiebeginn Abbildung 2: Alkoholgehalt in der Atemluft (G1: Gruppe 1; G2: Gruppe 2) 5 ERGEBNISSE 54 Auch hinsichtlich der Anzahl vorheriger Entzüge konnten unterschiedliche Durchschnittswerte ermittelt werden. Patienten aus Gruppe 1 hatten im Mittel bisher 2,26 Entzüge (s = 2,36), jene aus Gruppe 2 bereits 4,3 (s = 6,91), (T = 2,92, p = 0,004, n = 239). Bezüglich der konsumierten Alkoholmenge zeigte sich lediglich die Tendenz, dass Patienten aus Gruppe 2 größere Mengen (296,63 g, s = 162,20) als in Gruppe 1 (260,65 g, s = 139,88) konsumierten (T = 1,81, p = 0,072, n = 231). Puls und Vegetativum sind weitere Parameter, die sich signifikant unterschieden. Die Anzahl der Tage mit erhöhtem Puls betrug in Gruppe 1 durchschnittlich 0,96 Tage (s = 1,45), in Gruppe 2 dagegen 2,28 Tage (s = 2,53), (T = 4,89, p = 0,000, n = 245). 1,14 Tage lang (s = 1,57) hatten Patienten der Gruppe 1 vegetative Entzugserscheinungen, deutlich weniger als die durchschnittlich errechneten 2,12 Tage (s = 2,06) in Gruppe 2 (T = 4,09, p = 0,000, n = 244). 2,5 G2 G2 Anzahl Tage 2 1,5 G1 1 G1 0,5 0 Erh!hter Puls Vegetative Symptome Abbildung 3: Entzugsverlauf (erhöhter Puls, vegetative Entzugserscheinungen) 5 ERGEBNISSE 55 Der systolische Blutdruck lag in Gruppe 2 häufiger, jedoch nicht signifikant, über 160 mmHg (1,22 Tage, s = 2,35) als in Gruppe 1 (0,8 Tage, s = 1,64), (T = 1,53, p = 0,115, n = 245). Auch für die diastolischen Blutdruckergebnisse liegt keine Signifikanz vor (T = 0,61, p = 0,54, n = 245), die Mittelwerte in Gruppe 1 lagen bei 0,51 (s = 1,4) und in Gruppe 2 bei 0,63 Tagen (s = 1,56). GOT erwies sich als einziger Laborwert, der signifikante Unterschiede in den zwei Gruppen zeigte. In Gruppe 1 lag der Wert durchschnittlich bei 75,80 U/l (s = 78,68) und in Gruppe 2 bei 102,26 U/l (s = 98,99), (T = 2,31, p = 0,022, n = 241). Beim Vergleich von psychiatrischen und internistischen Begleiterkrankungen in den zwei CIWA-Ar-Gruppen konnten weder signifikante noch tendenzielle Zusammenhänge gefunden werden. Medikamente 64,2% der Patienten (86) aus Gruppe 1 wurden medikamentös behandelt, entweder mit Oxazepam oder Clomethiazol. In Gruppe 2 wurden 88,3% der Patienten (98) medikamentös unterstützt. Zum Vergleich wurde auch Gruppe 3 untersucht. Mit 74% lag der Anteil medikamentös therapierter Patienten hier genau zwischen Gruppe 1 und 2 (chi2 = 18,72, p = 0,000, n = 366). 21 Patienten der Gruppe 1 (15,8%) wurden mit Carbamazepin oder Valproat behandelt, in Gruppe 2 wurden 29 Patienten (18,2%) mit einem dieser Medikamente behandelt (chi2 = 3,97, p = 0,046, n = 244). In Abbildung 4 sind die Tagesgesamtdosen für jede der zwei Gruppen aufgeführt. Es werden sowohl Ergebnisse für Oxazepam als auch Clomethiazol verarbeitet. Zur Vergleichbarkeit wurden Äquivalenzdosen berechnet. Eine Kapsel Clomethiazol entspricht 12,5 mg Oxazepam. 5 ERGEBNISSE 56 G1, Oxazepam G2, Oxazepam G1, Clomethiazol G2, Clomethiazol 160 140 120 100 80 60 40 20 0 1 2 3 4 5 6 7 Tag Abbildung 4: Trendlinie aus Tagesgesamtdosen, Gruppe 1 (G1) und 2 (G2) Tageshöchstdosen Aus der Untersuchung der Tageshöchstdosis von Oxazepam und Clomethiazol gehen folgende Ergebnisse hervor: In Gruppe 1 wurde im Mittel eine Höchstdosis von 88,53 mg Oxazepam (s = 47,55) verabreicht, in Gruppe 2 waren es 117,54 mg (s = 53,50). Für diese Ergebnisse lag die Signifikanz bei 0,002 (T = 3,13, n = 119). Die Höchstdosis an Clomethiazol (T = 2,89, p = 0,005, n = 73) lag pro Patient in Gruppe 1 bei durchschnittlich 9,07 Kapseln am Tag der höchsten Medikamentengabe (s = 3,86), in Gruppe 2 bei 11,95 Kapseln (s = 4,37). Gesamtdosen Diese Ergebnisse bezüglich der Höchstdosis wurden durch Vergleich der Gesamtdosen tendenziell bestätigt (T = 1,81, p = 0, 73, n = 119). In Gruppe 1 lag die 5 ERGEBNISSE 57 Gesamtmenge an Oxazepam im Mittel bei 298,78 mg (s = 294,85), in Gruppe 2 bei 389,75 mg (s = 251,99). An Clomethiazol (T = 2,91, p = 0,005, n = 73) wurden im Verlauf des Entzugs in Gruppe 1 durchschnittlich 28,25 Kapseln (s = 19,00) verabreicht, in Gruppe 2 deutlich mehr mit 45,68 Kapseln (s = 28,30). G2 600 Entzugsmedikation [mg] 500 G2 400 G1 G1 300 200 G2 G2 100 G1 G1 0 TD GD Oxazepam TD GD Clomethiazol Abbildung 5: Vergleich Tageshöchstdosis (TD) und Gesamtdosis (GD) Delir und Krampfgeschehen Neun von 245 Patienten mit erstellter CIWA-Ar entwickelten ein Delirium tremens. Sie hatten im Durchschnitt eine Punktzahl von 18,0 (mindestens 5, höchstens 31 Punkte), wohingegen die restlichen Patienten im Durchschnitt 7,67 Punkte hatten (p = 0,001, n = 245). Die Zellenbesetzung „Delir“ ist für die statistische Auswertung sehr gering, deshalb sind die Ergebnisse nur bedingt verwendbar. Acht von neun Patienten, die ein Delir entwickelten, gehörten bei der CIWA-Ar-Erhebung zu Gruppe 2, wiesen also mindestens 10 CIWA-Ar-Punkte am ersten Abend auf. 5 ERGEBNISSE 58 Aufgrund der geringen Anzahl betroffener Patienten wurde die „Exakte Signifikanz“ errechnet (chi2 = 9,828, Exakte Signifikanz = 0,012). Zum Vergleich entwickelten in Gruppe 3 drei Patienten ein Delirium tremens. Die zwei Patienten mit ausgefülltem CIWA-Ar, die im Laufe des Aufenthaltes einen Krampfanfall erlitten, erreichten bei Erhebung 5 und 17 Gesamtpunkte. Einer der Patienten mit Krampfanfall gehörte damit zu Gruppe 1, der andere zu Gruppe 2. In Gruppe 3 entwickelte ein weiterer Patient einen Krampfanfall im Verlauf des Entzuges. Die 57 Patienten mit Krampfgeschehen in der Vorgeschichte hatten einen CIWA-ArMittelwert von 12,37 (s = 8,60) im Vergleich zu den 186 ohne bisheriges Krampfgeschehen mit einem Mittelwert von 8,78 (s = 7,46); (T = 3,06, p = 0,002, n = 243). 31% der Patienten (34 von 110) aus Gruppe 2 hatten schon mindestens einen Krampfanfall vor Aufnahme, bei Gruppe 1 waren es mit 23 von 133 nur 17% (chi2 = 6,22, p = 0,013, n = 243). Ähnlich verhielt es sich bezüglich früherer Delirzustände. Insgesamt hatten 49 der CIWA-Ar-Patienten ein alkoholassoziiertes Delir in der Vorgeschichte erlebt. Diese lagen mit ihrem CIWA-Ar-Mittelwert von 13,61 (s = 8,36) höher als die übrigen Patienten mit 8,62 (s = 7,43), (T = 4,09, p = 0,000, n = 243). 29% (32 von 110) in Gruppe 2 hatte ein Delir in der Vergangenheit, wohingegen es bei Gruppe 1 nur 12,8% (17 von 133) waren (chi2 = 9,95, p = 0,002, n = 243). 5 ERGEBNISSE 59 40 G2 35 G2 Positive Anamnese [%] 30 25 20 15 G1 G1 10 5 0 Delirium tremens Krampfanfall Abbildung 6: Delirium tremens und Krampfanfall in der Vorgeschichte Übrige Parameter Hinsichtlich des Alters, der Dauer regelmäßigen und problematischen Konsums sowie der Laborwerte MCV, GGT und GPT konnten keine signifikanten Ergebnisse bezüglich der CIWA-Ar-Gruppenzugehörigkeit gefunden werden. Die folgende Tabelle 17 gibt einen Überblick der erhaltenen Ergebnisse. 5 ERGEBNISSE 60 Tabelle 17: Nichtsignifikante Resultate Mittelwert Mittelwert s G1[e] s G2[e] G1 G2 N[f] p[g] T[h] Alter [a][a] 44,0 10,6 44,7 10,5 245 0,870 0,50 Regelmäßiger Konsum [a][a] 23,1 10,9 24,8 10,3 230 0,481 1,17 Problematischer Konsum [a][a] 12,5 12,5 13,7 13,7 222 0,570 1,00 MCV [fl][c] 94,8 9,3 96,1 6,3 240 0,395 1,24 GGT [U/l][d] 176,8 356,8 195,2 250,7 238 0,858 0,45 GPT [U/l][d] 61,8 62,4 71,0 61,9 241 0,427 1,15 [a] [b] [c] [d] in Jahren; Liter; Femtoliter; Units pro Liter; Gruppe 1 und 2; [f] Anzahl; [g] Signifikanz; [h] T des T-Tests 5.2.7 [e] Standardabweichung Reliabilitätsanalyse der einzelnen CIWA-Ar-Einheiten Die Reliabilität ist ein Maß der Replizierbarkeit einer Likert-Skala; sie gibt die formale Genauigkeit an. Beurteilt wurde in diesem Teil der Arbeit die Trennschärfe (r) der einzelnen Bewertungseinheiten, also die Korrelation jedes Items mit der Summe der übrigen Items – dem Gesamtergebnis. Hohe Trennschärfen bedeuten, dass Punktzahlen eines einzelnen Items Vorhersagen über das gesamte Testergebnis möglich machen. Keine der untersuchten Bewertungseinheiten korreliert negativ mit einer anderen. Werte r > 0,3 gelten als verwendbar, Werte über 0,5 gelten als gut (Bortz und Döring 1995). Mit Ausnahme der Kriterien 9 und 10 erfüllen alle Items diese Auflage. Wie im folgenden Diagramm dargestellt, liegt die Trennschärfe für Items 3 und 4 über 0,5. Die durchschnittliche Inter-Item-Korrelation beträgt 0,2349. Der kleinste Wert liegt bei 0,0596 (CIWA 10 mit CIWA 6), der größte bei 0,5031 (CIWA 3 mit CIWA 2). Die Varianz beträgt 0,0118. Das Cronbachs Alpha gibt die Reliabilität einer Skala an. Damit lässt sich berechnen, inwieweit alle Items der CIWA-Ar gemeinsam als Messung einer einzelnen Variable 5 ERGEBNISSE 61 angesehen werden können. Es gilt als Maß der internen Konsistenz einer Skala. Für die CIWA-Ar wurde ein Alpha-Koeffizient von 0,7385 errechnet. Er kann zwischen minus und plus eins liegen, eine verwendbare Skala sollte mindestens 0,7 erreichen (Cronbach 1951). 0,7 0,6 0,5 0,4 0,3 0,2 0,1 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 CIWA-Ar-Bewertungseinheiten Abbildung 7: Trennschärfe einzelner CIWA-Ar-Items Aufgrund der geringen Trennschärfe von Bewertungseinheit 10 (Orientiertheit und Trübung des Bewusstseins) wurde Alpha für die gleiche Skala ohne Item 10 berechnet. Der Alpha-Koeffizient erhöht sich durch die Streichung von Item 10 auf 0,7427. Nach Elimination des Items 10 steigt die Inter-Item-Korrelation auf 0,2597, die Varianz sinkt auf 0,111. Die geringe Reliabilität der Einheit Orientiertheit und Trübung des Bewusstseins und die Tatsache, dass nur einmal 2 Punkte vergeben wurden, kein einziger Patient also die Höchstpunktzahl erhielt, führt zur Überlegung, dieses Item zu streichen. Die Aussagekraft der gesamten Skala wird hierdurch vergrößert. Es muss bei der Interpretation der Ergebnisse allerdings beachtet werden, dass diese Untersuchung 5 ERGEBNISSE 62 nur die CIWA-Ar-Werte des Aufnahmetags berücksichtigt. Sie überprüft demnach nicht die Bedeutung der Bewertungseinheit 10 im Entzugsverlauf. Am ersten Tag des körperlichen Entzugs jedenfalls waren nahezu nie Trübung des Bewusstseins und Desorientiertheit zu beobachten. 0,7 0,6 0,5 0,4 0,3 0,2 0,1 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 CIWA-Ar-Bewertungseinheiten 1-9 Abbildung 8: Korrigierte Trennschärfe nach Streichung von Item 10 5.2.8 Faktorenanalyse mit anschließender Varimaxrotation Um zu überprüfen, ob die feststehenden Items 1 – 9 in voneinander unabhängige Gruppen aufgeteilt werden können, wird die Faktorenanalyse durchgeführt. Voraussetzung für die Faktorenanalyse ist eine Korrelation zwischen den einzelnen Items (siehe oben). Bei der Analyse der einzelnen Faktoren ergaben sich drei Faktoren mit einem Eigenwert über eins. Diese drei Faktoren machen 59,9% der Aussagekraft der CIWA-Ar aus. 5 ERGEBNISSE 63 Tabelle 18: Faktorenanalyse CIWA-Ar-Items Gesamt % der Varianz Kumulierte Varianz Faktor 1 1, 2, 3, 4, 5 3,118 34,641 34,641 Faktor 2 6, 7, 8 1,266 14,067 48,708 Faktor 3 9 1,005 11,162 59,870 Rotierte Komponentenmatrix Die Varimaxrotation ist eine mathematische Rechenmethode, die eine inhaltliche Interpretationshilfe für die Faktorenanalyse darstellt (Kaiser 1958). Nur Variablen mit einem absoluten Faktorwert > 0,5 wurden als repräsentativ für einen gegebenen Faktor gewertet (Pittman et al. 2007). Faktor 1 wird durch CIWA-Ar 1 – 5 gestellt. CIWA-Ar 6, 7 und 8 bilden Faktor 2. Faktor 3 wird alleine durch CIWA-Ar 9 gebildet. Das bedeutet offenbar, dass Item 9 (Kopfweh) eine eigene Variable darstellt, die unabhängig von den restlichen Ergebnissen steht. Übelkeit und Erbrechen, Tremor, Schweißausbrüche, Ängstlichkeit und Unruhe stellen Faktor 1 dar, sie scheinen die vegetative Symptomatik gemeinsam zu repräsentieren. Die drei verschiedenen Formen der Wahrnehmung (akustisch, taktil und visuell) bilden, wie zu erwarten, einen eigenen Faktor (Faktor 2). Die errechneten Faktorwerte sind in Tabelle 19 nachzulesen. Tabelle 19: Komponentenmatrix Faktor 1 1 2 3 0,57 0,80 0,73 0,54 0,15 0,36 0,12 0,32 Faktor 2 < 0,01 < 0,01 Faktor 3 CIWA-Ar 4 5 0,44 < 0,01 6 7 8 9 0,61 0,34 < 0,01 0,12 < 0,01 0,26 0,70 0,77 0,71 0,23 0,21 0,28 0,85 < 0,01 < 0,01 6 DISKUSSION 6 DISKUSSION 6.1 Methodenkritik 6.1.1 Stichprobe 64 Bei den 366 Patienten der Stichprobe handelte es sich ausschließlich um Abhängige, die zu einer Qualifizierten Entzugsbehandlung in der psychiatrische Klinik des UKE aufgenommen wurden. Mit einer täglichen Alkoholmenge von durchschnittlich 282 g sind sie der Hochkonsumgruppe zuzuordnen (Soyka und Küfner 2008). Es kann davon ausgegangen werden, dass viele Patienten, die zum Entzug in eine spezialisierte Einrichtung wie das UKE kamen, schon zuvor Kontakt zum Suchthilfesystem hatten. Es wurde über durchschnittlich drei vorangegangene Entzüge und langjährigen regelmäßigen Alkoholkonsum berichtet (durchschnittlich 24 Jahre). 37,3% der Patienten litten an mindestens einer schwerwiegenden, vermutlich alkoholassoziierten, internistischen Begleiterkrankung. Aus diesen Bedingungen resultiert eine gewisse Selektion der Patienten dieser Studie. Schwere und Dauer der Abhängigkeit kann nicht als durchschnittlich im bundesdeutschen Vergleich gesehen werden. Viele alkoholkranke Menschen führen Entzüge ambulant oder stationär in nichtspezialisierten Kliniken durch, nur 3,1% aller Patienten werden in psychiatrischen Abteilungen wie der des UKE behandelt (Mann 2002). 90% der stationären Aufnahmen Alkoholabhängiger erfolgen in Allgemeinkrankenhäusern. Bei der Interpretation der Ergebnisse muss also zunächst berücksichtigt werden, dass die Studie an einer spezialisierten Suchtklinik, die eine Selektion der Patienten mit sich bringt, durchgeführt wurde. Der Vorteil, der sich jedoch aus diesem Umstand ergibt, besteht in der Auswertung der CIWA-Ar. Die Skala wurde für spezialisierte Entzugskliniken, wie die PS 5, entwickelt. Noch ist nicht abschließend geklärt, ob die Verwendung auch in anderen Kliniken sinnvoll ist. Es existiert eine Studie, in der nachgewiesen wurde, dass die erste Version der Skala (CIWA-A) auch in großen Allgemeinkrankenhäusern zur Bewertung von Entzugserscheinungen geeignet ist (Foy et al. 1988). 6 DISKUSSION 65 Alle in die Studie eingeschlossenen Patienten wurden mit der Hauptdiagnose „Alkoholabhängigkeit“ aufgenommen. Ein- und Ausschlusskriterien wurden genau festgelegt. Es wurden behandlungsbedürftige Patienten ausgeschlossen, Substanzabhängigkeit vorwiesen. die eine Patienten zweite mit nur gelegentlichem Drogen- und Medikamentenbeikonsum mit Suchtpotenzial wurden nicht ausgeschlossen. 56,3% der Untersuchten gaben solch einen Beikonsum an, es handelte sich also um mehr als die Hälfte der Patienten. Da die Menge der konsumierten Substanzen nicht immer exakt bestimmbar und die Auskunft der Patienten oft ungenau war, muss davon ausgegangen werden, dass Entzugserscheinungen nicht nur durch das Absetzen von Alkohol auftraten, sondern auch aufgrund von anderweitigem Substanzmangel hervorgerufen oder verstärkt worden sind. 20,5% aller Studienteilnehmer gaben eine gelegentliche Einnahme von Benzodiazepinen an. Bei Patienten, die an diese Substanz gewöhnt waren, können entsprechend mehr Medikamente während des Entzugs nötig gewesen sein. Benzodiazepinmissbrauch ist ein bei Alkoholkranken sehr häufig auftretendes Phänomen, in einer Studie mit 906 Patienten wurde er bei 78,4% der Entziehenden festgestellt (Soyka 1995a). Die unter diesen Umständen beobachteten Ergebnisse sind demnach als repräsentativ einzuschätzen. Jeder aufgenommene Patient vom 01.04.2006 bis zum 31.03.2007 wurde in die Studie einbezogen, sofern die Einschlusskriterien erfüllt wurden. Auch mehrmals aufgenommene Patienten wurden berücksichtigt. Gewertete Mehrfachaufnahmen könnten die Ergebnisse beeinflusst und verzerrt haben. Ein anderes methodisches Problem stellen Behandlungsabbrecher dar. 54 Patienten brachen aus unterschiedlichen Gründen den Aufenthalt auf der PS 5 ab. Meist handelte es sich um Abbrüche gegen den Willen der Ärzte, es gab aber auch einzelne Fälle disziplinarischer Maßnahmen, beispielsweise wegen Alkoholkonsums auf Station oder anderer regelwidriger Handlungen. Die aus der Entzugsbehandlung gewonnenen Daten wurden generell bis zum letzten Aufenthaltstag verwendet. 6 DISKUSSION 66 Patienten aus Gruppe 2, bei denen von einem schweren AES ausgegangen werden konnte, hatten eine durchschnittlich kürzere Aufenthaltsdauer (15,74 Tage) im Vergleich zu Gruppe 1 (16,80 Tage). Eine Erklärung für dieses überraschende Ergebnis könnte darin liegen, dass Patienten mit Rückfall in den ersten sechs Monaten nach Entzug am UKE die Möglichkeit eines erneuten körperlichen Entzugs im Rahmen einer einwöchigen Kurzintervention hatten. Es kann davon ausgegangen werden, dass Patienten der Gruppe 2 häufiger rückfällig wurden und deshalb die durchschnittliche Aufenthaltsdauer kürzer war. Hinzu kommt, dass Patienten mit besonders starker Entzugssymptomatik aufgrund von Komplikationen gehäuft verlegt werden mussten, beispielsweise auf die Intensivstation bei deliranten Zuständen. Ihre statistische Aufenthaltsdauer betrifft allerdings nur die Tage, die sie auf der PS 5 verbracht haben. 6.1.2 Bewertung der Symptomatik Die Einschätzung von Symptomen und Befinden der Entzugspatienten ist im Allgemeinen subjektiv (Fiellin et al. 1998). Durch lange Erfahrung und Schulung ist das Personal der PS 5 auf das Erkennen von Entzugssymptomen spezialisiert. Die Einschätzung des Befindens gehört auf einer Entzugsstation wie der PS 5 zum Stationsalltag. Es kann davon ausgegangen werden, dass konstante und objektive Bewertungen auch bei teilweise wechselndem Personal vorgenommen worden sind. Folgende Umstände führten zu eingeschränkter Vergleichbarkeit der Patientendaten: Der Zeitpunkt der letzten Alkoholaufnahme war bei jedem Patienten unterschiedlich. Auch wenn die CIWA-Ar immer am ersten Abend erstellt wurde, variierten die Stadien der Entgiftung bedingt durch den differierenden Alkoholpegel bei Aufnahme. Solch unterschiedliche Umstände sind bei Studien unter realen Bedingungen jedoch nicht vermeidbar und werden auch bei vergleichbaren Untersuchungen vorgefunden. Weiterhin wurde in der Entzugsverlaufsdokumentation festgehalten, wenn die Parameter Puls, Vegetativum oder Blutdruck mindestens einmal täglich über eine festgelegte Grenze stiegen. Dabei ist ungewiss, wie hoch und wie häufig diese Grenze überschritten wurde. 6 DISKUSSION 67 Der Umstand, dass die Patienten während der Studie keine andere relevante Behandlung erhielten und beim Auftreten internistischer oder chirurgischer behandlungsbedürftiger Komplikationen verlegt und damit aus der Studie ausgeschlossen wurden, spricht für Aussagekraft und Vergleichbarkeit der gewonnen Daten. 6.1.3 Erstellen der CIWA-Ar Das Pflegepersonal vervollständigte die CIWA-Ar-Bögen am ersten Abend des Aufenthalts. Von den insgesamt 366 Patienten des untersuchten Zeitraums wurde bei nur 245 eine CIWA-Ar erstellt. Da es sich um eine retrospektive Studie handelt, konnte auf diese Tatsache kein Einfluss genommen werden. Der Vorteil, der sich aber aus der unvollständigen Arbeit des Pflegepersonals ergibt, liegt in der Schaffung einer Vergleichsgruppe, der zufällig Patienten zugeordnet wurden. Sie macht genau ein Drittel der gesamten Stichprobe aus und beinhaltet sowohl Patienten mit schweren als auch milden Entzugsverläufen. 6.1.4 Datenauswertung Es kam vor, dass Patientenakten nicht vollständig geführt wurden oder bestimmte Werte fehlten. Diese fehlenden Daten wurden nicht in die statistische Auswertung einbezogen, die Felder leer gelassen. Folglich liegen unterschiedliche Stichprobengrößen bei verschiedenen Berechnungen vor. Die Daten, die aus Anamnesegesprächen gewonnen wurden, können nicht immer als exakt gewertet werden. Patienten machen oft ungenaue Angaben, besonders bezüglich Alkoholmenge, Abhängigkeitsdauer, Anzahl vorheriger Entzugsbehandlungen und Drogenbeikonsum. Es kann angenommen werden, dass diese potenzielle Fehlerquelle bei den meisten Studien vorhanden ist, in denen Patienteninformationen verwendet werden. Selbstaussagen von Patienten sind mehrfach in Studien untersucht worden und als hinreichend valide eingestuft worden (Wolber et al. 1990; Babor und Del Boca 1992). Mit Fehlerquoten von sechs bis neun Prozent insbesondere bei Katamnesen zum Trinkverhalten muss allerdings 6 DISKUSSION 68 gerechnet werden. Es ist davon auszugehen, dass dieser Fehler unsystematisch und gleichverteilt in allen gebildeten Patientengruppen auftritt. Bei der Auswertung der Daten aus der CIWA-Ar-Erhebung muss das Konzept der Studie bedacht werden. Es beinhaltet nur die einmalige CIWA-Ar-Erstellung am Tag der Aufnahme, also nicht, wie ursprünglich für die CIWA-Ar vorgesehen, die mehrmalige Erhebung in regelmäßigen Abständen als Hilfestellung zur Dosierung der Medikamente. Die Ergebnisse dieser Untersuchung bezüglich der CIWA-Ar können nur dementsprechend interpretiert werden. Es erfolgte keine punktzahlorientierte Medikamentengabe. Es konnte retrospektiv lediglich untersucht werden, inwiefern die erhaltene Punktzahl prognostisch relevant für den Entzugsverlauf war. Es bleibt in einer prospektiven Studie zu prüfen, ob die Ergebnisse der zu Beginn erstellten CIWA-Ar-Untersuchung für Therapie und Verlauf des Entzugs vorteilhaft sind. 6.2 Bewertung der CIWA-Ar Durch die Untersuchung wurde deutlich, dass ohne professionelle Schulung das Ausfüllen der CIWA-Ar beim Personal auf ablehnende Haltung stößt. Nur für zwei Drittel der Patienten wurde eine CIWA-Ar erstellt. Auf Nachfrage gaben die Mitarbeiter an, nicht genau gewusst zu haben, welchen Zweck diese zusätzliche Arbeit erfüllen sollte. Vor der Einführung der CIWA-Ar muss also unbedingt über den Sinn dieses Auswertungsbogens aufgeklärt werden. Das Addiction Research Foundation Clinical Institute in Toronto, in dem die ursprüngliche CIWA entwickelt wurde, stellt Filme zur Verfügung, mit denen der Umgang mit der CIWA-Ar gelehrt werden kann. 6.2.1 Eignung der CIWA-Ar als Entzugsinstrument Die CIWA-Ar hat optimale Voraussetzungen, ein verlässliches Instrument für die Entzugsbehandlung zu sein (Holbrook et al. 1999). In vorangegangenen Untersuchungen konnte gezeigt werden, dass die erhaltenen Ergebnisse sich unabhängig vom Untersucher ähneln, sie weisen bei vorangegangener Schulung des 6 DISKUSSION 69 Personals mit r > 0,8 eine gute interpersonelle Übereinstimmung auf (Sullivan et al. 1989). Konstruktvalidität der CIWA wurde schon 1981 nachgewiesen (Shaw et al. 1981). Das bedeutet, die Ergebnisse können als zuverlässig gewertet werden. Die Erhebung der CIWA-Ar durch das Pflegepersonal ist vorteilhaft. Pflegerinnen und Pfleger haben über lange Zeiträume sehr engen Kontakt zu den Patienten und können deshalb deren Befinden bestmöglich einschätzen. Falls sich der Zustand des Patienten ändern oder sich beispielsweise ein Delir entwickeln sollte, kann das Pflegepersonal Symptome früh bemerken und eine entsprechende Behandlung in die Wege leiten (Brogdon 1993). In dieser Untersuchung konnte ein hochsignifikant positiver Zusammenhang zwischen der Menge verabreichter Entzugsmedikamente (Maximaldosis Clomethiazol und Oxazepam) und der erreichten Punktzahl nachgewiesen werden. Weiterhin war die Summe umso größer, je größer die Anzahl vorheriger Entzüge gewesen war. Es kann davon ausgegangen werden, dass Patienten, die hohe Dosen Oxazepam bzw. Clomethiazol erhielten bzw. schon viele Entzüge erlebt hatten, auch eine schwere Entzugssymptomatik und starke Abhängigkeit aufwiesen. Der erhaltene CIWA-Ar-Wert liefert demzufolge wichtige Hinweise für die Entzugsbehandlung. Die Eignung der CIWA-Ar zur Einschätzung der Schwere des Entzugs konnte bestätigt werden. 6.2.2 Einmalige Verwendung der CIWA-Ar Während viele Studien die Vorteile der symptomgesteuerten Behandlung mittels CIWA-Ar gegenüber der Therapie nach einem festgesetzten Applikationsschema bewiesen haben (Wartenberg et al. 1990), gibt es nur wenige Analysen über die Aussagekraft der einmaligen CIWA-Ar-Erstellung (Pittman et al. 2007). Ein richtungsweisendes Hilfsmittel wäre von großer Bedeutung, da im Vorfeld die Schwere des Entzugs schlecht zu beurteilen ist. Eine Risikoabschätzung anhand der CIWA-Ar-Summe zu Beginn des Entzugs könnte dem behandelnden Arzt bei der Entscheidung helfen, ob und wie stark medikamentös therapiert werden soll. Für eine entsprechende Bewertung anhand des CIWA-Ar-Ergebnisses müssen zunächst Einteilungskriterien geschaffen werden. In der Vergangenheit wurde schon mehrfach versucht, Patienten anhand ihrer CIWA-Ar-Punktzahl in unterschiedliche 6 DISKUSSION 70 Gruppen zu gliedern. Kraemer stellte 2003 fest, dass Patienten mit einem Anfangswert 10 ein erhöhtes Risiko für einen schweren Entzugsverlauf haben (Kraemer et al. 2003). Die Gruppeneinteilung für die vorliegende Studie wurde dementsprechend gewählt. Es konnte gezeigt werden, dass die Gesamtdosis an Medikamenten in der Risikogruppe 2 (CIWA-Ar 10) fast doppelt so hoch wie in der Nichtrisikogruppe war. Patienten mit einer Punktzahl 10 wurden zu 88,2% medikamentös behandelt, im Vergleich dazu nur 64,2% aus der Gruppe mit Werten < 10. Patienten aus Gruppe 2 weist folglich schwerere Entzugssymptome mit Indikation zur höherdosierten Medikamentengabe auf als Gruppe 1. Schon im Vorfeld können unter Verwendung der CIWA-Ar also Informationen über den Entzugsverlauf gewonnen werden. Die Möglichkeit, Patienten mit erhöhtem Risiko im Vorfeld zu identifizieren, wäre für die Therapie generell von großem Nutzen, vergleiche hierzu (Ferguson et al. 1996). Bei einer Punktzahl 10 von einem Risikopatienten auszugehen, erscheint nach den vorliegenden Ergebnissen sinnvoll. Patienten mit mehr als 10 Punkten hatten deutlich häufiger erhöhte Pulswerte und starke vegetative Entzugserscheinungen. Von den neun Patienten, die während des Entzugs ein Delir entwickelten, gehörten acht der Risikogruppe (Gruppe 2) an. Nur ein Delirpatient hatte bei der CIWA-Ar-Untersuchung des ersten Abends weniger als zehn Gesamtpunkte. Eine Einteilung in Risiko- und Nichtrisikopatienten könnte zudem erstellt werden, um eine Selektion bezüglich des Behandlungsumfelds der Patienten (ambulant, stationär, teilstationär) zu treffen. Es wurde belegt, dass bei mildem bis moderatem AES ohne schwere psychiatrische oder internistische Begleiterkrankung durchaus ambulant oder teilstationär entzogen werden kann (Asplund et al. 2004). So das soziale Umfeld es erlaubt, stellt der ambulante bzw. teilstationäre Entzug eine wirtschaftlich günstige Alternative bei gleichwertigem Erfolg für den Patienten dar. Durch Einsparung stationärer Behandlungsplätze könnten demnach Kosten reduziert werden und Plätze auf spezialisierten Stationen für wirklich schwere Entzugsverläufe gesichert werden. Die Aussagekraft der CIWA-Ar diesbezüglich sollte in folgenden Untersuchungen geprüft werden. 6 DISKUSSION 71 Die Relevanz der Punktzahl bei einmaliger Erstellung der CIWA-Ar zu Beginn des Entzuges hat sich als hervorragend erwiesen. Die CIWA-Ar kann als Hilfsmittel bezüglich der Prognose des Entzugsverlaufs gesehen werden. Der Zeitpunkt der Durchführung am ersten Abend ist sinnvoll, da in den ersten 36 Stunden nach Trinkende mit den schwersten Entzugserscheinungen gerechnet werden muss (Wetterling et al. 2006). In einer anderen CIWA-Ar-Studie erreichten Patienten, die bei Aufnahme eine Punktzahl < 10 hatten, auch bei erneuten CIWA-ArBeurteilungen alle acht Stunden keinen Wert > 9 (Nuss et al. 2004). Dies bekräftigt die Vermutung, dass eine CIWA-Ar-Erhebung am Anfang des Entzuges für den Verlauf repräsentativ ist. Die Bewertung der Symptomatik am ersten Aufnahmetag erscheint außerdem sinnvoll, da die Symptome noch nicht durch verabreichte Medikation verdeckt oder gemildert wurden. 6.2.3 CIWA-Ar als Prädiktor für einen schweren Entzugsverlauf Bei stationärer Aufnahme erscheint der Zustand vieler Patienten ähnlich. Jeder Einzelne ist nervös und ängstlich bezüglich des bevorstehenden Entzuges und der folgenden Wochen und Monaten ohne Alkohol. Es ist schwer vorherzusehen, welcher Patient einen besonders schweren Entzug mit möglichem Krampfanfall oder Delir durchmachen wird. Für Pflegepersonal und Ärzte wäre deshalb eine Behandlungsrichtlinie zu Beginn hilfreich. Patienten mit erhöhtem Risiko könnten besonders aufmerksam beobachtet werden. Engmaschige Kontrollen würden beim Auftreten von Komplikationen schnellere Interventionen ermöglichen. Ein Delirium tremens könnte durch frühzeitige Intervention sogar verhindert werden. Schon 1988 wurden Ergebnisse bezüglich des Zusammenhangs von CIWA-A-Wert und Auftreten schwerer Entzugserscheinungen veröffentlicht (Foy et al. 1988). Patienten, die Halluzinationen, Desorientiertheit oder Krampfanfälle im Verlauf des Entzugs entwickelten, hatten als Höchstwert durchschnittlich 21,8 Punkte, die Gruppe ohne Komplikationen dagegen nur 15,6 Punkte. Dieses Resultat wird durch die vorliegende Studie bestätigt. Patienten, die ein Delir entwickelten, hatten schon am ersten Tag des Entzuges hochsignifikant größere Gesamtpunktzahlen (18,0) im Vergleich zu Patienten ohne Delir (7,7). Die durchschnittliche Punktzahl der zwei Patienten mit Krampfanfall lag bei 11,0. Folgende Untersuchungen hierzu mit 6 DISKUSSION 72 größerer Stichprobe sind wünschenswert, da die vorliegende geringe Anzahl der betroffenen Patienten keine gültigen Aussagen zulässt. Die 2003 erschienene Studie „Independent Clinical Correlates of Severe Alcohol Withdrawal“ beschrieb verschiedene klinische Variablen als Prädiktoren für einen schweren Entzugsverlauf (Kraemer et al. 2003). Patienten, die mehr als 600 mg Benzodiazepin im Verlauf des Entzugs benötigten, wurden in die Gruppe der schweren Entzugsverläufe eingeteilt. Es wurden sechs unabhängige Parameter gefunden. Bezüglich des CIWA-Ar-Werts wurde festgestellt, dass ein zu Entzugsbeginn erreichter Wert 10 signifikant mit einem schweren Entzug korrelierte. Andere unabhängige Variablen, die mit der Entzugsschwere eindeutig in Zusammenhang gebracht werden konnten, waren mindestens zwei vorangegangene Entzüge, mindestens ein Delirium tremens in der Vorgeschichte und eine gemessene GOT 80 U/l. Patienten, die nach Kraemer et al. einen schweren Entzug gehabt hätten, wiesen in der vorliegenden Studie auch einen erhöhten CIWA-ArAnfangswert auf. Der Durchschnittswert lag bei Patienten mit Delir in der Vorgeschichte auffallend hoch bei 13,6 im Vergleich zu 8,6 bei den übrigen. Ein nur tendenzieller Zusammenhang bestand zwischen den Laborparametern GOT und GPT und dem CIWA-Ar-Wert. Die Höhe der GOT bzw. GPT und die CIWA-ArPunktzahl korrelierten mit r = 0,152 bzw. 0,127 signifikant. Patienten der CIWA-ArGruppe 2 hatten signifikant höhere GOT-Werte als diejenigen aus Gruppe 1. Für GPT und GGT wurde in vorherigen Studien ein positiver Zusammenhang mit dem Auftreten von Delirien entdeckt (Wetterling et al. 1994). Für den Laborparameter GGT konnte bezüglich der CIWA-Ar-Summe in dieser Untersuchung kein signifikantes Ergebnis erbracht werden. Ein positiver Zusammenhang zwischen Anzahl vorheriger Entzüge und CIWA-ArPunktzahl wurde erfasst. Patienten der Gruppe 2 hatten im Mittel schon 4,3 Entzüge erlebt, die der Gruppe 1 hingegen nur 2,3. Neben Kraemer et al. fanden auch Wetterling et al. einen Zusammenhang zwischen der Anzahl vorheriger Entzüge und Schwere des Entzugsverlaufs (Wetterling et al. 1994). Frühere Untersuchungen (Wojnar et al. 1999b) konnten keine Korrelation zwischen der Anzahl vorheriger Entzüge und dem Auftreten von Komplikationen nachweisen. 6 DISKUSSION 73 Zwei weitere beschriebene Parameter sind „use of morning eye-opener“, also ein alkoholisches Getränk direkt nach dem Aufstehen, und Benzodiazepinabusus in der Vorgeschichte (Kraemer et al. 2003). Diese beiden Faktoren wurden in der vorliegenden Arbeit nicht untersucht. In einer Stockholmer Studie (Palmstierna 2001) wurden fünf Faktoren identifiziert, die bei Patienten mit Delirentwicklung bei Aufnahme bereits vorhanden waren. Es wurden 334 Patienten untersucht, 25 davon erkrankten im Laufe des Entzugs an einem Delir. Sie hatten bei Aufnahme eine Herzfrequenz von über 120 Schlägen pro Minute. Der CIWA-Ar-Wert korreliert in der vorliegenden Studie hochsignifikant mit der Anzahl der Tage erhöhten Pulses (r = 0,344). Patienten mit hoher Punktzahl bei Aufnahme (Gruppe 2) hatten durchschnittlich 2,28 Tage erhöhten Puls (> 100), dagegen nur 0,96 Tage in Gruppe 1. Dieses Ergebnis unterstützt die Aussage, dass ein hoher CIWA-Ar-Wert richtungsweisend für einen komplizierten Entzug ist. Den Parameter Puls in die Entzugsskala zu integrieren, wie bei der CIWA-AD, scheint überlegenswert. In einer vergleichenden Studie wurde jedoch festgestellt, dass die Pulsfrequenz im Vergleich zu anderen Entzugsindikatoren keine hohe Korrelation mit der CIWA-Ar-Punktzahl aufwies (Reoux und Oreskovich 2006). Ebenso wenig konnte eine hohe Herzfrequenz im Zusammenhang mit dem Auftreten eines Delirs bewiesen werden (Fiellin et al. 2002). Tachykardie könnte beispielsweise auf Dehydrierung zurückführbar sein und muss behandelt, jedoch nicht als Entzugssymptom gesehen werden. Trotzdem wird Puls immer wieder als wichtiger klinischer Prädiktor für das Alkoholentzugsdelir genannt (Lee et al. 2005) und sollte deshalb in der Diagnostik nicht fehlen. Entzugssymptome, die schon bei einer Blutalkoholkonzentration von > 1 g/l auftraten, wurden als weiterer Hinweis identifiziert. Hochsignifikant korreliert der CIWA-Ar-Wert in der vorliegenden Studie mit der AAK bei Aufnahme (0,430) und bei Therapiebeginn (0,361). Die Atemalkoholkonzentration bei Aufnahme hatte den stärksten Einfluss auf die CIWA-Ar-Punktzahl des ersten Tages (Regressionsanalyse). Das bedeutet, dass mit ihr theoretisch das CIWA-Ar-Ergebnis am besten voraussagbar ist. Patienten mit einer hohen CIWA-Ar-Punktzahl zu 6 DISKUSSION 74 Beginn mussten auch früher, bei noch höherem Alkoholpegel, schon medikamentös behandelt werden. Die Schlussfolgerung daraus ist, dass Patienten mit einem hohen CIWA-Ar bei Aufnahme bereits früher stärkere behandlungsbedürftige Entzugssymptome entwickeln. Als drei weitere Risikofaktoren wurden eine aktuell bestehende infektiöse Erkrankung sowie Delir bzw. Krampfgeschehen in der Vorgeschichte erkannt. Delirium tremens bzw. komplizierter Entzug in der Vorgeschichte wurde schon in einigen Studien als Risikofaktor für weitere Komplikationen identifiziert (Wetterling et al. 1994; Wojnar et al. 1999a; Palmstierna 2001; Fiellin et al. 2002; Kraemer et al. 2003; Lee et al. 2005). Studien über vorangegangenes Krampfgeschehen als prognostisches Kriterium ergaben kein eindeutiges Ergebnis (Wetterling et al. 1994; Palmstierna 2001; Fiellin et al. 2002). Infektiöse Krankheiten bei Aufnahme wurden in dieser Arbeit nicht untersucht. 6.3 Andere relevante Parameter als Prädiktoren Einige Parameter, die in der Literatur mit einem erhöhten Risiko für schwere Entzugsverläufe in Verbindung gebracht wurden, lieferten in dieser Studie nichtsignifikante Ergebnisse im Zusammenhang mit der CIWA-Ar oder wurden nicht näher untersucht. Um einen vollständigen Überblick zu geben, werden die relevanten Parameter im Folgenden aufgeführt und gegebenenfalls Ergebnisse genannt. Es konnte lediglich ein tendenzieller Zusammenhang zwischen täglich konsumierter Alkoholmenge und CIWA-Ar-Punktzahl gefunden werden. Da die Informationen über das Trinkverhalten nicht nachprüfbar sind und sich nur auf Angaben der Patienten stützen, kann von ungenauen Werten ausgegangen werden. In anderen Studien wird dieser Zusammenhang kontrovers diskutiert. Ein positiver Zusammenhang zwischen Trinkmenge und Entzugsschwere wurde mehrfach erkannt (Shaw et al. 1981; Schuckit et al. 1995; Wojnar et al. 1999a). Bezüglich der Dauer des regelmäßigen bzw. problematischen Konsums und der Punktzahl wurde kein signifikanter Zusammenhang gefunden. Schon in verschiedenen anderen Untersuchungen konnte diesbezüglich kein eindeutiges Ergebnis veröffentlicht werden (Wojnar et al. 1999a; Wojnar et al. 1999b; Kraemer 6 DISKUSSION 75 et al. 2003). Es kann auch hier von ungenauen Angaben aufgrund von Leugnen und Bagatellisieren durch Patienten ausgegangen werden. Der Einfluss des Alters auf die Ausprägung des AES wird kontrovers diskutiert. Einige Autoren (Wojnar et al. 1999a) haben positive Zusammenhänge zwischen Alter und Symptomatik gefunden, andere konnten keine relevanten Unterschiede zwischen den Altersgruppen aufdecken (Wetterling et al. 2001; Lange-Asschenfeldt et al. 2003; Lee et al. 2005). Die Ergebnisse der vorliegenden Studie lassen keine signifikanten Unterschiede der CIWA-Ar-Werte in verschiedenen Altersgruppen erkennen. Darüber, ob Patienten mit psychiatrischen Begleiterkrankungen wie Depression, Angst- oder Persönlichkeitsstörungen besonders schwere Entzugsverläufe vorweisen, gibt es keine einheitlichen Erkenntnisse (Ferguson et al. 1996; Wetterling und Junghanns 2000). In einer US-Studie wurde die Anwesenheit einer Begleiterkrankung als bester Prädiktor für die Entwicklung eines Delirium tremens beschrieben (Ferguson et al. 1996). Pneumonie, koronare Herzkrankheit, Leberfunktionsstörung und Anämie standen in positivem Zusammenhang mit der Schwere des Entzugs (Wojnar et al. 1999a). Nicht-akute Begleiterkrankungen scheinen die Wahrscheinlichkeit für die Entwicklung eines Delirium tremens zu erhöhen (Fiellin et al. 2002). Psychiatrisch erkrankte Patienten entwickelten keine schwereren Entzugssymptome als Patienten ohne psychiatrische Komorbidität (Wetterling und Junghanns 2000). In der vorliegenden Untersuchung konnte weder für psychiatrische noch für somatische Begleiterkrankungen ein Zusammenhang mit der CIWA-Ar-Punktzahl nachgewiesen werden. 6.4 Optimierung des CIWA-Ar-Bogens Für die Praxis des Qualifizierten Alkoholentzugs wird ein verlässliches, allgemeingültiges Instrument zur Beurteilung der Schwere der Symptome benötigt, besonders um die adäquate Behandlungsform für jeden einzelnen Patienten zu finden (Knott et al. 1981). Obwohl die CIWA-Ar eine validierte Skala zur Erfassung der Symptome ist, musste überprüft werden, inwieweit sie auch für prognostische Zwecke einsetzbar ist. Es wurde festgestellt, dass die Höhe der CIWA-Ar-Punktzahl 6 DISKUSSION 76 mit verschiedenen Parametern korrelierte, die bei einem schweren Entzug häufig als auffällig beschrieben wurden. Es wird davon ausgegangen, dass anhand der Punktzahl eine Einschätzung der Entzugsschwere möglich ist. Nach erfolgter Interpretation der Ergebnisse werden Vorschläge zur Optimierung einer für die Prognostik verwendeten Skala aufgestellt, die in nachfolgenden Studien überprüft werden müssten. 6.4.1 Weitere Parameter zur Einschätzung der Entzugsschwere Für eine Prognose über den Entzugverlauf sollten unbedingt Angaben bezüglich vorangegangenem Delir, Krampf und der Anzahl der erfolgten Entzüge beachtet werden. Patienten mit mindestens einem Delir in der Vorgeschichte hatten einen deutlich erhöhten CIWA-Ar-Wert von 13,6 Punkten im Vergleich zu denen ohne (8,6). Ähnlich verhielt es sich bei vorherigen Krampfgeschehen (12,4 gegenüber 8,8). Die Anzahl vorheriger Entzüge korreliert hochsignifikant mit der CIWA-ArPunktzahl. Sie kann als Prädiktor für die Schwere des Entzuges verwendet werden. Bestätigt wird diese Annahme durch Erstellung der Regression in dieser Untersuchung und vorangegangene Studien (Schuckit et al. 1995; Wojnar et al. 1999b). 6.4.2 Relevanz einzelner Bewertungseinheiten Bei der Analyse der einzelnen CIWA-Ar-Bewertungseinheiten konnten folgende Ergebnisse errechnet werden. CIWA-Ar 6, 7 , 8 und 10 erzielten auffällig niedrige Punktzahlen. Das bedeutet, die entsprechenden Symptome wurden nur selten schwer oder gar nicht bei Patienten beobachtet. CIWA-Ar 6 – 10 wurden nicht ein einziges Mal mit ihrer Höchstpunktzahl 7 (bzw. 4 bei CIWA 10) bewertet. Tabelle 20: CIWA-Ar-Gesamtkorrelation CIWA-Ar 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 Korrelation[a]] 0,582 0,679 0,685 0,699 0,624 0,495 0,442 0,516 0,448 0,258 [a] Korrelation r zwischen Gesamtpunktzahl und einzelnen Bewertungseinheiten 6 DISKUSSION 77 Aus Tabelle 20 ist zu entnehmen, dass vor allem die Einheiten 1 – 5 für die Gesamtpunktzahl relevant sind und am stärksten mit ihr korrelieren. Einheit 10 (Orientiertheit und Trübung des Bewusstseins) weist eine besonders niedrige Korrelation mit der Gesamtpunktzahl auf. Sie wurde in der gesamten Untersuchung nie mit der Höchstpunktzahl von vier bewertet und nur ein einziger Patient erreichte zwei Punkte. CIWA-Ar 10 gilt mit einer sehr geringen Trennschärfe als schlechter Indikator des erstellten Konstrukts und verarbeitet offensichtlich Informationen, die nicht mit dem Gesamtergebnis der CIWA-Ar übereinstimmen. Es wird deshalb vorgeschlagen, Item 10 zukünftig zu vernachlässigen. Schon vorherige Analysen der CIWA-Ar und anderer Entzugsskalen (z. B. Alcohol Withdrawal Symptom Checklist) führten zur Streichung der entsprechenden Bewertungseinheit (Pittman et al. 2007). Ein einziges Item für die Beurteilung taktiler, akustischer und visueller Störungen scheint ausreichend. Bei der Faktorenanalyse konnte festgestellt werden, dass Bewertungseinheiten 6 – 8 stark miteinander korrelieren. Unter dem Überbegriff „Halluzinationen“ wären die drei genannten Aspekte zusammenfassbar. Aus Gründen der Zeitersparnis und Übersichtlichkeit erscheint eine um zwei Bewertungseinheiten gekürzte Skala sinnvoll. Schon im Zuge einer vorangegangenen Überprüfung der Skala kam es zur Streichung des damals noch vorhandenen Items „Halluzinationen“, da sich durch Items 6 – 8 die Symptome als bereits erfasst erwiesen (Sullivan et al. 1989). Auch die AESB-Skala sieht eine gemeinsame Bewertungseinheit für Halluzinationen vor (Lange-Asschenfeldt et al. 2003). Die Bewertungseinheiten „akustische und visuelle Wahrnehmungsstörungen“ hingegen ganz aus dem CIWA-Ar-Erfassungsbogen zu streichen, wie es durch Pittman et al. postuliert wurde, ist nicht im Sinne einer optimalen Behandlung (Pittman et al. 2007). Trotz des relativ seltenen Vorkommens hoher Punktzahlen handelt es sich bei Vorliegen einer Wahrnehmungsstörung jeglicher Art um einen ernst zu nehmenden Zustand. Dieser sollte unbedingt erfasst werden, damit sofort gehandelt werden kann, um lebensbedrohliche Entwicklungen zu vermeiden. 6 DISKUSSION 6.5 78 Klinische Relevanz der Ergebnisse Auf der Psychiatrischen Station des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf wird der Alkoholentzug medikamentös anhand von Dosierungsschemata durchgeführt. Wie oben erläutert, wurden in zahlreichen Studien Zuverlässigkeit, Effizienz und Vorteil einer CIWA-Ar-Behandlung bewiesen. Eine Einführung der CIWA-Ar auf der PS 5 als Hilfsmittel zur symptomgesteuerten Behandlung ist zu empfehlen. Besondere Aufmerksamkeit ist der Punktzahl am Tag der Aufnahme zu schenken, um Patienten in Hoch- oder Niedrigrisikogruppe einzuteilen. Die symptomgesteuerte Behandlung stellt unabhängig von der vorliegenden Untersuchung eindeutig eine sehr gute Alternative zur Therapie nach festgesetztem Schema dar und vermindert personellen sowie finanziellen Aufwand (Ferguson et al. 1996). Bei jeder Untersuchung der Patienten auf der PS 5 werden Pulsfrequenz und Blutdruck bestimmt. Überraschenderweise konnte Bluthochdruck in dieser Untersuchung nicht als Risikofaktor für einen schweren Entzugsverlauf identifiziert werden. Die gleiche Erkenntnis brachten schon vorangegangene Studien (Sullivan et al. 1989; Banger et al. 1992; Kraemer et al. 2003). Banger stellte bei der Entwicklung seiner Entzugsskala fest, dass von den ursprünglich aufgenommenen zwölf Items der Parameter Bluthochdruck nicht aussagekräftig war und zur Einschätzung der Schwere des Alkoholentzugssyndroms nicht beitrug. Zur Abschätzung der erforderlichen Medikation ist der Höhe des Blutdrucks zukünftig also weniger Aufmerksamkeit zu schenken. Parameter, wie vorheriges Delir oder Anzahl der bisherigen Entzüge, sollten zukünftig mehr Beachtung finden. Es hat sich nämlich in der vorliegenden Erhebung gezeigt, dass diese Parameter einen hohen CIWA-Ar-Wert mit sich bringen und auch für die Erkennung von Risikopatienten stark richtungsweisend sind. Das Delirium tremens stellt die gefährlichste Komplikation des Alkoholentzugs dar. Durch Identifizierung erster Anzeichen Entzugspatienten gesenkt werden. könnten Morbidität und Mortalität der 7 ZUSAMMENFASSUNG 7 79 Zusammenfassung 409 Patienten erschienen im Laufe eines Jahres im UKE zum Qualifizierten Alkoholentzug. Ihre Daten wurden erfasst, um die Bedeutung der Alkoholentzugsskala CIWA-Ar zu überprüfen. Die CIWA-Ar ist ein geeignetes Instrument zur Einschätzung der Schwere des Entzugs. Sie wird vielfach eingesetzt als Hilfsmittel zur kontinuierlichen Dosisfindung im Entzugsverlauf. Interne Konsistenz und Reliabilität der Skala wurden überprüft. In der vorliegenden Studie konnte ein starker Zusammenhang zwischen dem CIWA-Ar-Ergebnis und der verabreichten Medikamentendosis erwiesen werden. Ein bis dato nicht beschriebenes Verfahren wurde in dieser Arbeit überprüft: Die mittels CIWA-Ar quantifizierte Symptomatik des ersten Abends wurde als prognostischer Faktor für den Entzugsverlauf untersucht. Die erhaltene Punktzahl korreliert nicht mit allen üblicherweise eingesetzten Entzugsverlaufsparametern. Blutdruck und Laborwerte MCV und GGT beispielsweise standen in keinem Zusammenhang mit dem Ergebnis. Pulsfrequenz sowie vegetative Symptomatik korrelierten dagegen stark mit der Punktzahl. Als größter Einflussfaktor für das Ergebnis konnten Atemalkoholkonzentration bei Aufnahme und Anzahl an vorherigen Entzügen identifiziert werden. Die Dauer des betriebenen Alkoholkonsums sowie die tägliche Trinkmenge standen in keinem Zusammenhang mit der errechneten Punktzahl. Diese aus anamnestischen Angaben gewonnenen Daten schienen im Bezug auf die medikamentöse Therapieplanung keine Relevanz zu haben. Für die weiteren Untersuchungen wurden die Patienten je nach erreichter Punktzahl in Niedrig- und Hochrisikogruppe (G1 und G2) eingeteilt. Patienten aus Gruppe 1 erlebten halb so viele Tage mit erhöhtem Puls oder vegetativer Symptomatik und bekamen ein Drittel weniger Medikamente. Acht der neun Patienten, die ein Delir entwickelten, gehörten zu Gruppe 2. Es konnte folglich gezeigt werden, dass eine schon zu Beginn des Entzugs erstellte CIWA-Ar prognostische Aussagekraft für den weiteren Entzugsverlauf hat. Für den klinischen Alltag bedeutet ein solches Hilfsmittel die Möglichkeit der Patientenselektion schon zu Beginn der Behandlung anhand eines objektivierbaren numerischen Ergebnisses. 7 ZUSAMMENFASSUNG 80 Im zweiten Teil der Arbeit wurde jede einzelne Bewertungseinheit der Skala getrennt überprüft. Für Item 10 Orientiertheit und Trübung des Bewusstseins konnte eine sehr geringe Trennschärfe errechnet werden. Die Streichung des Items erhöhte die Aussagekraft der Gesamtskala und ist durch eine zukünftige Studie zu überprüfen. Weiterhin konnte gezeigt werden, dass ein zusammengefasstes Item „Halluzinationen“ die bisherigen Items 6 – 8 (taktile, akustische und visuelle Wahrnehmungsstörungen) ersetzen könnte. Die Bildung nicht-parametrischer Korrelationen ergab einen sehr starken Zusammenhang der einzelnen Bewertungseinheiten. Sie bildeten außerdem eine der drei Hauptkomponenten der Skala bei der Faktorenanalyse. Sowohl Streichung von Einheit 10 als auch Zusammenführung der Einheiten 6 – 8 würde zur Optimierung der Skala bezüglich Zeitaufwand und Aussagekraft führen. Die Einführung der CIWA-Ar als Hilfsmittel zur Entzugsverlaufseinschätzung erscheint sinnvoll. Als Risikofaktoren für die Entstehung eines Delirium tremens wurden bisher Begleiterkrankungen, Delir- und Krampfgeschehen in der Vorgeschichte und hohe Trinkmengen identifiziert. Nach den Ergebnissen dieser Arbeit stellt eine hohe CIWA-Ar-Punktzahl am Aufnahmetag ein weiteres Kriterium zur Einschätzung der Schwere des Entzugs dar. Mit Hilfe der CIWA-Ar Punktzahl als quantifiziertes Ergebnis können wichtige Hinweise zur Identifizierung von Risikopatienten relativ objektiv gestellt werden. Das Verfahren ermöglicht die gezielte und engmaschige Untersuchung der gefährdeten Patienten von Anfang an. Das Ergebnis kann zudem als Richtlinie für die Findung der bestmöglichen Therapiebedingungen gesehen werden. Die Entscheidung, ob ambulant oder stationär entzogen werden soll oder ob medikamentöse Unterstützung überhaupt nötig ist, kann auf Basis der CIWA-ArPunktzahl erfolgen. Eine prospektive Überprüfung ist durchzuführen, um den prognostischen Wert der CIWA-Ar zu bestätigen. In Anbetracht der erwiesenen Effektivität der CIWA-Ar als Hilfsmittel zur medikamentösen Dosisfindung im Verlauf des Entzug und der damit verbundenen deutlichen Reduzierung der verabreichten Medikation sollte eine Einführung dieser Skala in deutschen Suchtkliniken dringend diskutiert werden. 8 LITERATURVERZEICHNIS 8 81 Literaturverzeichnis Addolorato G, Leggio L, Abenavoli L, Agabio R, Caputo F, Capristo E, Colombo G, Gessa G L, Gasbarrini G (2006) Baclofen in the treatment of alcohol withdrawal syndrome: a comparative study vs diazepam. Am J Med 119: 276 e13-18 Andritsch F, Reimer F (1976) Distraneurin. Kein Therapeutikum der Alkoholabhängigkeit. 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O andere: ___________ Entzugsanamnese: Anzahl Entzüge lebenslang (inklusiv aktueller Entzug):_____ Schwere Komplikationen bisher O Krampf O Delir __________________________________________________ Psychiatr. Komorbidität: O Angst-/Panikstörung O Affektive Störungen O Persönlichkeitsstörungen O Schizophrenie O Suizidalität________________________________ Somatische Komorbidität: O Neurologisch______________________________ O Internistisch ______________________________ ______________________________ O andere ______________________________ Aktuelle Behandlung Laborparameter AAK -bei Aufnahme ___‰ -bei Therapiebeginn ___‰ Bemerkung: _________________________________ MCV max. GGT max. ALT/GPT max. AST/GOT schwere Komplikationen ___________fl ___________U/l ___________U/l ___________U/l Epileptischer Anfall Delirium tremens weitere Entzugserscheinungen Blutdruck RR syst. >160 mmHg Blutdruck RR diast. >100 mmHg Puls pro Minute > 10 Vegetativum (++) am _____________Tag am _____________Tag am _____________Tag am _____________Tag am _____________Tag am _____________Tag _________Anzahl Tage _________Anzahl Tage _________Anzahl Tage _________Anzahl Tage 9 ANHANG 89 Medikationsschema Behandlungstag Oxazepam Clomethiazol Carbamazepin/ Valproat Andere Dosis in mg Dosis in mg Dosis in mg Dosis in mg 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 Unerwünschte Arzneimittelwirkungen (UAW) O Atem-/Kreislaufdepression O Müdigkeit O Herzrasen O Missempfindungen O Gastrointest. Beschwerden O allergische Reaktionen O Speichel-/Tränen-/Bronchialsekretionssteigerung O Kopfschmerzen O Benommenheit O Juckreiz/Hauterscheinungen O Atemwegsbeschwerden O sonstige___________________________ CIWA-Punktzahl 1: 2: 3: 4: 5: 6: 7: 8: 9: 10: Weitere Bemerkungen ____________________________________________________________________ ____________________________________________________________________ ____________________________________________________________________ ____________________________________________________________________ ____________________________________________________________________ ____________________________________________________________________ ____________________________________________________________________ 9 ANHANG 9.3 90 CIWA-Ar Name: __________________________ Datum: _____________________ 1. Übelkeit und Erbrechen Frage: „Ist Ihnen schlecht? Haben Sie sich übergeben?“ (0) keine Übelkeit und kein Erbrechen (1) leichte Übelkeit ohne Erbrechen (2) (3) (4) gelegentlich Übelkeit mit Brechreiz und Würgen (5) (6) (7) dauernde Übelkeit, häufiger Brechreiz, Würgen und Erbrechen 6. Taktile Störungen Fragen: „Spüren Sie irgendein jucken oder Ameisenlaufen, irgendein Brennen oder Taubheitsgefühle oder haben Sie das Gefühl, dass Käfer auf oder unter Ihrer Haut krabbeln?“ (0) keine Störungen (1) kaum Jucken oder Ameisenlaufen, Brennen oder Taubheitsgefühle (2) leichtes Jucken oder Ameisenlaufen, Brennen oder leichte Taubheitsgefühle (3) mäßiges Jucken oder Ameisenlaufen, Brennen, oder mäßige Taubheitsgefühle (4) mäßig starke taktile Halluzinationen (5) starke taktile Halluzinationen (6) sehr starke taktile Halluzinationen (7) anhaltende taktile Halluzinationen 2. Tremor (Arme ausgestreckt und Finger gespreizt) (0) kein Tremor (1) Tremor nicht sichtbar, aber an Fingerspitze zu fühlen (2) (3) (4) mäßiger Tremor bei ausgestreckten Armen (5) (6) (7) starker Tremor auch bei nicht ausgestreckten Armen 3. Schweißausbrüche (0) kein Schweiß sichtbar (1) kaum wahrnehmbares Schwitzen, Handflächen feucht (2) (3) (4) deutliche Schweißtropfen auf der Stirn (5) (6) (7) durchgeschwitzte Kleidungsstücke 4. Ängstlichkeit Frage: „Sind Sie nervös oder ängstlich?“ (0) keine Ängstlichkeit, entspannt (1) leicht ängstlich (2) (3) (4) mäßige Angst oder Wachsamkeit, die auf Angst schließen lässt (5) (6) (7) vergleichbar mit akuter Panik, wie sie bei schweren Delirien oder bei akuten schizophrenen Episoden auftritt 5. Antriebsniveau (0) normale Aktivität (1) etwas mehr als normale Aktivität (2) (3) (4) mäßige Unruhe oder Ruhelosigkeit (5) (6) (7) geht während des Interviews meist auf und ab oder schlägt bzw. nestelt mit den Händen hin und her Gesamtpunktzahl: höchstmögliche Punktzahl: 67 7. Akustische Störungen Fragen: „Sind Sie geräuschempfindlicher? Sind die Geräusche greller als sonst? Erschrecken die Geräusche Sie? Hören Sie etwas, dass Sie stört? Hören Sie Dinge, von denen Sie wissen, dass sie nicht da sind?“ (0) nicht vorhanden (1) ganz leichte Geräuschverzerrung oder Schreckhaftigkeit (2) leichte Geräuschverzerrung oder Schreckhaftigkeit (3) mäßige Geräuschverzerrung oder Schreckhaftigkeit (4) mäßig starke akustische Halluzinationen (5) starke akustische Halluzinationen 8. Visuelle Störungen Fragen: „Erscheint Ihnen das Licht heller als sonst? Sind die Farben anders? Schmerzen dadurch die Augen? Sehen Sie irgendetwas, dass Sie stört? Sehen Sie Dinge, von denen Sie wissen, dass Sie nicht da sind? (0) nicht vorhanden (1) ganz leicht vermehrte Lichtempfindlichkeit (2) leicht vermehrte Lichtempfindlichkeit (3) mäßig vermehrte Lichtempfindlichkeit (4) mäßig starke optische Halluzinationen (5) starke optische Halluzinationen (6) sehr starke optische Halluzinationen (7) anhaltende optische Halluzinationen 9. Kopfschmerzen, Druckgefühle im Kopf Fragen: „ Fühlt sich Ihr Kopf anders an? Haben Sie das Gefühl als hätten Sie einen Ring um den Kopf?“ Schwindelgefühle und Benommenheit sollen nicht beurteilt werden. (0) keine Kopfschmerzen (1) ganz leicht Kopfschmerzen (2) leicht Kopfschmerzen (3) mäßige Kopfschmerzen (4) mäßig starke Kopfschmerzen (5) starke Kopfschmerzen (6) sehr starke Kopfschmerzen (7) extrem starke Kopfschmerzen 10. Orientiertheit und Trübung des Bewusstseins Fragen: „Welcher Tag ist heute? Wo sind Sie? Wer bin ich (der Befragende)? (0) orientiert und kann fortlaufend ergänzen (1) kann nicht fortlaufend ergänzen oder ist unsicher hinsichtlich des Datums (2) desorientiert über das Datum um nicht mehr als zwei Kalendertage (3) desorientiert über das Datum um mehr als zwei Kalendertage (4) desorientiert über Ort und /Person 9 ANHANG 9.4 91 Lebenslauf Persönliche Daten Bildungsgang Name Luise Sonnele Weitzdörfer Geburtstag 24.09.1983 Geburtsort Kaiserslautern 02/09 – 06/09 Praktisches Jahr, UKE Hamburg Innere Medizin 02/08 – 07/08 Auslandssemester Augenheilkunde Università degli studi di Palermo, Italien 2005 – 2010 Medizinstudium, UKE Hamburg (5. – 12. klinisches Semester) 2003 – 2005 Medizinstudium, Universität Leipzig (1. – 4. Semester, Physikum) 1993 – 2003 Leibnizschule Gymnasium, Leipzig Abitur 2003 2008 Policlinico Palermo, Italien Notaufnahme Augenheilkunde 2007 Mnazi Moji Zanzibar, Tansania Innere Medizin 2006 Praxis Dr. Zeilinger, Berlin Chirurgie 2005 Hospital Vargas Pt. Alegre, Brasilien Anästhesie Gynäkologie 2004 Uni-Kinderklinik, Leipzig Kinderchirurgie Praktika 9 ANHANG 9.5 92 Danksagung Ich möchte mich bei Herrn Prof. Dr. Christian Haasen bedanken für die Überlassung des Themas sowie die motivierende persönliche Betreuung während der Erstellung der Promotionsschrift. Mein besonderer Dank gilt Frau Dr. Silke Kuhn, mit der ich im Laufe der drei Jahre zusammenarbeiten durfte. Ihrer Hilfsbereitschaft, Geduld und Unterstützung in jeglicher Hinsicht verdanke ich das Gelingen dieses Werks. Vielen Dank auch an Florian Ganzer, dessen hervorragende Arbeit mir eine große Hilfe war. An dieser Stelle möchte ich auch meinen Eltern Ulla und Peter danken für all das, was sie für mich getan haben. Für ihre bedingungslose Unterstützung, ihr Verständnis und für die vielen Dinge, dich ich von ihnen lernen durften. Danke für Eure Liebe, um die ich stets weiß. 9 ANHANG 93 Eidesstattliche Versicherung Ich versichere ausdrücklich, dass ich die Arbeit selbstständig und ohne fremde Hilfe verfasst, andere als die von mir angegebenen Quellen und Hilfsmittel nicht benutzt und die aus den benutzten Werken wörtlich oder inhaltlich entnommenen Stellen einzeln nach Ausgabe (Auflage und Jahr des Erscheinens), Band und Seite des benutzten Werkes kenntlich gemacht habe. Ferner versichere ich, dass ich die Dissertation bisher nicht einem Fachvertreter an einer anderen Hochschule zur Überprüfung vorgelegt oder mich anderweitig um Zulassung zur Promotion beworben habe.