lehrereinschätzung bei kindern mit adhs korreliert

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Universitätsklinikum Ulm,
Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie/Psychotherapie
Prof. Dr. Jörg M. Fegert (Ärztlicher Direktor)
LEHREREINSCHÄTZUNG BEI KINDERN MIT ADHS
KORRELIERT MIT DER ENTWICKLUNG VON
PERSÖNLICHKEITSSTÖRUNGEN IM JUGENDUND JUNGEN ERWACHSENENALTER
Dissertation zur
Erlangung des Doktorgrades
der Medizin der
Medizinischen Fakultät der Universität Ulm
Janine Knupfer
2015
Amtierender Dekan:
Prof. Dr. Thomas Wirth
1. Berichterstatter:
PD Dr. Paul Plener
2. Berichterstatter:
Prof. Dr. Carlos Schönfeldt-Lecuona
Tag der Promotion:
19.11.2015
Inhaltsverzeichnis
Seite
Abkürzungsverzeichnis .................................................................... II
1.
Einleitung .................................................................................. 3
1.1
Einführung .................................................................................................... 3
1.2
Persönlichkeitsstörung ................................................................................. 3
1.3
Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung ............................................ 9
1.4
Forschungsstand ........................................................................................ 16
1.5
Hypothesen und ergänzende Fragestellungen ........................................... 20
2.
Material und Methoden .......................................................... 22
2.1
Ablauf und Planung der Studie ................................................................... 22
2.2
Probanden .................................................................................................. 23
2.3
Diagnostische Instrumente ......................................................................... 24
3.
Ergebnisse .............................................................................. 29
3.1
Auswertung der Stichprobe ........................................................................ 29
3.2
Inferenzstatistik .......................................................................................... 31
4.
Diskussion .............................................................................. 40
4.1
Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse ......................................... 40
4.2
Diagnostik................................................................................................... 40
4.3
Diskussion der Ergebnisse ......................................................................... 42
4.4
Limitationen der Studie ............................................................................... 49
5.
Zusammenfassung................................................................. 51
6.
Literaturverzeichnis ............................................................... 53
Anhang ............................................................................................................... 64
Danksagung ..................................................................................................... 66
Seite | I
Abkürzungsverzeichnis
ADHS
Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung
BPS
Borderline Persönlichkeitsstörung
CBCL
child behavior checklist
DISYPS
Diagnostik-System für psychische Störungen
DSM-IV*
Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders, 4th
Edition
DSM-III
Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders, 3rd
ICD-10
International Classification of Diseases, 10th Edition
IQ
Intelligenzquotient
Kiddie-SADS-PL Schedule for Affective Disorders and Schizophrenia for
School-Aged Children, Present and Lifetime Version
MRT
Magnetresonanztomographie
PS
Persönlichkeitsstörung
SKID-II
Strukturiertes klinisches Interview nach DSM-IV, Achse II
SPSS
Statistical Package for Social Sciences
TRF
teacher report form
z
z-Transformation (Zufallsvariable)
Die personenbezogenen Bezeichnungen nur in männlicher Form angeführt,
beziehen sich aber auf Frauen und Männer in gleicher Weise.
*Die Studienuntersuchungen beruhen auf dem DSM-IV, welches seit Mai 2013 durch das DSM-V abgelöst wurde.
Seite | II
Einleitung
1 Einleitung
1.1 Einführung
Psychische Störungen, die bereits in der Kindheit auftreten, gewinnen in der
Diagnostik,
Entwicklung
der
Psychopathologie
und
der
Therapie
einer
Persönlichkeitsstörung im jungen Erwachsenenalter zunehmend an Bedeutung.
Dabei werden Charakterzüge und Wesensmerkmale von Kindern als Vorläufer der
Persönlichkeitsstruktur im Erwachsenenalter angesehen (Widiger et al. 2009). So
scheinen kindliche Verhaltensstörungen, wie beispielsweise Störungen im
Sozialverhalten oder impulsives Verhalten, in der Entwicklung einer antisozialen
oder
Borderline-Persönlichkeitsstörung
(BPS)
im
Erwachsenenalter
eine
wesentliche Rolle zu spielen (Freestone et al. 2013). In den letzten Jahren zeigten
Untersuchungen, dass die Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS)
ein Risikofaktor für die Entwicklung von Persönlichkeitsstörungen sein könnte,
insbesondere
für
die
Entwicklung
einer
Borderline-Persönlichkeitsstörung
(Philipsen et al. 2008; Carlson et al. 2009). Jedoch wurden bisher keine
spezifischen Vorläufer für die Entwicklung einer PS bei Kindern mit ADHS
ermittelt. Die im Folgenden dargestellte Studie hat zum Ziel, Patienten, bei denen
im Kindesalter eine ADHS diagnostiziert wurde, im Jugend- und jungen
Erwachsenenalter
nachzuuntersuchen,
um
die
Prävalenz
von
Persönlichkeitsstörungen mittels eines strukturieren Interviews zu erfassen und
mögliche Prädiktoren in der Kindheit zu detektieren.
1.2 Persönlichkeitsstörung
„Es bildet ein Talent sich in der Stille,
Sich ein Charakter in dem Strom der Welt.“
(aus Torquato Tasso, Johann Wolfgang von Goethe)
Seite | 3
Einleitung
1.2.1 Definition
Persönlichkeitsstörungen bilden eine Gruppe von psychischen Erkrankungen, die
sich durch durchgängige auffällige Verhaltensmuster auszeichnen und bereits im
Kindes- und Jugendalter ihren Anfang nehmen. Die Betroffenen weichen in ihrem
Denken, ihren Beziehungen und in ihrer Wahrnehmung teilweise deutlich von
ihren Mitmenschen ab und können dadurch in verschiedenen Lebenssituationen
erheblich beeinträchtigt sein. Die Bewertung von Persönlichkeitsstörungen ist
jedoch an gesellschaftliche und kulturelle Sichtweisen gebunden. Nicht jede
Verhaltensweise wird in jedem Kontext als problematisch aufgefasst. Auch der
Betroffene selbst muss sein Verhalten nicht zwingend als veränderungswürdig
erleben.
Persönlichkeitsstörungen sind in den beiden Diagnosesystemen ICD-10 und DSMIV in verschiedene Subtypen unterteilt, wobei es zu Überschneidungen kommen
kann.
1.2.2 Epidemiologie
Im
Erwachsenenalter
psychischen
zählen
Störungen
mit
Persönlichkeitsstörungen
einer
Prävalenz
von
bis
zu
den
zu
häufigen
10%
in
der
Allgemeinbevölkerung (Coid et al. 2006) und von bis zu 50% in klinischen
Stichproben (Tress et al. 2002).
Folgende Tabelle von Schmeck et al. (2009) zeigt die Prävalenzzahlen der nach
ICD-10 kategorisierten Persönlichkeitsstörungen:
Tabelle 1 Häufigkeit von Persönlichkeitsstörungen in der Allgemeinbevölkerung nach dem
Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders (DSM-IV) (Schmeck et al. 2009),
Angaben in Prozent
Persönlichkeitsstörungen
Irgendeine PS (Erwachsene)
Allgemeinbevölkerung
Klinische Stichprobe
5 – 10 %
Bis 50 %
10 - 17 %
25 – 30 %
0,4 – 2,4 %
11 – 22 %
Irgendeine PS (Jugendliche,
11.-21.Lebensjahr)
Paranoide PS
Seite | 4
Einleitung
Schizoide PS
0,5 – 0,9 %
1,8 %
Antisoziale PS
1,5 – 3,7 %
1,6 – 18,2 %
Borderline PS
1,3 – 1,8 %
14 – 20 %
Histrionische PS
2,1 – 3 %
4,3 %
Zwanghafte PS
1,7 – 6,4 %
3,6 – 9 %
Selbstunsichere PS
0,4 – 1,3 %
11 – 15,2 %
Abhängige PS
1,6 – 6,7 %
4,6 – 20 %
Die Größenunterschiede in den Prävalenzraten beruhen auf verschiedenen
diagnostischen Vorgehensweisen und dem gewählten Klassifikationssystem.
1.2.3 Diagnostik und Klassifizierung
Während man
bis vor einigen
Jahren
mit der Diagnosestellung einer
Persönlichkeitsstörung im Jugendalter aufgrund der nicht abgeschlossenen
Persönlichkeitsentwicklung
extrem
zurückhaltend
war,
weisen
aktuelle
Forschungsergebnisse darauf hin, dass Persönlichkeitsstörungen im Jugendalter
anhand der für Erwachsene entwickelten Instrumente zuverlässig erfasst werden
und diagnostiziert werden sollten, um eine entsprechende Therapie einleiten zu
können. Zudem ist davon auszugehen, dass psychische Störungen im jungen
Erwachsenenalter häufig Vorläufer in der Adoleszenz haben (Patton et al. 2014).
Als grundlegende Instrumente zur Diagnostik von Persönlichkeitsstörungen gelten
ausführliche klinische Interviews wie beispielsweise das SKID-II (Structured
Clinical Interview for DSM-IV Axis II: Personality Disorders). Voraussetzung dafür
ist die Durchführung durch geschultes Personal (Schmeck u. Schlüter-Müller
2009). Weitere wichtige Untersuchungen werden anhand von Checklisten und
Fragebögen durchgeführt, die teilweise auch eine Selbstbeurteilung des zu
Untersuchenden erfordern. Zudem ist die Erhebung des psychopathologischen
Befundes essentiell.
Die Klassifikation von Persönlichkeitsstörungen erfolgt anhand der beiden
Systeme International Classification of Diseases, 10th Edition (ICD-10) und dem
Seite | 5
Einleitung
Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders, 4th Edition (DSM-IV) (seit
Mai 2013 DSM-5). Die vorliegende Studie lehnt sich insbesondere an das DSMIV-Klassifikationssystem an. Das DSM-IV unterscheidet sich vom ICD-10 wie
folgt:
Während im DSM-IV schizotypische Störungen zu den Persönlichkeitsstörungen
(schizotypal personality disorder) gerechnet werden, zählen diese im ICD-10 zu
den
schizophrenen
und
wahnhaften
Störungen.
Die
Borderline-
Persönlichkeitsstörung des DSM-IV tritt als solche nicht im ICD-10 auf. Hier wird
unterschieden zwischen der emotional-instabilen PS vom impulsivem Typ und
vom Borderline-Typ.
Im DSM-IV werden zusätzlich die narzisstische und die passiv-aggressive
Persönlichkeitsstörung aufgeführt, während diese beim ICD-10 unter „andere
Persönlichkeitsstörungen“ eingeordnet sind.
Das DSM-IV nimmt zusätzlich eine Unterteilung in drei Hauptgruppen vor, die
Cluster genannt werden:
Cluster A beinhaltet die paranoide, die schizoide und die schizotypische
Persönlichkeitsstörungen, die sich durch sonderbares, exzentrisches Verhalten
auszeichnen. Menschen mit einer Persönlichkeitsstörung aus Cluster A sind
misstrauisch und wirken affektarm bis gefühlskalt. Bei vermeintlichen Kränkungen
und Bedrohung kann die Stimmung rasch in Wut umschlagen. Sie leben sehr
häufig isoliert und haben kaum zwischenmenschliche Kontakte (AWMF 2011).
Cluster B umfasst die antisoziale, die Borderline-, die histrionische und die
narzisstische
Persönlichkeitsstörung,
die
ein
übermäßig
emotionales,
dramatisierendes oder launisches Verhalten zeigen. Weitere charakteristische
Merkmale sind Impulsivität, starke Wut und Unfähigkeit, diese zu kontrollieren.
Das Verhalten in Beziehungen ist geprägt von einer Tendenz einerseits zur
Idealisierung anderer Personen andererseits zur Entwertung sowie von einer
mangelnden Stabilität. Selbstschädigende und suizidale Verhaltensweisen sind
charakteristisch,
bei
Persönlichkeitsstörung
der
auch
narzisstischen
Fremdaggressivität.
und
der
Gemeinsam
antisozialen
liegt
allen
Persönlichkeitsstörungen dieses Clusters ein vermindertes Selbstwertgefühl
Seite | 6
Einleitung
zugrunde, so dass bei berechtigter und unberechtigter Kritik Gefühle wie Wut,
Scham oder Demütigung aufkommen (AWMF 2011).
Cluster C subsumiert die vermeidend-selbstunsichere, die dependente und die
zwanghafte Persönlichkeitsstörung, also die Menschen, die sich als ängstlich und
furchtsam beschreiben lassen. Zentrale Gefühle bei diesen Menschen sind neben
einer Anspannung und Besorgnis Gefühle von Hilflosigkeit und Abhängigkeit. Sie
sind leicht verletzbar durch Kritik oder Ablehnung und leiden unter massiven
Trennungsängsten. Bei übermäßiger Gewissenhaftigkeit sind sie wenig flexibel
und tendieren zu passiver Aggressivität (AWMF 2011).
Tabelle 2 Clustereinteilung der Persönlichkeitsstörungen nach dem Diagnostic and
Statistical Manual of Mental Disorders (DSM-IV)
DSM-IV
Cluster A
Paranoide PS
>merkwürdig<
Schizoide PS
Schizotypische PS
Cluster B
Borderline PS
>dramatisch<
Narzisstische PS
Histrionische PS
Dissoziale PS
Cluster C
Zwanghafte PS
>ängstlich<
Selbstunsichere PS
Abhängige PS
Zusätzliche im Anhang des DSM-IV aufgeführte Persönlichkeitsstörungen:
 Negativistische Persönlichkeitsstörung (passiv-aggressiv)
 Depressive Persönlichkeitsstörung
1.2.4 Ätiologie
Persönlichkeitsstörungen werden als Folge mangelhafter Entwicklung von
Selbstidentität und interpersoneller Funktionsfähigkeit definiert (DSM-IV) und
Seite | 7
Einleitung
beruhen auf biologischer Prädisposition sowie psychosozialen Belastungen
(Resch 1996).
Genetik
Viele Familien- und Zwillingsstudien weisen auf eine Erblichkeit von bestimmten
Merkmalen einer Persönlichkeitsstörung hin. Eine Metaanalyse, die sich mit der
Genetik der Borderline-Persönlichkeitsstörung auseinander setzte, schätzte die
Erblichkeit auf 40%, wobei hier von Persönlichkeitszügen gesprochen wird, die
eine erhöhte Vulnerabilität zur Entwicklung einer Persönlichkeitsstörung aufweisen
(Amad et al. 2014). Torgersen at al. (2000) führten eine Zwillingsstudie mit 221
getrennt lebenden Zwillingspaaren durch und konnte beim Vergleich eine
Erblichkeit von 60% für die Gesamtheit an Persönlichkeitsstörungen feststellen.
Eine irische Familienstudie untersuchte 534 Probanden eines psychiatrischen
Fallregisters sowie deren Angehörige hinsichtlich einer familiären Beziehung und
gab Hinweise auf ein signifikant häufigeres Vorkommen von Cluster A-Störungen
bei Verwandten von schizophrenen Patienten (Kendler et al. 1993).
Neurobiologie
Erkenntnisse zu strukturellen und funktionellen Veränderungen bei Betroffenen mit
einer
Persönlichkeitsstörung
Bildgebungsuntersuchungen
konnten
gewonnen
in
den
werden.
letzten
Jahren
mittels
Bildgebungsstudien
bei
Menschen mit einer Borderline- oder antisozialen Persönlichkeitsstörung geben in
mehreren Studien Hinweise auf eine präfrontale Dysfunktion insbesondere beim
Vorhandensein gesteigerter Impulsivität. Herpertz et al. (2001) konnten bei 6
weiblichen Probanden mit einer BPS nach Exposition mit verschiedenen
emotionalen Stimuli mittels funktioneller Kernspintomographie (fMRT) eine erhöhte
Aktivierung im Bereich der Amygdala finden. Bei einer weiteren Studie wurden 18
weibliche
Patienten mit 21 gesunden Frauen verglichen. Hier konnte eine
reduzierte Kortexdicke im linken medialen und lateralen präfrontalen Kortex, links
temporoparietal, bilateral temporal sowie in den parazentralen Lappen bei den
Personen mit einer BPS im Vergleich zur Kontrollgruppe nachgewiesen werden
(Boen E et al. 2013).
Eine MRT-Studie von Driessen et al. (2000) untersuchte 21 BPS Patienten mit
einer frühen Traumatisierung durch Kindesmisshandlung im Vergleich zu einer
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Einleitung
gesunden Kontrollgruppe und konnte dabei eine Volumenminderung des
Hippocampus um 16% sowie der Amygdala um ca. 8% im Vergleich zu gesunden
Probanden feststellen.
New et al. (2007) konnten in ihrer morphologischen Untersuchung von BPS
Patienten keine Volumenminderung feststellen. Sie legen vielmehr nahe, dass es
sich um eine Entkopplung der Verbindung zwischen Amygdala und präfrontalem,
dem
orbitofrontalen
Kortex
handelt,
was
sich
mit
Hilfe
von
Glucose-
Stoffwechselaktivitäten in der Positronenemissionstomographie nachweisen ließ.
Schmahl et al. (2006) stellten eine erniedrigte Aktivierung der zerebralen
Netzwerke für die Schmerzwahrnehmung und -verarbeitung bei Patienten mit
einer
Borderline-Persönlichkeitsstörung
im
Vergleich
zu
gesunden
Kontrollprobanden fest.
Psychosoziale Lebensumstände
Traumatische
Ereignisse,
negative
Beziehungserfahrungen
und
andere
schwerwiegende psychosoziale Belastungen wie Vernachlässigung, Misshandlung
und
Missbrauch
erhöhen
deutlich
das
Risiko
zur
Entwicklung
von
Persönlichkeitsstörungen (Tress et al.2002; Johnson et al.1999, 2006)
Da beim Auftreten von Persönlichkeitsstörungen häufig die zwischenmenschliche
Interaktion gestört ist, sollte die Therapie das vorrangig das Ziel verfolgen, ein
stabiles und funktionierendes Beziehungsverhalten aufzubauen (Schmeck u.
Schlüter-Müller 2009).
1.3 Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung
Die Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung (ADHS) ist eine der häufigsten
kinder- und jugendpsychiatrischen Erkrankungen (Ravens-Sieberer et al., 2008),
deren Symptomatik bereits 1845 von dem Frankfurter Nervenarzt Dr. Heinrich
Hoffmann in seinem weltbekannten Kinderbuch „Struwwelpeter“ mit der Figur des
„Zappel-Philipp“ beschrieben wurde.
Im Folgenden soll nun ein kurzer Überblick über das Krankheitsbild, die Diagnostik
und Therapie der Erkrankung gegeben werden. Außerdem werden komorbide
Störungen und Modelle zur Epidemiologie und Ätiologie vorgestellt.
Seite | 9
Einleitung
1.3.1 Symptomatik
Verminderte Aufmerksamkeit, mangelnde Impulskontrolle und motorische Unruhe
sind die drei Kardinalsymptome der ADHS. Bei den betroffenen Kindern treten vor
allem im Kindergarten- oder Schulalter Probleme und Auffälligkeiten auf, wenn sie
sich erstmals in ein Regelwerk äußerer Strukturen einfinden müssen. Sie haben
Schwierigkeiten ihren Alltag zu bewältigen, Beziehungen aufrecht zu erhalten und
werden durch ihr auffälliges Verhalten häufig als Störfaktor empfunden (Lauth &
Mackowiak, 2006). Wutausbrüche und aggressives Verhalten sind nicht selten und
wirken sich wiederum negativ auf die Familieninteraktion aus (Döpfner et al.,
2000). Während man anfangs davon ausging, dass es sich bei der ADHS um eine
ausschließlich im Kindesalter auftretende Erkrankung handelt, bestätigen heute
Langzeitstudien bei mindestens einem Drittel das Fortbestehen von Symptomen
bis ins Erwachsenenalter, wobei es zu einem Symptomwandel kommen kann
(Faraone et al. 2002, Biederman, 2004). Während das motorische Aktivitätsniveau
im Kindesalter noch sehr hoch ist, scheint sich insbesondere die Hyperaktivität im
Verlauf stärker zurückzubilden als die Unaufmerksamkeit (Biederman et al. 2000).
Die Persistenz von Konzentrationsmangel, Unaufmerksamkeit und oft auch
Impulsivität ist außerdem für viele Verkehrsunfälle verantwortlich und setzt die
betroffenen Menschen im Straßenverkehr großen Gefahren aus (Ludolph, 2009).
Abhängig von der Ausprägung der Symptomatik wird die Störung oftmals erst zu
einem sehr späten Zeitpunkt oder überhaupt nicht diagnostiziert. Wichtig für den
richtigen Umgang mit der Erkrankung ist eine frühzeitige Abklärung, eine
verständnisvolle gut informierte Umwelt und individuelle Therapiemaßnahmen, um
die alltägliche Situation sowohl für die betroffenen Kinder als auch deren Eltern zu
erleichtern und das Ausmaß der Störung abzumildern.
1.3.2 Einteilung und Diagnosesysteme
Die Klassifizierung der ADHS erfolgt zum Einen in Anlehnung an die ICD-10,
welche 1992 herausgegeben wurde, zum Anderen an das DSM-5, das im Mai
2013 von der American Psychiatric Association (APA) seine aktuelle Auflage
erhielt. Die vorliegende Studie erfolgte vor dem Erscheinen der Neuauflage und
richtet sich nach dem DSM-IV.
Seite | 10
Einleitung
ICD-10
Die ICD-10 (International Statistical Classification of Diseases and Related Health
Problems) ist ein multiaxiales Klassifikationsschema, welches in sechs Achsen
unterteilt ist. Die ADHS wird auf der ersten Achse unter den hyperkinetischen
Störungen (F90) eingeordnet. Voraussetzung für die Diagnosestellung ist der
Beginn
der
Störung
situationsübergreifende
bereits
vor
Vorkommen
dem
von
7.
Lebensjahr
beeinträchtigter
und
das
Aufmerksamkeit,
Hyperaktivität und Impulsivität über einen Zeitraum von mehr als 6 Monaten.
Die ICD-10 nimmt eine weitere Auffächerung der hyperkinetischen Störungen wie
folgt vor:
 F 90.0 einfache Aktivitäts- und Aufmerksamkeitsstörung
 F 90.1 hyperkinetische Störung des Sozialverhaltens
 F 90.8 sonstige hyperkinetische Störungen
 F 90.9 nicht näher bezeichnete hyperkinetische Störungen
DSM-IV
Das DSM-IV (Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders) ist ein
fünfachsiges Klassifikationssystem, welches auf Achse 2 die ADHS aufführt. Nach
den DSM-IV-Kriterien wird die Störung in folgende drei Subtypen eingeteilt:
 Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung, Mischtyp
ADHS, bei dem es zur Ausprägung aller drei Hauptsymptome kommt und
der somit am ehesten den ICD-10-Kriterien (F.90) entspricht.
 Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung, hyperaktiv-impulsiver
Typus
ADHS, bei der die Aufmerksamkeitsstörung eine eher untergeordnete Rolle
spielt
 Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung, vorwiegend
unaufmerksamer Typus
ADHS, bei der Hyperaktivität und Impulsivität wenig ausgeprägt sind.
Dieser Typus wird in der ICD-10 unter den sonstigen näher bezeichneten
Seite | 11
Einleitung
Verhaltens- und emotionalen Störungen mit Beginn in der Kindheit und
Jugend erfasst (F.98.8).
Vergleich der beiden Diagnosesysteme
Beide Systeme stimmen in der Forderung nach dem Beginn der Störung im frühen
Kindesalter überein und setzen das Vorhandensein von Symptomen in
mindestens 2 Lebensbereichen und über eine Dauer von mindestens 6 Monaten
voraus.
Differenziert werden muss allerdings im Bezug auf Symptomkombinationen und
in der ICD-10 für die Diagnose einer „einfachen
Komorbiditäten. Während
Aufmerksamkeitsstörung“
(F90.0)
Symptome
der
Unaufmerksamkeit,
der
Hyperaktivität und Impulsivität gleichzeitig vorhanden sein müssen und eine
hyperkinetische Störung zusätzlich mit einer Störung des Sozialverhaltens
kombiniert werden kann („Hyperkinetische Störung des Sozialverhaltens“ (F90.1)),
geht das DSM-IV wesentlich differenzierter vor und erlaubt die Erstellung von
Mehrfachdiagnosen. Hier treten neben der Aufmerksamkeitsstörung, die immer
gegeben sein muss,
zusätzlich entweder Hyperaktivität oder Impulsivität oder
beides auf und bilden gewissermaßen drei unterschiedliche Typen.
Die Kriterien beider Klassifikationssysteme beziehen sich lediglich auf die
Symptomatik bei Kindern, schließen aber ein Fortbestehen der Symptome bis ins
Erwachsenenalter nicht aus.
1.3.3 Epidemiologie
Nach einer aktuellen Metaanalyse, in der etwa 170 000 Kinder einbezogen
wurden, liegt die Prävalenzrate bei 5,29 % (Polancyk et al., 2007).
Aufgrund
verschiedener Kriterien, Stichproben und Diagnoseinstrumente werden jedoch
unterschiedliche Ergebnisse erreicht, so dass von einer Prävalenz zwischen 3 bis
7% gesprochen wird. Kulturspezifische oder geographische Unterschiede
hinsichtlich der Prävalenz konnten nicht festgestellt werden (Canino et al., 2010).
Dennoch wird die Störung in verschiedenen Ländern unterschiedlich akzeptiert
und therapiert. Geschlechtsspezifische Unterschiede sind deutlich vorhanden.
Jungen sind 3 bis 9mal häufiger von der Störung betroffen als Mädchen (Lauth u.
Schlottke, 2003). Ein Metaanalyse von 21 epidemiologischen Studien zeigt
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Einleitung
zudem, dass ein bis zwei Drittel der Betroffenen eine Persistenz bis ins
Erwachsenenalter aufweisen (Wender et al., 2010, Biedermann 2004).
1.3.4 Komorbidität und Differentialdiagnosen
Verschiedene Studien belegen die Assoziation von ADHS mit verschiedenen
Komorbiditäten, sowohl im Kindes- als auch im Erwachsenenalter. Dabei stellt die
Abgrenzung der Symptome zu anderen psychiatrischen Krankheitsbildern
aufgrund
des
Auftretens
vieler
Überschneidungen
eine
diagnostische
Herausforderung dar.
Eine nicht diagnostizierte ADHS-Störung kann auch oftmals einer Depression
zugrunde liegen, welche die am häufigsten diagnostizierte psychische Störung im
Erwachsenenalter darstellt (Pinkhardt et al., 2009). Neben affektiven Störungen
(Spencer et al 2000) und episodisch auftretenden Depressionen (Milberger et al.
1995; Spencer et al. 1999), kommt es zum Auftreten von Angststörungen,
Entwicklungsstörungen, Tic-Störungen und dem Tourette-Syndrom
(Herpertz-
Dahlmann B., 2003). Im Kindesalter ist vor allem das häufige Zusammentreffen
von
ADHS
mit
Störungen
des
Sozialverhaltens
oder
oppositionellem
Trotzverhalten auffallend (Spencer et al. 1999; Hampel et al. 2004). Weiterhin wird
in verschiedenen Studien der Zusammenhang zwischen ADHS und Konsum von
Substanzmitteln (Collins et al. 2006; Barkley et al. 1990), oppositionellen und
aggressiven
Verhaltensstörungen,
Lernstörungen,
Sprachproblemen
und
Angststörungen belegt (Kandyce et al., 2011).
1.3.5 Ätiologie
Der Erkrankung wird ein multifaktorielles Entstehungsmodell zugrunde gelegt, in
welchem Umweltfaktoren, Genetik und biologische Veränderungen eine Rolle
spielen (Spencer et al. 2007). Darunter fallen auch das psychosoziale Umfeld des
Kindes sowie prä- bzw. postnatale Faktoren, die Einfluss auf die Ausprägung bzw.
den Schweregrad der Erkrankung nehmen (Döpfner et al. 2009).
Genetische Faktoren
Familien-, Adoptions- und Zwillingsstudien (Todd et al. 2001, Mick et al. 2008)
belegen eine genetische Disposition, die zur Ausprägung von verschiedenen
Seite | 13
Einleitung
Verhaltensmustern der ADHS führt. Faraone et al. (2005) fassten die Ergebnisse
von 20 verschiedenen Zwillingsstudien zusammen und kam dabei auf eine
Vererbbarkeit von ADHS von 76%. Die Familienstudie von Smalley et al. (2000)
untersuchte Eltern von Kindern mit der Diagnose ADHS. Dabei konnte bei einem
Anteil von 55% der Eltern ebenfalls eine ADHS festgestellt werden, wobei es sich
dabei nicht immer um denselben Subtyp handelte.
Es wird vermutet, dass vor allem die Prädisposition zur ADHS vererbbar ist,
jedoch die Ausprägung und der Schweregrad der Erkrankung von Umweltfaktoren
beeinflusst werden (Smalley et al., 2000). Der Großteil der molekulargenetischen
Fall-Kontroll- oder Familienstudien über ADHS fokussierte sich auf die
Erforschung von Kandidatengenen, die im direkten Zusammenhang mit dem
dopaminergen
oder
noradrenergen
Transmittersystem
stehen
und
eine
Fehlregulation dieser Botenstoffe herbeiführen (Coghill et al., 2009; Gizer et al.
2009, Faraone et al., 2005).
Neurobiologie
Neurobiologisch scheint es zu einer Beeinträchtigung des kortiko-striatalen
Systems zu kommen, das verknüpft ist mit einem motorischen Inhibitionsdefizit
und einer gestörten Kontrolle des impulsiven Verhaltens, sowie dem Auftreten
nicht unterdrückbarer Gedankengänge (Vloet et al., 2006). Untersuchungen
ereigniskorrelierter Potenziale unterstreichen eine im Vergleich zu gesunden
Kindern auftretende Störung der Informationsverarbeitungsprozesse bei Kindern
mit ADHS (Banaschewski et al., 2004).
Mittels
bildgebender
Verfahren
ergaben
Untersuchungen
signifikante
Unterschiede hinsichtlich einzelner Hirnstrukturen von Patienten mit ADHS im
Vergleich zu gesunden Kontrollgruppen. So zeigen ADHS-Patienten ein kleineres
kortikales Volumen der rechten anterioren Frontalregion, des linken Nucleus
caudatus und des Corpus callosum. Zudem
wurde eine verminderte kortikale
Substanz bilateral im Bereich der anterior-inferioren Hemisphärenregion und
bilateral der parietal-occipitalen Hemisphärenregion festgestellt (Rubia et al. 2010;
Castellanos et al. 2002; Vloet et al. 2006; Krauel et al. 2007).
Allerdings ist festzuhalten, dass diese Ergebnisse nicht spezifisch sind für ADHS
sondern auch bei anderen psychiatrischen Erkrankungen in Erscheinung treten
(Brieber et al. 2007) und durch komorbide Störungen beeinflusst werden (Ludolph
Seite | 14
Einleitung
et al. 2008). Das Tourette-Syndrom beispielsweise weist verglichen mit ADHS
ähnliche präfrontale Veränderungen auf , unterscheidet sich jedoch darin, dass es
vor allem im occipitalen Kortex Auffälligkeiten zeigt, während bei ADHS kleine
aber globale morphologische Unterschiede im Bereich des Kortex und des
Kleinhirns im MRT sichtbar wurden.
Exogene Faktoren
Neben den genetischen Faktoren sind auch psychosoziale und Umweltfaktoren zu
berücksichtigen. So trägt beispielsweise ein schwere frühkindliche Deprivation
(Rutter et al., 2002, Sandberg, 2002), in Form von Vernachlässigung bei
institutioneller Erziehung, sehr ungünstigen psychosozialen Bedingungen in der
Familie oder ähnlichem zum Schweregrad und der Stabilität der Symptomatik bei.
Dies bestätigt auch die Studie von Biederman et al. (1995), in der intrafamiliäre
Ereignisse und Faktoren wie zum Beispiel schwere Ehekonflikte, ein niedriger
Sozialstatus oder elterliche Kriminalität mit ADHS in Verbindung gebracht werden.
Psychische Erkrankungen der Eltern, vor allem der Mutter, werden ebenfalls mit
einer erhöhten Prävalenz von ADHS assoziiert.
Eine Studie von Lehn H. et al. (2007) untersuchte monozygote Zwillingspaare mit
und ohne Diskordanz im Bezug auf ADHS. Dabei wurde festgestellt, dass bei den
Zwillingspaaren, von denen nur einer an ADHS-Symptomen litt, die Betroffenen
ein niedrigeres Geburtsgewicht aufwiesen und Verzögerungen in der motorischen
Entwicklung wie auch in der physischen Reife zeigten.
Viele Studien bestätigen zudem den Einfluss prä-, peri- und postnataler Ursachen
auf die Entwicklungspathologie des ADHS. Als begünstigende pränatale Faktoren
erwiesen sich ein junges mütterliches Alter bei Geburt und Nikotinkonsum der
Mutter während der Schwangerschaft (Gustafsson, Kallen 2011). Kinder von
Müttern, die mehr als 10 Zigaretten am Tag während der Schwangerschaft
konsumieren, haben ein signifikant höheres Risiko ADHS-Symptome zu
entwickeln als Kinder, deren Mütter kein Nikotin konsumieren (Odds ratio 3.44;
Schmitz M. et al., 2006).
Auch der mütterliche Alkoholkonsum in der Pränatalperiode wird mit ADHS in
Verbindung gebracht. Eine Fall-Kontrollstudie von 2007 kam zu dem Ergebnis,
dass Kinder, die in utero mütterlichem Alkoholkonsum ausgesetzt waren, 2,5-fach
häufiger an ADHS erkranken (Mick E. et al, 2002). Zu berücksichtigen ist
Seite | 15
Einleitung
allerdings, dass Risikofaktoren wie der mütterliche Konsum von Suchtmitteln
wiederum durch ADHS getriggert werden. Leidet also eine Mutter ebenfalls an
dieser Störung, so müsste man diesen schädigenden Faktor primär den
genetischen Ursachen zuordnen.
Peri- und postnatale Komplikationen wie
-
vorzeitiger Blasensprung,
-
operative Durchführung der Entbindung oder vorzeitige Einleitung der
Geburt
-
ein erniedrigter Apgar-Score,
-
das Auftreten einer Hypoxie/Asphyxie sowie
-
Früh- bzw. Mangelgeburtlichkeit
gelten ebenfalls als Risikofaktoren für die Entwicklung einer ADHS (Schulze U et
al., 1994).
1.4 Forschungsstand
Viele longitudinale Studien über Kinder, die an ADHS erkrankt sind, zeigen, dass
die Störung bei bis zu 40% der Betroffenen bis ins Erwachsenenalter persistiert
(Barkley et al., 1990; Biedermann et al., 1996; Kessler et al., 2005).
Als
Risikofaktoren für eine Chronifizierung der Erkrankung gelten zum Beispiel ein
aggressives und oppositionelles Verhalten im Kindesalter, eine schlechte
Beziehung zu Gleichaltrigen oder eine emotionale Instabilität (Döpfner et al.,
2013). Jedenfalls sollte ADHS nach diesen Ergebnissen nicht nur als Erkrankung
des Kindesalters angesehen werden
Doch nicht nur die Persistenz einer ADHS, sondern auch das erhöhte Risiko für
komorbide
Achse-I-Erkrankungen
sowohl
in
Kindheit
als
auch
im
Erwachsenenalter wurde in vielen prospektiven Studien nachgewiesen.
So
stößt
man bei Erwachsenen mit ADHS
auf
eine hohe
Rate an
Substanzmittelmissbrauch, der im Vergleich zu Kontrollgruppen zu einem früheren
Zeitpunkt auftritt und von größerer Intensivität ist. Allerdings ist es oft schwer die
beiden Störungen in Kombination zu erkennen, da die Substanzen oftmals die
ADHS-Symptomatik
unterdrücken
oder
die
Symptome
in
anderer
Erscheinungsform auftreten (Davids et al., 2005; Fergusson et al., 2008).
Seite | 16
Einleitung
Brooks et al. (2008) untersuchten den Nikotinabusus bei einer Stichprobe mit 641
Probanden und stellten eine gehäufte Abhängigkeit bei ADHS-Erkrankten fest, die
zusätzlich mit komorbiden Verhaltensstörungen in Verbindung gebracht wird.
Bei betroffenen Kindern wurden vermehrt aggressives Verhalten, eine emotionale
Dysregulation und kognitive Defizite Leistungsdefizite festgestellt (Maedgen et al.,
2000).
Liegt in der Kindheit zusätzlich ein oppositionelles Verhalten vor und in Folge
dessen eine Störung des Sozialverhaltens, so steigt das Risiko für die Entwicklung
einer antisozialen Persönlichkeitsstörung (Koglin et al., 2004, Koglin et al., 2007).
In
einigen
Studien
wird
die
ADHS
mit
der
Entstehung
von
Persönlichkeitsstörungen in Zusammenhang gebracht. Diese Studien deuten auf
ein hohes Risiko zur Entwicklung einer Persönlichkeitsstörung bei ADHSBetroffenen hin (Matthies et al., 2011; Williams et al., 2010; Miller et al., 2008;
Fischer et al., 2002; Rasmussen et al.2000).
Die Follow-Up-Studie von Miller et al. (2008), untersuchte anhand einer Stichprobe
von
96
Probanden
Persönlichkeitsstörungen
mit
der
im
Diagnose
ADHS
Erwachsenenalter.
das
Mittels
Ausmaß
eines
von
klinisch-
strukturierten Interviews (SKID-II) zur Diagnostik kamen sie zu dem Ergebnis,
dass
ADHS
in
der
Kindheit
prädisponierend
für
das
Auftreten
einer
Persönlichkeitsstörung im Erwachsenenalter ist. Vor allem die Borderline-, die
antisoziale, die vermeidende und die narzisstische Persönlichkeitsstörung wurden
überdurchschnittlich häufig diagnostiziert.
In einem Übersichtsartikel von Allroggen und Ludolph (2011) wurde die
Entwicklung des pathologischen Narzissmus näher beleuchtet. Hier konnte das
Vorhandensein von Vorläufersymptomen in der Kindheit mit der Entwicklung einer
narzisstischen
Persönlichkeitsstörung
im
jungen
Erwachsenenalter
in
Zusammenhang gebracht werden. Ein Persönlichkeitsprofil mit hoher Extraversion
insbesondere in Form eines aufmerksamkeitssuchenden, hyperaktiven und
impulsiven Verhaltens galt hierbei als besonderer Risikofaktor.
Fischer et al. (2000) zeigten in ihrer Verlaufsstudie ebenfalls ein erhöhtes Risiko
zur Entwicklung einer Persönlichkeitsstörung bei jungen Erwachsenen, bei denen
in der Kindheit ADHS diagnostiziert worden war. Diese erfüllten signifikant
häufiger die Kriterien für folgende Persönlichkeitsstörungen: depressive PS (26%),
antisoziale
PS
(21%),
negativistische
PS
(18%),
Borderline-PS
(14%),
Seite | 17
Einleitung
histrionische PS (12%). Auch die ADHS-Kriterien waren noch bei 5% erfüllt. Die
Untersuchungen der prospektiven Follow-up Studie von Mannuzza et al. (1998)
und Weiss et al. (1985) deuten auf höhere Prävalenzraten von antisozialer
Persönlichkeitsstörung und nichtalkoholischem Substanzmissbrauch in der
Gruppe von Probanden mit einer ADHS im Vergleich zu einer Kontrollgruppe hin.
Die Entwicklung von Substanzmissbrauch wurde auch von Wilens et al. (2011) in
einer
10-Jahre-Follow-up-Studie
anhand
von
268
Probanden
und
einer
Kontrollgruppen von 229 Personen untersucht. Hierbei konnte eine signifikant
höhere Prävalenz bei Betroffenen mit ADHS festgestellt werden. Ein weitere FallKontroll-Studie untersuchte 112 Probanden mit der DSM-IV-Diagnose ADHS und
105 Kontrollpersonen im Abstand von 10 Jahren und führte Untersuchungen durch
hinsichtlich
des
Vorliegens
Antisoziale
Störungen,
von
psychischen
Störungen,
Entwicklungsstörungen
und
Angststörungen,
Substanzabhängigkeit
innerhalb der jeweiligen Gruppen. Dabei kamen alle untersuchten psychischen
Störungsbilder deutlich häufiger in der ADHS-Gruppe vor (Biederman et al., 2006).
Weitere Studien belegen den Zusammenhang zwischen einer BorderlinePersönlichkeitsstörung im Erwachsenenalter und ADHS in der Kindheit (Fossati et
al., 2002; Davids et al., 2005; Herpertz, 2010). Die beiden Störungsbilder weisen
Ähnlichkeiten in folgenden Bereichen auf: Störungen in der Affektregulation und
Impulskontrolle, Substanzabhängigkeit, geringes Selbstwertgefühl und gestörte
zwischenmenschliche Beziehungen.
Mannuzza et al. (1991) untersuchten 50 männliche und in der Kindheit hyperaktive
Probanden, ihre Brüder und eine Kontrollgruppe im Hinblick auf die Entwicklung
weiterer Störungen im jungen Erwachsenenalter. Verlaufsuntersuchungen zeigten,
dass signifikant mehr Probanden verschiedene DSM Diagnosen im Vergleich zu
ihren Brüdern oder zur Kontrollgruppe erfüllten. Zudem wurde bei den Probanden
eine schwerwiegendere Form einer antisozialen Störung als bei ihren Brüdern
diagnostiziert. Die Autoren schlossen aus diesem direkten Gruppenvergleich dass
das erhöhte Risiko für das Auftreten von multiplen psychischen Störungen im
jungen Erwachsenenalter bei hyperaktiven Jungen weniger auf Umweltfaktoren
als auf die genetische Disposition zurückzuführen sei.
Die vorliegende Studie nahm sich zum Ziel, den Zusammenhang zwischen
psychopathologischen Auffälligkeiten im Kindesalter und der Entwicklung einer
Seite | 18
Einleitung
Persönlichkeitsstörung im jungen Erwachsenenalter zu untersuchen. Um diese
Auffälligkeiten erfassen zu können, gibt es neben dem psychopathologischen
Befund, der unabdingbar für die Diagnostik ist, verschiedene Fragebögen für
Eltern, Betreuer oder Lehrer eines betroffenen Kindes zur Objektivierung und
besseren Einschätzung.
Carlson et al. (2009) untersuchten bereits in einer prospektiven Studie Faktoren
von der Kindheit bis ins Erwachsenenalter, die Einfluss nehmen auf die
Entwicklung von Symptomen einer Borderline-Persönlichkeitsstörung. Dabei
konnte ein signifikanter Zusammenhang zwischen den Symptomen einer BPS im
Erwachsenenalter und Störungen im Bereich kindlicher Verhaltensweisen sowie
endogenen Einflüssen (z.B. Temperament) oder Umwelteinflüssen (z.B. elterliche
Ablehnung) in der Kindheit hergestellt werden. Als Stichprobe wurden 162
Erstgeborene von jungen Müttern aus ärmeren sozialen Schichten gewählt. Die
Kinder wuchsen alle in Armut, teils ohne Vater und mit mangelnden
Erziehungskenntnissen der Mütter auf. Die kindlichen Einflüsse wie beispielsweise
das Verhalten, die Lebensweise der Mutter vor und nach der Geburt des Kindes
sowie neonatale Auffälligkeiten wurden mittels Krankenakten, verschiedenen
Befragungen und Tests erhoben. Zusätzlich gab es Beobachter, die in die
Familien geschickt wurden, um die Interaktion zwischen Mutter und Kind zu
beurteilen. Fragebögen, die von der Mutter ausgefüllt wurden, dienten der
Erfassung des kindlichen Verhaltens und der kindlichen Eigenschaften.
Im mittleren Kindesalter bzw. im Jugendalter kam der Lehrerfragebogen TRF
(teacher report form; siehe S.31) zur Anwendung, allerdings fand die Auswertung
in abgewandelter Form statt. Aus den 113 Items, die der Test beinhaltet, wurden 4
neue
Unterskalen
gebildet:
Emotionen,
Verhalten,
Beziehung
und
Aufmerksamkeit. Jeder dieser Bereiche enthält 7 entsprechende Items des
Gesamtfragebogens,
welche
die
grundlegenden
Eigenschaften
einer
Persönlichkeitsstörung erfassen (Geiger & Crick, 2001).
Im Erwachsenenalter (28 Jahre) erfolgte die Erhebung von Symptomen einer
Borderline-Persönlichkeitsstörung mittels des SKID-Interviews. Hierbei wurde eine
dimensionale Skala erstellt, die auch einzelne Symptome miteinschließt, ohne
dass der Proband die vollen Kriterien einer Störung erfüllt.
In der Stichprobe konnte neben externen Faktoren wie mütterliche Feindseligkeit
oder Stressaussetzung und endogenen Faktoren in der frühen Kindheit, eine
Seite | 19
Einleitung
signifikante Beziehung zwischen den Störungen in den Bereichen Emotion,
Verhalten, Beziehung und Aufmerksamkeit im mittleren Kindesalter und einer
Borderline-Persönlichkeitsstörung im Erwachsenenalter hergestellt werden.
1.5 Hypothesen und ergänzende Fragestellungen
Ziel der vorliegenden Studie war es, Prädiktoren sowie Risikofaktoren
für die
Entwicklung von Persönlichkeitsstörungen zu identifizieren. Dazu wurde eine
Risikostichprobe von Jugendlichen und jungen Erwachsenen, bei denen in der
Kindheit (<14. Lebensjahr) zum Zeitpunkt T1 eine ADHS diagnostiziert wurde, zum
Zeitpunkt T2 (>16. Lebensjahr) nachuntersucht.
Folgende Hypothesen wurden untersucht:
 Hypothese 1
Die
Prävalenz
von
Persönlichkeitsstörungen
ist
bei
den
Jugendlichen/jungen Erwachsenen, die im Kindesalter die Diagnose
ADHS erhielten, höher als in der Gesamtpopulation.
 Hypothese 2
Die Gruppe der Personen mit einer Persönlichkeitsstörung unterscheidet
sich von der Gruppe der Personen ohne eine Persönlichkeitsstörung in
den zu T1 erhobenen Testdaten (T-Werte im TRF und/oder CBCL).
 Hypothese 3
Die von Carlson et al. zusätzlich aufgestellten Skalen innerhalb des TRFFragebogens (Emotionen, Aufmerksamkeit, Verhalten, Beziehung) geben
einen Hinweis auf die Entwicklung einer Persönlichkeitsstörung.
Die Personen mit einer Persönlichkeitsstörung zum Zeitpunkt T2 haben in
diesen Skalen, die zum Zeitpunkt T1 erfasst wurden, signifikant höhere
Werte im Vergleich zu den Personen ohne eine Persönlichkeitsstörung.
Seite | 20
Material und Methoden
Weitere Fragestellungen, die in der dargestellten Studie beantwortet wurden:
 Welche Persönlichkeitsstörungen treten am häufigsten auf?
 Zeigen die untersuchten Probanden noch eine ADHS-Symptomatik zum
zum Zeitpunkt T2?
 Besteht ein Unterschied zwischen in der Ausprägung der ADHSSymptomatik
zwischen
den
Probanden
mit
und
ohne
eine
Persönlichkeitsstörung?
Seite | 21
Material und Methoden
2 Material und Methoden
2.1 Ablauf und Planung der Studie
Die Studie wurde von der Ethikkommission der Universität Ulm im September
2010
genehmigt.
Die
Studienleitung
Funktionsoberarzt der Klinik für Kinder-
wurde
von
Dr.
Marc
Allroggen,
und Jugendpsychiatrie, und Prof. Dr.
Andrea Ludolph, Oberärztin der Klinik und Leiterin der Institutsambulanz,
übernommen.
Im Frühjahr 2010 wurden die Probanden nach folgenden für die Studie
festgelegten Kriterien ausgewählt.
Einschlusskriterien
 Die Probanden haben vor dem Alter von 14 Jahren mittels standardisierter
und leitlinienkonformer Diagnostik die Diagnose „Einfache Aktivitäts- und
Aufmerksamkeitsstörung“ (F 90.0) oder „Hyperkinetische Störung des
Sozialverhaltens“ (F 90.1) erhalten
 Die Probanden sind zum Untersuchungszeitpunkt T2 mindestens 16 Jahre
alt (Jahrgang 1989-1994)
 Vorliegen von TRF- oder CBCL-Daten zum Zeitpunkt der Erstvorstellung in
der Ambulanz
Ausschlusskriterien

Vorliegen einer schweren akuten psychiatrischen Störung (Psychose),
hirnorganischen Störung oder Intelligenzminderung (IQ<70), die einer
Teilnahme an einem strukturierten Interview entgegen sprechen.
196 Probanden erfüllten die oben genannten Einschlusskriterien und erhielten ein
Anschreiben zur Studienteilnahme. Anbei waren Rückumschläge zur Zusendung
der Einverständniserklärungen. Probanden mit fehlender Antwort oder falscher
Adresse wurden telefonisch kontaktiert und zur Teilnahme an der Studie
eingeladen.
Seite | 22
Material und Methoden
Mit den Probanden, die ihr Einverständniserklärung zur Studienteilnahme gaben
bzw. bei Minderjährigen deren Eltern, wurde ein Termin zur Durchführung eines
klinischen
Interviews
und
zur
Beantwortung
von
Fragebögen
in
der
Institutsambulanz der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie
des Universitätsklinikums Ulm vereinbart.
Vor Beginn der Untersuchung wurde jeder Patient erneut über den Ablauf der
Studie informiert und aufgeklärt. Insgesamt nahm die Untersuchung 2-3 Stunden
in Anspruch.
Für die Teilnahme erhielt jeder Proband einen Einkaufsgutschein im Wert von 20
Euro.
Um die Diagnosen zu überprüfen, wurden die Interviews gegen Unterschrift zur
Einwilligung mit einer Videokamera aufgezeichnet und anschließend von der
oberärztlichen Studienleitung gegengewertet.
Mit den klinischen Interviews wurde im Dezember 2010 begonnen. Sie erstreckten
sich über einen Zeitraum von einem Jahr. Insgesamt wurden 34 Probanden in die
Studie eingeschlossen.
2.2 Probanden
Für die Studie wurden insgesamt 196 Jugendliche und junge Erwachsene mittels
Aktenstudium ausgewählt. Die Probanden waren ausschließlich ehemalige bzw.
aktuell noch in ambulanter Behandlung befindliche Patienten der Kinder- und
Jugendpsychiatrischen Klinik der Uniklinik Ulm, die nach oben genannten
Einschlusskriterien ausgewählt wurden.
Alle 196 auserwählten Personen wurden schriftlich benachrichtigt und zur
Teilnahme an der Studie eingeladen. Von den postalisch versendeten Anfragen
war knapp die Hälfte nicht zustellungsfähig, da die Adressen, die zum Zeitpunkt
der Diagnosestellung aufgenommen wurden, nicht mehr korrekt waren und die
neuen Adressen nur schwer ausfindig gemacht werden konnten.
Aus den ca. 100 Anschreiben, die zugestellt werden konnten, erreichten lediglich
20 Zusagen die Klinik. Diejenigen Patienten, die keine Rückantwort sendeten,
wurden zusätzlich telefonisch kontaktiert. So konnten noch weitere 14 Probanden
rekrutiert werden, so dass die endgültige Stichprobengröße 34 Teilnehmer
umfasst.
Seite | 23
Material und Methoden
2.3 Diagnostische Instrumente
2.3.1 Messinstrumente in der Kindheit - Messzeitpunkt 1
Folgende Fragebögen wurden bereits vor dem 14. Lebensjahr von den Eltern und
Lehrern der Probanden beantwortet
und
von
approbierten
Psychologen
ausgewertet. Für die vorliegende Arbeit wurden die Daten erneut aufbereitet und
in die statistischen Berechnungen mit einbezogen.

Elternfragebogen über das Verhalten von Kindern und Jugendlichen
(CBCL/4-18)
Hierbei handelt es sich um eine von der Arbeitsgruppe Deutsche Child
Behavior Checklist in Zusammenarbeit mit Thomas Achenbach (1992)
erarbeitete deutsche Fassung der Child Behavior Checklist, einem
Fragebogen, der das Urteil von Eltern über das Verhalten von Kindern und
Jugendlichen zwischen dem 4. bis 18. Lebensjahr erfasst. Die deutsche
Fassung wurde von einer Kölner Arbeitsgruppe unter Leitung von Manfred
Döpfner 1998 erneut überarbeitet.
Der Fragebogen besteht aus 113 Items, die den folgenden 8 Primärskalen
zugeordnet
werden:
Sozialer
Rückzug,
Körperliche
Beschwerden,
Ängstlich/Depressives Verhalten, Soziale Probleme, Schizoid/Zwanghaft,
Aufmerksamkeitsprobleme,
Dissoziales
Verhalten
und
Aggressives
Verhalten. Ein T-Wert bis 67 gilt als unauffällig, der Grenzbereich liegt
zwischen 67 und 70, darüber ist die Verhaltenseinschätzung seitens der
Eltern als auffällig zu bewerten. Neben dem T-Gesamtwert werden zudem
einzelne Primärskalen kombiniert und in Sekundärskalen zur Beurteilung
von externalisierenden und internalisierenden Verhaltensauffälligkeiten
eingeordnet. Der Beurteilungszeitraum umfasst die letzten 6 Monate. Die
Beurteilung erfolgt anhand einer dreistufigen Skala von 0=nicht zutreffend
bis 2=genau oder häufig zutreffend.
 Lehrerfragebogen über das Verhalten von Kindern und Jugendlichen (TRF)
Dieser Fragebogen ist die deutsche Fassung der Teacher Report Form
(Achenbach 1991). Er wurde 1993 von der Arbeitsgruppe Deutsche Child
Seite | 24
Material und Methoden
Behavior Checklist erarbeitet und 1994 von Döpfner, Berner und Lehmkuhl
erneut überarbeitet. In Inhalt und Struktur entspricht er dem oben
beschriebenen Elternfragebogen, ist jedoch in wenigen Items der
Schulsituation entsprechend abgeändert.
Für die Studie wurden zudem zusätzliche TRF-Skalen aufgestellt, die sich
aus speziellen Items der TRF zusammensetzen und Auffälligkeiten im
Bereich von Emotionen, Aufmerksamkeit, Verhalten und Beziehung zeigen.
Es wurden für jeden Bereich 7 Items ausgewählt.
Grundlage dieser Auswahl ist die Studie von Carlson et al. (2009), die die
Beziehung
zwischen
den
Symptomen
einer
Borderline-
Persönlichkeitsstörung und endogenen bzw. exogenen Störfaktoren im
Kindesalter an 162 Probanden untersuchte.
Tabelle 3 Skaleneinteilung der Items des Teacher Report Form-Fragebogens (TRF)
nach Carlson et al. (2009)
Skalen und Items
Subskalen
EMOTIONEN
“Weint viel”
ängstlich/depressives V.
“Ist nervös, reizbar oder angespannt”
ängstlich/depressives V.
“Ist störrisch, mürrisch oder reizbar”
aggressives Verhalten
“Zeigt plötzliche Stimmung- oder Gefühlswechsel”
aggressives Verhalten
“Schmollt viel oder ist leicht eingeschnappt”
aggressives Verhalten
“Hat Wutausbrüche oder hitziges Temperament”
aggressives Verhalten
“Ist unglücklich, traurig oder niedergeschlagen”
sozialer Rückzug
AUFMERKSAMKEIT
“Kann sich nicht konzentrieren, kann nicht lange
Aufmerksamkeitsprobleme
aufpassen”
„Kann nicht stillsitzen, ist unruhig oder überaktiv“
Aufmerksamkeitsprobleme
“Ist verwirrt oder zerstreut”
Aufmerksamkeitsprobleme
“Hat Tagträume oder ist gedankenverloren”
Aufmerksamkeitsprobleme
Seite | 25
Material und Methoden
“Ist unaufmerksam oder leicht ablenkbar”
Aufmerksamkeitsprobleme
“Starrt ins Leere”
Aufmerksamkeitsprobleme
VERHALTEN
“Verhält sich zu jung für sein/ihr Alter
Aufmerksamkeitsprobleme
“Streitet oder widerspricht viel“
aggressives Verhalten
“Macht seine/ihre eigenen Sachen kaputt”
aggressives Verhalten
„Hat Schwierigkeiten, Anweisungen zu befolgen“
Aufmerksamkeitsprobleme
“Verletzt sich häufig ungewollt, neigt zu Unfällen”
soziale Probleme
“Ist impulsiv oder handelt, ohne zu überlegen
Aufmerksamkeitsprobleme
BEZIEHUNG
“Ist roh oder gemein zu anderen oder schüchtert
aggressives Verhalten
sie ein”
“Zerstört die Sachen anderer”
aggressives Verhalten
“Kommt mit anderen Schülern nicht aus”
soziale Probleme
“Gerät leicht in Raufereien, Schlägereien“
aggressives Verhalten
“Greift Andere körperlich an”
aggressives Verhalten
„Hänselt andere gern“
aggressives Verhalten
“Bedroht Andere”
aggressives Verhalten
2.3.2 Follow-up Messinstrumente - Messzeitpunkt T2
Bei der Untersuchung zum Messzeitpunkt T2, das heißt 2-6 Jahre nach der
Diagnosestellung,
erhielten
die
Probanden
zunächst
2
Fragebögen
zur
Beantwortung: den DISYPS-Fragebogen und den SKID-II-Fragebogen.
Des Weiteren wurden die Probanden mittels eines strukturierten Interviews auf
das Vorliegen einer Persönlichkeitsstörung untersucht. Hierbei wurde das SKID-IIInterview verwendet.
Seite | 26
Material und Methoden
Fragebögen

Diagnostik-System für psychische Störungen (DISYPS II)
Das DISYPS-II dient der Erfassung psychischer Störungen bei Kindern und
Jugendlichen. Die vorhandenen Materialien ermöglichen sowohl eine
klinische als auch eine kategoriale Diagnostik und Verlaufskontrolle. Es gibt
verschiedene
Selbst-
und
Fremdbeurteilungsbögen,
Diagnostikinstrumente fungieren. In der Studie wurde
Selbstbeurteilungsbogen
verwendet,
der
die
die
als
der ADHS-
Hauptsymptome
Aufmerksamkeitsstörung, Hyperaktivität und Impulsivität einschließt. Er
erlaubt sowohl eine klinische Interpretation (unauffällig, leicht auffällig,
auffällig, sehr auffällig) zur dimensionalen Diagnostik als auch eine
kategoriale Diagnostik nach ICD-10, die verschiedene Forschungskriterien
berücksichtigt (Döpfner et al., 2008).

Fragebogen des Strukturierten klinischen Interviews nach DSM-IV (SKID-II)
Dieser Fragebogen ist Teil des SKID-II-Verfahrens zur Diagnostik der auf
Achse
II
sowie
der
zwei
im
Anhang
des
DSM-IV
aufgeführten
Persönlichkeitsstörungen (American Psychiatric Association, 1994). Er wird
zu Beginn der Untersuchung eingesetzt und
durch ein strukturiertes
klinisches Interview ergänzt. Die Probanden beantworten mit „Ja“ oder
„Nein“ die im Fragebogen enthaltenen Items, die die Kriterien des DSM-IV
repräsentieren. Die Items des Fragebogens sind sehr allgemein formuliert,
so dass damit eine hohe Sensitivität erreicht wird. Der Fragebogen allein
kann daher nicht zur kategorialen Diagnostik von Persönlichkeitsstörungen
eingesetzt werden, sondern muss durch das Interview überprüft werden.
Interviews

Strukturiertes klinisches Interview (SKID-II)
Hierbei handelt es sich um ein strukturiertes klinisches Interview, das in
Ergänzung zum SKID-II-Fragebogen durchgeführt wird. Hierbei werden
erneut die Fragen gestellt, die im Fragebogen mit „ja“ beantwortet wurden.
Die Fragen werden im Interview weiter ausgeführt und die Antwort somit
erneut überprüft.
Seite | 27
Material und Methoden
Die Codierung erfolgt in einer 3-stufigen Skala von 1=“Kriterium nicht erfüllt“
bis 3=“Kriterium erfüllt“.
Ein „Cut-off“, der eine bestimmte Anzahl an Kriterien erfordert, bestimmt, ob
die Diagnose einer Persönlichkeitsstörung gestellt werden kann oder nicht.
Zur Berechnung der Anzahl an erfüllten Kriterien werden jedoch lediglich
die mit „3“ kodierten Fragen gewertet.
2.3.3 Datenaufbereitung und statistische Verfahren
Die Daten wurden mit Hilfe des Software-Programmpakets SPSS (Statistical
Package for Social Sciences – Version 16.0) aufbereitet und ausgewertet.
Neben
der
Durchführung
von
deskriptiven
Statistiken
(Mittelwerte,
Standardabweichungen, Häufigkeitsverteilungen) erfolgten Tests zum Vergleich
zweier unabhängiger Stichproben. Hier wurde der Mann-Whitney-U-Test, ein
nichtparametrischer Homogenitätstest, angewandt, der Rückschlüsse auf die
Eigenschaften der Werte in der Grundgesamtheit ziehen kann.
Non-parametrische Tests wurden gewählt,
nachdem eine Normalverteilung
einzelner Variablen durch den Kolmogorow-Smirnow-Test ausgeschlossen
worden war.
Korrelationen
wurden
nach
Pearson
berechnet.
Hierbei
ist
der
Korrelationskoeffizient (r) ein Maß für den Grad des linearen Zusammenhangs
zweier intervallskalierten Merkmalen.
Für alle Analysen wurde ein zweiseitiges Signifikanzniveau von 5 % gewählt.
Seite | 28
Ergebnisse
3 Ergebnisse
3.1 Auswertung der Stichprobe
Tabelle 4 Soziodemographische Daten der Stichprobe (Stichprobe=34 Probanden, die vor
dem 14. Lebensjahr die Diagnose „Einfache Aktivitäts- und Aufmerksamkeitsstörung“ oder
„Hyperkinetische Störung des Sozialverhaltens“ erhalten haben) zum Zeitpunkt T2
Soziodemographische Merkmale
Anzahl N
Prozent %
Geschlecht
Männlich
28
82,4
Weiblich
6
17,6
16
5
14,7
17
10
29,4
18
7
20,6
19
8
23,5
20
2
5,9
21
2
5,9
34
100
27
79,4
Hauptschule
20
58,8
Mittlere Reife
7
20,6
Abitur
5
14,7
Sonstige (Berufsvorbereitendes Jahr,…)
2
5,9
Alter
Mittelwert 17,94 (Umfang 16-21)
Intelligenzquotient
Mittelwert 98,5 (Umfang 80-129)
Schulbildung
Stichprobengröße
Die endgültige Stichprobengröße, die ihr Einverständnis zur Teilnahme an der
Studie gab und die genannten Kriterien erfüllte, betrug 34 Teilnehmer.
Seite | 29
Ergebnisse
Geschlecht
Das Geschlechterverhältnis entspricht knapp 5:1. 28 männliche (82,4%) und 6
weibliche (17,6%) Probanden nahmen an der Studie teil, was vergleichbar mit der
aktuellen Studienlage ist.
Alter
Die Altersrange lag zwischen 16 und 21 Jahren. Innerhalb der Stichprobe wurde
ein Mittelwert von 17,9 Jahren (SD=1,39) ermittelt.
Die Mädchen waren bei der Untersuchung im Durchschnitt 17,7 Jahre alt
(SD=1,37, range: 16,9-19,11J.). Die Jungen waren durchschnittlich 18 Jahre alt
(SD=1,41, range: 16,6-21,6J.).
Intelligenzquotient
Der Intelligenzquotient (IQ) wurde in der klinischen Routine zum Zeitpunkt der
Diagnosestellung
von
Psychologen
mittels
Einzel-
oder
Gruppentestung
(Testaufgaben) erhoben und beträgt in der Stichprobe im Mittel 98,52 (SD=11,69;
range 80-129). Der absolute Mittelwert in der Normalbevölkerung liegt bei 100. Es
liegen Angaben von 27 Probanden vor. Die 7 Jugendlichen, bei denen keine
Intelligenzdiagnostik erfolgte oder die Angaben fehlten, wurden dennoch in die
Studie mit einbezogen, da aufgrund der abgeschlossenen Schulbildung von einem
IQ>70 auszugehen ist.
Schulbildung
Abbildung 1 zeigt eine Übersicht über die Schullaufbahn der Probanden. Die
größte Gruppe mit 58,8% bilden die Jugendlichen, die derzeit noch die
Hauptschule besuchen bzw. schon abgeschlossen haben. Die Realschule wird
von ca. einem Fünftel (20,6%) der Stichprobe besucht bzw. ist von einem Teil
bereits mit der mittleren Reife abgeschlossen worden. Nur 5 der Probanden sind
Schüler eines Gymnasiums, wovon drei bereits das Abitur erfolgreich absolviert
haben. Sonstige Bildungsstätten (z.B. BVJ,…) werden lediglich von zwei weiteren
Jugendlichen besucht.
Seite | 30
Ergebnisse
70,0
60,0
50,0
40,0
Prozent %
30,0
20,0
10,0
0,0
Sonstiges
Hauptschule
Realschule
Gymnasium
Abbildung 1 Übersicht über Schulbildung innerhalb der Stichprobe zum Zeitpunkt T2, Werte
in Prozent (Stichprobe=34 Probanden, die vor dem 14. Lebensjahr die Diagnose „Einfache
Aktivitäts-
und
Aufmerksamkeitsstörung“
oder
„Hyperkinetische
Störung
des
Sozialverhaltens“ erhalten haben)
3.2 Inferenzstatistik
3.2.1 Persönlichkeitsstörungen - Diagnose und Häufigkeit
Nach Durchführung des klinischen Interviews SKID-II zur Diagnostik von
Persönlichkeitsstörungen, das sich nach der Klassifikation des DSM-IV richtet,
lässt sich bei 26,5% (n=9) der 34 Probanden, bei denen bereits im Kindesalter die
Diagnose einer ADHS gestellt wurde, eine Persönlichkeitsstörung feststellen
(Tabelle 5).
Seite | 31
Ergebnisse
Tabelle 5 Diagnosestellung einer Persönlichkeitsstörung innerhalb der Stichprobe mittels
klinischem Interview (SKID-II), (Stichprobe=34 Probanden, die vor dem 14. Lebensjahr die
Diagnose „Einfache Aktivitäts- und Aufmerksamkeitsstörung“ oder „Hyperkinetische
Störung des Sozialverhaltens“ erhalten haben)
Persönlichkeitsstörung
Häufigkeit (N=34)
nach DSM-IV
absolut
Kriterien nicht erfüllt
25
73,5
Kriterien erfüllt
9
26,5
Angaben in Prozent
Unter den neun Probanden, die eine Diagnose nach DSM-IV erhielten, gibt es 4
Probanden, die die Kriterien für 2 oder mehr Persönlichkeitsstörungen erfüllten, so
dass insgesamt 16x die Diagnose einer Persönlichkeitsstörung bei 9 Personen
gestellt wurde. Darunter die Antisoziale Persönlichkeitsstörung 5mal (14,7
Prozent), eine Negativistische Persönlichkeitsstörung 4mal (11,8 Prozent), eine
Paranoide Persönlichkeitsstörung 2mal (5,9 Prozent) und eine Zwanghafte,
Schizoide, Histrionische, Narzisstische und Borderline-Störung jeweils 1mal (2,9
Prozent) (siehe Abb. 2).
Die 4 Probanden mit mehreren Persönlichkeitsstörungen zeigen folgende
Überschneidungen:
Proband 1: Antisoziale PS, Negativistische PS
Proband 2: Antisoziale PS, Paranoide PS, Histrionische PS
Proband 3: Antisoziale PS, Paranoide PS, Narzistische PS, Negativistische PS
Proband 4: Negativistische PS, Borderline PS
Seite | 32
Ergebnisse
6
5
4
Anzahl an
Persönlichkeitsstörungen
3
Häufigkeit
2
1
Abbildung 2
e
PS
ep
re
ss
iv
e
PS
Pa
ra
no
id
Sc
e
hi
PS
zo
ty
pi
sc
he
PS
Sc
hi
zo
id
e
H
PS
is
tr i
on
is
ch
e
N
PS
ar
zi
st
is
ch
e
PS
Bo
rd
er
lin
ePS
An
tis
oz
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le
PS
PS
N
D
eg
at
iv
is
tis
ch
PS
gh
af
te
te
Zw
an
de
n
ep
en
D
Se
lb
st
un
si
ch
e
re
PS
0
Verteilung der einzelnen Persönlichkeitsstörungen (PS) unter den Probanden
(n=9), die mittels klinischem Interview zum Zeitpunkt T2 die Diagnose einer PS erhalten
haben, Werte absolut
50
45
40
35
Prozent % 30
25
20
15
10
5
Se
nd
ep
e
D
lb
s
tu
n
si
ch
er
e
PS
en
Zw
t
an e P
S
N
gh
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PS
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D
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ep
PS
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ss
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PS
Sc ran
o
hi
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zo
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PS
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Sc
PS
hi
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H
id
ist
e
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PS
ni
sc
N
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zis e P
S
tis
ch
Bo
e
PS
rd
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lin
An
ePS
tis
oz
ia
le
PS
0
Diagnose
Selbsteinschätzung
Abbildung 3 Vergleich von Selbsteinschätzung und Diagnose einer Persönlichkeitsstörung
(PS) mittels des Strukturierten klinischen Interviews (SKID II) innerhalb der Stichprobe
Seite | 33
Ergebnisse
(Stichprobe=34 Probanden, die vor dem 14. Lebensjahr die Diagnose „Einfache Aktivitätsund Aufmerksamkeitsstörung“ oder „Hyperkinetische Störung des Sozialverhaltens“
erhalten haben), Werte in Prozent
3.2.2 Clusterverteilung der Persönlichkeitsstörungen
Ordnet man die diagnostizierten Persönlichkeitsstörungen in die vom DSM-IV
klassifizierten
Cluster
ein,
so
sind
die
im
Cluster
B
beschriebenen
Persönlichkeitsstörungen am häufigsten vertreten.
In der Stichprobe wurden 8 Cluster B-Persönlichkeitsstörungen bei 6 Probanden
diagnostiziert. Dies beruht darauf, dass zwei der Probanden eine Kombination
zweier Cluster-B-Persönlichkeitsstörungen aufwiesen. Zu den diagnostizierten
Cluster B-Störungen innerhalb der Studie zählen die Borderline PS (n=1), die
Narzisstische PS (n=1), die Histrionische PS (N=1) und die Dissoziale
(=Antisoziale) PS (n=5).
Als
„Sonstige“
sind
die
im
Anhang
des
DSM-IV
aufgeführten
Persönlichkeitsstörungen bezeichnet, die am zweithäufigsten in Erscheinung
getreten sind. Hierunter fällt die negativistische PS, die bei 4 Personen
diagnostiziert wurde.
Cluster A-Persönlichkeitsstörungen fanden sich bei 3 Probanden: Paranoide PS
(N=2), Schizoide PS (N=1). Die Zwanghafte PS (N=1) gehört zum Cluster C, das
insgesamt am wenigsten ausgeprägt war.
Seite | 34
Ergebnisse
Anzahl an
Persönlichkeitsstörungen
Abbildung 4
Clusterverteilung der Persönlichkeitsstörungen innerhalb der Stichprobe
(Stichprobe=34 Probanden, die vor dem 14. Lebensjahr die Diagnose „Einfache Aktivitätsund Aufmerksamkeitsstörung“ oder „Hyperkinetische Störung des Sozialverhaltens“
erhalten haben)
3.2.3 Persistenz der ADHS-Symptomatik
Die Häufigkeitsverteilung der drei Hauptsymptome Aufmerksamkeitsdefizit,
Hyperaktivität und Impulsivitätssteigerung, die das Bild einer ADHS prägen, ergibt
eine Persistenz einer oder 2 Symptome zum Zeitpunkt T2 bei insgesamt 15
Probanden (44%) (Abb. 5).
Mit 71,5 Prozent ist die gesteigerte Impulsivität das häufigste Symptom. Darauf
folgt die Hyperaktivität mit 19 % und das Aufmerksamkeitsdefizit mit einem Anteil
von 9,5% (Tabelle 6).
Die
Symptomeinschätzung
erfolgte
anhand
des
DISYPS-II-
Selbstbeurteilungsfragebogen, welcher neben dem Fremdbeurteilungsbogen und
der Diagnosecheckliste, die alle drei zum DISYPS-Testapparat gehören, zur
Erfassung einer ADHS dient. Der Fragebogen folgt einem kategorialen Ansatz,
indem ein Cut-off die Erfüllung eines Symptoms festlegt.
Im Vergleich bezüglich der ADHS-Symptome zwischen Probanden mit einer
Persönlichkeitsstörung und Probanden ohne eine Persönlichkeitsstörung zeigt
sich, dass die Symptome Aufmerksamkeitsdefizit sowie Hyperaktivität bei der
Gruppe mit Persönlichkeitsstörungen auf dem Signifikanzniveau 0,01 häufiger
Seite | 35
Ergebnisse
auftreten (Tabelle 7). Für Impulsivität gibt es keinen signifikanten Unterschied
zwischen den beiden Gruppen.
44%
Symptome vorhanden
keine Symptome vorhanden
56%
Abbildung
5
Vorhandensein
/Hyperaktivitätsstörung
innerhalb
der
der
Symptomatik
Stichprobe
n=34
einer
zum
AufmerksamkeitsMesszeitpunkt
T2
(Stichprobe=34 Probanden, die vor dem 14. Lebensjahr die Diagnose „Einfache Aktivitätsund Aufmerksamkeitsstörung“ oder „Hyperkinetische Störung des Sozialverhaltens“
erhalten haben)
Tabelle 6 Verteilung der Symptome der Aufmerksamkeits-/Hyperaktivitätsstörung innerhalb
der Stichprobe (Stichprobe=34 Probanden, die vor dem 14. Lebensjahr die Diagnose
„Einfache Aktivitäts- und Aufmerksamkeitsstörung“ oder „Hyperkinetische Störung des
Sozialverhaltens“ erhalten haben)
ADHS Symptome
Aufmerksamkeitsdefizit
Angaben in Prozent
9,5
Hyperaktivität
19,0
Impulsivität
71,5
Seite | 36
Ergebnisse
Tabelle 7 Unterschied der Symptomatik der Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung
zwischen den Personen mit einer Persönlichkeitsstörung und Personen ohne eine
Persönlichkeitsstörung
*auf dem Niveau von 0,05 (2-seitig) signifikant
**auf dem Niveau von 0,01 (2-seitig) signifikant
DISYPS-II-Symptome
PS
Mittlerer
Rang
Nein
14,84
Ja
24,89
Nein
14,50
Ja
25,83
Nein
15,84
Ja
22,11
Aufmerksamkeitsdefizit Rohwert
Hyperaktivität
Impulsivität
MannWhitneyU
Z
p
46,0** -2,679 0,008
Rohwert
37,5** -3,112 0,002
Rohwert
71,0 -1,804 0,111
3.2.4 CBCL-Daten und Persönlichkeitsstörungen
Im Folgenden wird der Zusammenhang zwischen den CBCL-Daten zum
Messzeitpunkt T1, welcher vor dem 14. Lebensjahr lag, und der Entwicklung einer
Persönlichkeitsstörung dargestellt.
Es werden die CBCL-Werte zwischen dem Teil der Stichprobe ohne eine
Persönlichkeitsstörung
mit
Persönlichkeitsstörung
mittels
dem
des
Teil
der
Stichprobe
Rangsummentests
mit
einer
Mann-Whitney-U
verglichen.
Hierbei konnte kein signifikanter Unterschied zwischen den beiden Gruppen
gefunden werden.
Seite | 37
Ergebnisse
Tabelle 8 Vergleich der Child Behaviour Checklist (CBCL)-Werte zwischen der Gruppe mit
einer Persönlichkeitsstörung und der Gruppe ohne eine Persönlichkeitsstörung
Signifikanzniveau p <0,05
CBCL-Werte
PS
CBCL-T-
nein
Gesamtwert
ja
CBCL-T-
nein
internalisierend
Ja
CBCL-T-
Nein
externalisierend
Ja
Mann-Whitney-U
(Rangsumme)
N
P
21
72,0
0,326
89,5
0,824
64,0
0,178
9
21
9
21
9
3.2.5 TRF-Daten und Persönlichkeitsstörungen
Die Auswertung mittels Mann-Whitney-Test der Teacher Report Form (TRF), die
dem Elternfragebogen CBCL entspricht und von den Lehrern zum Messzeitpunkt
T1 ausgefüllt wurde, zeigt signifikante Unterschiede zwischen dem TRFGesamtwert und dem T-Wert für externalisierende Verhaltensauffälligkeiten der
Gruppe mit und der Gruppe ohne eine Persönlichkeitsstörung.
Tabelle 9 Unterschiede zwischen Teacher Report Form (TRF)-Werten und der Entwicklung
einer Persönlichkeitsstörung innerhalb der Stichprobe (Stichprobe=34 Probanden, die vor
dem 14. Lebensjahr die Diagnose „Einfache Aktivitäts- und Aufmerksamkeitsstörung“ oder
„Hyperkinetische Störung des Sozialverhaltens“ erhalten haben)
* auf dem Niveau von 0,05 (2-seitig) signifikant
TRF-Werte
PS
TRF-T-Gesamtwert
Nein
Ja
TRF-Tinternalisierend
TRF-Texternalisierend
Nein
Ja
Nein
Ja
Mann-Whitney-U
(Rangsumme)
N
P
18
23,5*
0,014
44,5
0,129
35,0*
0,041
7
18
7
18
7
Seite | 38
Ergebnisse
3.2.6 TRF-Skalen nach Carlson und Persönlichkeitsstörungen
Folgende Tabelle stellt den Mittelwertvergleich zwischen den Personen mit oder
ohne eine Persönlichkeitsstörung bezüglich der von Carlson et al. (2009) aus den
TRF-Items erstellten Skalen dar. Zu einem signifikanten Unterschied kam es hier
in den Skalen Verhalten und Beziehung.
Tabelle
10
Mittelwertvergleich
zwischen
den
Personen
mit
und
ohne
eine
Persönlichkeitsstörung bezüglich den Skalenwerten nach Carlson
* auf dem Niveau von 0,05 (2-seitig) signifikant
Skalen
PS
nein
N
Mittelwert
18
4,29
7
6,57
18
4,00
7
5,71
18
5,50
7
5,71
18
5,39
Verhalten
P
0,040*
Ja
nein
Emotionen
0,265
Ja
nein
Aufmerksamkeit
0,856
Ja
nein
Beziehung
0,047*
Ja
7
8,71
Seite | 39
Diskussion
4 Diskussion
4.1 Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse
Vor dem Hintergrund, dass eine ADHS zunehmend als Risikofaktor für die
Entwicklung von Persönlichkeitsstörungen im jungen Erwachsenenalter gesehen
wird (Matthies et al., 2011; Williams et al., 2010; Miller et al., 2008; Fischer et al.,
2002; Rasmussen et al.2000), untersuchte die vorliegende Studie eine Stichprobe
von 34 Probanden mit der Diagnose ADHS in der Kindheit hinsichtlich des
Vorliegens einer Persönlichkeitsstörung im jungen Erwachsenenalter. Ziel war es
die Prävalenz von PS im späten Jugendalter und jungen Erwachsenenalter zu
erfassen und mögliche Prädiktoren in der Kindheit zu eruieren. Die Untersuchung
mittels eines ausführlichen klinischen Interviews – SKID II gilt als der
Goldstandard in der Diagnostik für PS - ergab bei 26,5% der Probanden ein
Vorliegen mindestens einer PS. Damit liegt die Prävalenz deutlich höher als in der
allgemeinen Population. Bei den Probanden mit einer PS konnten signifikant
höhere
Werte
im
Lehrerfragebogen
TRF
für
externalisierende
Verhaltensstörungen festgestellt werden. Weiterhin zeigten die von einer PS
Betroffenen im Kindesalter häufiger Auffälligkeiten im Bereich Verhalten und
Beziehung in der Einschätzung der Lehrer. Die Elternurteile zeigten keine
signifikanten Unterschiede zwischen den beiden Gruppen.
4.2 Diagnostik
Neben der Erfassung der Prävalenz von PS bei Personen mit ADHS Diagnose im
Kindesalter war ein Ziel der Studie mögliche Prädiktoren für die Entwicklung einer
Persönlichkeitsstörung in der Kindheit bzw. zum Zeitpunkt der Diagnosestellung
einer ADHS zu erkennen. Hierfür wurde der Lehrerfragebogen (TRF) und der
Elternfragebogen (CBCL) zum Messzeitpunkt T1 ausgewertet. Beide Tests sind
inhaltlich beinahe identisch aufgebaut und erlauben eine Aussage über das
Verhalten und die Emotionen des Kindes aus der Perspektive zweier
unterschiedlicher Betrachter. Zum einen sind es die Eltern, die das Kind im
häuslichen Umfeld beschreiben und zum anderen die Lehrer, die ein Urteil über
das Verhalten des Kindes im schulischen Bereich abgeben.
Zwar werden identische Items benutzt, tatsächlich finden sich häufig erhebliche
Diskrepanzen in den Einschätzungen desselben Kindes von Eltern und Lehrern.
Seite | 40
Diskussion
Warum? Zum einen muss man berücksichtigen, dass die Lehrer das Kind in einem
gänzlich anderen Umfeld sehen als die Eltern. Die Kinder können sich in der
Schule oft sehr anders verhalten als zu Hause und werden durch Mitschüler in
ihrem Verhalten beeinflusst. Fokus der Lehrer sind das Verhalten der Schüler, die
Leistung sowie die sozialen Interaktionen mit Mitschülern. Andererseits kommt es
auch darauf an, wie gut und wie lange der Lehrer den Schüler kennt. Unterrichtet
der Lehrer den Schüler erst kurze Zeit, wird es ihm schwer fallen, das Verhalten
des
Kindes
korrekt
zu
beurteilen
und
insbesondere
internalisierende
Verhaltensweisen suffizient zu bewerten.
Eltern sehen ihre Kinder im familiären Umfeld, in dem andere Verhaltensweisen
eine Rolle spielen. Hier spielen die Beziehungen zu den Eltern und zu
Geschwistern eine Rolle, aber auch der Erziehungsstil sowie das Verhalten
anderer Familienmitglieder.
Die Diskrepanz der TRF- und CBCL-Werte für dasselbe Kind macht deutlich, dass
eine suffiziente Beurteilung der komplexen Verhaltensmuster eines Kindes nur
Setting übergreifend erfolgen kann, so wie es von den Leitlinien der deutschen
Gesellschaft für Kinder- und Jugendpsychiatrie/Psychotherapie auch vorgesehen
ist. Die Einschätzung in verschiedenen situativen und sozialen Kontexten von
verschiedenen Personen erscheint für die Beurteilung von Verhaltensstörungen im
Kindesalter unabdingbar.
Das zum Messzeitpunkt T2 durchgeführte Interview SKID-II gilt derzeit als die
beste verfügbare Methode, um Persönlichkeitsstörungen zu diagnostizieren. Eine
hohe Validität und Objektivität aufgrund der vorgegebenen Struktur zeichnen das
Interviewverfahren aus. Weiterhin wird durch die hohe Korrespondenz zwischen
dem vorausgehenden Fragebogen und dem Interview eine deutliche Effektivität
gewährleistet. Die Reliabilität des SKID-II hängt von der klinisch-diagnostischen
Kompetenz des Interviewers ab, wird durch gezieltes Training verbessert und ist
abhängig von der Anzahl verschiedener Interviewer. Um eine hohe Zuverlässigkeit
dieses Testverfahrens zu garantieren, wurden die Interviews dieser Studie stets
von derselben Interviewerin durchgeführt, die zuvor eine ausführliche Einführung
in das Testverfahren erhalten hatte. Zusätzlich wurde jedes durchgeführte
Interview durch einen erfahrenen Kinder- und Jugendpsychiater und Oberarzt vor
Seite | 41
Diskussion
der Diagnosestellung erneut überprüft und gegengewertet, was mit Hilfe einer
Videoaufzeichnung ermöglicht wurde.
Die Einflussgröße einer medikamentösen Therapie konnte nicht erfasst werden.
Im Interview wurden die Probanden gefragt ob sie medikamentös therapiert
wurden. Leider konnten nur wenige der 34 Probanden dazu klare Angaben
machen. Einige waren für kurze Zeit mit Methylphenidat behandelt worden. Der
Großteil nahm jedoch keine Medikamente ein.
4.3 Diskussion der Ergebnisse
4.3.1 Persönlichkeitsstörungen
Die
vorliegende
Studie
erfasste
zunächst
die
Prävalenz
von
Persönlichkeitsstörungen innerhalb der Stichprobe. Bei 26,5% der Probanden
(N=34) konnte eine Persönlichkeitsstörung nach DSM-IV diagnostiziert werden,
verglichen mit der Allgemeinbevölkerung ist dies eine deutlich höhere Prävalenz.
Die Daten zur Prävalenz von Persönlichkeitsstörungen in der Gesamtpopulation
schwanken zwischen 4,4% in GB (Coid et al., 2006), 5,1% (Trestman et al. 2007)
bzw. 10,6% in den US (Lenzenweger 2008) und sind aufgrund von Unterschieden
in der Diagnostik, der Population, der begrenzten Durchführbarkeit von klinischen
Interviews und weiteren Gründen schwer zu erfassen.
Das Ergebnis der vorliegenden Studie deckt sich größtenteils mit den Ergebnissen
anderer Studien, die sich der Prävalenz von Persönlichkeitsstörungen bei ADHSBetroffenen annahmen.
Als mögliche Ursachen für divergierende Ergebnisse müssen unterschiedliche
Diagnostikinstrumente, verschiedene Selektionsfaktoren, die Restriktion der
Gruppengröße oder unterschiedliche Follow-up-Zeiträume berücksichtigt werden.
Die Studie von Matthies et al. (2011), die 60 erwachsene ehemalige ADHSPatienten auf das Vorhandensein einer Persönlichkeitsstörung überprüfte, spiegelt
beispielsweise das Ergebnis der vorliegenden Studie sehr gut wider. Die Diagnose
einer Persönlichkeitsstörung konnte bei 25% der Stichprobe ähnlich häufig wie in
der vorliegenden Studie gestellt werden. Bei Miller et al. (2008) lagen die
Prävalenzen dagegen etwas höher. Hier wurde bei 52,1% der Probanden mit
Seite | 42
Diskussion
ADHS (N=96) nach durchschnittlich 10 Jahren eine Persönlichkeitsstörung
diagnostiziert. Im Vergleich dazu lag die Kontrollgruppe (N=85) bei 24,7%. Als
diagnostisches Instrument wurde hier das Kiddie-SADS PL-Interview angewendet.
Fischer et al. (2002) kamen in ihrer Follow-up-Studie zur Untersuchung auf das
Vorliegen von DSM-III-Störungen in einer Gruppe von hyperaktiven Kindern
ebenfalls
auf
ein
signifikant
größeres
Risiko
zur
Entwicklung
einer
Persönlichkeitsstörung. 42% der 147 hyperaktiven Probanden erfüllten in dieser
Studie die Kriterien für eine Diagnose.
Die Indexgruppe von Rasmussen et al. (2000), die aus ADHS-Betroffenen mit und
ohne eine entwicklungsbedingte Koordinationsstörung bestand, kam auf eine
Prävalenz der Persönlichkeitsstörungen von 33%.
Eine weitere Studie zur Feststellung einer Persönlichkeitsstörung bei Personen mit
ADHS unter Methylphenidat-Therapie (N=47) führte die Diagnostik zur Erfassung
einer PS mit Hilfe von zwei unterschiedlichen Testverfahren durch, deren
Ergebnisse deutlich voneinander abwichen (Williams et al., 2010). Mithilfe des
Wisconsin Personality Inventory IV (WISPI-IV) wurde bei 33% die Diagnose einer
Persönlichkeitsstörung gestellt, mit dem Structured Clinical Interview für DSM-IV
Achse-II-Persönlichkeitsstörungen (SKID-II) lag die Prävalenz bei 62%.
Zusammenfassend ist zu sagen, dass die verschiedenen Studien die Prävalenz
von Persönlichkeitsstörungen bei einem Anteil zwischen einem Viertel und einem
Drittel der Gruppe mit einer ADHS-Diagnose feststellten. Somit liegt die
vorliegende Studie mit 26,5% im unteren Bereich der bisher in der Literatur
angegebenen Prävalenzangaben. Ein Grund dafür könnte in der Rekrutierung der
Teilnehmer liegen. Möglicherweise waren Personen, die ein auffälliges Verhalten
oder eine PS aufweisen weniger motiviert zur Teilnahme an der Studie.
Im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung, bei der Prävalenzen zwischen 6-11%
gefunden wurden (Samuels, 2011) zeigt sich auch in unseren Daten ein deutlich
erhöhtes
Risiko
für
Kinder
mit
ADHS
im
Erwachsenenalter
eine
Persönlichkeitsstörung zu entwickeln.
Die Hypothese 1 konnte somit durch die vorliegende Studie bestätigt werden:
Die Prävalenz von Persönlichkeitsstörungen ist in der Gruppe, die im Kindesalter
die Diagnose ADHS erhielten, höher als in der Gesamtpopulation.
Seite | 43
Diskussion
4.3.2 Häufigkeit von PS-Subtypen und Clusterzugehörigkeit
Bei der Untersuchung der einzelnen Persönlichkeitsstörungen konnten insgesamt
8 der 12 verschiedenen Subtypen innerhalb der Stichprobe diagnostiziert werden:
die Antisoziale Persönlichkeitsstörung trat mit 14,7% (n=5) am häufigsten auf, die
Negativistische Persönlichkeitsstörung wurde bei 11,8% (n=4) der Stichprobe
diagnostiziert, die paranoide Persönlichkeitsstörung bei 5,9% (n=2) und die
Zwanghafte,
Schizoide,
Histrionische,
Narzisstische
und
die
Borderline-
Persönlichkeitsstörung bei jeweils einem Probanden (2,9%). Somit wurde 16mal
die Diagnose einer PS gestellt.
Im Vergleich dazu war auch bei Miller et al. (2008) die antisoziale
Persönlichkeitsstörung (24%) das mit Abstand am häufigsten diagnostizierte
Krankheitsbild. Das Vorliegen einer negativistischen Persönlichkeitsstörung wurde
in dieser Studie nicht untersucht. Eine Paranoide Persönlichkeitsstörung konnte
unter Anwendung des SKID-II-Interviews bei 12,5% der ADHS-Betroffenen
festgestellt werden, eine Zwanghafte PS bei 5,2%, eine Schizoide PS bei 5,2%,
eine Histrionische bei 2,1% und eine Borderline PS bei 13,5%. Beide Studien
entsprechen sich somit größtenteils bezüglich des Verteilungsmusters. Bei der
Studie von Miller liegen jedoch die Prävalenzen höher im Vergleich mit der
vorliegenden Studie und die Prävalenz der Borderline-PS beträgt mehr als das
Vierfache.
Die Follow-up-Studie von Manuzza et al. (1998) fand bei 33% der Probanden eine
DSM-III-Störung, darunter auch die Antisoziale PS mit 12%, ein Ergebnis, das
vergleichbar mit unserem ist.
Auch Rasmussen et al. (2000) kamen annähernd auf ähnlich hohe Raten an
Persönlichkeitsstörungen. Unter den 55 Probanden wurden bei 18% eine
antisoziale Persönlichkeitsstörung diagnostiziert, alle anderen bewegten sich im
Bereich zwischen ein und drei Prozent.
Weiss et al. (1985) erforschten in einer der ersten Follow-up-Studien den
psychiatrischen Status von Erwachsenen, die in ihrer Kindheit mit ADHS
diagnostiziert worden waren, und beschrieb bei 23% der Stichprobe eine
Antisoziale Persönlichkeitsstörung.
In allen genannten Studien wurde die Antisoziale Persönlichkeitsstörung mit
Abstand am häufigsten diagnostiziert. Fast alle anderen PS waren deutlich
weniger repräsentiert.
Seite | 44
Diskussion
Überraschend
war
die
hohe
Prävalenz
(11,8%)
der
negativistischen
Persönlichkeitsstörung in unserer Studie. Viele Studien erfassten diese PS
Störung bisher nicht, da sie als zusätzliche Persönlichkeitsstörung im DSM-IV
aufgeführt ist und keinem Cluster angehört. Rasmussen et al. nahmen diese
bereits mit in ihre Untersuchung auf und diagnostizierten sie – allerdings nur mit
4% - wie wir am zweithäufigsten.
Da die Probanden zu Beginn der Untersuchung mittels SKID-II zunächst einen
Fragebogen beantworteten und dieser eine hohe Sensitivität für die Diagnose
einer Persönlichkeitsstörung aufweist, wurde bei den Ergebnissen auch die
Selbsteinschätzung der Probanden dargestellt.
Persönlichkeitsstörungen, denen sich viele Probanden zuordneten, waren die
negativistische PS (41%), die Borderline-PS (38%), die paranoide PS (29%), die
narzisstische PS (29%) und die schizoide PS (24%).
44% der jungen Erwachsenen schätzten sich selbst als zwanghaft ein. Dies
konnte auch Steckel (2005) bei der Untersuchung von 24 ADHS-Patienten
feststellen. 58,3% ihrer Stichprobe erfüllten - allerdings im SKID-II-Interview - die
Kriterien für eine zwanghafte Persönlichkeitsstörung.
Ursache für dieses zwanghafte Verhalten könnte der Versuch der Betroffenen sein
ihre Desorganisiertheit zu kompensieren. Durch strukturiertes exaktes Verhalten,
durch Planung und Detailgenauigkeit sollen möglicherweise Misserfolge und
Fehler
vermieden
werden.
Tatsächlich
bauen
hierauf
auch
manche
Verhaltensprogramme in der Behandlung der ADHS im Jugendalter und
Erwachsenenalter auf, z.B. Dinge wie Schlüssel, Handschuhe etc. immer an
denselben Platz zu legen.
Die Zuordnung der Persönlichkeitsstörungen zu den spezifischen Clustern ergab
folgendes Resultat: 25% der diagnostizierten Persönlichkeitsstörungen gehören
dem Cluster A an, 67% dem Cluster B und 8% dem Cluster C. Zu berücksichtigen
ist, dass von den insgesamt 16 Diagnosen einer Persönlichkeitsstörung vier
keinem Cluster zuzuordnen sind und teilweise auch Personen die Kriterien für
mehrere PS aus unterschiedlichen Clustern erfüllten.
Die deutliche Tendenz zur Entwicklung einer Cluster B Persönlichkeitsstörung
wurde auch in anderen Studien bestätigt. Rey et al. (1995) erkannte das häufige
Seite | 45
Diskussion
Vorhandensein
von
Cluster
B-Persönlichkeitsstörungen,
insbesondere
der
antisozialen Persönlichkeitsstörung, bei jungen Erwachsenen mit ADHS.
Auch bei Miller et al. (2007) waren die Cluster B-Störungen mit 49%, die am
häufigsten diagnostizierten Persönlichkeitsstörungen. Cluster A war mit 19,8%,
Cluster C mit 16,6% unter den ADHS-Patienten mit einer Persönlichkeitsstörung
festgestellt worden. Weitere Studien belegen ebenfalls das übermäßige Auftreten
an Cluster B-Persönlichkeitsstörungen bei ADHS-Betroffenen (Barkley et al. 2004,
Loeber et al. 2002). Die Studie von Matthies et al. (2011), die 70 Patienten mit
ADHS auf Persönlichkeitsstörungen untersuchten, stimmt zwar bezüglich des
Gesamtanteils an Persönlichkeitsstörungen (25%) mit der vorliegenden Studie in
etwa überein, dennoch kommt sie bei der Clustereinteilung zu einem anderen
Ergebnis. Am häufigsten war
Cluster C mit 36,6%, am zweithäufigsten das
Cluster B mit 23,3% vertreten. PS aus Cluster A traten bei 8,3% auf. Die Studie
von Williams et al. (2010), die 75 ADHS-Patienten auf Persönlichkeitsstörungen
untersuchte, zeigte eine Verteilung zu Gunsten des Cluster C mit 28%. Cluster BStörungen wurden bei 17%, Cluster-A-Störungen bei 9% diagnostiziert. Allerdings
wurden die Diagnosen mit zwei verschiedenen Diagnostiksystemen (SKID-II,
WISPI-IV) gestellt, welche in der Auswertung stark divergierten und somit die
Aussagekraft der Studie nur begrenzt ist.
4.3.3 Persistenz ADHS-Symptomatik vom Kindesalter bis ins Jugend- und
jungen Erwachsenenalter
Im Rahmen der Diagnostik an T2 konnten bei einem Großteil der Probanden
weiterhin Symptome einer ADHS nachgewiesen werden. 44,1% der Probanden
zeigten anhand des DISYPS-II-Selbstbeurteilungsfragebogen die Persistenz von
einem oder zwei Hauptsymptomen einer ADHS. Dabei war die Impulsivität mit
71,5% das am häufigsten persistierende Symptom. Die volle Diagnose nach ICD
10, die das gleichzeitige Vorhandensein aller 3 Hauptsymptome voraussetzt,
erfüllte
lediglich 1 Proband. Dies macht deutlich, dass bei vielen noch
Auffälligkeiten
einer
ADHS
vorhanden
sind,
jedoch
in
unterschiedlicher
Ausprägung und somit nur selten die Kriterien zur Diagnosestellung erfüllt werden.
Der Vergleich der Gruppen mit und ohne einer Persönlichkeitsstörung zeigte, dass
das Aufmerksamkeitsdefizit sowie die Hyperaktivität signifikant häufiger bei den
Probanden mit einer Persönlichkeitsstörung auftraten (Aufmerksamkeitsdefizit:
Seite | 46
Diskussion
p=0,008; Hyperaktivität: p=0,002). Für die Impulsivität ergab sich kein signifikanter
Unterschied.
Biedermann et al. (2010) untersuchten ebenfalls die altersabhängige Persistenz
der ADHS bei 110 betroffenen Jungen und verglichen diese mit 105
Kontrollprobanden. Die Diagnose wurde im Alter zwischen 6 und 17 Jahren nach
DSM-IV gestellt. Zehn Jahre später persistierte bei 78% der betroffenen
Probanden in irgendeiner Form die ADHS, sei es das komplette Syndrom (35%),
einzelne Symptome (22%) oder sie sind noch unter Therapie und zeigen keine
Symptomatik.
Barkley et al. (2002) führten eine Untersuchung zur Persistenz der ADHS durch,
die eine deutliche Abhängigkeit von der Informationsquelle zeigte. Bei der
Beurteilung durch die Eltern erfüllten deutlich mehr Betroffene zwischen 19 und 25
Jahren
die
Kriterien
für
eine
ADHS
nach
DSM-III
als
im
Selbstbeurteilungsfragebogen (46% vs. 5%).
Eine Metaanalyse über Langzeitverläufe von Kindern mit ADHS konnte bei 15%
der Untersuchten im Alter von 25 Jahren zeigen, dass noch alle Kriterien einer
ADHS nach DSM-IV erfüllt waren. Bezieht man auch eine Teilsymptomatik bzw.
Teilremission mit ein, so waren es 65% (Faraone, Biederman & Mick, 2006).
Aus den Ergebnissen der vorliegenden Studie lässt sich schlußfolgern, dass bei
knapp 50% der Probanden ein oder zwei der 3 Hauptsymptome der ADHS
persistieren. Die Impulsivität, die am häufigsten bestehen blieb, könnte auch im
Zusammenhang
mit
dem
häufigen
Auftreten
einer
antisozialen
Persönlichkeitsstörung stehen.
Die heterogene Datenlage zur Persistenz der ADHS im Erwachsenenalter ist zum
Teil auch darauf zurückzuführen, dass ADHS Patienten im Verlauf häufig
zahlreiche Komorbiditäten entwickeln, deren Symptome sich mit den ADHSSymptomen überlappen (Krause et al. 1998; Sobanski et al. 2007).
4.3.4 CBCL und TRF-Daten und Persönlichkeitsstörungen
Die zum Messzeitpunkt 1 erhobenen Testdaten ergaben in der retrospektiven
Analyse einen Unterschied zwischen den Personen mit einer späteren
Persönlichkeitsstörung
im
Vergleich
zu
Personen
ohne
eine
Persönlichkeitsstörung: Die Personen mit einer Persönlichkeitsstörung zeigten
signifikant höhere TRF-Werte insbesondere einen signifikant höheren TRFSeite | 47
Diskussion
Gesamtwert sowie signifikant höhere externalisierende TRF-Werte. Die CBCLDaten ergaben keinen signifikanten Unterschied zwischen den beiden Gruppen.
Somit konnte die Hypothese 2 teilweise bestätigt werden.
Eine Studie von Halperin et al. (2011), welche die CBCL-Daten von Kindern mit
ADHS und einem juvenilen bipolaren Phänotyp in einem 9-Jahres-Follow-Up
untersuchte, konnte ebenfalls keine signifikante Aussagekraft des CBCL bezüglich
einer späteren Entwicklung einer bipolaren Störung finden.
Der prädiktive Wert von
Testdaten aus dem Kindesalter für die spätere
Entwicklung von Persönlichkeitsstörung wurde bislang kaum untersucht. Der
Lehrerfragebogen TRF wurde bisher in keiner anderen Studie als Hinweis für die
Entwicklung von Persönlichkeitsstörungen allgemein bei ADHS für untersucht.
Lediglich für die Entwicklung einer Borderline-Persönlichkeitsstörung bezogen
Carlson et al. (2009) den TRF-Fragebogen in die Auswertung mit ein und fanden
signifikante Korrelationen hinsichtlich der späteren Entwicklung einer BorderlinePS.
Wir fanden signifikant Unterschiede in den TRF Werten zwischen der Gruppe mit
einer PS und der Gruppe ohne eine PS.
Die Einschätzung der Lehrer zum
Diagnosezeitpunkt der ADHS im Kindesalter könnte somit am ehesten einen
Hinweis
auf
die
Entwicklung
einer
Persönlichkeitsstörung
im
jungen
Erwachsenenalter geben. Inwieweit hier eine prognostische Bedeutung bestehen
könnte, muss in einer größeren Stichprobe und nach Möglichkeit in einem
prospektiven Design überprüft werden.
4.3.5 Skalenwerte nach Carlson und Persönlichkeitsstörungen
Bevor ein Mittelwertvergleich zwischen den Gruppen mit und ohne eine
Persönlichkeitsstörung erfolgte, wurde zunächst die interne Konsistenz der
aufgestellten Skalen Verhalten, Emotion, Aufmerksamkeit und Beziehung mittels
Cronbachs alpha untersucht. Hierbei war das Maß der Genauigkeit der Messung
ähnlich hoch im Vergleich zu Carlson et al. (2009): Verhalten 0,658 (Carlson:
0,79), Emotion 0,854 (Carlson: 0,77), Aufmerksamkeit 0,670 (Carlson: 0,81),
Beziehung 0,857 (Carlson: 0,87).
Im Mittelwertvergleich der beiden Gruppen (mit/ohne PS) waren die Ergebnisse für
die Skalen Verhalten und Beziehung signifikant. Die Probanden, die im
Kindesalter Auffälligkeiten im Bereich ihres Verhaltens sowie in Beziehungen
Seite | 48
Diskussion
aufwiesen, scheinen eher dazu zu neigen in der späteren Adoleszenz eine
Persönlichkeitsstörung
zu
entwickeln.
In
den
Bereichen
Emotion
und
Aufmerksamkeit zeigte sich kein signifikanter Unterschied, möglicherweise bedingt
durch die geringe Gruppengröße. Carlson et al. (2009) fanden in ihrer
Untersuchung von Borderline-Patienten signifikante Unterschiede auf allen vier
neu aufgestellten Skalen. Die TRF-Werte für Verhalten, Emotion, Aufmerksamkeit
und Beziehung, die in der Kindheit von den jeweiligen Lehrern erfasst wurden,
waren tendenziell bei den Probanden mit einer Borderline-Persönlichkeitsstörung
höher als bei den Probanden ohne eine PS.
Welche Persönlichkeitsstörungen speziell mit den Auffälligkeiten in den Bereichen
Verhalten, Beziehung, Emotion und Aufmerksamkeit assoziiert sind, konnte in
dieser Studie aufgrund der geringen Probandenzahl nicht untersucht werden.
4.4 Limitationen der Studie
4.4.1 Stichprobenrekrutierung
Die Teilnehmer dieser Studie wurden unter den ehemaligen Patienten der Ulmer
Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie rekrutiert. Das Studiendesign war
prospektiv angelegt. Von den ursprünglich ausgewählten 196 Personen, die die
Eingangskriterien für die Studie erfüllten, konnte gut ein Sechstel für die Studie
einbezogen werden (N=34).
Folgende Ursachen für den mangelnden Rücklauf kommen hierbei in Betracht.
Zunächst waren es die Voraussetzungen der Studie selbst, die die Auswahl der
Studienteilnehmer stark einschränkte. Neben den Filtern wie Alter bei Diagnose,
Diagnosecode und Mindestalter zum Zeitpunkt der Nachuntersuchung, war es
wichtig, dass die beiden Tests, TRF und CBCL bei der Diagnosestellung
durchgeführt worden waren und die Testdaten vollständig vorhanden waren.
Zwischen T1 und T2 lagen mitunter mehrere Jahre.
Berufliche und schulische Verpflichtungen wurden ebenfalls als Hinderungsgründe
angegeben.
Bei falschen Postzustellungen oder fehlenden Rückmeldungen erfolgte eine
zusätzliche telefonische Anfrage. Viele der kontaktierten Jugendlichen und jungen
Erwachsenen wohnten nicht mehr zu Hause, waren tagsüber unterwegs und
Seite | 49
Diskussion
schwer zu erreichen. Dennoch ließen sich noch einige Probanden durch ein
telefonisches Gespräch zur Studienteilnahme bewegen.
Mangelndes Interesse an wissenschaftlichen Untersuchungen mag bei vielen
ehemaligen Patienten zur Ablehnung geführt haben, eventuell aber auch Angst
und Sorge vor den Studienresultaten.
4.4.2 Stichprobenauswahl
Bei
der
Kontaktierung
zeigten
die
potentiellen
Studienteilnehmer
die
unterschiedlichsten Verhaltensweisen. Einzelne mögliche Probanden zeigten ein
eher inadäquates Verhalten, reagierten situationsunangepasst oder sogar
aggressiv bei der Kontaktaufnahme, so dass der Eindruck entstand, dass
diejenigen,
die
Auffälligkeiten
Persönlichkeitsstörung
leiden,
zeigten
eher
und
dazu
möglicherweise
neigten
die
an
einer
Studienteilnahme
abzulehnen. Andersherum schienen diejenigen, die motiviert an die Studie
herangingen, eher ein sicheres und geregeltes Leben zu führen, gut integriert zu
sein und im Alltag zurechtzukommen. Es könnte insofern zu einer Verzerrung
innerhalb der Stichprobe gekommen sein, dass Probanden, die sich auch sonst
eher kooperativ zeigen, gerne mitarbeiten und wenig Schwierigkeiten im Alltag
haben,
eher
zur
Teilnahme
an
der
Studie
bereit
waren
und
somit
psychopathologische Auffälligkeiten unterrepräsentiert sind
Allerdings gab es auch Probanden, deren Eltern sehr viel daran lag, dass ihre
Kinder an der Studie teilnehmen und denen es gelang, diese davon zu
überzeugen. Möglicherweise gerade deshalb, weil sie noch auffällig erscheinen
und die Eltern eine Abklärung der Psychopathologie wünschen. Dies könnte der
oben genannte Verzerrung innerhalb der Stichprobe wieder entgegen gewirkt
haben. Eine mögliche Verzerrung der Ergebnisse durch die oben beschriebenen
Rekrutierungsprobleme ist jedoch nicht auszuschließen und muss bei der
Betrachtung der Daten berücksichtigt werden.
Seite | 50
Zusammenfassung
5 Zusammenfassung
Psychische Störungen, die bereits in der Kindheit auftreten, gewinnen in der
Diagnostik,
Entwicklung
der
Psychopathologie
und
der
Therapie
einer
Persönlichkeitsstörung im jungen Erwachsenenalter zunehmend an Bedeutung.
Persönlichkeitsstörungen
pathologisches
sind
gekennzeichnet
Verhaltensmuster,
welches
durch
zur
ein
anhaltendes
Beeinträchtigung
des
psychosozialen Funktionsniveaus der Betroffenen führt. Eine der psychischen
Störungen in der Kindheit, die mit der Entwicklung einer Persönlichkeitsstörung im
Zusammenhang zu stehen scheint, ist die neuronale Entwicklungsstörung
Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung
(ADHS),
die
durch
die
drei
Kardinalsymptome verminderte Aufmerksamkeit, mangelnde Impulskontrolle und
übermäßige motorische Unruhe gekennzeichnet ist. Bisher wurde jedoch kein
spezifischer Risikofaktor für die Entwicklung von Persönlichkeitsstörungen bei
Kindern mit ADHS identifiziert.
Die dargestellte Studie untersuchte Probanden zwischen dem 16. und 21.
Lebensjahr (Jahrgang 1989-1994, N=34 aus 196 kontaktierten Personen,
m:w=5:1), bei denen vor dem 14. Lebensjahr die Diagnose einer ADHS gestellt
worden war, auf das Vorliegen einer Persönlichkeitsstörung. Bei allen Patienten
wurde zum Zeitpunkt T1 (vor dem 14. Lebensjahr) in der klinischen Routine die
Psychopathologie und das Verhalten mit den deutschen Versionen der
standardisierten Fremdbeurteilungsbögen Child Behavior Checklist (CBCL,
Elternurteil) sowie der Teacher Report Form (TRF, Lehrerurteil) erfasst. Der TRF
wurde zusätzlich zu den üblichen acht Subskalen in die 4 Skalen Beziehung,
Emotionen, Aufmerksamkeit und Verhalten eingeteilt. 34 Patienten im Alter von
mindestens 16 Jahren wurden zum Zeitpunkt T2 (2010-2011) prospektiv auf das
Vorliegen
einer
Persönlichkeitsstörung
untersucht.
Die
Diagnosen
einer
Persönlichkeitsstörung wurden von 2 unabhängigen Untersuchern mittels des
Structured Clinical Interview for DSM-IV Axis II (SKID-II) gestellt. Probanden mit
einer Persönlichkeitsstörung zum Zeitpunkt T2 wurden mit Probanden ohne eine
Persönlichkeitsstörung im Hinblick auf die totalen, internalisierenden und
externalisierenden T-Werte der zwei Testfragebögen und zusätzlich hinsichtlich
der Skalen Verhalten, Aufmerksamkeit, Emotionen und Beziehung des TRF
verglichen.
Seite | 51
Zusammenfassung
Bei 9 der 34 Probanden (26,5%), bei denen im Kindesalter die Diagnose ADHS
gestellt wurde, bestand nach dem SKID II eine Persönlichkeitsstörung. Im
Vergleich mit der Prävalenz in der Allgemeinbevölkerung (4-10%) ist diese in der
Gruppe ehemaliger ADHS Patienten deutlich höher.
Während der Elternfragebogen CBCL, der zum Zeitpunkt T1 (= Zeitpunkt der
Diagnosestellung der ADHS) erhoben wurde, keinen Unterschied zwischen
Probanden mit und ohne eine Persönlichkeitsstörung erkennen ließ, zeigte sich
beim Lehrerfragebogen TRF ein signifikanter Unterschied: die Gruppe (n=9) mit
einer diagnostizierten Persönlichkeitsstörung zeigte sowohl signifikant höhere TGesamtwerte (Mittelwert 70,3:63,7, p=0,014) als auch erhöhte externalisierende TWerte (Mittelwert 70,3:63,8, p=0,041).
Ein
signifikanter
Unterschied
zwischen
den
Probanden
mit
einer
Persönlichkeitsstörung und Probanden ohne eine Persönlichkeitsstörung zeigte
sich außerdem in den zusätzlich berechneten Skalenwerten im TRF. Die
Probanden mit einer Persönlichkeitsstörung zum Zeitpunkt T2 zeigten mehr
Auffälligkeiten im Verhalten und in der Beziehung zum Zeitpunkt T1 als die
Probanden ohne eine Persönlichkeitsstörung (Mittelwert Verhalten: 6,57:4,29, pWert=0,040;
Mittelwert
Beziehung:
8,71:5,39,
p-Wert=0,047).
Die
Diagnosekriterien nach ICD-10 für das Vollbild einer ADHS wurden zum Zeitpunkt
T2 von keinem Probanden mehr erfüllt. Bei 44,1% der Stichprobe persistierten
jedoch eines oder zwei der Kardinalsymptome einer ADHS. Gesteigerte
Impulsivität war darunter das am häufigsten auftretende Symptom.
Größte Limitation dieser Studie ist der relativ kleine Stichprobenumfang in der
prospektiven Datenerhebung (34 aus 196). Die Rekrutierung ehemaliger Patienten
war einerseits erschwert aufgrund des mehrjährigen Zeitabstands zwischen T1
und T2, zum anderen besteht der Verdacht, dass insbesondere diejenigen
Probanden an der Untersuchung teilnahmen, die zum Zeitpunkt T2 sowohl
psychopathologisch als auch klinisch weniger Auffälligkeiten zeigten.
Externalisierende Verhaltensauffälligkeiten, insbesondere impulsives, hyperaktives
und aufmerksamkeitssuchendes Verhalten, wie es in der Fremdbeurteilung von
Lehrern bei Kindern und Jugendlichen mit ADHS eingeschätzt wird, scheint mit
einer
späteren
Entwicklung
einer
Persönlichkeitsstörung
im
jungen
Erwachsenenalter assoziiert zu sein. Die deutlich erhöhten Prävalenzzahlen
geben Hinweis, dass ADHS ein Risikofaktor für PS zu sein scheint.
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Anhang
Anhang
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1 Übersicht über die Schulbildung der Probanden (n=34), Werte
in Prozent ......................................................................................... 31
Abbildung 2 Verteilung der einzelnen Persönlichkeitsstörungen unter den
Probanden (n=9) zum Zeitpunkt T2, Werte absolut .......................... 33
Abbildung 3 Vergleich von Selbsteinschätzung und Diagnose einer
Persönlichkeitsstörung mittels des klinischen Interviews SKID II,
Werte in Prozent .............................................................................. 33
Abbildung 4 Clusterverteilung der Persönlichkeitsstörungen innerhalb der
Stichprobe ........................................................................................ 35
Abbildung 5 Vorhandensein der Symptomatik einer
Aufmerksamkeits/Hyperaktivitätsstörung innerhalb der Stichprobe
zum Messzeitpunkt T2 ..................................................................... 36
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1
Häufigkeit von Persönlichkeitsstörungen in der Allgemeinbevölkerung
nach dem Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders
(DSM-IV) (Schmeck et al. 2009), Angaben in Prozent ....................... 4
Tabelle 2
Clustereinteilung der Persönlichkeitsstörungen nach dem Diagnostic
and Statistical Manual of Mental Disorders (DSM-IV) ........................ 7
Tabelle 3
Skaleneinteilung der Items des Teacher Report Form-Fragebogens
(TRF) nach Carlson et al. (2009) .................................................... 25
Tabelle 4
Soziodemographische Daten der Stichprobe zum Zeitpunkt T2 ...... 29
Tabelle 5
Diagnosestellung einer Persönlichkeitsstörung innerhalb der
Stichprobe mittels klinischem Interview (SKID-II) ............................. 32
Tabelle 6
Verteilung der Symptome der AufmerksamkeitsdefizitHyperaktiviätsstörung innerhalb der Stichprobe ............................... 36
Seite | 64
Anhang
Tabelle 7
Unterschied der Symptomatik der AufmerksamkeitsdefizitHyperaktivitätsströrung zwischen den Personen mit einer
Persönlichkeitsstörung und Personen ohne eine
Persönlichkeitsstörung ..................................................................... 37
Tabelle 8
Vergleich der Child Behaviour Checklist (CBCL)-Werte zwischen der
Gruppe mit einer Persönlichkeitsstörung und der Gruppe ohne eine
Persönlichkeitsstörung ..................................................................... 38
Tabelle 9
Unterschiede zwischen Teacher Report Form (TRF)-Werten und der
Entwicklung einer Persönlichkeitsstörung ........................................ 38
Tabelle 10
Mittelwertvergleich zwischen den Personen mit und ohne eine
Persönlichkeitsstörung bezüglich den Skalenwerten nach Carlson . 39
Seite | 65
Danksagung
An dieser Stelle möchte ich all jenen danken, die durch ihre fachliche und
persönliche Unterstützung zum Gelingen dieser Dissertation beigetragen haben.
In erster Linie bedanke ich mich herzlich bei Frau Prof. Dr. A. Ludolph für die
Einbindung in die Studie sowie für die Betreuung und die mühevolle Korrektur der
Arbeit.
Ein ganz besonderer Dank gilt Herrn Dr. M. Allroggen für seine hervorragende
Betreuung und Unterstützung während der gesamten Zeit. Er gab mir wertvolle
inhaltliche Anregungen und Inputs ohne die diese Arbeit nicht möglich gewesen
wäre.
Herzlich bedanken möchte ich mich auch bei Frau Dr. T. Rau, die mir mit viel
Motivation in allen statistischen Belangen zur Seite stand und mich mit zahlreichen
Tipps unterstützte.
Ein großer Dank geht an meine Schwester Natalie und meinen Freund Alexander,
die für mich immer erreichbar waren und mich mit viel emotionalem Beistand
begleitet haben.
Nicht zuletzt danke ich meinen Eltern, die mir mein Studium ermöglicht haben und
mir zu jeder Zeit großen Rückhalt gegeben haben.
Seite | 66
Lebenslauf
Janine Knupfer
geboren am 20.09.1987 in Riedlingen
Berufliche Erfahrung
Seit 01/2014
Tätigkeit als Assistenzärztin in der
Abteilung Dermatologie und Venerologie
am Bundeswehrkrankenhaus Ulm
Hochschulstudium
20.11.2013
Approbation als Ärztin
10/2009-11/2013
Studium der Humanmedizin an der
Universität Ulm,
Abschluss: 2. Staatsexamen
10/2007-10/2009
Studium der Humanmedizin an der
Ludwig-Maximilian-Universität München
Abschluss: 1. Staatsexamen (Physikum)
Schulbildung
1998-2007
Kreisgymnasium Riedlingen
Abschluss: Abitur
1994-1998
Münsterschule (Grundschule) Zwiefalten
Ulm, den 15.1.2015
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