Mess- & Prüftechnik Ka ltstart Mobile KaltstartMessungen zur ­Beurteilung des Einspritztimings Startapplikation und Anpassung von Start-Stopp-Systemen erfordern eine gesonderte Betrachtung der einzelnen Zünd- und Einspritzvorgänge. Der Zulieferer Bosch hat das Motor-Kaltstart-Messsystem MKAS in Kooperation mit dem Messtechnikspezialisten imc / Additive so weiterentwickelt, dass mit der Generation II ein hocheffizientes Messgerät nebst Auswertesoftware zur Verfügung steht, um motorische Stellgrößen extern und unabhängig von der Motorsteuerung zu erfassen und aufzubereiten. 32 autoren Dipl.-Ing. (FH) Gert Schüttler ist Applikationsingenieur für ­F ahrzeugfunktionen und ­P rojekt­leiter der MKAS-II-Entwicklung im ­Produktbereich DGS der Robert Bosch GmbH in Stuttgart. Dipl.-Ing. Hans-Jörg Dehren ist Entwicklungsingenieur für ­Planung und Aufbau von ­Prüfstandsmesstechnik an ­Fahrzeug- und Motorprüfständen ­sowie für die Entwicklung von ­Sondermessgeräten im Produkt­ bereich DGS der Robert Bosch GmbH in Stuttgart. Dipl.-Ing. (FH) Detlef Böhne ist Projektingenieur und Gruppen­leiter im Bereich Applikation bei der Additive GmbH in Friedrichsdorf/Taunus. Globale EmissionsAnforderungen Das Bestreben nach umweltschonenden Lösungen im Automobilbau führt zu einer stetigen Verschärfung der Anforderungen an das Emissionsverhalten von Verbrennungsmotoren. Neben dem abgasoptimalen Start erfordern Start-Stopp-Systeme eine gesonderte Betrachtung der einzelnen Zündund Einspritzvorgänge. Gleichzeitig steigen die Anforderungen bezüglich einer möglichst breiten Abdeckung verschiedenster Kraftstoffarten und -qualitäten. Dem Mo­­ torstart kommt daher eine zunehmende Bedeutung zu: Er muss unter allen Rahmenbedingungen zuverlässig und möglichst emissionsarm gewährleistet sein. Die Robert Bosch GmbH bietet als Systemlieferant innovative und für den jeweiligen Einsatz maßgeschneiderte Lösungen an, bestehend aus aufeinander abgestimmten Einzelkomponenten, dem Motorsteuergerät Motronic und einer innovativen Steuergeräte-Software. Darüber hinaus bietet Bosch die Parametrierung der Steuergerätefunktionen als Dienstleistung für seine Kunden an: Erfahrene Bosch-Experten applizieren und erproben das Einspritzsystem weltweit unter Berücksich­ tigung der lokalen Marktanforderungen. Um den gestiegenen Anforderungen bei der Applikation des Motorstarts Rechnung zu tragen, hat der Zulieferer Bosch das bewährte Kaltstart-Messsystem MKAS in Kooperation mit dem Messtechnikspezialisten imc/Additive weiter entwickelt. Mit MKAS-II, ❶, steht in zweiter Generation ein hocheffizientes Messsystem nebst Auswertesoftware zur Verfügung, mit dem es möglich ist, motorische Stellgrößen extern und unabhängig von der Motorsteuerung zu erfassen und aufzubereiten. Richtige Darstellung der MessgröSSen Das Messsystem MKAS ist für die Start­ applikation unverzichtbar geworden, weil nur ein hochaufgelöstes Drehzahlsignal in Verbindung mit dem Einspritztiming und den Ventilsteuerzeiten eine genaue Beurteilung des Motorstarts zulassen. Neben der schnellen Messdatenerfassung ist die Darstellung der aufgezeichneten Größen für die Beurteilung des Startvorgangs be­­ sonders wichtig. Durch die Aufteilung in zwei untereinander angeordnete Messfenster, in denen analoge und digitale Messgrößen dargestellt werden, erhält der Applikationsingenieur eine aussagekräftige Visualisierung der wichtigsten Ereignisse. Erst damit wird es möglich, die Güte des Mo­­ torstarts zu beurteilen. Moderne Verbrennungsmotoren erfordern aufgrund der erhöhten Anzahl an Freiheitsgraden eine Anpassung des Messsystem-Funktionsumfangs. Außerdem machten Kompatibilitätsprobleme mit aktuellen PCs und die Abkündigung der verwendeten elektronischen Bauteile eine Neuentwicklung des Messsystems und der zugehörigen Auswertesoftware unumgänglich. Applikation an bis zu acht Fahrzeugen Die neue Messsystem-Generation MKAS-II wird im Hause Bosch bei jeder Startap­ plikation sowohl im Prüfstandsbetrieb als auch bei Erprobungsfahrten eingesetzt. Dabei kommen die Stärken des mobilen ❶Hocheffizientes Messsystem MKAS-II nebst Auswertesoftware zur Messung und Analyse motorischer Stellgrößen April 2011 Automotive Engineering Partners 33 Mess- & Prüftechnik Ka ltstart Messsystems besonders zum Vorschein. So können mit einem Gerät Startmessungen effizient an bis zu acht Fahrzeugen auf einer Erprobungsfahrt nacheinander aufgezeichnet werden. Das Messsystem muss nur einmal parametriert und mit einer Messkonfiguration vorbereitet werden. Ist das erste Fahrzeug gestartet, kann das Mess­ system im laufenden Betrieb vom Kabelbaum getrennt und mit dem Kabelbaum des zweiten Fahrzeugs verbunden werden. Während dessen führt ein Versuchsingenieur mit dem ersten Fahrzeug eine Kaltabfahrt durch. Das Wechseln zwischen den Fahrzeugen kann besonders schnell erfolgen, da alle Signalleitungen über einen Zentral­ stecker zusammengeführt sind, ❷. Eine Neukonfiguration des Geräts ist nicht notwendig, die Zuordnung zwischen Messung und Fahrzeug erfolgt über einen Ko­­ dierschalter im Zentralstecker. Sind alle Fahrzeuge ge­­startet, wird MKAS-II mit dem Laptop verbunden und die Messungen heruntergeladen. Bei jedem Kopiervorgang wird der Fahrzeugcode abgefragt und durch die Pa­­rametrierungssoftware automatisch dem entsprechenden Fahrzeug zugeordnet. Damit wird ein hocheffizienter Arbeitsablauf speziell in Erprobungssituationen gewährleistet. Die Analyse der Messdaten erfolgt offline mit Hilfe der maßgeschneiderten Auswertesoftware. Dabei können die Messungen schnell und einfach miteinander verglichen werden. Die zylinderindividuelle Dar­ stellung des Einspritztimings und der Ventilsteuerzeiten ermöglicht die Festlegung der optimalen Start-Applikationsdaten. Zur Dokumentation steht eine Funktion zur Verfügung, die Grafik und Kommentar in eine PDF-Datei exportiert. Die Erweiterung des Funktionsumfangs zielte vor allem auf Motoren mit Direkteinspritzung und Start-Stopp-Systeme. Um das Optimum bezüglich Abgasemissionen und gleichzeitig möglichst kurze Startzeiten zu erzielen, müssen neben den MKASII-Messgrößen auch Signale aus dem Steuergerät gemessen und mit den MKAS-IIMessgrößen synchronisiert werden. In der kurbelwinkelbasierten Darstellung lässt sich der Zeitpunkt der frühestmöglichen Einspritzung besonders einfach erkennen. Der Synchronisationsstatus und die Freigabe von Einspritzung und Zündung in der Mo­­ torsteuerung können über den Import der Steuergerätemessung bestimmt werden. 34 ❷Schneller Wechsel zwischen bis zu acht Fahrzeugen, weil alle Signalleitungen über einen Zentralstecker ­zusammengeführt sind Hardware der Messtechnik Messungen unter zum Teil speziellen Um­­ weltbedingungen wie Hitze und Kälte verlangen entsprechend robuste Messsysteme. Dies gilt insbesondere bei Kaltstartmessungen in Versuchsfahrzeugen. Die MKAS-IIHardware basiert auf dem kompakten, ro­­ busten und mobilen Messgerät Cronos-SL der imc Meßsysteme GmbH [1]. Das Gerät ist sehr robust und zugleich kompakt und somit bestens geeignet für die mobile An­­ wendung in rauen Umgebungen. Signalkonditionierung, Analog-Digi­tal(AD)-Um­­ setzung, Online-Verrechnung und Datenspeicherung sind integrale Be­­standteile des Messgeräts. Somit steht für das KaltstartMesssystem MKAS-II von Bosch ein hocheffizientes Messgerät zur Verfügung. Das Messsystem MKAS-II misst im Standalone-Betrieb und ist somit autark ohne PC einsetzbar. Ein interner Akku gleicht den Spannungseinbruch der Fahrzeugbatterie während des Starts durch ein smartes Netzteil aus. Bleibt die Energieversorgung für längere Zeit ausgeschaltet, dann wird das Gerät aus einem eingebauten Akku gespeist, der Kapazität für 45 min bei 20 °C bereitstellt. Bei Unterschreiten einer definierten Akkuspannung sichert das Messsystem automatisch alle Daten und schaltet sich aus. Bei Zuschalten der Versorgungsspannung startet das Messsystem selbstständig und ist sofort wieder einsatzfähig. Insgesamt stehen 32 isolierte analoge Eingangskanäle zur Verfügung, womit sich Motoren bis zu zwölf Zylindern vermessen lassen. Dabei stehen acht Kanäle zur freien Verfügung; hierüber kann der Anwender Messgrößen wie Temperaturen, Druck usw. individuell messen. Zudem steht eine CAN-Bus-Schnittstelle zum Einlesen von weiteren Kanälen zur Verfügung. Auf dem internen FlashSpeicher lassen sich zirka 200 Kaltstartmes­ sungen speichern. Zur Kommunikation zwischen MKAS-II und PC wird die Ethernet-Schnittstelle mit dem TCP/IP-Protokoll benutzt. Kaltstartmessungen können somit schnell mit dem PC ausgelesen werden. Die MesssystemHardware kommt ohne Lüfter aus – die Kühlung erfolgt passiv über die in die Ge­­ häuseseite integrierten Kühlrippen, die gleichzeitig als Transportgriffe dienen. Weiterhin vereint das Messsystem alle weiteren benötigten Hardwarekomponenten in einem Modul. Dies wurde durch die Umstellung von einem digitalen auf ein analoges Messverfahren erreicht, wo­­ durch auf eine externe Signalaufbereitung verzichtet werden kann. Dadurch konnte der Platzbedarf im Fahrzeug zusätzlich reduziert und die Übersichtlichkeit bei der Einrichtung und Inbetriebnahme des Systems verbessert werden. Gegenüber dem MKAS-II-Vorgänger ist das Gehäusevolumen um 35 % geschrumpft. Das Messsystem wird über den Kabelbaum des Motorsteuergeräts direkt mit den Aktuatoren verbunden, sodass die tatsächlichen Ansteuersignale aufgezeichnet werden können. Das analoge Messverfahren liefert die Signale von Zündung und Einspritzung ohne Informationsverlust. Dadurch lassen sich die Einspritzdauer und der Zündzeitpunkt exakt bestimmen. Die Schwellen zur Auslösung lassen sich einfach auf verschiedenste Einspritz- und Zündanlagen anpassen. Außerdem erleichtert das Analogsignal im Fehlerfall die Suche nach der Fehlerursache. Auswertung der Messdaten Die Darstellung der MKAS-II-Messdaten erfolgt über eine Applikation des grafischen Auswerteprogramms Famos von imc/Ad­­ ditive in einem Kurvenfenster. Dabei können sowohl Messsignale als auch berechnete Signale im gleichen Fenster dargestellt werden. Die Auswertung erfolgt ebenfalls über das imc/Additive-Programm, wobei die Messsignale wie Zündung, Einspritzung oder Drehzahlgeber abhängig von den Motorparametern aufbereitet werden. Neue Signale, wie zum Beispiel die Öffnungszeiten der Ein- und Auslassventile, werden mit Hilfe der Geometrie des Drehzahlgeberrades berechnet und als virtuelle Messkanäle in die Messdaten eingefügt. Die durch die Phasenverschiebung der Einlassnockenwelle hervorgerufene Änderung der Ventilöffnungszeiten kann optional durch eine Winkelkorrektur berücksichtig werden. Um die Einspritzmenge zu beurteilen, wird die Einspritzdauer aus dem Ansteuersignal der Einspritzventile berechnet. Bei Mo­­ toren mit Benzindirekteinspritzung besteht die Möglichkeit, die Einspritzmenge mit Hilfe des Raildrucks und der Ventilkonstante zu berechnen. Für die Auswertung des Drehgeberrades werden Zähnezahlen von 18 bis 120 Zähne pro Umdrehung, Lücken mit ein bis drei Zähnen sowie Ge­­ berräder mit zwei Lücken (symmetrisch oder unsymmetrisch) unterstützt. Durch die Verwendung des Auswerteprogramms und den modularen Aufbau der Software können spezielle Anpassungen an allen Rechenfunktionen vorgenommen werden. Die Berechnungen sind in einzelne Sequenzen aufgeteilt, wodurch eine nachträgliche Erweiterung des Funktionsumfangs ebenfalls möglich ist. In ❸ ist eine Messdatenanalyse mit der MKAS-II-Software dargestellt. Die einzelnen Messungen (1) werden aus einer Liste ausgewählt. Dadurch ist ein schneller Vergleich der Kaltstarts möglich. Die Darstellung ist in mehrere Bereiche aufgeteilt: Signale pro Zylinder (5) und pro Motor sowie ein freier Block für Mess- und Rechensignale (7). Durch einfache Auswahl der SigApril 2011 Automotive Engineering Partners Höhen-Temperatur- Prüfkammer Geprüfte Technik auf allen Straßen der Welt Das Spektrum der Möglichkeiten Prüfanlagen für Klima, Korrosion und Bewitterung, für das Prüfen von elektrischen, elektronischen und mechanischen Komponenten, Anlagen für Motoren- und Emissionstests in jeder Größenordnung und Ausbaustufe nach Maßgabe nationaler und internationaler Richtlinien und Gesetze für die Prüftechnik im Automobilbau. 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Ausgewählte Signale werden im Kurvenfenster bei den Messsignalen (7) in ③ dargestellt. Über die intuitiven Funktionen für Verschieben und Zoomen (8) in ③ kann der Bereich der Darstellung verändert werden. Die Schalter (6) ändern die Darstellung zwischen Zeitachse und Winkelachse. Messungen sind im Kurvenfenster mit zwei Cursors gleichzeitig über alle Bereiche mög- lich. Es werden der Zeitpunkt, die Zeitdifferenz und der Messwert an der Cursorposition in einer Liste sortiert in der Darstellungsfolge ausgeben. Zusammenfassung Die neue Generation des Messsystems MKAS-II von Bosch liefert die wichtigsten Informationen zum Kaltstart auf einen Blick. Die Neuentwicklung des seit Jahren bewährten Messsystems präsentiert sich sowohl in Hardware als auch in Software deutlich verbessert. Es basiert auf der Messtechnik des robusten und mobilen Messgeräts Cronos-SL der imc Meßsysteme GmbH. Durch die Umstellung des digitalen auf ein analoges Messverfahrens reduzieren sich Rüstzeit als auch Platzbedarf im Fahrzeug. Die Auswertesoftware auf der Basis von Famos (imc/Additive) bietet deutlich mehr Möglichkeiten. Auswertungen von Kaltstartmessungen lassen sich flexibel gestalten, neue Funktionen sind einfach zu integrieren. Literaturhinweis ❹Dialog zur Synchronisierung der Zeitachse der Inca-Daten über den Spannungseinbruch der Fahrzeug­ batterie während des Kaltstarts 36 [1] imc Meßsysteme GmbH (Hrsg.): Cronos-SL – Überall dort, wo ein PC versagt. www.imc-berlin.de, Produkte, Cronos-SL – robust. Webaufruf vom 21. Februar 2011