Neurodegenerative Erkrankungen des zentral−motorischen

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Neurodegenerative Erkrankungen des zentral−motorischen Systems in der MRT
Neurodegenerative Erkrankungen des
zentral−motorischen Systems in der MRT
Neurodegenerative Diseases of the Central Motor System in MRI
Zusammenfassung
Neurodegenerative Erkrankungen des zentral−motorischen Systems führen oft nur zu geringen (aber funktionell be−
deutsamen) Veränderungen an unterschiedlichen Teilen des Hirnparenchyms. Die MRT ist die sensitivste Methode
zur Darstellung solcher Veränderungen. In diesem Beitrag werden verschiedene neurodegenerative Erkrankungen
mit ihren wichtigsten klinischen Merkmalen und MRT−Befunden vorgestellt. Differenzialdiagnostisch nützliche Kri−
terien werden angegeben.
Abstract
Neurodegenerative diseases of the central motor system often lead to discrete but functionally important
parenchymal abnormalities in various parts of the brain. MRI is the most sensitive imaging method to detect
these abnormalities. Various neurodegenerative diseases are presented with their clinical symptoms and MRI
K. Alfke
Sektion Neuroradiologie,
Klinik für Neurochirurgie,
Universität Kiel
findings. Criteria for differential diagnosis are provided as well.
Key words
Neurodegeneration; Motor system; MR imaging; Parkinson disease; Atypical
schen Systems einhergehen. Dazu gehört die
Einleitung
Waller−Degeneration als ¹Urform“ eines degene−
rativen Prozesses, bei dem ein eindeutiger Zu−
Bei neurodegenerativen Krankheitsprozessen ge−
sammenhang zwischen Ursache und Wirkung
hen funktionsfähige Neurone zugrunde und wer−
besteht. Bei der dann folgenden hypertrophen
den durch funktionell minderwertiges Gewebe,
Olivendegeneration ist dieser Zusammenhang
z. B. gliales Narbengewebe, ersetzt. Die Einteilung
schon komplexer, aber mit Hilfe der Kenntnis
und Klassifikation neurodegenerativer Erkrankun−
neuroanatomischer Regelkreise noch verständ−
gen kann nach klinischen, genetischen oder pa−
lich. Die eigentliche Ursache vieler weiterer, da−
thologisch−histologischen Kriterien erfolgen. Die
eigentlichen Ursachen der Erkrankungen sind da−
bei häufig nicht bekannt. Für den klinisch tätigen
nach diskutierter Erkrankungen ist unklar.
´ Der zweite Abschnitt umfasst den Morbus Par−
kinson mit seinen Differenzialdiagnosen.
Kollegen, meist den Neurologen, stellt die radiolo−
gische Bildgebung einen wichtigen Baustein in der
Die einzelnen Erkrankungen werden definiert bzw.
Diagnostik und bei der Verlaufskontrolle neurode−
mit Blick auf Epidemiologie, wichtigste klinische
generativer Erkrankungen dar. Der Nachweis typi−
Symptome, Therapie und Pathologie kurz darge−
scher Hirnveränderungen kann wegweisend sein
stellt. Anschließend werden die typischen MRT−
für die weitere Behandlung, auch wenn noch viele
Befunde beschrieben und Differenzialdiagnosen
dieser Erkrankungen nur symptomatisch thera−
aufgezählt. Nuklearmedizinische Verfahren wie
piert werden können.
Positronenemissionstomographie (PET) und Sing−
le−Photon−Emissions−Computer−Tomographie
Dieser Artikel gliedert sich in zwei Abschnitte:
(SPECT) leisten einen wichtigen Beitrag zur diffe−
´ Zuerst werden unterschiedliche Erkrankungen
renzialdiagnostischen Abklärung bestimmter neu−
zusammengefasst, die jeweils mit degenerativen
rodegenerativer Erkrankungen, sollen hier aber nur
Veränderungen an Teilen des zentral−motori−
kurz erwähnt werden.
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Neurodegenerative Erkrankungen des zentral−motorischen Systems in der MRT
MRT bei neurodegenerativen
Erkrankungen
ren und sagittalen Aufnahmen. Distal einer in der
Regel deutlichen Parenchymläsion tritt im Verlauf
von Faserbahnen, z. B. der Pyramidenbahn, eine
Bedeutung. Die MRT ist das sensitivste bildgeben−
Hyperintensität in T2w Aufnahmen auf (Abb. 1).
de Verfahren zum Nachweis der häufig nur gerin−
Diese Hyperintensität zeigt sich nach 5 ± 12 Wo−
gen, durch die Bildgebung fassbaren neurodegene−
chen, und nach 8 ± 12 Monaten kommt eine Atro−
rativen Veränderungen des Hirns. Die CT kann mit
phie hinzu.
dem Nachweis von Verkalkungen zusätzliche In−
formationen liefern.
Differenzialdiagnose. Tumoren mit ausgedehn−
tem perifokalem Ödem bzw. einer mikroskopi−
Morphologie. Die Degeneration führt meist zu
schen Infiltration des umgebenden Hirnparen−
Narbenbildung und Atrophie, was sich durchweg
chyms wie bei höhergradigen Gliomen können sich
in nur flauen Signalveränderungen und einer
von supratentoriell entlang der Pyramidenbahn in
Hirnvolumenminderung zeigt. Der Nachweis einer
Hirnschenkel und Hirnstamm ausdehnen, was
pathologischen Kontrastmittelanreicherung als
ebenfalls als Hyperintensität in T2w Bildern er−
Zeichen einer gestörten Blut−Hirn−Schranke ist bei
scheint.
keiner der unten aufgeführten Erkrankungen zu
erwarten. Eine Kontrastmittelgabe ist also nur zum
Ausschluss anderer Krankheiten sinnvoll. Das
empfohlene MRT−Protokoll bei neurodegenerati−
ven Erkrankungen ist in Tab. 1 dargestellt.
Diese Tumoren können von der Waller−Degenerati−
on durch die ödematöse Volumenzunahme der Py−
ramidenbahn und den raumfordernden Tumor im
supratentoriellen Verlauf der Pyramidenbahn im
Gegensatz zur chronischen, raumgebenden Läsion
bei der Degeneration unterschieden werden.
Waller−Degeneration
Nach einer Tumoroperation mit größeren an die
Definition. Werden Axon und Markscheide durch
Corona radiata oder Pyramidenbahn angrenzen−
eine Läsion vom ernährenden Perikaryon getrennt,
den Substanzdefekten kann die Unterscheidung
degeneriert ihr anterograder Anteil distal der Läsi−
zwischen einer Waller−Degeneration und einer
on (Waller−Degeneration). Verletzte periphere
progredienten, mikroskopischen Tumorinfiltration
Nerven können sich entlang ihrer erhaltenen Peri−
allerdings schwierig sein.
neuralscheide regenerieren. Im ZNS bleibt dagegen
eine Glianarbe zurück. Eine typische Waller−Dege−
Hypertrophe Olivendegeneration
neration im ZNS entsteht z. B. durch einen ischä−
mischen Infarkt mit Beteiligung der Pyramiden−
Definition. Nach einer Läsion im Guillain−Molla−
bahn.
ret−Dreieck (Abb. 2) kommt es mit einer Latenz von
ungefähr 3 Monaten (mehrere Wochen bis mehre−
MRT−Befunde. Aufgrund der engen Nachbarschaft
re Monate) zu einer sekundären Degeneration des
der parallel ausgerichteten Axone ist die Degene−
Nucleus inferior der Olive. Häufige Ursachen sind
ration deutlich erkennbar, besonders auf korona−
ein ischämischer Infarkt oder eine Blutung mit Be−
teiligung des pontinen Tegmentums; hierbei wird
Tab. 1
MRT−Protokoll bei neurodegenerativen Erkrankungen
MRT−Protokoll
Beachte
´ Doppelecho mit T2− und protonendichtegewichteten Aufnahmen axial
´ FLAIR−Aufnahmen, z. B. sagittal
´ T1w Aufnahmen (ggf. vor und nach Kontrastmittelgabe), z. B. koronar
´ Bei Turbospin−Echo−Sequenzen Verwendung eines geringen Turbofaktors
´
zur Optimierung der Echozeit (TE) zum Nachweis auch geringer Signal−
veränderungen im Parenchym.
Variation der Schichtführung je nach Fragestellung (z. B. sagittale Aufnahmen
zum Nachweis einer Pons−Atrophie).
die zentrale Haubenbahn geschädigt. Auch ein
chirurgischer Resektionsdefekt, z. B. nach Entfer−
nung eines Hirnstammkavernoms oder eines kind−
lichen Kleinhirntumors, kann die Ursache sein.
Klinik. Kontralateral zur Olivendegeneration ent−
steht ein Gaumensegeltremor mit rhythmischen
Zuckungen des weichen Gaumens einer Frequenz
von 2 ± 3 Hz. Der Tremor persistiert typischerweise
Optional
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in Abhängigkeit von der Fragestellung
T2*w Aufnahmen (Verkalkungen?)
T2w Aufnahmen feinschichtig (2 ± 3 mm Schichtdicke, 512er−Matrix), z. B. für
Hirnstamm oder Basalganglien
DWI (mit Berechnung des ADC)
Magnetresonanzspektroskopie
´
´
´
´
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über Jahre.
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Abb. 1 Waller−Degeneration nach Linsenkerninfarkt. a Eine
T2w transversale (axiale) Schicht auf Höhe der Stammgan−
glien mit einem frischen Linsenkerninfarkt rechts. Dieser
stellt sich aufgrund des Ödems hyperintens und leicht
raumfordernd dar. Der hintere Schenkel der rechten Capsula
interna und damit die Pyramidenbahn ist mit betroffen. Eine
weitere Schicht auf Höhe der Hirnschenkel zeigt die Pyrami−
denbahn beidseits normointens. b Serie T2w transversaler
(axialer) Aufnahmen ein Jahr nach dem Linsenkerninfarkt
mit Entwicklung einer Waller−Degeneration im Verlauf der
rechten Pyramidenbahn, die als T2−hyperintense Signalver−
änderung von der Höhe der Infarktnarbe bis hinunter in die
Pyramidenbahnkreuzung nachweisbar ist.
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Neurodegenerative Erkrankungen des zentral−motorischen Systems in der MRT
Abb. 2 Die Grafik sym−
bolisiert das Guillain−
Mollaret−Dreieck: Die
Bahnen ziehen vom Nu−
cleus dentatus über den
oberen Kleinhirnstiel im
Tractus dentatorubralis
zum kontralateralen
Nucleus ruber, von hier
über den Tractus teg−
mentalis centralis (zen−
trale Haubenbahn) zur
ipsilateralen Olive und
über den Tractus olivo−
cerebellaris über den
unteren Kleinhirnstiel
und die kontralaterale
Kleinhirnrinde wieder
zurück zum Ausgangs−
punkt, dem Nucleus
dentatus.
Differenzialdiagnose. Neben der beschriebenen
symptomatischen Olivendegeneration, die in Ab−
hängigkeit vom Läsionsort ein− oder beidseitig
entsteht, gibt es auch eine idiopathische Form, die
keine ursächliche Läsion erkennen lässt, sowie
eine Assoziation mit anderen neurodegenerativen
Erkrankungen wie der Multisystematrophie (MSA)
und der progressiven supranukleären Parese (PSP)
[2] (s. u.).
Pathologie. Die Hypertrophie entsteht zunächst
Amyotrophe Lateralsklerose (ALS)
durch eine Schwellung von Neuronen der Olive
und durch Ausbildung von Vakuolen. Im Verlauf
Epidemiologie. Die Prävalenz beträgt 6 ± 10 auf
von Jahren erfolgt eine Demyelinisierung von Axo−
100.000 Einwohner, wobei Männer häufiger be−
nen, eine Atrophie mit Verlust von Neuronen und
troffen sind als Frauen (Verhältnis 3 : 1). Über 90 %
eine gliöse Narbenbildung.
der Erkrankungen treten sporadisch auf, autoso−
mal dominante und rezessive Formen sind selten.
MRT−Befunde. Im Frühstadium zeigt sich zunächst
Die ALS tritt auch als Paraneoplasie auf, am häu−
eine T2−Hyperintensität ventral in der Medulla
figsten bei Bronchial−, Prostata− oder Mammakar−
oblongata auf Höhe der betroffenen Olive. Im Ver−
zinomen sowie bei lymphoproliferativen Erkran−
lauf von Wochen ist dann in diesem Areal eine Vo−
kungen.
lumenzunahme durch Schwellung des unteren
Olivenkerns nachweisbar [1]. Die ursächliche Läsi−
Klinik/Therapie. Der Erkrankungsbeginn liegt
on innerhalb des Guillain−Mollaret−Dreiecks, z. B.
zwischen dem 40. und 60. Lebensjahr. Frühzeichen
ein tegmentaler Infarkt oder eine kleine Hirn−
sind Faszikulationen einzelner Muskeln, häufig
stammblutung, wird sich aufgrund der langen La−
auch der Zunge. Gemischt schlaffe und spastische
tenz bis zum Auftreten der olivären Degeneration
Paresen und Muskelatrophien kommen hinzu. Zei−
als Narbe darstellen (Abb. 3). Die Hypertrophie der
chen einer bulbären Störung sind Schluck− und
Olive kann nach Jahren wieder zurückgehen. Die
Sprachstörung. Zwangslachen und Zwangsweinen
hyperintensen Signalveränderungen in den T2w
können ebenfalls auftreten. 80 % der Patienten ver−
Aufnahmen bleiben aber entsprechend der Ausbil−
sterben innerhalb von 3 Jahren, häufig an einer In−
dung einer Narbe lebenslang erhalten.
suffizienz der Atemmuskulatur. Riluzol soll die
Abb. 3 Sekundäre hypertrophe Olivendegeneration nach Hirnstammblutung. a Eine transversale (axiale) T2w und eine koronare T2*w Schicht
zeigen Reste einer 5 Monate zuvor aufgetretenen Hirnstammblutung. Die Blutabbauprodukte stellen sich in beiden Bildern als Suszeptibilitätsarte−
fakte in der rechten Hälfte des pontinen Tegmentums dar. Der Patient hatte im Verlauf einen Gaumensegeltremor links entwickelt. b Im T2w trans−
versalen (axialen) Schichtbild der Medulla oblongata erkennt man die im Verlauf entstandene sekundäre hypertrophe Olivendegeneration rechts als
hyperintense Schwellung. Sie ist Folge der Schädigung der zentralen Haubenbahn rechts auf Höhe der Blutung.
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Überlebenszeit verlängern. Die Therapie ist rein
lamus, dem Hippocampus und an der Pars reticu−
symptomatisch, sie kann in der Spätphase auch in
laris der Substantia nigra.
einer Langzeitbeatmung bestehen.
MRT−Befunde. Die relativ symmetrische Atrophie
Pathologie. Es besteht eine Degeneration des 1.
des Striatums zeigt sich am besten bei koronarer
und 2. Motoneurons im Motorkortex, im Verlauf
Schichtführung. Der Nucleus caudatus flacht sich
der Pyramidenbahn, im Hirnstamm und auch spi−
zunehmend ab, die Seitenventrikel weiten sich
nal.
entsprechend auf (Abb. 5 u. 6). In FLAIR− und
T2−gewichteten Aufnahmen kann das Striatum
MRT−Befunde. Entsprechend der Motoneuronde−
hyperintens sein. Bei Verlaufskontrollen sind die
generation mit Gliosen und Demyelinisierung fin−
Befunde über Jahre progredient. Die Magnetreso−
det sich in T2w Aufnahmen ein hyperintenses Sig−
nanzspektroskopie zeigt in den Stammganglien
nal im Verlauf der Pyramidenbahn in der Corona
schon früh eine Reduktion von N−Acetylaspartat
radiata, der Capsula interna und in Hirnschenkeln
(NAA) und einen leichten Anstieg von Cholin (Cho).
und Hirnstamm (Abb. 4) [3]. Eine Atrophie mit Vo−
Zusätzlich kann Creatin (Cr) reduziert und Lactat
lumenminderung kann nachweisbar sein, auch am
erhöht sein.
Myelon. Nebenbefundlich können asymmetrische
Muskelatrophien der Zunge zu beschreiben sein.
Differenzialdiagnose. Choreatiforme Bewegungs−
störungen können auch durch entzündliche, in−
Differenzialdiagnose. Klinisch bestehen in der
fektiöse, vaskuläre, hypoxische und toxische Läsio−
Frühphase Ähnlichkeiten mit der spinalen
nen vom Nucleus caudatus und dem gesamten
Muskelatrophie, der zervikalen Myelopathie und
Striatum entstehen, z. B. durch lakunäre Infarkte.
anderen Erkrankungen des motorischen Systems.
In Abhängigkeit von der Läsion ist auch eine ein−
seitige Symptomatik (Hemichorea) möglich
Chorea Huntington
(Abb. 7 u. 8) [4, 5]. Die Chorea minor Sydenham
befällt typischerweise Mädchen im Schulalter als
Epidemiologie. Die Prävalenz dieser Erkrankung
parainfektiöse Erkrankung mit guter Prognose.
liegt bei 4 ± 7 auf 100.000 Einwohner. Der Erbgang
Weitere Erkrankungen sind unter anderem die
ist autosomal dominant mit vollständiger Pene−
Chorea gravidarum, die Choreoakanthozytose. Eine
tranz. Das Gen liegt auf dem kurzen Arm des Chro−
relativ symmetrische Striatumatrophie kann nach
mosoms 4 und kann bei Merkmalsträgern erkannt
hypoxischen oder entzündlichen Läsionen nach−
werden.
weisbar sein, schreitet aber nicht fort.
Klinik/Therapie. Die Erkrankung manifestiert sich
jenseits des 40. Lebensjahres und hat häufig einen
letalen Ausgang nach 10 ± 20 Jahren. Zum Vollbild
Die Differenzialdiagnose gelingt über die abwei−
chende Klinik, die genetische Untersuchung und
bei symptomatischen Formen in der Bildgebung
über den Nachweis einer ursächlichen Läsion.
gehört eine Trias aus
´ choreatiformer Bewegungsstörung mit plötzlich
einschießenden Bewegungen von Armen und
Morbus Fahr
Beinen, Grimassieren, bizarren Körperhaltungen,
´ Verhaltensauffälligkeiten mit Enthemmung und
impulsiven Handlungen und
´ kognitiver Verschlechterung bis zur Demenz.
Epidemiologie. Es gibt idiopathische sporadische
und familiäre (autosomal rezessive oder dominan−
te) Formen sowie symptomatische Formen bei Hy−
po− und Pseudohypoparathyreoidismus.
Eine Heilung ist nicht möglich, es gibt aber Versu−
che mit neuroprotektiven Medikamenten.
Klinik/Therapie. Ungefähr in 40 % Zufallsbefund
Pathologie. Eine Atrophie mit Verlust von Neuro−
sind demenzieller Abbau und extrapyramidale
nen wird teilweise begleitet von einer Astrozytose.
Bewegungsstörungen möglich. Letztere können
der Verkalkungen im ZNS ohne Symptome. Sonst
Die Atrophie ist am ausgeprägtesten im Nucleus
begleitet werden von Parkinsonismus, Chorea,
caudatus, Putamen und Pallidum, sie ist aber auch
Dystonie, Athetose oder zerebellärer Ataxie.
nachweisbar an den Frontallappen, dem Hypotha−
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Abb. 4 Amyotrophe
Lateralsklerose (ALS).
a ± d Transversale T2w
Bilder eines Patienten
im Frühstadium einer
ALS zeigen eine flaue
seitensymmetrische
Hyperintensität der
Pyramidenbahn in Co−
rona radiata, Capsula
interna und Hirnschen−
kel. e Auch in der sagit−
talen FLAIR−Aufnahme
stellt sich die Pyrami−
denbahn in der Corona
radiata flau hyperintens
dar. Nebenbefundlich
besteht eine Mikroan−
giopathie mit paraven−
trikulären Marklager−
gliosen.
Therapeutisch helfen Parkinson−Medikamente,
allerdings mit eingeschränkter Wirksamkeit.
Pathologie und MRT−Befunde. Charakteristisch
sind mitunter sehr ausgedehnte Verkalkungen so−
wie eine Degeneration in Basalganglien, Nucleus
dentatus und manchmal auch im paraventrikulä−
ren Marklager. Die Verkalkungen sind in der CT
deutlich sichtbar (Abb. 9). In der MRT sind sie we−
niger deutlich, es können aber T2−hyperintense
und möglicherweise auch T1−hyperintense Läsio−
nen sichtbar sein.
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Abb. 5 Chorea Huntington in koronaren T1w Aufnahmen. a Frontale Atrophie, die im Nucleus caudatus deutlich betont ist. Die koronare Schicht−
führung verdeutlicht die Aufweitung der Vorderhörner der Seitenventrikel. b Gleichaltrige gesunde Kontrollperson.
Abb. 7 Symptomatische Form einer Hemichorea bei
einem 66−jährigen Patienten, der infolge einer nichtke−
totischen Hyperglykämie linksseitige choreatiforme
Bewegungsstörungen entwickelte (s. a. Abb. 8). Die
Bilder zeigen eine rechtsseitige Stammganglienläsion
mit Volumenminderung und Hyperintensität in T2w
Bildern.
Abb. 6 Chorea Huntington in T2w transversalen Schichtaufnahmen. a Frontale,
im Nucleus caudatus betonte Atrophie. b Gleichaltrige gesunde Kontrollperson.
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Abb. 8 Hemichorea, gleicher Patient wie in Abb. 7. In den T2− und PD−gewichteten transversalen Bildern (a, b) sind Caput nuclei caudati und Pu−
tamen rechts volumengemindert und hyperintens. c In den koronaren Aufnahmen zeigt sich in diesen Strukturen die für die nichtketotische Hyper−
glykämie typische T1−Hyperintensität. Als Ursache werden petechiale Einblutungen vermutet. Symptomatik und Läsionen bilden sich meist inner−
halb von Monaten zurück.
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Abb. 9 Typisches Verkalkungsmuster eines Morbus Fahr im CT−Bild mit relativ seitensymmetrischem Kalk in den Stammganglien, hier besonders in
Pallidum und Caudatus, im paraventrikulären frontalen Marklager, im Nucleus dentatus und im umgebenden Marklager des Kleinhirns.
Morbus Friedreich
die Pyramidenbahn. Im Nucleus dentatus sind
Zelluntergänge nachweisbar.
Epidemiologie. Der Morbus Friedreich lässt sich
klinisch einordnen in eine Gruppe von ca. 50 Syn−
MRT−Befunde. Die vielen verschiedenen Formen
dromen, die mit einer Ataxie als Leitsymptom ein−
der degenerativen Ataxien können mit einer kor−
hergehen. Zu dieser Gruppe zählen die Heredoata−
tikalen zerebellären Atrophie, einer olivopontoze−
xien und idiopathische Formen.
rebellären Atrophie oder auch mit einer spinoze−
Differenzialdiagnostisch sind die symptomati−
rebellären Atrophie einhergehen (Abb. 10). Der
schen Ataxieformen abzugrenzen, die z. B. bei einer
Morbus Friedreich zeigt typischerweise eine Atro−
Kleinhirnatrophie als Folge eines Alkoholabusus
phie des Kleinhirnwurms und des Myelons [6, 7].
entstehen.
Andere Anteile des Kleinhirns oder des Hirn−
stamms sind selten betroffen.
Der Morbus Friedreich ist die häufigste Form der
Heredoataxien und hat eine Prävalenz von unter 5
Differenzialdiagnose. Es gibt zahlreiche weitere
auf 100.000 Einwohner und wird autosomal rezes−
Erkrankungen, die klinisch mit einer Ataxie und in
siv vererbt.
der Bildgebung mit einer spinozerebellären Atro−
phie einhergehen können, z. B. die verschiedenen
Klinik/Therapie. Typischerweise beginnt die Er−
Formen der autosomal dominanten zerebellären
krankung um das 12. Lebensjahr, in ca. 35 % bereits
Ataxie (SCA 1 ± 17) oder die idiopathischen zere−
vor dem 10. Lebensjahr. Frühe Symptome sind eine
bellären Ataxien.
zunehmende Ataxie, fehlende Muskeleigenreflexe
an den Beinen und eine Störung der über die Hin−
terstränge vermittelten Sensibilität. Weitere mög−
liche Folgen bzw. Symptome sind eine Dysarthrie,
Diagnostisch hinweisend auf den Morbus Friedreich
sind die beschriebene Klinik mit frühem Beginn im
Kindes− oder Jugendalter und natürlich der Nach−
weis der entsprechenden Genmutation.
ein Hohlfuß oder eine Kyphoskoliose, eine Mus−
kelatrophie oder ein hirnorganisches Psychosyn−
drom. Häufig entwickelt sich eine hypertrophe
Kardiomyopathie. Die klinische Verdachtsdiagnose
lässt sich über den gentechnischen Nachweis der
zugrunde liegenden Mutation bestätigen. Die The−
rapie ist lediglich symptomatisch.
Pathologie. Es degenerieren spinozerebelläre Bah−
nen, die Hinterstränge und möglicherweise auch
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Neurodegenerative Erkrankungen des zentral−motorischen Systems in der MRT
Abb. 10 Ausgeprägte
vermale und hemisphä−
rale Kleinhirnatrophie
in T2− und T1−gewichte−
ten Aufnahmen eines
36−jährigen Patienten
mit seit dem 23. Le−
bensjahr bestehender
zerebellärer Ataxie. Eine
Friedreich−Ataxie und
verschiedene Formen
der SCA wurden durch
genetische Tests ausge−
schlossen. Die deskripti−
ve Diagnose lautet
Early−onset−cerebellar−
ataxia.
[8]. Die medikamentöse Therapie erfolgt mit L−Do−
pa, Dopaminagonisten und Anticholinergika. Ein
noch junges Verfahren, durchgeführt an bestimm−
ten Zentren, ist im fortgeschrittenen Stadium des
Morbus Parkinson die Tiefenhirnstimulation des
Nucleus subthalamicus mit bilateraler Implanta−
tion von Stimulationselektroden.
Pathologie. Dopaminerge Neurone in der Pars
compacta der Substantia nigra gehen unter. Häufig
sind Lewy−Einschlusskörperchen nachweisbar, eo−
sinophile 10 ± 15 m große Einschlüsse ähnlich
Neurofilamenten im Zytoplasma von Zellen von
Substantia nigra, Thalamus, Locus coeruleus, Ra−
phe−Kernen, Nucleus basalis Meynert, Kortex so−
wie im autonomen Nervensystem.
MRT−Befunde. Mit den Standardsequenzen sind
Morbus Parkinson und
atypische Parkinsonsyndrome
Morbus Parkinson
keine spezifischen Abnormitäten nachweisbar.
Veränderungen des Eisengehalts der Substantia
nigra sind uneinheitlich und gelten daher inzwi−
schen als diagnostisch nicht relevant. Nur auf−
wendige experimentelle Methoden haben mit
Epidemiologie. Die Prävalenz des Morbus Parkin−
Hilfe von diffusionsgewichteten Sequenzen [9]
son steigt mit zunehmendem Patientenalter und
oder Kombination verschiedener Inversion−Reco−
beträgt in der Altersgruppe > 60 Jahre über 1 %.
very−Sequenzen [10,11] eine Volumenminderung
der Pars compacta der Substantia nigra nachge−
Klinik/Therapie. Typischerweise beginnt die Er−
wiesen.
krankung halbseitig und armbetont in der 6. De−
kade. Rigor, Tremor und Hypokinese bis Akinese
150
Differenzialdiagnose. Die MR−Diagnostik bei ei−
stellen die ¹klassische“ Trias dar. Allmählich erfas−
nem Patienten mit Parkinson−Symptomatik dient
sen die Symptome auch die Gegenseite. Häufige
vor allem dem Ausschluss eines Normaldruckhy−
Spätsymptome sind psychische Störungen, wie
drozephalus und anderer Erkrankungen mit Basal−
Depression; eine Demenzentwicklung ist möglich
ganglienläsionen. Sie dient auch der Suche nach
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Zeichen der im Folgenden beschriebenen atypi−
schen Parkinson−Syndrome (Tab. 2).
Multisystematrophie (MSA)
Tab. 2
Typische MRT−Befunde bei atypischen Parkinson−Syndromen
Atypisches Parkinson−Syndrom
Multisystematrophie (MSA)
Epidemiologie. Das mittlere Erkrankungsalter der
Patienten beträgt 53 Jahre. MSA ist Ursache von bis
zu 5 % der Parkinson−Syndrome.
Progressive supranukleäre Parese (PSP)
Klinik/Therapie. Multisystematrophie ist ein
Kortikobasale Degeneration (CBD)
Oberbegriff für 3 Erkrankungen mit unterschiedli−
Typischer MRT−Befund
´ Putamen: T2−Hyper− und Hypointensität, Atrophie,
Hyperintense Rim, ADC−Erhöhung, NAA−Reduktion
´ olivopontozerebelläre Atrophie
´ Läsionen im mittleren Kleinhirnstiel
´ Hot−Cross−Bun−Zeichen
´ mesenzephale Atrophie
´ Mickey−Mouse−Zeichen
´ asymmetrische frontoparietale Atrophie
´ T2−Hyperintensität im angrenzenden Marklager
cher Lokalisation der Degeneration und entspre−
chend unterschiedlicher Klinik. Die Formen wer−
Symptomatik der MSA−P zeigt als weiteren diag−
den nach ihrer typischen Klinik benannt und
nostischen Hinweis ein schlechtes Ansprechen auf
entsprechen den in Klammern genannten früheren
L−Dopa.
Krankheitsbezeichnungen:
´ MSA−P (striato−nigrale Degeneration) mit Par−
kinson−Syndrom (Akinese, Rigor, Tremor),
´ MSA−C (olivopontozerebelläre Atrophie, OPCA)
mit zerebellären Symptomen (Ataxie),
Pathologie. Speziell bei der MSA−P tritt eine Gliose
im Striatum auf, die dorsolateral beginnt. Alle For−
men können Atrophien und Gliosen in Basalgan−
glien, Pons, Kleinhirn und Olive zeigen.
´ MSA−A (Shy−Drager−Syndrom) mit autonomen
Dysfunktionen (orthostatische Dysregulation,
MRT−Befunde. Auch in der Bildgebung gibt es
Inkontinenz).
Mischformen mit Kombination der typischen Ver−
änderungen. Die MSA−P geht einher mit Zeichen
Es gibt Überschneidungen bzw. Mischformen die−
der Degeneration des Putamens, dorsolateral be−
ser Erkrankungen. So sind für die klinische Ab−
ginnend:
grenzung der MSA−P vom Morbus Parkinson frühe
´ Volumenminderung,
´ T2−Hyper− und Hypointensität (Abb. 11) [12],
´ Hyperintense Rim (Abb. 12),
´ DWI: ADC−Zunahme (Abb. 13) [13,14],
Zeichen einer autonomen Dysfunktion mit ortho−
statischer Dysregulation, Miktionsstörung oder
Impotenz ein wichtiges Kriterium. Die Parkinson−
Abb. 11 Multisystem−
atrophie vom Typ
MSA−P in T2w transver−
salen Aufnahmen durch
die Stammganglien.
a ± b Die Aufnahmen
zeigen relativ seiten−
symmetrisch ein inho−
mogenes, teils hyper−,
teils hypointenses Sig−
nal am lateralen Rand
des Putamens beidseits
als Ausdruck degenera−
tiver Veränderungen.
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Neurodegenerative Erkrankungen des zentral−motorischen Systems in der MRT
Abb. 12 Multisystematrophie vom Typ MSA−P in T2w transversalen (axialen) Aufnahmen. Hier ist nur ein schmaler hyperintenser Saum (Hyper−
intense Rim) am lateralen Putamenrand erkennbar. Entsprechend dem Fortschreiten der Degeneration von dorsolateral nach ventral und medial
liegen diese frühen Veränderungen dorsolateral.
Das Hot−Cross−Bun−Zeichen oder Semmelzeichen
Abb. 13 Multisystema−
trophie vom Typ MSA−P
im ADC−Bild. Gegenüber
der Umgebung ist der
ADC−Wert im laterodor−
salen Putamen als Zei−
chen der Degeneration
erhöht.
(Abb. 15) entsteht bei einer Degeneration transver−
saler Bahnen im Brückenfuß. Es ist nicht spezifisch
für die MSA, sondern findet sich z. B. auch bei PSP,
CBD und spinozerebellärer Ataxie Typ 3.
Ein weiteres Zeichen ohne bildhaften Eigennamen
(Abb. 16) ist eine umschriebene fleckförmige Ab−
normität im mittleren Kleinhirnstiel mit T2−Hy−
perintensität und Zeichen einer Diffusionsstörung
in den diffusionsgewichteten Aufnahmen (DWI).
Kortikobasale Degeneration (CBD)
Epidemiologie. Das Alter der Patienten beträgt
50 ± 80 Jahre. Eine familiäre Häufung oder geneti−
sche Faktoren sind nicht bekannt.
Klinik/Therapie. Ein wichtiges Merkmal der korti−
kobasalen Degeneration ist eine deutlich asymme−
trische Ausprägung der parkinsonartigen Sympto−
matik mit Hypokinese und Rigor. Myoklonien
´ Magnetresonanzspektroskopie: NAA−Reduktion
[15,16],
´ SPECT/PET: Verlust von Dopaminrezeptoren, Hy−
pometabolismus [17,18].
treten ebenfalls auf. Typisch ist das ¹Alien−
Limb“−Syndrom einer Extremität, d. h. ein Fremd−
heitsgefühl für eine Extremität mit Apraxie und
unwillkürlichen Bewegungen. Bei ca. 40 % der Pa−
tienten entwickelt sich eine mäßige Demenz als
Die MSA−C zeigt entsprechend ihres deskriptiven
Namens OPCA eine Atrophie von Olive, Pons und
Ansprechen der Symptomatik auf L−Dopa ist ty−
Kleinhirn (Abb. 14). Eine hypertrophe, T2−hyperin−
pisch, eine kurative Therapie ist nicht bekannt.
tense Olivendegeneration, wie oben beschrieben
ist möglich.
152
Zeichen der kortikalen Beteiligung. Ein schlechtes
Radiologie up2date 2 | 2005 | DOI 10.1055/s−2005−861187
Neurodegenerative Erkrankungen des zentral−motorischen Systems in der MRT
Abb. 14 Olivopon−
tozerebelläre Atrophie
(OPCA) mit einer deut−
lichen Volumenminde−
rung des Kleinhirns, der
Kleinhirnstiele und des
Pons sowie einer T2−
hyperintensen Degene−
ration der Olive beid−
seits (e und f). Der vierte
Ventrikel und die Klein−
hirnfurchen sind kon−
sekutiv aufgeweitet.
a ± f Transversale
(axiale) T2w Aufnah−
men.
Fortsetzung siehe
folgende Seite
Radiologie up2date 2 | 2005 | DOI 10.1055/s−2005−861187
153
Neurodegenerative Erkrankungen des zentral−motorischen Systems in der MRT
Abb. 14 (Fortsetzung)
g Koronare T1w Auf−
nahmen.
Abb. 15 Hot−Cross−Bun−Zeichen oder Semmelzeichen
im transversalen T2w Bild bei Multisystematrophie. Im
Brückenfuß ist deutlich eine pathologische Kreuzfigur
zu erkennen, die als Folge einer Degeneration von
Kleinhirnbahnen entsteht.
Pathologie. Makroskopisch zeigt sich eine asym−
metrische frontoparietale Atrophie mit Neuronen−
verlust und Gliose in Kortex und Marklager der
Zentralregion, in den Basalganglien und eventuell
auch in der Substantia nigra. Die Ursache ist un−
klar.
MRT−Befunde. Entsprechend der Makropathologie
ist auch im Bild eine asymmetrische kortikale
Atrophie der Zentralregion nachweisbar (Abb. 17)
[19]. Als Korrelat der Gliose kann eine T2−Hyperin−
tensität des angrenzenden frontoparietalen Mark−
lagers bestehen (Abb. 18). Zusätzlich können ±
meist weniger deutlich ± eine Atrophie oder eine
Gliose von Teilen der Basalganglien nachweisbar
sein. Die Magnetresonanzspektroskopie kann fron−
tal eine NAA−Reduktion zeigen.
Progressive supranukleäre Parese (PSP)
Epidemiologie. Die PSP ist auch bekannt unter
dem Namen Steele−Richardson−Olszewski−Syn−
drom. Die Prävalenz beträgt 1 ± 4 Erkrankte auf
100.000 Einwohner. Das Erkrankungsalter beträgt
im Mittel 60 Jahre. Die Prognose ist ungünstig, die
Lebenserwartung liegt bei 6 ± 7 Jahren.
154
Radiologie up2date 2 | 2005 | DOI 10.1055/s−2005−861187
Neurodegenerative Erkrankungen des zentral−motorischen Systems in der MRT
Therapeutisch helfen Parkinson−Medikamente, al−
lerdings mit der für die atypischen Parkinsonsyn−
drome bekannten eingeschränkten Wirksamkeit.
Pathologie. Makroskopisch auffällig ist eine Atro−
phie von Mesenzephalon und pontinem Tegmen−
tum mit Aufweitung des dritten Ventrikels und der
perimesenzephalen Zisternen. Eine zusätzliche
Atrophie von Frontal− und Temporallappen ist
möglich. Mikroskopisch besteht eine Degeneration
mit Neuronenverlust und Gliose in Tectum, Sub−
stantia nigra und pontinem Tegmentum.
MRT−Befunde. Entsprechend der Pathologie zeigt
sich eine Atrophie des Mesenzephalons, besonders
Abb. 16 Multisystematrophie. a ± c Ein weiteres Zei−
chen der Multisystematrophie ist diese relativ symme−
trische Signalabnormität im Kleinhirnstiel beidseits,
die sich in T2w Bildern und in den FLAIR−Aufnahmen
hyperintens darstellt, und außerdem eine Diffusions−
störung in DWI−Sequenzen zeigt.
scheiden: Der mittlere Durchmesser beträgt [20]:
Klinik/Therapie. Typische Symptome sind:
´ bei PSP 13,4 mm (11 ± 15 mm),
´ bei Morbus Parkinson 18,5 mm (17 ± 19 mm) und
´ bei gesunden Kontrollpersonen ca. 18,2 mm
´ symmetrisches Parkinson−Syndrom mit Akinese
von Tegmentum und Tectum. Anhand einer Mes−
sung des anterior−posterioren Durchmessers des
Mittelhirns lassen sich Patienten mit PSP bereits
gut von Patienten mit Morbus Parkinson unter−
(17 ± 20 mm).
und Rigor, jedoch meist ohne Tremor,
´ Pseudobulbärparalyse mit Schluckstörung,
Dysarthrie,
´ vertikale Blickparese (supranukleäre Ophthal−
Aufgrund der Form des Mittelhirns in transversaler
Schichtführung besteht der Begriff ¹Mickey−Mou−
se−Zeichen“ (Abb. 19).
moplegie),
´ Fallneigung nach hinten,
´ Demenz.
Weiter nachweisbar, aber weniger spezifisch, ist
eine Atrophie von pontinem Tegmentum, Palli−
dum, Motorkortex, sowie von Frontal− und Tempo−
rallappen. Hinzu kommen kann eine hypertrophe
Radiologie up2date 2 | 2005 | DOI 10.1055/s−2005−861187
155
Neurodegenerative Erkrankungen des zentral−motorischen Systems in der MRT
Abb. 17 Typisches Zei−
chen einer kortikobasa−
len Degeneration (CBD)
ist eine asymmetrische
Atrophie frontoparieta−
ler Gyri. a ± b Dies zeigt
sich deutlich in trans−
versalen (a) oder koro−
naren (b) Bildern, die
einen Seitenvergleich
zulassen. c Sagittale
FLAIR−Aufnahme, die im
Vergleich zu den weiter
ventral oder dorsal ge−
legenen Gyri und Sulci
eine Atrophie der Zen−
tralregion nachweist.
Olivendegeneration mit T2−hyperintensem Signal
Pyramidenbahn und für die Chorea Huntington mit
(wie oben beschrieben).
Atrophie des Nucleus caudatus sind im Bild keine
Auslöser nachweisbar. Der Morbus Fahr ist zu er−
kennen an kräftigen Verkalkungen, unter anderem
Zusammenfassung
Neurodegenerativen Erkrankungen des zentral−
Einen wichtigen Beitrag zur Differenzialdiagnostik
motorischen Systems ist ein Untergang funktions−
leistet die MRT bei der Abklärung atypischer Par−
fähiger Neurone mit Ersatz durch funktionell min−
kinsonsyndrome. Die Multisystematrophie mit ih−
derwertiges Gewebe gemeinsam. Die daraus meist
ren drei Formen MSA−P, MSA−C und MSA−A geht
resultierende fokale oder regionale Atrophie und
mit Zeichen einer striatonigralen oder olivoponto−
Gliose führt zu relativ geringen, wenngleich funk−
zerebellären Degeneration einher. Die PSP zeigt bei
tionell bedeutungsvollen Parenchymveränderun−
mesenzephaler Atrophie das ¹Mickey−Mouse−Zei−
gen, die am verlässlichsten mit der MRT nachge−
chen“. Charakteristisch für die CBD ist eine asym−
wiesen werden können. Das MRT−Protokoll sollte
metrische frontoparietale Atrophie mit angren−
für den Nachweis auch geringer Signalverände−
zenden Marklagerveränderungen.
rungen optimiert sein. Die Schichtführung und die
speziellen Sequenzen bis hin zur Magnetreso−
nanzspektroskopie sollten auf die klinische Frage−
stellung abgestimmt sein.
Die anterograde Waller−Degeneration der Pyrami−
denbahn und die hypertrophe Olivendegeneration
lassen häufig eine ursächliche Läsion erkennen.
Für die ALS mit Signalabnormität im Verlauf der
156
in den Basalganglien und im Nucleus dentatus.
Radiologie up2date 2 | 2005 | DOI 10.1055/s−2005−861187
Neurodegenerative Erkrankungen des zentral−motorischen Systems in der MRT
Abb. 18 Zusätzlich zur Atrophie zeigt dieser Fall einer kortikobasalen Degenera−
tion (CDB) eine subkortikale und kortikale Gliose der Zentralregion. a Die Gliose ist
als Hyperintensität in der saggitalen FLAIR−Aufnahme zu erkennen. b ± c T2− und
PD−gewichtetes transversales Bild.
Abb. 19 Progressive supranukleäre Parese (PSP) in
T2w transversalen Schichtaufnahmen durch die Hirn−
schenkel. Die Atrophie von Tectum und Tegmentum
führt zu einem messbar reduzierten Durchmesser
und zum sog. ¹Mickey−Mouse−Zeichen“.
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157
Neurodegenerative Erkrankungen des zentral−motorischen Systems in der MRT
Abkürzungen
ADC Apparent Diffusion Coefficient
Lebenslauf
Karsten Alfke
Cho Cholin
Jahrgang 1967. Dr. med. Studium der Humanmedi−
Cr Creatin
zin an der Christian−Albrechts−Universität Kiel.
NAA N−Acetylaspartat
1995 Promotion. 1995 ± 1996 AiP in der Radiologi−
SCA Spinozerebelläre Ataxie
schen Abteilung des Städtischen Krankenhauses
Kiel und in der I. Medizinischen Abteilung des All−
gemeinen Krankenhauses St. Georg, Hamburg.
1996 ± 1997 Wehrdienst als Arzt. 1997 ± 1999 Ab−
teilung Neurologie des Kreiskrankenhauses Lü−
denscheid. Seit 1999 Tätigkeit im Universitätskli−
nikum Schleswig−Holstein, Campus Kiel, zunächst
in der Klinik für Radiologische Diagnostik, seit
2000 in der Sektion Neuroradiologie. Seit 2002
Facharzt für Radiologische Diagnostik, seit 2003
Anerkennung im Schwerpunkt Neuroradiologie.
Seit 2004 Oberarzt in der Sektion Neuroradiologie
des UKSH−Campus Kiel. Forschungsschwerpunkte:
Bildgebung neurodegenerative Erkrankungen, se−
lektive Techniken der Hirnperfusionsmessung im
MRT.
158
Radiologie up2date 2 | 2005 | DOI 10.1055/s−2005−861187
Neurodegenerative Erkrankungen des zentral−motorischen Systems in der MRT
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Neurodegenerative Erkrankungen des zentral−motorischen Systems in der MRT
Korrespondenzadresse
Dr. Karsten Alfke
Sektion Neuroradiologie, Klinik für Neurochirurgie
Universitätsklinikum Schleswig−Holstein, Campus Kiel
Schittenhelmstraße 10
24105 Kiel
Tel. 0431 597−4925, −4806
Fax: 0431 597−4913
E−mail: [email protected]−kiel.de
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Radiologie up2date 2 | 2005 | DOI 10.1055/s−2005−861187
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