Workshop 1 - ForschungsVerbund Erneuerbare Energien

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Forschungsbedarf in der Energiemeteorologie
FVS • Workshop 2006
Forschungsbedarf in der
Energiemeteorologie
Zusammengetragen
von den Workshopteilnehmern
Energiemeteorologie ist ein anwendungsorientiertes Forschungsfeld, das sich an den
Bedürfnissen der zukünftigen Energieversorgung orientiert. Angesichts der stark zunehmenden Bedeutung von Wetter und Klima für
die Energieversorgung wird eine möglichst vollständige Beschreibung der Wechselwirkungen
des gesamten Energieversorgungssystems mit
den meteorologischen Randbedingungen
immer wichtiger. Hieraus entsteht erheblicher
Bedarf an der Entwicklung neuer Verfahren zur
Genenierung und Bereitstellung von spezifisch
an das Energiesystem angepasster meteorologischer Information.
Der kurz-, mittel und langfristige Forschungsbedarf definiert sich durch die Entwicklung
unterschiedlicher Energietechnologien und deren Einbindung in das gesamte Energiesystem.
Die Notwendigkeit der zeitlichen und örtlichen
Verfügbarkeit sämtlicher relevanter Information
für Planung und Betrieb ist der Antrieb, aus
dem heraus die Energiemeteorologie den stark
zunehmenden Einfluss meteorologischer und
klimatologischer Information auf die Energieversorgung untersucht und Verfahren zur
intelligenten Nutzung und Integration insbesondere der erneuerbaren Energien entwickelt.
Hierzu bedarf es einer hochgradig disziplinübergreifenden Zusammenarbeit von Meteorologie,
Physik, Ingenieurwissenschaften, Informatik
und Ökonomie, um den vielfältigen Aspekten
und Zusammenhängen des gesamten Energiesystems gerecht zu werden.
Der Forschungsbedarf wird im Folgenden für
verschiedene Sektoren der erneuerbaren Energien
aufgezeigt. Der Bereich der nicht-erneuerbaren
Energien, den die Energiemeteorologie ebenfalls
abdeckt – z. B. bei der Kühlwasserversorgung
oder der Lastmodellierung – ist hier nicht
behandelt.
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Solarenergie
Solarstrahlungsvorhersage
Der Vorhersage der Solarstrahlung und der
darauf aufbauenden Solarleistungsprognose
kommt angesicht der erwarteten starken
Zunahme von solarer Stromerzeugung für
deren optimale Integration in die Stromnetze
eine erhebliche Bedeutung zu. Hochwertige
Vorhersagen ermöglichen z. B. bei solarthermischen Kraftwerken eine Ertragsoptimierung mit
unterschiedlicher Speicherstrategien. Vorhersagen des Solartrahlungsangebotes mit einem
Zeithorizont von wenigen Stunden bis zu zwei
Tagen sind hierfür erforderlich.
Bei der Vorhersage für 1-2 Tage sind verschiedene Wege zu untersuchen: Einerseits existieren
vielversprechende neuere Ansätze in der
nummerischen Wettervorhersage (EnsembleVorhersagen, z. B. ECMWF, COSMO LEPS), die
mit einer statistischen Nachbearbeitung zu
versehen sind. Anderseits kann der Weg einer
Kombination separater Modelle verfolgt
werden, wie z. B. getrennte Wolken- und Aerosolvorhersagen als Input für ein Strahlungstransportmodell. Die Verwendung mesoskaliger
Modelle zur Verbesserung der Parametrisierung
von Wolken und Strahlung sollte ebenfalls analysiert werden.
Für die Solarstrahlungsvorhersage sind insbesondere im Mittelmeerraum genauere und
aktuellere Aerosoldaten notwendig als heute
verfügbar. Sobald solche Informationen von
neuen Fernerkundungsinstrumenten geliefert
werden, sollten diese evaluiert und mit Hilfe der
Datenassimilation in existierende Vorhersagemethoden integriert werden.
Für Kürzestfristvorhersagen (<4h) erscheint
eine Kopplung von Wolkenzugvektorfeldern
aus Beobachtungen geostationärer Satelliten
mit wolkenphysikalischen Modellen viel versprechend. Dies ermöglicht eine realistischere
Forschungsbedarf in der Energiemeteorologie
Beschreibung von Wolkenprozessen und die
Lücke in der Vorsageskala zwischen 4 und 24h
kann geschlossen werden. Weiterhin lässt sich
vermutlich mit einem solchen Ansatz die
modellinherente Fehleranalyse verbessern und
der Phasenfehler in den 1-2 Tage-Vorhersagen
reduzieren.
Charakterisierung der solaren Einstrahlung
Künftige Solarenergiesysteme werden verstärkt
konzentriertes Sonnenlicht nutzen. Der Betrieb
z. B. von solarthermischen Kraftwerken und
neuen, konzentrierenden Solarzellen bedarf
somit präziser Information über den direkten
Anteil der Solarstrahlung. Zusätzlich werden
Systeme mit größeren Unterschieden in der
spektralen Empfindlichkeit eingesetzt werden.
Dies erfordert spektral aufgelöste Solarstrahlungsdaten in hoher Qualität sowohl für die
Vorhersage als auch für die Ressourcenanalyse.
Satellitenbasierte Verfahren müssen dafür
weiterentwickelt werden, um diese Daten bereit
stellen zu können. Die Bestimmung der Direktstrahlung erfordert weiterhin erheblich
verbesserte Information zum atmosphärischen
Aerosol.
Strahlungstransfermodelle als wissenschaftliche
Basis für viele meteorologische Fragestellungen
in der Nutzung der Solarenergie sollten intensiver genutzt werden, um einen detaillierten
Einblick in die Einstrahlungsbedingungen zu
erhalten. Hochaufgelöste 3-D-Modellierungen,
Parametrisierungen von Wolkeneffekten und
Modellierung und Vermessung lokaler Strahlungsfelder können helfen, die für die Solarenergie relevanten Größen besser zu bestimmen.
Für spezielle Anwendungen müssen einfache
und schnelle Strahlungstransfermodelle
entwickelt werden.
Bereitstellung von Daten
Viele Anwendungen benötigen den Zugang zu
archivierten oder Echtzeitdaten. Der Aufbau
hoch aufgelöster globaler Archive und operationelle Echtzeitdatenquellen sind eine notwendige
Voraussetzung für die Entwicklung zahlreicher
energiemeteorologischer Anwendungen.
FVS • Workshop 2006
Windenergie
Beschreibung des Windpotenzials
Die Bestimmung des verfügbaren Windpotenzials ist der erste Schritt zu einer erfolgreichen
Nutzung der Windenergie. Daher sollte die
größtmögliche Verfügbarkeit entsprechender
Daten angestrebt werden. Um die bestehende
Datenbasis zu verbessern und zu erweitern,
müssen neue Beobachtungsverfahren und
Methoden zur Kombination bestehender Datenquellen, Reanalysen, Fernerkundungsdaten und
lokaler Messungen eingeführt werden. Die
Nutzung neuer Fernerkundungstechnologien
zur Bestimmung des Windfeldes in der Grenzschicht wäre ein großer Schritt zu einer hoch
aufgelösten Datenbank der Ressourcen und für
die Vorhersage.
Windleistungsvorhersage
Der Wert der Windenergie steht in direktem
Bezug zur Genauigkeit von Windleistungsvorhersagen. Hier sind sowohl die Kombination
verschiedener nummerischer Modelle als auch
Ensemble-Vorhersagetechniken vielversprechende Wege zu einer höheren Genauigkeit.
Möglichkeiten der kontinuierlichen Anpassung
der Vorhersagen an die tatsächliche Strömungssituation, u. a zur Vermeidung sogenannter
Phasenfehler, sind zu untersuchen. Ebenso
werden verstärkt statistische Methoden
benötigt, die die Vorhersagegenauigkeit
dynamisch beschreiben sowie Verfahren zur
Einbindung dieser Information in Energiemanagementsysteme.
Kleinskalige Strömungsfelder
Gerade Offshore-Windenergieanwendungen
brauchen eine genauere Beschreibung der kleinskaligen Strömungen, z. B. um mechanische
Lasten innerhalb von Windparks zu bestimmen.
Neue Messtechniken (z. B. LIDAR) und Modellierungsansätze (z. B. Large Eddy Simulations,
LES) können einen detaillieren Einblick
gewähren. Turbulenzcharakterisiken und
Extremereignisse sind in diesem Bereich von
besonderem Interesse.
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Forschungsbedarf in der Energiemeteorologie
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Marine atmosphärische Grenzschicht
Die Windströmung in der atmosphärischen
Grenzschicht über dem Meer verhält sich
deutlich anders als über dem Land. Ursachen
hierfür sind wesentlich die Meeresoberfläche als
Unterlage, der dadurch veränderte vertikale
Wärmefluss, und die Land-Meer-Diskontinuität.
Dies führt zu erheblichen grundlegenden
Wissenslücken bezüglich des vertikalen Windprofils über dem Meer, der Wechselwirkung des
Windfeldes mit der Wasseroberfläche und des
turbulenten Windfeldes. Der nur ungenügend
beschriebene Übergang zwischen Prandtl- und
Ekman-Schicht verursacht wegen der zunehmenden Höhe der Anlagen eine zusätzliche
Unsicherheit. Grundlegende Arbeiten zur
Erweiterung der Kenntnisse der marinen atmosphärischen Grenzschicht in Bezug auf die
Windenergienutzung sind notwendig, die
Durchführung und Analyse von Freifeldmessungen ist hierbei eine wesentliche Voraussetzung.
Extremereignisse
Anlagendesign und Betrieb künftiger OffshoreWindparks erfordern detaillliere Information
über mechanische Belastungen der Anlagen.
Heute verfügbare Datengrundlagen wie auch
Methoden zur Beschreibung von Extremereignissen sind unzureichend. Neue Verfahren der
Datenanalyse in Verbindung mit hochaufgelösten Messdaten sind einzusetzen, um neue
Erkenntnisse zur Extremwertstatistik der
Windleistung zu gewinnen und in bestehende
Auslegungsvorschriften zu integrieren.
Biomasse
Ressourcen
Bisherige Ressourcenkartierungen der Biomasse
basieren auf statistisch erhobenen Daten mit
einer groben zeitlichen und räumlichen Auflösung. Mit Hilfe der Fernerkundung und der
meteorologischen Modellierung können die
räumliche Verteilung und die unterschiedliche
Produktivität verschiedener Standorte in
verschiedenen Jahren genauer berücksichtigt
werden.
Allerdings liegen Landnutzungsklassifikationen
noch nicht in der benötigten Auflösung vor –
vor allem wird derzeit in diesen Datenbanken
nicht zwischen den verschiedenen Biomasseenergieträgern unterschieden. Weitere Schritte
sind nötig, um vorhandene und ergänzte Landnutzungsklassifikationen, die aus meteorologischer und fernerkundlicher Information
abgeleitete Nettoprimärproduktion und Zusatzinformationen zur nichtenergetischen Nutzung
einzelner Nutzpflanzen etc. in geographische
Informationssystemen darzustellen.
Darauf aufbauend sind Stoffstrom- und Energiebilanzmodelle in der Lage, den Einfluss meteorologischer Information auf den Handel und die
Nutzung von Biomasse zu beschreiben.
Langfristiger Forschungsbedarf besteht im
Kontext des Klimawandels bezüglich möglicher
Veränderungen der räumlichen Verteilung der
wichtigsten meteorologischen Parameter der
Primärproduktion und der Konsequenzen für
die energetische Nutzung.
Langfristige Veränderung des Windklimas
Varibilität und langfristige Änderungen der
verfügbaren Windressourcen über Dekaden
sollten mit Hilfe von regionalen Klimamodellen
untersucht werden. Sowohl Mittelwerte (z. B.
langfristige mittlere Windgeschwindigkeit) als
auch probabilistische (z. B. Wahrscheinlichkeit
von Extremereignissen) Information sollten
dabei bereitgestellt werden.
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Integration erneuerbarer
Energien in die
Energieversorgung
Hohe Anteile dezentraler (erneuerbarer)
Energiesysteme werden die Energieflüsse in den
Versorgungsnetzen deutlich verändern. Energiemeteorologische Methoden können Daten über
witterungsbedingte Einflüsse in großer räumlicher und zeitlicher Auflösung zur Verfügung
stellen und damit einen wesentlichen Beitrag
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liefern, diese neuen Energiesysteme zu modellieren. Solche Daten können in Lastflussmodelle
integriert werden, um die Anforderungen an die
räumliche Verteilung der Erzeugung und neue
Netztopologien zu bestimmen. Mit statistischen
Methoden können Kapazitätseffekte, Extremwerte und Wahrscheinlichkeiten für bestimmte
(kritische) Situationen bestimmt werden.
Die Kombination mit „Nowcasting”-Methoden
aus der Meteorologie erlaubt z. B. die Erkennung
kritischer Netzsituationen unter Echtzeitbedingungen im laufenden Betrieb bei einem
erhöhten Anteil solarer Energie in einem
Netzgebiet. Eine Prototypentwicklung sollte in
Zusammenarbeit mit Energieversorgungsunternehmen erfolgen.
Langfristig sollte untersucht werden, wie weit
energiespezifische Fernerkundungssysteme
möglich sind. Sie könnten in bereits geplante
Satelliten oder in eigene Systeme integriert
werden. Ein weiteres langfristiges Ziel ist die
Langfristvorhersage (bis zu saisonal) der
erneuerbaren Energieerzeugung (Solar, Wind,
Wasser, Biomasse). Ein entsprechendes Produkt
wäre von sehr hohem Wert für die Energieindustrie.
Energieeffiziente Gebäude
Im Gebäudebereich besteht ein großes Potenzial
für Energieeinsparungen im Verbrauch. Diese
können zum Teil nur durch die Einführung
intelligenter Steuerungsmethoden auf der Basis
meteorologischer Informationen erreicht
werden. Die Qualität der bisher verfügbaren
meteorologischen Vorhersagen ist jedoch
spezifisch entsprechend den Anforderungen
dieser Steuerungssysteme und mit Hilfe von
Nowcasting-Methoden zu verbessern.
Anschliessend müssen solch verbesserte Vorhersagen in Steuerungsstrategien für Gebäude z. B.
mit größeren Wärme- und Kältelasten
implementiert werden.
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