Mathematik 2 (Statistik und Finanzmathematik) im Studiengang Technik-Management (Bachelor) Prof. Dr. Stefan Etschberger Hochschule Weingarten Sommersemester 2008 Organisatorisches zur Vorlesung Vorlesungsbegleitende Unterlagen: ◮ Foliensatz ◮ Aufgabenskript ◮ Literatur: Bamberg, G.; Baur, F.; Krapp, M. (2006): Statistik, Oldenbourg, München, 13. Auflage. Luderer, B. (2003): Starthilfe Finanzmathematik. Zinsen, Kurse, Renditen, Teubner, Stuttgart, Leipzig, Wiesbaden, 2. Auflage. Opitz, O. (2004): Mathematik für Wirtschaftswissenschaftler, Oldenbourg, München, 9. Auflage. Vorlesungskonzept: Klausur: ◮ Vorlesung und Übung gemischt ◮ Am Ende des Semesters ◮ Folien sind nur Grundlage für eigene Anmerkungen und Ergänzungen ◮ 60 Minuten Bearbeitungszeit ◮ Fragenstellen ist jederzeit erwünscht ◮ Hilfsmittel: Schreibzeug, nicht-programmierbarer Taschenrechner, ein DIN-A4 Blatt mit handgeschriebenen Notizen (Vorder- und Rückseite kann beschrieben werden, keine Kopien oder Ausdrucke), ein beliebiges Buch Übersicht 1 2 3 4 Einführung Berühmte Leute zur Statistik Wie lügt man mit Statistik? Begriff Statistik Grundbegriffe der Datenerhebung Deskriptive Statistik Univariate Daten Multivariate Daten Verhältnis- und Indexzahlen Wahrscheinlichkeitstheoretische Grundlagen Zufall und Wahrscheinlichkeit Zufallsvariablen und Verteilungen Verteilungsparameter Etschberger (HS Weingarten) 5 Mathematik 2 Induktive Statistik Grundlagen Punkt-Schätzung Intervall-Schätzung Signifikanztests Finanzmathematik Lernziele Zins- und Zinseszinsrechnung Äquivalenzprinzip und Kapitalwert Rentenrechnung Tilgungsrechnung Sommersemester 2008 3 1. Einführung Übersicht 1 Einführung Berühmte Leute zur Statistik Wie lügt man mit Statistik? Begriff Statistik Grundbegriffe der Datenerhebung 2 Deskriptive Statistik 3 Wahrscheinlichkeitstheoretische Grundlagen 4 Induktive Statistik 5 Finanzmathematik Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 2 Sommersemester 2008 4 1. Einführung Berühmte Leute zur Statistik Zitate ◮ Leonard Henry Courtney (1832-1918): ◮ There are three kinds of lies: lies, damned lies and statistics.“ ” Winston Curchill (angeblich): ◮ Ich glaube nur den Statistiken, die ich selbst gefälscht habe.“ ” Andrew Lang (1844-1912): Wir benutzen die Statistik wie ein Betrunkener einen ” Laternenpfahl: Vor allem zur Stütze unseres Standpunktes und weniger zum Beleuchten eines Sachverhalts.“ Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 2 Sommersemester 2008 5 1. Einführung Wie lügt man mit Statistik? Statistik ist überall Morgens in der Zeitung entdeckt man mehr Statistiken als Goethe und Schiller im ganzen Leben gesehen haben: ◮ Arbeitslosenzahlen wachsen ◮ Vogelgrippe breitet sich aus ◮ 78,643% der Deutschen unzufrieden mit Klinsmann ◮ Bundesbürger verzehrt 5,8 Liter Speiseeis pro Jahr ◮ Musiker leben länger als andere Leute ◮ Tennispieler B hat noch nie gegen einen brilletragenden Linkshänder verloren, der jünger ist als er ◮ in New York schläft man am sichersten im Central Park Viele dieser Statistiken: Falsch, bewußt manipuliert oder unpassend ausgesucht. Fehlerquellen: ◮ Zahlenmanipulation ◮ irreführende Darstellung der Zahlen ◮ ungenügendes Wissen Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 2 Sommersemester 2008 6 1. Einführung Wie lügt man mit Statistik? Fehlerhafter Sprachgebrauch: richtig“ Fragen ” 1. Frage: 2. Frage: Finden Sie, dass in einem Betrieb alle Arbeiter in ” der Gewerkschaft sein sollten?“ Finden Sie, dass in einem Betrieb alle Arbei” ter in der Gewerkschaft sein sollten oder muss man es jedem einzelnen überlassen, ob er in der Gewerkschaft sein will oder nicht?“ Resultat: ◮ Dafür: 44% ◮ Dagegen: 20% Resultat: ◮ Dafür: 24% ◮ Dagegen: 70% ◮ Unentschieden: 36% ◮ Unentschieden: 6% Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 2 Sommersemester 2008 7 1. Einführung Wie lügt man mit Statistik? Geänderte Definitionen Laut einem Bericht zur Bekämpfung des Analphabetismus in ” Deutschland“: ◮ Heute gibt es in Deutschland ca 500 000 Analphabeten ◮ Zu Kaiser Wilhelms Zeiten gab es weniger als 10 000 Was leiten Sie daraus ab? Definition Zu Kaiser Wilhelms Zeiten: Analphabet ist, wer seinen Namen nicht schreiben kann.“ ” Definition heute: Ein Analphabet ist eine Person, die sich nicht beteiligen kann an all den zielgerichteten Aktivitäten ” ihrer Gruppe und ihrer Gemeinschaft, bei denen Lesen, Schreiben und Rechnen erforderlich ist und an der weiteren Nutzung dieser Kulturtechniken für ihre weitere Entwicklung und die der Gesellschaft“. Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 2 Sommersemester 2008 8 1. Einführung Wie lügt man mit Statistik? Interpretation von Prozentzahlen Aussage des Vertriebsleiters: Unser Umsatz stieg vor einem Jahr um 1%. Dieses Jahr stieg das ” Umsatzwachstum um 50%!“ Im Klartext: ◮ Basisjahr: Umsatz 100 ◮ Dann: Wachstum auf 101 ◮ Dieses Jahr: Wachstum des Wachstums um 50% bedeutet 1,5% Wachstum. Also Umsatz dann 102,5049 Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 2 Sommersemester 2008 9 1. Einführung Wie lügt man mit Statistik? Verzerrte Zeitachse Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 2 Sommersemester 2008 10 1. Einführung Wie lügt man mit Statistik? Richtige Achsen Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 2 Sommersemester 2008 11 1. Einführung Wie lügt man mit Statistik? Richtige Achsenausschnitte Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 2 Sommersemester 2008 12 1. Einführung Etschberger (HS Weingarten) Wie lügt man mit Statistik? Mathematik 2 Sommersemester 2008 13 1. Einführung Wie lügt man mit Statistik? Falsche Berechnungsbasis ◮ Ein Einzelhändler bezieht ein Produkt zu 100 € und verkauft es für 200 €. Hat er eine Gewinnspanne von 50% oder 100%? ◮ Bahn: 9 Tote pro 10 Mio Passagieren je Kilometer Flugzeug: 3 Tote pro 10 Mio Passagieren je Kilometer Bahn: 7 pro 10 Mio Passagiere je Stunde Flugzeug: 24 pro 10 Mio Passagiere je Stunde ◮ Übernachten im Central Park ist sicher: (Anteil der dort begangenen Gewaltverbrechen zur Gesamtzahl der Verbrechen wird berechnet.) ◮ Die Hälfte der Todesfälle ereignen sich in Krankenhäusern Also: Krankenhäuser sind lebenssgefährlich ◮ Zwei Drittel aller alkoholabhängigen Personen sind verheiratet Also: die Ehe führt zum Alkohol Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 2 Sommersemester 2008 14 1. Einführung Wie lügt man mit Statistik? Auswahl der Stichprobe Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 2 Sommersemester 2008 15 1. Einführung Begriff Statistik Bedeutungen des Begriffs Statistik“ ” Statistik Zusammenstellung von Zahlen Statistische Methodenlehre Wahrscheinlichkeitstheorie Deskriptive Statistik Induktive Statistik Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 2 Sommersemester 2008 16 1. Einführung Begriff Statistik Einfaches Beispiel Beispiel 12 Beschäftigte werden nach der Entfernung zum Arbeitsplatz (in km) befragt. Antworten: 4, 11, 1, 3, 5, 4, 20, 4, 6, 16, 10, 6 ◮ deskriptiv: - Durchschnittliche Entfernung: 7,5 - Klassenbildung: [0; 5) [5; 15) [15; 30) Klasse Häufigkeit 5 5 2 ◮ induktiv: - Schätze die mittlere Entfernung aller Beschäftigten. - Prüfe, ob die mittlere Entfernung geringer als 10 km ist. Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 2 Sommersemester 2008 17 1. Einführung Grundbegriffe der Datenerhebung Merkmale ◮ Merkmalsträger: Untersuchte statistische Einheit ◮ Merkmal: Interessierende Eigenschaft des Merkmalträgers ◮ ◮ (Merkmals-)Ausprägung: Konkret beobachteter Wert‘ des Merkmals ’ Grundgesamtheit: Menge aller relevanen Merkmalsträger ◮ Typen von Merkmalen: a) qualitativ – quantitativ · qualitativ: z.B. Geschlecht · quantitativ: z.B. Schuhgröße · Qualitative Merkmale sind quantifizierbar (weiblich: 1, männlich: 0) b) diskret – stetig · diskret: Abzählbar viele unterschiedliche Ausprägungen · stetig: Alle Zwischenwerte realisierbar Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 2 Sommersemester 2008 18 1. Einführung Grundbegriffe der Datenerhebung Skalenniveaus Nominalskala: ◮ ◮ Zahlen haben nur Bezeichnungsfunktion z.B. Artikelnummern Ordinalskala: ◮ ◮ ◮ zusätzlich Rangbildung möglich z.B. Schulnoten Differenzen sind aber nicht interpretierbar! ➠ Addition usw. ist unzulässig. Kardinalskala: ◮ ◮ zusätzlich Differenzbildung sinnvoll z.B. Gewinn Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 2 Sommersemester 2008 19 1. Einführung Grundbegriffe der Datenerhebung Skalendegression und Skalenprogression Ziel der Skalierung: Gegebene Information angemessen abbilden, möglichst ohne Über- bzw. Unterschätzungen Es gilt: ◮ Grundsätzlich können alle Merkmale nominal skaliert werden. ◮ Grundsätzlich kann jedes metrische Merkmal ordinal skaliert werden. Das nennt man Skalendegression. Dabei: Informationsverlust Aber: ◮ Nominale Merkmale dürfen nicht ordinal- oder metrisch skaliert werden. ◮ Ordinale Merkmale dürfen nicht metrisch skaliert werden. Das nennt nennt man Skalenprogression. Dabei: Interpretation von mehr Informationen in die Merkmale, als inhaltlich vertretbar. (Gefahr der Fehlinterpretation) Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 2 Sommersemester 2008 20 1. Einführung Grundbegriffe der Datenerhebung Klassische Informationsniveaus Absolutskala Ordinal Verhältnisskala Intervallskala Nominal Metrisch Informationsniveau hoch niedrig Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 2 Sommersemester 2008 21 2. Deskriptive Statistik Übersicht 1 Einführung 2 Deskriptive Statistik Univariate Daten Multivariate Daten Verhältnis- und Indexzahlen 3 Wahrscheinlichkeitstheoretische Grundlagen 4 Induktive Statistik 5 Finanzmathematik Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 2 Sommersemester 2008 22 2. Deskriptive Statistik Univariate Daten Häufigkeitsverteilungen Auswertungsmethoden für eindimensionales Datenmaterial ◮ Merkmal X wird an n Merkmalsträgern beobachtet ➠ Urliste (x1 , . . . , xn ) Im Beispiel: x1 = 4, x2 = 11, . . . , x12 = 6 ◮ Urlisten sind oft unübersichtlich, z.B.: 4 5 4 1 5 4 3 4 5 6 6 5 5 4 7 4 6 5 6 4 5 4 7 5 5 6 7 3 7 6 6 7 4 5 4 7 7 5 5 5 5 6 6 4 5 2 5 4 7 5 ◮ Dann zweckmäßig: Häufigkeitsverteilungen Ausprägung (sortiert) absolute Häufigkeit kumulierte abs. Häufigkeit aj P 1 2 3 4 5 6 7 1 1 2 12 17 9 8 50 h(ai ) 1 2 4 16 33 42 50 − f(aj ) = h(aj )/n 1 50 1 50 2 50 12 50 17 50 9 50 8 50 1 1 50 2 50 4 50 16 50 33 50 42 50 1 − h(aj ) = hj H(aj ) = j P i=1 relative Häufigkeit kumulierte rel. Häufigkeit F(aj ) = j P f(ai ) i=1 Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 2 Sommersemester 2008 23 2. Deskriptive Statistik Univariate Daten Graphische Darstellungen 0 5 10 15 ➊ Balken- oder Stabdiagramm 1 2 3 4 5 6 7 (Höhe proportional zu Häufigkeit) Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 2 Sommersemester 2008 24 2. Deskriptive Statistik Univariate Daten Graphische Darstellungen ➋ Kreissektorendiagramm 4 Winkel: wj = 360◦ · f(aj ) 3 2 z.B. 5 w1 = 360◦ · w7 = 360◦ · 1 50 8 50 1 = 7,2◦ = 57,6◦ 7 (Fläche proportional zu Häufigkeit) 6 Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 2 Sommersemester 2008 25 2. Deskriptive Statistik Univariate Daten Graphische Darstellungen ➌ Histogramm - für klassierte Daten - Fläche proportional zu Häufigkeit: Höhej · Breitej = c · h(aj ) ⇒ Höhej = c · h(aj ) Breitej - Im Beispiel mit c = 15: Klasse [0; 5) [5; 15) [15; 30] 15 h(aj ) Breitej Höhej 5 5 15 5 10 7,5 2 15 2 7,5 2 5 Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 2 15 30 Sommersemester 2008 26 2. Deskriptive Statistik Univariate Daten Lageparameter Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 2 Sommersemester 2008 27 2. Deskriptive Statistik Univariate Daten Lageparameter ◮ Modus xMod : häufigster Wert Beispiel: aj h(aj ) 1 4 2 4 3 1 ⇒ xMod = 1 Sinnvoll bei allen Skalenniveaus. ◮ Median xMed : mittlerer Wert‘, d.h. ’ 1. Urliste aufsteigend sortieren: x1 ≦ x2 ≦ · · · ≦ xn 2. Dann xMed = x n+1 , falls n ungerade 2 ∈ [x n2 ; x n2 +1 ], falls n gerade (meist xMed = 1 2 (x n2 + x n2 +1 )) Im Beispiel oben: 1, 1, 1, 1, 2, 2, 2, 4 ⇒ xMed ∈ [1; 2], z.B. xMed = 1,5 Sinnvoll ab ordinalem Skalenniveau. Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 2 Sommersemester 2008 28 2. Deskriptive Statistik Univariate Daten Lageparameter (2) ◮ Arithmetisches Mittel x̄: Durchschnitt, d.h. n k i=1 j=1 1X 1X xi = aj · h(aj ) x̄ = n n Im Beispiel: x̄ = 1 8 · (1| + 1 {z + 1 + 1} + |2 + {z 2 + 2} + |{z} 4 ) = 1,75 1·4 2·3 4·1 Sinnvoll nur bei kardinalem Skalenniveau. Bei klassierten Daten: P Klassenmitte · Klassenhäufigkeit x̄∗ = n1 Im Beispiel: x̄∗ = 1 12 Etschberger (HS Weingarten) · (2,5 · 5 + 10 · 5 + 22,5 · 2) = 8,96 6= 7,5 = x̄ Mathematik 2 Sommersemester 2008 29 2. Deskriptive Statistik Univariate Daten Streuungsparameter ◮ ◮ ◮ Voraussetzung: kardinale Werte x1 , . . . , xn Beispiel: a) xi 1950 2000 2050 je x̄ = 2000 b) xi 0 0 6000 Spannweite: SP = max xi − min xi i i Im Beispiel: a) SP = 2050 − 1950 = 100 b) SP = 6000 − 0 = 6000 ◮ Mittlere quadratische Abweichung: n s2 = n 1X 2 1X (xi − x̄)2 = xi − x̄2 n n i=1 | i=1{z } Verschiebungssatz Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 2 Sommersemester 2008 30 2. Deskriptive Statistik Univariate Daten Streuungsparameter (2) ◮ Mittlere quadratische Abweichung im Beispiel: a) s2 = = b) s2 = ◮ · (502 + 02 + 502 ) · (19502 + 20002 + 20502) − 20002 = 1666,67 · (20002 + 20002 + 40002) · (02 + 02 + 60002) − 20002 √ Standardabweichung: s = s2 Im Beispiel: √ a) s = 1666,67 = 40,82 √ b) s = 8000000 = 2828,43 = ◮ 1 3 1 3 1 3 1 3 = 8000000 Variationskoeffizient: V = x̄s (maßstabsunabhängig) Im Beispiel: a) V = 40,82 = 0,02 (b = 2 %) 2000 b) V = 2828,43 2000 Etschberger (HS Weingarten) = 1,41 (b = 141 %) Mathematik 2 Sommersemester 2008 31 2. Deskriptive Statistik Univariate Daten Konzentrationsmaße ◮ Gegeben: kardinale Werte 0 ≦ x1 ≦ x2 ≦ · · · ≦ xn ◮ Achtung! Die Werte müssen aufsteigend sortiert werden! ◮ Lorenzkurve: Wieviel Prozent der Merkmalssumme entfällt auf die x Prozent kleinsten Merkmalsträger? ◮ Beispiel: Die 90 % ärmsten besitzen 20 % des Gesamtvermögens. ◮ Streckenzug: (0, 0), (u1 , v1 ), . . . , (un , vn ) = (1, 1) mit k P xi i=1 vk = Anteil der k kleinsten MM-Träger an der MM-Summe = P n xi i=1 uk = Anteil der k kleinsten an der Gesamtzahl der MM-Träger = Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 2 k n Sommersemester 2008 32 2. Deskriptive Statistik Univariate Daten Lorenzkurve: Beispiel Markt mit fünf Unternehmen; Umsätze: 6, 3, 11, 2, 3 (Mio. €) 5 P vk xk = 25 ⇒ n = 5, k=1 • k 1 2 3 4 5 xk 2 3 3 6 11 pk vk uk 2 25 2 25 1 5 3 25 5 25 2 5 3 25 8 25 3 5 6 25 14 25 4 5 11 25 Etschberger (HS Weingarten) 1 1 45 ◦ -L in ie 1 14 25 8 25 5 25 2 25 L • • Mathematik 2 • 1 5 • 2 5 • 3 5 4 5 1 Sommersemester 2008 uk 33 2. Deskriptive Statistik Univariate Daten Lorenzkurve ◮ Knickstellen: - Bei i-tem Merkmalsträger ⇐⇒ xi+1 > xi - Empirische Verteilungsfunktion liefert Knickstellen: ◮ aj 2 3 6 11 h(aj ) f(aj ) F(aj ) 1 2 1 1 1 5 1 5 2 5 3 5 1 5 4 5 1 5 1 Vergleich von Lorenzkurven: • • • • ➀ • Gleichverteilung • extreme Konzentration Etschberger (HS Weingarten) ➀ ➁ • ➁ höher konzentriert als ➀ Mathematik 2 ➁ • unvergleichbar Sommersemester 2008 34 2. Deskriptive Statistik Univariate Daten Lorenzkurve: Beispiel Bevölkerungsanteil gegen BSP 1.0 Bangladesch Brasilien Deutschland Ungarn USA Anteil am BSP 0.8 0.6 0.4 (Stand 2000) 0.2 0 0 0.2 0.4 0.6 0.8 1.0 Anteil der Bevölkerung Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 2 Sommersemester 2008 35 2. Deskriptive Statistik Univariate Daten Einkommensverteilung in Deutschland Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 2 Sommersemester 2008 36 2. Deskriptive Statistik Univariate Daten Gini-Koeffizient ◮ Numerisches Maß der Konzentration: G= Fläche zwischen 45◦ -Linie und L = Fläche unter 45◦ -Linie ◮ Aus den Daten: 2 G= n P i xi − (n + 1) n P i=1 i=1 n n P xi 2 xi n P i pi − (n + 1) i=1 = n xi pi = P n xi i=1 i=1 ◮ Problem: Gmax = wobei n−1 n ➠ Normierter Gini-Koeffizient: G∗ = Etschberger (HS Weingarten) n · G ∈ [0; 1] n−1 Mathematik 2 Sommersemester 2008 37 2. Deskriptive Statistik Univariate Daten Gini-Koeffizient: Beispiel Beispiel: i xi pi G= Mit Gmax = 2· 1· 4−1 4 1 20 +2· 1 1 2 2 3 2 4 15 1 20 2 20 2 20 15 20 2 20 2 + 3 · 20 +4· 4 15 20 P 20 1 − (4 + 1) = 0,525 = 0,75 folgt G∗ = Etschberger (HS Weingarten) 4 · 0,525 = 0,7 4−1 Mathematik 2 Sommersemester 2008 38 2. Deskriptive Statistik Univariate Daten Weitere Konzentrationsmaße ◮ Konzentrationskoeffizient: CRg = Anteil, der auf die g größten entfällt = n X pi = 1 − vn−g i=n−g+1 ◮ Herfindahl-Index: H= n X p2i (∈ [ n1 ; 1]) i=1 Es gilt: H = 1 n (V 2 + 1) V= bzw. ◮ Exponentialindex: E= n Y ppi i i=1 ∈ [ n1 ; 1] √ n·H−1 wobei 00 = 1 ◮ Im Beispiel: CR2 = 17 20 = 0,85; H = Etschberger (HS Weingarten) 1 2 20 + ··· + 15 2 20 = 0,59; E = Mathematik 2 1 20 201 ··· 15 20 15 20 = 0,44 Sommersemester 2008 39 2. Deskriptive Statistik Multivariate Daten Auswertungsmethoden für mehrdimensionales Datenmaterial Kontingenztabelle und Streuungsdiagramm ◮ Gegeben: Urliste vom Umfang n zu zwei Merkmalen X und Y: (x1 , y1 ), (x2 , y2 ), . . . , (xn , yn ) ◮ Kontingenztabelle: Sinnvoll bei wenigen Ausprägungen bzw. bei klassierten Daten. Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 2 Sommersemester 2008 40 2. Deskriptive Statistik Multivariate Daten Kontingenztabelle Unterscheide: ◮ Gemeinsame Häufigkeiten: hij = h(ai , bj ) ◮ Randhäufigkeiten: hi· = l X hij und j=1 ◮ h·j = k X hij i=1 Bedingte (relative) Häufigkeiten: f1 (ai | bj ) = Etschberger (HS Weingarten) hij h·j und Mathematik 2 f2 (bj | ai ) = hij hi· Sommersemester 2008 41 2. Deskriptive Statistik Multivariate Daten Häufigkeiten Beispiel: 400 unfallbeteiligte Autoinsassen: leicht verletzt schwer verletzt (= b1 ) (= b2 ) angegurtet (= a1 ) nicht angegurtet (= a2 ) f2 (b3 | a2 ) = f1 (a2 | b3 ) = 4 40 4 10 = 0,1 = 0,4 Etschberger (HS Weingarten) tot (= b3 ) 264 (= h11 ) 2 (= h21 ) 90 (= h12 ) 34 (= h22 ) 6 (= h13 ) 4 (= h23 ) 360 (= h1· ) 40 (= h2· ) 266 (= h·1 ) 124 (= h·2 ) 10 (= h·3 ) 400 (= n) (10 % der nicht angegurteten starben.) (40 % der Todesopfer waren nicht angegurtet.) Mathematik 2 Sommersemester 2008 42 2. Deskriptive Statistik Multivariate Daten Streuungsdiagramm Streuungsdiagramm sinnvoll bei vielen verschiedenen Ausprägungen (z.B. stetige Merkmale) ➠ Alle (xi , yi ) sowie (x̄, ȳ) in Koordinatensystem eintragen. y i 1 2 3 4 5 xi yi 2 4 3 9 7 4 3 6 7 8 ⇒ x̄ = ȳ = 25 5 28 5 x̄ 8 Beispiel: =5 = 5,6 P 25 28 8 7 7 6 6 5 5 4 4 3 3 2 2 1 1 • • • • • ȳ • 0 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 x 1 2 3 4 5 6 7 8 9 Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 2 Sommersemester 2008 43 2. Deskriptive Statistik Multivariate Daten Beispiel Streuungsdiagramm Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 2 Sommersemester 2008 44 2. Deskriptive Statistik Multivariate Daten Korrelationsrechnung ◮ Frage: Wie stark ist der Zusammenhang zwischen X und Y? ◮ Antwort: Korrelationskoeffizienten ◮ Wahl abhängig vom Skalenniveau von X und Y: Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 2 Sommersemester 2008 45 2. Deskriptive Statistik Multivariate Daten Bravais-Pearson-Korrelationskoeffizient Voraussetzung: X, Y kardinalskaliert n P n P xi yi − nx̄ȳ s =s ∈ [−1; +1] r= s n n n n P P P P 2 2 2 2 2 2 (yi − ȳ) (xi − x̄) xi − nx̄ yi − nȳ (xi − x̄)(yi − ȳ) i=1 i=1 i=1 Etschberger (HS Weingarten) i=1 i=1 Mathematik 2 i=1 Sommersemester 2008 46 2. Deskriptive Statistik Multivariate Daten Bravais-Pearson-Korrelationskoeffizient Im Beispiel: i 1 2 3 4 5 P x2i y2i xi yi 4 16 9 81 49 16 9 36 49 64 8 12 18 63 56 25 28 159 174 157 xi yi 2 4 3 9 7 4 3 6 7 8 Etschberger (HS Weingarten) x̄ = 25/5 = 5 ȳ = 28/5 = 5,6 ⇒ Mathematik 2 157 − 5 · 5 · 5,6 √ 159 − 5 · 52 174 − 5 · 5,62 = 0,703 r= √ (stark positive Korrelation) Sommersemester 2008 47 2. Deskriptive Statistik Multivariate Daten Rangkorrelationskoeffizient von Spearman ◮ ◮ Voraussetzung: X, Y (mindestens) ordinalskaliert Vorgehensweise: (′) ➀ Rangnummern Ri (X) bzw. Ri′ (Y) mit Ri = 1 bei größtem Wert usw. ➁ Berechne n P 6 (Ri − Ri′ )2 rSP = 1 − i=1 ∈ [−1; +1] (n − 1) n (n + 1) ◮ Hinweise: - rSP = +1 wird erreicht bei Ri = Ri′ - rSP = −1 wird erreicht bei Ri = n + 1 − Ri′ Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 2 ∀ i = 1, . . . , n ∀ i = 1, . . . , n Sommersemester 2008 48 2. Deskriptive Statistik Multivariate Daten Rangkorrelationskoeffizient von Spearman Im Beispiel: rSP = 1 − xi Ri yi Ri′ 2 4 3 9 7 5 3 4 1 2 4 3 6 7 8 4 5 3 2 1 6 · [(5 − 4)2 + (3 − 5)2 + (4 − 3)2 + (1 − 2)2 + (2 − 1)2 ] = 0,6 (5 − 1) · 5 · (5 + 1) Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 2 Sommersemester 2008 49 2. Deskriptive Statistik Multivariate Daten Kontingenzkoeffizient ◮ ◮ Gegeben: Kontingenztabelle mit k Zeilen und l Spalten (vgl. hier) Vorgehensweise: ➀ Ergänze Randhäufigkeiten hi· = l X hij und j=1 h·j = k X hij i=1 ➁ Berechne theoretische Häufigkeiten“ ” hi· · h·j h̃ij = n ➂ Berechne χ2 = k X l X (hij − h̃ij )2 i=1 j=1 h̃ij χ2 hängt von n ab! (hij 7→ 2 · hij ⇒ χ2 7→ 2 · χ2 ) Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 2 Sommersemester 2008 50 2. Deskriptive Statistik Multivariate Daten Kontingenzkoeffizient ➃ Kontingenzkoeffizient: K= wobei s χ2 n + χ2 r M−1 mit M ➄ Normierter Kontingenzkoeffizient: Kmax = K∗ = K Kmax ∈ [0; Kmax ] M = min{k, l} ∈ [0; 1] K∗ = +1 ⇐⇒ bei Kenntnis von xi kann yi erschlossen werden u.u. Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 2 Sommersemester 2008 51 2. Deskriptive Statistik Multivariate Daten Kontingenzkoeffizient Beispiel X: Y: Staatsangehörigkeit Geschlecht hij d a h·j wobei h̃11 = χ2 = (30−24)2 24 K = q K∗ = 60·40 100 + 6,25 100+6,25 0,2425 0,7071 (d,a) (m,w) m 30 10 40 w 30 30 60 hi· 60 40 100 ⇒ m 24 16 w 36 24 = 24 usw. (30−36)2 36 + = 0,2425; (10−16)2 16 + (30−24)2 24 = 6,25 M = min{2, 2} = 2; = 0,3430 Etschberger (HS Weingarten) h̃ij d a Mathematik 2 Kmax = q 2−1 2 = 0,7071 Sommersemester 2008 52 2. Deskriptive Statistik Multivariate Daten Regressionsrechnung ◮ Interpretiere Y als Funktion von X: y = f(x) ◮ X heißt Regressor bzw. unabhängige Variable Y heißt Regressand bzw. abhängige Variable ◮ Hauptfall: f ist eine Gerade: y = a+ bx ◮ Lineare Regression: Schätze a und b ◮ Prinzip der kleinsten Quadrate: a, b so, dass Q(a, b) = n X [yi − (a + b xi )]2 → min i=1 Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 2 Sommersemester 2008 53 2. Deskriptive Statistik Multivariate Daten Prinzip der kleinsten Quadrate Eindeutige Lösung: b̂ = = n X (xi − x̄)(yi − ȳ) i=1 n X n X (xi − x̄)2 i=1 xi yi − nx̄ȳ i=1 n X x2i − nx̄2 i=1 und â = ȳ − b̂ x̄ Regressionsgerade: ŷ = â + b̂ x Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 2 Sommersemester 2008 54 2. Deskriptive Statistik Multivariate Daten Beispiel Regressionsrechnung Alle (xi , yi ) sowie (x̄, ȳ) als Streuplot in Koordinatensystem eingetragen y i 1 2 3 4 5 xi yi 2 4 3 9 7 4 3 6 7 8 ⇒ x̄ = ȳ = 25 5 28 5 x̄ 8 Beispiel: =5 = 5,6 P 25 28 8 7 7 6 6 5 5 4 4 3 3 2 2 1 1 • • • • • ȳ • 0 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 x 1 2 3 4 5 6 7 8 9 Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 2 Sommersemester 2008 55 2. Deskriptive Statistik Multivariate Daten Regressionsrechnung: Beispiel i 1 2 3 4 5 P xi yi 2 4 3 9 7 4 3 6 7 8 x2i y2i xi yi 4 16 9 81 49 16 9 36 49 64 25 28 159 174 n x̄ ȳ P 2 xi P xi yi ⇒ b̂ â ⇒y 8 12 18 63 56 157 y 8 7 6 5 4 = = = = = = = = 5 5 5,6 159 157 157−5·5·5,6 159−5·52 = 0,5 5,6 − 0,5 · 5 = 3,1 3,1 + 0,5 x Etschberger (HS Weingarten) 3 2 1 x̄ 8 • 7 â + b̂ x • 6 • 5 4 • ȳ • 3 • 2 1 0 0 1 1 2 2 3 3 4 4 5 5 6 6 7 7 8 8 9 9 x Prognose: ŷ(10) = 3,1 + 0,5 · 10 = 8,1 Mathematik 2 Sommersemester 2008 56 2. Deskriptive Statistik Multivariate Daten Determinationskoeffizient ◮ Wie gut beschreibt â + b̂ x den Zusammenhang von X und Y? ◮ Q(â, b̂) = n P (yi − ŷi )2 als Gütemaß ungeeignet (beliebig groß) i=1 ◮ Determinationskoeffizient (Bestimmtheitskoeffizient): 2 R = n P (ŷi − ȳ)2 i=1 n P (yi − i=1 = ȳ)2 n P i=1 n P i=1 ŷ2i − nȳ2 y2i − nȳ2 = r2 ∈ [0; 1] ◮ R2 heißt auch durch die Regression erklärter Anteil der Varianz“ ” ◮ R2 = 0 wird erreicht wenn X, Y unkorreliert 2 R = 1 wird erreicht wenn ŷi = yi ∀ i (alle Punkte auf Regressionsgerade) P 2 ◮ Im Beispiel: ŷi = 3,1 + 0,5 xi , n = 5, ȳ = 5,6, yi = 174 2 2 −5·5,62 = 0,4942 R2 = 4,1 +···+6,6 i 1 2 3 4 5 174−5·5,62 ⇒ 2 2 2 ŷi 4,1 5,1 4,6 7,6 6,6 R = r = 0,703 = 0,4942 Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 2 Sommersemester 2008 57 2. Deskriptive Statistik Multivariate Daten Regression: 4 eindimensionale Beispiele i x1i x2i x3i x4i y1i 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 10 8 13 9 11 14 6 4 12 7 5 10 8 13 9 11 14 6 4 12 7 5 10 8 13 9 11 14 6 4 12 7 5 8 8 8 8 8 8 8 19 8 8 8 8.04 6.95 7.58 8.81 8.33 9.96 7.24 4.26 10.84 4.82 5.68 y2i y3i y4i 9.14 7.46 6.58 8.14 6.77 5.76 8.74 12.74 7.71 8.77 7.11 8.84 9.26 7.81 8.47 8.10 8.84 7.04 6.13 6.08 5.25 3.10 5.39 12.50 9.13 8.15 5.56 7.26 6.42 7.91 4.74 5.73 6.89 (Quelle: Anscombe, Francis J. (1973) Graphs in statistical analysis.) Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 2 Sommersemester 2008 58 2. Deskriptive Statistik Multivariate Daten Regression: 4 eindimensionale Beispiele In der folgenden Tabelle sind jeweils die Ergebnisse der Regressionsanalyse von xi als unabhängiger Variablen mit yi als abhängiger Variablen dargestellt: i β0 β1 R2 korrigiertes R2 rxi yi 1 2 3 4 3.0001 3.0010 3.0025 3.0017 0.5001 0.5000 0.4997 0.4999 0.6665 0.6662 0.6663 0.6667 0.6295 0.6292 0.6292 0.6297 0.8164205 0.8162365 0.8162867 0.8165214 Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 2 Sommersemester 2008 59 2. Deskriptive Statistik Multivariate Daten 12 10 8 y2 4 6 8 4 6 y1 10 12 Regression: 4 eindimensionale Beispiele 5 10 15 5 10 12 10 4 6 8 y4 10 8 4 6 y3 15 x2 12 x1 5 10 15 5 x3 Etschberger (HS Weingarten) 10 15 x4 Mathematik 2 Sommersemester 2008 60 2. Deskriptive Statistik Multivariate Daten Modell des additiven Zeitreihenmodells ◮ Additives Zeitreihenmodell: yt = Tt + Zt + St + Ut mit: Tt Zt St Ut : : : : Trendkomponente, i.d.R. linear Zyklische Komponente, i.d.R. wellenförmig Saisonkomponente, durch saisonalen Einfluss Irreguläre Komponente, schwankt regellos um 0 Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 2 Sommersemester 2008 61 2. Deskriptive Statistik Multivariate Daten Ermittlung der Zeitreihenkomponenten ◮ Tt : i.d.R. mit Regression nach t, T̂t = â + b̂ · t =⇒ Trendbereinigte Zeitreihe yt − T̂t ◮ Zt : Schätze zuerst die glatte Komponente G t = Tt + Z t auf Basis gleitender Durchschnitte =⇒ Ẑt = Ĝt − T̂t (Hier nicht weiter betrachtet) ◮ St : Schätzung durch Saisonbereinigung ◮ Ut : Bleiben unberücksichtigt Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 2 Sommersemester 2008 62 2. Deskriptive Statistik Multivariate Daten Saisonbereinigung: Gleitende Durchschnitte ◮ Zur Schätzung der glatten Komponente ◮ Ordnung“: Anzahl einbezogener Perioden = b Saisonlänge ” Gleitender Durchschnitt ungerader Ordnung 2 k + 1: ◮ y∗t = t+k X 1 yτ 2k + 1 τ=t−k ◮ Gleitender Durchschnitt gerader Ordnung 2 k: t+(k−1) X yt+k 1 yt−k yτ + y∗t = + 2k 2 2 τ=t−(k−1) ◮ Problem: Am Rand“ gehen Werte verloren. ” Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 2 Sommersemester 2008 63 2. Deskriptive Statistik Multivariate Daten Beispiel gleitende Durchschnitte Beispiel: Wochentage, tägliche Daten =⇒ Saisonlänge: 7 yt y∗t Mo Di Mi Do Fr Sa So Mo Di Mi Do Fr Sa So 3 4 5 5 4 2 1 2 4 4 5 3 1 1 − − − 3,43 3,29 3,29 3,14 3,14 3 2,86 2,86 − − − Wert 1. Donnerstag: 1 7 · (3 + 4 + 5 + 5 + 4 + 2 + 1) = 3,43 Wert 1. Freitag: 1 7 · (4 + 5 + 5 + 4 + 2 + 1 + 2) = 3,29 = 3,43 − Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 2 3 7 + 2 7 Sommersemester 2008 64 2. Deskriptive Statistik Multivariate Daten Saisonbereinigung ◮ Aus yt = Tt + Zt + St + Ut folgt St = yt − (Tt + Zt ) . | {z } Ut = 0 unter Annahme von = Gt ◮ Also: Schätze Gt mit gleitenden Durchschnitten y∗t und dann St gemäß yt − y∗t ◮ ( um die glatte Komponente bereinigte Zeitreihe“). ” Periodentypische Abweichung (konstante Saisonfigur): S̃j = 1 X (yt − y∗t ) mj Dabei: mj ist Anzahl der Werte, die in die Berechnung von S̃j eingehen (z.B. Anzahl aller gleitenden Durchschnittswerte für Januar) Stand 7.4.2008 Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 2 Sommersemester 2008 65 2. Deskriptive Statistik Multivariate Daten Saisonbereinigung Achtung: Anderer Index! t = 1, . . . , n : j = 1, . . . , ℓ : ◮ Alle Perioden der Zeitreihe Perioden einer Saison Aber: Im Allgemeinen ist ℓ X j=1 S̃j 6= 0 =⇒ Saisonveränderungszahl: ℓ 1X S̃j Ŝj = S̃j − ℓ j=1 ◮ Saisonbereinigte Zeitreihe: yt − Ŝj Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 2 Sommersemester 2008 66 2. Deskriptive Statistik Multivariate Daten Saisonbereinigung: Rezept“ ” Rezept Saisonbereinigung y∗t 1. Gleitende Durchschnitte der Ordnung ℓ: 2. Um glatte Komponente bereinigte Werte: yt − y∗t 3. Periodendurchschnitte: 4. Normierte Werte: 5. Saisonbereinigte Zeitreihe: 1 mj P (yt − y∗t ) P Ŝj = S̃j − 1ℓ S̃j S̃j = yt − Ŝj Dabei: ◮ mj ist Anzahl der Werte, die in die Berechnung von S̃j eingehen (z.B. Anzahl aller gleitenden Durchschnittswerte für Januar) ◮ l ist Anzahl der Saisonteile (z.B. l = 12 bei Jahressaisonfiguren mit monatlichen Daten) Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 2 Sommersemester 2008 67 2. Deskriptive Statistik Verhältnis- und Indexzahlen Klassifikation von Verhältniszahlen Verhältniszahlen und Indexzahlen Gliederungszahlen (z.B. Eigenkapitalquote) Verhältniszahlen (Quotienten) Messzahlen (z.B. Preismesszahlen) Beziehungszahlen (z.B. Variationskoeffizient) Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 2 Sommersemester 2008 68 2. Deskriptive Statistik Verhältnis- und Indexzahlen Preisindizes ◮ Preismesszahl: Misst Preisveränderung eines einzelnen Gutes: Preis zum Zeitpunkt j Preis zum Zeitpunkt i dabei: j: Berichtsperiode, i: Basisperiode ◮ Preisindex: Misst Preisveränderung mehrerer Güter (Aggregation von Preismesszahlen durch Gewichtung) ◮ Notation: p0 (i) : pt (i) : q0 (i) : qt (i) : Etschberger (HS Weingarten) Preis des i-ten Gutes in Basisperiode 0 Preis des i-ten Gutes in Berichtsperiode t Menge des i-ten Gutes in Basisperiode 0 Menge des i-ten Gutes in Berichtsperiode t Mathematik 2 Sommersemester 2008 69 2. Deskriptive Statistik Verhältnis- und Indexzahlen Preisindizes ◮ Gleichgewichteter Preisindex: G P0t = n n X 1 X pt (i) pt (i) = · g(i) n p0 (i) p0 (i) i=1 g(i) = mit i=1 1 n Nachteil: Auto und Streichhölzer haben gleiches Gewicht Lösung: Preise mit Mengen gewichten! ◮ Preisindex von Laspeyres: L P0t = n P i=1 n P pt (i)q0 (i) = p0 (i)q0 (i) n X pt (i) · g0 (i) p0 (i) mit n X pt (i) · gt (i) p0 (i) mit g0 (i) = i=1 i=1 p0 (i) q0 (i) n P p0 (j) q0 (j) j=1 ◮ Preisindex von Paasche: P P0t = n P i=1 n P pt (i)qt (i) = p0 (i)qt (i) i=1 Etschberger (HS Weingarten) i=1 Mathematik 2 gt (i) = p0 (i) qt (i) n P p0 (j) qt (j) j=1 Sommersemester 2008 70 2. Deskriptive Statistik Verhältnis- und Indexzahlen Preisindizes: Beispiel Campuslebenshaltungskosten: 1990 Gut 1: Gut 2: 1 Tasse Kaffee 1 Mensaessen L P90,01 = P P90,01 = Etschberger (HS Weingarten) 2001 Preis (DM) Menge/Woche Preis (DM) Menge/Woche 0,65 3,50 3 5 1,10 4,80 1 2 3 1,10 · 3 + 4,80 · 5 27,3 = = 1,4036 0,65 · 3 + 3,50 · 5 19,45 1,10 · 0,65 · 1 2 1 2 + 4,80 · 3 14,95 = 1,3811 = 10,825 + 3,50 · 3 Mathematik 2 Sommersemester 2008 71 2. Deskriptive Statistik Verhältnis- und Indexzahlen Weitere Preisindizes ◮ Idealindex von Fisher: F P0t ◮ Marshall-Edgeworth-Index: ME P0t = n P i=1 n P = q L PP P0t 0t pt (i)[q0 (i) + qt (i)] p0 (i)[q0 (i) + qt (i)] i=1 ◮ Preisindex von Lowe: LO P0t = n P i=1 n P pt (i)q(i) p0 (i)q(i) i=1 Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 2 Sommersemester 2008 72 2. Deskriptive Statistik Verhältnis- und Indexzahlen Weitere Preisindizes: Beispiel Campuslebenshaltungskosten: 1990 Gut 1: Gut 2: 1 Tasse Kaffee 1 Mensaessen F P90,01 = ME P90,01 = LO P90,01 = Etschberger (HS Weingarten) √ 2001 Preis (DM) Menge/Woche Preis (DM) Menge/Woche 0,65 3,50 3 5 1,10 4,80 1 2 1,4036 · 1,3811 3 = 1,3923 1,10 · (3 + 12 ) + 4,80 · (5 + 3) 42,25 = 1,3955 = 30,275 0,65 · (3 + 21 ) + 3,50 · (5 + 3) 1,10 · 2 + 4,80 · 4 0,65 · 2 + 3,50 · 4 Mathematik 2 = 21,4 = 1,3987 15,3 Sommersemester 2008 73 3. Wahrscheinlichkeitstheorie Übersicht 1 Einführung 2 Deskriptive Statistik 3 Wahrscheinlichkeitstheoretische Grundlagen Zufall und Wahrscheinlichkeit Zufallsvariablen und Verteilungen Verteilungsparameter 4 Induktive Statistik 5 Finanzmathematik Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 2 Sommersemester 2008 74 3. Wahrscheinlichkeitstheorie Zufall und Wahrscheinlichkeit Zufallsvorgänge, Ereignisse und Wahrscheinlichkeiten ◮ Zufallsvorgang: Geschehen mit ungewissem Ausgang, z.B. Münzwurf ◮ Elementarereignis ω: Ein möglicher Ausgang, z.B. Kopf “ ” Elementarereignisse schließen sich gegenseitig aus ( Kopf “ oder Zahl“)! ” ” Ergebnismenge Ω: Menge aller ω ◮ ◮ Beispiel: Werfen zweier Würfel: (1, 1) (1, 2) · · · (1, 6) (2, 1) (2, 2) · · · (2, 6) Ω: . . . .. .. .. .. . (6, 1) (6, 2) · · · (6, 6) ⇒ Ω = {(x1 , x2 ) : x1 , x2 ∈ {1, . . . , 6}} Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 2 Sommersemester 2008 75 3. Wahrscheinlichkeitstheorie Zufall und Wahrscheinlichkeit Ereignisse und Wahrscheinlichkeiten ◮ ◮ ◮ ◮ Ereignis A: Folgeerscheinung eines Elementarereignisses Formal: A⊂Ω Ereignisse schließen sich nicht gegenseitig aus! Beispiel: Werfen zweier Würfel: Ereignis Augensumme = 4 Erste Zahl = 2 A B ◮ ◮ verbal formal {(1, 3), (2, 2), (3, 1)} {(2, 1), (2, 2), . . . , (2, 6)} Wahrscheinlichkeit P(A): Chance für das Eintreten von A Laplace-Wahrscheinlichkeit: P(A) = Etschberger (HS Weingarten) Anzahl der für A günstigen Fälle |A| = |Ω| Anzahl aller möglichen Fälle Mathematik 2 Sommersemester 2008 76 3. Wahrscheinlichkeitstheorie Zufall und Wahrscheinlichkeit Laplace Wahrscheinlichkeit und Urnenmodell ◮ Beispiel: Werfen zweier Würfel: Augensumme = 4 : A = {(1, 3), (2, 2), (3, 1)} ◮ 1 3 = 12 = 0,083 |Ω| = 36, |A| = 3 ⇒ P(A) = 36 Urnenmodell: Ziehe n Objekte aus einer Menge mit N Objekten Anzahl Möglichkeiten: mit Zurücklegen: Nn ohne Zurücklegen: N · (N − 1) · · · (N − (n − 1)) = ◮ N! (N−n)! Beispiel: Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, aus einem gut gemischten 32-er Kartenblatt bei viermaligem Ziehen vier Asse zu bekommen? a) Ziehen mit Zurücklegen, b) Ziehen ohne Zurücklegen Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 2 Sommersemester 2008 77 3. Wahrscheinlichkeitstheorie Zufall und Wahrscheinlichkeit Rechenregeln für Wahrscheinlichkeiten ◮ Wichtige Rechenregeln: 1. 2. 3. 4. 5. ◮ P(A) ≦ 1 P(∅) = 0 A ⊂ B ⇒ P(A) ≦ P(B) P(Ā) = 1 − P(A) P(A1 ∪ A2 ) = P(A1 ) + P(A2 ) − P(A1 ∩ A2 ) Beispiel: P( Augenzahl ≦ 5“) = 1 − P( Augenzahl = 6“) = 1 − ” ” Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 2 1 6 = Sommersemester 2008 5 6 78 3. Wahrscheinlichkeitstheorie Zufall und Wahrscheinlichkeit Bedingte Wahrscheinlichkeiten ◮ Wahrscheinlichkeit von A hängt von anderem Ereignis B ab. (B kann zeitlich vor A liegen, muss aber nicht!) ◮ Beispiel: Wahrscheinlichkeit für Statistiknote hängt von Mathenote ab. ◮ Formal: P(A | B) = ◮ P(A ∩ B) P(B) Im Venndiagramm: Ω B P(A) = A Etschberger (HS Weingarten) P(A | B) = Mathematik 2 Sommersemester 2008 79 3. Wahrscheinlichkeitstheorie Zufall und Wahrscheinlichkeit Unabhängigkeit von Ereignissen ◮ A, B unabhängig: Eintreten von A liefert keine Information über P(B) u.u. ◮ Formal: P(A | B) = P(A) ◮ Äquivalent zu: P(A ∩ B) = P(A) · P(B) ◮ Dann gilt: P(A ∪ B) = P(A) + P(B) − P(A) · P(B) ◮ Beispiel: Werfen zweier Würfel: P(A ∩ B) A : erster Würfel gleich 6“ ” ⇒ P(A | B) = = B : zweiter Würfel gleich 6“ P(B) ” Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 2 1 36 1 6 = 1 6 = P(A) Sommersemester 2008 80 3. Wahrscheinlichkeitstheorie Zufallsvariablen und Verteilungen Zufallsvariablen Zufallsvariablen und Verteilungen ◮ Beschreibung von Ereignissen durch reelle Zahlen ◮ Formal: ◮ X: Ω→R Nach Durchführung des Zufallsvorgangs: Realisation: ◮ Vor Durchführung des Zufallsvorgangs: Wertebereich: ◮ x = X(ω) X(Ω) = {x : x = X(ω), ω ∈ Ω} Beispiel: Würfeln, X: Augenzahl, X(Ω) = {1, 2, . . . , 6}, x = 4 (z.B.) P(X = 4) = 61 , Etschberger (HS Weingarten) P(X ≦ 3) = Mathematik 2 3 6 = 1 2 Sommersemester 2008 81 3. Wahrscheinlichkeitstheorie Zufallsvariablen und Verteilungen Verteilungsfunktion ◮ Zuweisung von Wahrscheinlichkeiten zu Realisationen ◮ Formal: F(x) = P(X ≦ x) ◮ Eigenschaften: - F(x) ∈ [0; 1] Definitionsbereich: R mit F(−∞) = 0, F(∞) = 1 monoton wachsend, d.h. x1 < x2 ⇒ F(x1 ) ≦ F(x2 ) Es gilt: P(a < X ≦ b) = F(b) − F(a) F(x) 1.0 0.5 1 Etschberger (HS Weingarten) 2 3 4 5 6 Mathematik 2 7 8 9 10 x Sommersemester 2008 82 3. Wahrscheinlichkeitstheorie Zufallsvariablen und Verteilungen Diskrete Zufallsvariablen ◮ X heißt diskret, wenn X(Ω) = {x1 , x2 , . . . } endlich ist. ◮ Wahrscheinlichkeitsfunktion dann: f(x) = P(X = x) Beispiel: Münze 2 mal werfen; X: Anzahl Kopf“ ” xi f(xi ) (Z, Z) (Z, K), (K, Z) (K, K) 0 1 2 1 4 1 2 1 4 f(x) 0, 1 , F(x) = 34 4, 1, F(x) 1 3 4 1 2 1 4 • 0 • 1 Etschberger (HS Weingarten) 1 4 • 2 x • < < < ≧ 0 1 2 2 • • 0 Mathematik 2 falls x falls 0 ≦ x falls 1 ≦ x falls x 1 2 x Sommersemester 2008 83 3. Wahrscheinlichkeitstheorie Zufallsvariablen und Verteilungen Binomialverteilung ◮ Wiederholter Zufallsvorgang ◮ n Durchführungen ◮ Pro Durchführung: A oder Ā mit P(A) = p (= b Ziehen mit Zurücklegen) ◮ Schreibe: Xi = ◮ 1, falls A bei i-ter Durchführung eintritt 0, falls Ā bei i-ter Durchführung eintritt Dann gibt X= n X Xi i=1 an, wie oft A eintritt. ◮ Gesucht: Wahrscheinlichkeitsfunktion von X Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 2 Sommersemester 2008 84 3. Wahrscheinlichkeitstheorie Zufallsvariablen und Verteilungen Binomialverteilung ◮ Herleitung: 1) P(Xi = 1) = P(A) = p, P(Xi = 0) = P(Ā) = 1 − p n P xi = x entspricht x mal Ereignis A und n − x mal Ā“ 2) ” i=1 Wahrscheinlichkeit (bei Unabhängigkeit): px · (1 − p)n−x n 3) Aber: Reihenfolge irrelevant! Anzahl Anordnungen: x ➠ Wahrscheinlichkeitsfunktion: n · px · (1 − p)n−x , falls x ∈ {0, 1, . . . , n} x f(x) = 0, sonst ◮ Kurzschreibweise: X ∼ B(n; p) ◮ F(x) in Tabelle 1; für f(x) gilt: f(x) = F(x) − F(x − 1) Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 2 Sommersemester 2008 85 3. Wahrscheinlichkeitstheorie Zufallsvariablen und Verteilungen Binomialverteilung: Beispiel Beispiel Aus einem 32-er Kartenblatt wird 3-mal eine Karte mit Zurücklegen gezogen. Wie wahrscheinlich ist es, 2-mal Herz“ zu ziehen? ” 1, falls i-te Karte Herz 8 Xi = ⇒ Xi ∼ B(1; 32 ) 0, sonst n P Xi = X1 + X2 + X3 ⇒ X ∼ B(3; 41 ) X = i=1 Mithilfe der Wahrscheinlichkeitsfunktion: P(X = 2) = f(2) = Mithilfe von Tabelle 1: 3 · 0,252 · 0,751 = 0,1406 2 P(X = 2) = F(2) − F(1) = 0,9844 − 0,8438 = 0,1406 Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 2 Sommersemester 2008 86 3. Wahrscheinlichkeitstheorie Zufallsvariablen und Verteilungen Binomialverteilung (BB S. 308) Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 2 Sommersemester 2008 87 3. Wahrscheinlichkeitstheorie Zufallsvariablen und Verteilungen Hypergeometrische Verteilung ◮ n-faches Ziehen ohne Zurücklegen aus N Objekten, davon M markiert. X = Anzahl gezogener Objekte mit Markierung ◮ ◮ ◮ heißt hypergeometrisch verteilt mit den Parametern N, M, n. Kurzschreibweise: X ∼ Hyp(N; M; n) Wahrscheinlichkeitsfunktion: M N−M n−x x , falls x möglich f(x) = N n 0, sonst Ist n ≦ N 20 , so gilt: Hyp(N; M; n) ≈ B(n; M N) Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 2 Sommersemester 2008 88 3. Wahrscheinlichkeitstheorie Zufallsvariablen und Verteilungen Beispiel ◮ Aus einem 32-Kartenblatt wird 3-mal eine Karte ohne Zurücklegen gezogen. ◮ Wie wahrscheinlich ist es, 2-mal Herz“ zu ziehen? ” D.h.: N = 32, M = 8, n = 3, x = 2. 8 8 32 − 8 24 8! · 24 2 2 3−2 1 P(X = 2) = f(2) = = = 2! · 6! 32! 32 32 3! · 29! 3 3 29! · 8! · 3! · 24 8 · 7 · 3 · 24 4032 21 = = = = = 0,1355 32! · 6! · 2! 32 · 31 · 30 29760 155 n! n n = n. und = Dabei wurde verwendet: 1 k k!(n − k)! ◮ Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 2 Sommersemester 2008 89 3. Wahrscheinlichkeitstheorie Zufallsvariablen und Verteilungen Poisson-Verteilung Approximation für B(n; p) und Hyp(N; M; n) Geeignet, wenn p klein (≦ 0,1), n groß (≧ 50) und np ≦ 10. ➠ Verteilung der seltenen Ereignisse“ (z.B. Anzahl 6-er pro ” Lottoausspielung) ◮ Kurzschreibweise: X ∼ P(λ) ◮ Wahrscheinlichkeitsfunktion: x λ · e−λ , falls x = 0, 1, 2, . . . f(x) = x! 0, sonst ◮ ◮ ◮ ◮ F(x) in Tabelle 2 Überblick: Approximation p= Hyp(N; M; n) Etschberger (HS Weingarten) M N B(n; p) Mathematik 2 λ = np = n M N P(λ) Sommersemester 2008 90 3. Wahrscheinlichkeitstheorie Zufallsvariablen und Verteilungen Poisson-Verteilung: Beispiel Beispiel ◮ X ∼ B(10 000; 0,0003); In Tabelle 1 nicht vertafelt! Approximation: p = 0,0003 < 0,1 n = 10 000 > 50 ⇒ B(10 000; 0,0003) ≈ P(3) np = 3 < 10 ◮ Mithilfe der Wahrscheinlichkeitsfunktion: P(X = 5) = 35 −3 · e = 0,1008188 5! ◮ Mithilfe von Tabelle 2: P(X = 5) = F(5) − F(4) = 0,9161 − 0,8153 = 0,1008 ◮ Exakter Wert: P(X = 5) = 0,1008239 Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 2 Sommersemester 2008 91 3. Wahrscheinlichkeitstheorie Zufallsvariablen und Verteilungen Poisson-Verteilung (BB S. 317) Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 2 Sommersemester 2008 92 3. Wahrscheinlichkeitstheorie Zufallsvariablen und Verteilungen Stetige Zufallsvariablen ◮ X heißt stetig, wenn F(x) stetig ist. ◮ Dann gilt: F(x) = Zx f(t) dt −∞ F ′ (x) = f(x) heißt Dichtefunktion von X. ◮ Dann: P(a < X < b) = P(a ≦ X < b) = P(a < X ≦ b) = P(a ≦ X ≦ b) Rb = a f(x) dx = F(b) − F(a) Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 2 Sommersemester 2008 93 3. Wahrscheinlichkeitstheorie Zufallsvariablen und Verteilungen Eigenschaften der Dichtefunktion ◮ ◮ f(x) ≧ 0 für alle x ∈ R Wegen F(∞) = 1 muss stets gelten: Z∞ f(x) dx = 1 −∞ ◮ ◮ P(X = x) = 0 für alle x ∈ R f(x) > 1 ist möglich ◮ F ′ (x) = f(x) ◮ Intervallgrenzen spielen keine Rolle: P(X ∈ [a; b]) = P(X ∈ (a; b]) = P(X ∈ [a; b)) = P(X ∈ (a; b)) = F(b) − F(a) Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 2 Sommersemester 2008 94 3. Wahrscheinlichkeitstheorie Zufallsvariablen und Verteilungen Dichtefunktion: Beispiel Beispiel Verteilungsfunktion: Zx 0 Etschberger (HS Weingarten) x<0 0, falls 1 , falls 0 ≦ x ≦ 10 f(x) = 10 0, falls x > 10 f(t) dt = Zx 0 x t x 1 = dt = ⇒ 10 10 0 10 x<0 0, falls x , falls 0 ≦ x ≦ 10 F(x) = 10 1, falls x > 10 Mathematik 2 Sommersemester 2008 95 3. Wahrscheinlichkeitstheorie Zufallsvariablen und Verteilungen Gleichverteilung Eine Zufallsvariable X mit 1 , falls a ≦ x ≦ b f(x) = b − a 0 , sonst heißt gleichverteilt im Intervall [a; b]. f(x) 1 b−a a Etschberger (HS Weingarten) b Mathematik 2 x Sommersemester 2008 96 3. Wahrscheinlichkeitstheorie Zufallsvariablen und Verteilungen Gleichverteilung ◮ Verteilungsfunktion: ◮ 0 , falls x<a x−a , falls a ≦ x ≦ b F(x) = b−a 1 , falls x>b Beispiel: X gleichverteilt in [1; 20] P(2 ≦ X ≦ 12) = F(12) − F(2) = 10 12 − 2 = 20 − 1 19 = 0,5263 2−1 12 − 1 − 20 − 1 20 − 1 = Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 2 28.04.2008 Sommersemester 2008 97 3. Wahrscheinlichkeitstheorie Zufallsvariablen und Verteilungen Normalverteilung Eine Zufallsvariable X mit − 1 f(x) = √ · e σ 2π (x − µ)2 2σ2 und σ > 0 heißt normalverteilt. Kurzschreibweise: X ∼ N(µ; σ) Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 2 Sommersemester 2008 98 3. Wahrscheinlichkeitstheorie Zufallsvariablen und Verteilungen Normalverteilung: Gaußkurve Gaußsche Glockenkurve f(x) Etschberger (HS Weingarten) C. F. Gauß Mathematik 2 Sommersemester 2008 99 3. Wahrscheinlichkeitstheorie Zufallsvariablen und Verteilungen Eigenschaften der Normalverteilung ◮ Dichte ist symmetrisch zu µ: f(µ − x) = f(µ + x) ➠ µ ist Lage-, σ ist Streuungsparameter ◮ Standardnormalverteilung: N(0; 1) mit Verteilungsfunktion Φ(x) (→ Tabelle 3) ◮ Kenntnis von Φ(x), µ und σ genügt, denn: ⇒ X ∼ N(µ; σ) ⇐⇒ X−µ σ ∼ N(0; 1) x−µ F(x) = Φ σ ◮ Tabelle 3 enthält nur positive x: Φ(−x) = 1 − Φ(x) Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 2 Sommersemester 2008 100 3. Wahrscheinlichkeitstheorie Zufallsvariablen und Verteilungen Normalverteilung: Beispiel Beispiel: Projektdauer X ∼ N(39; 2). Wahrscheinlichkeit für Projektdauer zwischen 37 und 41 Wochen? P(37 ≦ X ≦ 41) = F(41) − F(37) −Φ = Φ 41−39 2 37−39 2 = Φ(1) − Φ(−1) = Φ(1) − [1 − Φ(1)] = 2 · Φ(1) − 1 = 2 · 0,8413 − 1 = 0,6826 Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 2 Sommersemester 2008 101 3. Wahrscheinlichkeitstheorie Zufallsvariablen und Verteilungen Standardnormalverteilung (BB S. 319) Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 2 Sommersemester 2008 102 3. Wahrscheinlichkeitstheorie Verteilungsparameter Lageparameter a) Modus xMod : f(xMod ) ≧ f(x) für alle x (i.A. nicht eindeutig, z.B. Gleichverteilung) Beispiele: - Normalverteilung: xMod = µ - Diskrete Verteilung mit: x 0 1 2 f(x) 41 21 14 b) Median xMed : F(xMed ) = 1 2 ⇒ xMod = 1 bzw. kleinstes x mit F(x) > 1 2 Beispiele: - Normalverteilung: xMed = µ - Diskrete Verteilung oben: F(0) = Etschberger (HS Weingarten) 1 4 < 12 , F(1) = Mathematik 2 3 4 > 1 2 ⇒ xMed = 1 Sommersemester 2008 103 3. Wahrscheinlichkeitstheorie Verteilungsparameter Lageparameter: Fraktile c) α -Fraktil xα : F(xα ) = α (für stetige Verteilungen) Beispiel: X ∼ N(0; 1), Y ∼ N(3; 2) x0,975 = 1,96 x0,025 = −x0,975 = −1,96 y0,025 = 2 · x0,025 +3 = −0,92 (Tab. 3) Hinweise: - xMed = x0,5 - Wenn xα nicht vertafelt → Interpolation: xα ≈ xa + (xb − xa ) · mit α−a b−a a : größte vertafelte Zahl < α b : kleinste vertafelte Zahl > α Beispiel: X ∼ N(0; 1); x0,6 ≈ 0,25 + (0,26 − 0,25) · Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 2 0,6−0,5987 0,6026−0,5987 = 0,2533 Sommersemester 2008 104 3. Wahrscheinlichkeitstheorie Verteilungsparameter Lageparameter: Erwartungswert d) Erwartungswert E(X) bzw. µ: X xi f(xi ), i E(X) = ∞ Z xf(x) dx, falls X diskret falls X stetig −∞ x 0 1 2 f(x) 14 21 14 Beispiel: Diskrete Verteilung E(X) = 0 · Etschberger (HS Weingarten) 1 4 +1· Mathematik 2 1 2 +2· : 1 4 =1 Sommersemester 2008 105 3. Wahrscheinlichkeitstheorie Verteilungsparameter Rechenregeln für den Erwartungswert ➀ Ist f symmetrisch bzgl. a, so gilt E(X) = a Beispiel: f der Gleichverteilung symmetrisch bzgl. a+b 2 ➁ Lineare Transformation: ⇒ E(X) = a+b 2 E(a + bX) = a + b · E(X) ➂ Summenbildung: E n X i=1 Xi ! = n X E(Xi ) i=1 Beispiel: X gleichverteilt in [0; 10], Y ∼ N(1; 1); Z = X + 5Y E(Z) = E(X + 5Y) = E(X) + E(5Y) = E(X) + 5 · E(Y) = 10+0 2 + 5 · 1 = 10 ➃ Unabhängigkeit: X, Y unabhängig ⇒ E(X · Y) = E(X) · E(Y) Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 2 Sommersemester 2008 106 3. Wahrscheinlichkeitstheorie Verteilungsparameter Streuungsparameter ◮ Varianz Var(X) bzw. σ2 : X [xi − E(X)]2 f(xi ), f. X diskret i Var(X) = E([X − E(X)]2 ) = ∞ Z [x − E(X)]2 f(x) dx, f. X stetig −∞ ◮ Standardabweichung Sta(X) bzw. σ: Sta(X) = ◮ Beispiel: Diskrete Verteilung x 0 1 2 f(x) 14 21 14 Var(X) = (0 − 1)2 · Etschberger (HS Weingarten) p Var(X) : 1 1 1 1 + (1 − 1)2 · + (2 − 1)2 · = 4 2 4 2 Mathematik 2 Sommersemester 2008 107 3. Wahrscheinlichkeitstheorie Verteilungsparameter Rechenregeln für die Varianz ➀ Verschiebungssatz: Var(X) = E(X2 ) − [E(X)]2 Beispiel: Diskrete Verteilung E(X2 ) = = ⇒ E(X2 ) − [E(X)]2 = x 0 1 2 f(x) 14 21 14 02 · 3 2 3 2 1 4 : 1 2 + 12 · − 12 = 1 2 + 22 · 1 4 = Var(X) ➁ Lineare Transformation: Var(a + bX) = b2 Var(X) ➂ Summenbildung: Var n X i=1 Xi ! = n X Var(Xi ) i=1 Setzt Unabhängigkeit der Xi voraus! Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 2 Sommersemester 2008 108 3. Wahrscheinlichkeitstheorie Verteilungsparameter Erwartungswerte und Varianzen wichtiger Verteilungen Verteilung von X E(X) VarX Binomialverteilung B(n; p) np np(1 − p) Hypergemoetrische Verteilung mit den Parametern N, M, n nM N N−M N−n nM N N N−1 Posson-Verteilung P(λ) λ λ a+b 2 (b − a)2 12 µ σ2 Gleichverteilung in [a; b] mit a < b Normalverteilung N(µ; σ) Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 2 Sommersemester 2008 109 3. Wahrscheinlichkeitstheorie Verteilungsparameter Kovarianz und Korrelation ◮ Kovarianz: Cov(X, Y) = E[(X − E(X))(Y − E(Y))] = E(X · Y) − E(X) · E(Y) (Verschiebungssatz) ◮ Korrelationskoeffizient: ◮ Bemerkungen: ρ(X, Y) = p Cov(X, Y) Var(X) · Var(Y) ➀ ρ ist r nachgebildet ⇒ ρ ∈ [−1; 1] ➁ |ρ| = 1 ⇐⇒ Y = a + bX (mit b 6= 0) ➂ ρ = 0 ⇐⇒ X, Y unkorreliert ◮ Varianz einer Summe zweier ZV: Var(X + Y) = Var(X) + Var(Y) + 2 Cov(X, Y) Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 2 Sommersemester 2008 110 4. Induktive Statistik Übersicht 1 Einführung 2 Deskriptive Statistik 3 Wahrscheinlichkeitstheoretische Grundlagen 4 Induktive Statistik Grundlagen Punkt-Schätzung Intervall-Schätzung Signifikanztests 5 Finanzmathematik Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 2 Sommersemester 2008 111 4. Induktive Statistik Grundlagen Grundlagen der induktiven Statistik ◮ Vollerhebung of unmöglich, ◮ Deshalb: Beobachte Teilgesamtheit und schließe auf Grundgesamtheit Beispiel Warensendung von 1000 Stück; darunter M Stück Ausschuss. M ist unbekannt. → Zufällige Entnahme von n = 30 Stück ( Stichprobe“). ” Darunter 2 Stück Ausschuss. Denkbare Zielsetzungen: 2 30 · 1000 = 66,67) ◮ Schätze M durch eine Zahl (z.B. ◮ Schätze ein Intervall für M (z.B. M ∈ [58; 84]) ◮ Teste die Hypothese, dass M > 50 ist. Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 2 Sommersemester 2008 112 4. Induktive Statistik Grundlagen Grundbegriffe ◮ Grundgesamtheit (G): Menge aller relevanten Merkmalsträger. ◮ Verteilung von G: F(x) = P(X ≦ x) = Wahrscheinlichkeit, dass ein Merkmalsträger ausgewählt wird, der beim untersuchten Merkmal maximal die Ausprägung x aufweist. ◮ Uneingeschränkte (reine) Zufallsauswahl: Jedes Element von G hat die selbe Chance, ausgewählt zu werden. ◮ Stichprobenumfang (n): Anzahl der Merkmalsträger in der Stichprobe. ◮ Einfache Stichprobe: Uneingeschränkte Zufallsauswahl und unabhängige Ziehung. → Alle Stichprobenvariablen X1 , . . . , Xn sind iid. ◮ Stichprobenergebnis: n-Tupel der Realisationen der Stichprobenvariablen, (x1 , . . . , xn ). Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 2 Sommersemester 2008 113 4. Induktive Statistik Grundlagen Wichtige Stichprobenfunktionen ◮ Gegeben: Einfache Stichprobe X1 , . . . , Xn , Beliebige Verteilung, mit E(Xi ) = µ, Var(Xi ) = σ2 Stichprobenfunktion V Bezeichnung E(V) Var(V) n X Merkmalssumme nµ nσ2 Stichprobenmittel µ σ2 n Gauß-Statistik 0 1 Xi i=1 X̄ = n 1 X Xi n i=1 X̄ − µ √ n σ 1 n 1 n n X (Xi − µ)2 i=1 n X (Xi − X̄)2 mittlere quadratische Abweichung i=1 n X 1 (Xi − X̄)2 n−1 i=1 √ S = S2 S2 = X̄ − µ √ n S ◮ mittlere quadratische Abweichung bezüglich µ Stichprobenvarianz σ2 n−1 2 σ n σ2 Stichproben-Standardabweichung t-Statistik Herleitungen: BB S. 140 Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 2 Sommersemester 2008 114 4. Induktive Statistik Grundlagen Testverteilungen ➀ Chi-Quadrat-Verteilung: ◮ Sind X1 , . . . , Xn iid N(0; 1)-verteilte ZV, so wird die Verteilung von Z= n X X2i i=1 als Chi-Quadrat-Verteilung mit n Freiheitsgraden bezeichnet. ◮ ◮ Kurzschreibweise: Z ∼ χ2 (n) Beispiel: χ2 (30): x0,975 = 46,98 Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 2 Sommersemester 2008 115 4. Induktive Statistik Grundlagen Testverteilungen: Tabelle der χ2 -Verteilung (BB S. 324) Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 2 Sommersemester 2008 116 4. Induktive Statistik Grundlagen Testverteilungen ➁ t-Verteilung: ◮ Ist X ∼ N(0; 1), Z ∼ χ2 (n), X, Z unabhängig, so wird die Verteilung von X T=q 1 nZ als t-Verteilung mit n Freiheitsgraden bezeichnet. ◮ ◮ Kurzschreibweise: T ∼ t(n) Beispiel: t(10) x0,6 = 0,260, x0,5 = 0, x0,1 = −x0,9 = −1,372 Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 2 Sommersemester 2008 117 4. Induktive Statistik Grundlagen Testverteilungen: Tabelle der t-Verteilung (BB S. 320) Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 2 Sommersemester 2008 118 4. Induktive Statistik Punkt-Schätzung Punkt-Schätzung ◮ Ein unbekannter Parameter ϑ der Verteilung von G soll auf Basis einer Stichprobe geschätzt werden. ◮ Zum Beispiel: σ von N(10; σ) ◮ Schätzwert: ϑ̂ ◮ Vorgehen: Verwendung einer Schätzfunktion Θ̂ = g(X1 , . . . , Xn ) Beachte: Der Schätzwert ϑ̂ ist die Realisierung der ZV (!) Θ̂. ◮ Frage: Welche Stichprobenfunktion ist zur Schätzung geeignet? ➠ Kriterien für die Beurteilung/Konstruktion von Schätzfunktionen! ◮ Im Folgenden: Vorliegen einer einfachen Stichprobe, d.h. X1 , . . . , Xn iid. Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 2 Sommersemester 2008 119 4. Induktive Statistik Punkt-Schätzung Erwartungstreue und Wirksamkeit ◮ Eine Schätzfunktion Θ̂ = g(X1 , . . . , Xn ) heißt erwartungstreu oder unverzerrt für ϑ, wenn unabhängig vom numerischen Wert von ϑ gilt: E(Θ̂) = ϑ Beispiel Sind Θ̂ = X̄, Θ̂ ′ = X1 +Xn , 2 Θ̂ ′′ = 1 n−1 n P Xi erwartungstreu für µ? i=1 E(X̄) = µ a) Θ̂: ⇒ Θ̂ ist erwartungstreu. 1 n E X1 +X b) Θ̂ ′ : = 2 [E(X1 ) + E(Xn )] = 21 (µ + µ) = µ 2 ⇒ Θ̂ ′ ist erwartungstreu. n n n P P P 1 n 1 1 c) Θ̂ ′′ : E n−1 Xi = n−1 E(Xi ) = n−1 µ = n−1 µ 6= µ i=1 i=1 i=1 ⇒ Θ̂ ′′ ist nicht erwartungstreu Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 2 Sommersemester 2008 120 4. Induktive Statistik Punkt-Schätzung Erwartungstreue und Wirksamkeit ◮ ◮ Welche der erwartungstreuen Schätzfunktionen Θ̂, Θ̂ ′ ist besser“? ” Von zwei erwartungstreuen Schätzfunktionen Θ̂, Θ̂ ′ für ϑ heißt Θ̂ wirksamer als Θ̂ ′ , wenn unabhängig vom numerischen Wert von ϑ gilt: Var(Θ̂) < Var(Θ̂ ′ ) Beispiel: (Θ̂ = X̄, Θ̂ ′ = Wegen X1 +Xn ) 2 = σ2 n +σ ) = σ2 2 Var(Θ̂) = Var(X̄) ′ Var(Θ̂ ) = Var X1 +X2 2 = 1 (σ2 4 2 (falls n > 2) ist Θ̂ wirksamer als Θ̂ ′ . Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 2 ⇒ Var(Θ̂) < Var(Θ̂ ′ ) Sommersemester 2008 121 4. Induktive Statistik Intervall-Schätzung Intervall-Schätzung ◮ Für einen unbekannten Verteilungsparameter ϑ soll auf Basis einer Stichprobe ein Intervall geschätzt werden. ◮ Verwendung der Stichprobenfunktionen Vu , Vo , so dass Vu ≦ Vo und P(Vu ≦ ϑ ≦ Vo ) = 1 − α stets gelten. [Vu ; Vo ] heißt Konfidenzintervall (KI) für ϑ zum Konfidenzniveau 1 − α. ◮ Beachte: Das Schätzintervall [vu ; vo ] ist Realisierung der ZV (!) Vu , Vo . ➠ Irrtumswahrscheinlichkeit α (klein, i.d.R. α ≦ 0,1) ◮ Frage: Welche Konfidenzintervalle sind zur Schätzung geeignet? ➠ Hängt von Verteilung von G sowie vom unbekannten Parameter (µ, σ2 ) ab! ◮ Im Folgenden: Einfache Stichprobe X1 , . . . , Xn mit E(Xi ) = µ, Var(Xi ) = σ2 Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 2 Sommersemester 2008 122 4. Induktive Statistik Intervall-Schätzung Intervall-Schätzung Wichtiger Spezialfall: Symmetrische Konfidenzintervalle ◮ Symmetrisch heißt nicht, dass die Dichte symmetrisch ist, sondern ◮ übereinstimmende W’keiten für Über-/Unterschreiten des KI, d.h. P(Vu > ϑ) = P(Vo < ϑ) = ◮ α 2 Wichtig: Eine Verkleinerung von α bewirkt eine Vergrößerung des KI. Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 2 Sommersemester 2008 123 4. Induktive Statistik Intervall-Schätzung Überblick Intervallschätzung (BB S. 172) Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 2 Sommersemester 2008 124 4. Induktive Statistik Intervall-Schätzung 13.1.1 KI für µ bei Normalverteilung mit bekanntem σ2 Vorgehensweise: Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 2 Sommersemester 2008 125 4. Induktive Statistik Intervall-Schätzung Intervallschätzung: Beispiel Beispiel Normalverteilung mit σ = 2,4 (x1 , . . . , x9 ) = (184,2; 182,6; 185,3; 184,5; 186,2; 183,9; 185,0; 187,1; 184,4) Gesucht: KI für µ zum Konfidenzniveau 1 − α = 0,99 1. 1 − α = 0,99 2. N(0; 1): c = x1− α2 = x1− 0,01 = x0,995 = 2,576 (Tab. 3; Interpolation) 2 3. x̄ = 1 9 σc √ n = 4. (184,2 + · · · + 184,4) = 184,8 2,4·2,576 √ 9 = 2,06 5. KI = [184,8 − 2,06; 184,8 + 2,06] = [182,74; 186,86] Interpretation: Mit 99 % Wahrscheinlichkeit ist µ ∈ [182,74; 186,86]. Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 2 Sommersemester 2008 126 4. Induktive Statistik Intervall-Schätzung Wichtige Fraktilswerte Wichtige N(0; 1)-Fraktilswerte: α xα 0,9 0,95 0,975 0,99 0,995 1,281552 1,644854 1,959964 2,326348 2,575829 (I.d.R. genügen drei Nachkommastellen.) Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 2 Sommersemester 2008 127 4. Induktive Statistik Intervall-Schätzung Intervalllänge ◮ Im Fall 13.1.1 gilt offenkundig 2σc L = Vo − Vu = √ n ◮ Welcher Stichprobenumfang n sichert eine vorgegebene (Maximal-)Länge L? ⇒ Nach n auflösen! ⇒ n≧ 2σc L 2 ◮ Eine Halbierung von L erfordert eine Vervierfachung von n! ◮ Angewendet auf letztes Beispiel: L = 4 ⇒n ≧ L = 2 ⇒n ≧ Etschberger (HS Weingarten) 2·2,4·2,576 2 4 2·2,4·2,576 2 2 Mathematik 2 = 9,556 ⇒ n ≧ 10 = 38,222 ⇒ n ≧ 39 Sommersemester 2008 128 4. Induktive Statistik Intervall-Schätzung Konfidenzintervalllänge KI für µ bei Normalverteilung mit unbekanntem σ2 ◮ Vorgehensweise: ◮ Zu Schritt 2: Falls n − 1 > 30 wird die N(0; 1)-Verteilung verwendet. Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 2 Sommersemester 2008 129 4. Induktive Statistik Intervall-Schätzung Konfidenzintervalllänge Beispiel: Wie das letzte Beispiel, jedoch σ unbekannt. 1. 1 − α = 0,99 2. t(8): c = x1− α2 = x1− 0,01 = x0,995 = 3,355 (Tab. 4) 2 1 9 (184,2 + · · · + 184,4) = 184,8 q s = 18 [(184,22 + · · · + 184,42 ) − 9 sc √ √ = 1,47 = 1,31·3,355 n 9 3. x̄ = 4. · 184,82 ] = 1,31 5. KI = [184,8 − 1,47; 184,8 + 1,47] = [183,33; 186,27] Interpretation: Mit 99 % Wahrscheinlichkeit ist µ ∈ [183,33; 186,27]. Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 2 Sommersemester 2008 130 4. Induktive Statistik Intervall-Schätzung Konfidenzintervall für µ bei beliebiger Verteilung ◮ Voraussetzung: n > 30, bzw. falls G dichotom: 5 ≦ n P xi ≦ n − 5 i=1 ◮ Vorgehensweise: ◮ Zu Schritt 3: Manchmal kann anderer Schätzwert σ̂ sinnvoller sein. Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 2 Sommersemester 2008 131 4. Induktive Statistik Intervall-Schätzung Konfidenzintervall für µ bei beliebiger Verteilung Beispiel: Poisson-Verteilung mit λ (= µ = σ2 ) unbekannt. (x1 , . . . , x40 ) = (3; 8; . . . ; 6) Gesucht: KI für λ zum Konfidenzniveau 1 − α = 0,9 1. 1 − α = 0,9 2. N(0; 1) : c = x1− α2 = x1− 0,1 = x0,95 = 1,645 2 1 3. x̄ = (3 + 8 + · · · + 6) = 6,5 40 √ √ σ̂ = x̄ = 6,5 = 2,55 (da σ2 = λ) σ̂c 2,55 · 1,645 √ = 0,66 4. √ = n 40 5. KI = [6,5 − 0,66; 6,5 + 0,66] = [5,84; 7,16] Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 2 Sommersemester 2008 132 4. Induktive Statistik Intervall-Schätzung 13.2 KI für σ2 bei Normalverteilung ◮ Vorgehensweise: Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 2 Sommersemester 2008 133 4. Induktive Statistik Intervall-Schätzung KI für σ2 bei Normalverteilung Beispiel: G ∼ N(µ; σ); (x1 , . . . , x5 ) = (1; 1,5; 2,5; 3; 2) Gesucht: KI für σ2 zum Konfidenzniveau 1 − α = 0,99 1. 1 − α = 0,99 2. χ2 (5) : c1 = x α2 = x0,005 = 0,41; c2 = x1− α2 = x0,995 = 16,75 3. x̄ = 51 (1 + 1,5 + · · · + 2) = 2 5 P (xi − x̄)2 = (1− 2)2 + (1,5− 2)2 + (2,5− 2)2 + (3− 2)2 + (2− 2)2 = 2,5 i=1 4. vu = 2,5 16,75 = 0,15; vo = 2,5 0,41 = 6,10 5. KI = [0,15; 6,10] (Extrem groß, da n klein.) Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 2 Sommersemester 2008 134 4. Induktive Statistik Signifikanztests Signifikanztests ◮ Vorliegen einer Hypothese über die Verteilung(en) der Grundgesamtheit(en). ◮ Beispiele: - Der Würfel ist fair.“ ” - Die Brenndauern zweier unterschiedlicher Glühbirnensorten sind gleich.“ ” ◮ Die Hypothese soll anhand einer Stichprobe überprüft werden. ◮ Prinzip: - Hypothese verwerfen, wenn signifikanter“ Widerspruch zur Stichprobe. ” - Ansonsten: Hypothese nicht verwerfen. ◮ Eine verworfene Hypothese gilt als statistisch widerlegt. ◮ Nicht-Verwerfung ist dagegen ein Freispruch aus Mangel an Beweisen“. ” Zu Beachten: Nicht-Verwerfung ist kein statistischer Beweis“, dass Hypothese wahr ist! ” ( Trick“: Hypothese falsch ⇐⇒ Gegenhypothese wahr!) ” Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 2 Sommersemester 2008 135 4. Induktive Statistik Signifikanztests Einstichproben-Gaußtest ◮ Zunächst: - G ∼ N(µ; σ) mit σ bekannt - Einfache Stichprobe X1 , . . . , Xn - (Null-)Hypothese H0 : µ = µ0 ◮ Beispiel: X1 , . . . , X25 mit Xi = Füllmenge der i-ten Flasche ∼ N(µ; 1,5) Nullhypothese H0 : µ = 500, d.h. µ0 = 500 ◮ Je nach Interessenlage sind unterschiedliche Gegenhypothesen möglich: a) b) c) ◮ H1 : µ 6= µ0 H1 : µ < µ0 H1 : µ > µ0 Entscheidung: a) b) c) H0 H1 H1 H1 Etschberger (HS Weingarten) : : : : µ µ µ µ = 6= < > µ0 µ0 , µ0 , µ0 , wird abgelehnt gegenüber wenn |x̄ − µ0 | sehr groß“ ist ” wenn x̄ weit kleiner“ als µ0 ist ” wenn x̄ weit größer“ als µ0 ist ” Mathematik 2 Sommersemester 2008 136 4. Induktive Statistik Signifikanztests Einstichproben-Gaußtest √ 0 ◮ Alternatives Kriterium: v = x̄−µ n σ ◮ Vorteil: Verteilung bekannt: N(0; 1) Mögliche Fehlentscheidungen ◮ Dann: H0 : µ = µ0 wird abgelehnt gegenüber ◮ Ablehnung von H0 , obwohl H0 richtig ist: Fehler 1. Art ◮ Nicht-Ablehnung von H0 , obwohl H0 falsch ist: Fehler 2. Art a) H1 : µ 6= µ0 , wenn |v| sehr groß“ ist ” b) H1 : µ < µ0 , wenn v sehr negativ“ ist ” c) H1 : µ > µ0 , wenn v sehr positiv“ ist ” n H0 beibehalte tig H 0 rich H0 ablehnen n H0 beibehalte H0 fals ch H0 ablehnen ◮ Signifikanzniveau α: Maximal erlaubte Wahrscheinlichkeit für einen Fehler 1. Art. Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 2 Sommersemester 2008 137 4. Induktive Statistik Signifikanztests Einstichproben-Gaußtest ◮ Mithilfe von α und V kann geklärt werden, was sehr groß“ usw. heißt: ” Wahrscheinlichkeit für Fehler 1. Art im Fall a): |v| > x, obwohl H0 richtig: P(|V| > x) = P(V > x) + P(V < −x) = 2 · P(V > x) (Symmetrie der Normalverteilung) ! = 2 · [1 − P(V ≦ x)] = 2 · [1 − Φ(x)] = α ⇐⇒ Φ(x) = 1 − α2 ⇐⇒ x = x1− α2 ◮ H0 wird demnach verworfen, wenn |v| > x1− α2 bzw. v ∈ B ist. B = (−∞; −x1− α2 ) ∪ (x1− α2 ; ∞) heißt Verwerfungsbereich. Analoge Vorgehensweise für die Fälle b) und c) Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 2 Sommersemester 2008 138 4. Induktive Statistik Signifikanztests Einstichproben-Gaußtest ➠ Insgesamt: Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 2 Sommersemester 2008 139 4. Induktive Statistik Signifikanztests Einstichproben-Gaußtest Beispiel: X1 , . . . , X25 mit Xi ∼ N(µ; 1,5) und x̄ = 499,28 Prüfe H0 : µ = 500, H1 : µ 6= 500 zum Signifikanzniveau α = 0,01 Lösung: Einstichproben-Gaußtest, Fall a) 1. α = 0,01 2. v = 499,28−500 1,5 · √ 25 = −2,4 3. N(0; 1) : x1− α2 = x1−0,005 = x0,995 = 2,576 ⇒ B = (−∞; −2,576) ∪ (2,576; ∞) 4. v ∈ / B ⇒ H0 nicht verwerfen Interpretation: Zum Signifikanzniveau 1 % kann der Brauerei keine Abweichung vom Sollwert µ0 = 500 nachgewiesen werden. Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 2 Sommersemester 2008 140 4. Induktive Statistik Signifikanztests Aufbau und Klassifikation von Signifikanztests Der jeweils geeignete Test hängt ab von . . . ◮ dem zu testenden Hypothesenpaar H0 , H1 ; unterscheide: - Parametrische Hypothesen: Beziehen sich auf unbekannte(n) Verteilungsparameter (µ, σ2 , . . . ) - Nichtparametrische Hypothesen: Beinhalten sonstige Aussagen, z.B. Alter und Einkommen sind unabh.“ ” ◮ den Voraussetzungen an die Verteilung/parameter (z.B. G ∼ N(µ; σ)) ◮ den Voraussetzungen an den Stichprobenumfang (z.B. n > 30) ◮ Art und Anzahl der Stichproben; unterscheide: - Signifikanztests bei einer einfachen Stichprobe - Signifikanztests bei mehreren unabhängigen Stichproben - Signifikanztests bei zwei verbundenen Stichproben Hier nur einfache Stichproben Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 2 Sommersemester 2008 141 4. Induktive Statistik Signifikanztests Signifikanztests bei einer einfachen Stichprobe (BB S. 184) Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 2 Sommersemester 2008 142 4. Induktive Statistik Signifikanztests Einstichproben-t-Test und approximativer Gaußtest Gegeben: ◮ Einfache Stichprobe X1 , . . . , Xn mit ◮ E(Xi ) = µ, Var(Xi ) = σ2 Hypothesenpaare: a) b) c) H0 : µ = µ0 H0 : µ = µ0 H0 : µ = µ0 H1 : µ 6= µ0 (oder µ ≧ µ0 ), H1 : µ < µ0 (oder µ ≦ µ0 ), H1 : µ > µ0 Voraussetzungen: 1. Normalverteilung mit σ unbekannt (Einstichproben-t-Test) oder P 2. Beliebige Verteilung mit n > 30 bzw. 5 ≦ xi ≦ n − 5 (bei B(1; p)) (approximativer Gaußtest) Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 2 Sommersemester 2008 143 4. Induktive Statistik Signifikanztests Einstichproben-t-Test, approx. Gaußtest; Vorgehensweise Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 2 Sommersemester 2008 144 4. Induktive Statistik Signifikanztests Einstichproben-t-Test, approx. Gaußtest Beispiel: X1 , . . . , X2000 ∼ B(1; p) mit Xi = 2000 P 1, falls i-te Person Wähler der Partei 0, sonst xi = 108 i=1 Prüfe H0 : p ≦ 0,05 gegen H1 : p > 0,05 zum Signifikanzniveau 2 % Lösung: approx. Gaußtest, Fall c); Voraussetzung 2 erfüllt: 5 ≦ 108 ≦ 2000 − 5 1. α = 0,02 2. v = √ 108 2000 −0,05 0,05·(1−0,05) √ 2000 = 0,82 3. N(0; 1) : x1−α = x0,98 = 2,05 (Tab. 3) ⇒ B = (2,05; ∞) 4. v ∈ / B ⇒ H0 nicht verwerfen Zusatzfrage: Entscheidung, falls α = 0,01? → Keine Änderung! Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 2 Sommersemester 2008 145 4. Induktive Statistik Signifikanztests Chi-Quadrat-Test für die Varianz ◮ Gegeben: Einfache Stichprobe X1 , . . . , Xn ∼ N(µ; σ) ◮ Hypothesenpaare: a) H0 : σ2 = σ20 b) H0 : σ2 = σ20 c) H0 : σ2 = σ20 ◮ 2 (oder σ ≧ (oder σ2 ≦ σ20 ), σ20 ), H1 : σ2 6= σ20 H1 : σ2 < σ20 H1 : σ2 > σ20 Vorgehensweise: Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 2 Sommersemester 2008 146 4. Induktive Statistik Signifikanztests Chi-Quadrat-Test für die Varianz Beispiel: G ∼ N(µ; σ) (x1 , . . . , x10 ) = (2100; 2130; 2150; 2170; 2210; 2070; 2230; 2150; 2230; 2200) Prüfe H0 : σ = 40, H1 : σ 6= 40 zum Signifikanzniveau α = 0,1 Lösung: χ2 -Test für die Varianz, Fall a); Voraussetzungen erfüllt 1. α = 0,1 2. x̄ = v= 1 10 (2100 + 2130 + · · · + 2200) = 2164 1 2 2 402 [(2100 − 2164) + (2130 − 2164) + · · · + (2200 − 2164)2] = 16,65 3. χ2 (9) : x α2 = x0,05 = 3,33; x1− α2 = x0,95 = 16,92 (Tab. 5) ⇒ B = [0; 3,33) ∪ (16,92; ∞) 4. v ∈ / B ⇒ H0 nicht verwerfen Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 2 Sommersemester 2008 147 5. Finanzmathematik Übersicht 1 Einführung 2 Deskriptive Statistik 3 Wahrscheinlichkeitstheoretische Grundlagen 4 Induktive Statistik 5 Finanzmathematik Lernziele Zins- und Zinseszinsrechnung Äquivalenzprinzip und Kapitalwert Rentenrechnung Tilgungsrechnung Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 2 Sommersemester 2008 148 5. Finanzmathematik 5.1. Lernziele Wesentliche Lernziele ◮ Erlernen des Rechnens mit einfacher Verzinsung sowie Zinseszinsen ◮ Berücksichtigung unterschiedlicher Zeitbezüge von Zahlungen ◮ Sicherer Umgang mit dem Begriff des Kapitalwertes ◮ Kennenlernen von Verfahren der (dynamischen) Investitionsrechnung ◮ Beherrschen von Verfahren zur Behandlung von periodisch konstanten Zahlungen ◮ Fähigkeit, Tilgungspläne zu entwerfen und zu analysieren Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 2 Sommersemester 2008 149 5. Finanzmathematik 5.2. Zins- und Zinseszinsrechnung Zinsen ◮ Zinsen sind der Preis, den ein Schuldner für die befristete Überlassung von Kapital bezahlen muss. ◮ Der Betrag der Zinsen (Z) wird aus der Höhe des überlassenen Kapitals K und der Dauer der Überlassung berechnet. Verwendete Symbole: Symbol Bezeichnung K0 Kn n f x Z p Anfangskapital Endkapital ganzzahlige Laufzeit gebrochene Laufzeit nicht–ganzzahlige Laufzeit Zins Prozentzinssatz i= Zinssatz p 100 q=1+i 1 v= q Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 2 Aufzinsungsfaktor Abzinsungsfaktor Sommersemester 2008 150 5. Finanzmathematik 5.2. Zins- und Zinseszinsrechnung Einfache Verzinsung ◮ Sparzinsen können zinseszinslich angelegt werden ◮ Bei Kreditgeschäften zwischen Privatpersonen ist das illegal (BGB, §248) ◮ Deswegen: Einfache Verzinsung gemäß p · n Kn = K0 + Z = K0 + K0 · i · n = K0 · 1 + 100 Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 2 Sommersemester 2008 151 5. Finanzmathematik 5.2. Zins- und Zinseszinsrechnung Unterjährige einfache Verzinsung ◮ In Deutschland Einteilung des Zinsjahres in 12 Monate zu je 30 Tagen (360 Tage) ◮ Dadurch Berechnung von Monats- bzw. Tageszinsen möglich ◮ Laufzeit n ∈ N in Jahren wird dann zu Laufzeit f ∈ Q in Jahren mit t2 − t1 f= (t1 entspricht Tag der Einzahlung, t2 Tag der Auszahlung) 360 Daraus ergibt sich t t = K0 1 + i · Kn = K0 + K0 · i · 360 360 ◮ ◮ Stellung eines Tages im Jahr: (Aktueller Monat − 1) · 30 + Tag im Monat Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 2 Sommersemester 2008 152 5. Finanzmathematik 5.2. Zins- und Zinseszinsrechnung Barwert bei einfacher Verzinsung K0 unbekannt: Abzinsung bzw. Diskontierung bzw. Barwertberechnung ◮ Amtliche Diskontierung: K0 = ◮ Kn 1 + ni Kaufmännische Diskontierung (Nur erste Näherung): K0 = Kn (1 − ni) Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 2 Sommersemester 2008 153 5. Finanzmathematik 5.2. Zins- und Zinseszinsrechnung Die Zinseszinsformel ◮ Während Laufzeit Zinszahlungen mit sofortiger Wiederanlage und Verzinsung zum Zinssatz i ◮ Entwicklung des Kapitals: ◮ K1 = K0 + K0 · i = K0 · (1 + i) = K0 · q K2 = K1 + K1 · i = K1 · (1 + i) = (K0 · q) · q = K0 · q2 K3 = K2 + K2 · i = K2 · (1 + i) = K0 · q2 · q = K0 · q3 .. . Damit folgt: Kn = K0 · qn Zinseszinsformel, n (zunächst) ganzzahlig. ◮ qn heißt Aufzinsungfaktor Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 2 Sommersemester 2008 154 5. Finanzmathematik 5.2. Zins- und Zinseszinsrechnung Die Zinseszinsformel Auflösung der Zinseszinsformel nach K0 , q und n: K0 = Kn qn ◮ Abzinsungs- oder Diskontierungsformel ◮ 1 heißt Abzinsungsfaktor qn q= r n Kn K0 bzw. p = 100 · n= Etschberger (HS Weingarten) r n Kn −1 K0 ! ln Kn − ln K0 ln q Mathematik 2 Sommersemester 2008 155 5. Finanzmathematik 5.2. Zins- und Zinseszinsrechnung Gemischte Verzinsung ◮ ◮ Üblich: Einfache Verzinsung bei Restlaufzeiten kleiner einem ganzzahliges Vielfachen der Zinsperiode Genauer: Mit - ∆t1 (Zinstage im ersten Jahr), n (die weiteren, ganzen Zinsperioden) und ∆t2 (Zinstage im letzten Jahr), gilt für das Endkapital Kx : ∆t1 Kx = K0 · 1 + i · 360 ◮ ∆t2 · (1 + i) · 1 + i · 360 n Gemischte Zinsrechnung (unter Verwendung der 30/360−Methode), auch Sparbuchmethode. Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 2 Sommersemester 2008 156 5. Finanzmathematik 5.2. Zins- und Zinseszinsrechnung Gemischte Verzinsung: Beispiel Beispiel Am 15.9.1996 wurden € 12.000 zu 3,75 % angelegt. Wie hoch war der Endbetrag bei Kontoauflösung am 21.9.2003 (letzter Zinstag 20.9.2003)? Lösung: 15.9. = ˆ 20.9. = ˆ (9 − 1) · 30 + 15 = (9 − 1) · 30 + 20 = 255 ⇒ ∆t1 260 ⇒ ∆t2 = = 360 − (255 − 1) = 106 260 (n = 6): 0,0375 · 260 0,0375 · 106 · 1,03756 · 1 + Kx = 12.000 · 1 + 360 360 = 15.541,20 Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 2 Sommersemester 2008 157 5. Finanzmathematik 5.2. Zins- und Zinseszinsrechnung Gemischte Verzinsung: Anmerkungen ◮ Würde man – von t0 ausgehend – in ganze Jahre und einem Rest aufteilen, so ergäbe sich: 0,0375 · 6 7 Kx = 12.000 · 1,0375 · 1 + = 15.537,08 360 (7 Jahre von 15.9.96 bis 14.9.2003; dazu 6 Tage) ◮ Würde man die Zinseszinsformel mit nicht-ganzzahligem Exponenten verwenden, so ergäbe sich Folgendes: 6 Kx = 12.000 · 1,03757+ 360 = 15.536,90 ◮ Gemischte Verzinsung ist also (zumindest für Kapitalanleger) verbraucherfreundlich Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 2 Sommersemester 2008 158 5. Finanzmathematik 5.2. Zins- und Zinseszinsrechnung Gemischte Verzinsung: Anmerkungen Nachteil der gemischten Verzinsung ◮ Die gemischte Verzinsung ist inkonsistent und vom Zeitpunkt des Zinszuschlages (bzw. der Einzahlung) abhängig. ◮ Im Beispiel: Wäre der Zeitraum um einen Monat verschoben (vom 15.10.96 bis zur Auflösung am 21.10.2003), so ergäbe sich . . . 0,0375 · 290 0,0375 · 76 6 · 1,0375 · 1 + Kx = 12.000 · 1 + 360 360 = 15.540,31 Die Widersprüche verschwinden, wenn eine unterjährige Verzinsung zum konformen Zinssatz vorgenommen wird. Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 2 Sommersemester 2008 159 5. Finanzmathematik 5.2. Zins- und Zinseszinsrechnung Unterjährige Verzinsung ◮ Zahlung von Zinsen nicht jährlich, sondern in kürzeren Fristen ◮ Dazu: m gleich lange Zinsperioden pro Jahr ◮ Typische Aufteilungen: m = 2, 4, 12 Zinsperioden ◮ Annahme: Laufzeit n in Jahren sei (aus Vereinfachungsgründen) ein 1 ganzzahliges Vielfaches von m (z.B. m = 2, n = 1,5 oder m = 12, n = 1,25). Ist ein Jahreszinsfuß p gegeben, so heißt: ◮ ◮ p∗ = p m der relative Periodenzinsfuß. ′ p der zu p konforme Periodenzinssatz, wenn die periodische Verzinsung mit p ′ zum selben Ergebnis führt wie die jährliche Verzinsung mit p. m p′ p 1+ = 1+ 100 100 Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 2 Sommersemester 2008 160 5. Finanzmathematik 5.2. Zins- und Zinseszinsrechnung Unterjährige Verzinsung Betrachtungen auf Basis der relativen Periodenzinsen p∗ = p m, so heißt: ◮ p der nominelle Jahreszinsfuß ◮ peff der effektive Jahreszinsfuß, wenn jährliche Verzinsung mit peff zum selben Ergebnis führt wie die periodische Verzinsung mit p∗ . (Entsprechendes gilt für q∗ , i∗ , q ′ , i, qeff , ieff ). K1 = K0 · qm ∗ = K0 · qeff m ⇒ qeff = q∗ p p∗ =1+ mit q∗ = 1 + i∗ = 1 + 100 100m Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 2 Sommersemester 2008 161 5. Finanzmathematik 5.2. Zins- und Zinseszinsrechnung Unterjährige Verzinsung: Formel ◮ Damit: Effektivzins qeff ist p m p∗ m = 1+ qeff = 1 + 100 100 · m ◮ Endkapital Kn ist: p∗ m·n p m·n Kn = K0 · 1 + = K0 · 1 + 100 100 · m ◮ Anmerkung: m · n muss nach o.g. Bedingungen ganzzahlig sein. Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 2 Sommersemester 2008 162 5. Finanzmathematik 5.2. Zins- und Zinseszinsrechnung Beispiel zur unterjährigen Verzinsung Beispiel Ein Betrag von € 10.000 soll zu 5 % nominal bei monatlicher Verzinsung angelegt werden. Welcher Betrag kann nach 16 Monaten entnommen werden? Wie hoch ist der Effektivzins? Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 2 Sommersemester 2008 163 5. Finanzmathematik 5.2. Zins- und Zinseszinsrechnung Beispiel zur unterjährigen Verzinsung mit dem konformen Zinssatz ◮ Widersprüche der gemischten Verzinsung aus Folie 195 verschwinden, wenn eine unterjährige Verzinsung mit dem konformen Zinssatz gemäß den Richtlinien für den internationalen Wertpapierhandel (ISMA – International Securities Market Association) vorgenommen wird. Beispiel Am 15.9.1996 (15.10.1996) wurden € 12.000 zu effektiv 3,75 % angelegt. Wie hoch war der Endbetrag bei Kontoauflösung am 21.9.2003 (21.10.2003)? Lösung ◮ Wir verwenden den konformen Zins auf täglicher Basis, ◮ also p ′ = √ 1 1,0375 = 1,0375 360 360 106 260 ◮ Kn = 12.000 · 1,0375 360 · 1,03756 · 1,0375 360 = 15.536,90 76 290 ◮ alternativ: Kn = 12.000 · 1,0375 360 · 1,03756 · 1,0375 360 = 15.536,90 Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 2 Sommersemester 2008 164 5. Finanzmathematik 5.2. Zins- und Zinseszinsrechnung Stetige Verzinsung ◮ ◮ Lässt man m → ∞ wachsen, so erhält man aus der obigen Formel m·n m n n i i = K0 ei 1+ = K0 lim Kn = lim K0 1 + m→∞ m→∞ m m die Formel für die stetige Verzinsung: Kn = K0 · ei·n ◮ Für den effektiven Jahreszinssatz gilt damit: peff = 100 · ei − 1 ◮ Anwendung stetiger Wachstumsprozesse: - Ökonomie (Bevölkerungswachstum), - Physik (radioaktiver Zerfall), - BWL (Portfolio- und Kapitalmarkttheorie) Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 2 Sommersemester 2008 165 5. Finanzmathematik 5.2. Zins- und Zinseszinsrechnung Beispiel zur stetigen Verzinsung Beispiel K0 = € 10.000, n = 5, nominaler Jahreszins p = 5 %. Wie hoch ist Kn und peff bei stetiger Verzinsung? Lösung: Kn = K0 · ei·n = 10.000 · e0,05·5 = 12.840,25 € peff = 100 · e0,05 − 1 = 5,127% Anmerkung 1: Bei Variation von m ergeben sich: m peff 1 5 2 5,063 4 5,095 12 5,116 ∞ 5,127 Anmerkung 2: Die stetige Verzinsung wird z.B. in der Portfoliotheorie verwendet, da sie mathematisch einfacher zu handhaben ist als die diskrete Verzinsung. Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 2 Sommersemester 2008 166 5. Finanzmathematik 5.3. Äquivalenzprinzip und Kapitalwert Äquivalenzprinzip der Finanzmathematik ◮ Das Äquivalenzprinzip der Finanzmathematik für Vergleich von Zahlungen, welche zu verschiedenen Zeitpunkten anfallen. Vereinfachende Annahmen: ◮ ◮ Zinseszinsliche Verzinsung Zahlungen stets am Anfang oder am Ende einer Zinsperiode Prinzip ◮ Vergleich von 2 oder mehreren zu verschiedenen Zeitpunkten anfallende Geldbeträge: Beziehen auf den gleichen Zeitpunkt durch geeignetes Auf- oder Abzinsen. Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 2 Sommersemester 2008 167 5. Finanzmathematik 5.3. Äquivalenzprinzip und Kapitalwert Äquivalenzprinzip der Finanzmathematik ◮ Das Äquivalenzprinzip der Finanzmathematik für Vergleich von Zahlungen, welche zu verschiedenen Zeitpunkten anfallen. Vereinfachende Annahmen: ◮ ◮ Zinseszinsliche Verzinsung Zahlungen stets am Anfang oder am Ende einer Zinsperiode Prinzip ◮ ◮ ◮ Vergleich von 2 oder mehreren zu verschiedenen Zeitpunkten anfallende Geldbeträge: Beziehen auf den gleichen Zeitpunkt durch geeignetes Auf- oder Abzinsen. Wahl des Zeitpunktes dabei unerheblich. Meist: Zeitpunkt t = 0 oder t = n (Ende der Laufzeit) - t = 0 den Anfang des ersten Zinszeitraums ( heute“). ” t = 1 Ende des ersten Zinszeitraums (31.12. des ersten Jahres). t = 2 Ende des zweiten Zinszeitraumes (31.12. des zweiten Jahres). t = n Ende des letzen Zinszeitraumes (31.12. des n-ten Jahres) Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 2 Sommersemester 2008 167 5. Finanzmathematik 5.3. Äquivalenzprinzip und Kapitalwert Äquivalenzprinzip: Herleitung ◮ Zwei Zahlungen, A im Zeitpunkt tA und B im Zeitpunkt tB , sind dann gleichwertig (A ∼ B), wenn ihre Zeitwerte in jedem Zeitpunkt t übereinstimmen. Beispiel Gegeben: Gesucht: A = 10.000, tA = 2, p = 7% B mit tB = 5 so, dass A ∼ B. Lösung: B = 10.000 · 1,07(5−2) = 12.250,43 € Eine Zahlung von € 12.250,43 nach 5 Jahren ist also gleichwertig zu einer Zahlung von € 10.000 nach 2 Jahren. Der Barwert ( Wert heute“) ” beider Zahlungen ist übrigens 10.000 · 1,07−2 = 12.250,43 · 1,07−5 = 8.734,39 [€]. Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 2 Sommersemester 2008 168 5. Finanzmathematik 5.3. Äquivalenzprinzip und Kapitalwert Zahlungsströme Ein Zahlungsstrom (A0 , . . . , An ) ist eine Folge von Zahlungen mit Zahlungszeitpunkten t = 0, . . . , n. Zeitwert eines Zahlungsstroms zum Zeitpunkt T : KT = n X t=0 = n X t=0 At · qT −t At · qT · q−t T = q · = qT · Etschberger (HS Weingarten) n X t=0 At · q−t n X At t=0 Mathematik 2 qt Sommersemester 2008 169 5. Finanzmathematik 5.3. Äquivalenzprinzip und Kapitalwert Zahlungsströme: Barwert, Endwert Wichtige Spezialfälle des Zeitwertes sind: ◮ Kapitalwert oder Barwert eines Zahlungsstroms: (m=0) K0 = n X t=0 ◮ At · q−t = n X At t=0 qt Endwert eines Zahlungsstroms: (m=n) Kn = n X t=0 At · qn−t = qn · Etschberger (HS Weingarten) n X t=0 At · q−t = qn · Mathematik 2 n X At t=0 qt = qn · K0 Sommersemester 2008 170 5. Finanzmathematik 5.3. Äquivalenzprinzip und Kapitalwert Gleichheit zweier Zahlungsströme Zwei Zahlungsströme (At ), (Bt ), t = 0, . . . , n sind genau dann äquivalent, wenn sie zu einem beliebigen Zeitpunkt T den gleichen Zeitwert besitzen: Pn Pn T −t = T −t (At ) ∼ (Bt ) ⇔ t=0 At · q t=0 Bt · q Pn P −t −t = qT ⇔ qT n t=0 Bt · q t=0 At · q Pn −t = 0 ⇔ t=0 (At − Bt ) · q (At ) ∼ (Bt ) ⇔ Etschberger (HS Weingarten) n X At − Bt t=0 Mathematik 2 qt =0 Sommersemester 2008 171 5. Finanzmathematik 5.3. Äquivalenzprinzip und Kapitalwert Investitionsrechnung: Beispiel Beispiel p = 5 %, Welches Projekt ist zu bevorzugen? Jahr t At Bt 0 1 2 3 4 5 0 400 1.000 400 0 400 1.000 600 0 600 1.000 600 Lösung: Kapitalwert von (At ): 5 X At 0 1.000 0 1.000 0 1.000 = + + + + + = 2.599,74 1,05t 1,050 1,051 1,052 1,053 1,054 1,055 t=0 Kapitalwert von (Bt ): 5 X 400 400 400 600 600 600 Bt = + + + + + = 2.625,80 1,05t 1,050 1,051 1,052 1,053 1,054 1,055 t=0 Alternative B ist der Alternative A vorzuziehen. Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 2 Sommersemester 2008 172 5. Finanzmathematik 5.4. Rentenrechnung Rentenrechnung Definition Rente: Zahlungsstrom mit Zahlungen in gleichen zeitlichen Abständen und (meistens) in konstanter Höhe Unterscheidung zwischen Renten ◮ mit Zahlung am Ende einer Rentenperiode (nachschüssig) ◮ mit Zahlung zu Beginn einer Rentenperiode vorschüssig) ◮ mit endlicher Laufzeit (endliche Renten) ◮ mit unendlicher Laufzeit (ewige Renten) Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 2 Sommersemester 2008 173 5. Finanzmathematik 5.4. Rentenrechnung Rentenrechnung: Symbole Symbol Bezeichnungen rt n m p R0 Rt Rn Rentenrate in Periode t Laufzeit (t = 1, . . . , n) Anzahl der Rentenzahlungen pro Zinsperiode Prozentzinssatz Barwert der Rente Zeitwert der Rente Endwert der Rente Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 2 Sommersemester 2008 174 5. Finanzmathematik 5.4. Rentenrechnung Nachschüssige konstante (endliche) Renten Rentenzahlung jeweils am Ende einer Zinsperiode, jeweils in Höhe von r1 = r2 = · · · = rn = const. = r ⇒ Rentenendwert Rn : Rn = r · qn−1 + r · qn−2 + . . . + r · q + r = r · qn−1 + ·qn−2 + . . . + q + 1 =r· =r· n−1 X qt (geometrische Reihe) t=0 qn − 1 q−1 Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 2 Sommersemester 2008 175 5. Finanzmathematik 5.4. Rentenrechnung Rentenendwert und Rentenbarwert ◮ Endwert Rn der Rente: Rn = r · qn − 1 = r · NREFp,n q−1 ◮ NREF: Nachschüssiger Rentenendwertfaktor für endliche konstante Rente. ◮ Barwert der Rente: R0 = Rn · q−n = r · ◮ qn − 1 qn − 1 = r · = r · NRBFp,n qn · (q − 1) qn+1 − qn NRBF: Nachschüssiger Rentenbarwertfaktor Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 2 Sommersemester 2008 176 5. Finanzmathematik 5.4. Rentenrechnung Beispiel Rentenendwert Beispiel Genau 10 Jahre lang wurde jeweils zum Jahresende ein Betrag von 12.000 € zum Zinssatz von 4% angelegt. Wieviel kann zu Beginn des 11. Jahres (entspricht dem Ende des 10. Jahres) abgehoben werden? Lösung: Mit n = 10, q = 1,04 und r = 12.000 gilt Folgendes: R10 = 12.000 · 1,0410 − 1 1,04 − 1 = 12.000 · 12,006107 = 144.073,28 Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 2 [€ ] Sommersemester 2008 177 5. Finanzmathematik 5.4. Rentenrechnung Beispiel Rentenbarwert Beispiel Aus welchem zum Zeitpunkt 0 eingezahlten Betrag kann 10 Jahre lang bei 4% Zins eine konstante nachschüssige Rente von 12.000 € bezahlt werden? Lösung: Frage nach dem Barwert einer Rente. Mit n = 10, q = 1,04 und r = 12.000 gilt: R0 = 12.000 · 1,0410 − 1 1,0411 − 1,0410 ≈ 12.000 · 8,110896 ≈ 97.330,75 [€ ] Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 2 Sommersemester 2008 178 5. Finanzmathematik 5.4. Rentenrechnung Umformung der Rentenbar- und -endwertformel ◮ Je nach Fragestellung: Laufzeit n, Rentenzahlung r, Verzinsungsfaktor q . ◮ Rentenzahlung r: r= ◮ R0 qn+1 − qn q−1 Rn = R0 · = Rn · n = NRBFp,n qn − 1 NREFp,n q −1 ◮ Laufzeit n aus Rn : n= ln 1 + Rn ·i r ln q ! R0 qn+1 − (R0 + r)qn + r = 0 . ◮ ◮ Laufzeit n aus R0 : n= − ln 1 − ln q Etschberger (HS Weingarten) R0 ·i r q aus R0 : q aus Rn : ! r · qn − Rn · q + Rn − r = 0 . ◮ Berechnung von q im Allgemeinen nur näherungsweise (iterativ) möglich Mathematik 2 Sommersemester 2008 179 5. Finanzmathematik 5.4. Rentenrechnung Beispiel nachschüssige Rente Beispiel Ein Steuerberater kauft die Kanzlei eines älteren Kollegen und muss als Kaufpreis 10 Jahre lang jährlich–nachschüssig je 12.500 € zahlen. Durch welchen Betrag könnte der Steuerberater diese Zahlungsverpflichung sofort bei Vertragsabschluss ablösen, wenn mit 8% Zinsen kalkuliert wird? Lösung: Gesucht ist der Rentenbarwert mit r = 12.500, q = 1,08 und n = 10. Es gilt dann: R0 = 12.500 · 1,0810 − 1 1,0811 − 1,0810 = 12.500 · 6,710081 = 83.876,01 [€ ] Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 2 Sommersemester 2008 180 5. Finanzmathematik 5.4. Rentenrechnung Beispiel nachschüssige Rente Beispiel Der Barwert einer über 15 Jahre laufenden nachschüssigen Jahresrente beträgt bei 5%-iger Verzinsung 10.380 €. Wie hoch sind die jährlichen Rentenzahlungen? Lösung: Gesucht sind die Rentenzahlungen r mit R0 = 10.380, q = 1,05 und n = 15. Es gilt dann: r = 10.380 · 1,0516 − 1,0515 1,0515 − 1 = 10.380 · 0,096342 = 1.000,03 Etschberger (HS Weingarten) [€ ] Mathematik 2 Sommersemester 2008 181 5. Finanzmathematik 5.4. Rentenrechnung Vorschüssige konstante Renten ◮ Rentenbetrag wird jeweils zu Beginn der Zinsperiode in Höhe von r1′ = r2′ = · · · = rn′ = r ′ bezahlt. ◮ Äquivalenzprinzip ⇒ Endwert der Rente: ◮ vorschüssige Rentenzahlung r ′ ∼ nachschüssige Rentenzahlung r = Rn r′ · q · ⇒ r = r′q qn − 1 = r ′ · VREFp,n q−1 ◮ VREF: Vorschüssiger Rentenendwertfaktor ◮ Barwert der Rente: R0 = = Rn · q−n r′ · q · qn − 1 qn · (q − 1) = r′ · qn − 1 = r ′ · VRBFp,n qn − qn−1 ◮ VRBF: Vorschüssiger Rentenbarwertfaktor Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 2 Sommersemester 2008 182 5. Finanzmathematik 5.4. Rentenrechnung Unterjährige Raten und jährliche Verzinsung Aufteilung der Zinsperiode in mehrere gleich lange Rentenperioden, d.h. m Rentenzahlungen pro Zinsperiode (= Jahr). Dazu: ◮ Rechnung mit einfacher Verzinsung innerhalb der Zinsperiode ◮ Rentenzahlungen nachschüssig (also am Ende jeder unterj. Rentenperiode) oder vorschüssig möglich Lösung: Errechnung von konformen (gleichwertigen) jährlich nachschüssigen Ersatzzahlungen zu den m unterjährigen Zahlungen. Definition re heißt konforme jährlich nachschüssige Ersatzrentenrate einer nachschüssigen (oder vorschüssigen) unterjährigen Rentenrate r. Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 2 Sommersemester 2008 183 5. Finanzmathematik 5.4. Rentenrechnung Konforme jährliche nachschüssige Ersatzrentenrate Berechnung von re : falls unterjährige Rente nachschüssig: falls unterjährige Rente vorschüssig: 1 ·i re = r + r · 1 + m 2 ·i +r· 1+ m + . . . m−1 +r· 1+ ·i m = r·m 1 (1 + 2 + . . . + (m − 1)) +i·r· m 1 re = r · 1 + ·i m 2 ·i +r· 1+ m + . . . m +r· 1+ ·i m =r·m 1 (1 + 2 + . . . + m) +i·r· m m−1 re = r · m + i · 2 m+1 re = r · m + i · 2 Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 2 Sommersemester 2008 184 5. Finanzmathematik 5.4. Rentenrechnung Konforme jährliche nachschüssige Ersatzrentenrate Berechnung von re : falls unterjährige Rente nachschüssig: falls unterjährige Rente vorschüssig: 1 ·i re = r + r · 1 + m 2 ·i +r· 1+ m + . . . m−1 +r· 1+ ·i m = r·m 1 (1 + 2 + . . . + (m − 1)) +i·r· m 1 re = r · 1 + ·i m 2 ·i +r· 1+ m + . . . m +r· 1+ ·i m =r·m 1 (1 + 2 + . . . + m) +i·r· m m−1 re = r · m + i · 2 m+1 re = r · m + i · 2 Aus Ersatzrentenrate re : Weiterrechnen mit Formeln für jährliche nachschüssige Rente Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 2 Sommersemester 2008 184 5. Finanzmathematik 5.4. Rentenrechnung Beispiel konforme Ersatzrentenraten Beispiel Ein Sparer legt monatliche nachschüssig 1.000 € auf ein Konto. Wie hoch ist der Kontostand nach 10 Jahren bei einem Zinssatz von 4%? Lösung: Gesucht ist der Rentenendwert auf Basis der konformen Rentenraten. Mit n = 10, m = 12, q = 1,04 und r = 1.000 ergibt sich Folgendes: 0,04 · 11 1,0410 − 1 R10 = 1.000· 12 + · = 12.220·12,006107 = 146.714,63 2 1,04 − 1 {z } | 12,22 Beim Zinssatz von i = 4% kann eine monatlich nachschüssige Rente von 1.000 € durch eine jährlich nachschüssige Rentenzahlung von 12.220 € gleichwertig ersetzt werden. Der Kontostand nach 10 Jahren beträgt 146.714,63 €. Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 2 Sommersemester 2008 185 5. Finanzmathematik 5.4. Rentenrechnung Ewige Renten Definition Eine Rente heißt ewige Rente, wenn Anzahl n der Ratenzahlungen nicht begrenzt, n also beliebig groß wird (n → ∞). ◮ Berechnung des Rentenendwertes dann nicht möglich ◮ Rentenbarwert R0 existiert jedoch: qn − 1 n→∞ (q − 1)qn ! 1 r 1 = − q−1 (q − 1)qn i | {z } {z } | R0 = lim (r · NRBF) = r · lim n→∞ = r · lim n→∞ i Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 2 →0 Sommersemester 2008 186 5. Finanzmathematik 5.4. Rentenrechnung Ewige Renten Definition Eine Rente heißt ewige Rente, wenn Anzahl n der Ratenzahlungen nicht begrenzt, n also beliebig groß wird (n → ∞). ◮ Berechnung des Rentenendwertes dann nicht möglich ◮ Rentenbarwert R0 existiert jedoch: qn − 1 n→∞ (q − 1)qn ! 1 r 1 = − q−1 (q − 1)qn i | {z } {z } | R0 = lim (r · NRBF) = r · lim n→∞ = r · lim n→∞ i →0 Rentenbarwert einer nachschüssigen ewigen Rente: R0 = Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 2 r i Sommersemester 2008 186 5. Finanzmathematik 5.4. Rentenrechnung Ewige Renten: Beispiel Beispiel Wie groß ist der Barwert einer ewigen nachschüssigen Rente von 40.000 € pro Jahr, wenn der Zins bei 8% liegt? Lösung: R0 = 40.000 = 500.000 0,08 Anmerkung: Geht man von einer vorschüssigen ewigen Rente aus, so ergibt sich für den Rentenbarwert: r′ R0 = r ′ + i Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 2 Sommersemester 2008 187 5. Finanzmathematik 5.5. Tilgungsrechnung Tilgungsrechnung ◮ Rückzahlung oder Tilgung größerer Darlehen oft in mehreren Raten ◮ Hier betrachtet: Tilgung in mehreren Teilbeträgen, in konstanten Zeitabständen ◮ Jede zu bezahlende Rate beinhaltet Zinsen und Tilgung ◮ Verwendete Symbole: ◮ Symbol Bezeichnung S Rk n Zk Tk Ak Darlehenssumme, Anfangsschuld Restschuld zu Beginn des k-ten Jahres Tilgungsdauer (∈ N) Zinsquote am Ende des k-ten Jahres Tilgungsquote am Ende des k-ten Jahres Annuität am Ende des k-ten Jahres Unterscheidung zwischen Ratentilgung und Annuitätentilgung Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 2 Sommersemester 2008 188 5. Finanzmathematik 5.5. Tilgungsrechnung Ratentilgung ◮ Während Laufzeit sind Tilgungsquoten konstant. Daraus folgt: Tk = T = ◮ S n und damit: Rk = S − (k − 1) · T Restschuld zu Beginn des k-ten Jahres Zk = Rk · i Zinsquote am Ende des k-ten Jahres Ak = Zk + T Annuität am Ende des k-ten Jahres Etschberger (HS Weingarten) Mathematik 2 Sommersemester 2008 189 5. Finanzmathematik 5.5. Tilgungsrechnung Annuitätentilgung ◮ Problem der Ratentilgung: Belastung anfangs hoch, später geringer ◮ Ausweg: Konstanthalten der Annuitäten über Rentenformel qn (q − 1) qn − 1 Ak = A = S · ◮ Daraus ergibt sich: qn − qk−1 qn − 1 Zk = Rk · i = A · 1 − qk−n−1 Rk = S · Tk = A − Zk = A · qk−n−1 Etschberger (HS Weingarten) Restsch. zu Beg. des k-ten J. Zinsen im k-ten Jahr Tilgung im k-ten Jahr Mathematik 2 Sommersemester 2008 190