Kaposi-Sarkom Patientenprofil im Kompetenznetz HIV / AIDS

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 Aus der
Klinik für Dermatologie, Venerologie und Allergologie
am St. Josef-Hospital Bochum
-Universitätsklinikder Ruhr-Universität Bochum
Direktor: Prof. Dr. med. Eggert Stockfleth
Kaposi-Sarkom Patientenprofil im Kompetenznetz HIV / AIDS
Inaugural-Dissertation
zur
Erlangung des Doktorgrades der Medizin
einer
Hohen Medizinischen Fakultät
der Ruhr-Universität Bochum
vorgelegt von
Rozalia-Eva Klingenberg, geb. Scheitz
aus Târnăveni (Rumänien)
2016
Dekan: Prof. Dr. med. A. Bufe
Referent: Prof. Dr. med. N. H. Brockmeyer
Korreferent: Prof. Dr. med. C. Szliska
Tag der Mündlichen Prüfung: 30.05.2017
Abstract
Problem: Ziel dieser Studie ist die Erfassung der Patienten mit HIVassoziiertem Kaposi-Sarkom (KS) aus der Kohorten-Datenbank des
Kompetenznetzes HIV/AIDS und deren Verlaufsbeobachtung. Zu dieser
Fragestellung gibt es nur wenige Daten in Deutschland. Diese Studie soll
durch ihren überregionalen Ansatz zum besseren Verständnis des HIVassoziierten KS in Deutschland beitragen.
Methode: Daten von Patienten mit HIV-assoziiertem KS aus 9 Zentren der
Kompetenznetzkohorte HIV/AIDS wurden erhoben. Die Basis-Charakteristika
zum Zeitpunkt der KS-Erstdiagnose wurden beschrieben. Anhand von
Kaplan-Meier-Kurven
wurden
Überlebenswahrscheinlichkeiten
die
Rezidiv-
geschätzt.
Durch
bzw.
die
multiple
Cox-
Regressionsmodelle wurden Einflussfaktoren für das Überleben untersucht.
Ergebnis: Im Zeitraum zwischen 1987 und 2011 wurde bei 222 Patienten
ein KS im medianen Lebensalter von 38,5±10,1 Jahren diagnostiziert. In
unserem Patientenkollektiv waren Männer häufiger als Frauen betroffen
(97,7% vs. 2,3%) überwiegend mit dem HIV-Transmissionsrisiko Männer, die
Sex mit Männern haben (88,3%). Die HI-Viruslast zum Diagnosezeitpunkt lag
bei 7,4% unter 50 Kopien/ml. 55,5% der Patienten entwickelten ein KS bei
CD4-Zellen unter 200 Zellen/µl und 9,5% bei über 500 Zellen/µl. Bei 68
Patienten bestand die Therapie ausschließlich in der Optimierung bzw.
Einleitung der ART. 71 Patienten wurden zusätzlich zur ART mit pegyliertem
liposomalem Doxorubicin behandelt. Während der medianen Follow-up
Dauer von 8,9±4,9 Jahren traten bei 80,2% der Patienten keine KS-Rezidive
auf. Die Überlebenswahrscheinlichkeiten nach 5 und 10 Jahren lagen bei
96,8% und 91,3%. Patienten mit höherer CD4-Zellzahl und ohne
Chemotherapie zeigten ein signifikant geringeres Sterberisiko. Bei 4
Patienten stellten Zweitmalignome die Todesursache dar.
Diskussion: HIV-assoziierte KS traten auch bei gutem Immunstatus auf.
Eine
effektive
ART
stellte
die
wichtigste
Therapiesäule
dar.
Bei
angemessener Therapie zeigten HIV-positive Patienten mit KS eine gute
Überlebensrate. Auf das Auftreten von Zweitmalignomen ist zu achten.
Widmung
Meine Dissertation habe ich meiner lieben Schwester Julia gewidmet.
Mein besonderer Dank im Rahmen dieser Arbeit gilt jedoch Herrn Prof. Dr.
med. Norbert H. Brockmeyer, dem Betreuer meiner Dissertation. Herr Prof.
Brockmeyer
hat
durch
seine
Lehre
meine
Interesse
zum
Thema
Geschlechtskrankheiten vertieft. Er hat durch seine Anregungen und
konstruktive Kritik mir bei der Erstellung dieser Arbeit stets geholfen und
setzte als mein Mentor ein wunderbares Beispiel von Menschlichkeit, Geduld
und Hilfsbereitschaft. Ich bin ihm zu großem Dank verpflichtet.
Mein Dank gilt ebenso auch meinen Eltern, Endre und Julia Scheitz, die mir
ermöglicht haben meine beruflichen Wünsche zu verwirklichen.
Außerdem danke ich all denen, die mich bei der Erstellung meiner
Dissertation begleitet haben, besonders Frau Dr. med. Anja Potthoff und
Frau PD Dr. Adriane Skaletz-Rorowski.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
7
1.1 Das Kaposi-Sarkom (KS)
1.1.1 Klinik und Epidemiologie des KS
7
7
1.1.1.1 Das klassische KS
8
1.1.1.2 Das afrikanische endemische KS
8
1.1.1.3 Das iatrogene KS
8
1.1.1.4 Das HIV-assoziierte KS
9
1.1.1.4.1 Immunrekonstitutionssyndromassoziiertes KS
10
1.1.2 Klinische Stadieneinteilung
10
1.1.3 Histopathologie
12
1.1.4 Das Humane Herpesvirus 8 (HHV-8)
12
1.1.4.1 Die Rolle der HHV-8 in der KS-Entstehung
12
1.1.4.2 Andere HHV-8-assoziierte Erkrankungen
13
1.1.5 Diagnostik
14
1.1.6 Therapie
14
1.1.6.1 Antiretrovirale Therapie (ART)
14
1.1.6.2 Systemische Chemotherapie
15
1.1.6.3 Immuntherapien
16
1.1.6.4 Lokaltherapien
16
1.2. Das Kompetenznetz HIV/AIDS
17
2. Zielsetzung
19
3. Methoden
19
3.1 Patienten und Einschlusskriterien
19
3.2 Datenerhebung
20
3.3 Statistische Analyse
21
4. Ergebnisse
4.1 Klinische Daten
22
22
4.1.1 Jahr der KS- und HIV Erstdiagnose (ED)
22
4.1.2 Demographische Daten
24
4.1.3 Laborparameter bei KS ED
24
4.1.4 Lokalisation des KS
25
4.1.5 Stadieneinteilung des KS
25
1
4.1.6 Beobachtungszeit im Follow-up
4.2 Therapie des KS
26
26
4.2.1 ART
26
4.2.2 Chemotherapie
26
4.2.3 Andere Therapien
28
4.3 Rezidive des KS
28
4.3.1 Anzahl der Rezidive und Zeitabstand von KS ED
28
4.3.2 Lokalisation der Rezidive
28
4.3.3 Schätzung der Rezidivfreiheitswahrscheinlichkeit
4.4
beim 1. Rezidiv
29
Überleben
29
4.4.1 Todesursachen und Rezidive vor dem Tod
29
4.4.2 Schätzung der Überlebenswahrscheinlichkeit
30
4.4.3 Univariate und multiple Cox-Regressionmodelle
4.5
für die Überlebenszeit
30
Remission
34
5. Diskussion
35
5.1 Stärke und Limitationen der Studie
40
5.2 Schlussfolgerung
41
6. Zusammenfassung
43
7. Literaturverzeichnis
45
2
Verzeichnis der Abkürzungen
ABV:
Adriamycin-Bleomycin-Vincristin
ACTG:
AIDS Clinical Trial Group
AIDS:
acquired immunodeficiency syndrome
ART:
antiretrovirale Therapie
BMBF:
Bundesministerium für Bildung und Forschung
BMI:
Body Mass Index
BV:
Bleomycin-Vincristin
CASCADE: Concerted Action on SeroConversion to AIDS and Death in
Europe
CDC:
Centers for Disease Control
CHOP:
Cyclophosphamid-Hydroxidaunorubicin-Oncovin-Prednisolon
CHOEP-R:
Cyclophosphamid-Hydroxidaunorubicin-Oncovin-EtoposidPrednisolon-Rituximab
CSF:
Zerebrospinalflüssigkeit
DNA:
Desoxyribonukleinsäure
ED:
Erstdiagnose
EDTA:
Ethilendiamintetraessigsäure
HHV-8:
Humanes Herpesvirus-8
HIV-1:
Humanes Immundefizienz-Virus Typ 1
HPL:
Hochprävalenzland
HR:
Hazard Ratios
IFN:
Interferon
IRIS:
Immunrekonstitutionssyndrom, „Immune Reconstitution
Inflammatory Syndrome“
IQR:
Interquartilsabstand
IVDU:
intravenöser Drogenkonsum
KI:
Konfidenzintervalle
KOF:
Körperoberfläche
KompNet:
Kompetenznetz
KS:
Kaposi-Sarkom
KSHV:
Kaposi sarcoma-associated herpesvirus
LNA:
latent nuclear antigen
MCD:
multizentrische Castleman Erkrankung
3
MSM:
Männer, die Sex mit Männern haben
PAS:
periodic acid Schiff
PDT:
Photodynamische Therapie
PEL:
primäres Effusionslymphom
PI:
HIV-Proteaseinhibitoren
PLD:
pegyliertes liposomales Doxorubicin
PY:
Personenjahre
RARECARE: Surveillance of Rare Cancers in Europe
SMART:
Health`s Strategies for Management of Antiretroviral Therapy
SOPs:
Standard Operation Procedures
STI:
sexuell übertragbare Infektionen
TIS:
Tumorausdehnung-Immunstatus-Symptome
VEGF-A:
Vascular endothelial growth factor-A
4
Verzeichnis der Abbildungen
Abbildung 1: Erscheinungsbild des AIDS-assoziierten KS
10
Abbildung 2: Das histologische Bild des KS im Plaque-Stadium
13
Abbildung 3: Kaplan-Meier-Kurve für Rezidivfreiheitswahrscheinlichkeit
mit punktweise 95%-Konfidenzintervallen
29
Abbildung 4: Kaplan-Meier-Kurve für Überlebenswahrscheinlichkeit
mit punktweisen 95%-Konfidenzintervallen
31
Abbildung 5: Kaplan-Meier-Kurve für Überlebenswahrscheinlichkeit
stratifiziert nach T-Stadium und Chemotherapie mit
punktweisen 95%-Konfidenzintervallen
34
5
Verzeichnis der Tabellen
Tabelle 1.
Stadieneinteilung des HIV-assoziierten epidemischen
Kaposi-Sarkoms nach ACTG
Tabelle 2.
11
Baseline-Charakteristika der KS-Patienten der
KompNet HIV/AIDS-Kohorte
23
Tabelle 3.
Laborparameter bei KS ED
25
Tabelle 4.
Therapie des KS
27
Tabelle 5.
Cox-Regressionsmodelle für die Überlebenszeit
31
Tabelle 6.
Therapie des KS nach den ACTG-Stadien
32
Tabelle 7.
Ergänzende Modelle basierend auf der Subpopulation
der Patienten mit dokumentierter ACTG-Klassifizierung
33
6
1. Einleitung
1.1 Das Kaposi-Sarkom
Das Kaposi-Sarkom (KS) ist eine multifokal proliferierende Neoplasie aus
spindelförmigen Zellen am ehesten lymphatischen, endothelialen Ursprungs.
Das KS ist eine seltene, primär in der Haut, sekundär auch in anderen
Organen auftretende Neoplasie (Altmeyer, 2016).
Das klassische KS wurde erstmals 1872 von Moritz Kaposi, einem
ungarischen Dermatologen, als „idiopatisches multiples
Pigmentsarkom der Haut“ beschrieben (Kaposi, 1872) und wurde später
nach ihm benannt.
1.1.1 Klinik und Epidemiologie des KS
Das Hautbild ist initial von asymptomatischen, lividroten Flecken oder Knoten
gekennzeichnet,
die
sich
in
den
Hautspaltlinien
anordnen.
Als
Sekundäreffloreszenzen können im Verlauf konfluierende Plaques und
infiltrierend wachsende Knoten auftreten. Oft sind die Plaques von massiven
Ödemen begleitet, die zu „monströsen“ Schwellungen ganzer Extremitäten
oder des Gesichts führen können. Kontusiforme Einblutungen, zentrale
Nekrosen und blutende Ulzera können ebenso auftreten (Vogt et al., 2013).
Enoral ist oft der harte Gaumen betroffen. In der Mundschleimhaut
entwickeln sich livide Erytheme, Plaques und Knoten auch mit der Neigung
zur Ulzeration (Vogt et al., 2013).
Neben
einem
Haut-
und
Schleimhautbefall
können
jedoch
auch
Lymphknoten und innere Organe wie Gastrointestinaltrakt, Lunge oder Leber
betroffen sein. Ebenso möglich ist ein isolierter lymphatischer oder viszeraler
Befall, ohne Hautbeteiligung (Hoffmann und Esser, 2013).
Bei allen Formen des KS fehlen subjektive Symptome meist lange Zeit bis
Ulceration, profuse Blutungen oder Schwellungen auftreten (Vogt et al.,
2013).
Man unterscheidet vier klinisch-epidemiologische Erscheinungsformen des
KS: das klassische, das afrikanisch-endemische, das iatrogene und das
7
epidemische AIDS (acquired immunodeficiency syndrome)-assoziierte KS
(Antman and Chang, 2000).
1.1.1.1 Das klassische KS
Das klassische KS tritt nur sehr selten, vornehmlich bei älteren Männern im
Mittelmeerraum auf (Friedman-Kein and Saltzman, 2000). Die Inzidenz des
klassischen KS beträgt 1/10 Millionen Einwohner/Jahr (Altmeyer, 2016). Die
Tumorläsionen entwickeln sich häufig an den distalen Extremitäten und
breiten sich zentripedal aus. Ein Organ- oder Mukosabefall wurde in 10% der
Fälle beschrieben (Antman and Chang, 2000). Das klassische KS verläuft
meist wenig aggressiv und schreitet langsam voran (Breimer, 1972).
1.1.1.2 Das afrikanisch-endemische KS
Die Erstbeschreibung dieser klinischen Form erfolgte in den 1950er Jahren.
Das afrikanische endemische KS tritt vor allem im tropischen Äquatorial- und
Südafrika auf (Shiels, 1986). Das afrikanisch-endemische KS zeigt sowohl
indolente als auch aggressive Verläufe (Vogt et al., 2013). Eine sehr
aggressive lymphadenopathische Form tritt vor allem bei Kindern auf
(Antman and Chang, 2000).
1.1.1.3 Das iatrogene KS
Die Erstbeschreibung dieser seltenen klinischen Form erfolgte in den 70er
Jahren (Shiels, 1986). Das iatrogene KS tritt bei Patienten auf, die sich einer
immunsuppressiven
Behandlung
unterziehen
müssen,
besonders
im
Zusammenhang mit einer Nierentransplantation (Demir et al., 2015). Diese
Form entwickelt sich in einem Zeitraum von zwei bis 18 Monaten nach der
Organtransplantation (Kempf et al., 2013). Das iatrogene KS tritt meist nur
an der Körperoberfläche auf, ein Befall der inneren Organe und der
Lymphknoten ist aber auch möglich (Zavos et al., 2015). Bei vielen Patienten
kommt es zu einer Regression des Tumors, wenn die immunsuppressive
Therapie reduziert oder abgesetzt wird (Zavos et al., 2015). Die 5-Jahres8
Überlebensrate bei dem iatrogenen KS beträgt 69% (Kempf et al., 2013).
1.1.1.4 Das HIV-assoziierte KS
Im
Jahr
1981
wurde
erstmals
eine
neue
disseminierte
KS-Form
untypischerweise bei jungen homosexuellen Männern in New York
gleichzeitig mit verschiedenen sexuell übertragbaren Infektionen (STI)
beobachtet (Hymes et al., 1981). Eine Assoziation dieser disseminierten KS
Form mit Pneumocystis carinii Pneumonie, nekrotisierender Toxoplasmose
des zentralen Nervensystems, extensiver Candidose, rezidivierenden Herpes
simplex-Infektionen und Kryptokokkenmeningitis wurde ebenso beobachtet
(Centers for Disease Control, 1981). Nach der Isolierung des Humanen
Immundefizienz-Virus Typ 1 (HIV-1) als Ursache für AIDS (Barré-Sinoussi et
al., 1983), wurden bei bis zu 30% der HIV-1-Infizierten ein epidemisches KS
diagnostiziert (Ensoli et al., 1991). Die Inzidenz des HIV-assoziierten KS ist
durch den breiten Einsatz der antiretroviralen Therapie (ART) deutlich
rückläufig geworden (Simard et al., 2011). Das KS ist jedoch weiterhin die
häufigste AIDS-definierende Neoplasie. In einer Studie über die HIVasoziierten Krebserkrankungen in Deutschland im Zeitraum 2000-2007
wurden insgesamt 552 Datensätze zu inzidenten Malignome gemeldet,
wobei 253 AIDS-definierende Malignome und 299 nicht-AIDS-definierende
Malignome erfasst wurden. Bei 132 Patienten lag ein KS vor, womit das HIVassoziierte KS das häufigste HIV-assoziierte Neoplasie darstellte (Hensel et
al., 2011).
Das HIV-assoziierte KS tritt vor allem auf Haut und Schleimhäuten auf.
Lymphatischer oder viszeraler Befall kann isoliert oder begleitend zu einem
Haut- und Schleimhautbefall auftreten (Hoffmann und Esser, 2013). In
seltenen Fällen kommt es zu einer Gehirnbeteiligung (Baldini et al., 2013).
Das HIV-assoziierte KS tritt hauptsächlich bei Männern, die Sex mit Männern
haben (MSM) auf, bei Frauen, Kindern oder Hämophilen ist das KS eine
Rarität (Hoffmann und Esser, 2013). Der Anteil der vom epidemischen KS
betroffenen Frauen nimmt in Subsahara-Afrika zu (Phipps et al., 2010).
Das HIV-assoziierte KS zeigt sowohl über Jahre chronisch-stationäre als
auch rasch progrediente, innerhalb weniger Wochen zum Tode führender
9
Verläufe (Vogt et al., 2013). Durch den ART-Einsatz ist der klinische Verlauf
heute meist milder geworden (Hoffmann und Esser, 2013).
Abbildung 1: Erscheinungsbild des HIV-assoziierten KS
Blau-violette Knoten auf dem Stamm eines Mannes mit HIV-assoziiertem KS
1.1.1.4.1 Immunrekonstitutionssyndrom-assoziiertes KS
Das Immunrekonstitutionssyndrom („Immune Reconstitution Inflammatory
Syndrome“, IRIS) ist definiert als eine Verschlechterung eines infektiösen
oder inflammatorischen Geschehens, das in zeitlichem Zusammenhang mit
einem ART-Beginn steht. IRIS muss allerdings nicht unbedingt durch eine
opportunistische Infektion bedingt sein, autoimmune Erkrankungen und
Malignome gehören ebenso zum Spektrum des IRIS (Hoffmann, 2013).
Beim IRIS-assoziierten KS kommt es im ersten Jahr nach ART-Beginn zu
zum Teil sehr aggressiven Verläufen mit viszeralem Befall, die mit einer
erhöhten Morbidität und Mortalität einhergehen (Achenbach et al., 2012).
1.1.2 Klinische Stadieneinteilung
Die Stadieneinteilung nach Mitsuyasu und Groopman berücksichtigt die
Ausdehnung der KS und die klinische Symptomatik. Das Stadium I
10
bedeutete, dass die Läsionen umschrieben kutan sind (< 10 Herde oder eine
anatomische Region). Im Stadium II liegen disseminiert kutane Läsionen vor
(> 10 Herde oder > 1 anatomische Region). Im Stadium III liegt ein
ausschließlich viszeraler und im Stadium IV ein kutan- und viszeraler Befall
vor. Anhand der Symptomatik wurden zwei Subtypen differenziert: Subtyp A
ohne
Allgemeinsymptomatik
und
Subtyp
B
mit
Fieber
und/oder
Gewichtsverlust >10% des Körpergewichtes (Mitsuyasu et al., 1986).
Eine weitere, sogenannte TIS-Stadieneinteilung für das HIV-assoziierte KS
wurde 1989 vom AIDS Clinical Trial Group (ACTG) vorgeschlagen (Krown et
al., 1989). In der TIS-Stadieneinteilung werden die Tumorausdehnung (T),
der Immunstatus (I), gemessen in der CD4+ Lymphozytenzahl, und die
Symptome (S) sowie deren prognostischer Wert (gut oder schlecht)
berücksichtigt (Tabelle 1). Die Verbesserung der Prognose unter ART wird
jedoch in dieser Stadieneinteilung nicht berücksichtigt (Vogt et al., 2013).
Tabelle 1. Stadieneinteilung des HIV-assoziierten epidemischen Kaposi-Sarkoms
nach ACTG (Vogt et al., 2013)
*B-Symptomatik = unklares Fieber, Nachtschweiß oder Diarrhoe, die länger als 2
Wochen anhalten, Gewichtsverlust ≥10%
Frühstadium (gute Prognose): wenn
Spätstadium
alle folgenden Bedingungen erfüllt sind:
wenn
eine
(schlechte
einzige
Prognose):
der
folgenden
Bedingungen zutrifft:
1.Tumor (T): 0: Kaposi-Sarkom auf
1.Tumor
Haut
gastrointestinales
und/oder
Lymphknoten
(T):
1:
Pulmonales
Kaposi-Sarkom;
beschränkt; allenfalls minimale orale
ausgedehnter
Beteiligung (nicht erhabene Läsionen
Tumorbedingte
am harten Gaumen)
Ulzerationen
2. Immunstatus (I): 0:
2. Immunstatus (I): 1:
CD4-Zellen ≥ 200/µl
CD4-Zellen < 200/µl
3. Symptome (S): 0:
3. Symptome (S): 1:
Keine
opportunistischen
Infektionen,
oder
oraler
Befall;
Ödeme
oder
In der Anamnese opportunistische
kein Mundsoor, keine B- Symptomatik*
Infektionen,
der HIV-Infektion
Lymphom
neurologische
Mundsoor,
oder
malignes
HIV-assoziierte
Erkrankungen,
B-
Symptomatik der HIV- Infektion*
11
1.1.3 Histopathologie
Das histologische Bild aller Formen des KS ist gleich. Das makulöse Stadium
wird
durch
dilatierte,
lymphoplasmozytäres
abnorm
geformte
Entzündungsinfiltrat,
dermale
Gefäße,
ein
Erythrozytenextravasate
und
Hämosiderinablagerungen in den Makrophagen charakterisiert. Im Plaque
Stadium treten erstmals spindelförmige Tumorzellen auf. Eine starke
Vaskularisierung mit abnormal entwickelten Gefäßen, ein entzündliches
Infiltrat, bestehend aus Lymphozyten, Plasmazellen und dendritischen
Zellen, und Hämosiderinablagerungen sind typisch für dieses Stadium. Im
knotigen Stadium sind die Spindelzellen der häufigste Zelltyp, wobei
zwischen
den
in
Bündeln
organisierten
Spindelzellen
vermehrt
Erythrozytenextravasate in schlitzförmigen Räumen nachweisen lassen.
Intra- oder extrazelluläre, eosinophile, periodic acid Schiff (PAS)-positive
hyaline Globuli sind typisch für die fortgeschrittenen KS-Läsionen (Radu and
Pantanowitz, 2013). Immunhistochemisch lässt sich im formalinfixierten und
paraffineingebetteten Material bei allen Formen des KS sehr zuverlässig der
LNA (latent nuclear antigen) des Humanen Herpesvirus-8 (HHV-8)
nachweisen (Vogt et al., 2013).
1.1.4 Das Humane Herpesvirus-8
Das HHV-8 wurde im KS Tumorgewebe 1994 erstmalig isoliert. Ursprünglich
wurde es als „Kaposi sarcoma-associated herpesvirus“ (KSHV) benannt und
wurde in die Familie der Herpesviren bzw. in die Unterfamilie der
Gammaherpesvirinae eingeteilt (Chang et al., 1994).
Das HHV-8 wird überwiegend durch Speichel (Pauk et al., 2000) übertragen.
Weitere Übertragungswege stellen sexuelle Kontakte, vertikale Übertragung,
über Blut und über Transplantation dar (Pica and Volpi, 2007).
1.1.4.1 Die Rolle der HHV-8 in der KS-Entstehung
Eine alleinige Infektion mit HHV-8 führt nicht zwangsläufig zum KS. In
manchen Regionen (Italien, Zentralafrika) konnte HHV-8 bei bis zu 50% der
12
Bevölkerung nachgewiesen werden (Hoffmann und Esser, 2013). Die
Interaktion zwischen HHV-8 und HIV spielt bei der Entstehung des HIVassoziierten KS eine wichtige Rolle, wobei das HIV-1-Tat-Protein die
Übertragung vom HHV-8 fördert (Aoki and Tosato, 2004). Die Höhe der
HHV-8-Viruslast im Serum korreliert mit der Krankheitsprogression des HIVassoziierten KS (Laney et al., 2007, Pellet et al., 2002).
Abbildung 2: Das histologische Bild des KS im Plaque-Stadium
Zahlreiche
pfeilförmige
Gefäßschlitze,
daneben
unregelmäßig
konfigurierte,
lakunäre Gefäße (Altmeyer, 2016).
1.1.4.2 Andere HHV-8-assoziierte Erkrankungen
Das HHV-8 wird neben dem KS auch mit dem primären Effusionslymphom
(PEL), der multizentrischen Castleman Erkrankung (MCD) und dem
Hämophagozytosesyndrom
Auftreteten
mehrerer
assoziiert
(Schulz,
HHV-8-assoziierter
2001).
Erkrankungen
Gleichzeitiges
wurde
bei
13
organtransplantierten (Vijgen et al., 2016) und bei HIV-infizierten Patienten
beschrieben (Yaghoobi et al., 2015).
1.1.5 Diagnostik
Die Diagnose des KS per Biopsie und Histopathologie ist etabliert (Vogt et
al.,
2013).
Durch
die
histologische
Bestätigungsdiagnose
können
Differentialdiagnosen wie kutane Lymphome, ein Angiosarkom, ein Erythema
elevatum et diutinum oder eine bazilläre Angiomatose abgegrenzt werden
(Hoffmann and Esser, 2013).
Zur weiteren Ausbreitungsdiagnostik wird eine komplette Inspektion des
Patienten (inklusive der oralen und genitalen Schleimhäute), eine Palpation
und ggf. Sonographie vergrößerter Lymphknoten, eine Sonographie des
Abdomens, ggf. eine Gastroduodeno- und Koloskopie und Röntgen-ThoraxUntersuchung empfohlen (Vogt et al. 2013, Hoffmann and Esser, 2013).
1.1.6 Therapie
Für das Kaposi-Sarkom gibt es kein allgemein anerkanntes „Standardtherapieschema“ (Vogt et al., 2013).
1.1.6.1 Antiretrovirale Therapie
Bei therapienaiven HIV-infizierten Patienten steht die Einleitung einer ART
an erster Stelle (Hoffmann and Esser, 2013).
Von den antiretroviral wirksamen Medikamentengruppen spielen bei der
Behandlung des HIV-assoziierten KS die HIV-Proteaseinhibitoren (PI) eine
wichtige Rolle. Die PI hemmen die Aufspaltung eines viralen Makromoleküls
(gag-pol-Polyprotein), wodurch nicht infektiöse Viruspartikel entstehen
(Hoffmann, 2013). Neben der Hemmung der HIV-Protease wurden bei PI
Effekte auf mehrere zelluläre Signalwege beschrieben, die für die
Tumorentstehung unabhängig von Hemmung der HIV-Protease wichtig sind.
Dazu zählen Hemmung der Angiogenese und Zellinvasion, Hemmung des
Akt-Signalweges, Induktion der Autophagie und Förderung der Apoptose.
14
Unter PI scheint das klinisch nicht mehr eingesetzte Medikament Nelfinavir
die potenteste und breiteste antineoplastische Aktivität zu haben, und wirkt
sich auch auf die Replikation von HHV-8 und Epstein-Barr-Virus aus (Gantt
et al., 2013).
Bei vorbehandelten Patienten ist die Compliance und die Effektivität der ART
zu überprüfen (Vogt et al., 2013). Bei nachlassender Wirksamkeit muss die
ART umgestellt bzw. optimiert werden (Vogt et al., 2013, Hoffmann and
Esser, 2013). Im Frühstadium nach ACTG sind zunächst die ART und die
Beobachtung
des
Tumorverlaufs
notwendig.
Bei
Stabilisierung
oder
Remission ist keine zusätzliche Systemtherapie indiziert (Vogt et al., 2013).
Therapiepausen der ART sind zu meiden, da KS zu den häufigsten während
Therapiepausen
auftretenen
AIDS-definierenden
Malignomen
zählt
(Silverberg et al., 2007).
1.1.6.2 Systemische Chemotherapie
lm Spätstadium nach ACTG ist die Kombination der ART mit liposomalen
Anthrazyklinen indiziert, bei Versagen alternativ mit Paclitaxel und als ultima
ratio eine Polychemotherapie (Adriamycin, Bleomycin und Vincristin, ABVSchema) (Vogt et al., 2013).
Von
den
liposomalen
Anthrazyklinen
ist
das
pegylierte
liposomale
Doxorubicin (PLD, Caelyx) wegen der guten Wirksamkeit und Verträglichkeit
das Mittel der Wahl (Udrhain et al., 2007). Durch das günstigeren
Nebenwirkungsprofil im Vergleich zu dem ABV-Schema führt die PLDTherapie zu einer Besserung der Lebensqualität der Patienten (Osoba et al.,
2001). Die palmoplantare Erythrodysästhesie, die Myelotoxizität und
Kardiotoxizität zählen zu den möglichen Nebenwirkungen des PLD
(Hoffmann und Esser, 2013). Als mögliche Therapiealternative zum PLD
steht das liposomale Daunorubicin, wobei die Wirksamkeit des liposomalen
Daunorubicins PLD unterlegen ist (Cooley et al., 2007).
Das Taxan Paclitexol (Taxol) gilt als effektive second-line Monotherapie bei
refraktärem KS (Brambilla et al., 2008). Die Wirkung des Medikamentes
besteht in einer Störung der strukturellen Reorganisation der intrazellulären
Mikrotubuli, die zu Mitosestörungen und zur Apoptose der Zelle führt (Vogt et
15
al., 2013). Es ist allerdings mit stärkeren myelotoxischen Nebenwirkungen
als bei PLD zu rechnen und außerdem fast immer mit einer Alopezie
(Hoffmann und Esser, 2013).
1.1.6.3 Immuntherapien
Die Interferone (IFN) werden in der Therapie des KS eingesetzt, da sie
neben der immunmodulierenden Wirkung, eine Apoptose in den KS-Zellen
induzieren und die Angiogenese hemmen (Hoffmann und Esser, 2013). Die
Effektivität der IFN-Therapie hängt vom Immunstatus des Patienten ab. Bei
>400 CD4+-T-Lymphozyten/µl wurden Remissionsraten von rund 45%
beobachtet, hingegen zeigten Patienten mit weniger als 200 CD4+-TLymphozyten/µl im peripheren Blut Remissionsraten von nur 7% (Vogt et al,
2013). Im Vergleich zu PLD zeigen sich niedrigere Remissionsraten und
häufigere Nebenwirkungen unter IFN-Therapie (Kreuter et al., 2005).
Niedrige endogene IFN-Spiegel vor der Einleitung einer exogenen IFNTherapie gehen mit höheren Ansprechwahrscheinlichkeit einher (Plettenberg
et al., 2002).
1.1.6.4 Lokaltherapien
Als lokaltherapeutische Maßnahmen kommen bei KS Bestrahlungstherapien,
lokale
Chemo-
und
Immuntherapien,
Exzisionen,
Kryochirurgie,
physikalische Maßnahmen und Camouflage in Betracht.
Das KS ist ein strahlensensibler Tumor, wobei eine Radiotherapie bei
isolierten oder lokalisierten KS indiziert ist. Das Ansprechen bei einer
hypofraktionierten Strahlentherapie (20 Gy in 5 Fraktionen) zeigt sich gleich
mit dem bei einer konventionellen Strahlentherapie (24 Gy in 12 Fraktionen).
Bei einer Gesamtzielvolumendosis von 40 Gy zeigten sich bessere
Remissionsraten als bei niedrigeren Gesamtdosen (Fort et al., 2016).
Zur Behandlung des oralen KS können intraläsionale Vinblastin oder 3%
Natriumtetradecylsulfat eingesetzt werden (Ramírez-Amador et al., 2002).
Eine Elektrochemotherapie mit Bleomycin (Latini et al., 2012) sowie
lmiquimod-Creme (Fairley et al., 2012) zeigen in Fallberichten gute
16
Ergebnisse. Das Alitretinoin-Gel zeigte in einer Studie eine signifikante
Hemmung der KS-Proliferation, wobei ein klinisch signifikantes Ansprechen
nur bei 27% der Patienten beobachtet wurde (Duvic et al., 2000). Bei KS der
Augenlider und der Konjunktiva kann eine intraläsionale IFN-Therapie
adjuvant eingesetzt werden (Qureshi et al., 2009).
Die Exzisionen dienen der palliativen Beseitigung kleiner Tumoren in
ästhetisch auffälliger Lokalisation (Vogt et al., 2013). Dabei ist aufgrund des
Köbner-Phänomens mit Narbenrezidiven zu rechnen (Hoffmann und Esser,
2013).
Bei
KS-bedingten
physikalische
Lymphödemen
Maßnahmen
der
(Tragen
unteren
von
Extremitäten
sind
Kompressionsstrümpfen,
Lymphdrainage), Anpassung spezieller Schuhe und Physiotherapie indiziert
(Vogt et al., 2013).
Das Kompetenznetz HIV/AIDS
Das Kompetenznetz HIV/AIDS (KompNet HIV/AIDS) wurde 2002 mit dem
Ziel
gegründet,
Arbeitsgruppen
möglichst
in
alle
einem
im
Bereich
HIV
gemeinsamen
und
AIDS-tätigen
Forschungs-
und
Kommunikationsverbund zu vereinen. Im Rahmen dieses Kompetenznetzes
wurde für Deutschland eine HIV-Patientenkohorte mit einer Datenbank mit
15541 Patienten in 44 dokumentierenden Zentren aufgebaut. Die Patienten
wurden als Stichprobe aus der Grundgesamtheit der in Deutschland ärztlich
betreuten HIV-positiven Patienten ausgewählt.
Die Patientenkohorte umfasst neben der Dokumentation von erwachsenen
HIV-positiven
Personen
im
Basis-Modul
eine
Kinder-Kohorte,
eine
Schwangeren-Kohorte, ein Resistenz-Modul, ein Hepatitis-Modul sowie ein
Neurologie-Modul (Studienprotokoll, 2009). Das Alter von mindestens 18
Jahren, die medizinische Betreuung in einem dokumentierenden Zentrum
und das Vorliegen einer unterzeichneten Einverständniserklärung stellten
Einschlusskriterien für das Basis-Modul dar. Nach der Erstdokumentation
eines Patienten wurden prospektiv in halbjährlichen Follow-Ups bis zu 283
soziodemographische
und
klinische
Variablen
erhoben,
wie
die
Eigenanamnese, die Familienanamnese, klinische und Laborbefunde (CD4-,
17
CD8-Zellen, HI-Viruslast), die Medikation, der Substanzgebrauch und der
Tod. Durch eine kontinuierliche Beobachtung über einen langen Zeitraum
hinweg wurde eine Darstellung der Krankheitsverläufe in „Echtzeit“ und unter
realen Lebensbedingungen ermöglicht. Es wurden zusätzlich retrospektive
Daten erfasst, die zeitlich vor der Einwilligung zur Teilnahme am KompNet
HIV/AIDS lagen. Zum Zeitpunkt des Einschlusses und drei Jahre danach
wurde nach entsprechender Einwilligung für jeden Patienten jeweils eine
Ethilendiamintetraessigsäure (EDTA)-Probe zur Desoxyribonukleinsäure
(DNA)-Extraktion entnommen. Ebenfalls bei Einschluss und folgend in
halbjährlichen Abständen wurde zusätzlich eine Serum-Probe entnommen.
Weitere Biomaterialien wie Zerebrospinalflüssigkeit (CSF), Lymphknoten
oder Hautproben wurden im Rahmen entsprechender Untersuchungen nach
gesonderter Einwilligung des Patienten entnommen und gelagert. Die
Entnahme und Lagerung der Biomaterialien folgt verbindlichen Standards
(SOPs: Standard Operation Procedures) (Studienprotokoll, 2009).
In der KompNet HIV-AIDS Kohorte waren 84,9% der Patienten Männer. Als
Risikogruppen konnten MSM (62,9%), heterosexuelle Kontakte (18,4%),
intravenöser Drogenkonsum (IVDU: 7,0%) und der Ursprung von einem
Hochprävalenzland (HPL: 5,2%) identifiziert werden. Das Durchschnittsalter
betrug 45 Jahre. Die Kohorte enthält einen hohen Anteil an Patienten, die
älter als 49 Jahre (28,1%) sind (Jansen et al., 2009).
Die KompNet HIV/AIDS-Kohorte umfasst etwa ein Viertel aller HIV-Patienten
unter Behandlung in Deutschland. Die Zusammensetzung der Kohorte
repräsentiert
auch
die
Deutschland.
Aufgrund
wichtigsten
ihrer
Übertragungsrisikogruppen
umfassenden
Datenbank
und
in
ihrer
Biomaterialienbank dient die KompNet HIV/AIDS-Kohorte als ein wichtiges
Instrument zur Überwachung und Analyse der gesundheitlichen Entwicklung
von Menschen mit HIV in Deutschland (Jansen et al., 2009). Diese Kohorte
kann bezüglich zentraler Parameter als repräsentativ für in Deutschland
behandelte Patienten angesehen werden und ist vergleichbar mit den Daten
des Robert Koch Institutes (Jansen et al. 2009, RKI, 2015). Das KompNet
HIV/AIDS wurde bis April 2011 vom Bundesministerium für Bildung und
Forschung (BMBF) gefördert.
In der Patientenkohorte des KompNet HIV/AIDS wurden 487 Patienten mit
18
HIV-assoziiertem KS dokumentiert.
2. Zielsetzung
Ziel dieser Studie ist die Erfassung der soziodemographischen und
klinischen Daten der KS Patienten der KompNet HIV/AIDS-Kohorte und
deren Verlaufsbeobachtung. Dabei sollten die Daten über den Ablauf des KS
und die Behandelbarkeit, bei besonderen Betroffenengruppen, die in
klinischen Studien ohne Zugriff auf eine überregionale Kohorte meist
unterrepräsentiert sind, ausgewertet werden. Ein weiteres Ziel ist die
Evaluation möglicher Einflussgrößen auf das Überleben, wie Alter, ART,
Chemotherapie, CD4-Lymphozytenzahl, CD8-Lymphozytenzahl und HIViruslast.
Zu dieser Fragestellung gibt es nur wenige Daten in Deutschland (Kreuter et
al., 2005, Hengge et al., 2001, Brodt et al., 1998, Albrecht et al., 1994). Diese
Studie soll durch ihren überregionalen Ansatz zum besseren Verständnis des
HIV-assoziierten KS in Deutschland beitragen.
3. Methoden
3.1 Patienten und Einschlusskriterien
In der Multizenterstudie wurden sämtliche KompNet HIV/AIDS-Patienten aus
den beteiligten neun Behandlungszentren mit klinisch und/oder histologisch
gesichertem HIV-assoziiertem KS zwischen 1987 und 2011 erfasst. Die
Auswahl der 9 Behandlungszentren erfolgte nach der Anzahl und
Verfügbarkeit der Patientendaten. Es wurden zunächst die KompNet
HIV/AIDS-Zentren mit den meisten Patienten mit HIV-assoziiertem KS und
danach in der Nähe von Bochum gelegenen Zentren kontaktiert. Bei
Zustimmung der Klinik- oder Praxisleiters erfolgte eine Datenerhebung vor
Ort. Von 11 kontaktierten Zentren haben 9 die Datenerhebung zugestimmt.
Es wurden 222 Patienten in die Studie eingeschlossen, davon 49 (22,1%)
Patienten der Klinik für Dermatologie, Venerologie und Allergologie, St. Josef
Hospital, Ruhr-Universität Bochum, 31 (14,0%) Patienten der Klinik für
19
Dermatologie, Universitätsklinikum Essen, 77 (34,7%) Patienten des
Praxiszentrums Kaiserdamm, Berlin, 30 (13,5%) Patienten der Praxis
Driesener
Straße,
Berlin,16
(7,2%)
Patienten
des
Ärztezentrums
Nollendorfplatz, Berlin, 7 (3,2%) Patienten der Klinik und Poliklinik für
Dermatologie und Venerologie, Uniklinik Köln, 6 (2,7%) Patienten der Praxis
Hohenstaufenring, Köln, 3 (1,3%) Patienten der Infektionsambulanz,
Klinikum
Osnabrück
Institutsambulanz,
und
3
(1,3%)
Patienten
Gemeinschaftsklinikum
der immunologischen
Kemperhof
Koblenz.
Die
Durchführung der Studie wurde von der Bochumer Ethikkommission
genehmigt (Regiestriernummer 2231).
3.2 Datenerhebung
Die Datenerhebung wurde mit einer Excel-Datenbank zwischen Mai 2011
und August 2011 durchgeführt. Die Basisdaten wurden retrospektiv aus der
MACRO-Studiensoftware des Kompetenznetzes HIV/AIDS (InferMed Ltd.,
London) erhoben (Jansen et al., 2009), wobei die Dokumentation halbjährlich
erfolgte.
Zudem
wurden
ergänzende
Daten
aus
den
archivierten
handschriftlichen und/oder elektronischen Patientenakten extrahiert, wobei
die Dokumentation des Krankheitsverlaufes häufiger, entsprechend der
Verlaufskontrollen der HIV-Infektion, meistens drei-monatlich erfolgte.
Die
Erhebungsbogen
beinhalteten
soziodemographische
(Geschlecht,
Geburtsdatum, Behandlungszentrum, Vitalstatus ggf. Todesursache) und
anamnestische Fragen (Datum der HIV-Infektion Erstdiagnose (ED), Datum
der KS ED, Infektionsrisiko, CDC-Stadium und ART vor KS ED). Darüber
hinaus wurden klinische Angaben (Lokalisation, ACTG-Stadium, Therapie)
und Laborwerte (CD4-, CD8-Lymphozytenzahl, HIV-RNA-Kopien) zum
Zeitpunkt
der
KS
ED
erhoben.
Die
HI-Viruslast
und
die
CD8-
Lymphozytenzahl wurde stetig und die CD4-Lymphozytenzahl stetig und
klassiert (0-199, 200-499, >500) dokumentiert. Sowohl die CD4- und CD8Lymphozytenzahl
als
auch
die
HI-Viruslast
wurden
wegen
ihrer
rechtsschiefen Verteilung in logarithmierter Form ausgewertet.
Die ART zum Zeitpunkt der KS ED und Therapiepausen wurden deskriptiv
dargestellt. Bei der Chemotherapie wurden die angewendeten Substanzen
20
und Dosierungen, Zyklenanzahl und Datum der Verabreichung ausgewertet.
Im Follow-Up wurden die Häufigkeit und die Lokalisation der Rezidive
beschrieben. Bei der Remission wurden die klinische Angaben komplette
Remission für die vollständige Abheilung der KS Herde ohne zusätzliche
neue KS-Läsionen, partielle Remission für den Rückgang der Summe aller
Herde, allerdings keine vollständige Abheilung, eine Krankheitsstabilisierung
für keine Zunahme und keine wesentliche Besserung der bestehenden
Herde und eine Krankheitsprogression für eine Zunahme der KS Herde oder
die Entwicklung neuer Läsionen ausgewertet. 3.3 Statistische Analyse
Die Basis-Charakteristika zum Zeitpunkt der KS ED wurden je nach
Verteilung durch Häufigkeitstabellen, Mittelwerte± Standardabweichungen,
Maxima, Minima oder Perzentile beschrieben. Die Häufigkeiten der Rezidive
und der Todesfälle mit Ursachen wurden dargestellt, ebenso die Therapie
nach der KS ED. Der Verlauf der Chemotherapie wurde durch deskriptive
Statistiken für die Zyklen und ihre Dauern abgebildet. Für Vergleiche von
Häufigkeitsverteilungen wurde Fisher’s exakter Test angewendet.
Aus den Zeitdauern von der KS ED bis zum ersten Rezidiv bzw. bis zum Tod
wurden
durch
Kaplan-Meier-Kurven
Rezidivwahrscheinlichkeiten
bzw.
zeitabhängige
kumulative
Überlebenswahrscheinlichkeiten
mit
punktweisen 95%-Konfidenzintervallen geschätzt. Beim Zielereignis „Rezidiv“
wurde bei Nichtauftreten eines Rezidivs die letzte Beobachtung (auch der
Tod) als Zensierung gewertet. Beim Zielereignis „Tod“ wurde für die
Überlebenden die letzte Beobachtung als Zensierung gewertet, die
Dokumentationsende oder loss to follow-up bedeuten konnte. Als potentielle
Risikofaktoren oder Konfounder wurden für das Zielereignis „Tod“ folgende
Variablen zum Zeitpunkt KS ED ausgewertet: Alter, CD4-Lymphozytenzahl
(logarithmiert),
CD8-Lymphozytenzahl
(logarithmiert),
HI-Viruslastwert
(logarithmiert), ART (ja/nein bei KS ED, ART-Pause bei KS ED) und
Chemotherapie (ja/nein). Es wurden für das Zielereignis „Tod“ auch
ergänzende Modelle auf der Subpopulation der Patienten mit dokumentierter
ACTG-Klassierung erfasst. Für das Sterberisiko wurden univariate und
21
multiple Cox-Regressionsmodelle mit diesen unabhängigen Variablen
angepasst und jeweils Hazard Ratios (HR) mit 95%-Konfidenzintervallen (KI)
geschätzt. Patienten mit fehlenden Werten in den Variablen des Modells
wurden von den jeweiligen Analysen ausgeschlossen. Die notwendige
Annahme proportionaler Hazards für das Cox-Modell wurde graphisch durch
stratifizierte Kaplan-Meier-Kurven geprüft.
Alle statistischen Tests wurden zweiseitig zum Signifikanzniveau von 5%
durchgeführt. Die Analysen wurden mit dem Statistikpaket SAS Version 9.3
(SAS Institute Inc. Cary, NC, USA) unter Windows 7 64 Bit durchgeführt.
4. Ergebnisse
Von den 487 in KompNet HIV/AIDS eingeschlossen Patienten mit HIVassoziiertem KS wurden 222 in der vorliegenden Arbeit ausgewerteten
Behandlungszentren betreut.
4.1 Klinische Daten
Die Baseline-Charakteristika der Studienpopulation wurden in der Tabelle 2
zusammengefasst.
4.1.1 Jahr der KS- und HIV ED
Die KS ED wurde bei 14,9% der Patienten zwischen 1987 und 1995, bei
27,2% zwischen 1996 und 2000 und bei 53,4% zwischen 2001 und 2011
gestellt (1 Missing). Die HIV ED wurde bei 38,0% der Patienten zwischen
1982 und 1995, bei 27,2% zwischen 1996 und 2000 und bei 34,8% zwischen
2001 und 2011 gestellt (1 Missing).
Die mittlere HIV-Infektionsdauer bei KS ED betrug 3,1±4,2 Jahre (56
Missings). Bei 26,5% der Patienten wurden gleichzeitig die HIV und KS
Diagnosen gestellt. Bei 25,9% der Patienten wurde die KS ED innerhalb
eines Jahres nach der HIV ED gestellt. Bei 47,6% der Patienten wurde die
KS ED länger als 1 Jahr nach der HIV ED gestellt.
22
Tabelle 2. Baseline-Charakteristika der KS-Patienten der KompNet HIV/AIDSKohorte
KS: Kaposi-Sarkom, KompNet HIV/AIDS: Kompetenznetz HIV/AIDS, ED:
Erstdiagnose, MSM: Männer, die Sex mit Männern haben, IVDU: intravenöser
Drogenkonsum, HPL: Hochprävalenzland, CDC Centers for Disease Control, ART:
antiretrovirale Therapie
N (%)
Geschlecht
Männlich
217 (97,7)
Weiblich
5 (2,3)
Risikogruppe
MSM
196 (88,3)
IVDU
8 (3,6)
Heterosexuelle Kontakte
10 (4,5)
Einwanderer aus HPL
3 (1,4)
Andere/unbekannt
5 (2,3)
Alter bei KS ED (n= 206, 16 Missings)
0 - 34 Jahre
66 (32,0)
35-49 Jahre
106 (51,5)
34 (16,5)
≥50 - Jahre
Dauer der HIV-Infektion (Jahre) (n= 166, 56 Missings)
44 (26,5)
0,0 ≤ 0,01
43 (25,9)
0,1- ≤1,0
79 (47,6)
>1,0
CDC-Stadium vor KS ED (n= 213, 9 Missings)
29 (13,6)
A
119 (55,9)
B
65 (30,5)
C
ART-Therapie vor KS
127 (57,2)
ART-naiv
37 (16,7)
ART 0-6 Monate vor KS
49 (22,1)
ART >6 Monate vor KS
6 (2,7)
ART-Pause vor KS
3 (1,4)
Unbekannter ART-Status
Lokalisation des KS (n=220, 2 Missings, Mehrfachnennung
möglich)
201 (91,4)
Haut
11 (5,0)
Genitalregion
44 (20,0)
Mundschleimhaut
16 (7,3)
Magen
9 (4,1)
Darm
6 (2,7)
Lymphknoten
6 (2,7)
Lunge
10 (4,6)
Andere (Ösophagus, Anus, Larynx, Trachea, Pleura)
23
4.1.2 Demographische Daten
Geschlechtsverteilung
Von den 222 Patienten mit HIV-assoziiertem KS waren 217 Männer (97,7%)
und 5 Frauen (2,3%).
Alter bei der KS ED
Der Altersmedian war 38,5 Jahre, der Altersdurchschnitt lag bei 40,6±10,1
Jahren. Die Mehrheit der Patienten (51,5%) waren bei KS ED zwischen 35
und 49 Jahren alt. 32% der Patienten waren jünger als 35 Jahre und 16,5%
waren über 49 Jahre. Bei 16 Patienten gab es keine Altersangaben bei KS
ED.
Ernährungszustand bei KS ED
Der mediane Body Mass Index (BMI) lag im Normbereich (22,1). Bei 14
Patienten gab es keine Angabe zum BMI.
HIV-Transmissionsrisiko
Als HIV-Transmisssionsrisiko konnte bei 88,3% der Patienten MSM, bei
3,6% IVDU, bei 4,5% heterosexuelle Kontakte, bei 1,4% Einwanderung aus
HPL
identifiziert
werden.
2,3%
der
Patienten
hatten
andere
(z.B.
medizinische Behandlung im Ausland) oder unbekannte Infektionsrisiken.
CDC-Stadium der HIV-Infektion vor der KS ED
Vor der KS ED war die Mehrheit der Patienten mit 55,9% im CDC-Stadium B.
30,5% der Patienten befanden sich vor KS ED im CDC-Stadium C und
13,6% im CDC-Stadium A. Bei 9 Patienten fehlten die Angaben zum CDCStadium.
4.1.3 Laborparameter bei KS ED
Die immunologischen und virologischen Laborparameter bei KS ED sind in
Tabelle 3 zusammengefasst. Die CD4+ Lymphozytenzahl lag bei 9,5% der
Patienten ≥500/µl, bei 35,0% zwischen 200 und 499/µl und bei 55,5% bei
<200/µl (22 Missings). Die CD8+ Lymphozytenzahl lag bei 36,3% der
24
Patienten bei ≥1000/µl, bei 50,3% zwischen 400-999/µl und bei 13,5% bei
<399/µl (51 Missings). Die HI-Viruslast bei KS ED betrug im Median 37000
Kopien/ml (47 Missings) und war bei 7,4% der Patienten unter der
Nachweisgrenze (≤ 50 Kopien/ml).
Tabelle 3. Laborparameter bei KS ED
IQR: Interquartilsabstand
Mediane CD4-Zellzahl/µl (IQR) (n= 189)
166 (72-333)
Mediane CD8-Zellzahl/µl (IQR) (n= 171)
902 (570-1173)
Mediane HIV-RNA Kopien/ml (IQR) (n= 175)
37000 (1030-235000)
4.1.4 Lokalisation des KS
Eine Hautbeteiligung wurde bei 91,4% der Patienten beschrieben (2
Missings). 8,6% wiesen eine Schleimhaut- oder Organbeteiligung auf. Bei
dieser Patientengruppe wurde ein Lymphknotenbefall bei 2,7%, ein
Magenbefall bei 7,3%, ein Darmbefall bei 4,1%, ein Mundschleimhautbefall
bei 20%, ein Lungenbefall bei 2,7%, ein Genitalschleimhautbefall bei 5% der
Patienten beobachtet. 4,6% der Patienten wiesen andere Lokalisationen
(tracheal, laryngeal, pleural, ösophageal und anal) auf.
Die KS waren bei 70,5% der Patienten ausschließlich an der Haut, 15%
sowohl an der Haut als auch an der Magen-, Darm- oder Mundschleimhaut
und bei 6,8% ausschließlich an Magen-, Darm- oder Mundschleimhaut
lokalisiert.
4.1.5 Stadieneinteilung des KS
Bei 76,8% der Patienten wurde ein Tumorstadium T0 und bei 23,2% T1 nach
ACTG diagnostiziert (2 Missings). Der Immunstatus entsprach bei 44,5%
dem Stadium I0 und bei 55,5% der Patienten dem Stadium I1 (22 Missings).
Bei 86,4% der Patienten lagen weitere HIV-assoziierte Symptome bzw.
25
opportunistische Infektionen vor (S1, 9 Missings). 13,6% der Patienten
wiesen keine Symptome (opportunistische Infektionen in der Vorgeschichte,
kein Mundsoor, keine B-Symptomatik) auf (S0). Die Mehrheit der Patienten
befand sich in den Stadien T0I1S1 (31,5%), 27,9% (T0I0S1) und 10,8%
(T1I1S1).
4.1.6 Beobachtungszeit im Follow-up
Die mittlere Beobachtungszeit zwischen der KS ED und dem Tod oder der
letzten Beobachtung betrug 8,9±4,9 Jahre (14 Missings). Die maximale
Beobachtungszeit betrug 23,8 Jahre. Am Ende der Beobachtungszeit lag der
Anteil der Überlebenden bei 78,8%. 8,11% der Patienten sind verstorben und
13,1% sind bei der Nachbeobachtung verloren gegangen (loss to follow-up).
4.2 Therapie des KS
4.2.1 ART
Vor der KS ED waren 57,2% der Patienten therapienaiv (3 unbekannt). Bei
2,7% der Patienten wurde eine ART-Pause vor KS ED dokumentiert. 16,7%
der Patienten begannen die ART 0-6 Monate vor KS ED, 22,1% waren über
mindestens 6 Monate antiretroviral behandelt (Tabelle 2).
Bei 198 Patienten wurde die Therapie des KS dokumentiert. Bei 34,3% der
Patienten wurde nur ART und bei 65,7% wurde neben ART eine ergänzende
Therapie verabreicht (Tabelle 4).
4.2.2 Chemotherapie
Patienten mit viszeraler Beteiligung des KS erhielten in 71,7% der Fälle eine
Chemotherapie.
Bei 35,9%
der Patienten wurde eine Therapie mit PLD eingeleitet. Die
Dosierung des PLD war bei 95,8% der Fälle 20mg/m² Körperoberfläche
(KOF), bei 1,4% 40mg/m² KOF und bei 2,8% nicht dokumentiert.
26
Tabelle 4. Therapie des KS
n: Anzahl Patienten, KS: Kaposi-Sarkom, ART: antiretrovirale Therapie, PLD:
pegyliertes
liposomales
Doxorubicin,
BV:
Bleomycin-Vincristin,
Cyclophosphamid-Hydroxidaunorubicin-Oncovin-Prednisolon,
CHOP:
CHOEP-R:
Cyclophosphamid-Hydroxidaunorubicin-Oncovin-Etoposid-Prednisolon-Rituximab,
IFN: Interferon, PDT: Photodynamische Therapie
n (%)
Therapie des KS (n=198, 24 Missings, Mehrfachnennung
möglich)
Nur ART
68 (34,3)
Spezifische Therapie neben ART
130 (65,7)
Chemotherapie
86 (43,4)
PLD
71 (35,8)
Andere
(liposomales
Daunorubicin,
9 (4,5)
Farmorubicin, BV, CHOP, CHOEP-R)
Unbekannt
6 (3,0)
Lokale Exzision
24 (12,1)
Lokale Bestrahlung
15 (7,6)
IFN-Alpha
14 (7,1)
Chemotherapie + IFN-Alpha
8 (4,0)
Chemotherapie + lokale Bestrahlung
4 (2,0)
Andere (Retinoide, PDT, Laser-, Kryochirurgie,
16 (8,1)
Lymphdrainage)
Die mediane Zyklenanzahl betrug 7 und die mittlere Zeitdauer zwischen KS
ED und dem ersten bzw. letzten Chemotherapie-Zyklus 3,3±4,6 (1 Missing)
bzw. 12,3±14,7 Monate (1 Missing). Im Median betrug der mittlere
Zyklenabstand pro Patient 0,9 Monate.
Zwei Patienten erhielten CHOP- (Cyclophosphamid-HydroxidaunorubicinOncovin-Prednisolon)
bzw.
CHOEP-R-
(Cyclophosphamid-
Hydroxidaunorubicin-Oncovin-Etoposid-Prednisolon-Rituximab) Regime bei
gleichzeitigem B-Zell-Lymphom.
Die anderen erhielten liposomales Daunorubicin, Farmorubicin, BleomycinVinblastin oder Bleomycin/Vincristin. Die Dosierung des Daunorubicins war
27
bei einem Patienten 20mg/m² KOF, bei drei Patienten 40mg/m² KOF und bei
zwei Patienten wurde die Dosierung nicht dokumentiert.
Aufgrund der geringen Patientenzahl wurde auf eine weitere Analyse dieser
Patienten verzichtet.
4.2.3 Andere Therapien
Die lokale Exzision und lokale Bestrahlung wurden bei solitären KS-Läsionen
bevorzugt. 12,1% der Patienten erhielten eine lokale Exzision und 7,6% eine
Radiatio. IFN-Alpha wurde bei 7,1% der Patienten angewendet. 2,0% der
Patienten erhielten lokale Retinoide. Weitere, seltenere Therapiealternativen
stellten die Lasertherapie, Kryochirurgie, photodynamische Therapie (PDT),
PUVA-Dusche und Lymphdrainage dar (Tabelle 4).
4.3 Rezidive des KS
4.3.1 Anzahl der Rezidive und Zeitabstand von KS ED
Der Verlauf des KS war bei 80,2% der Patienten rezidivfrei. Insgesamt hatten
44 Patienten Rezidive, davon 30 (13,5%) Patienten ein Rezidiv, 13 Patienten
(5,9%) zwei Rezidive und ein Patient (0,5%) 6 Rezidive.
Die mittlere Zeitdauer zwischen KS ED und dem ersten bzw. zweiten Rezidiv
betrug 3,4±3,5 bzw. 7,0±4,5 Jahre.
4.3.2 Lokalisation der Rezidive
Die Haut war bei 88,4% der ersten Rezidive betroffen, die Lunge bei 11,6%,
die Lymphknoten bei 7,0% und die Magen- bzw. die Mundschleimhaut bei
jeweils 4,7%. Das KS trat bei 79,1% der Patienten ausschließlich an der
Haut, bei 2,3% an der Haut und Mund- oder Magenschleimhaut, bei 4,6%
ausschließlich an der Mund- oder Magenschleimhaut und bei 14% an
anderen Lokalisationen auf.
Die mittlere Zeitdauer zwischen KS ED und dem ersten bzw. zweiten Rezidiv
betrug 3,4±3,5 bzw. 7,0±4,5 Jahre.
28
4.3.3 Schätzung der Rezidivfreiheitswahrscheinlichkeit beim 1. Rezidiv
Bei
der
Schätzung
der
zeitabhängigen
Wahrscheinlichkeit
einer
Rezidivfreiheit durch eine Kaplan-Meier-Kurve wurden als Ereignisse nur die
44 Erst-Rezidive der Patienten gezählt (Abbildung 3). Bei 14 Patienten war
die KS-Diagnose nicht monatsgenau bekannt, sie wurden daher von diesem
Teil der Auswertung ausgeschlossen. Die kumulative Summe aller
Beobachtungsjahre war 1552 Personenjahre (PY). Die Wahrscheinlichkeit für
Rezidivfreiheit lag nach 5 Jahren bei 82,2% (95% KI 76,7-87,6%, 130
Patienten unter Risiko) und nach 10 Jahren bei 78,9% (95% KI 72,7-85,0%,
68 Patienten unter Risiko).
Abbildung
3:
Kaplan-Meier-Kurve
für
Rezidivfreiheitswahrscheinlichkeit
mit
punktweise 95%-Konfidenzintervalle
Das Rezidivrisiko erscheint am Anfang, in den ersten Jahren 2-3 Jahren, höher.
Später ist das Rezidivrisiko weitgehend konstant.
4.4 Überleben
4.4.1 Todesursachen und Rezidive vor dem Tod
29
Von 222 Patienten sind 18 (8,1%) bis August 2011 verstorben. Disseminierte
KS wurden bei 3 Verstorbenen als Todesursache dokumentiert. Darüber
hinaus wurden 4 weitere Malignome (Analkarzinom, Lymphom des zentralen
Nervensystems, Blasenkarzinom 2x) und 4 opportunistische Infektionen (2x
Pneumocystis
jirovecii
Pneumonie
und
2x
Mycobakterium
avium
intracellulare Infektion) als weitere Todesursache benannt. 7 (38,9%) der
verstorbenen Patienten zeigten ein oder zwei KS-Rezidive vor dem Tod. Ein
Patient ist 5 Jahre nach der Beendigung der PLD-Therapie an einem
Myokardinfarkt verstorben, zwei verübten Suizid. Bei 4 Patienten ist die
Todesursache unbekannt.
Insgesamt
schieden
29
(13,1%)
Patienten
wegen
fehlender
Nachbeobachtung aus der Auswertung aus.
4.4.2 Schätzung der Überlebenswahrscheinlichkeit
Die
Kaplan-Meier-Kurve
zur
Schätzung
der
zeitabhängigen
Überlebenswahrscheinlichkeit wurde in Abbildung 4 dargestellt. Die 14
Patienten mit fehlender Monatsangabe bei KS ED wurden von der
Auswertung
ausgeschlossen.
Beobachtungsjahre
war
1848
Die
PY.
kumulative
Die
5-Jahres-
Summe
bzw.
aller
10-Jahres
Überlebenswahrscheinlichkeiten lagen bei 96,8% (95% KI 94,3-99,3%, 158
Patienten unter Risiko) bzw. 91,3% (95% KI 86,7-96,0%, 85 Patienten unter
Risiko).
4.4.3 Univariate und multiple Cox-Regressionmodelle für die Überlebenszeit
Die Cox-Regressionmodelle für die Überlebenszeit wurden in Tabelle 5
dargestellt. Die höhere CD4-Zellzahl war sowohl im univariaten (HR zu logCD4-Werten = 0,68, 95% KI 0,47-0,98) als auch im multiplen CoxRegressionmodell (HR = 0,61, 95% KI 0,39-0,96) mit einem geringeren
Sterberisiko assoziiert.
30
Abbildung 4: Kaplan-Meier-Kurve für Überlebenswahrscheinlichkeit mit punktweisen
95%-Konfidenzintervallen
Die 10-Jahres Überlebenswahrscheinlichkeit liegt bei 91,3%. Aufgrund der wenigen
Todesfälle zeigt die Kurve einen relativ flachen Verlauf.
Tabelle 5. Cox-Regressionsmodelle für die Überlebenszeit
n: Anzahl Patienten, die im Modell ausgewertet wurden, HR: Hazard Ratios, KI:
Konfidenzintervallen, ∗ Signifikanzniveau von 5%, p<0,05, KS: Kaposi-Sarkom, ED:
Erstdiagnose, ART: antiretrovirale Therapie, VL: Viruslast
Variablen
Univariates Modell
(95% KI)
(0,99 - 1,08)
Multiples Modell
n = 164
p∗ HR (95% KI)
0,055 1,03 (0,98- 1,08)
Alter bei KS-ED
n
HR
206 1,04
p∗
0,274
Log-CD4_bei KS-ED
185 0,68
(0,47 - 0,98)
0,038 0,61 (0,39- 0,96)
0,034
Log-CD8 bei KS-ED
Log-VL bei KS-ED
Keine ART bei KS-ED
ART-Pause bei KSED
(Referenz: ART ohne
Pause bei KS-ED)
Chemotherapie
(Referenz:
keine
Chemotherapie)
170 0,54
173 0,99
207 0,17
3,37
(0,24 - 1,18) 0,119
(0,83 - 1,18)
0,924 1,01 (0,80 - 1,28) 0,928
(0,05 - 0,54) 0,002 0,15 (0,04 - 0,63) 0,010
(0,42 - 27,42) 0,255 3,66 (0,38 - 35,13) 0,261
188 3,16
(1,09 - 9,17)
0,034 3,78 (1,14 - 12,59) 0,030
Die therapienaiven Patienten bei KS ED wiesen ein geringeres Sterberisiko
sowohl im univariaten (HR = 0,17, 95% KI 0,05-0,54) als auch im multiplen
31
Cox-Regressionmodell
(HR
=
0,15,
95%
KI
0,04-0,63)
auf.
Eine
Therapiepause vor KS ED zeigte keine signifikante Assoziation (p=0,261 im
multiplen Modell) trotz eines geschätzten HRs von 3,66. Dabei ist auch zu
bedenken, dass es nur 6 Patienten mit Pausen bei KS ED gab, von denen
nur einer (früh) verstarb. Die Chemotherapie war im univariaten (HR = 3,16,
95% KI 1,09-9,17) und im multiplen Modell (HR = 3,78, 95% KI 1,14-12,60)
signifikant mit einem höheren Sterberisiko assoziiert. Das Alter war nicht
signifikant assoziiert (p = 0,055). Auch die Assoziationen mit CD8-Zellzahl
und HI-Viruslast waren statistisch nicht signifikant.
Zur weiteren Untersuchung der signifikanten Assoziation der Chemotherapie
mit einer erhöhten Mortalität wurde das ACTG-Stadium T1 versus T0 als
potentieller Konfounder ergänzend in das Modell einbezogen, und zwar auf
der Subpopulation mit dokumentierter ACTG-Klassierung (n=194). Im
Tumorstadium T1 war signifikant häufiger eine Chemotherapie verordnet
worden (Tabelle 6).
Tabelle 6. Therapie des KS nach den ACTG-Stadien
n: Anzahl Patienten, ART: antiretrovirale Therapie, T: Tumor, I: Immunstatus, S:
Symptome
ACTG-
Anzahl
Nur ART
Chemo-
Sonstige
Missings
Stadium (28
Patienten
n (%)
therapie
Therapien
n (%)
Missings)
n=194 (100%)
n (%)
n (%)
T0
148 (76,3%)
58 (39,2)
47 (31,8)
32 (21,6)
11 (7,4)
T1
46 (23,7%)
8 (17,4)
33 (71,7)
4 (8,7)
1 (2,2)
I0
88 (45,4%)
29 (33,0)
36 (40,9)
17 (19,3)
6 (6,8)
I1
106 (54,6%)
37 (34,9)
44 (41,5)
19 (17,9)
6 (5,7)
S0
24 (12,4%)
8 (33,3)
11 (45,8)
3 (12,5)
2 (8,3)
S1
170 (87,6%)
58 (34,1)
69 (40,6)
33 (19,4)
10 (5,9)
Im univariaten Cox-Modell war das T1-Stadium (versus T0) nicht signifikant
mit der Mortalität assoziiert: HR 1,52 (95% KI 0,52-4,45, p=0,448). Das
multiple Modell (Tabelle 7) wurde um diese Variable erweitert. Es zeigt sich
keine relevante Reduktion des HRs der Chemotherapie, der in diesem
32
Modell 3,39 (95% KI 0,93-12,35) betrug. Allerdings unterschied sich der HR
nicht mehr signifikant von 1 (p=0,06).
Tabelle 7. Ergänzende Modelle auf der Subpopulation der Patienten mit
dokumentierter ACTG-Klassifizierung (n=194):
n: Anzahl Patienten, die im Modell ausgewertet wurden, HR: Hazard Ratios, KI:
Konfidenzintervallen, ∗ Signifikanzniveau von 5%, p<0,05, KS: Kaposi-Sarkom, ED:
Erstdiagnose, ART: antiretrovirale Therapie, Log: logarithmiert, VL: Viruslast, T1Stadium: Pulmonales oder gastrointestinales Kaposi-Sarkom; ausgedehnter oraler
Befall; Tumorbedingte Ödeme oder Ulzerationen, T0-Stadium: KS auf Haut
und/oder Lymphknoten beschränkt; allenfalls minimale orale Beteiligung (nicht
erhabene Läsionen am harten Gaumen)
Variable
Univariates Modell
Alter bei KS-ED
Log-CD4 bei KS-ED
Log-CD8 bei KS-ED
Log-VL bei KS-ED
Keine ART bei KS-ED
ART Pause bei KS-ED
(Referenz: ART ohne
Pause bei KS-ED)
Chemotherapie
(Referenz: keine
Chemotherapie)
T1-Stadium
(Referenz: T0Stadium)
HR
1,02
0,69
0,54
0,99
0,22
3,39
Multiples Modell
n = 160
(95% KI)
p∗ HR (95% KI)
p∗
(0,98 - 1,07) 0,339 1,03 (0,98 - 1,09) 0,238
(0,48 - 0,99) 0,043 0,63 (0,39 - 0,98) 0,039
(0,25 - 1,18) 0,120
(0,83 - 1,18) 0,930 1,02 (0,81 - 1,29) 0,842
(0,07 - 0,72) 0,012 0,16 (0,04 - 0,65) 0,010
(0,41 - 28,05) 0,256 3,87 (0,40 - 7,44) 0,242
178 2,79
(0,95 - 8,20) 0,062 3,39 (0,93- 12,35) 0,063
190 1,52
(0,52 - 4,45) 0,448 1,35 (0,39 - 4,64) 0,635
n
189
181
167
169
189
Die Kaplan-Meier-Kurven stratifiziert nach T1/T0 und Chemotherapie zeigte
einen ungünstigeren Verlauf bei chemotherapeutisch behandelten Patienten
sowohl
im
Stadium
T0
als
auch
im
T1
im
Vergleich
zu
nicht
chemotherapeutisch behandelten Patienten.
33
Abbildung 5: Kaplan-Meier-Kurve für Überlebenswahrscheinlichkeit stratifiziert nach
T-Stadium und Chemotherapie mit punktweisen 95%-Konfidenzintervallen
jj: Chemotherapie bei Patienten im T1 Stadium
jn: Chemotherapie bei Patienten im T0 Stadium
nj: Keine Chemotherapie bei Patienten im T1 Stadium
nn: keine Chemotherapie bei Patienten im T0 Stadium
4.5 Remission
Von den 222 eingeschlossenen Patienten konnte bei 196 eine komplette
Remission,
bei
7
eine
partielle
Remission,
bei
weiteren
7
eine
Krankheitsstabilisierung und bei 3 eine Krankheitsprogression erreicht
werden. Bei 9 Patienten fehlten die Angaben.
Von den 68 antiretroviral behandelten Patienten bildeten sich die KS
Läsionen bei 64 Patienten vollständig zurück. Bei 3 Patienten wurde eine
Krankheitsstabilisierung erreicht. Bei einem Patienten fehlten die Angaben
zur Remission. Bei 5 Patienten zeigte sich innerhalb von 3 Monaten, bei 10
Patienten nach 4-6 Monaten, bei 5 Patienten nach 6-12 Monaten und bei 38
Patienten nach mehr als 12 Monaten eine vollständige Remission der KS
(Mittelwert 11,8 Monate; Median 7,1±10,9 Monate). Bei 10 Patienten war der
34
Zeitraum nicht dokumentiert. Von den 86 parallel antiretroviral und
chemotherapeutisch behandelten Patienten wurde bei 74 Patienten eine
komplette Remission, bei 4 Patienten eine partielle Remission, bei 3
Patienten
eine
Krankheitsstabilisierung
und
bei
3
Patienten
eine
Krankheitsprogression beobachtet. Bei 2 Patienten fehlten die Angaben. Die
KS Läsionen bildeten sich bei 25 Patienten innerhalb von 3 Monaten, bei 22
Patienten nach 4-6 Monaten, bei 11 Patienten nach 6-12 Monaten und bei 15
Patienten nach mehr als 12 Monaten komplett oder partiell zurück (Mittelwert
7,6 Monate; Median 5±8,5 Monate). Bei 5 Patienten fehlte die Zeitangabe
der Remission.
5. Diskussion
In der vorliegenden Erhebung waren 5,5% der Kohortenteilnehmer vom KS
betroffen.
Die HIV-Infektionsdauer unserer Patienten bei KS ED ist mit der HIVInfektionsdauer der Patienten der Concerted Action on SeroConversion to
AIDS and Death in Europe (CASCADE)-, Chelsea und Westminster-Kohorte
vergleichbar. Die mediane HIV-Infektionsdauer bei KS betrug in der
CASCADE-Kohorte 4,5 Jahre vor 1996, 5,5 Jahre zwischen 1996 und 2000
und 6,5 Jahre zwischen 2001 und 2006 (Lodi et al., 2010). In der Chelsea
und Westminster-Kohorte lag die mittlere HIV-Infektionsdauer bei 4,3 Jahren
zwischen 1996 und 2008 (Bower et al. 2009).
In Übereinstimmung mit anderen Studien sind nur wenige Frauen in der
KompNet HIV/AIDS-Kohorte an KS erkrankt (Albrecht et al., 1994, Grabar et
al., 2006). Männer mit gleichgeschlechtlichen Sexualkontakten sind auch in
unserem Patientenkollektiv die Hauptbetroffenengruppe. Der hohe Anteil an
MSM mit HIV-assoziiertem KS ist auch darauf zurückzuführen, dass MSM
die Hauptbetroffenengruppe der HIV-Infektion in Deutschland darstellen
(RKI, 2015).
Der
Altersmedian
unserer
Patienten
lag
bei
38,5
Jahren.
Im
Patientenkollektiv der CASCADE- und der Chelsea und Westminster-Kohorte
wurden eine vergleichbare Altersverteilung beobachtet (Lodi et al., 2010,
Bower et al., 2009). In der CASCADE-Kohorte lag der Altersmedian bei 35
35
Jahren in der Periode vor 1996, bei 36 Jahren zwischen 1996 und 2000 und
bei 37 Jahren zwischen 2001 und 2006 (Lodi et al., 2010). In der Chelsea
und Westminster-Kohorte lag der Altersmedian bei 38,6 Jahren zwischen
1996 und 2008 (Bower et al. 2009). Die Verschiebung des Altersmedians zu
einem etwas höheren Alter kann durch die höhere Lebenserwartung der
Patienten unter ART erklärt werden.
Der mediane BMI lag bei KS ED bei unserer Patienten im Normbereich,
wobei das Gewicht nur bei KS ED dokumentiert wurde. Bei fehlenden Daten
bezüglich des Gewichtsverlaufs liegen keine sicheren Angaben zum
Vorhandensein eines Wasting-Syndroms bei unseren Patienten vor, wobei
der normwertige BMI tendenziell gegen ein Wasting-Syndrom bei KS ED
spricht. In einer Studie der Tufts University School of Medicine lag das
Mortalitätsrisiko bei Patienten mit einem Wasting-Syndrom, die mehr als 10%
des Körpergewichtes verloren hatten, um das 4-6-fache über den von
Patienten mit einem stabilen Gewicht (Tang et al., 2002).
86,4% der Patienten hatten in unserer Studie bereits HIV-assoziierte
Vorerkrankungen bzw. AIDS vor KS ED. Bei diesen Patienten liegt der
Infektionszeitpunkt wahrscheinlich weit vor der dokumentierten HIV ED. Bei
26,5% der KompNet HIV/AIDS-Patienten wurden die HIV-Infektion und das
KS gleichzeitig diagnostiziert, was wiederum auf eine verspätete, bereits im
AIDS-Stadium gestellte HIV ED hinweist.
In unserer Studie lag die mediane Viruslast bei 37000 Kopien/ml und bei
etwa der Hälfte der Patienten lag die CD4-Zellzahl <200/µl, die mediane
CD4-Zellzahl lag bei 166/µl. In Übereinstimmung mit den Daten der
CASCADE-Kohorte bestätigen unsere Ergebnisse damit, dass eine niedrige
CD4-Zellzahl das Auftreten des KS begünstigt (Lodi et al., 2010).
In Übereinstimmung mit anderen Studien konnte darüber hinaus gezeigt
werden, dass ein fortgeschrittener Immundefekt keine Bedingung für das
Auftreten des KS darstellt (Hoffmann and Esser, 2013, Franceschi et al.,
2008, Krown et al., 2008, Maurer et al., 2007). 9,5% der Patienten unserer
Kohorte entwickelten KS bei >500/µl CD4-Zellen (22 Missings). 24,4% der
KS Patienten, die zwischen 1984 und 2006 an der Schweizer HIVKohortenstudie teilnahmen, hatten über 350 CD4-Zellen/µl (Franceschi et al.
2008). 28,9% der KS Patienten, die in der USA zwischen 1996 und 2007 an
36
einer Studie vom AIDS Malignancy Consortium teilnahmen, hatten über 300
CD4-Zellen/µl und eine Viruslast unter der Nachweisgrenze (Krown et al.,
2008). Maurer et al. berichteten über 9 KS Patienten mit über 300 CD4Zellen/µl bei einer Viruslast unter 300 Kopien/ml (Maurer et al., 2007).
Die KS zeigten sich bei 70,5% unserer Patienten ausschließlich an der Haut.
Auch bei der Schweizer HIV-Kohorte, der French Hospital Database und im
Surveillance of Rare Cancers in Europe (RARECARE)-Projekt war die Haut
der KS-Patienten vergleichbar betroffen (Franceschi et al., 2008, Grabar et
al., 2006, Stiller et al., 2014). In der Chelsea und Westminster-Kohorte hatten
31% der Patienten eine viszerale Beteiligung (Bower et al. 2009).
57,2% unserer Patienten waren ART naiv, nur 7,4% der antiretroviral
behandelten Patienten hatten eine Viruslast unter der Nachweisgrenze.
Somit war bei der überwiegenden Mehrheit der Patienten trotz ART die HIVInfektion
(noch)
nicht
kontrolliert.
Eine
ART
wurde
anfangs
bei
asymptomatischen HIV-positiven Patienten mit niedrigen CD4-Zellzahlen
(<200/µl) und hoher Viruslast sowie bei Auftreten von HIV-assoziierten
Symptomen eingeleitet. Angesichts der immer besseren, verträglicheren
Medikamente wurde der optimale Zeitpunkt für den Therapiebeginn auf eine
CD4-Zellzahl von <350/µl gelegt und seit Publikation der START-Studie wird
selbst bei asymptomatischen Patienten die ART-Einleitung sofort bei
Diagnosestellung unabhängig von der CD4-Zellzahl empfohlen (INSIGHT
START Study Group et al., 2015). Bei Bower et al. hatten vergleichbar nur
7% der Patienten mit KS eine HI-Viruslast unter der Nachweisgrenze (Bower
et al., 2009).
In Übereinstimmung mit den Ergebnissen der Health`s Strategies for
Management
of
Antiretroviral
Therapy
(SMART)-Studie
können
die
Therapiepausen der ART das Auftreten von KS zur Folge haben. In unserem
Patientenkollektiv entwickelten 6 Patienten KS nach geplanten ART-Pausen,
wobei ein Patient im Verlauf an disseminiertem KS verstorben ist. In der
SMART-Studie wurden erhöhte Raten an AIDS-definierenden Malignomen
(KS und Lymphome) bei Patienten mit Therapiepausen vs. Patienten ohne
Therapiepausen der ART beobachtet (Silverberg et al., 2007).
Wie bekannt, können nach der Einleitung der ART latente Erkrankungen im
Rahmen eines IRIS demaskiert werden (Hoffmann and Esser, 2013). Bei
37
16,7% unserer Patienten wurde das KS in den ersten 6 Monaten nach der
Einleitung einer ART diagnostiziert. Somit ist bei diesen Patienten das
Vorliegen eines IRIS zu postulieren (Bower et al, 2009). Die Häufigkeit des in
unserem Patientenkollektiv beobachteten KS-IRIS ist mit der von Achenbach
et al. beobachteten vergleichbar (16%) (Achenbach et al., 2012). Der Anteil
an viszeralem Befall lag bei Achenbach et al. bei 6 von 41 Patienten. In
unserem Kollektiv wurde vergleichbar bei 5 von 37 Patienten ein viszerales
KS-IRIS diagnostiziert. Im Kollektiv von Achenbach et al. wurde im
Gegensatz zu unseren Ergebnissen eine höhere Mortalität der Patienten mit
KS-IRIS (3 von 6 vs. 1 von 5 Patienten mit viszeralem KS-IRIS) beobachtet
(Achenbach et al., 2012).
Die Therapie des HIV-assoziiertem KS hat sich in der Ära der ART
grundlegend geändert. Bei unbehandelten Patienten steht die Einleitung der
ART an erster Stelle. Bei rein kutanem KS ohne wesentliche Beschwerden
sind leitliniengemäß die Einstellung des Patienten auf eine effiziente ART,
Beobachtung des Tumorverlaufs und ggf. lokaltherapeutische Maßnahmen
zu empfehlen (Schöfer und Brockmeyer, 2006). Eine Chemotherapie ist
aktuell bei raschem Progress, bei Persistenz trotz ART, bei viszeralem,
ausgedehntem
mukokutanem
KS-Befall
oder
bei
Ödemen
indiziert.
Chemotherapie-Schemata, z.B. Adriamycin/Bleomycin/Vincristin, die in
vielen aus der pre-ART-Ära stammenden Studien vorkommen, haben im
ART-Zeitalter deutlich an Bedeutung verloren (Hoffmann and Esser, 2013).
Die Datenlage zur Therapie des HIV-assoziiertem KS, auch mit liposomalem
Doxorubicin,
zur Rezidivfreiheit und zum Überleben in der ART-Ära ist
mangelhaft. Unsere Ergebnisse bilden sowohl die Therapien vor als auch der
ART-Ära ab. Bei 34,3% unserer Patienten bildeten sich die Kaposi-Läsionen
nur unter ART, ohne weitere Therapien zurück. 31,8% der Patienten mit
kutaner
Beteiligung
erhielten
eine
Chemotherapie.
Obwohl
eine
Chemotherapie wissenschaftlich in vielen Fällen begründet ist, muss im
Praxisalltag
Komorbidität-
oder
psychosozialer
Situation-bedingt
in
Einzelfällen von den Leitlinien abgewichen werden. Es wurden keine Daten
über Komorbiditäten, psychosozialen Aspekten und zur Bereitschaft
(„Readiness“) der Patienten für eine Chemotherapie erhoben. In der Chelsea
und Westminster-Kohorte wurden 22% der Patienten mit Chemotherapie
38
behandelt (Bower et al., 2009). In einer Arbeit von Dalla Pria et al. wurde
ebenfalls die Rolle der Chemotherapie bei dem AIDS-assoziiertem KS mit
kutaner Beteiligung in Frage gestellt (Dalla Pria et al., 2013).
In der multizentrischen Studie von Martin-Carbonero et al. wurden 98
Patienten aus der KS/Caelyx Spanish Group beschrieben, die zwischen
1997 und 2002 für die Behandlung des HIV-assoziierten KS im Median 9 (614) Zyklen PLD erhielten. Es zeigten 8 von 61 Patienten mit Remission nach
PLD-Therapie ein Rezidiv (Martin-Carbonero et al. 2008). In unserer Studie
wurde vergleichbar bei 19 von 71 Patienten nach PLD-Therapie ein
Erstrezidiv dokumentiert.
In unserer Studie starben ebenso wie bei der Studie von Martin-Carbonero et
al. drei Patienten an disseminiertem KS (Martin-Carbonero et al., 2008).
Auch bei Bower et al. starb ein Patient an KS (Bower et al., 2009).
In
der
von
Bower
beschriebenen
Kohorte
liegt
die
5
Jahres
Überlebenswahrscheinlichkeit bei 91% (Bower et al., 2009). Die 5-JahresÜberlebenswahrscheinlichkeit ab KS ED im Zeitraum 1987-2011 lag
vergleichbar in unserer Studie bei 96,8%.
Eine signifikante Assoziation mit einem Überlebensvorteil zeigt sich durch die
antiretrovirale Therapie vor KS ED nicht. Ein Überlebensvorteil der Patienten
mit ART und Chemotherapie vs. nur mit ART behandelten Patienten wurde
im Vergleich zu unseren Ergebnissen in einer Studie von Bower et al. nicht
beobachtet (Bower et al., 2014). Ein Remissionsvorteil der Patienten mit ART
und Chemotherapie vs. nur mit ART behandelten Patienten wurde jedoch in
unserem
Patientenkollektiv
beobachtet.
Die
chemotherapeutisch
mitbehandelten Patienten erreichten im Vergleich zu lediglich antiretroviral
behandelten Patienten schneller eine komplette Remission (29,1 vs. ,7,4%
innerhalb 3 Monaten nach der Einleitung der Chemotherapie bzw. ART).
Durch eine schnellere Rückbildung der KS-assoziierten Beschwerden kann
eine schnellere Besserung der Lebensqualität postuliert werden.
Ein besonderes Augenmerk ist auf die Entwicklung weiterer Malignome bei
Patienten mit Kaposi-Sarkom zu legen. In der Chelsea und WestminsterKohorte und in der Kohorte der Caelyx/KS Spanish Study Group starben
jeweils 9 Patienten an anderen Malignomen (Bower et al., 2009, MartinCarbonero et al., 2008). In der Studie von Marton-Carbonero et al. wurden
39
bei drei von 98 Patienten mit HIV-assoziiertem KS als zum Tode führende
Malignome Non-Hodgkin-Lymphome, bei drei weiteren Patienten primäre
Effusionslymphome und bei je einem Patienten ein Hirnlymphom, ein
gastrointestinales Adenokarzinom und ein Epidermoidkarzinom der Zunge
beschrieben. In unserer Studie starben 4 Patienten an weiteren Tumoren. In
Übereinstimmung mit den Ergebnissen von Martin-Carbonero wurde ein
Lymphom des zentralen Nervensystems und ein Analkarzinom bei je einem
unserer Patienten als Todesursache angegeben. In einer italienischen Studie
wurden bei 11 von 204 Patienten mit klassischem KS Zweitmalignome
diagnostiziert: bei je zwei Männern Lungen- und Nierenkrebs, bei je einem
Mann Blasen-, Magen- und nicht-melanozytärer Hautkrebs sowie ein
multiples Myelom und bei je einer Frau ein Bruskrebs, ein malignes Melanom
und ein Basalzellkarzinom beschrieben (Franceschi et al., 1996). Diese
Ergebnisse weisen darauf hin, dass Zweitmalignome bei HHV-8-infizierten
Patienten
Immunstatusunabhängig
auftreten
können,
wobei
eine
Immunschwäche z.B. durch HIV-Infektion das Auftreten von Zweitmalignome
begünstigt.
5.1 Stärke und Limitationen der Studie
Eine große Stärke der Studie ist die Erfassung und Beschreibung einer
umfangreichen, detaillierten Datenbank mit etwa der Hälfte der HIV positiven
KS Patienten der Kompetenznetzkohorte.
Wie bei allen Kohortenstudien können Verzerrungen aufgrund fehlender
Werte oder aufgrund des Ausscheidens aus der Studie nicht ausgeschlossen
werden. Zudem liegt ein Selektionsbias wegen der Patientenrekrutierung vor,
die erst im April 2004 gestartet wurde. Aufgrund dieses Selektionsbias‘ sind
die Patienten, die vor 2004 mit HIV-assoziiertem KS diagnostiziert wurden,
unterrepräsentiert und nur retrospektiv dokumentiert sowie bereits zuvor
Verstorbene gar nicht erhoben worden.
Die kleine Zahl von 18 Todesfällen führt zusammen mit dem Ausschluss von
Patienten mit fehlenden Werten aus den multiplen Regressionsanalysen
dazu, dass das Zusammenwirken verschiedener Kovariablen in den
40
Regressionsmodellen nur eingeschränkt beurteilt werden kann. Auch die
Power der entsprechenden Tests wird dann klein.
Das Geschlecht konnte als möglicher Risikofaktor für Mortalität nicht
ausgewertet werden, da nur 5 Frauen in der Studienpopulation waren und
kein Todesfall auftrat.
Die Häufigkeit der Rezidive nach Therapiepause wurde nicht erfasst.
Des Weiteren ist die Assoziation der Chemotherapie mit einem erhöhten
Sterberisiko vermutlich dadurch bedingt, dass Patienten mit fortgeschrittenen
Tumor- und HIV-Stadien bevorzugt Chemotherapien erhalten. Es ist
anzunehmen, dass weitere nicht erfassten Variablen zum Schweregrad der
Kaposi-Erkrankung die ärztliche Entscheidung für eine Chemotherapie
maßgeblich beeinflusst haben. Die Remissionsangaben des KS basierten
auf klinischen Beobachtungen, wobei eine histologische Sicherung nicht
vorlag.
Zudem wurde die Lebensqualität der Patienten nicht erfasst und
muss mit einbezogen werden.
5.2 Schlussfolgerung
Zusammenfassend ist festzuhalten, dass an HIV-assoziiertem KS in
Deutschland hauptsächlich MSM erkrankt sind. Vor der KS ED ist bei der
Mehrheit der Patienten die HIV-Infektion mit klinischen Symptomen
vergesellschaftet. Das KS gibt es auch bei gutem Immunstatus, obwohl die
CD4-Zellzahl für das Auftreten des KS wichtig ist. Ein Immundefekt bzw. eine
niedrige CD4-Zellzahl fördert die Entstehung des KS. Eine effektive ART ist
die wichtigste Therapie des HIV-assoziierten KS. Engmaschige klinische und
immunologische Verlaufskontrollen können nach Einleitung einer ART zur
Erkennung IRIS-assoziierter Krankheitsbilder, z.B. des KS, führen. Im
Zeitalter der ART führt das KS selten zu Rezidiven und zum Tod.
Therapiepausen
der
ART
sollten
gemieden
werden,
da
mit
jeder
Therapieunterbrechung das Risiko einer Resistenzentwicklung und einer
klinischen Verschlechterung (z.B. durch das Auftreten von KS) besteht. Auf
das Auftreten von Zweitmalignomen ist gerade vor der gemeinsamen
Assoziation der Koinfektionen mit Humanen Herpesviren HIV mit der
Entwickung von KS und Lymphomen zu achten. Eine Chemotherapie sollte
41
ergänzend zur ART, insbesondere bei Patienten mit viszeraler Beteiligung,
eingeleitet werden. PLD kam als Chemotherapeutikum in unserem
Patientenkollektiv am häufigsten zum Einsatz.
Eine valide Beurteilung der Effektivität der Chemotherapie im Vergleich zur
ART allein wird nur im Rahmen einer kontrollierten klinischen Studie mit
randomisierter Therapiezuteilung möglich sein.
42
6. Zusammenfassung
Einleitung: Das KS ist eine multifokal proliferierende Neoplasie aus
spindelförmigen Zellen lymphatischen, endothelialen Ursprungs, die durch
eine Infektion mit HHV-8 mitverursacht wird. Das KS ist weiterhin die
häufigste
AIDS-definierende
Neoplasie.
Typischerweise
treten
spindelförmige, lividrote Flecken oder Knoten vor allem auf Haut und
Schleimhäuten auf. Lymphatischer oder viszeraler Befall ist auch möglich.
Durch den breiten ART-Einsatz ist der klinische Verlauf des HIV-assoziierten
KS milder geworden.
Zielsetzung: Ziel dieser Studie ist die Erfassung der soziodemographischen
und klinischen Daten der KS Patienten der KompNet HIV/AIDS-Kohorte und
deren Verlaufsbeobachtung. Ein weiteres Ziel ist die Evaluation möglicher
Einflussgrößen auf das Überleben. Zu dieser Fragestellung gibt es nur
wenige Daten in Deutschland. Diese Studie soll durch ihren überregionalen
Ansatz zum besseren Verständnis des HIV-assoziierten KS in Deutschland
beitragen.
Methoden: Daten von Patienten mit HIV-assoziiertem KS aus 9 Zentren der
Kompetenznetzkohorte HIV/AIDS wurden erhoben. Die Basis-Charakteristika
zum Zeitpunkt der KS-Erstdiagnose wurden beschrieben. Anhand von
Kaplan-Meier-Kurven
wurden
Überlebenswahrscheinlichkeiten
die
Rezidiv-
geschätzt.
Durch
bzw.
die
multiple
Cox-
Regressionsmodelle wurden Einflussfaktoren für das Überleben untersucht.
Ergebnisse: Im Zeitraum zwischen 1987 und 2011 wurde bei 222 Patienten
ein KS im medianen Lebensalter von 38,5±10,1 Jahren diagnostiziert. In
unserem Patientenkollektiv waren Männer häufiger als Frauen betroffen
(97,7% vs. 2,3%) überwiegend mit dem HIV-Transmissionsrisiko Männer, die
Sex mit Männern haben (88,3%). Die HI-Viruslast zum Diagnosezeitpunkt lag
bei 7,4% unter 50 Kopien/ml. 55,5% der Patienten entwickelten ein KS bei
CD4-Zellen unter 200 Zellen/µl und 9,5% bei über 500 Zellen/µl. Bei 68
Patienten bestand die Therapie ausschließlich in der Optimierung bzw.
Einleitung der ART. 71 Patienten wurden zusätzlich zur ART mit pegyliertem
liposomalem Doxorubicin behandelt. Bei 196 Patienten konnte eine
komplette Remission erreicht werden.
43
Während der medianen Follow-up Dauer von 8,9±4,9 Jahren traten bei
80,2%
der
Patienten
keine
KS-Rezidive
auf.
Die
Überlebenswahrscheinlichkeiten nach 5 und 10 Jahren lagen bei 96,8% und
91,3%. Patienten mit höherer CD4-Zellzahl und ohne Chemotherapie zeigten
ein
signifikant
geringeres
Sterberisiko.
Bei
4
Patienten
stellten
Zweitmalignome die Todesursache dar.
Diskussion:
KS treten häufiger bei niedrigen CD4-Zellzahlen auf, allerdings schließt ein
guter Immunstatus die Entwicklung von KS nicht aus. Eine effektive ART ist
die wichtigste Therapie des HIV-asoziierten KS. Bei angemessener Therapie
zeigen HIV-positive Patienten mit KS eine gute Überlebensrate. Auf das
Auftreten von Zweitmalignomen ist gerade vor der gemeinsamen Assoziation
der Koinfektionen mit Humanen Herpesviren HIV mit der Entwicklung von KS
und Lymphomen zu achten. Eine valide Beurteilung der Effektivität der
Chemotherapie im Vergleich zur ART allein wird nur im Rahmen einer
kontrollierten klinischen Studie mit randomisierter Therapiezuteilung möglich
sein.
44
7. Literaturverzeichnis
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Danksagung
Ich möchte mich bei allen Patienten und den Teams der beteiligten Kliniken
und Praxen bedanken: Prof. Dr. N.H. Brockmeyer (Klinik für Dermatologie,
Venerologie und Allergologie, St. Josef Hospital, Ruhr-Universität Bochum),
Dr. Stefan Esser (Klinik für Dermatologie, Universitätsklinikum Essen), Dr.
Arend Moll (Praxiszentrum Kaiserdamm, Berlin), Dr. Stephan Dupke (Praxis
Driesener Straße, Berlin), Dr. Michael Rausch (Ärztezentrum Nollendorfplatz,
Berlin,) Dr. Heinrich Rasokat (Klinik und Poliklinik für Dermatologie und
Venerologie, Uniklinik Köln), Dr. Stefan Scholten (Praxis Hohenstaufenring,
Köln), Dr. Antonius Mutz (Infektionsambulanz, Klinikum Osnabrück) und Dr.
Ansgar Rieke (Immunologische Institutsambulanz, Gemeinschaftsklinikum
Kemperhof Koblenz).
Lebenslauf
Persönliche Angaben
Name
Rozalia-Eva Klingenberg, geb. Scheitz
Geburtsdatum:
20.03.1984
Geburtsort:
Târnăveni / Rumänien
Familienstand:
verheiratet
Staatsangehörigkeit:
rumänisch
Berufserfahrung
02/2016 – bis dato
Assistenzärztin für Dermatologie und Venerologie
im Katharinen-Hospital Unna
07/2015 - 01/2016
Assistenzärztin für Dermatologie und Venerologie
im Fachklinikum Borkum
08/2013 – 05/2015
Aufsuchende ärztliche Tätigkeit in den Bochumer
Bordellen im Rahmen einer Zusammenarbeit
zwischen St. Josef-Hospital, Madonna e.V. und
Gesundheitsamt Bochum
01/2013 – 06/2015
Assistenzärztin für Dermatologie und Venerologie
in der Klinik für Dermatologie, Venerologie und
Allergologie, St. Josef-Hospital, Ruhr-Universität
Bochum
10/2011 – 09/2012
Assistenzärztin für Innere Medizin und Geriatrie im
Diakonie Klinikum Kredenbach
01/2009-01/2011
Assistenzärztin für Dermatologie und Venerologie
Spitalul
Clinic
Judeţean
Târgu-Mureş
(Kreisklinikum), Rumänien
Studium
10/2002 – 09/2008
Universität für Medizin und Pharmazie zu TârguMureş, Medizinische Fakultät
Posterpräsentationen, Vorträge
Scheitz RE, Esser S, Brockmeyer NH, Moll A, Dupke S, Rausch M, Rasokat
H, Scholten S, Mutz A, Rieke A, Michalik C, Skaletz-Rorowski A, Haastert B,
Potthoff A, Kompetenznetz HIV/AIDS. „Kaposi-Sarkom Patientenprofil in der
Kohorte des Kompetenznetzes HIV/AIDS“. Deutscher STI-Kongress, 14.-16.
Juni 2012, Berlin
Scheitz RE, Esser S, Brockmeyer NH, Moll A, Dupke S, Rausch M, Rasokat
H, Scholten S, Michalik C, Potthoff A. „Kaposi`s sarcoma patient profile in the
cohort of the GermanCompetence Network HIV / AIDS“. STI & AIDS World
Congress, 14.-17. Juli 2013, Wien
Scheitz R, Potthoff A, Altmeyer P, Brockmeyer NH. „Ataxia teleangiectasia
assoziierte kutane Mycobacterium aubagnense Infection“. DDG-Kompakt,
28.02.-01.03.2014, Hamburg
Soemantri S, Scheitz R. „Verzögerte Anaphylaxie nach Fleischverzehr“. 7.
Allergieforum Ruhr, 8. März 2014, Bochum
Scheitz RE, Potthoff A, Brockmeyer NH. „Trio-Infektion bei einem HIV
infizierten Patienten“. Deutscher STI-Kongress, 19.-21. Juni 2014, Berlin
Scheitz RE, Eickel M, Mannherz S, Wach J, Brockmeyer NH. „Aufsuchende
medizinische Angebote bei Sexarbeiterinnen in Bochum“. 17. Tagung der
DWFA, 28.-30. November 2014, Köln
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