schizophrenie o - PublicationsList.org

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tagspraktischer Kompetenzen in den Therapieprogr ammen expliziter zu berücksichtigen. Außerdem
unterstreicht die deutlich schlechtere Lebensqualität
der Jungen mit ADHS und deren Bezugspersonen die
hohe psychosoziale Belastung der Jungen mit ADHS
sowie deren Familien. Somit wird eine multimodale
Behandlung der ADHS erneut unterstützt, die durch
interdisziplinäre und familienorientierte Therapiemaßnahmen behandelt werden sollte. Erste Studien sprechen für die Wirksamkeit solcher Therapieansätze, die
konsequenter im Rahmen der stationären Rehabilitation umgesetzt werden sollen.
Lit eratur beim Verlag
Dlpl.·Psych. Ina Schreyer
ZentI'Wil für Klinlsche Psychologie und Rehabllit.ation
Universität Bremen · Grazer Str. 6 28359 Bremen
Prof. Dr. Petra Hampel
FH Kiel · FB Soziale Arbeit und Gesundheit
Sokratesplatz 2 · 24149 Kiel
Korrespondenzadresse:
Prof. Dr. Petra Hampel
FH Kiel · FB soziale Arbeit und Gesundheit
Sokratesplatz 2 · 24149 Kiel
Tel: (0431 ) 210·3022 · Fax: (0431 ) 210·3300
petra..hampel@fh·kiel.de
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Was kann das EEG zur Vorhersage
von schizophrenen Psychosen
leisten?
Marion 0. Pflueger, Ute Gschwandtner, Andrea Kälin,
Anit.a Rlecher·Rössler und Peter Fuhr, Basel
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Die Früherkennung und Frühbehandlung von Schizophrenie ist in den letzten Jahren zu einem akzeptierten Ziel der Psychiatrie geworden. Denn bereits fünf bis
sechs Jahre vor der Manifestierung einer Psychose zeigen sich unspezifische Veränderungen und eine atypische Prodromalsymptomatik, die in Form von Konzentrations- und Aufmerksamkeitsstörungen, Schlafstörungen, Depression, Angst , Derealisations- und Depersonalisations-Erleben sowie vorübergehenden (sog. „brief limited intermittend psychotic symptoms«) und/oder unterschwelligen psychotischen Symptomen („attenuated
psychotic symptoms") bereits schwere Auswirkungen
auf den beruflichen- und sozialen Alltag der Betroffenen
haben (Riecher-Rössler et al. 2006).
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......
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Darüber hinaus hat sich gezeigt, dass ein später Interventionsbeginn eine schlechtere kurz- und langfristige Prognose auf unterschiedlichen Ebenen nach
sich zieht. Abgesehen von einer verzögerten und nur
unvollständigen Besserung der Symptomatik und
30 einer schlechteren Langzeitprognose steht ein ver-
späteter Behandlungsbeginn auch in Zusammenhang
mit einer höheren Rehospitalisierungsrate und höheren Behandlungskosten (Überblick in Riecher-Rössler
et al. 2007).
Allerdings sehen sich sowohl Forscher als auch Kli·
niker hinsichtlich des Beginns einer Pharmakotherapie mit einem Dilemma konfrontiert. Einerseits kann
sich die Krankheit, wie bereits erwähnt, schon im Pro·
dromalstadium verheerend auswirken, andererseits
geht eine zu frühe Diagnose und Behandlung mit dem
Risiko einer falsch positiven Diagnose und damit auch
mit der Stigmatisierung Betroffener sowie mit möglichen Nebenwirkungen der Medikation einher (RiecherRössler et al. 2006). Daraus erwächst die Notwendigkeit, nach Faktoren zu suchen, die potenzielle Risikopersonen zuverlässig zu identifizieren vermögen.
Dazu durchgeführte Studien konnten bei Risikopersonen bereits Defizite im Bereich der Neuropsychologie
und dort in Bezug auf Vigilanz, Abstraktion, Arbeitsgedächtnis, exekutive Funktionen sowie feinmotorische Auffälligkeiten finden (Gschwandtner et al. 2006;
Pflueger et al. 2007; siehe auch Überblick in RiecherRössler et al. 2006). Auf psychopathologischer Ebene
stellt die bereits erwähnte Prodromalsymptomatik
einen wichtigen Prädiktor dar. Hinzu kommen Veränderungen im sozialen Verhalten bzw. Schwierigkeiten
bei der Bewältigung des beruflichen und sozialen Alltags (Riecher-Rössler et al. 2007; Yung & McGorry
1996). Mit Hilfe von bildgebenden Verfahren konnte
außerdem gezeigt werden, dass ber eits in der Früh·
phase psychotischer Störungen Veränderungen des
Volumens der grauen Substanz auftreten, insbesondere in frontalen, temporalen und parietalen Bereichen sowie im Kleinhir n (Borgwardt et. al. 2007a;
Borgwardt et al. 2007b; Borgwardt et al. 2008). Auch
auf neurophysiologischer Ebene konnten mittels Elektroenzephalographie (EEG) Veränderungen bei Risikopatienten festgestellt werden (Gschwandtner et al.
2009).
Dem Ziel der Früherkennung von Psychosen widmet
sich auch die Psychiatrische Universitätspoliklinik des
Universitätsspitals Basel im Rahmen der FEPSY-Studie (Früherkennung von Psychosen). Zu diesem Zweck
werden Patienten, die klinisch als psychoseverdächtig eingestuft wurden, mit Hilfe eines eigens entwickelten „Basel Screening Instrument für Psychosen"
(BSIP) auf bereits bekannte Risikofaktoren überprüft
(Riecher-Rössler et al. 2008). Zu diesen gehören psychopathologische Faktoren, aber auch Drogenkonsum
innerhalb der letzten zwei J ahre, psychiatrische Vorgeschichte, genetisches Risiko, Alter beim Auftreten
der ersten Symptome sowie die Verschlechterung sozialer Rollenerfüllung („Knick in der Lebenslinie") . In
einem nächsten Schritt erfolgt die ausführliche Überprüfung weiterer bekannter Risikofaktoren mittels
neuropsychologischer, -physiologischer (EEG) und
-radiologischer (MRI) Verfahren sowie die ausführliche Exploration der klinischen Vorgeschichte. Die
anhand dieses Verfahrens als Risikopatienten identifizierten Personen werden anschließend in einem Zeit-
raum von maximal sieben Jahren einem regelmäßigen Follow-Up unterzogen (alle 1-3 Monate). Das Ziel
ist es, Prädiktoren für die Entwicklung einer Psychose
auf mehreren Ebenen der Datenerhebung (Psychopathologie, Neuropsychologie, -physiologie und -radiologie) entdecken und untersuchen zu können. Dazu werden die im Verlauf beobachteten Übergänge vom Risikostatus zur floriden Psychose protokolliert und in
einen Zusammenhang mit den Daten der unterschiedlichen Erhebungsebenen gestellt.
EEG in der Psychiatrie
Im Zusammenhang mit psychiatrischen Störungen ist
die überproportionale Häufung von Epilepsien (Prävalenz) im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung auffällig. Sie ist je nach Erkrankungstyp um das zwei- bis
fünffache höher (Baumgartner & Lehner-Baumgartner 2008). Psychiatrische Störungen sind jedoch nicht
nur sekundär infolge einer vorausgehenden epileptischen Erkrankung beobachtbar. Auch der umgekehrte
Fall trifft zu. So ist beispielsweise gut belegt, dass die
Diagnose einer „Major Depression" mit einem um den
Faktor 1. 7 erhöhten Anfallsrisiko verbunden ist (Hesdorffer et al. 2006).
Je nach zeitlichem Bezug der psychiatrischen Störungen zum Anfallsgeschehen oder seiner Behandlung
unterschiedet man dabei präiktale, iktale, postiktale
und interiktale psychiatrische Störungen. In seltenen
Fällen kommt es ausschließlich in Phasen der Anfallsfreiheit zu ernsthaften psychiatrischen Problemen,
während diese bei Wiederauftreten der Anfälle remittieren (alternative psychiatrische Störung). Auch die
antiepileptische Behandlung spielt eine Rolle. Sie kann
psychiatrische Erkrankungen provozieren oder deren
Verlauf verschlechtern.
Im Zusammenhang mit der Schizophreniediagnostik
ist vor allem die Differenzialdiagnose einer Temporallappenepilepsie von Bedeutung. Die Temporallappenepilepsie kann zu psychotischen Zustandsbildern
führen, die jenen einer idiopathischen Schizophrenie
sehr ähnlich sind. Bei der interiktalen Psychose fehlen in der Regel die so genannte Negativsymptomatik
(Apathie, Affektverflachung, Anhedonie usw.), sowie
die charakteristischen Denkstörungen. Optische Halluzinationen überwiegen gegenüber akustischen Halluzinationen und insgesamt ist der Verlauf der psychotischen Symptomatik milder und günstiger als bei
Schizophreniepatienten (Glauninger et al. 2001 ). Eine
weitere Ausprägung der Temporallappenepilepsie ist
dadurch charakterisiert, dass sich mit dem Auftreten
einer psychotischen Störung das EEG normalisiert oder
sich im Vergleich zu den Vorbefunden verbessert (forcierte Normalisierung, vgl. Krishnamoorty & Trimble
1999). Diese Form der Psychose wird auch als Alternativpsychose bezeichnet . Sie tritt auch infolge einer
effektiven antiepileptischen Therapie (insb. mit Ethosuximid) auf.
Anders verhält es sich bei pathologischem EEG schizophrener Patienten. Entgegen dem Verlauf psycho-
tischer Zustandsbilder im Kontext der Temporallappenepilepsie wurden dysrhythmische Muster bei schizophrenen Patienten mit einem schlechteren Verlauf und einer längeren Erkrankungsdauer assoziiert
(Manchanda et al. 2003, 2005). Insgesamt herrscht
eine gruppierte, fronte-zentral hochamplitudige langsame Aktivität im Subalpha-, Theta- und Delta-Band
vor, worunter auch dysrhythmische Muster zu subsumieren sind, die mit verminderter Vigilanz in Verbindung gebracht werden (Ulrich 2002). Über deren
Bedeutung gehen allerdings die Meinungen auseinander. Anders als Manchanda betont Ulrich deren StateCharakter in Verbindung mit dem akuten Auftreten
der Psychose und einer sich daran anschließenden
Remissionsphase. Darüber hinaus wird in der Literatur auch auf die Bedeutung der EEG-Grundaktivität
für das Ansprechen auf Neuroleptika hingewiesen. So
zeigen beispielsweise schizophrene Patienten mit vorherrschend niederspannigem EEG und intermittierenden „Alphabursts" ein recht gutes Ansprechen . Das
EEG von Patienten mit weniger gutem Ansprechen
ist hingegen von einer verringerten Vigilanzdynamik
und Rigidität gekennzeichnet, d.h. einer gut betonten,
kontinuierlichen monomorphen Alphaaktivität, die
zusätzlich die Neigung zur anterioren Ausbreitung hat
(Ulrich 2002).
Die Assoziation zwischen Epilepsie und Schizophrenie
ist gerade im Kontext der Früherkennung von Psychosen eine besonders sensible Angelegenheit, zumal
die hierfür klinisch operationalisierten Risikofaktoren kurze intermittierende und attenuierte psychotische Symptome einschließen. Hier kann es zu besonderen differenzialdiagnostischen Schwierigkeiten kommen, wenn eine Temporallappenepilepsie vorher nicht
ausgeschlossen wurde.
Die Vorhersage der Psychose durch das EEG
Im Zusammenhang mit der Früherkennung von Psychose hat das EEG also eine zweifache Funktion.
Zunächst einmal dient es dem Ausschluss einer primär organischen Psychose, die im Zuge einer Temporallappenepilepsie auftritt. Zum zweiten jedoch besteht
die interessante aber offene Frage, inwiefern hirnphysiologische Veränderungen, die im EEG ihren Niederschlag finden, einen Beitrag zur Vorhersage einer Psychose leisten können. Diese Fragestellung war Gegenstand einer Untersuchung im Rahmen des FEPSY-Projekts der psychiatrischen Poliklinik am Basler Universitätsspital (Gschwandtner et al. 2009) . 42 Risikopersonen für Psychose (sog. ,At-Risk Mental State'
(ARMS)-lndividuen) und 31 Patienten mit einer psy0
chotischen Ersterkrankung wurden mit 35 gesunden
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Kontrollprobanden hinsichtlich des Vorliegens von kli- .......
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nischen EEG-Veränderungen verglichen. Die EEG-Veränderungen umschlossen Normvarianten und Charakteristika normaler Hirnstromtätigkeit (z.B. Alphablockade nach Öffnen der Augen usw.) ebenso wie auch
Anzeichen pathologischer Hirntätigkeit (Herdaktivität,
epileptiforme Entladungen usw.). Die Beurteilung der 33
-
EEG-Aufzeichnungen erfolgte durch erfahrene Neurophysiologen, die jede vorliegende Ableitung nach standardisierten Kriterien visuell inspizierten und dabei
blind für die diagnostische Gruppierung der Patienten
waren. Die EEGs wurden unter Standardbedingungen
aufgezeichnet, d. h. die Ableitungen erfolgten unter
Ruhebedingungen - zuweilen mit geöffneten, zuweilen
mit geschlossen Augen des Patienten - und ergänzt
um Provokationsbedingungen, wie einer Hyperventilations- und Photostimulationsphase - eine EEG-Aufzeichnung, wie sie üblicherweise in der klinischen Routine auch anderswo durchgeführt wird. Auch die Aufzeichnungsapparatur selbst entsprach einem handelsüblichen und überall verfügbaren EEG-Gerät, das über
32 Kanäle verfügt. Die Ableitung wurde mit 19 Elektroden auf Basis des internationalen 10/20- Standards
vorgenommen. Um die Zuverlässigkeit des neurologischen Urteils zu sichern, wurde ein zweiter neurologischer Beurteiler hinzugezogen, der erneut alle vorliegenden EEGs visuell inspizierte und nach den genannten standardisierten Kriterien beurteilte. Die daraus
resultierende Inter-Rater-Reliabilität war sehr gut. Die
im Zusammenhang mit der Arbeit stehenden Hypothesen und spezifischen Fragestellungen lagen nach
allem, was an empirischen Evidenzen verfügbar war,
auf der Hand:
~ Erstens lässt sich bei den untersuchten ebenfalls der
Nachweis erbringen, dass Patienten (d. h. ARMSIndividuen und Ersterkrankte) über eine deutlich
erhöhte Häufung pathologischer elektrophysiologischer Anzeichen verfügen?
~ zweitens sollte es zutreffend sein, dass bei ARMSIndividuen ein vermehrtes Vorkommen von elektrophysiologischen Pathologien beobachtbar ist, dann
wäre zu fragen, ob diese Häufungen mit einer im
weiteren Verlauf eintretenden psychotischen Dekompensation und damit der Manifestierung einer
Ersterkrankung in Zusammenhang steht. Mit anderen Worten: Können EEG-Ableitungen zur Vorhersage einer psychotischen Erkrankung beitragen?
Die Auswertung der Daten ergab eine deutlich höhere
Neigung der Patienten zur Ausbildung von pathologischer Aktivität im EEG. Etwas mehr als 30% aller
Ersterkrankten und ARMS-Individuen zeigten solche
Auffälligkeiten. Dem stehen 11 % der sog. gesunden
Kontrollpersonen mit EEG-Auffälligkeiten gegenüber,
was zugegebenermaßen auch überraschend viel ist,
dennoch aber ein signifikant weniger häufiges Vorkommen als bei Patienten. Die Art der Pathologien
erstreckte sich dabei im Wesentlichen auf drei Muster: Am häufigsten konnte eine langsame pathologische Aktivität (im Delta/Theta Frequenzband) beobachtet werden. Sie trat in etwa zwei Drittel der Fälle
mit Pathologie (etwa 64%) auf. Die restlichen 36% der
beobachteten Pathologien erstreckten sich auf steile
Transienten, pathologische rhythmische Muster und
deren Kombinationen, einschließlich der intermittierenden langsamen Aktivität. vorzugsweise waren
diese Pathologien fronto-temporal lokalisiert. Genau34 ere Analysen zeigten, dass es keine spezifische Korn-
- - - -- - -- --
-
-
-
- --
-
-
- --
-
bination gibt, die ARMS-Individuen und Ersterkrankte
von einander zu unterscheiden erlauben würde. Auch
war es nicht möglich festzustellen 1 ob entweder Ersterkrankte oder ARMS-Individuen stärker von elektrophysiologischen Pathologien betroffen waren. Insgesamt ließen sich unter den ARMS-Individuen (ca.
36%) mehr pathologische EEG gegenüber den Ersterkrankten (ca. 23%) beobachten, was jedoch kein signifikanter Unterschied ist. Es ließ sich sagen, dass die
Häufungen, die wir feststellen konnten, auch mit den
Berichten in der Fachliteratur zu pathologischen EEG
bei ersterkrankten schizophrenen Patienten übereinstimmten (Manchanda, 2003, 2005).
Um die Häufungen der EEG-Pathologien tatsächlich
und berechtigterweise mit einer jeweiligen Primärerkrankung in Verbindung bringen zu können, bedurfte
es noch der Absicherung und des Ausschlusses von
koinzidentiellen Einflussfaktoren, deren Wirkung
auf das Zentralnervensystem von Relevanz ist. Dies
betrifft vorrangig die Einnahme von psychoaktiven
Substanzen in Form von Medikamenten, aber auch
den Konsum von Drogen wie Cannabis. Hier prüften
wir, inwiefern sich die Prävalenz der EEG-Pathologie
mit den jeweiligen Substanzen änderte. Es zeigte sich
jedoch, dass die EEG-Pathologien nicht auf Nebenwirkungen von Medikamenten- oder Drogeneinnahmen
zurückzuführen waren.
Nun da der Einfluss psychoaktiver Substanzen ausgeschlossen war, konnten wir uns der Frage zuwenden,
ob mithilfe des EEG eine Vorhersage über den zukünftigen Verlauf bzw. über eine zukünftige Entwicklung einer Psychose getroffen werden kann. Können
wir mit dem EEG die Psychose vorhersagen? Da die
ARMS-Individuen zum Zeitpunkt der Analyse mindestens schon über drei Jahre beobachtet wurden (manche sogar schon sieben Jahre) , konnten wir zuverlässig feststellen, welche der ARMS-Individuen im Verlauf dieser Zeit tatsächlich an einer Psychose erkrankten. Es stellte sich heraus, dass von den 42 ARMSIndividuen 12 eine manifeste Psychose entwickelten, während 22 weitere ARMS-Individuen unverändert in einem Risikostatus verharrten. Unglücklicherweise schieden 8 Patienten während des Follow-Up aus
und konnten bei der nun geschilderten Analyse nicht
berücksichtigen werden.
Um festzustellen, ob das EEG einen Zugewinn in der
Vorhersage einer Psychose ermöglicht, mussten wir
einen Vergleichsstandard schaffen. Dazu eignet sich nahe liegend - die psychopathologische Symptombelastung, die in unserem Fall mittels der Brief Psychiatrie
Rating Scale CBPRS) zum Zeitpunkt des Einschlusses
in die Studie erfasst wurde. Die BPRS ist eine 24-Item
Ankerskala, die von erfahrenen Psychiatern schnell
ausgefüllt werden kann. Sie erfasst neben anderen
psychopathologischen Dimensionen sowohl Positiv- als
auch Negativsymptomatik. Ein globaler Summenwert
liefert schließlich ein grobes Maß für die psychopathologische Gesamtbelastung - der Global Score. In einem
ersten Schritt versuchten wir nun auf Basis des BPRS
Global Score eine Klassifikation der ARMS-Individuen
in eine von zwei Klassen zu erreichen - in Patienten
- - - -- -- --
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„
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mit und in Patienten ohne Übergang zur Psychose. Das
gelang mithilfe der logistischen Regression schon hinreichend gut. Wie sich herausstellte, wurden alle Patienten mit einer mäßigen Symptombelastung (Global
Score > 39) als Patienten mit zukünftiger Psychose
klassifiziert, während von den anderen ARMS-Individuen angenommen wurde, dass die Psychose nicht
eintr eten würde. Etwa 82% der tatsächlich im Verlauf dekompensierten Patienten wurden hierdurch
korrekt erfasst, jedoch wurden auch 41 % der ARMSIndividuen, die später keine psychotische Dekompensation erlebten , irrtümlicherweise dieser Gruppe zugeschrieben. Insgesamt wurden zwei Drittel der Patienten alleine aufgrund ihrer Symptombelastung korrekt
klassifiziert.
In einem nächsten Schritt wiederholten wir die Berechnung, dieses Mal jedoch zusätzlich noch unter Berücksichtigung des EEG. Wie würde sich das Resultat nun
ändern? Die korrekte Klassifikation der Patienten mit
späterer Psychose war auf Basis des neuen Modells
mit einem identischen Wert von 82% richtig positiv
vorhergesagten Patienten (Sensitivität) nicht besser
als das erste. Die Hinzunahme des EEG hatte also keinen Einfluss auf die Sensitivität. Jedoch änderte sich
deutlich die Spezifität, d.h. die Rate mit der es gelingt,
richtig negative Patienten zu identifizier en. Sie stieg
nun unter Hinzunahme des EEG auf 73% an und war
dem einfachen Modell, das nur die Psychopathologie
berücksichtigte, um 14% überlegen. Insgesamt konnten somit 76% aller Patienten richtig klassifiziert werden. Eine genauere Analyse zeigte eine Reklassifikation jener Patienten, die auf Basis ihres BPRS Global
Scores (> 39) irrtümlich den dekompensierten Patienten zugerechnet wurden, und zwar genau dann, wenn
deren EEG ohne Pathologie geblieben war. Mit anderen Worten , die fälschlich positive Schätzung allein
durch die Psychopathologie wurde durch ein blandes
EEG korrigiert. Damit verblieben die meisten Patienten mit pathologischem EEG in der Gruppe der psychotisch Dekompensierten, woraus der Schluss gezogen werden kann, dass ein pathologischer EEG-Befund
mit einer höheren Neigung zu psychotischer Dekompensation assoziiert ist. Es zeigt sich also, dass das
EEG durchaus einen bedeutenden Beitrag zum Problem der Früherkennung von Psychosen leisten kann.
Dies betrifft nicht nur den differenzialdiagnostischen
Aspekt des Ausschlusses von Temporallappenepilepsien. Es besteht vielmehr auch die ganz direkte Möglichkeit, die Vorhersage einer zukünftigen psychotischen Dekompensation zu unterstützen. Die EEG-Diagnostik liefert damit einen wichtigen Beitrag zu Eingrenzung des Problems der Früherkennung, nicht
zuletzt deshalb, weil sie eine unumstrittene, preisgünstige und vielfach leicht einsetzbare Methode ist.
IJteratur beim Verlag
Korrespondenzadresse:
Dr. phil. Mar ion 0. Pflueger, Dipl. Psych.
PsychiatriBche Poliklinik · Universitätsspital Basel
Petersgraben 4 · CH • 4031 Basel
E·Mail: [email protected]
PTBS
Weisheitstherapie zur
Verbesserung der Resilienz bei
Lebensbelastungen
Kai Baumann, Berlin
In der Internationalen Klassifikation der Krankheiten,
ICD-10 (WHO 1992) gibt es ein Kapitel (F43) zu „Reaktionen auf schwere Belastungen und Anpassungsstörungen". Hier werden solche Störungen zusammengefasst, für deren Zustandekommen ein einschneidendes
Lebensereignis beigetragen hat. Von besonderer psychotherapeutischer Bedeutung sind dabei die Posttraumatische Belastungsstörung und die Anpassungsstörungen.
Die Posttraumatische Belastungsstörung, PTSD (ICD10 F 43.1 ) wird durch ein Ereignis mit „außergewöhnlicher Bedrohung oder katastrophenartigen Ausmaßes" bzw. „eine Konfrontation mit Ereignissen, die
lebensbedrohlich sind, oder die mit ernsthaften Ver letzungen oder einer Gefährdung der körperlichen
Unversehrtheit der eigenen Per son oder anderer Per-
sonen" einhergehen, ausgelöst.
Anpassungsstörungen (ICD-1O F 43.2) werden in der
ICD-10 als „Zustände von subjektivem Leiden und
emotionaler Beeinträchtigung bezeichnet, die soziale
Funktionen und Leistungen behindern und während
des Anpassungsprozesses nach einer entscheidenden
Lebensveränderung; nach einem belastenden Lebensereignis oder auch nach schwerer körperlicher Krankheit auftreten" (WHO, 1992). Gerade Anpassungsstörungen sind häufige Erkrankungen, die schwer zu
behandeln sind und eine hohe Tendenz zur Chronifizierung mit der Folge von Arbeits- und Erwerbsunfähigkeit haben.
Im klinischen Alltag findet man eine weitere Form von
Anpassungsstörung mit vorherrschendem Verbitterungsaffekt, die sich als „Posttraumatische Verbitterungsstörung" (posttraumatic embitterment disorder;
Linden 2003, Linden et al. 2007) von anderen Anpassungsstörungen abgrenzen lässt. Neben einem Ärgerund Verbitterungsaffekt steht hier das Er leben von
massiver Ungerechtigkeit und Kränkung im Vordergrund. Im Gegensatz zur PTSD sind die Auslöser für
eine PTED jedoch nicht außergewöhnlich.
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Resilienz
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......
Lebensbelastungen sind lebensüblich und werden meistens gut bewältigt. Menschen sind in der Lage, auch
schwierige Lebensereignisse wie Trennung, Krankheit oder Tod zu bewältigen, was zu vorübergehend
auftretenden negativen Gefühle oder körperlichen
Symptomen führen kann. Auch bei Berücksichtigung 35
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