222 Aktivierung der enzymatischen Dehydrierung des

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222
Aktivierung der enzymatischen Dehydrierung des Alkohols
durch Glutathion.
Von
Th. Wagner-Janregg und E. F. Möller.
(Aus dem Kaiser Wilhelm-Institut für medizin. Forschung, Heidelberg, Institut für Chemie.)
(Der Schriftleitung zugegangen am 10. September 1935.)
Wir zeigten früher, daß Hexosediphosphorsäure-Dehydrase aus Froschnmskulatur und aus Hefe zu ihrer Komplettierung
Co-Ferment und Flavinenzym benötigt1); Versuche von
A. Hahn, H. Niemer und BL Freytag 2 ) haben diesen Befund
inzwischen bestätigt. Eine weitere Wirkungssteigerung in dem
angegebenen System konnten wir durch Zugabe von Glutathion
erzielen. Die gleiche Erscheinung beobachteten wir jetzt auch
bei der Dehydrierung von Äthylalkohol in Gegenwart eines
dialysierten Extraktes aus gut ausgewaschener Hefe (Apozymase)
(Tab. I, Versuch Nr. 1—5). Der Effekt des Glutathions tritt hier
viel deutlicher in Erscheinung, wenn die Dehydraselösung vorher
einige Stunden mit Luft geschüttelt wird (Tab. I, Versuch Nr. 6, 7).
Die Erklärung für diese Erscheinung ist wohl die, daß in der
Dehydraselösung ursprünglich vorhandenes SH-Glutathion beim
Schütteln durch Sauerstoff oxydiert wird. Damit in Übereinstimmung steht die Tatsache, daß frische Dehydraselösungen vielfach schwache Nitroprussidreaktion zeigen, gealterte Präparate
dagegen niemals. Das SS-Glutathion besitzt keine aktivierende
Wirkung wie die Versuche Nr. 12 und 13 der Tab. IV zeigen8).
*) Th. Wagner-Jauregg, H. Kauen u. E. F. Möller, Diese Z. 228,
273 (1934); 231, 55 (1935) und zwar S. 58 ff.
2
) Z. Biol. 96, 453 (1935). Vgl. auch A. Schaffner, E.Bauer u.
H. Berl, Diese Z. 232, 220 (1935); H. v. Euler u. E. Adler, Diese Z. 235,
127 (1935). F. J. Ogston u. D. E. Green, Biochem. J. 29, 1983 (1935).
8
) Wir verdanken das SS-Grlutathion der Freundlichkeit von Herrn
Doz. Dr. Th. B er s in, Marburg a/Lahn.
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Aktivierung der enzymat. Dehydrierung des Alkohols durch Glutathion.
223
Tabelle I.
A k t i v i e r u n g der Alkoholdehydrase durch SH-Glutathion.
Je Ansatz: 0,5 ccm Methylenblau l: 5000.
0,1 ccm m/2-sek. Phosphat.
0,5 ccm Alkoholdehydrase. Darstellung: 12 g Apozymase
wurden mit 60 ccm m/20-sek. Phosphat 20 Minuten lang bei 37 ° geschüttelt
und die Emulsion l Stunde lang hochtourig zentrifugiert (15000Umdreh./Min.).
Das klare Zentrirugat dialysierten wir 7—15 Stunden unter Eiskühlung
gegen destilliertes Wasser, unter mehrfachem Erneuern der Außenflüssigkeit. Der ausgefallene Niederschlag wurde hochtourig abgeschleudert
(l Stunde lang) und nun 3—6 Stunden gegen m/10-sek. Phosphat unter Eiskühlung dialysiert. Losung A.
L ö s u n g B = Lösung A, 2 Stunden bei Zimmertemperatur im offenen
Gefäß geschüttelt.
Gesamtvolumen 3,0 ccm; Temperatur 37,5°.
10Vol.-%iger Co-Ferment I1) SH- Glutathion EntfärbungsNr. Enzymzeit
Alkohol
0,1% ig
lösung
in Minuten
ccm
ccm
ccm
3
4
5
A
A
A
A
A
0,3
0,3
0,3
0,3
6
7
B
B
0,3
0,3
1
2
,
—
0,5
0,5
0,5
0,5
0,5
0,1
0,1
0,1
0,1
>120
>120
3V*
2
>120
150
i1/.
Bei der Dehydrierung der Hexose-G-n^onophosphorsäure
in Gegenwart von Zwischenferment, Flavinenzym und Co-Ferment
konnten wir früher eine geringe Aktivierung durch Blausäure
feststellen2); die beobachteten Zeiten für die Entfärbung von
Methylenblau teilen wir in Tab.
mit.
Auch die aktivierende Wirkung der Blausäure ließ sich
viel deutlicher bei der Dehydrierung des Alkohols in Gegenwart
gealterter Apozymaseextrakte zeigen; KCN wirkt noch stärker als
Glutathion (Tab. III).
H. v. Euler und E. Adler 3 ) wiesen vor kurzem nach, daß
die enzymatische Dehydrierung derHexose-mono-phosphorsäure und
des Alkohols durch Schwermetalle, besonders stark durch Cu,
Ag und Hg, in geringerem Maße auch durch Zn- und Fem-Ionen
J
) Darstellung nach 0. Warburg u. W. Christian, Biochem. Z. 266r
408 (1933) („Präparat A").
2
) Th. Wagner-Jauregg, E. F. Möller u. H. Rauen, Diese Z. 231,
S. 55 und zwar S. 56 unten (1935).
3) Diese Z. 282, 10 (1935).
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Th. Wagner-Jauregg und E. F. Möller,
224
Tabellen.
Aktivierung der Hexosemonophosphorsäure-Dehydrierung
durch KCN.
Je Ansatz: 1,0 ccm Zwisehenferment aus Froschmuskulatur1).
0,4 ccm m/10-Neuberg-Ester (K-Salz).
0,4 ccm Co-Ferment II2).
0,3 ccm Flavinenzymlösung3); 20—25 gebundenes Lactoflavin/1 ccm.
0,5 ccm Methylenblau l: 5000.
0,3 ccm m/2-sek. Phosphat.
Gesamtvolumen: 3,0 ccm. Temperatur 37,5°.
Nr.
m/100-KCN
Entfärbungszeit
in Minuten
1
2
3
4
0,1 ccm
0,7 ccm
0,7 ccm, ohne Substrat
16
14
8
>60
Tabelle
.
Aktivierung der Alkoholdehydrase durch Blausäure.
Ansätze wie in Tab. I, alle Versuche mit Alkohol und Co-Ferment.
Präparat C = Frische Enzymlösung.
Präparat D = Präparat C, 2 Stunden an der Luft geschüttelt.
Nr.
Enzym- m/100-KCN
präparat
ccm
1
2
C
C
3
D
4
5
D
D
0,1
0,1
m/300 SH-Glutathion
ccm
Entfärbungszeit
in Minuten
—
8
8
0,1
>180
12
16
gehemmt wird. Es lag nahe, die von uns beobachtete aktivierende
Wirkung des Glutathions und der Blausäure zurückzuführen auf
die Fähigkeit dieser Substanzen, Spuren von Schwermetallen, die
in unseren Präparaten enthalten sein konnten, in Komplexen zu
binden. Tatsächlich konnte die durch zugesetztes Kupfersulfat
hervorgerufene Hemmung der enzymatischen Dehydrierung des
Alkohols nicht nur durch Zugabe von KCN, sondern auch von
l
)
*)
*)
stian,
Darstellung vgl. Fußnote 2, S. 223.
0. Warburg u. W. Christian, a. a. 0., S. 407 („Lösung B").
Mit Chloroform gereinigtes Produkt nach 0. Warburg u. W. Chria. a. 0., S. 379.
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Aktivierung der enzymat. Dehydrierung des Alkohols durch Grlutathion.
225
SH-Glutathion wieder aufgehoben werden (Tab. IV). Dabei waren
für die Entgiftung von einem Molekül CuS04 etwa zehn Moleküle
SH-Glutathion oder Kaliumcyanid nötig.
Tabelle IV.
Hemmung der enzymatischen A l k o h o l d e h y d r i e r u n g durch
Cu und Reaktivierung durch Glutathion und KCN.
Je Ansatz:
0,5 ccm Co-Ferment L
0,5 ccm Enzymlösung.
0,5 ccm Methylenblau l : 5000.
0,3 ccm 10 Vol.-°/0 iger Alkohol.
0,1 ccm m/2-sek. Phosphat.
Gesamtvolumen 3,0 ccm. Temperatur 37,8°.
1
p
O *g
If3
CO "3
00
| g
§•8
§3 ·
S3
" 3
ij>
ccm
ccm
ccm
0,2
0,2
0,2
—
—
0,1
0,1
—
—
—
0,1
0,1
—
—
—
0,1
0,1
—
—
Nr.
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
11
12
13
14
15
0,2*)
0,2
0,2
0,2
0,2
0,2
0,2
0,2
0,2
0,2
0,2
OQ.3
0,1
1
^fi
—
· —
— '
—
—
—
—
—
—
—
—
<
fl
55
O
|y*
O
""*
rH 3
-5-O
ccm
ccm
ccm
—
—
—
—
—
—
—
—
—
—
—
—
0,3
0,3
—
0,1
—
—
—
—
—
—
—
0,05
0,2
0,4
0,2
0,4
0,4
0,4
0,4
0,4
0,4
*) aufgekocht.
—
—
—
—
0,1
—
0,1
—
—
S
£
SS « S3
i
If
SD
S
111
i
[VJ
~
61
16
10
11
56
16
34
> 300 11
25
13
> 300
16
> 300
> 300
Von anderen Substanzen, welche Schwermetalle zu binden
vermögen, wirkte Natriumsulfid mäßig, l-Amino-8-naphthol4-sulfonsäure und Thioglykolsäure gut aktivierend, während
Pyrophosphat wirkungslos war (Tab. V). Bemerkenswert ist, daß
Cystein den Dehydrierungsvorgang nicht beschleunigt, ja sogar
die Glutathionaktivierung aufhebt (Versuch Nr. 14 und 15, Tab. IV).
Letztere Erscheinung ist wohl darauf zurückzuführen, daß CysteinSchwermetallverbindungen die Oxydation des SH-Grlutathions
katalysieren.
In Versuchen mit einem Präparat, bei dessen Darstellung
besonders auf Vermeidung von Verunreinigung durch Schwermetalle geachtet wurde, war die durch Zugabe von Glutathion
Hoppe-Seyler's Zeitschrift f. pbysiol. Chemie. CCXXXVI.
16
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226
Th. Wagner-Jauregg und E. F. M ö l l e r ,
Tabelle V.
Vergleich v e r s c h i e d e n e r A k t i v a t o r e n .
Je Ansatz:
0,1 ccm m/2-sek. Phosphat.
0,3 ccm 10 Vol.-°/0iger Alkohol.
0.2 ccm Dehydraselösung.
0,5 ccm Methylenblau l: 5000.
1,3 ccm H20.
0,5 ccm Co-Zymase (23 Co/ccm).
0,1 ccm Zusätze.
Zusätze
H20
m/100-l-Auimo-8-naphthol-4-sullbiisaures Na
m/100-KCN
m 100-Thioglykolsäure
m 100-Na^
m 100-Na4P207
Entfärhungszeit
in Minuten
240
12 '
12 ]
17
50
> 220
oder KCN erzielte Aktivierung eine geringere als gewöhnlich.
Diese Tatsache ist als weiterer Beweis dafür anzusehen, daß die
Aktivierung durch B i n d u n g von S c h w e r m e t a l l hervorgebracht wird.
Die aktivierende Wirkung des Glutathions bei Dehydrierungsvorgängen
kommt in einigen Fällen wahrscheinlich dadurch zustande, daß es als
Z w i s c h e n a c c e p t o r in die Kette der Oxydationsstufen eingeschaltet ist.
Auf diese Weise erklären N. U. M e l d r u m und H. L. A. Tarr 1 ) die Beschleunigung der Sauerstoffaufnahme, welche im System: Hexosemonophosphorsäure-Zwischenferment-Co-Ferment nach Zusatz von Glutathion
erfolgt. Die genannten Autoren konnten feststellen, daß dabei SS-G-lutathion
zur SH-Form reduziert wird und daß der begrenzende Faktor der Oxydationsgeschwindigkeit offenbar die Geschwindigkeit der Rückoxydation des reduzierten Glutathions ist. Daß bei unseren Versuchen das Glutathion als
Zwischenacceptor nicht in Frage kommt, geht daraus hervor, daß nur die
reduzierte Form aktivierend wirkt, ein ständiger Wechsel der Oxydationsstufen demnach nicht stattfindet. Die Dehydrierung des SH-Glutathions
kann schon aus dem Grunde nicht die geschwindigkeitsbestimmende Reaktion
sein, weil in den Kontrollröhrchen ohne Alkoholzusatz bei der von uns
gewählten Glutathionkonzentration stets sehr lange Entfärbungszeiten zu
beobachten waren (vgl. z. B. Versuch Nr. 5, Tab. I).
Die hier mitgeteilten Versuche erweitern unsere Vorstellung
über die biologische Bedeutung der Thiolverbindungen. Sie zeigen,
daß das Glutathion neben der bekannten Wirkung als Aktivator
hydrolytischer und dismutierencler Enzyme [Papain, Kathepsin,
Arginase, Methylglyoxalase2)] im Verein mit ScJiwermetallen auch
1
) Biochem. Journ. 29, 108 (1935).
) Vgl. z. B. die Zusammenfassung von Th. B er s in in Nord-Weidenhagen,
Ergebnisse der Enzymforschung 4, 68 (1935). Akadem. Verlags-Ges. Leipzig.
2
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Aktivierung der enzym. Dehydrierung des Alkohols durch Glutathion.
227
als Regulator enzymalischer Dehydrierungsvorgänge auftreten kann.
Möglicherweise vermag es in gleicher Eigenschaft auch unter
natürlichen Bedingungen, im Stoffwechsel zu wirken.
H. v. Eule r und E. Adler 1 ) zeigten, daß die Dehydrierung des
Alkohols durch Hefehydrase der Mitwirkung von „gelbem Ferment" bedarf,
und Tb. Wagner-Jauregg und H. Rauen 2 ) konnten diese Angabe auch
für pflanzliche Alkoholdehydrase aus Bohnensamen bestätigen. In den hier
beschriebenen Versuchen ließ sich die Wirksamkeit der Extrakte aus verschiedenen Apozymasepräparaten nur in einem einzigen Falle (Versuche
der Tab. IV) durch Zusatz von Flavinenzym steigern; die Mehrzahl unserer
DehydraselÖsungen enthielt offenbar genügend von diesem Aktivator. Auch
Alkoholoxydasepräparate, die wir genau nach den Angaben von H. v. Eule r
und E. Adler durch Fällen von Lebedewsaft aus Löwenbräuhefe mit
Aceton herstellten, waren nicht völlig frei von Flavinenzym. Es dürfte die
Leichtigkeit, mit der sich das gelbe Ferment entfernen läßt, stark von der
angewandten Hefesorte abhängen.
Als Co-Enzym fanden H. v. Euler, E. Adler, F. Schlenk und
G. Günther 3 ) bei der Alkoholdehydrierung nur die Co-Zymase wirksam,
nicht dagegen das Co-Ferment von 0. Warburg und W. Christian. Wir
erzielten durch Zusatz eines von uns dargestellten War bürg- Chris t i ansehen Co-Fermentes I stets gute Aktivierung dialysierter Alkoholdehydraselösungen; doch war diese Aktivatorwirkung auf den Co - Zymasegehalt
unseres Präparates zurückzuführen, wie der quantitative Vergleich mit einer
Co-Zymaselösung4) zeigt (Tab. VI).
Tabelle VI.
Je Ansatz: , ccm frische Alkoholdehydraselösung.
0,3 ccm Alkohol, 10 Vol.-0/o'g·
0,5 ccm Methylenblau l : 5000.
0,2 ccm m/2-sek. Phosphat.
0,3 ccm Co-Enzymlösung.
Gesamtvolumen: 3,0 ccm. Temperatur: 38,1°.
Entfärbungszeit
in Minuten
Co-Enzym
Nr.
•l
Co-Ferment I nach Warburg u. C h r i s t i a n ,
23 Co-Einheiten/ccm enthaltend
Co-Zymase von Prof. v. Euler, 23 Co-Einheiten/ccm
ohne Co-Enzym (H20)
2
3
·
6
> 600
Der Deutschen Forschungsgemeinschaft danken wir bestens für ein
Herrn E. F. Möller gewährtes Stipendium.
J
2
) Diese Z. 226, 195 (1934).
) Diese Z. 233, 215 (1935).
) Diese Z. 233, 120 (1935).
4
) Für deren Überlassung, sowie für die Bestimmung des Co-Zymasegehaltes unseres Co-Fermentpräparates sind wir Herrn Prof. H. v. Eule r
zu sehr großem Dank verpflichtet. Der Reinheitsgrad des Co-Zymase-Präparates war 50000 ACo.
=
=
16*
8
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