Aktuelle Entwicklungen - Österreichische Ärztezeitung

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Konsensusstatement Demenz
Aktuelle Entwicklungen
DiesisteineKurzfassungdesKonsensuspapieres„Demenz“*der
ÖsterreichischenAlzheimerGesellschaftmitdenaktuellenEmpfehlungen
zuTherapieundDiagnose.
1) Epidemiologie
© Buenos Dias
•InzidenzundPrävalenzvonDemenzerkrankungen steigen mit dem Alter
an. Im Jahr 2000 litten in Österreich
etwa 90.500 Personen unter einer dementiellen Erkrankung. Bis zum Jahr
2050wirddieseZahlaufetwa233.800
angestiegen sein. Die jährlichen Neuerkrankungen werden von 23.600 im
Jahr 2000 auf 59.500 im Jahr 2050
ansteigen. Die Alzheimerkrankheit
stellt die häufigste Demenzform (60
bis80Prozent),gefolgtvonvaskulärer
Demenz(zehnProzentbis25Prozent)
undLewy-Körperchen-Demenz(sieben
bis 25 Prozent) dar. Andere Demenzformen sind selten und machen einen
AnteilvonhöchstenszehnProzentaus.
Mischformensindhäufig.
Beurteilung wissenschaftlicher Evidenz
und Graduierung der Empfehlungen
Wissenschaftliche Evidenz
1a: Evidenz durch mehrere, randomisierte, kontrollierte Studien und/oder Metaanalysen
1b: Evidenz durch eine randomisierte, kontrollierte Studie
2a: Evidenz durch zumindest eine methodisch einwandfreie, kontrollierte aber
nicht randomisierte Studie
2b: Evidenz durch eine methodisch einwandfreie, quasi experimentelle Studie.
Intervention außerhalb der Kontrolle des Untersuchers (z.B. Anwendungsbeobachtung).
3: Evidenz durch methodisch einwandfreie, nicht-experimentelle Beobachtungsstudien
(z.B. Fallberichte, epidemiologische Studien)
2) Diagnostik
4: Evidenz durch Expertenstatements
• Die Diagnostik bei Demenzerkrankungen basiert auf klinischen Befunden und Zusatzuntersuchungen. Sie
sollte so früh wie möglich im Demenzverlauf erfolgen, da ein rechtzeitiger Therapiebeginn die Prognose
verbessernkann(A).
Klinische Empfehlung
A: empfohlen mit überzeugender klinischer Zuverlässigkeit
B: empfohlen mit mäßiger klinischer Zuverlässigkeit
C: empfohlen auf Basis individueller Umstände
D: kann klinisch aufgrund bestehender Datenlage nicht empfohlen werden
40
• Berechnungen aufgrund einer neuen europäischen Metaanalyse ergeben,
dass in Österreich jährlich etwa 1,1
MilliardenEurofürdieVersorgungDemenzkrankeranfallen(Jönnsön2005).
EtwadreiVierteldavonmachennichtmedizinische Kosten aus, während die
medizinischen Kosten nur etwa ein
Viertelbetragen.DieKosten,diedurch
die medikamentöse Behandlung entstehen, machen nur sechs Prozent der
Gesamtkosten für die Versorgung Demenzkrankeraus.
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25. April 2009
medizin
• Obligatorische
diagnostische Schritte (A)
Anamnese
- Eigenanamnese
- Außenanamnese
- Familienanamnese
- Sozialanamnese
Neurologischer Status
Psychiatrischer Status
Internistischer Status
Neuropsychologie
- Kognitive Tests
- Depressionsskalen
- Erfassung von Psychosen und Verhaltensstörungen
Laborparameter
- Komplettes Blutbild
- Elektrolyte (Na+, K, Cl, Kalzium, Phosphat)
- Nierenfunktionsparameter
- Leberfunktionsparameter
- Blutzucker
- Schilddrüsenfunktionsparameter (TSH, T4)
- Vitamin B12/Folsäure
CCT, besser MRT
- Koronare Schichten
- Atrophiemuster
• Optionale diagnostische Schritte (C)
EEG
SPECT/PET
Dopamin Transporter SPECT
Genetik
- Apolipoprotein E
- Autosomal dominante Mutationen
- CADASIL
Liquoranalyse
- Tau-Protein, Phopho-Tau-Protein
- Amyloid ß1-42 Peptid
- 14-3-3 Protein
Serologie
- Lues-Serologie
- HIV
- Parathormon
- Antineuronale Antikörper
- Schilddrüsenantikörper (TAK/MAK)
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3) Medikamentöse Therapie
kognitiver Symptome
• Alzheimerkrankheit
Leichte bis mittelschwere Formen
(MMSE-Richtwert 11-26)
- Cholinesterasehemmer sind Mittel der
ersten Wahl in der Behandlung leichter
und mittelschwerer Alzheimerdemenz
(1a, A).
- Cholinesterasehemmer sind in Form
einer Langzeittherapie einzusetzen
(1b, A).
- Therapieunterbrechungen müssen
vermieden werden (2b, A).
- Der Versuch eines Wechsels zu einem
anderen Cholinesterasehemmer wegen
Unverträglichkeit wird empfohlen (1b,
A), bei Verdacht auf mangelnde Wirksamkeit kann ein Wechsel versucht
werden (3, C).
- Ein Absetzen der Cholinesterasehemmertherapie bei einem MMSE von <10
Punkten ist abzulehnen (1a, A).
- Es besteht keine eindeutige Evi-
denz für Überlegenheit eines Cholin-
esterasehemmers gegenüber dem an-
deren (1b, B).
- Memantine wird bei Patienten
mit mittelschwerer Alzheimerdemenz
(MMSE-Richtwert 11-19) empfohlen
(1a, B).
- Bei Unverträglichkeit von Cholinesterasehemmern wird bei Patienten
mit leichter und mittelschwerer Alzheimerdemenz Memantine empfohlen
(MMSE 11-19 1a, 20-22 1b, B). Bei
Verdacht auf mangelnde Wirksamkeit
von Cholinesterasehemmern ist ein
Wechsel auf Memantine bei leichter bis
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mittelschwerer Alzheimerdemenz ebenfalls empfehlenswert (2b, B).
Schwere Formen (MMSE-Richtwert
1-10)
- Memantine und Donepezil sind in
der Behandlung der schweren Demenz
als Mittel der ersten Wahl zu empfehlen (1a, A).
Anmerkung: Das europäische Zulassungsverfahren für Donepezil im Indikationsgebiet schwere Alzheimer Demenz ist seit
Mai 2006 im Gange.
- Die Kombinationstherapie von Memantine und Cholinesterasehemmern
ist bei Patienten mit schwerer oder mittelschwerer Alzheimerdemenz (MMSERichtwert 5-14) anzustreben (1b, A).
Weitere Antidementiva
- Cerebrolysin kann bei Unverträglichkeit oder Verdacht auf Unwirksamkeit
bei leichter und mittelschwerer Demenz nach dem Versuch eines Wechsels
zwischen den einzelnen Cholinesterasehemmern bzw. nach Wechsel zu Memantine angewendet werden (1a, B).
Die Tatsache, dass eine i.v. Verabreichung erfolgt, ist zu berücksichtigen.
- Gingko biloba kann bei Unverträglichkeit oder Verdacht auf Unwirksamkeit bei leichten und mittelschweren
Fällen nach dem Versuch eines Wechsels zwischen den einzelnen Cholinesterasehemmern bzw. nach Wechsel
zu Memantine angewendet werden
(1a, B).
- Die Anwendung von Hydergin, Nicergolin, Piracetam und Pyrinitol bei
Alzheimerpatienten kann derzeit nicht
empfohlen werden. Zusätzliche den
derzeitigen Kriterien der Wirksamkeitsüberprüfung entsprechende Un
:
tersuchungen sind nötig (2a, D).
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medizin
: Ressourcen und Kosten
- Bei der derzeitigen Unsicherheit
pharmakoökonomischer Modelle ist
es unverantwortlich, Entscheidungen
über die Erstattung von in qualitativ
hochwertigen Studien als wirksam
ausgewiesenen Antidementiva auf der
Grundlage von ökonomischen Argumenten zu treffen, die auf Vermutungen basieren (A).
- Rechtzeitige Diagnose und The-
rapie sind ein Grundprinzip ärztlichen Handelns.
- Der frühe Therapiebeginn hat sich
nachweislich als wirksam erwiesen.
- Es ist unethisch, Patienten mit leichter
Alzheimerdemenz (MMSE-Scores im
Bereich 20-26 Punkte), die aufgrund
der NICE Empfehlungen von der Therapie mit Cholinesterasehemmern ausgeschlossen würden, keine wirksame
Therapie zu gewähren.
- Ebenso ist es unethisch, Patien-
ten mit schwerer Alzheimerdemenz
wirksame Therapien vollständig vorzuenthalten.
- Unethisch ist auch, im mittleren
Schwerebereich keine alternative Therapieoption zu Cholinesterasehemmern anzubieten, obwohl Memantine
in diesem Bereich in wissenschaftlich
hochwertigen Studien als wirksam ausgewiesen wurde.
- Die NICE-Richtlinien sind aus wissenschaftlichen und ethischen Gründen abzulehnen.
• Milde kognitive Beeinträchtigung
(Mild Cognitive Impairment, MCI)
- Patienten mit milder kognitiver Beeinträchtigung (MCI) können derzeit
keine Medikamente zur Verhinderung
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der Konversion zu Alzheimerdemenz
empfohlen werden. Eine ApoE4-Genotypisierung zur Definition einer Respondergruppe ist auch bei MCI-Patienten nicht gerechtfertigt (1a, D).
• Prävention der Alzheimerdemenz
- Cholinesterasehemmer, Hormonersatztherapie, Vitamin E, C, B1,
B6, B12, DHEA und alpha-Liponsäure
werden aufgrund mangelnden Wirknachweises auch bei erhöhtem genetischem AD Risiko nicht empfohlen
(3, D).
- NSAIDs und Statine werden in Studien kontroversiell beurteilt, kontrollierte Studien sind im Gange. Derzeit
ist eine Empfehlung für diese Substanzen nicht auszusprechen (1b, D).
- Allen Personen, vor allem solchen
mit hohem genetischem Risiko für
Alzheimererkrankung und Personen
mit zunehmender Gedächtnisstörung
ist eine Modifikation des Lebensstiles
in Form von körperlicher Aktivität
(moderat 3x/Woche), geistiger Aktivität ohne Leistungsdruck, sozialer
Interaktionen und Ernährungsumstellung mit reichlich Blattgemüse, Obst
und Fisch zu empfehlen (3, B).
- Die Evidenz für eine Schutzfunktion
mäßigen Weinkonsums ist nicht ausreichend belegt, um dafür eine allgemeine
Empfehlung in Anbetracht der Suchtgefahr auszusprechen (3, D).
- Vaskuläre Risikofaktoren sind auch
Risikofaktoren der Alzheimerdemenz.
Die stärkste Evidenz besteht für arterielle Hypertonie, Diabetes, Hypercholesterinämie und Rauchen. Eine
Modifikation der Risikofaktoren führt
wahrscheinlich zu einer Reduktion der
Alzheimer-Inzidenz, ohne dass bisher
der überzeugende wissenschaftliche
Nachweis geführt wurde (3, B).
• Vaskuläre Demenzen
- Donepezil oder Memantine sind neben der Sekundärprävention (Verhinderung des Schlaganfallrezidivs) bei
vaskulären Demenzen Mittel der ersten
Wahl. Der globale klinische Eindruck
wird nicht beeinflusst (1a, B).
- Rivastigmin kann mit niedrigerer Zuverlässigkeit empfohlen werden (2b, C).
- Galantamin ist wahrscheinlich bei
Mischformen der Demenz effektiv und
kann empfohlen werden (1b, B).
- Für Rivastigmin besteht für Mischformen der Demenz geringere Evidenz
(2b, C).
- Sekundärprävention von Schlaganfällen wird empfohlen, da die Rezidivrate neuerlicher Insulte reduziert
wird (1a, A).
- Der Einsatz von Gingko biloba kann
in Teilaspekten kognitiver Funktionen
effektiv sein und ist bei Unwirksamkeit von Cholinesterasehemmern oder
Memantine in Erwägung zu ziehen
(1b, B).
- Einsatz von Hydergin ist bei Unwirksamkeit von Cholinesterasehemmern
und in weiterer Folge Memantine in
Einzelfällen in Erwägung zu ziehen
(2a, C).
- Der Einsatz von Pentoxifylline, Piracetam oder Naftidrophoryl ist bei Unwirksamkeit von Cholinesterasehemmern und in weiterer Folge Memantine
in Einzelfällen in Erwägung zu ziehen
(2a, C).
• Demenz mit Lewy-Körperchen
- Rivastigmin ist bei Demenz mit Lewy-Körperchen als Mittel der ersten
:
Wahl zu empfehlen (1b, A).
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: - Donepezil kann mit niedrigerer Zuverlässigkeit als Rivastigmin empfohlen
werden (2b,C).
• Demenz im Rahmen
der Parkinsonerkrankung
- Rivastigmin ist bei Parkinson-assoziierter Demenz als Mittel der ersten
Wahl zu empfehlen (1b, A).
- Donepezil ist bei Parkinson-assoziierten Demenzen Mittel zweiter Wahl
(2a, B).
• Frontotemporale Degenerationen
- Cholinesterasehemmer sind bei frontotemporalen Demenzen nicht zu empfehlen (2a, D).
- SSRIs können günstige Wirkungen
auf die affektiven Symptome dieser Demenzformen haben und werden daher
empfohlen (3, B).
4) Medikamentöse Therapie
nicht-kognitiver Symptome
- Die Behandlung nicht-kognitiver
Symptomatik durch Psychopharmaka
ist nur dann indiziert, wenn andere
Maßnahmen nicht zum Ziel geführt
haben (A).
• Pharmaka zur Therapie von
Verhaltensstörungen bei Demenz
verschiedener Ursache
Cholinesterasehemmer
- Cholinesterasehemmer sind in der
Behandlung von Verhaltensauffälligkeiten und psychotischen Symptomen
wirksam und werden in dieser Indikation empfohlen (1a, A).
- Eine Monotherapie mit Cholineste-
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rasehemmer reicht oft nicht aus. Eine
Kombination der Cholinesterasehemmer mit Antipsychotika ist häufig erforderlich (A).
Memantin
- Memantin ist in der Behandlung von
Verhaltensauffälligkeiten insbesondere für Aggression/Agitiertheit wirksam
und wird in dieser Indikation empfohlen (1a, A).
Antipsychotika
- Psychotische Symptome (Halluzinationen, Wahn) bessern sich durch die
Gabe von Antipsychotika bei jeder
Demenzart. Antipsychotika sind daher
eine unter strengen Kautelen anwendbare therapeutische Option (1a, A).
- Jede Antipsychotikatherapie bei dementen Patienten muss nieder dosiert
starten (A), darf nur langsam erhöht
werden (3, A) und muss initial wöchentlich, später monatlich überprüft
werden (3, A).
von Vorteil, können jedoch mangels
kontrollierter Untersuchungen derzeit
nicht generell empfohlen werden (2a,
C). Für alle Antipsychotika besteht allerdings eine erhöhte Neuroleptikasensitivität in dieser Indikation.
Ältere Antipsychotika
- Der Einsatz von Haloperidol als Mittel
zweiter Wahl nach modernen Antipsychotika kann unter Berücksichtigung
oben angeführter Warnhinweise nur in
Einzelfällen empfohlen werden (1a, C).
Sicherheit von Antipsychotika in der
Indikation Demenz
- Unter neueren Antipsychotika sind zerebrovaskuläre Ereignisse (TIA, Schlaganfall) häufiger als unter Placebo (1a).
Die Ereignisse sind selten, dennoch
signifikant (1a). Die Mortalität ist unter neueren Antipsychotika gegenüber
Placebo geringfügig, aber signifikant
erhöht (1a).
Neuere Antipsychotika
- Die älteren Antipsychotika haben zumindest das gleiche Risikoprofil wie die
neueren Antipsychotika (1a).
- Risperidon ist das Antipsychotikum
der ersten Wahl bei psychotischen Symp-
tomen und Verhaltensauffälligkeiten
bei Demenzpatienten (1a, A).
Allgemeine Empfehlung zur Behandlung von Demenzpatienten mit Antipsychotika unter Berücksichtigung
der Sicherheitsdiskussion
- Der Einsatz von Olanzapin (1a),
Aripiprazol (1a), Quetiapin (1b), Ziprasidon (2b), Clozapin (1b) ist unter Berücksichtigung der spezifischen
Nebenwirkungen und unter Berücksichtigung der Sicherkeitskaudelen im
Einzelfall als off-label Verschreibung zu
erwägen (C).
- Alle Antipsychotika sollten nur eingesetzt werden, wenn die Symptome beträchtlich sind und andere Maßnahmen
wie Ausschluss physischer Ursachen oder
Ausschluss einer Beziehung zu Begleitmedikation nicht ausreichend sind (A).
- Antipsychotika mit einer relativ geringeren Blockade des Dopaminrezeptors (Quetiapin, Clozapin) sind
wahrscheinlich bei Demenz mit LewyKörperchen und Parkinsondemenz
- Vor dem Einsatz von Antipsychotika
wird der Einsatz von Cholinesterasehemmern (1a, B) oder Memantin (1b,
A) empfohlen.
- Außer mit Risperidon kann nur offlabel behandelt werden.
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medizin
- Vor Antipsychotikaeinsatz sind folgende Voraussetzungen zu erfüllen (A):
˚ Wirkungslosigkeit nicht-
medikamentöser Maßnahmen
˚ Überprüfung der Indikations-
stellung (Symptomschwere, Symptomauswirkung)
˚ Exakte Dokumentation (Dosis, Behandlungsbeginn)
˚ Aufklärung des Patienten bzw. Angehörigen über Nutzen/Risiko
˚ Regelmäßige Kontrollen mit Überprüfung des Risikoprofils
Antidepressiva
- Bei dementen Patienten mit Depressionen sind SSRIs (2b) oder der reversible MAO-A-Hemmer Moclobemide
(1b) als Mittel der ersten Wahl zu
empfehlen (A). Eine Kombination von
Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmern
und Moclobemid kann schwere Nebenwirkungen verursachen und ist daher nicht zu empfehlen (A).
- Mirtazapin kann bei dementen Patienten mit depressiven Symptomen
empfohlen werden (2b, B).
dia- zepin (Oxazepam, Lorazepam,
Alprazolam) durchgeführt werden (3),
wobei auf die Nebenwirkungen (Muskelschwäche, Doppelbilder, Sturzneigung, Schläfrigkeit, paradoxe Reaktion
mit Verwirrtheit) mit häufig negativer
Gefahren-Nutzen-Analyse
geachtet
werden muss (C).
- Benzodiazepine sollen in den Indikationen Halluzination oder Wahn nicht
verabreicht werden (A).
- Benzodiazepine mit besonders hoher Gefahr der Substanzakkumulation
(HWZ über 24h und/oder aktive Metabolite) wie zum Beispiel Diazepam
oder Flunitrazepam sollten alten dementen Patienten nicht verordnet werden (D).
- Als Schlafhilfe eignet sich bei Demenz jeden Schweregrades wegen der
kurzen Wirkdauer besonders Zolpidem (B) oder es wird die beruhigende
oder sedierende Nebenwirkung von
bestimmten Antidepressiva oder Neuroleptika, soferne diese indiziert sind,
ausgenützt (A).
- Trazodon bessert den Schlaf dementer
Patienten in niederer Dosis zwischen
50 bis 150mg abends (2b, B).
- Auch Antiepileptika (Valproinsäure,
Carbamazepin) können bei agitierten
dementen Patienten in Einzelfällen eingesetzt werden, sind aber nicht Mittel
der ersten Wahl (C).
- Venlafaxin, Milnacipran, Escitalopram,
Tianeptin, und Reboxetin sollten nur bei
Unwirksamkeit von besser untersuchten
Therapiemöglichkeiten in niederer Dosis versucht werden (3,C).
• Nicht-medikamentöse Interventionen
und Therapieverfahren
- Die Zugabe von SSRI zur Cholinesterasehemmertherapie kann Verhaltensstörungen dementer Patienten in Einzelfällen bessern (1b, C).
Kognitive Therapien
- Bisherige Studien belegen den Effekt
einer systematischen kognitiven Intervention nur in Einzelfällen (1b, B).
Nicht-kognitive Verfahren
Benzodiazepine
- Bei Angst und Agitiertheit kann ein
Therapieversuch mit einem Benzo› österreichische ärztezeitung ‹ 8 ›
- Verschiedene, nicht-kognitive Verfahren, wie milieutherapeutische Maßnahmen, Biographiearbeit, Musiktherapie,
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Kunsttherapie, tierunterstützte Therapie und andere wirken positiv auf die
Befindlichkeit, die Stimmung und das
Verhalten. Diese Effekte sind auch bei
schwerer Demenz gegeben (2b, B).
- Interventionen, bei denen Angehörige
Informationen über die Krankheit und
die Versorgungsangebote erhalten und
lernen, mit dem Patienten besser zu
kommunizieren, können dazu beitragen, die Aufnahme in ein Pflegeheim
beträchtlich hinauszuschieben (Mittelmann 1996). Diese Effekte sind bei
leichter und mittelschwerer Demenz
am stärksten (1b, A).
- Angehörigen-Interventionsprogramme
(Brodaty 2003) können Dysstress-Reaktionen von Angehörigen verringern
und günstige Auswirkungen auf die Befindlichkeit der Patienten entwickeln
(1b, B).
- Spezifische psychotherapeutische Verfahren können bei leichter und mittelschwerer Demenz in der Krankheitsbewältigung unterstützend eingesetzt
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werden (4, C).
Literatur beim Verfasser
Autoren (alphabetisch gereiht): C. Alf,
C. Bancher, T. Benke, K. Berek, T. Bodner,
A. Croy, P. Dal-Bianco, P. Fischer, G. Fruhwürth,
G. Gatterer, J. Grossmann, H. Hinterhuber,
D. Imarhiagbe, P. Kapeller, M. Krautgartner,
A. Jaksch, K. Jellinger, M. Kalousek,
G. Ladurner, F. Leblhuber, A. Lechner,
A. Lingg, J. Marksteiner, T. Nakajima,
G. Psota, M. Rainer, G. Ransmayr,
F. Reisecker, R. Schmidt, J. Spatt,
T. Walch, A. Walter, J. Wancata, A. Winkler
Korrespondenzadresse:
Univ. Prof. Dr. Reinhold Schmidt, Universitätsklinik für Neurologie/Medizinische Universität
Graz; e-mail: [email protected]
*) ÖAG-Konsensusstatement „Demenz“ 2006
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