Fakultät für Elektrotechnik, Informatik und Mathematik Institut für Mathematik Prof. Dr. J. Hilgert: Algebraische Topologie (WS 2004/5), Blatt 13 Aufgabe 1 Sei C = C ∪ ∞ die Riemann’sche Zahlenkugel (Einpunkt-Kompaktifizierung von C). Bezeichne O die Garbe der lokalen Keime holomorpher Funktionen auf C . Dabei heißt eine stetige Funktion f : U → C holomorph an z ∈ C , falls es eine konvergente Potenzreihenentwicklung um z gibt, und holomorph an ∞ , falls z 7→ f z−1 eine konvergente Potenzreihenentwicklung um 0 hat. Beachte: Genau dann stimmen zwei holomorphe Funktionen lokal um p ∈ C überein, wenn sie in p die gleiche Potenzreihenentwicklung haben. (1) Zeige: Falls N ⊂ O die Untergarbe derjenigen Keime bezeichnet, die in einer Umgebung von 0 verschwinden, so ist S = O /S eine Wolkenkratzergarbe mit nicht-trivalem Halm S0 = O0 . (2) Die kurze Sequenz der globalen Schnittmoduln 0 / K(C) / O(C) / S(C) / 0 ist nicht exakt. (Wo ist sie es, wo nicht?) Aufgabe 2 Sei Z = ( x, y) ∈]0, ∞[2 x · y > 1 und f : Z → R : ( x, y) 7→ x · y und R ein kommutativer Ring. (1) Bezeichne mit R Z die Garbe der Keime lokal konstanter R-wertiger Funktionen auf Z . Berechne f ∗ R Z . (2) Für g : M → N stetig, eine Garbe T auf M , U ⊂ M offen, A ⊂ U ⊂ M abgeschlossen sei Γ A (U, T ) = s ∈ S(U ) s = 0 auf U \ A . Zeige: Durch Γ(U, g! T ) = lim A⊂ g−1 (U ) Γ A ( g−1 (U ), T ) , −→ wird eine vollständige Prägarbe definiert, wobei der direkte Limes über die abschlossenen Teilmengen A von g−1 (U ) genommen wird, für die g| A eigentlich ist. (Die zugehörige Garbe heißt das eigentliche direkte Bild von T unter g .) (3) Für das obige Beispiel, berechne f ! R Z . Zur Erinnerung: Falls I eine gerichetete Menge ist und ϕij : Ai → A j , i 6 j eine Familie von Homomorphismen abelscher Gruppen, so ist ] Ai / ∼ , wobei xi ∼ x j ⇔ ϕik ( xi ) = ϕ jk ( x j ) für ein i, j 6 k . limi∈ I Ai = −→ i∈ I Aufgabe 3 Sei f : M → N eine stetige Abbildung und τ : T → N eine Garbe von abelschen Gruppen. (1) Zeige, dass die Urbildgarbe π : f −1 T → M die zu der Prägarbe S̃(U ) = limV ⊃ f (U ) T (V ) für alle offenen U ⊂ M −→ assoziierte Garbe S ist. (2) Finde ein Bespiel einer stetigen Abbildung f und einer Garbe T , so dass S̃ nicht vollständig ist und folglich nicht gleich der Garbe der lokalen Schnitte von f −1 T . Fakultät für Elektrotechnik, Informatik und Mathematik Institut für Mathematik Prof. Dr. J. Hilgert: Algebraische Topologie (WS 2004/5), Lösungen 13 Lösung 1 (1) (Vergleiche Beispiel aus der Vorlesung.) Es gilt S p = O p /K p . Weiterhin ist K p = O p , falls p 6= 0 , und ∞ K0 = ( a k ) ⊂ C ∃ z 6 = 0 ∑ a k z k < ∞ , a0 = 0 . k =0 Folglich ist S0 = C und S p = 0 für alle p 6= 0 . (2) Es gilt S(C) = 0 , denn für einen globalen Schnitt s : C → S muss gelten s(0) = limz→0 s(z) = 0 . Weiterhin gilt O(C) = C , denn die Konstanten definieren Schnitte, und für einen globalen Schnitt s : C → O kann man die Auswertung f : C → C : z 7→ sz (z) der konvergenten Potenzreihenentwicklungen an z ∈ C betrachten. Dies ist eine beschränkte ganze Funktion, also konstant. Mit dem gleichen Argument erhält man K(C) = 0 , also ist die betrachtete Sequenz 0 / 0 / C / 0 / 0. Diese Sequenz ist (genau) in der Mitte nicht exakt. Lösung 2 (1) Es gilt für U ⊂ R offen f ∗ R Z (U ) = R Z ( f −1 (U )) . Es gilt zunächst, f −1 (U ) zu berechnen. Sei dazu U =]t − ε, t + ε[ . Dann f −1 ]t − ε, t + ε[ = ( x, y) x > 0 , t + ε > x · y > max(1, t − ε) . Da die Menge V zusammenhängend ist, gilt R t+ε > 1, R Z (V ) = R Z (V ) = 0 t + ε 6 1 . Folglich f ∗ RZ R t = lim p∈U f ∗ R Z (U ) = −→ 0 t>1, t<1. (Beachte, dass die ]t − ε, t + ε[ eine Umgebungsbasis von t ∈ R bilden.) (2) Falls A ⊂ B , betrachte die Einbettung jBA : Γ A ( g−1 (U ), T ) . Wenn U ⊂ V offen und A ⊂ B ⊂ g−1 (V ) abgeschlossen in g−1 (V ) , so sind à = g−1 (U ) ∩ A ⊂ B̃ = g−1 (U ) ∩ B abgeschlossen in g−1 (U ) . Zudem ist Kompaktheit unabhängig von Teilräumen, in denen sie betrachtet wird, so dass g| à eigentlich ist, wenn dies für g| A gilt. A ( σ ) : = σ | g −1 (U ) ∈ Weiterhin gilt für σ ∈ Γ A ( g−1 (V ), T ) , dass $UV Γ Ã ( g−1 (U ), T ) . Die so definierte Abbildungen sind Homomorphismen und es gilt B A $UV ◦ jBA = jB̃ à ◦ $UV sowie A A A $UV ◦ $VW = $UW für alle U ⊂ V ⊂ W . A Homomorphismen $ Folglich werden durch $UV UV : g! (V ) → g! (U ) mit $UV ◦ $VW = $UW induziert. Man sieht leicht, dass $UU = id und $∅U = 0 . Damit ist g! (−) eine Prägarbe. Sei σ ∈ g! (U ) , V eine offene Überdeckung von U , so dass σ |V = $VU (σ) = 0 für alle V ∈ V . Sei σ̃ ∈ Γ A ( g−1 (U ), T ) ein Repräsentant A ( σ̃ ) = 0 für alle V ∈ V . D.h., es gilt σ̃ | g−1 (V ) = 0 von σ . Dann gilt $VU für alle V ∈ V . Da T eine Garbe ist, folgt σ̃ = 0 und damit auch σ = 0 . Seien nun σV ∈ g! T (V ) gegeben mit σU |V ∩ W = σV |V ∩ W für alle V, W ∈ V . Dann gibt es Repräsentanten σ̃V ∈ Γ AV ( f −1 (V ), T ) . Sei A S der Abschluss von V ∈V AV in U . Es gilt σ̃V | g−1 (V ) ∩ g−1 (W ) = σ̃W | g−1 (V ) ∩ g−1 (W ) für alle V, W ∈ V . Da T eine Garbe ist, gibt es σ̃ ∈ Γ( g−1 (U ), T ) mit σ̃| g−1 (V ) = σ̃V für alle V ∈ V . Folglich gilt σ̃ = 0 auf X \ AV für alle V ∈ V . Damit auch σ̃ = 0 auf X \ A , so dass σ̃ ∈ Γ A ( g−1 (U ), T ) . Das Bild dieses Schnitts ist das gesuchte Element σ von g! T (U ) . Somit ist g! (−) vollständig. (3) Für die Abbildung f gilt f −1 (t) = ( x, t/x ) x > 0 . Diese Menge ist nicht kompakt, also ist nur die Einschränkung von f auf ∅ eigentlich. Folglich gilt f ! R Z (U ) = 0 für alle U ⊂ R offen. Somit ist f ! R Z = 0R . Lösung 3 (1) Zunächst definieren wir für V ⊃ f (U ) einen Homomorphismus ϕ V : T ( V ) → f −1 T (U ) . Sei dazu σ : V → T stetig mit τ ◦ σ = idV . Dann definiere ϕV (σ )(u) = u, σ( f (u)) für alle u ∈ U . Dann gilt f (u) = τ (σ ( f (u))) , weil σ ein lokaler Schnitt ist. Folglich ist ϕV (σ ) : U → f −1 T . Da idU und σ ◦ f stetig sind, ist ϕV (σ ) stetig in der Produkttopologie auf U × T , also ϕV (σ ) ∈ f −1 T (U ) . Schließlich ϕV (σ1 + σ2 )(u) = u, σ1 ( f (u)) + σ2 ( f (u)) = u, σ1 ( f (u)) + u, σ2 ( f (u)) = ϕV (σ1 )(u) + ϕV (σ2 )(u) für alle σ1 , σ2 ∈ T (V ) , so dass ϕV : T (V ) → f −1 T (U ) tatsächlich einen Homomorphismus definiert. Seien nun σj ∈ T (Vj ) , j = 1, 2 , lokale Schnitte, so dass $WV1 (σ1 ) = $WV2 (σ2 ) für eine offene Umgebung W ⊂ V1 ∩ V2 von f (U ) . Wir zeigen nun, dass dann ϕV1 (σ1 ) = ϕV2 (σ2 ) . In der Tat: Da W ⊃ f (U ) , gilt für alle u ∈ U schon f (u) ∈ W ⊂ V1 ∩ V2 . Folglich ϕV1 (σ1 )(u) = u, σ1 ( f (u)) = u, σ2 ( f (u)) = ϕV2 (σ2 )(u) für alle u ∈ U , so dass die beiden lokale Schnitte von f −1 T übereinstimmen. e U ) → f −1 T (U ) , wobei Bislang haben wir Homomorphismen ψU : S( ψU ([σ ]) = ϕV (σ ) für alle f (U ) ⊂ V , σ ∈ T (V ) . Für U2 ⊂ U1 gilt ψU2 ◦ $U2 U1 = $U2 U1 ◦ ψV1 . Nach Proposition 3.2.8 erhalten wir einen Garbenhomomorphismus ψ : S → f −1 T , wobei S die zu der Prägarbe S̃ assoziierte Garbe ist und ψ($ pU (σU )) = $ pU (ψU (σU )) für alle p ∈ U ⊂ M , σU ∈ S̃(U ) . Bleibt zu zeigen, dass ψ bijektiv ist. Zur Surjektivität: Sei ( p, t) ∈ f −1 T . Dann gilt f ( p) = τ (t) und es gibt eine offene Umgebung V ⊂ N von f ( p) und einen lokalen Schnitt σV ∈ T (V ) mit σV ( f ( p)) = t . Setze U = f −1 (V ) . U ist eine offene Umgebung von p und f (U ) ⊂ V . Sei σU das Bild von σV in S̃(U ) . Es gilt ψU (σU )(u) = u, σV ( f (u)) für alle u ∈ U , insbesondere ψU ( p) = ( p, t) . Damit ist ψ($ pU (σU )) = $ pU (ψU (σU )) = ( p, t) . Nun zur Injektivität: Sei 0 = ψ($ pU (σU )) = $ pU (ψU (σU )) , σU ∈ S̃(U ) . Dann existiert Ũ ⊂ U mit 0 = ψU (σU )|Ũ = ψŨ ($ŨU (σU )) . Setze σ̃ = $ŨU (σU ) . Es gibt einen Repräsentanten σ̃V ∈ T (V ) auf einer offenen Menge f (Ũ ) ⊂ V ⊂ N . Es gilt (u, σV ( f (u))) = ϕV (σ̃V )(u) = 0 für alle u ∈ Ũ . Dann ist σV = 0 auf f (Ũ ) , also auch auf einer kleinen Umgebung f (Ũ ) ⊂ Ṽ ⊂ V . Aber $ṼV (σV ) ist ein Repräsentant von σ̃ , also folgt 0 = $ pŨ (σ̃ ) = $ pŨ ($ŨU (σU )) = $ pU (σU ) , was zu zeigen war.