Pneumologie (<1MB)

Werbung
6
Pneumologie
Einteilung, Diagnostik und Therapie
Dr. med. Eva Achermann
Leiterin Pneumologie
Medizinische Klinik, Spital Limmattal
La respiration sert &agrave; alimenter le corps
en oxyg&egrave;ne. Pour cela, il faut premi&egrave;rement des voies respiratoires intactes pour transporter l'air (ventilation),
deuxi&egrave;mement une membrane alv&eacute;olaire aussi mince que possible pour permettre le passage de l'O2 de l'air respir&eacute;
dans les vaisseaux capillaires des alv&eacute;oles pulmonaires (diffusion) et troisi&egrave;mement une circulation sanguine intacte, pour transporter l'O2 des poumons
aux autres parties du corps (perfusion).
Le domaine sp&eacute;cialis&eacute; de la pneumologie s'occupe des maladies et des troubles des organes respiratoires, comprenant non seulement les poumons,
mais &eacute;galement les structures voisines
(pl&egrave;vre, diaphragme, thorax) et le tronc
c&eacute;r&eacute;bral (r&eacute;gulation de la respiration).
Les maladies des organes respiratoires
se manifestent en g&eacute;n&eacute;ral par des sympt&ocirc;mes tels que la dyspn&eacute;e, la toux,
l'expectoration et / ou des douleurs thoraciques. L'article suivant pr&eacute;sente de
mani&egrave;re succincte les principales maladies pneumologiques, leur classification, leur diagnostic et leurs th&eacute;rapies.
ASA | SVV Medinfo 2009/1 Lungenkrankheiten
Die Atmung dient der Versorgung des
K&ouml;rpers mit Sauerstoff. Hierzu braucht
es erstens intakte Atemwege f&uuml;r den
Gastransport (Ventilation), zweitens
eine m&ouml;glichst d&uuml;nne Alveolarmembran f&uuml;r den problemlosen &Uuml;bertritt von
O2 aus der Atemluft in die Alveolarkapillaren (Diffusion) sowie drittens eine
intakte Blutzirkulation, damit O2 aus
der Lunge in den &uuml;brigen K&ouml;rper gelangen kann (Perfusion). Das Fachgebiet
der Pneumologie befasst sich mit Erkrankungen und St&ouml;rungen der Atemorgane, zu denen neben der Lunge auch
die umgebenden Strukturen (Pleura,
Zwerchfell, Thorax) und der Hirnstamm
(Atemregulation) geh&ouml;ren. Krankheiten
der Atemorgane manifestieren sich in
der Regel durch die Symptome Atemnot, Husten, Auswurf und/oder Thoraxschmerzen. Die Einteilung der Erkrankungen erfolgt in erster Linie nach
anatomischen und pathologischen Gesichtspunkten: Welcher Teil des Systems ist erkrankt oder in seiner Funktion eingeschr&auml;nkt, wodurch kommt die
Ver&auml;nderung zustande (Entz&uuml;ndung,
Malignom)? An diagnostischen Tools
stehen bildgebende Verfahren (konventionelles Thoraxbild, Computertomographie, Szintigraphie, Angiographie),
7
funktionelle Untersuchungen (Spirometrie, Bodyplethysmographie, Diffusionsmessung), Endoskopien zur Inspektion der zentralen Bronchien sowie des
Pleuraraums und f&uuml;r die Gewinnung
von Gewebe zur histologischen Aufarbeitung (flexible und starre Bronchoskopie, ev. kombiniert mit Sonographie,
Thorakoskopie) zur Verf&uuml;gung.
Im Folgenden sollen die wichtigsten
pneumologischen
Erkrankungen hinsichtlich Einteilung, Diagnostik und Therapie gestreift werden. Der
Artikel erhebt keinen Anspruch auf
Vollst&auml;ndigkeit.
Asthma bronchiale
Man unterscheidet ein allergisches
Asthma von einem nicht-allergischen,
intrinsischen Asthma. W&auml;hrend das
allergische Asthma meistens in der
Kindheit beginnt, tritt das intrinsische
Asthma h&auml;ufig nach der Adoleszenz
auf und ist schwieriger zu therapieren.
Oftmals findet man hier eine nicht-IgEvermittelte Intoleranzreaktion auf die
Einnahme von Acetylsalicyls&auml;ure (&laquo;Aspirin-induziertes Asthma&raquo;). Als dritte Form l&auml;sst sich das AnstrengungsAsthma abgrenzen. Dabei kommt es
als Folge von k&ouml;rperlicher Anstrengung zu einer Bronchokonstriktion, die
in kalter Umgebung besonders ausgepr&auml;gt auftritt. Allen Asthma-Formen
gemeinsam ist eine bronchiale Hyperreaktivit&auml;t. Die Diagnose eines Asthma bronchiale wird aufgrund der Anamnese mit thorakalem Engegef&uuml;hl und
pfeifender Atmung in Kombination mit
einer obstruktiven Ventilationsst&ouml;rung
in der Spirometrie oder – im beschwerdefreien Intervall – mit einem pathologischen Methacholintest (Nachweis
der bronchialen Hyperreaktivit&auml;t) gestellt. Ziel der Asthma-Therapie sind
Beschwerdefreiheit, Verhindern von
Exacerbationen und potentiell lebensbedrohlichen Asthma-Anf&auml;llen sowie
Vermeiden einer Chronifizierung durch
bronchiale Umbau-Prozesse infolge
nicht behandelter Entz&uuml;ndung (&laquo;airway remodeling&raquo;). Neben Allergen-Exposition f&uuml;hren v.a. virale Infektionen
zur Exacerbation. Die Asthma-Kontrolle wird erfasst durch lungenfunktionelle und anamnestische Kritierien
(Asthmasymptome tags&uuml;ber/nachts,
Einschr&auml;nkung der k&ouml;rperlichen Leistungsf&auml;higkeit, Exacerbationen, Einsatz von Notfall-Betastimulatoren).
Peakflow-Messungen erm&ouml;glichen es
ASA | SVV Medinfo 2009/1 Lungenkrankheiten
8
dem Patienten, das Asthma selber zu
monitorisieren und gem&auml;ss einem zuvor besprochenen Aktionsplan eine
Anpassung der Therapie vorzunehmen. Die Messung von Stickoxid in der
Ausatmungsluft (FeNO) erm&ouml;glicht die
Erkennung einer sich anbahnenden
Verschlechterung, indem das NO durch
die Bronchien-Entz&uuml;ndung bereits vor
dem Peakflow-Abfall ansteigt. Die Kontrolle des Asthma bronchiale gelingt
meistens mittels inhalativ verabreichten Betamimetika und Steroiden. Leukotrien-Antagonisten und Theophylline spielen eine untergeordnete Rolle.
Im akuten Anfall haben systemisch
verabreichte Kortikosteroide einen
festen Platz. Bei Patienten mit schwierig kontrollierbarem Asthma bronchiale mit erh&ouml;htem Gesamt-IgE stellen
subkutan verabreichte, gegen AntiIgE gerichtete monoklonale Antik&ouml;rper
eine erg&auml;nzende Therapieoption dar,
die wirksam aber auch kostspielig ist
und daher nur sehr restriktiv verschrieben werden soll. Die Asthma-Richtlinien werden laufend gem&auml;ss neuen Erkenntnissen aktualisiert und k&ouml;nnen
unter www.ginasthma.com abgerufen
werden.
ASA | SVV Medinfo 2009/1 Lungenkrankheiten
Chronisch obstruktive Pneumopathie
(COPD)
Die COPD bef&auml;llt fast ausschliesslich
Raucher. Die Tatsache, dass &laquo;nur&raquo; rund
ein Viertel aller Raucher eine COPD entwickeln, spricht daf&uuml;r, dass der genetische Hintergrund eine entscheidende
Rolle spielt. Bei einer Untergruppe der
COPD-Patienten liegt zudem ein Mangel an Alpha-1-Antitrypsin vor, was dazu
f&uuml;hrt, dass protektive Substanzen in
den Alveolen fehlen und die COPD bereits fr&uuml;h bzw. auch beim Nichtraucher
auftritt. Die COPD entwickelt sich auf
dem Boden einer chronischen Bronchitis und f&uuml;hrt &uuml;ber eine Entz&uuml;ndung der
Bronchialw&auml;nde zur irreversiblen Bronchialobstruktion. Bei einem Teil der Betroffenen kommt es zus&auml;tzlich zur Zerst&ouml;rung von Alveolarsepten, was zur
Ausbildung von plumpen, &uuml;berbl&auml;hten
Alveolen f&uuml;hrt, deren Gesamtoberfl&auml;che abnimmt, was zur Einschr&auml;nkung
des hier stattfindenen Gasaustausches
f&uuml;hrt (Lungenemphysem). Da sich die
Krankheit &uuml;ber Jahre langsam entwickelt, adaptieren sich die Betroffenen
an die eingeschr&auml;nkten pulmonalen Reserven, so dass die Diagnose oft erst
sp&auml;t im Rahmen einer ersten Exacerbation gestellt wird. Die Schweregrad-
9
Einteilung erfolgt in GOLD-Stadium I bis
IV (GOLD = Global initiative for chronic Obstructive Lung Disease), wobei
der FEV1-Wert des Patienten in Prozent
des vorhergesagten FEV1 das Stadium
definiert und das Stadium IV das fortgeschrittenste ist. Als prognostischer
Faktor hat sich der BODE-Index durchgesetzt, bei dem neben dem FEV1 zus&auml;tzlich der Body mass index sowie die
k&ouml;rperliche Leistungsf&auml;higkeit, die mittels 6 Minuten-Gehtest erfasst wird, in
die Beurteilung einfliessen. Als Bildgebung kommt die Computertomografie
zum Einsatz, mit der sich die Verteilung
das Emphysems innerhalb der Lunge
darstellen l&auml;sst (homogen versus lokalisiert) und eine allf&auml;llige Zusatzproblematik (Bronchiektasen, Bronchuskarzinom) erkennbar wird. Die wichtigste
Massnahme in der Behandlung ist der
absolute Rauchstopp. Zur Unterst&uuml;tzung auf diesem Weg haben sich neben
Nikotin-Ersatzpr&auml;paraten (Pflaster, Kaugummi) Bupropion (Antidepressivum)
und Vareniclin (bindet an nikotinerge
Acetylcholinrezeptoren) bew&auml;hrt. Die
obstruktive Komponente wird mittels
kurz- und langwirksamen Betastimulatoren und Anticholinergika angegangen. Topische Steroide kommen dann
zum Einsatz, wenn das FEV1 &lt; 50% betr&auml;gt, ein Steroidversuch positiv aufgefallen ist (dh. das FEV1 hat nach 10-14
Tage dauernder Gabe von systemischen
Steroiden um mindestens 12% oder
200 ml zugenommen) oder wenn h&auml;ufige Exacerbationen auftreten. Eine Exacerbation ist definiert als Zunahme der
Dyspnoe, der Sputummenge und &Auml;nderung der Sputumfarbe. H&auml;ufig wird eine
Exacerbation durch Infektionen getriggert, sei es durch eine Zunahme von kolonialisierenden Bakterien in den Bronchien, sei es durch virale Erreger. Milde
Exacerbationen werden ambulant durch
h&auml;ufigere Inhalationen und Gabe von
systemisch wirkenden Kortikosteroiden
therapiert, schwerere Exacerbationen
f&uuml;hren die Patienten h&auml;ufig ins Spital,
wo neben den erw&auml;hnten Massnahmen oft auch Antibiotika zum Einsatz
kommen. Eine k&uuml;rzlich erschienene Arbeit hat gezeigt, dass bei Exacerbationen, die sich ausschliesslich durch Zunahme der Dyspnoe, nicht aber durch
vermehrtes oder ver&auml;ndertes Sputum
manifestieren, in 25% Lungenembolien
Ursache f&uuml;r die Exacerbation sind. Im
Endstadium der Erkrankung ist der Gasaustausch meistens schwer gest&ouml;rt, so
dass eine Heimsauerstoff-Therapie ein-
ASA | SVV Medinfo 2009/1 Lungenkrankheiten
10
geleitet werden muss, die nicht nur zur
Verbesserung der Lebensqualit&auml;t sondern – statistisch betrachtet – auch zu
verl&auml;ngertem &Uuml;berleben f&uuml;hrt. Operative Verfahren (Lungentransplantation,
Lungenvolumenreduktion) haben sich
in den vergangenen Jahren bei ausgew&auml;hlten Patienten etabliert.
Interstitielle Lungenerkrankungen
(Diffuse parenchymal lung disease =
DPLD)
Bei den DPLD ist oft nicht nur das Interstitium ins Krankheitsgeschehen involviert sondern auch die Alveolarr&auml;ume und die Atemwege. Die konkrete
Einteilung dieser heterogenen Erkrankungen erfolgt in vier Gruppen: Erstens DLPD mit bekannter Ursache (zB
medikament&ouml;s induziert, mit kollagenvaskul&auml;ren Erkrankungen assoziiert,
berufs-assoziiert), zweitens idiopathische interstitielle Pneumonien, deren
wichtigster Vertreter die idiopathische
Lungenfibrose ist, drittens granulomat&ouml;sen Erkrankungen mit dem Hauptvertreter Sarkoidose und viertens die
sogenannten &laquo;orphan lung diseases&raquo;
(z.B. Lymphangioleiomyomatose, pulmonale Langerhans Histiozytose, eo-
ASA | SVV Medinfo 2009/1 Lungenkrankheiten
sinophile Pneumonie). Radiologisch
manifestieren sich die Erkrankungen in
der Regel mit diffus verteilten netzartigen oder knotigen Ver&auml;nderungen. Mittels Computertomographie lassen sich
die Erkrankungen oft weiter eingrenzen
oder gar definitiv diagnostizieren. H&auml;ufig braucht es zur Diagnosestellung jedoch eine Biopsie (bronchoskopische
Biopsie meistens ausreichend bei der
Sarkoidose, thorakoskopisch entnommene Wedge-Biopsie bei den meistens
&uuml;brigen Erkrankungen). Die Erkrankungen zeigen eine gewisse Schrumpfungstendenz mit Abnahme der Lungendehnbarkeit, was sich funktionell in einer
restriktiven Ventilationsst&ouml;rung niederschl&auml;gt. Eine gleichzeitige Diffusionsst&ouml;rung kommt dadurch zustande, dass
das Interstitium verdickt ist und die Diffusionsstrecke zwischen Alveolarluft
und Kapillaren zunimmt. Einige DPLD
sprechen gut auf systemische Steroide
an (z.B. Sarkoidose, eosinophile Pneumonie), andere Erkrankungen schreiten
ungeachtet aller Therapien fort, die pulmonale Langerhans Histiozytose geht
nach Nikotinstopp zur&uuml;ck, die Lymphangioleiomatose kommt nur bei Frauen
vor und entwickelt sich in Abh&auml;ngigkeit
vom Oestrogenspiegel. Andere Immun-
11
suppressiva (zB Azathioprin, Methotrexat, Cyclosporin), Immunmodulatoren
(Interferon) und Antik&ouml;rper-Therapien
(zB anti-TNF-Alpha) werden im Rahmen von Studien bei verschiedenen
DLPD gepr&uuml;ft und finden in Zukunft
m&ouml;glicherweise Eingang in konkrete
Therapie-Empfehlungen.
Erkrankungen der Lungengef&auml;sse
In den vergangenen Jahren wurde das
Gebiet der Drucksteigerung im kleinen
Kreislauf intensiv beforscht, was sich in
neuen Definitionen, Einteilungen und
Therapien niederschlug. Eine pulmonale Hypertonie liegt vor, wenn der mittlere pulmonal-arterielle Druck in Ruhe
&gt; 25 mm Hg bzw. unter Belastung &gt; 30
mm Hg betr&auml;gt.
In bestimmten Situationen kommt die
Druckerh&ouml;hung im Lungenkreislauf sekund&auml;r zustande, dann spricht man von
pulmonaler Hypertonie (PH). Hierzu
geh&ouml;rt die durch das linke Herz bedingte Drucksteigerung, Lungenerkrankungen, die infolge alveol&auml;rer Hypoxie zu
einer reflektorischen Vasokonstriktion
oder durch Zerst&ouml;rung von Lungengewebe zu einer Verminderung des Gef&auml;ssstrombettes f&uuml;hren und schliesslich
die Gruppe der (chronischen) thromboembolischen Lungengef&auml;ss-Verschl&uuml;sse. Bei der PH sollte in erster Linie die
Grundkrankheit therapiert werden.
Von pulmonal-arterieller Hypertonie
(PAH) wird dann gesprochen, wenn typische, plexiforme L&auml;sionen im Bereich der Arteriolen vorliegen. Neben
der idiopathischen und famili&auml;ren Form
gibt es zahlreiche Erkrankungen, die
mit einer PAH assoziiert sein k&ouml;nnen
und entsprechend gesucht werden sollten (z.B. Kollagenosen, portale Hypertension, HIV-Infektion, medikament&ouml;s
induziert). Patienten mit PAH pr&auml;sentieren sich mit Anstrengungsdyspnoe,
M&uuml;digkeit und Leistungsintoleranz,
im weiteren Verlauf treten Synkopen
und Zeichen der Rechtsherzinsuffizienz auf. Die Diagnose kann aufgrund
einer Echokardiographie (ev. StressEchokardiographie) vermutet und sollte dann invasiv mittels Rechtsherzkatheter best&auml;tigt werden. W&auml;hrend bis
vor wenigen Jahren einzig Kalzium-Antagonisten bei etwa 10% der Betroffenen eine Senkung des Hochdrucks erreichen konnten, gibt es nun mehrere
Therapie-Optionen, die als Mono- oder
Kombinationstherapie eingesetzt werden. Zur Verf&uuml;gung stehen Prostanoi-
ASA | SVV Medinfo 2009/1 Lungenkrankheiten
12
de (Epoprostenol iv, Iloprost inhalativ),
Endothelin-Rezeptor-Antagonisten (Bosentan) und Phosphodiesterase-5-Inhibitoren (Sildenafil). Die Patienten sollten antikoaguliert werden, weil bei der
PAH lokale Thrombosen entstehen. Da
es sich um ein junges Forschungsgebiet
handelt, bei dem weitere Erfahrung gewonnen werden muss und Langzeitergebnisse fehlen, sollten die Patienten
im Rahmen von Studien am Zentrumsspital abgekl&auml;rt und behandelt werden.
Maligne Erkrankungen von Lunge und
Pleura
Tumore, die ihren Ursprung in der Lunge haben, betreffen meistens Raucher
oder Ex-Raucher. Sie gehen in der Regel von den Bronchien aus (Bronchialkarzinom), eine Untergruppe von
Tumoren entwickelt sich prim&auml;r im Lungenparenchym (Alveolarzellkarzinom).
F&uuml;r das weitere Procedere entscheidend ist die Einteilung nach der Histologie in kleinzellige und nicht-kleinzellige Tumore. Diese auf den ersten Blick
schwer verst&auml;ndliche Einteilung erkl&auml;rt
sich dadurch, dass es sich um zwei verschiedene Erkrankungen mit anderem
Ursprung handelt: Kleinzellige Tumo-
ASA | SVV Medinfo 2009/1 Lungenkrankheiten
re entwickeln sich aus neuroendokrinen Zellen, w&auml;hrend nicht-kleinzellige
Tumore von ortsans&auml;ssigen Bronchialbzw. Alveolarzellen ausgehen, was unterschiedliche therapeutische Konsequenzen nach sich zieht. Als wichtigste
Bildgebung hat sich die Computertomographie des Thorax und des Oberbauchs durchgesetzt, welche erlaubt,
eine &Uuml;bersicht bzgl. Tumorgr&ouml;sse und
Einwachsen in die Umgebung zu erhalten und allf&auml;llige metastasenverd&auml;chtigen intrathorakale Lymphknoten sowie
Fernmetastasen in Leber und Nebennieren zu detektieren. Gewebe zur histologischen Aufarbeitung wird meistens mittels Bronchoskopie gewonnen,
bei pleuranahen Prozessen kommt die
CT-gesteuerte transthorakale oder thorakoskopische Biopsieentnahme zum
Einsatz. Bei den kleinzelligen Tumoren
ist aus prognostischen Gr&uuml;nden entscheidend, ob es sich um ein auf den
ipsilateralen Brustraum begrenztes Geschehen (&laquo;limited disease&raquo;) oder um
ein bereits metastasiertes Leiden (&laquo;extended disease&raquo;) handelt. Zum Staging
erfolgt eine Bildgebung des Gehirns
(idealerweise MRI) sowie eine Skelettszintigraphie und – in ausgew&auml;hlten F&auml;llen – eine Knochenmarksbiopsie. Die
13
Therapie besteht in einer KombinationsChemotherapie, die in der Regel platinhaltige Medikamente enth&auml;lt und unter
station&auml;ren Bedingungen erfolgt. Bei limited disease folgt eine konsolidierende Radiotherapie. Obwohl die meisten
Tumore ausgezeichnet auf die Therapie
ansprechen, sind Rezidive die Regel.
Entsprechend gering ist das F&uuml;nfjahres&uuml;berleben (10-13% bei limited disease,
&lt; 2% bei metastasiertem Leiden).
Bei den nicht-kleinzelligen Lungentumoren erfolgt das Staging nach dem
TNM-System, das eine Einteilung in
ein Tumorstadium I bis IV erlaubt. Neben endoskopischen und computertomographischen Kriterien hat sich
heutzutage die Positronen-EmissionsTomographie mit radioaktiv markiertem Zucker (FDG-PET) etabliert. Gelegentlich braucht es zum definitiven
Tumornachweis jedoch nach wie vor
eine mediastinoskopische oder Endosonographie-gesteuerte Biopsie der
mediastinalen Lymphknoten. Patienten
im Stadium I und II sind grunds&auml;tzlich
in kurativer Absicht operabel, wobei
neue Daten daf&uuml;r sprechen, dass eine
zus&auml;tzliche adjuvante Chemotherapie von Vorteil ist. Das Stadium IIIA ist
ebenfalls potentiell kurativ behandelbar, allerdings sollte pr&auml;operativ eine
neoadjuvante, dh. tumorreduzierende
medikament&ouml;se Therapie angewandt
werden. Nach diesem &laquo;Down-Staging&raquo;
kann der Tumor operativ angegangen
werden. Stadium III B (mit kontralateralen Lymphknotenmetastasen) und IV
(mit Fernmetastasen) sind fortgeschrittene Stadien, in denen ein auf Palliation ausgerichtetes Therapie-Konzept
zum Einsatz kommt. Die hier angewandten Chemotherapeutika k&ouml;nnen
ambulant verabreicht werden. Bei endoluminalem Tumorwachstum kann
mittels Lasertherapie und Stenteinlage
das Lumen wieder er&ouml;ffnet werden. Das
statistische F&uuml;nfjahres&uuml;berleben ist abh&auml;ngig vom Tumorstadium (Stadium I
&gt; 50%, Stadium IV &lt; 5%). Ob hier neuartige, in Entwicklung begriffene medikament&ouml;se Therapien, die der konkreten
Tumorbiologie gerecht werden sollen
(&laquo;tailored therapy&raquo;) den Durchbruch
bringen, bleibt abzuwarten.
Das mit fr&uuml;her stattgehabter Asbestexposition assoziierte Pleuramesotheliom
ist der h&auml;ufigste maligne Pleuratumor
(Berufskrankheit!). Es manifestiert sich
Jahrzehnte nach dem Asbestkontakt
mit einseitigen Thoraxschmerzen oder
ASA | SVV Medinfo 2009/1 Lungenkrankheiten
14
Pleuraerguss. Durch lokales Wachstum
entlang dem Pleuraraum breitet es sich
aus und f&uuml;hrt zur Umpanzerung der betroffenen Lunge, es metastasiert jedoch
selten. Der Tumor l&auml;sst sich vermuten
bei anamnestischer Asbestexposition
sowie sichtbarer Pleuraverdickung in
der Computertomographie. Die Diagnose l&auml;sst sich mittels thorakoskopischer
Pleurabiopsie best&auml;tigen. W&auml;hrend
bis vor wenigen Jahren ein therapeutischer Nihilismus herrschte, ist in lokal begrenzten Stadien eine trimodale Therapie (Pleuropneumonektomie
mit adjuvanter Radio-Chemotherapie)
erfolgsversprechend (bei tumorfreien Resektionsr&auml;ndern und fehlenden
Lymphknotenmetastasen betr&auml;gt das
F&uuml;nfjahres&uuml;berleben 46%). F&uuml;r fortgeschrittene Tumoren stehen Chemotherapien zur Verf&uuml;gung (z.B. Cisplatin
plus Pemetrexed), welche das &Uuml;berleben gegen&uuml;ber keiner Therapie doch
deutlich verl&auml;ngern (medianes &Uuml;berleben rund 12 Monate).
Lungen und Pleura sind oft Zielort von
Fernmetastasen, wobei diese einerseits
durch h&auml;matogene Streuung als multiple Rundherde und andererseits als diffuse, den Lymphgef&auml;ssen entlang sich
ausbreitende Lymphangiosis carcino-
ASA | SVV Medinfo 2009/1 Lungenkrankheiten
matosa auftreten. Im Pleuraraum manifestieren sich Metastasen meistens als
Pleuraerguss, in dem sich maligne Zellen nachweisen lassen.
Berufsbedingte Erkrankungen der
Atemorgane
Etwa ein Viertel aller berufsassoziierten
Erkrankungen betrifft die Atemorgane. Dies h&auml;ngt damit zusammen, dass
Schadstoffe in Form von Staub, Dampf,
Gas oder Rauch auf inhalativem Weg
direkt in den K&ouml;rper gelangen k&ouml;nnen.
Neben der Gr&ouml;sse der inhalierten Substanzen spielt vor allem deren Konzentration, Expositionsdauer und Eindringtiefe eine Rolle. Bei Rauchern sind die
Reinigungsmechanismen in den Atemwegen reduziert, so dass sie oftmals
st&auml;rker unter den Folgen von inhalativen
Noxen leiden. W&auml;hrend gewisse Substanzen unmittelbar nach der Exposition
ihre Auswirkungen zeigen, kommt es
bei anderen Stoffen erst nach jahrelanger Latenz zum Ausbruch einer Erkrankung. Einer exakten Erhebung der gesamten Berufsanamnese kommt somit
eine zentrale Bedeutung zu. Bei gewissen Erkrankungen sind Messungen von
Stoffkonzentrationen in der Luft am Arbeitsplatz sinnvoll. Bei anderen Krank-
15
heiten, bei denen ein Zusammenhang
mit dem Arbeitsplatz vermutet wird, ist
der Nachweis der entsprechenden Noxen (Asbest, Gesteinsstaub) im Lungengewebe bzw. in der Lavage-Fl&uuml;ssigkeit
beweisend.
Obligat toxische Stoffe (Chlorgas, Ammoniak, Nitrose-Gase) f&uuml;hren an den
Atemwegen zu Entz&uuml;ndungen und Ver&auml;tzungen, am Lungengewebe zum toxischen Lungen&ouml;dem und zum ARDS. Das
Outcome ist unterschiedlich: w&auml;hrend
es bestenfalls zur vollst&auml;ndigen Heilung kommt, kann der Schaden in eine
Lungenfibrose m&uuml;nden oder gar den
Tod des Betroffenen nach sich ziehen.
Das berufsbedingte Asthma bronchiale ist die h&auml;ufigste berufsbedingte Lungenkrankheit. Mehle, Backhilfsstoffe
und Isocyanate (wichtiger Bestandteil
von Kunststoffen, Lacken und Klebern)
spielen als Ausl&ouml;ser zahlenm&auml;ssig die
wichtigste Rolle. Daneben sind zahlreiche weitere Substanzen tierischen
(Haare, Federn, Ausscheidungen) und
pflanzlichen Ursprungs (Holz, Textilien) sowie Medikamente (Antibiotika)
f&uuml;r das Ausl&ouml;sen eines Berufs-Asthma
bekannt.
Eine viel seltenere Berufskrankheit ist
die exogen-allergische Alveolitis, die
sich nicht wie das Asthma bronchiale
in den Atemwegen sondern in den Alveolarr&auml;umen abspielt. Sie f&uuml;hrt akut
zum Bild einer interstitiellen Pneumonie, bei chronischer Exposition kann sie
eine Lungenfibrose zur Folge haben. Urs&auml;chlich spielen auch hier tierische und
pflanzliche, aber auch mikrobielle Allergene die Hauptrolle. Der bekannteste Vertreter dieser Gruppe ist die Farmerlunge, bei der im Heu befindliche
Pilzsporen und Bakterien als Allergen
wirken.
Die Pneumokoniosen (&laquo;Staublungen&raquo;)
entwickeln sich als Folge einer Exposition gegen&uuml;ber anorganischen St&auml;uben, die dank ihrer geringen Partikelgr&ouml;sse (&lt;5 πm) lungeng&auml;ngig sind und
in die Alveolen gelangen k&ouml;nnen, wo
sie von Alveolarmakrophagen aufgenommen werden. Diese werden als
Folge eines zytotoxischen Effektes zerst&ouml;rt, wodurch die Staub-Partikel erneut freigesetzt und phagozytiert werden, was langfristig zum fibrotischen
Umbau der Lungen f&uuml;hrt. Die Exposition gegen&uuml;ber reinem Quarzstaub f&uuml;hrt
zur Silikose, sind zus&auml;tzlich Kohle- oder
Eisenstaub mit im Spiel, spricht man
von Mischstaub-Pneumokoniose. Unter einer Asbestose versteht man eine
ASA | SVV Medinfo 2009/1 Lungenkrankheiten
16
durch Asbestfasern hervorgerufene
Lungenfibrose.
Neben der Lungenfibrose verursacht
eine Exposition gegen&uuml;ber Asbest die
schon erw&auml;hnten pleuralen Tumoren
(Mesotheliome), die meistens erst nach
jahrzentelanger Latenz auftreten. Auch
das Bronchus-Karzinom tritt nach Asbestexposition geh&auml;uft auf (v.a. bei
Rauchern). Chromsalze, Arsenverbindungen und Radon beg&uuml;nstigen ebenfalls die Entwicklung von malignen
Lungentumoren.
Pulmonale Infektionen als Folge von beruflicher Exposition sind zahlenm&auml;ssig
unbedeutend. Zoonosen (Chlamydien,
Leptospiren) kommen bei tierexponierten Berufsgruppen sporadisch vor. Bei
Personen, die im Gesundheitswesen
besch&auml;ftigt sind, kann Tuberkulose via
Tr&ouml;pfcheninfektion &uuml;bertragen werden.
Lungen-Transplantation
Als anspruchvolles, oftmals lebensverl&auml;ngerndes und lebensqualit&auml;ts-
ASA | SVV Medinfo 2009/1 Lungenkrankheiten
verbesserndes Verfahren hat die Lungentransplantation heutzutage einen
festen Stellenwert, wobei – zum Gl&uuml;ck
– nur wenige der Lungenkranken von
dieser ultima-ratio-Therapie Gebrauch
machen m&uuml;ssen. Wichtigste Indikationen f&uuml;r eine Transplantation sind zystische Fibrose, Lungenemphysem und
Lungenfibrose sowie seltene Erkrankungen wie Lymphangioleiomyomatose. Meistens erfolgt die Transplantation bilateral, die Operation ist technisch
anspruchsvoll, die lebenslange immunsuppressive und antiinfekti&ouml;se Therapie sowie die engmaschigen Nachkontrollen im Transplantationszentrum sind
entscheidend f&uuml;r das Gelingen dieses
High-Tech-Verfahrens. W&auml;hrend die
akute Abstossung in der Regel gut behandelt werden kann, ist das Problem
der chronischen Abstossung, dessen
Aetiologie nicht gekl&auml;rt ist, noch ungel&ouml;st. In der Schweiz betr&auml;gt das 1-Jahres-&Uuml;berleben etwa 85%, das 5-Jahres&Uuml;berleben 75%.
17
Literatur
www.ginasthma.com
Sutherland ER, Cherniack RM. Management
of Chronic Obstructive Pulmonary Disease. N
Engl J Med 2004; 350: 2689-97.
Wells AU, Hogaboam CM. Update in Diffuse
Parenchymal Lung Disease 2007. Am J Respir
Crit Care Med 2007; 177: 580-584.
Humbert M. Update in Pulmonary Arterial Hypertension 2007. Am J Respir Crit Care Med
200; 177: 574-579.
Herbst RS, Heymach JV, Lippman SM. Lung
Cancer. N Engl J Med 2008; 359: 1367-80.
Vogt P, R&uuml;egger M. Berufsbedingte Krankheiten der Atemwege. Schweiz Med Forum 2002;
27: 647-654.
Lynch JP, Saggar R, Weigt SS, Ross DJ, Belperio
JA. Overview of Lung Transplantation and Criteria for Selection of Candidates. Semin Respir Crit Care Med 2006; 27(5): 441-69.
ASA | SVV Medinfo 2009/1 Lungenkrankheiten
Herunterladen