6. Kontinuierliche Zufallsgrößen Definition: Eine Z. G. ξ ist absolut stetig mit (Wahrscheinlichkeits-) Dichte f : R → R, wenn gilt: b Z P ( a ≤ ξ < b“) = ” f (x) dx (a < b) a allgem. Eigenschaften einer Dichte f : (1) f (x) ≥ 0 (x ∈ R) Z∞ (2) f (x) dx = 1 −∞ Beispiel 1: Die Exponentialverteilungen Sei λ > 0. Setzen λ e−λx f (x) := 0 (x ≥ 0) sonst Sagen: eine Z.G. ξ mit dieser Dichte ist exponentialverteilt mit Parameter λ“. ” Schreibweise: Pξ = Exλ Anwendungsbeispiel: Die Lebensdauer eines radioaktiven Atoms ist exponentialverteilt. Der Parameter λ ergibt sich dabei aus der Halbwertszeit τ durch λ = ln2/τ . Anwendungsbeispiele: Neonröhren, elektronische Bauteile 1 Beispiel 2: Die Normalverteilungen Seien µ ∈ R und σ 2 > 0 Setzen 1 f (x) := q Q exp 2 σ2 (d. h. σ 6= 0). " − (x − µ)2 # 2σ 2 (x ∈ R) Sagen: eine Z. G. ξ mit dieser Dichte ist normalverteilt mit Parameter µ und σ 2“. ” Schreibweise: Spezialfall: Pξ = Nµ,σ 2 µ = 0, σ 2 = 1 → Pξ = N0,1 - Standardnormalverteilung Satz: (a) Seien Pξ = N0,1 und η = σξ + µ → (b) → Pη = Nµ,σ2 Seien Pξ = Nµ,σ2 und η = ξ−µ σ Pη = N0,1 2 Definition: Sei ξ eine Z. G. mit Dichte f . +∞ Z Eξ := x f (x) dx −∞ heißt Erwartungswert von ξ. Z∞ Dξ := (x − Eξ)2 f (x) dx −∞ heißt Varianz von ξ. √ Dξ wird Standardabweichung genannt. Bemerkung: es gelten die Rechenregeln vom diskreten Fall allgemein. Beispiele: 1. Pξ = Nµ,σ 2 → Eξ = µ, Dξ = σ 2 Nµ,σ2 wird deshalb Normalverteilung mit Erwartungswert µ und Varianz σ 2 genannt. 2. Pξ = Exλ → Eξ = 1 1 , Dξ = 2 . λ λ 3 Zur Bedeutung der Normalverteilung Stochastische Störungen an sich determinierter Systeme werden in der Regel durch Normalverteilungen beschrieben. Theoretische Begründung: Der Zentrale Grenzwertsatz Sei X1, ..., Xn eine Folge unabhängiger“ Zufalls” größen mit ∞ X EXk = 0 (k = 1, ..., n) und DXk = σ 2. k=1 Ist n sehr groß“ und sind die Varianzen DXk ” alle sehr klein“, dann ist die Zufallsgröße ” ξ= n X Xk k=1 näherungsweise gemäß N0,σ 2 verteilt. Beispiel: stochastisch gestörte Messungen – Modell: Annahmen 1. Eine ideale“ Messung am System würde ” den Wert a ergeben. 2. Der reale Meßvorgang unterliegt einer Vielzahl kleiner Störungen, die nicht eliminiert werden können. → Das Ergebnis der realen Messung wird durch eine Zufallsgröße η = a + ξ beschrieben mit Pξ = N0,σ2 und damit Pη = Na,σ 2 . 4 Die 3σ-Regel Wir betrachten das Beispiel der stochastisch gestörten Messung: - (zufälliges) Ergebnis der realen Messung: η =a+ξ - idealer“ Meßwert a ” Problem: Wie weit liegen a und η voneinander entfernt? Eine Antwort liefert die folgende 3σ-Regel: Sei η eine Zufallsgröße mit Pη = Na,σ 2 . Dann gilt P ( |η − a| < 3σ“) ≥ 99, 7% (gerundet) ” √ wobei σ = σ 2 > 0. Anwendung auf unser Problem: Voraussetzung: σ 2 sei bekannt (was als Kenngröße der realen Meßapparatur häufig der Fall ist). Wir haben |η − a| < 3σ ↔ η − 3σ < a < η + 3σ 3σ-Regel → Mit einer Wahrscheinlichkeit von 99, 7% liegt der gesuchte (ideale) Wert a in dem durch das Meßergebnis der realen Messung bestimmten Intervall η − 3σ < a < η + 3σ 5 Ein (anderes) Anwendungsbeispiel Die Herstellung eines oral einzunehmenden Arzneimittels geschieht i.d. Regel dadurch, daß ein bestimmter Wirkstoff in einer Flüssigkeit gelöst oder in Tabletten verpackt“ wird. Die einzelne ” Tablette sollte nun eine genormte Menge a des Wirkstoffes enthalten. Der automatisierte Herstellungsprozeß kann das jedoch nie mit absoluter Genauigkeit realisieren. Die reale Menge des Wirkstoffes in einer Tablette wird also eine Zufallsgröße η mit Pη = Na,σ 2 sein. Dabei ist σ 2 das Charakteristikum für die Zuverlässigkeit der Anlage. Vorgegeben wird nun eine Toleranzgrenze b > 0 und es wird gefordert, daß mindestens mit Wahrscheinlichkeit 99, 7% die Menge des Wirkstoffes in einer Tablette zwischen a − b und a + b liegt, d.h., es soll gelten: a − b < η < a + b ↔ |η − a| < b. Problem: Wie gut“ muß die Anlage arbeiten, ” d.h., wie klein muß σ 2 sein, damit diese Forderung erfüllt ist ?! b2 2 Antwort (3σ-Regel): 3σ ≤ b, d.h. σ ≤ . 9 6 Die 3σ-Regel in allgemeiner Fassung Problem ist, eine Abschätzung zu finden für P ( |η − a| < 3σ“) ≥ ? ” wobei Eη = a, Dη = σ 2 ist. -Fall Pη = Na,σ 2 → P ( |η − a| < 3σ“) = 99, 7%. ” -Im allgemeinen Fall liefert die Tscheby.Ungl. 1 8 P ( |η − a| < 3σ“) ≥ 1 − = ≥ 88, 8%. ” 9 9 Beispiel: Sei Pη = Exλ. 1 1 1 2 → a := Eη = , σ := Dη = 2 → σ = λ λ λ 1 3 → P ( |η − λ | < λ“) ≥ 88, 8% ” Wir haben nun 2 3 1 3 1 3 |η − | < ↔ − <η< + λ λ λ λ λ λ 2 4 η≥0 4 <η< 0<η< λ λ ←→ λ 1 4 Also P ( η < “) ≥ 88, 8%, = Eη. ” λ λ Deshalb P ( η < 4Eη“) ≥ 88, 8%. Die direkte Rech” 4 nung liefert P ( η < “) = 98, 2% (Ü.A.). ” λ ↔ − 7