Besuch von Schulen in Spanien - Berufskolleg Rheydt

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Berufskolleg Rheydt-Mülfort für Wirtschaft und Verwaltung
Besuch von Schulen in Spanien
Beigesteuert von J. Heuer
Es war die Woche vor meiner Abreise: Alberto Gomez, ehemaliger Austauschlehrer an unserem Berufskolleg und
hauptberuflich Lehrer an der EOI in Zaragoza, beschwerte sich bei meinem Anruf ein wenig über das Wetter. Es sei mit 30
Grad definitiv zu heiß für diese Jahreszeit, man könne sich draußen kaum bewegen. Äußerlich drückte ich ihm mein Beileid aus,
innerlich freute ich mich nach einem langen Winter endlich auf Sonne. Nun gut, einen Tag vor der Abreise schaute ich
noch mal ins Internet und siehe da: Es sollte kühler werden. Die Meteorologen sollten Recht behalten, denn genau mit
meiner Ankunft am Sonntagabend in Zaragoza wurde es nicht nur richtig kühl (anfangs nur 8-12 Grad), sondern auch
außerordentlich windig. Bis auf den Wind sollte sich auch in den nächsten zwei Wochen nicht viel ändern. Wegen des
Wetters hätte ich also in Deutschland bleiben können.
Aber was interessiert das Wetter, wenn man eigentlich zum Arbeiten da ist? Der Grund meines Aufenthaltes in Zaragoza
war, mir das spanische Bildungssystem, und hier vor allem das berufliche Bildungssystem (la formación profesional),
anzuschauen. Dies tat ich hauptsächlich am Instituto Santiago Hernández (ISH), einer Partnerschule unseres
Berufskollegs und verlässlicher Partner in mehreren Projekten. So waren mir auch einige Gesichter bekannt, aber viele
neue kamen hinzu. Interessant war am ISH die Aufteilung der einzelnen Fachbereich und Bildungsgänge. In Spanien gibt
es keine Ausbildung im dualen System, wie wir sie aus Deutschland kennen. Ähnlichkeit mit unseren Berufskollegs
besteht hinsichtlich der Vereinigung verschiedener Bildungsgänge unter einem Dach - mit einem Unterschied: Am ISH
werden sowohl verschiedene kaufmännische als auch gewerbliche Bildungsgänge unterrichtet. Zusätzlich kann auch das
allgemeine Abitur absolviert werden.
Jeder Fachbereich hatte ein eigenes, mehr oder weniger großes, eingerichtetes Büro. Ich war dem Fachbereich
“Wirtschaft“ zugeteilt (daneben gab es z.B. noch den verwandten Bereich
„Betriebswirtschaft“). Das Team bestand aus insgesamt 5 Lehrern, wobei die Aufteilung so war, dass drei
Lehrer vormittags und zwei nachmittags unterrichten.
Vom Lehrerteam wurde ich super aufgenommen; auch von denen, die ich noch nicht kannte. Sie gaben einem direkt
das Gefühl zum Team zu gehören und in den Pausen ergaben sich in der schuleigenen Cafeteria viele gute Gespräche bei
einem cafe solo oder cortado. Der Besuch der verschiedenen Klassen bei unterschiedlichen Lehrern war sehr
interessant. Ich besuchte die Fächer Betriebswirtschafts- und Volkswirtschaftslehre mit verschiedenen Schwerpunkten in
diversen Bildungsgängen, die eine Spannbreite von ungefähr unserem EQJ bis hin zum Abitur hatten. Auch wenn es hier
und da noch einige Kommunikationsprobleme aufgrund der spanischen Sprache gab, wusste man doch immer, worüber
gerade gesprochen wurde. Auch die Schüler verstanden, was ich ihnen sagen wollte. Die Inhalte waren größtenteils die
gleichen wie bei uns, ebenso waren viele Begriffe ähnlich bzw. direkt erkennbar. Im Teamteaching klappte das mit den
spanischen Kollegen ganz gut. Zudem forderten die Kollegen am Tag vor meiner Abreise einen kleinen Bericht ein, wie
ich ihren Unterricht bzw. die Schüler und Schule wahrnehme und beurteile. Dies war schwierig, denn in Spanien gibt es
keine Fachdidaktik für Wirtschaftslehre und entsprechend viel hätte man aufschreiben können. Abgesehen von der Gefahr,
als Klugsch …, also als Besserwisser, wahrgenommen zu werden, wäre dies aber den erfreulich stark ausgeprägten
Lehrerpersönlichkeiten nicht gerecht geworden. Hier konnte man sich bestimmt eine Scheibe abschneiden, ebenso wie
die spanischen Kollegen erstaunt waren über die Existenz einer Fachdidaktik für Wirtschaftswissenschaften (und
gleichzeitig enttäuscht, dass sie so etwas nicht kannten).
In der ersten Woche ergab sich eine interessante Begebenheit in der Hinsicht, dass ich an der Universität von Zaragoza
einen Vortrag über die Lehrerausbildung in Deutschland gehalten habe. Dies kam dadurch zustande, dass mein Lehrerund häufiger Projektkollege Javier Gozalo Arranz wie ich einen Lehrauftrag an einer Universität hat. Die Studenten waren
sichtlich neugierig und so wurden aufgrund interessanter Diskussionen aus geplanten 30 Minuten spontan deren 90.
Den Austausch hätten wir gerne fortgeführt, allerdings wollte der folgende Dozent auch zu seinem Arbeitseinsatz
kommen.
Weiterhin besuchte ich die Escuela Oficial de Idiomas (EOI), wo Alberto Gomez als Deutschlehrer unterrichtet. Der
Besuch dieser Schule ist freiwillig und entspricht im sprachlichen Bereich in etwa unserer Volkshochschule. Der
Deutschkurs kann hier bis zu 6 Jahre umfassen und schließt mit einem staatlichen Examen ab. Dabei können drei
verschiedene Sprachniveaus zertifiziert werden (max. B2), für deren Erhalt die Schüler jeweils eine Prüfung ablegen
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Generiert: 31 October, 2017, 04:07
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müssen. Sollte diese auch im dritten Versuch nicht bestanden werden, ist die weitere Teilnahme für den Schüler beendet.
Für die Schüler war es sehr interessant einen Deutschen direkt im Unterricht zu haben und so kamen – teilweise
nach einer kleinen Schnupperphase, da die Angst vor einer vermeintlichen Blamage in einer fremden Sprache wohl groß
war – viele Gespräche zustande. Und ich konnte noch mal üben, was ich vielleicht auch im eigenen Unterricht hin
und wieder berücksichtigen sollte: laaaangsaaaam reden.
Einen Besuch stattete ich auch einer weiteren Schule ab, mit der wir in Zukunft zusammenarbeiten könnten. Dafür musste
ich allerdings nach Getafe (ein Vorort von Madrid) reisen und traf mich dort mit Alberto Salinas am Instituto Silverio
Lanza. Hierbei handelte es sich nicht wie bei dem Instituto Santiago Hernández um eine Sekundarstufe II, sondern um
eine Schule der Sekundarstufe I und Alberto unterrichtet dort Musik und Englisch.
Ein wenig enttäuschend verlief nach meiner Rückkehr nach Zaragoza ein Besuch der Messe „Educaciòn y
Trabajo“. Hier gab es auf dem großen Messegelände nur ein paar spärlich besetzte Stände von Unternehmen,
privaten Bildungsanbietern, Militär und Kommune. Wie sagte ein dort arbeitender Bekannter von Javier, einem BWLLehrer: „Es un desastre!“ Übersetzung wohl unnötig ?.
Bei so einem langen Aufenthalt darf natürlich auch der kulturelle Teil nicht fehlen und so wurden in den Freiräumen
weitere Orte in der Umgebung besucht, abends Tapas gegessen und es wurde möglichst viel Spanisch gesprochen. In
den letzten Tagen besserte das Wetter merklich auf, es wurde richtig schön. Aber mein Abschied rückte näher und ich flog
mit vielen neu gewonnenen Eindrücken wieder nach Hause. Allerdings hätte ich vom Wetter her jetzt ruhig in Spanien
bleiben können.
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