IS/LM-Analyse der offenen Volkswirtschaft

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Dr. Burkhard Utecht
Institut für Wirtschaftstheorie
Freie Universität Berlin
Fachbereich Wirtschaftswissenschaft
Sommersemester 2002
Einführung in die VWL 3
Vorlesungsbegleitendes Skript:
IS/LM-Analyse der offenen Volkswirtschaft (Mundell/Fleming-Modell)
Gliederung
I. Vorbemerkungen
II. Modellrahmen
1. Die IS-Kurve (Gütermarktgleichgewicht des Inlands)
2. Die LM-Kurve (Geldmarktgleichgewicht des Inlands)
3. Die (BP=0)-Kurve (Devisenmarktgleichgewicht, ausgeglichene Zahlungsbilanz)
a) Ausgeglichene Zahlungsbilanz des Inlands
b) Steigung der (BP=0)-Kurve
c) (BP=0)-Kurve und Wechselkurs e
d) (BP=0)-Kurve und Änderung der Währungsreserven der inländischen Zentralbank
zu Transaktionswerten ∆WR
4. Internes und externes Gleichgewicht
III. Wirtschaftspolitische Analyse (bei vollkommener Kapitalmobilität)
1. Flexible Wechselkurse
a) Fiskalpolitik
b) Geldpolitik
2. Fixe Wechselkurse
a) Fiskalpolitik
b) Geldpolitik
IS/LM-Analyse der offenen Volkswirtschaft
1
IS/LM-Analyse der offenen Volkswirtschaft (Mundell/Fleming-Modell)
I. Vorbemerkungen
Das folgende Skript widmet sich zwei zentralen Fragen: Welche Modifikationen des
Grundmodells der keynesianischen Einkommens- und Beschäftigungstheorie müssen vorgenommen werden, wenn man nicht von einer geschlossenen Volkswirtschaft, sondern von einer
offenen Volkswirtschaft ausgeht? Und welche Änderungen ergeben sich hieraus für die (kurzfristige) beschäftigungspolitische Wirksamkeit von Geld- und Fiskalpolitik im keynesianischen IS/LM-Modell? Es wird dabei davon ausgegangen, daß das IS/LM-Modell der geschlossenen Volkswirtschaft in seiner Struktur und Funktionsweise dem Leser bekannt ist.
Zur Vereinfachung der Analyse sei nun von zwei Ländern ausgegangen werden (Inland,
Ausland f), zwischen denen freier Güter- und Kapitalverkehr herrscht (von personeller Mobilität wird abstrahiert). Beide Länder produzieren jeweils ein Gut (Inlandsprodukt, Auslandsprodukt), welches für Konsum- und Investitionszwecke verwendet werden kann, wobei beide
Güter unvollkommene Substitute seien. Beide Länder haben eine eigene Währung (Inlandswährung DM, Auslandswährung $). Die Existenz unterschiedlicher Währungen impliziert
dabei, daß die jeweiligen Akteure für Auslandstransaktionen Devisen, d.h. Währung des
betreffenden Auslands zur Verfügung haben müssen. Diese können auf dem (internationalen)
Devisenmarkt beschafft werden. Das Tauschverhältnis zwischen den Währungen bestimmt
sich dabei aus dem Wechselkurs
e=
x ⋅ DM
$
(in Preisnotation),
welcher angibt, wieviele DM (x) man für den Erwerb eines $ auf dem Devisenmarkt benötigt.
Die Inländer benötigen dabei $ zur Finanzierung ihrer Transaktionen mit dem Ausland und
bieten hierfür in entsprechendem Umfang DM auf dem Devisenmarkt an. Die Ausländer wiederum benötigen analog DM zur Finanzierung ihrer Transaktionen mit dem Inland und bieten
entsprechend auf dem Devisenmarkt $ an. Entsprechen dabei die DM-Angebote nicht den
DM-Nachfragen der privaten Akteure auf dem Devisenmarkt, so wird der Devisenmarkt durch
Wechselkursanpassungen ins Gleichgewicht gebracht, es sei denn eine (oder beide) der Zentralbanken schließen das Ungleichgewicht durch entsprechenden Verkauf der übermäßig nach-
2
B. Utecht: Einführung in die Außenwirtschaftstheorie
gefragten Währung auf dem Devisenmarkt. Dabei wollen wir unterstellen, daß derartige Devisenmarktinterventionen (wenn überhaupt) nur durch das Inland getätigt werden.
II. Modellrahmen
Im folgenden soll nun das IS/LM-Modell im obigen Sinne erweitert werden. Dabei sei davon ausgegangen, daß die Güterpreise im In- und Ausland, P und Pf, zumindest kurzfristig
rigide sind. Darüber hinaus werden wir uns auf die Betrachtung einer kleinen Volkswirtschaft
(Inland) beschränken, welche gegenüber dem Weltmarkt (Ausland) ohne Gewicht ist, und
reine Kurzfristanalyse betreiben.
1. Die IS-Kurve (Gütermarktgleichgewicht des Inlands)
Die nominale Nachfrage nach Inlandsprodukt Ydnom (die zu DM-Preisen bewertete Inlandsproduktnachfrage) bestimmt sich bei Berücksichtigung von Güterexporten und -importen aus
d
Ynom
= C nom + I nom + G nom + EX nom − IM nom
!###"###$
no min ale Güternachfrage
der Inlands
d.h. aus der nominalen Güternachfrage des Inlands (bzw. der Inländer) insgesamt zuzüglich
der nominalen Exportgüternachfrage aus dem Ausland (bzw. der Ausländer) abzüglich der
nominalen Importgüternachfrage des Inlands (bzw. der Inländer). Die aggregierte Nachfrage
nach Inlandsprodukt in Mengeneinheiten bestimmt sich folglich aus
Y d = C + I + G + EX −
Pf ⋅ e
⋅ IM
P
mit
e=
x ⋅ DM
als Wechselkurs in Preisnotation
$
d
Ynom
Y ≡
als der mengenmäßigen Inlandsproduktnachfrage (aggregierte Nachfrage nach Inlandsprodukt)
P
d
C≡
C nom
als der in Mengeneinheiten des Inlandsprodukts berechneten Konsumgüternachfrage des Inlands
P
I≡
I nom
als der in Mengeneinheiten des Inlandsprodukts berechneten Investitionsgüternachfrage des Inlands
P
IS/LM-Analyse der offenen Volkswirtschaft
G≡
3
G nom
als der in Mengeneinheiten des Inlandsprodukts berechneten staatlichen Güternachfrage des Inlands
P
EX ≡
EX nom
als der mengenmäßigen Exportgüternachfrage aus dem Ausland (Inlandsprodukteinheiten)
P
IM ≡
IM nom
Pf ⋅ e
als der mengenmäßigen Importgüternachfrage des Inlands (Auslandsprodukteinheiten)
Dabei sei der Einfachheit halber unterstellt, daß im Ausgangspunkt der Analyse die Nettovermögensposition des Inlands gegenüber dem Ausland Null entspricht, so daß sich Inlands- und
Sozialprodukt (des Inlands) in der betrachteten Periode entsprechen werden. C, I, EX und IM
seien wiederum das Ergebnis der folgenden Verhaltensfunktionen
C = C(Y) wobei 0 < CY < 1
+
I = I( i )
−
mit i als inländischem Bondmarktzinssatz
EX = EX( e , Y f , P f , P)
+ + + −
IM = IM (e, Y, P, P f )
− + + −
Die ersten beiden Funktionen (aggregierte Konsumgüternachfrage des Inlands C und aggregierte Investitionsgüternachfrage des Inlands I) folgen den in der IS/LM-Analyse der geschlossenen Volkswirtschaft üblichen Herangehensweisen (absolute Einkommenshypothese
und abnehmende Grenzleistungsfähigkeit des Kapitals) und sollen an dieser Stelle nicht näher
erläutert werden. Für die Exportgüternachfrage aus dem Ausland (EX) wird unterstellt, daß
diese bei gegebenem Einkommen der Ausländer Yf umso höher sein wird, je preisgünstiger
aus deren Sicht das Inlandsprodukt gegenüber dem Auslandsprodukt ist, während umgekehrt
die Importgüternachfrage des Inlands (IM) bei gegebenem Einkommen der Inländer umso
höher sein wird, je preisgünstiger aus deren Sicht das Auslandsprodukt gegenüber dem Inlandsprodukt ist. Desweiteren wird in Anlehnung an die absolute Einkommenshypothese angenommen, daß EX in Yf und IM in Y steigende Funktionen sind.
Für die weitere Analyse seien dabei Yf, P und Pf kurzfristig unveränderliche Größen. Bei
Annahme des extremen Yd-Ansatzes mit vollkommen nachfrageelastischem Güterangebot (Y
= Yd) ist folglich das inländische Gütermarktgleichgewicht (bzw. die IS-Kurve des Inlands)
beschrieben durch
4
B. Utecht: Einführung in die Außenwirtschaftstheorie
Pf
Y = C(Y) + I(i) + G + EX(e; % ) −
⋅ e ⋅ IM (e, Y; % )
P
Wie auch im Fall der geschlossenen Volkswirtschaft verläuft die IS-Kurve im (Y,i)Diagramm abwärts gerichtet, allerdings wird sie im Fall der offenen Volkswirtschaft steiler
verlaufen, denn
dY
=
di IS
c.p.
Ii
Pf
⋅ e ⋅ IM Y
P
1 − CY +
< 0 mit
Ii
dY
>
1 − CY
di IS
c.p.
Die Änderung des Inlandsprodukts aufgrund einer marginalen Änderung des inländischen
Zinssatzes entspricht damit gerade der durch die Zinssatzänderung induzierten Anpassung der
Investitionsgüternachfrage des Inlands multipliziert mit dem elementaren Multiplikator
1/(1−CY+Pf⋅e/P⋅IMY), welcher selbst jedoch kleiner ist als derjenige der geschlossenen.Volkswirtschaft, 1/(1−CY). Letzteres ist dadurch begründet, daß ein Teil zusätzlichen
Einkommens der Inländer stets in der Importgüternachfrage „versickert“, also keine Nachfrage
nach Inlandsprodukt darstellt, so daß Yd hier weniger zinssatzelastisch als im Fall der geschlossenen Volkswirtschaft reagiert.
Darüber hinaus sind die staatliche Güternachfrage des Inlands G und der Wechselkurs e Lageparameter der IS-Kurve.
(a) Wie auch im Fall der geschlossenen Volkswirtschaft wird eine Erhöhung (Senkung) der
staatlichen Güternachfrage des Inlands die IS-Kurve nach rechts (links) verschieben, allerdings wird diese Verschiebung im Fall der offenen Volkswirtschaft (ebenfalls aufgrund
des oben erwähnten „Sickereffektes“) geringer ausfallen:
dY
dG
IS =
c.p.
1
1 − CY +
f
P
⋅ e ⋅ IM Y
P
>0
mit
dY
1
<
IS
dG c.p. 1 − C Y
Die Gesamtverschiebung der IS-Kurve entspricht folglich der Änderung der staatlichen
Güternachfrage multipliziert mit dem elementaren Multiplikator.
IS/LM-Analyse der offenen Volkswirtschaft
5
i
G↓
G↑
IS2
IS0
IS1
Y
(b) Die Wirkung einer Wechselkursänderung auf die Lage der IS-Kurve ist dagegen a priori
uneinheitlich, denn
? #####
'####
#(
)
+
'##
#(###
) '(
#+#
)
+
−
f
f
&
&
P
P
EX
e
IM
−
⋅
⋅
−
⋅ IM
e
e
dY
P
P
=
de IS
Pf
c.p.
1 − CY +
⋅ e ⋅ IM Y
P
Einerseits führt eine Wechselkurserhöhung (DM-Abwertung) zu einem Anstieg von EX
und Absinken von IM, was bei gegebenem relativen Preis des Auslandsprodukts (Pf⋅e)/P
einen Anstieg nach Inlandsproduktnachfrage impliziert (bezüglich Yd expansive Mengeneffekte der Wechselkurserhöhung). Andererseits jedoch erhöht sich bei einem Anstieg von
e der relative Preis des Auslandsprodukts, so daß bei gegebener Importgüternachfrage IM
und gegebener aggregierter Güternachfrage des Inlands C+I+G die inländische Nachfrage
nach Inlandsprodukt sinkt (bezüglich Yd kontraktiver Preiseffekt der Wechselkurserhöhung). Üblicherweise wird dabei unterstellt, daß es bei Verbilligung (Verteuerung) der inländischen Währung ceteris paribus zu einer mengenmäßigen Erhöhung (Verminderung)
der Inlandsproduktnachfrage kommt, die Mengeneffekte in ihrer Gesamtwirkung also den
6
B. Utecht: Einführung in die Außenwirtschaftstheorie
Preiseffekt der Wechselkursänderung überwiegen. Dies wiederum ist dann und nur dann
der Fall wenn die Marshall-Lerner-Bedingung
 IM

 EX

P ⋅ EX
e
e
− 
⋅ e > 1
⋅ e ⋅

f
IM


 EX 
e ⋅ P ⋅ IM
 #"#
!#"#$
!
$
Wechselkurs −
Wechselkurs −
elastizität der
elastizität der
Importgüter Exportgüter nachfrage
nachfrage
erfüllt ist, wovon im weiteren ausgegangen sei. Die IS-Kurve verschiebt sich dann bei einer Wechselkurserhöhung (DM-Abwertung) nach rechts, bei einer Wechselkurssenkung
(DM-Aufwertung) nach links, und zwar jeweils um den Betrag der durch die Wechselkursänderung unmittelbar verursachten Änderung der Nachfrage nach Inlandsprodukt multizipliert mit dem elementaren Multiplikator.
i
e↓
e↑
IS2
IS0
IS1
Y
IS/LM-Analyse der offenen Volkswirtschaft
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2. Die LM-Kurve (Geldmarktgleichgewicht des Inlands)
Es wird von den üblichen zwei inländischen Vermögensmärkten ausgegangen: Geld- und
Bondmarkt. Die aggregierte Nachfrage nach inländischem Geld folge einer zur keynesianischen Geldnachfragefunktion für die geschlossene Volkswirtschaft strukturell analogen Funktion
M d = *(Y , i ) ⋅ P
+ −
d.h. bei gegebenem inländischen Güterpreis P wird die Nachfrage nach inländischen Geld Md
umso höher ausfallen, je größer das Transaktionsvolumen auf dem inländischen Gütermarkt
ist (Transaktionskassenachfrage), und umso niedriger sein, je höher der inländische Bondmarktzinssatz i ist (spekulative Kassennachfrage der Inländer). Im Geldmarktgleichgewicht
muß dann
M
= *(Y , i)
P
gelten. Dabei seien M und Md (als Bestandsgrößen) die Endbestände der betrachteten Periode.
Wir erhalten dann dieselbe LM-Kurve wie im Fall einer geschlossenen Volkswirtschaft.
i
LM2
M↓
LM0
LM1
M↑
Y
8
B. Utecht: Einführung in die Außenwirtschaftstheorie
3. Die (BP=0)-Kurve (Devisenmarktgleichgewicht
bzw. ausgeglichene Zahlungsbilanz)
a) Ausgeglichene Zahlungsbilanz des Inlands
Die Zahlungsbilanz des Inlands (balance of payment BP) muß ex post stets ausgeglichen
sein, d.h. die Summe der Salden von Leistungs- und Kapitalbilanz des Inlands der betrachteten Periode muß ex post der Änderung der Währungsreserven der inländischen Zentralbank zu
Transaktionswerten gerade entsprechen, so daß
BP ≡ P ⋅ EX − Pf ⋅ e ⋅ IM + F
+ −
!##
#"###
$ Netto
−
Leistungsbilanzsaldo
( in DM)
kapital
import
( in DM)
∆
WR
!"
$
=0
Änderung d er
Wä hrungsreserven
der inl. Zentralbank
zu Transaktionswerten (in DM)
Der Nettokapitalimport des Inlands F (Kapitalbilanzsaldo des Inlands) sei dabei eine im inländischen Bondmarkt-Zinssatz i steigende und im ausländischen Zinssatz i* fallende Funktion
F = F( i , i *)
+ −
wobei i* kurzfristig gegeben sei. Der Leistungsbilanzsaldo gibt die sich aus der Leistungsbilanz ergebende Netto-DM-Nachfrage auf dem Devisenmarkt an, der Nettokapitalimport die
sich aus der Kapitalbilanz ergebende Netto-DM-Nachfrage und ∆WR das Netto-DM-Angebot
der inländischen Zentralbank auf dem Devisenmarkt (Stromgrößen der Periode). Ein Ungleichgewicht auf dem Devisenmarkt wird dabei stets sofort abgebaut werden: Ist die Zentralbank nicht zu eigenen Devisenmarktinterventionen (d.h. zu einer Anpassung von ∆WR ) bereit oder fähig, so wird über die Anpassung des Wechselkurses das Devisenmarktgleichgewicht reetabiliert. Will die Zentralbank dagegen Wechselkursänderungen verhindern (fixe
Wechselkurse), so muß sie ∆WR stets derart anpassen, daß der Devisenmarkt bei gegebenem
Wechselkurs im Gleichgewicht gehalten wird (Wechselkurssterilisierung). Unter Berücksichtigung der jeweiligen Verhaltensfunktionen gilt damit
BP = P ⋅ EX(e;%) − Pf ⋅ e ⋅ IM (e , Y;%) + F(i; i*) − ∆WR = 0
IS/LM-Analyse der offenen Volkswirtschaft
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b) Steigung der (BP=0)-Kurve
Die Steigung der (BP=0)-Kurve im IS/LM-Diagramm ergibt sich aus
 > 0 für 0 < F < ∞ ( unvollkommene Kapitalmobilitä t)
i
di
Pf ⋅ e ⋅ IM Y 
 → 0 für Fi → ∞ ( vollkommene Kapitalmobilitä t)
=0 =
dY cBP
F
i

.p.
 → ∞ für Fi → 0 ( vollkommene Kapita lim mobilitä t)
Grundsätzlich ist die (BP=0)-Kurve aufwärts gerichtet, d.h. steigendes Inlandsprodukt Y erfordert ceteris paribus einen steigenden Inlandszinssatz i, wenn bei gegebenem e und gegebenem ∆WR der Devisenmarkt weiterhin im Gleichgewicht bleiben soll: Steigt Y an, so erhöht
sich ceteris paribus die Importgüternachfrage IM, was wiederum ein Absinken der aus dem
Leistungsbilanzsaldo resultierenden Netto-DM-Nachfrage auf dem Devisenmarkt impliziert.
Damit bei gegebenem e und gegebenem ∆WR der Devisenmarkt im Gleichgewicht bleibt,
müßte folglich i derart ansteigen, daß sich über den Zuwachs des Nettokapitalimports F eine
der Verringerung des Leistungsbilanzsaldos betragsmäßig entsprechende Erhöhung der NettoDM-Nachfrage aus der Kapitalbilanz (d.h. des Kapitalbilanzsaldos) ergibt. Oberhalb der
(BP=0)-Kurve läge dabei für gegebenes e und ∆WR eine DM-Überschußnachfrage auf dem
Devisenmarkt vor, unterhalb der (BP=0)-Kurve dagegen ein DM-Überschußangebot. Im ersten Fall wäre der inländische Zinssatz i und damit der Nettokapitalimport F zu hoch, als daß
bei gegebenem e und ∆WR der Devisenmarkt im Gleichgewicht sein könnte, im zweiten Fall
wäre i und damit F zu niedrig.
Das Ausmaß der Steigung der (BP=0)-Kurve hängt jedoch offensichtlich davon ab, wie
zinssatzelastisch der Nettokapitalimport F ausfällt. Ist F unendlich zinssatzelastisch (vollkommene Kapitalmobilität), so reichen schon marginal kleine Zinssatzerhöhungen aus, um
die bei steigendem Y entstehende Senkung der Netto-DM-Nachfrage aus der Leistungsbilanz
durch einen hinreichend starken Anstieg des Nettokapitalimports auszugleichen. Graphisch
stellt sich die Zahlungsbilanzkurve damit als quasi horizontale Gerade auf Höhe des Auslandszinssatzes r* dar (vgl. auch die nachfolgende Abb.). Für die spätere Analyse ist es jedoch
wichtig, sich zu vergegenwärtigen, daß auch in diesem Fall die Zahlungsbilanzkurve genaugenommen ansteigt. Dieser Anstieg ist zwar im Hinblick auf i marginal, marginale Änderungen von i haben hier jedoch spürbaren Effekt auf den Nettokapitalimport F.
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B. Utecht: Einführung in die Außenwirtschaftstheorie
i
BP > 0
DMd > DMs, $s > $d
i*
BP=0
BP < 0
DMd < DMs, $s < $d
Y
Ist F nahezu zinssatzunelastisch (vollkommene Kapitalimmobilität), so ergibt sich eine quasi vertikale Zahlungsbilanzkurve (vgl. auch die nachfolgende Abb.).
i
BP=0
BP > 0
BP < 0
DMd > DMs, $s > $d
DMd < DMs, $s < $d
Y
IS/LM-Analyse der offenen Volkswirtschaft
11
Ist F begrenzt zinssatzelastisch, liegt Fi also zwischen den beiden oben betrachteten Extremwerten (unvollkommene Kapitalmobilität), so werden spürbare Änderungen des Nettokapitalimports nur bei spürbaren Änderungen des inländischen Zinssatzes erfolgen. Die Zahlungsbilanzkurve ist dann weder vertikal noch horizontal, sondern weist eine Steigung auf, die
„dazwischen“ liegt (vgl. auch die nachfolgende Abb.).
i
BP=0
BP > 0
DMd > DMs, $s > $d
BP < 0
DMd < DMs, $s < $d
Y
.
c) (BP=0)-Kurve und Wechselkurs e
Der Wechselkurs e stellt einen Lageparameter der Zahlungsbilanzkurve dar, d.h. ändert sich
der Wechselkurs, so wird sich bei gegebenem ∆WR auch die (BP=0)-Kurve verschieben.
Fraglich ist jedoch, in welche Richtung dies erfolgen wird, denn aus dem totalen Differential
der Zahlungsbilanzgleichung ergibt sich gerade
? #####
'#####(
)
+
+
'##
#(###
) '(
# #
)
+
−
f
f
&
&
P
P
Pf
1
EX
−
⋅
e
⋅
IM
−
⋅
IM
−
C
+
⋅ e ⋅ IM Y
e
e
Y
dY
dY
P
P
P
=
⋅
=0 =
de cBP
de IS
Pf ⋅ e
Pf ⋅ e
.p.
c.p.
⋅ IM Y
⋅ IM Y
P
P "###
!###
$
>1
12
B. Utecht: Einführung in die Außenwirtschaftstheorie
Die (horizontale) Verschiebung der (BP=0)-Kurve erfolgt damit richtungsmäßig analog zur
Verschiebung der IS-Kurve, allerdings ist sie betragsmäßig größer. Bei Gültigkeit der Marshall-Lerner-Bedingung führt eine Wechselkurserhöhung (DM-Abwertung) zu einer Rechtsverschiebung der (BP=0)-Kurve, eine Wechselkurssenkung (DM-Aufwertung) zu einer
Linksverschiebung. Im ersten Fall liegen alle Punkte der alten (BP=0)-Kurve oberhalb der
neuen, befinden sich also im Bereich der DM-Überschußnachfrage auf dem Devisenmarkt, im
zweiten Fall liegen alle Punkte der alten (BP=0)-Kurve unterhalb der neuen, also im Bereich
des DM-Überschußangebots auf dem Devisenmarkt.
i
(BP=0)2
(BP=0)0
e↓
e↑
(BP=0)1
Y
d) (BP=0)-Kurve und Änderung der Währungsreserven der Zentralbank
zu Transaktionswerten ∆WR
Auch ∆WR (d.h. das Netto-DM-Angebot der Zentralbank auf dem Devisenmarkt) ist Lageparameter der Zahlungsbilanzkurve und zwar entsprechend
dY
−1
= f
<0
=
BP
0
d( ∆WR ) c.p.
P ⋅ e ⋅ IM Y
IS/LM-Analyse der offenen Volkswirtschaft
13
Ein Anstieg (eine Absenkung) von ∆WR wird bei gegebenem e und i zu einer Linksverschiebung (Rechtsverschiebung) der (BP=0)-Kurve führen, so daß alle Punkte der alten (BP=0)Kurve nun im Bereich des DM-Überschußangebots (der DM-Überschußnachfrage) auf dem
Devisenmarkt liegen werden.
i
(BP=0)2
∆WR↑
(BP=0)0
(BP=0)1
∆WR↓
Y
Der Verkauf bzw. Ankauf von Devisen durch die inländische Zentralbank hat dabei unmittelbaren Einfluß auf den Endbestand der in der betrachteten Periode zirkulierenden inländischen
Geldmenge M. Kauft die Zentralbank (netto) $, gilt also ∆WR>0, so bringt sie hierbei zusätzliches Inlandsgeld in Höhe von ∆WR in Umlauf, verkauft die Zentralbank dagegen (netto) $,
gilt also ∆WR<0, so reduziert sich hierbei die in der Ökonomie zirkulierende Geldmenge um
den Betrag von ∆WR. Nur im Fall ∆WR=0, wenn also die Zentralbank jeglicher eigener Devisenmarktintervention entsagt, geht von der Währungspolitik der Zentralbank kein Einfluß
auf die Höhe der im Umlauf befindlichen inländischen Geldmenge aus.
14
B. Utecht: Einführung in die Außenwirtschaftstheorie
4. Internes und externes Gleichgewicht
Ein kurzfristig aufrechterhaltbares IS/LM-Gleichgewicht wird im hiesigen Modellrahmen
nur dann vorliegen, wenn inländischer Güter- und Geldmarkt simultan im Gleichgewicht sind
(internes Gleichgewicht, Schnittpunkt von IS- und LM-Kurve) und zusätzlich dort auch der
Devisenmarkt im Gleichgewicht ist (externes Gleichgewicht, alle Punkte auf der (BP=0)Kurve), nur dann können alle Akteure ihre geplanten in- und ausländischen Transaktionen
auch umsetzen. Dies ist also nur dort der Fall, wo sich IS-, LM- und (BP=0)-Kurve gemeinsam schneiden. Ein internes Gleichgewicht jenseits des externen kann sich dagegen nicht realisieren, weil dann eine der beiden Seiten nicht genug Devisen für die eigenen Transaktionen
beschaffen kann. Die nachfolgende Abb. verdeutlicht den Sachverhalt exemplarisch.
i
IS
IS’
BP=0
E’
LM
BP < 0
E
Y
Im Punkt E liegt gleichzeitig internes und externes Gleichgewicht vor, IS-, LM- und
(BP=0)-Kurve sind dort miteinander kompatibel. Hätten wir nun statt dessen z.B. eine weiter
rechts verlaufende IS-Kurve (IS’), so läge im diesbezüglichen internen Gleichgewicht E’ DMÜberschußangebot auf dem Devisenmarkt vor. Dies würde jedoch entweder zu einer Erhöhung des Wechselkurses (DM-Abwertung) führen und hierüber IS- und (BP=0)-Kurve nach
rechts verschieben, oder die Zentralbank müßte ∆WR, also ihr Netto-DM-Angebot auf dem
Devisenmarkt senken, d.h. zusätzliche $ gegen DM verkaufen, um den Wechselkurs zu stabilisieren, was einerseits eine Rechtsverschiebung der (BP=0)-Kurve und andererseits eine
Linksverschiebung der LM-Kurve von ihren Ursprungslagen nach sich zöge. Das interne
IS/LM-Analyse der offenen Volkswirtschaft
15
Gleichgewicht E’ ist folglich nicht realisierbar, durch die Anpassung von e oder ∆WR wird es
stattdessen zu einer Verschiebung des internen Gleichgewichts kommen, und zwar derart, daß
das neue interne Gleichgewicht auch ein externes Gleichgewicht ist, d.h. auf der (neuen)
Zahlungsbilanzkurve liegt.
III. Wirtschaftspolitische Analyse
(bei vollkommener Kapitalmobilität)
Wenden wir uns nun der Frage zu, welche (kurzfristigen) Wirkungen auf Leistungsbilanz,
Kapitalbilanz und Inlandsprodukt sich aus Fiskal- und Geldpolitik im obigen Modellrahmen
ergeben werden, wobei wir uns an dieser Stelle auf den Fall (quasi) vollkommener Kapitalmobilität beschränken wollen.
1. Flexible Wechselkurse
Im Regime flexibler Wechselkurse enthält sich die Zentralbank jeglicher Devisenmarktintervention, so daß die Änderung der Währungsreserven der Zentralbank stets Null ist,
∆WR = 0.
a) Fiskalpolitik
Erhöht der Staat seine Ausgaben G, so wird dies zunächst die aggregierte Güternachfrage
der Inländer (auch) nach Inlandsprodukt und hierüber die inländische Transaktionskassenachfrage bzw. die aggregierte Geldnachfrage Md erhöhen, was seinerseits einen Anstieg des Inlandszinssatzes i nach sich zieht, welcher die inländische Investitionsgüternachfrage zurückdrängt (partielles Crowding-Out). Bei Abstraktion vom Devisenmarkt würde sich die Ausgangs-IS-Kurve mit ex- und internem Gleichgewicht E auf die Position IS’ nach rechts verschieben, und es ergäbe sich ein internes Gleichgewicht E’ mit höherem Y und gestiegenem i,
wie die nachfolgende Abb. verdeutlicht. Ein Teil der zusätzlichen Güternachfrage wird jedoch
in der Importgüternachfrage (IM) versickern und hierüber den aus den Transaktionswünschen
der Akteure resultierenden Leistungsbilanzsaldo des Inlands verringern. Dies wirkt partiell auf
ein DM-Überschußangebot auf dem Devisenmarkt. Die Zinssatzerhöhung verursacht jedoch
aufgrund der extremen Zinssatzelastizität des Nettokapitalimports des Inlands F eine noch
drastischere Erhöhung des durch die Marktteilnehmer gewünschten F, so daß sich der aus den
16
B. Utecht: Einführung in die Außenwirtschaftstheorie
Transaktionswünschen der Akteure ergebende Kapitalbilanzsaldo des Inlands in extremer
Weise erhöhen wird (Partialeffekt aus der Kapitalverkehrsbilanz). Dies wirkt partiell auf eine
DM-Überschußnachfrage auf dem Devisenmarkt. Bei vollkommener Kapitalmobilität wird
der Effekt aus der Kapitalbilanz den Effekt aus der Leistungsbilanz stets dominieren, so daß
die Staatsausgabenerhöhung also zunächst eine DM-Überschußnachfrage auf dem Devisenmarkt auslöst. Bei flexiblen Wechselkursen (also Nicht-Intervention der Zentralbank,
∆WR = 0) sinkt infolgedessen der Wechselkurs e ab (DM-Aufwertung). Hierdurch wiederum
werden Anpassungsprozesse ausgelöst, welche den Devisenmarkt ins Gleichgewicht zurückführen, aber gleichzeitig auch die beschäftigungspolitische Wirksamkeit der Fiskalpolitik
praktisch bedeutungslos werden lassen.
i
LM
G↑
e↓
E’
E
BP=0
i*
IS’
IS
Y0,1
Y
Durch die DM-Aufwertung wird sich die Exportgüternachfrage EX verringern und die Importgüternachfrage IM erhöhen, was bei Annahme der Marshall-Lerner-Bedingung einen
Rückgang
der
Inlandsproduktnachfrage
bei
gleichzeitiger
Verringerung
der
DM-
Überschußnachfrage auf dem Devisenmarkt impliziert, d.h. die (fiktive bzw. instabile) IS’Kurve verschiebt sich nach links und ebenso die Zahlungsbilanzkurve, welche sich quasi „in
IS/LM-Analyse der offenen Volkswirtschaft
17
sich selbst“ verschiebt. Mit sinkender Inlandsproduktnachfrage wird sich wiederum der inländische Geldmarkt nachfrageseitig entspannen, so daß sich der Zinssatz des internen Gleichgewichts ebenfalls verringert, was einerseits die inländische Investitionsgüternachfrage I gegenüber E’ wieder ansteigen läßt (partiellen Crowding-In) und andererseits (über die Senkung
des gewünschten Nettokapitalimports) die DM-Überschußnachfrage weiter abbaut. Dies vollzieht sich soweit, bis wieder ein gemeinsamer Schnittpunkt von IS-, LM- und (BP=0)-Kurve
möglich ist, wobei die neue IS-Kurve und die neue Zahlungsbilanzkurve dann marginal oberhalb ihrer Ausgangslagen liegen werden. Der neue Gleichgewichtspunkt wird wiederum marginal oberhalb des alten Gleichgewichtspunkts auf den LM-Kurve liegen, so daß sich praktisch dasselbe Y wie im Ausgangspunkt bei einem marginal gestiegenen Zinssatz i realisiert
(bei vollkommener Kapitalmobilität ist bei spürbaren Zinssatzabweichungen des Inlandszinsatzes i vom Auslandszinsatz i* eine ausgeglichene Zahlungsbilanz nicht möglich). Bei praktisch unverändertem Y, aber gesunkenem e wird dann der Leistungsbilanzsaldo des Inlands
niedriger sein als im Ausgangspunkt (im Fall der Marshall-Lerner-Bedingung), wobei sich der
Kapitalbilanzsaldo (Nettokapitalimport) in entsprechendem Umfang erhöht hat (motiviert
durch das marginal gestiegene i). Fiskalpolitik ist also im hiesigen Kontext (vollkommene
Kapitalmobilität, flexible Wechselkurse) im Gegensatz zur IS/LM-Analyse der geschlossenen
Volkswirtschaft nicht geeignet, signifikante Ausweitungen der Inlandsproduktion (und damit
der Beschäftigung) zu bewirken.
b) Geldpolitik
Erhöht die Zentralbank bei flexiblen Wechselkursen und vollkommener Kapitalmobilität
das inländische Geldangebot M (z.B. durch den Ankauf inländischer Bonds), so wird dies
zunächst eine Senkung des inländischen Zinssatzes i nach ziehen, diese wiederum stimuliert
die inländische Investitionsgüternachfrage und hierüber die aggregierte Nachfrage der Inländer sowohl nach Inlands- als auch nach Auslandsprodukt. Die LM-Kurve des Ausgangspunktes, LM0, verschiebt sich aufgrund der Erhöhung von M nach rechts auf LM1 und bei Abstraktion vom Devisenmarkt ergäbe sich ein internes Gleichgewicht E’ mit erhöhtem Y und
vermindertem i. Die Zinssatzsenkung wird darüber hinaus den gewünschten Nettokapitalimport F drastisch absinken lassen. Sowohl die Erhöhung von IM als auch die gewünschte Abnahme von F wirken jedoch auf ein DM-Überschußangebot auf dem Devisenmarkt. Infolgedessen steigt bei Nicht-Intervention der Zentralbank der Wechselkurs e an (DM-Abwertung).
Dies wiederum wird eine Zahl von Folgeeffekten auslösen, welche ins Devisenmarkt-
18
B. Utecht: Einführung in die Außenwirtschaftstheorie
Gleichgewicht zurückführen, gleichzeitig aber die nachfragesteigernde Wirkung der Geldpolitik noch verstärken. Die Exportgüternachfrage EX wird sich steigern und die Importgüternachfrage IM sich verringern, was bei Annahme der Marshall-Lerner-Bedingung die Inlandsproduktnachfrage wachsen und das DM-Überschußangebot auf dem Devisenmarkt absinken
läßt, d.h. IS-Kurve und Zahlungsbilanzkurve verschieben sich nach rechts. Mit wachsender
Inlandsproduktnachfrage kommt es darüber hinaus zu einer stärkeren nachfrageseiten Anspannung des inländischen Geldmarktes, so daß der inländische Zinssatz i steigt. Dies drängt
die inländische Investitionsgüternachfrage I wieder zurück (was allerdings im Hinblick auf Yd
durch den Anstieg von EX mehr als ausgeglichen wird), während sich der gewünschte Nettokapitalimport wieder erhöht, was seinerseits das DM-Überschußangebot auf dem Devisenmarkt weiter absenkt, bis schließlich wieder Gleichgewicht auf Güter-, Geld- und Devisenmarkt erreicht ist.
i
LM0
LM1
e↑
M↑
E0
E1
i*
BP=0
E'
IS1
IS0
Y0
Y1
Y
Im neuen Gleichgewichtspunkt E1 hat sich damit einerseits die Nachfrage nach Inlandsprodukt und folglich Y gegenüber dem Ausgangspunkt spürbar erhöht, während anderseits der
Ausgangszinssatz approximativ wiedererreicht wurde, allerdings ist i genaugenommen marginal gesunken.1 Während sich die Exportgüternachfrage EX gegenüber dem Ausgangspunkt
1
Technisch betrachtet ergibt sich dies aus dem oben hergeleiteten Umstand, daß der Betrag der horizontalen Verschiebung der (BP=0)-Kurve größer ist als derjenige der IS-Kurve.
IS/LM-Analyse der offenen Volkswirtschaft
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eindeutig erhöht hat, kann die Importgüternachfrage IM dagegen gesunken oder gestiegen
sein, weil hier zwei unabhängige Effekte gegeneinander wirken: Die DM-Abwertung wirkt
partiell auf eine Absenkung von IM, die Erhöhung von Y dagegen partiell auf eine Erhöhung
von IM. Bei Gültigkeit der Marshall-Lerner-Bedingung wird die Wechselkurserhöhung jedoch
eindeutig zu einem Anstieg des Leistungsbilanzsaldos des Inlands führen, welchem eine betragsmäßig entsprechende Senkung des Kapitalbilanzsaldos (motiviert durch die marginale
Zinssatzsenkung) gegenübersteht.
Festzuhalten bleibt damit, daß Geldpolitik hier bei flexiblen Wechselkursen und vollkommener Kapitalmobilität nachfrage- bzw. beschäftigungspolitisch sehr wirkungsvoll ist, d.h.
wirkungsvoller als im IS/LM-Modell der geschlossenen Volkswirtschaft, weil über die Wechselkursanpassung auf dem Devisenmarkt der Ausgangseffekt der Geldpolitik auf die Nachfrage nach Inlandsprodukt zusätzlich noch verstärkt wird. Insbesondere kommt es hier praktisch
zu keiner Versickerung der zusätzlich in Umlauf gebrachten Geldmenge in die spekulative
Kassenhaltung, so daß die zusätzliche Geldmenge voll als Transaktionskasse zum Einsatz
kommen kann.
2. Fixe Wechselkurse
Im Regime fixer Wechselkurse beantwortet die inländische Zentralbank etwaige Devisenmarkt-Ungleichgewichte mit einem das Gleichgewicht bei gegebenem Wechselkurs wiederherstellenden Verkauf oder Ankauf von DM (gegen $) auf dem Devisenmarkt. Im ersten Fall
läge ohne die Intervention eine DM-Überschußnachfrage auf dem Devisenmarkt vor, wobei
der Verkauf von DM gegen $ durch die Zentralbank eine dementsprechende Erhöhung der in
Umlauf befindlichen Geldmenge des Inlands bewirkt. Im zweiten Fall würde ohne die Intervention ein DM-Überschußangebot auf dem Devisenmarkt herrschen, wobei der Ankauf von
DM gegen $ durch die Zentralbank eine dementsprechende Verminderung der in Umlauf befindlichen Geldmenge des Inlands nach sich zieht.
a) Fiskalpolitik
Wie bereits oben skizziert, wird eine Erhöhung der staatlichen Güternachfrage G bei vollkommener Kapitalmobilität zunächst eine DM-Überschußnachfrage auf dem Devisenmarkt
bewirken, weil der auf DM-Überschußnachfrage wirkende Partialeffekt aus der Kapitalbilanz
(Erhöhung des gewünschten Nettokapitalimports F aufgrund Erhöhung von i) den auf DMÜberschußangebot wirkenden Partialeffekt aus der Leistungsbilanz (Zuwachs von IM) domi-
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B. Utecht: Einführung in die Außenwirtschaftstheorie
niert. Die IS-Kurve verschiebt sich nach rechts von IS0 nach IS1 mit einem (nicht realisierbaren) internen Gleichgewicht E’, bei welchem die aggregierte Nachfrage nach Inlandsprodukt
und der inländische Zinssatz höher wären als im Ausgangspunkt.
i
LM0
G↑
LM1
M↑
E’
E0
i*
E1
IS0
Y0
Y1
BP=0
IS1
Y
Will die Zentralbank eine Wechselkurssenkung (DM-Aufwertung) verhindern, so muß sie
die überschüssigen $ auf dem Devisenmarkt ankaufen bzw. zusätzlich DM verkaufen, was die
inländische Geldmenge erhöht. Dies verursacht analog zur Geldmengenerhöhung oben eine
Rechtsverschiebung der LM-Kurve von LM0 nach LM1, während sich gleichzeitig aufgrund
des gestiegenen Volumens von ∆WR die Zahlungsbilanzkurve nach links (und quasi in sich)
verschiebt. Damit stellt sich das neue interne- und externe Gleichgewicht E1 ein, welches
durch ein gegenüber dem Ausgangsgleichgewicht deutlich gestiegenes Y bei approximativ
unverändertem inländischen Zinssatz i gekennzeichnet ist. Bei (durch Devisenmarktinterventionen der Zentralbank) fixierten Wechselkursen ist hier also (im Fall vollkommener Kapitalmobilität) Fiskalpolitik beschäftigungspolitisch sehr wirkungsvoll. Insbesondere kommt es
hier praktisch zu keinem Crowding-Out der Investitionsgüternachfrage, so daß der elementare
Staatsausgabenmultiplikator voll zum Tragen kommt.
b) Geldpolitik
IS/LM-Analyse der offenen Volkswirtschaft
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Erhöht die Zentralbank das inländische Geldangebot M (z.B. durch Ankauf inländischer
Bonds), so wird dies analog zu oben zunächst eine Senkung des inländischen Zinssatzes i
nach sich ziehen, dies wiederum stimuliert die Investitionsgüternachfrage und hierüber die
aggregierte Nachfrage der Inländer sowohl nach Inlands- als auch nach Auslandsprodukt. Die
LM-Kurve des Ausgangspunktes, LM0, verschiebt sich aufgrund der Erhöhung von M nach
rechts auf LM’ und bei Abstraktion vom Devisenmarkt ergäbe sich ein internes Gleichgewicht E’ mit höherem Y und niedrigerem i. Die Zinssatzsenkung wird dabei den gewünschten
Nettokapitalimport F sinken lassen. Sowohl die Erhöhung von IM als auch die gewünschte
Reduzierung von F wirken auf ein DM-Überschußangebot auf dem Devisenmarkt.
i
LM
LM’
M↑
M↓
E
BP=0
i*
E'
IS
Y0,1
Y
Um einen Anstieg des Wechselkurses e (DM-Abwertung) zu verhindern, muß nun die Zentralbank aus etwaigen Devisenbeständen zusätzliche $ verkaufen bzw. zusätzliche DM ankaufen, was die in Umlauf befindliche Geldmenge wieder senkt und die LM-Kurve rückverschiebt. Gleichzeitig kommt es durch die damit vorgenommene Senkung von ∆WR zu einer
Rechtsverschiebung der (BP=0)-Kurve. Dies vollzieht sich soweit, bis wieder ein gemeinsamer Schnittpunkt von IS-, LM- und (BP=0)-Kurve möglich ist. Dabei liegen im hier betrachteten Fall (quasi) vollkommener Kapitalmobilität die neue LM-Kurve und die neue (BP=0)-
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B. Utecht: Einführung in die Außenwirtschaftstheorie
Kurve marginal unterhalb ihrer Loci des Ausgangspunkts, so daß das neue gleichgewichtige Y
quasi dem Ausgangswert entspricht, allerdings ist i genaugenommen marginal gesunken. Die
durch die Senkung von ∆WR zusätzlich in Verkauf gebrachten $ werden dann praktisch vollständig durch den verringerten Nettokapitalimport des Inlands „aufgesogen“, während der
Leistungsbilanzsaldo des Inlands (approximativ) unverändert bleibt. Festzuhalten bleibt damit, daß bei fixen Wechselkursen via Devisenmarktintervention der inländischen Zentralbank
im hier betrachteten Fall der vollkommenen Kapitalmobilität praktisch keine Effekte bezüglich der inländischen Wertschöpfung aus Geldpolitik erreicht werden können.
Zugehörige Unterlagen
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